(Contra Haereses)


Irenäus († um 200)

Gegen die Häresien (Contra Haereses)

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von Gregor Emmenegger / Ottmar Strüber 

Text ohne Gewähr




Text aus: Des heiligen Irenäus fünf Bücher gegen die Häresien. Aus dem Griechischen übersetzt von E. Klebba. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 3)  München 1912.



Gegen die Häresien (Contra Haereses)

   
Irenäus († um 200)

Gegen die Häresien (Contra Haereses)

Erstes Buch




Vorrede

1.

Es gibt Leute, welche die Wahrheit aus dem Hause schicken, die Lüge aber hereinrufen und endlose Stammtafeln erdenken, die mehr Klügeleien fördern, wie der Apostel sagt, als göttliche Erbauung im Glauben (1Tm 1,4) . Durch Scheingründe, die sie geschickt zusammenstellen, verführen sie die Halbgebildeten und nehmen sie gefangen, indem sie des Herrn Worte fälschen und schlechte Deuter seiner guten Reden werden. So bringen sie viele auf Irrwege und unter dem Deckmantel der Wissenschaft, Gnosis genannt, als ob sie etwas Höheres und Größeres zu zeigen hätten als den, der Himmel und Erde gemacht hat und alles, was darin ist, lenken sie viele ab von dem Urheber der Ordnung und Schönheit des Weltalls. Wie Ratgeber leiten sie durch kunstvolle Worte die Harmlosen auf den Weg des Suchens und stürzen sie ratlos ins Verderben, bis diese zur Gottlosigkeit und Lästerung gegen den Welterbauer gelangt sind und die Lüge von der Wahrheit nicht mehr zu unterscheiden vermögen. Die Lüge zeigt sich nämlich nicht als solche und läßt sich nicht in ihrer Nacktheit erblicken; geschickt versteht sie es, sich in ein ehrbar Gewand zu kleiden, um nach außen für die urteilslose Menge wahrer zu erscheinen als die Wahrheit selber. So spottet ja auch, wie ein Würdigerer als wir mit Bezug auf solche Menschen gesagt hat, des wertvollen und vielgeschätzten Smaragdes eine künstliche Imitation aus Glas, so lange niemand da ist, der das Ding untersuchen und die schlaue Nachahmung nachweisen kann. Kupfer in Silber getan, wer kann das ohne weiters erkennen, wenn er arglos ist! 

   Möge uns nun keine Schuld treffen, wenn einige wie Schafe von den Wölfen sich rauben lassen, indem sie dieselben wegen ihres Schaffelles, mit dem sie von außen sich umkleidet haben, nicht erkennen, da sie ja so ähnlich reden, aber der Geist ein ganz anderer ist. Vor ihnen uns zu hüten, hat der Herr uns befohlen. Aus all diesen Gründen erachtete ich es für eine Notwendigkeit, Dir, Geliebter, ihre wunderbaren und tiefen Geheimnisse bloßzulegen, die nicht alle fassen können, weil noch nicht alle ihren Verstand verloren haben. Ich habe sie entnommen den Kommentaren der sogen. Valentinianer, der Schüler Valentins, sowie auch den Äußerungen einiger, mit denen ich zusammentraf, und teile sie Dir nun mit, damit Du sie allen offenbarst, die bei Dir sind, und sie ermahnst, sich zu hüten vor dem Abgrund des Unsinns und der Lästerung gegen Christus. Zugleich wollen wir nach Maßgabe unserer Kräfte auch die neueste Lehre, ich meine die der Ptolemäer, die ein Abzweig der Schule des Valentinus ist, kurz und klar wiedergeben, auch gemäß unserer Mittelmäßigkeit Stützpunkte darbieten, um sie zu widerlegen, indem wir zeigen, daß ihre Behauptungen unnatürlich sind und mit der Wahrheit nicht zu vereinigen. Zwar ist das Schreiben uns ungewohnt, noch besitzen wir Übung in der Kunst der Rede — aber die Liebe treibt uns, Dir und den Deinigen ihre Lehren kundzutun, die bisher verborgen waren, nun aber gemäß der Gnade Gottes offenbar wurden. Denn nichts ist verhüllet, was nicht soll enthüllet, noch verborgen, was nicht soll gewußt werden (Mt 10,26) . 

   Du darfst jedoch bei uns, die wir unter den Kelten weilen und uns zumeist mit der barbarischen Sprache abmühen, weder die Kunst der Rede suchen, die wir nicht gelernt, noch die Kraft des schriftlichen Ausdruckes, den wir nicht geübt haben, noch schöne Redewendungen oder Dialektik, die wir nicht verstehen. Aber was wir recht und schlecht und kunstlos an Dich in Liebe geschrieben, das wirst Du mit Liebe aufnehmen und in Dir wachsen lassen, indem Du, der Du begabter bist als wir, es wie Samenkörner und Anfänge von uns empfängst. In der Weite Deines Gesichtskreises wirst Du viele Frucht bringen von dem Wenigen, was wir gesagt haben, und mit Macht wirst Du den Deinigen das nahebringen, was wir Dir in Schwachheit verkündeten; und wie wir uns bemühten, auf Deinen Wunsch, ihre Lehren kennen zu lernen, sie Dir nicht bloß kundzutun, sondern Dir auch Fingerzeige zu geben, um ihre Unwahrheit aufdecken zu können, so wirst auch Du eifrig den andern gemäß der Dir verliehenen Gnade dienen, auf daß die Menschen nimmermehr durch ihre Scheingründe verleitet werden. 

   Ihre Lehre aber ist die folgende.




101

1. Kapitel: Die dreißig Äonen der Valentinianer

1.

Es lehren die Valentinianer, in unsichtbaren und unnennbaren Höhen sei ein vollkommener Äon gewesen, der vor allem war. Diesen nennen sie auch Uranfang, Urvater und Tiefe[1] . Er ist aber unsichtbar, und kein Ding kann ihn fassen. Da er unfaßbar, unsichtbar, ewig und unerzeugt ist, so ist er unermeßliche Zeiten in tiefster Ruhe gewesen. Mit ihm hat zugleich angefangen die Ennoia, die sie auch Charis und Sige nennen. Nun ist jener einmal auf den Gedanken gekommen, von sich diesen Bythos als Anfang aller Dinge auszusenden und diesen Sprößling, den er auszusenden im Sinne gehabt hatte, wie ein Sperma gleichsam in den Mutterschoß der bei ihm befindlichen Sige einzusenken. Nachdem diese ihn empfangen hatte und schwanger geworden war, hat sie den Nous geboren, der dem Erzeuger ähnlich und gleich war und allein die Größe des Vaters erfaßte. Diesen Nous nennen sie auch den Eingebornen, Vater und Anfang aller Dinge. Mit Ihm zusammen ist auch die Wahrheit geboren und dies ist die erste und ursprüngliche Pythagoräische Vierheit, die sie auch die Wurzel aller Dinge heißen. Sie besteht nämlich aus dem Bythos und der Sige, dann aus dem Nous und der Wahrheit[2] . 

   Indem er nun merkte, wozu er hervorgebracht war, hat der Eingeborne nun seinerseits den Logos und die Zoe hervorgebracht, den Vater aller Dinge, die nach ihm kommen sollten, und die Mutter und Gestaltungskraft des gesamten Weltalls. Aus ihrer ehelichen Verbindung sind hervorgegangen der Mensch und die Kirche Das ist die ursprüngliche Achtheit, die Wurzel und Substanz aller Dinge, die nur mit vier Namen bei ihnen belegt ist: Bythos und Nous, Logos und Anthropos[3] , weil in dem männlichen Prinzip jedesmal auch das weibliche enthalten ist, indem sich der erste Urvater[4] paarweise mit seiner Ennoia, der Eingeborne[5] mit der Aletheia, der Logos mit der Zoe, der Mensch mit der Kirche vereinigte.



2.

Diese Äonen, zur Verherrlichung des Vaters hervorgebracht, wollten nun auch ihrerseits aus dem Ihrigen den Vater verherrlichen. So entsprossen der Verbindung des Logos und der Zoe, nachdem sie den Menschen und die Kirche erzeugt hatten, zehn weitere Äonen, die da heißen: Bythios und Mixis, Ageratos und Henosis, Autophyes und Hedone, Akinetos und Synkrasis, Monogenes und Makaria. Diese zehn Äonen also stammen von dem Logos und der Zoe. — Der Mensch mit der Kirche hat gleichfalls Äonen hervorgebracht und zwar zwölf, denen sie folgende Namen verleihen: Parakletos und Pistis, Patrikos und Elpis, Metrikos und Agape, Aeinous und Synesis, Ekklesiastikos und Makariotes, Theletos und Sophia.



3.

Da haben wir die dreißig Äonen ihrer Irrlehre, die geheimnisvollen, nicht zu verratenden; das ist ihr unsichtbares und geistiges Pleroma, dreifach geteilt in die Achtheit, Zehnheit und Zwölfheit, und deswegen, sagen sie, habe der Erlöser, denn „Herr“ wollen sie ihn nicht nennen, dreißig Jahre lang ein verborgenes Leben geführt, indem er dadurch das Geheimnis dieser Äonen andeutete. Aber auch in der Parabel von den in den Weinberg geschickten Arbeitern sind nach ihrer Ansicht diese dreißig Äonen auf das deutlichste angezeigt; die einen werden nämlich um die erste, die andern um die dritte, die andern um die sechste, noch andere um die neunte, die letzten um die elfte Stunde gemietet. Die genannten Stunden zusammengezählt ergeben gerade die Zahl dreißig. Die Stunden aber sollen die Äonen bedeuten. Das sind die großen, wunderbaren, unsäglichen Geheimnisse, die Früchte, die sie tragen, und wenn sich irgendwie etwas von dem vielen in den Schriften Gesagten anpassen läßt, dann bringen sie es mit ihren Phantasiegebilden in Einklang.




102

2. Kapitel: Die Verirrung der Sophia. — Christus und der Hl. Geist

1.

Ihren Urvater nun kann nach ihrer Lehre nur der von ihm erzeugte Erstgeborne, der Nous, erkennen, allen andern bleibt er unsichtbar und unfaßbar. Nur der Nous erfreute sich nach ihnen der Anschauung des Vaters und ergötzte sich in der Betrachtung seiner unermesslichen Größe. Auch den übrigen Äonen gedachte er, die Größe, das Wesen, die Ewigkeit, Unbegrenztheit und Unfassbarkeit des Vaters mitzuteilen, aber nach dem Ratschluß des Vaters hielt die Sige ihn zurück, da sie diese alle zum Nachdenken führen wollte und zu dem Verlangen, ihren oben erwähnten Urvater aufzusuchen. Und so im stillen strebten denn die übrigen Äonen danach, den Urheber ihres Samens zu sehen und die anfangslose Wurzel zu erforschen.



2.

Den weitesten Sprung aber tat der letzte und jüngste Sprößling der Zwölfheit, der von dem Menschen und der Kirche erzeugte Äon, die Sophia, und geriet in leidenschaftliche Erregung ohne die Umarmung ihres Gemahls Theletos. Die Erregung nahm ihren Ausgang bei dem Nous und der Aletheia, sprang aber über, sich danebenwendend, auf die Sophia unter dem Vorwand der Liebe, in Wirklichkeit aus Tollheit, da sie mit dem vollkommenen Vater nicht solche Gemeinschaft besaß wie der Nous, und sie ist nichts anders als das Suchen nach dem Vater, indem sie seine Größe erfassen wollte. Dann aber konnte sie es nicht, weil sie an Unmögliches sich gemacht hatte, und geriet wegen der Tiefe des Abgrundes und der Unergründlichkeit des Vaters und Zärtlichkeit gegen ihn in große Not, und weil sie immer weiter vorwärts strebte, so wäre sie von seiner Süßigkeit schließlich wohl verschlungen und in die allgemeine Substanz aufgelöst worden, wenn sie nicht auf eine Kraft gestoßen wäre, die das Weltall befestigt und außerhalb der unaussprechlichen Größe bewacht. Diese Kraft nennen sie Horos. Von ihr ist sie angehalten und befestigt, und mit Mühe bekehrt und überzeugt worden, daß der Vater unfaßbar ist. So hat sie denn abgelegt ihre frühere Begierde samt der aus dem furchtbaren Staunen entsprossenen Erregung.



3.

Einige von ihnen erklären die Erregung und Bekehrung der Sophia auf mythische Art. Da sie nach etwas Unmöglichem und Unerreichbarem trachtete, so gebar sie ein formloses Wesen, wie es eben ohne Mann ein weibliches Wesen hervorzubringen vermochte. Wie sie dies nun erblickte, ist sie zuerst wegen des unvollkommenen Geschöpfes betrübt gewesen, dann aber in Furcht geraten, daß es nicht einmal das Sein vollkommen besitze. Dann ist sie in die äußerste Verlegenheit geraten, indem sie nach der Ursache suchte und auf welche Weise sie das Geschöpf verbergen könne. Nun dachte sie über ihre Gefühle nach und kam zur Umkehr und versuchte zum Vater zurückzukehren, aber nach einer gewissen Strecke wurde sie schwach und bat demütig den Vater, indem auch die übrigen Äonen, in Sonderheit Nous, mit ihren Bitten sich vereinigten. Von hier, aus der Unwissenheit, dem Leid und der Angst hat die Materie ihren Uranfang genommen.



4.

Danach aber brachte der Vater den oben erwähnten Horos nach seinem Ebenbilde durch den Eingebornen hervor, unvermählt, ohne Weib. Bald nämlich lassen sie den Vater mit der Sige sich vermählen, bald auch übermännlich und überweiblich sein. Diesen Horos aber nennen sie Stauros[6] , Lytrotes[7] , Karpistes[8] , Horothetes[9] und Metagogeus[10] . Durch diesen Horos ist nach ihrer Lehre die Sophia gereinigt und befestigt und Ihrem Gatten zurückgegeben worden. Nachdem sie so befreit war von ihrer Begierde samt der Erregung, ist sie in dem Pleroma verblieben, die Begierde aber samt der Erregung hinausgewiesen, abgegrenzt and vertrieben. Sie ist aber als natürlicher innerer Drang eines Äonen eine geistige Wesenheit, ohne Gestalt und Erscheinung, da sie nichts empfangen hatte. Deswegen heißt sie auch eine kraftlose und weibische Frucht.



5.

Nachdem diese aus dem Pleroma der Äonen hinausgewiesen und ihre Mutter ihrem eigenen Gemahle wiedergegeben war, da hat der Eingeborne wiederum noch ein anderes Paar, Christus und den Hl. Geist, zur Befestigung und Sicherung des Pleroma hervorgebracht, damit durch sie die Äonen wieder geordnet wurden. So wollte es die Vorsehung des Vaters, damit keiner der Äonen Ähnliches erleide. Christus belehrte sie nämlich, daß es hinreiche, wenn sie die Natur der Paarung als einen Denkakt des Urvaters erkennen, und verkündete ihnen seine Erkenntnis des Vaters, daß er unfaßbar und unbegreiflich ist, daß ihn niemand sehen oder hören kann und daß nur der Eingeborne ihn erkennt. Die Ursache des ewigen Verharrens der übrigen ist in dem unbegreiflichen Urschoße des Vaters, die begreifliche Ursache ihrer Erschaffung und Gestaltung ist der Sohn. Dieses verkündete unter ihnen Christus sogleich nach seiner Entsendung.



6.

Der Hl. Geist aber hob die Unterschiede zwischen ihnen auf, lehrte sie Dank sagen und führte die wahre Ruhe ein. So wurden sie alle innerlich und äußerlich gleich, alle wurden zum Nous, zum Logos, zum Anthropos, zum Christus; und ähnlich wurden die weiblichen Äonen alle zur Aletheia, zur Zoe, zum Pneuma, zur Kirche. Als so alle insgesamt befestigt und zur vollkommenen Ruhe gebracht waren, da haben sie mit großer Freude den Urvater besungen, der an ihrem lauten Jubel teilnahm. Aus Dank für diese Wohltat hat das ganze Pleroma der Äonen einhellig und mit Zustimmung Christi und des Geistes und mit Gutheißung ihres Vaters das Schönste und Blühendste, was jeder von den Äonen in sich hatte, zusammengetragen, gesammelt, passend verbunden und sorgfältig vereint, so daß zur Ehre und zum Ruhme des Bythos die vollkommenste Schönheit und das Gestirn des Pleroma hervorgebracht wurde, eine vollkommene Frucht: Jesus nämlich, der auch Heiland zubenannt wird, oder auch nach seinem Vater, Christos und Logos, oder auch das All, weil er von allen abstammt. Als Trabanten sind zugleich mit ihm zu ihrer Ehre stammverwandte Engel hervorgebracht worden.




103

3. Kapitel: Allegorische Beweisführung der Valentinianer aus der Hl. Schrift

1.

Das also trug sich nach ihnen innerhalb des Pleroma zu. So geriet der Äon in Leid und wäre um ein kleines zugrunde gegangen, wie er auf der Suche nach dem Vater in der vielen Materie ins Unglück geriet; so wurde infolge seines Kampfes Horos und Stauros und Lytrotes und Karpistes und Horothetes und Metagogeus zusammengefügt, und der erste Christus samt dem Geiste infolge seiner Bekehrung durch den Vater erschaffen, aber später als die Äonen; so auch der zweite Christus, den sie auch Heiland nennen, in gemeinschaftlichem Wirken hergerichtet. Dies ist zwar nicht deutlich geoffenbart, weil ja nicht alle die Gnosis erfassen, aber durch Parabeln hat es der Heiland geheimnisvoll denen gezeigt, die es fassen können. Die dreißig Äonen nämlich sind, wie oben erwähnt, angedeutet durch die dreißig Jahre, in denen der Heiland nichts in der Öffentlichkeit gewirkt haben soll, und auch in der Parabel von den Arbeitern im Weinberg. Auch Paulus spricht nach Ihrer Lehre häufig aufs deutlichste von den Äonen und beobachtet sogar auch ihre Rangordnung, indem er sagt: „Auf alle Geschlechter der Äonen des Äonen“ (Vgl. Eph. Ep 8,24). Aber auch wir sollen von jenen Äonen sprechen, wenn wir bei der Feier der Eucharistie sagen: Von Äonen zu Äonen[11] . Und wo immer dies Wort vorkommt, da soll es ein Hinweis auf ihre Äonen sein.



2.

Die Entsendung der zwölf Äonen aber soll angedeutet sein durch die Unterredung des zwölfjährigen Jesus mit den Gesetzeslehrern und durch die Auswahl der zwölf Apostel. Die übrigen achtzehn Äonen aber werden dadurch angezeigt, daß er nach seiner Auferstehung von den Toten angeblich achtzehn Monate mit seinen Jüngern verkehrt habe. Aber auch durch die beiden ersten Buchstaben seines Namens — J und E — werden die achtzehn Äonen genau bezeichnet; in gleicher Weise die zehn Äonen durch den ersten Buchstaben seines Namens, deswegen hat der Heiland auch gesagt: „Nicht ein Jota noch ein Strichlein wird vergehen, bis dies alles geschieht“. (Mt 5,18)



3.

Das dem zwölften Äon widerfahrene Missgeschick wird angezeigt durch den Verrat des Judas, welcher der zwölfte Apostel war, und dadurch, daß er im zwölften Monat litt, denn nur ein Jahr soll er nach der Taufe gepredigt haben. Ferner zeigt sich dies deutlichst an der blutflüssigen Frau. Nachdem sie zwölf Jahre krank gewesen ist, wurde sie durch die Ankunft des Erlösers geheilt, indem sie seinen Rocksaum berührte. Deswegen sprach der Heiland: „Wer hat mich berührt?“ (Lc 8,45) . Hierdurch lehrte er den Jüngern die oben erzählte, geheimnisvolle Geschichte der Äonen und wie der in das Unglück verstrickte Äon geheilt wurde. Die zwölf Jahre lang blutflüssige Frau bedeutet jene Äonenkraft, die nach außen strebte und in das Endlose ihrer Wesenheit ausfloß; hätte sie nicht sein Gewand berührt[12] , so wäre sie eben in ihre Wesenheit aufgelöst worden. So machte er halt und ihr Leiden hörte auf; denn die von ihm ausgehende Kraft, der Horos, heilte sie und befreite sie von ihrem Leiden.



4.

Daß aber der aus dem All stammende Heiland das All selber sei, wird nach ihrer Meinung durch das Schriftwort offenbart: „Alles Männliche, das den Mutterschoß öffnet“ (Ebd. 2,23). Er war nämlich dies All, das den Schoß der Enthymesis öffnete, des leidenden Äonen, und ausgestoßen wurde aus dem Pleroma. Diese nennen sie auch die zweite Achtheit, von der wir später reden werden. Auch von Paulus wird offenbar aus diesem Grunde gesagt: „Alles ist Christus“ (Col 3,11)und wiederum: „Alles ist für ihn, und aus ihm ist alles (Rm 11,36) und wiederum: „In ihm wohnt das ganze Pleroma der Gottheit (Col 2,9) und schließlich: „Alles erneuern in Christus durch Gott.“ (Ep 1,10) . So erklären sie diese und andere ähnliche Stellen.



5.

Ihr Horos ferner, den sie bekanntlich auch mit verschiedenen Namen bezeichnen, besitzt nach ihrer Behauptung zwei Tätigkeiten, eine befestigende und eine teilende. Im ersten Sinne heißt er Stauros[13] , im zweiten Horos[14] . Seine erste Tätigkeit, die befestigende, hat der Heiland angezeigt, indem er sagte: „Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, kann mein Schüler nicht sein.“ (Lc 14,27) und abermals: „Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach!“ Seine trennende Tätigkeit aber hat er angedeutet durch die Worte: „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Mt 10,34) . Auch Johannes hat ebendasselbe gelehrt, indem er sagt: „Die Wurfschaufel ist in seiner Hand, er wird seine Tenne reinigen und er wird den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber in unauslöschlichem Feuer verbrennen“ (Lc 8,17). Hierdurch hat er die Tätigkeit des Horos angedeutet; denn jene Wurfschaufel bedeutet das Kreuz, welches alles Irdische verzehren muß wie die Spreu das Feuer, und reinigen die, welche gerettet werden, wie die Wurfschaufel das Getreide. Der Apostel Paulus aber hat dieses Kreuz folgendermaßen erwähnt: „Das Wort vom Kreuze ist denen, die verloren gehen, eine Torheit, aber uns, die wir gerettet werden, eine Kraft Gottes“ (1Co 1,18)und wiederum; „Ferne sei mir, mich wegen etwas zu rühmen, wenn nicht wegen des Kreuzes Christi, für das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“ (Ga 6,14).



6.

Das ist ihre Lehre von dem Pleroma und ihrem erdichteten All und durch solche gewaltsamen Erklärungen werden sie schlechte Deuter der guten Schriftworte. Doch nicht bloß aus den Evangelien und den Apostelbriefen versuchen sie, sich ihre Beweise zu machen, indem sie die Erklärungen verdrehen und die Deutungen leicht nehmen. Nein, auch aus dem Gesetz und den Propheten; sie enthalten ja viele Geheimnisse und Sinnbilder, die man auf vieles beziehen kann. Da passen die einen das Vieldeutige durch Erklärung, die andern durch grobe Fälschung ihrem Phantasiegebilde an und führen aus dem Lande der Wahrheit in ihre Gefangenschaft diejenigen, die keinen festen Glauben bewahren an den einen Gott, den allmächtigen Vater und an den einen Herrn, Jesus Christus, den Sohn Gottes.




104

4. Kapitel: Die Vorgänge außerhalb des Pleroma.— Entstehung der Materie

1.

Wir kämen nun zu den Vorgängen, die sich außerhalb des Pleroma zugetragen haben. Da soll zunächst die Enthymesis der oberen Weisheit, die sie auch Achamoth nennen, mit der Leidenschaft von dem oberen Pleroma abgesondert und in die Räume des Schattens und der Leere zwangsweise hinausgeworfen sein. So war sie verbannt von dem Licht und dem Pleroma, form- und gestaltlos wie ein Embryo, nicht imstande, etwas zu erfassen. Da erbarmte sich ihrer Christus, dehnte sie aus durch sein Kreuz und gab ihr Gestalt durch seine Kraft, so daß sie zur Existenz, doch nicht zum Bewußtsein gelangte. Darauf hat er sie wieder verlassen und ihr seine Kraft entzogen, damit sie inne würde des Leidens, welches eine Folge war ihrer Trennung vom Pleroma, und Sehnsucht nach dem Höheren empfinde, denn ihr war ja von Christus und dem Hl. Geiste eine gewisse Ahnung der Unsterblichkeit hinterlassen. Deswegen trägt sie auch zwei Namen: nach dem Vater Sophia, wie ja auch ihr Vater Sophia heißt, und Heiliger Geist wegen des Geistes Christi. Da sie nun Gestalt bekommen hatte und zu sich gekommen war, gleich darauf aber von ihrem unsichtbaren Beistande, d, i. von dem Logos oder Christus, verlassen war, so hat sie sich auf die Suche nach dem ihr entschwundenen Lichte begeben, es aber nicht erreichen können, weil sie von Horos zurückgehalten wurde. Bei dieser Gelegenheit hat Horos „Jao“ gerufen und daraus ist der Name Jao[15] entstanden. Da sie nun den Horos nicht zurückdrängen konnte und allein draußen bleiben mußte, weil sie in ihre Leidenschaft so verwickelt war, so ist alles Leid jeder Art und Gestalt über sie gekommen: Trauer, weil sie nichts erfaßte, Furcht davor, daß sie wie das Licht auch das Leben verlieren könnte, Bestürzung und gänzliche Unwissenheit. Aber nicht wie ihre Mutter, die erste Sophia, der Äon, bekehrte sie sich von ihrer Leidenschaft, sondern im Gegenteil. Noch eine andere Leidenschaft kam über sie, die Sehnsucht nach ihrem Lebendigmacher.



2.

Das soll der Ursprung und das Wesen der Materie gewesen sein, aus der diese Welt besteht. Aus dieser Sehnsucht hat die ganze Seele der Welt und des Weltenschöpfers ihren Anfang genommen, aus der Furcht und Trauer aber das übrige. Von den Tränen komme her alle feuchte Substanz der Welt, von dem Lachen die leuchtende, aus der Trauer und Bestürzung die körperliche. Bald nämlich soll sie geweint und getrauert haben, wie sie in der Finsternis und Leere allein gelassen war, bald aber erhob sie sich und lachte, wenn sie des entschwundenen Lichtes gedachte, dann aber fiel sie wieder in Furcht und ein andermal in Pein und Entsetzen.



3.

Was ist das anders als langes Gefabel und Hirngespinst von jedem aus ihnen, indem jeder auf eine andere Weise mit hochtönenden Phrasen erörtert, aus welcher Empfindung, aus welchem Element das Seiende seinen Ursprung nahm. Aber nicht allen scheinen sie mir dies geziemenderweise öffentlich lehren zu wollen, sondern nur denen, welche hohes Honorar für so beschaffene Geheimnisse zu zahlen vermögen. In dieser Beziehung sind sie denen gar nicht gleich, zu denen unser Herr gesagt hat: „Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebet es“ (Mt 10,8), vielmehr werden die sonderlichen, staunenerregenden, tiefen Geheimnisse nur um großen Lohn den Lügenfreunden anvertraut. Wer mochte auch nicht sein ganzes Vermögen hingeben um zu hören, daß aus den Tränen der Enthymesis, des erregten Äonen, die Meere, Quellen, Flüsse und allerlei nasse Substanz entstanden ist, aus ihrem Lachen das Licht, aus ihrer Trauer und Bestürzung die körperliche Substanz der Welt!



4.

Da will ich auch noch etwas zu ihrer Fruchtbarkeit beitragen. Weil ich nämlich sehe, daß ein Teil der Gewässer süß ist, wie die Quellen, die Flüsse, der Regen, das Meerwasser aber salzig, so meine ich, nicht alle stammen von ihren Tränen, die ihrer Beschaffenheit nach salzig sind. Also ist es offenbar, daß nur das salzige Wasser von ihren Tränen stammt. Doch vermutlich hat sie in ihrer schweren Pein und Hilflosigkeit auch geschwitzt. Daher muß man nach ihrer Weise annehmen, daß die Quellen und Flüsse und das übrige Süßwasser von ihrem Schweiße stammen. Unglaublich nämlich ist es, da die Tränen doch nur eine Beschaffenheit haben, daß die bitteren wie die süßen Gewässer von ihnen in gleicher Weise abstammten. Es ist glaublicher, daß die einen von den Tränen, die andern von dem Schweiß herrühren. Nun gibt es aber noch warme und ätzende Gewässer in der Welt. Da solltest du nachdenken, was die Enthymesis denn da tat, und aus welchem Gliede sie denn diese hervorbrachte. Diese Folgerungen ergeben sich just aus ihrer Hypothese.



5.

Als nun aber ihre Mutter jegliches Leid durchgemacht und sich kaum erhoben hatte, da kehrte sie sich hin zur Anrufung des ihr entschwundenen Lichtes, nämlich Christus. Der aber war in das Pleroma zurückgekehrt und trug natürlich Bedenken, zum zweitenmal hinabzusteigen. Darum schickte er den Tröster zu ihr, d. h. den Heiland, indem ihm der Vater alle Macht verlieh und alles seiner Gewalt unterstellte, und ebenso die Äonen, damit in ihm alles geschaffen würde, das Sichtbare, das Unsichtbare, die Thronen, die Gottheiten, die Herrschaften (Vgl. Kol. Col 1,16) . Ausgesandt aber wird er zu ihr mit seinen Altersgenossen, den Engeln. Da soll nun die Achamoth bei der Begegnung mit ihm zuerst aus Scham sich verhüllt haben, dann aber, wie sie ihn mit seiner ganzen Fruchtfolge erblickte, ihm entgegengestürzt sein und Kraft aus seiner Erscheinung geschöpft haben. Der hat sie alsdann zur Form der Erkenntnis gestaltet und von ihrem Leiden sie geheilt. Diese Leiden aber konnte er nicht, wie bei der ersten Sophia, vernichten, weil sie schon in den Zustand der Macht übergegangen waren. Darum hat er sie nur abgesondert, aber nicht sich selbst überlassen, und danach sie vermischt und verdichtet, so daß sie aus einem unkörperlichen Leiden in körperlose Materie überführt wurden. So wurden diese zugepaßt und befähigt, in Mischungen und Körper überzugehen, um zwei Wesenheiten anzunehmen, die schlechte der Leidenschaften und die leidenschaftliche der Sehnsucht. Dazu soll mit seiner Kraft der Heiland gewirkt haben. Als aber die Achamoth von ihrem Leiden befreit war, da schaute sie an in ihrer Freude die Lichter um ihn herum, d. h. die Engel in seiner Begleitung, verführte sie zur Schwängerung und trug dann Leibesfrüchte nach ihrem Ebenbild, eine geistige Frucht nach dem Ebenbild der Trabanten des Heilandes.




105

5. Kapitel: Erschaffung des Demiurgen und des Menschen

1.

So waren nun nach ihrer Lehre diese drei Dinge entstanden, das eine aus dem Leiden, das war die Materie, das andere aus der Umkehr, das war das Seelische, das dritte, das aus der Achamoth stammte und auf besagte Weise ihre Gestalt annahm, war das Geistige. Aber dieses Geistige konnte sie nicht gestalten, da es ihr gleichgeartet war. Da machte sie sich an die Gestaltung der aus ihrer Umkehr entstandenen seelischen Substanz und brachte ihre von dem Heiland empfangene Wissenschaft hervor. Nun soll sie zuerst aus der seelischen Substanz den Vater und König aller Dinge, die ihm gleichartig waren, d. i. der seelischen, sowie der Dinge, die aus dem Leib und der Materie entstanden, gebildet haben. Jene gehören nach ihnen auf die rechte, diese auf die linke Seite. Alles nämlich habe er dann nach seinem Bilde gestaltet, indem er im Innern von seiner Mutter getrieben wurde. Deswegen nennen sie ihn auch Vater-Mutter, Vaterlos, Demiurg und Vater schlechthin, oder Vater der rechten Seite, d. i. der seelischen Dinge, und Demiurg der linken Seite, d. i. der materiellen Dinge, und König des Ganzen. Indem nämlich diese Enthymesis zur Ehre des Äonen das All machen wollte, soll sie, oder vielmehr der Heiland durch ihre Vermittlung, nur die Bilder davon gemacht haben. Sich selbst hat sie in dem Bilde des unsichtbaren Vaters bewahrt, nicht einmal von dem Demiurgen erkannt, diesen aber in dem Bilde des eingebornen Sohnes, die von ihm geschaffenen Engel und Erzengel in dem Bilde der übrigen Äonen.



2.

So ist er der Vater und Gott der außerhalb des Pleroma befindlichen Dinge geworden, da er ja alle seelischen und körperlichen Dinge gemacht hat. Indem er die beiden zusammengemischten Substanzen trennte und aus dem körperlosen Körper baute, schuf er die himmlischen und irdischen Dinge und wurde der Demiurg der Seelen und Körper der linken und rechten Seite, des Leichten und Schweren, des Fallenden und Steigenden. Auch sieben Himmel nämlich schuf er, über denen er thronen soll. Deswegen nennen sie ihn auch die Siebenheit, seine Mutter Achamoth aber heißt die Achtheit, indem sie die Zahl der uranfänglichen und ursprünglichen Achtheit des Pleroma beibehält. Die sieben Himmel aber besitzen Verstand, denn es sind Engel, und auch der Demiurg ist ein gottähnlicher Engel; ebenso das Paradies über dem dritten Himmel, das ist nach ihrer Behauptung auch ein Engel an Macht, und von ihm nahm Adam etwas, als er sich darin aufhielt.



3.

Nun meinte zwar der Demiurg, so sagen sie, dass er persönlich dies geschaffen habe, aber in Wirklichkeit hat er sie doch nur gemacht, indem Achamoth es hervorbrachte. Einen Himmel schuf er, ohne den Himmel zu kennen; einen Menschen bildete er, und kannte nicht den Menschen; er ließ Erde erscheinen, aber von der Erde wußte er nichts. So hat er bei seinem ganzen Schaffen die Vorbilder der Dinge, die er schuf, ja nicht einmal die Mutter gekannt, sondern geglaubt, daß er allein alles sei. Auf diese Meinung brachte ihn seine eigene Mutter, indem sie ihn so erziehen wollte zum Haupt und Ursprung seiner eigenen Wesenheit, zum Herrn des ganzen Getriebes. Diese Mutter nennen sie die Achtheit, Sophia, Erde, Jerusalem, hl. Geist und männlich Herrn. Sie nimmt aber den Platz in der Mitte ein, ist über dem Demiurgen, unter- und außerhalb des Pleroma bis zum Weltende.



4.

Die materielle Substanz soll also aus drei Affekten, Furcht, Trauer und Verwirrung bestehen, aus der Furcht und Bekehrung die seelische; aus der Bekehrung soll der Demiurg seinen Anfang genommen haben und aus der Furcht die gesamte übrige seelische Substanz, sowohl die Seelen der unvernünftigen Wesen, der Tiere, als auch der Menschen. Wegen seines seelischen Ursprungs war der Demiurg aber zu schwach, um das höhere Geistige zu erkennen; so konnte er glauben, allein Gott zu sein und hat durch den Propheten gesprochen: „Ich bin Gott und außer mir ist keiner“ (Is 45,5). Aus der Trauer sind nach ihrer Lehre die Geister der Bosheit entstanden, ebenso auch der Teufel, den sie den Fürsten der Welt nennen, und die Dämonen samt ihren Dienern und die ganze geistige Substanz der Bosheit. Nun aber nennen sie den Demiurgen den seelischen Sohn ihrer Mutter, den Fürsten der Welt ein Geschöpf des Demiurgen, der als Geist der Bosheit auch das über ihm befindliche geistige Prinzip erkennt, während der Demiurg als seelisches Wesen es nicht kann. Die Wohnung ihrer Mutter ist im überhimmlischen Raume, dem Zentrum des Demiurgen, auf dem Himmel, in der Siebenheit, des Fürsten der Welt auf unserer Welt. Diese körperliche Welt aber ist, wie schon gesagt, aus der niederen Bestürzung und Ratlosigkeit entstanden, und zwar entspricht die Erde dem Zustand der Bestürzung, das Wasser der Bewegung der aus der Furcht entstandenen Tränen, die Luft dem Verharren der Trauer, das Feuer aber ist in ihnen allen als Tod und Verderben enthalten, wie auch die Unwissenheit in allen drei Affekten verborgen ist.



5.

Nachdem er nun die Welt gebaut hatte, machte er auch den irdischen Menschen, bildete ihn aber nicht aus dieser trockenen Erde, sondern von der unsichtbaren Substanz, aus der beweglichen, flüssigen Materie, und dahinein pflanzte er den seelischen Menschen. So wurde er „nach seinem Bild und Gleichnis (Gn 1,26) ; nach seinem Bild der materielle Teil, gottähnlich zwar, aber nicht -gleich, nach seinem Gleichnis der seelische Teil, dessen Wesenheit auch als „Geist des Lebens“ (Gn 2,7)bezeichnet wird, weil er aus dem Geistigen entströmt ist. Darauf ist er mit einem fellartigen Gewand bekleidet worden, das ist das Sinnliche, Fleischliche.



6.

Die Leibesfrucht ihrer Mutter Achamoth, die sie nach der Anschauung der den Heiland begleitenden Engel gebar, von derselben geistigen Wesenheit wie die Mutter, hat der Demiurg ebensowenig erkannt, und ohne sein Wissen ist sie heimlich in ihm niedergelegt worden, damit sie, durch ihn in die von ihm stammende Seele und in den materiellen Leib eingepflanzt, hier ausgetragen werde und wachse und zur Aufnahme der vollkommenen Erkenntnis fähig werde. Zugleich mit ihrer Einhauchung, die die Sophia mit unsagbarer Macht und Klugheit vornahm, blieb nun auch, wie sie sagen, dem Demiurg der geistige Mensch verborgen. Wie er nämlich seine Mutter nicht kannte, so kannte er auch nicht ihren Samen, den sie als Gegenbild der oberen Kirche gleichfalls Kirche nennen. Das ist bei ihnen der Mensch, wie sie meinen, da sie ja die Seele vom Demiurgen, den Leib von der Erde, wie das Fleisch von der Materie, den Geist aber von ihrer Mutter Achamoth haben.





(Contra Haereses)