(Contra Haereses) 111

111

11. Kapitel: Die verschiedenen Lehren des Valentinus, Secundus und anderer

1.

Betrachten wir nun die Unbeständigkeit ihrer Lehre! Nicht zwei oder drei kannst Du auftreiben, die über denselben Gegenstand dasselbe sagen; in Namen und Sachen widersprechen sie sich völlig. Valentinus, der Vater der sogenannten gnostischen Häresie, hat die alten Lehren nach seinem eigenen Charakter folgendermaßen umgewandelt: Es gibt, sagt er, eine unnennbare Zweiheit, die da besteht aus dem Unaussprechlichen und der Stille. Alsdann ist aus dieser Zweiheit eine zweite Zweiheit hervorgegangen, Vater und Wahrheit mit Namen. Dieser Vierheit sind entsprungen Wort und Leben, Mensch und Kirche. Das ist die erste Achtheit. Aus dem Wort und dem Leben sollen dann die zehn Kräfte ausgegangen sein, die wir oben erwähnt haben, von dem Menschen und der Kirche aber zwölf, von denen die eine abfiel und verkümmerte und die übrige Geschichte gemacht hat. Statt einen Horos nahm er deren zwei an, einen zwischen dem Bythos und dem übrigen Pleroma, der die gezeugten Äonen von dem ungezeugten Vater abgrenzte, und einen zweiten, der ihre Mutter von dem Pleroma trennte. Christus aber stammt nicht ab von den Äonen des Pleroma, sondern von der aus dem Pleroma ausgeschiedenen Mutter; diese habe ihn nach ihrer Bekehrung unter irgend einem Schatten geboren. Der aber hat als männliches Wesen den Schatten hinter sich zurückgelassen und ging in das Pleroma über. Die Mutter aber, die unter dem Schatten zurückgeblieben und des geistigen Wesens entleert war, brachte noch einen andern Sohn hervor; das ist der Demiurg, den sie auch den Allbeherrscher dieser Welt nennen. Mit ihm zugleich ist auch noch ein linker Herrscher hervorgebracht, wie er in Übereinstimmung mit den von uns noch zu besprechenden, fälschlich sogenannten Gnostikern behauptet. 

   Was nun Jesus betrifft, so sagt er einmal von diesem, er sei von dem Theletos hervorgebracht, der sich von ihrer Mutter getrennt hatte, aber mit den übrigen in Verbindung geblieben war; ein andermal, er stamme von Christus ab, der sich in das Pleroma erhob, oder auch von dem Menschen und der Kirche. Der Heilige Geist aber sei von der Wahrheit hervorgebracht, zur Prüfung und Befruchtung der Äonen unsichtbar in sie eingegangen, so daß diese Sprößlinge der Wahrheit hervorbringen.



2.

Sekundus aber lehrt, es bestehe die erste Achtheit aus einer linken und einer rechten Vierheit, d. h. aus Licht und Schatten; die verlassene Kraft jedoch sei nicht von den dreißig Äonen ausgegangen, sondern von ihren Früchten.



3.

Ein anderer berühmter Lehrer von ihnen, sich in noch höhere Regionen und noch erhabenere Erkenntnis erhebend, erklärt die erste Vierheit auf diese Weise: Vor allem bestand ein gewisser Voranfang, unausdenkbar, unaussprechlich und unnennbar, den ich Monotes nenne. Mit dieser Monotes besteht eine Kraft, die ich Henotes heiße. Diese beiden, die Monotes und die Henotes, die eins sind, zeugten, ohne ihn hervorzubringen, den Anfang von allem, den gedanklichen, ungebärbaren, unsichtbaren, welchen Anfang das Wort Monas bezeichnet. Mit dieser Monas besteht zugleich eine Kraft derselben Wesenheit, die ich das Hen nenne. Diese Kräfte, die Monotes und Henotes, die Monas und das Hen, brachten die übrigen Ausgänge der Äonen hervor.



4.

Au, au! und o weh! Dieses klägliche Geschrei muß man erheben bei derartiger Namenbildung und solcher Keckheit, mit der er, ohne zu erröten, seinem Lügenkinde die Namen gab. Indem er nämlich sagt, vor allem war der Voranfang, der unausdenkbare, den ich auch Monotes nenne, und weiter, bei dieser Monotes war eine Kraft, welche ich Henotes nenne, ist es klar und deutlich eingestanden, daß diese Worte eine Erfindung von ihm sind, und daß er selbst seinem Hirngespinste die Namen gab, die noch kein anderer vor ihm gebraucht hatte. Ein Glück, daß er es wagte, sonst hätte die Wahrheit noch bis heute keinen Namen! 

   Warum sollte denn nicht ein anderer bei solchem Gegenstand auch auf folgende Weise verfahren: Es gibt einen Voranfang, einen königlichen, unausdenkbaren, eine vorunpersönliche, vorwärtsfortrollende Kraft. Zugleich mit dieser ist eine Kraft, die ich Kürbis nenne, mit diesem Kürbis zusammen aber eine Kraft, die ich ihrerseits Überleerheit nenne. Dieser Kürbis und die Überleerheit, die eins sind, zeugten, ohne sie hervorzubringen, eine Frucht, die durchaus sichtbar, eßbar und süß war, welche Frucht das Wort Gurke bezeichnet. Zugleich mit dieser Gurke besteht eine Kraft derselben Wesenheit, die ich ihrerseits Melone heiße. Diese Kräfte, der Kürbis und die Überleere, die Gurke und die Melone, brachten dann die übrigen zahlreichen verrückten Gurken des Valentinus hervor. Wenn man nämlich jenes Wort, das von dem All gesagt ist, auf die erste Vierheit übertragen soll und jeglicher nach seinem Belieben die Namen wählen darf, warum sollte man denn nicht diese Namen wählen, die doch viel glaublicher, gebräuchlicher und allgemein bekannt sind!



5.

Wiederum andere von ihnen benannten die erste und ursprüngliche Achtheit mit folgenden Namen: Erstens Voranfang, zweitens der Unausdenkbare, drittens der Unsagbare, viertens der Unsichtbare. Aus dem ersten Voranfang sei an erster und fünfter Stelle der Anfang, aus dem Unausdenkbaren an zweiter und sechster Stelle der Unfaßbare, aus dem Unsagbaren an dritter und siebenter Stelle der Unbenennbare, aus dem Unsichtbaren aber der Ungezeugte hervorgegangen. Das ist das Pleroma der ersten Achtheit. Diese Kräfte sollen noch vor dem Bythos und der Sige bestanden haben. So wollen sie die allervollkommensten sein und gnostischer als die Gnostiker, sie, denen man mit Recht sagen könnte: O ihr Possenreißer und leere Sophisten! 

   Über den Bythos laufen gleichfalls bei ihnen vielerlei und unterschiedliche Ansichten umher. Die einen sagen, er sei unvermählt, weder männlich noch weiblich und überhaupt nichts; die andern, er sei mannweiblich, beschenken ihn also mit der Natur eines Zwitters, wieder andere vermählen ihn passend mit der Sige, damit so die erste Ehe zustande komme.




112

12. Kapitel: Die Lehre der Ptolemäer und Colarbasäer

1.

Die Ptolemäer aber, die es noch besser wußten, ersannen und schenkten dem bei ihnen Bythos genannten Gott zwei Frauen, die sie auch Zustände nennen, Ennoia und Thelema[29] . Denn zuerst gedachte er zu zeugen, und dann erst wollte er, so sagen sie. So entstand, als diese beiden Zustände oder Kräfte, die Ennoia und Thelema sich miteinander vermischten, paarungsweise der Ausgang des Eingebornen und der Wahrheit. Diese sind als die sichtbaren Typen und Abbilder der unsichtbaren Zustände des Vaters, nämlich der Ennoia und Thelema, hervorgegangen, von dem zweiten die Wahrheit, von dem ersten der Verstand[30] . Das Abbild des nachgeborenen Willens wurde daher männlich, das der ungezeugten Ennoia aber weiblich, weil das Thelema gleichsam die befruchtende Kraft der Ennoia wurde. Es stellte sich nun die Ennoia zwar immer ihre Geburt vor, aber sie vermochte nicht, ihre Vorstellung aus sich herauszubringen; erst als die Kraft des Willens hinzukam, gelang es ihr.



2.

Scheinen Dir, mein Lieber, diese nicht mehr eine Vorstellung vom Homerischen Zeus zu haben, der vor Sorgen nicht schlafen konnte, sondern nachdenken mußte, wie er den Achilles ehren und viele Griechen verderben könne, als von dem Gotte des Weltalls? Denn was der denkt, vollbringt er, und was er will, das denkt er; er denkt, wann er will, und will, wann er denkt, da er ja ganz Verstand, ganz Wille, ganz Vorstellung, ganz Auge, ganz Ohr ist und in allem die Quelle aller Güter.



3.

Die aber die Klügsten unter ihnen sein wollen, die lassen die erste Achtheit nicht hintereinander, einen Äonen von dem andern hervorgebracht sein, sondern versichern, sie hätten selbst dabei geholfen, wie zugleich und auf einmal die Äonen von dem Urvater und der Ennoia hervorgebracht wurden. Keineswegs stamme der Mensch und die Kirche vom Logos und der Zoe, sondern Logos und Zoe stammen vom Mensch und der Kirche, Und zwar auf folgende Weise: Als der Vorvater den Gedanken faßte etwas hervorzubringen, nannte er dies Vater; als nun dies durch die Hervorbringung zur Wahrheit geworden war, gab er ihm den Namen Wahrheit; als er sich selbst darstellen wollte, wurde dies Mensch geheißen; als er die vorbrachte, die er vorher gedacht hatte, bekam dies den Namen Kirche. Da sprach der Mensch das Wort, und dies ist der eingeborne Sohn. In der Begleitung des Wortes aber war das Leben, und so kam die erste Achtheit zustande.



4.

Wild tobt bei ihnen der Kampf um den Erlöser. Die einen sagen, er sei aus dem All entstanden; und deswegen heißt er der Wohlgefällige, weil das ganze Pleroma daran sein Wohlgefallen habe, durch ihn den Vater zu preisen. Die andern lassen ihn nur aus den zehn vom Logos und der Zoe stammenden Äonen hervorgehen, und so werde er nach seinen Eltern auch Wort und Leben genannt. Nach andern stammt er von den zwölf Äonen, die von dem Menschen und der Kirche erschaffen wurden, deswegen bekenne er sich als den Menschensohn, weil er doch von dem Menschen erzeugt wurde. Andere sagen, von Christus und dem Heiligen Geiste ist er geboren, die zur Befestigung des Pleroma ausgesandt wurden, und deswegen heißt er nach seinem Vater auch Christus. Wieder andere, einige so von den Bänkelsängern, sagen, Mensch heiße der Voranfang, der Vor-, der Unausdenkbare. Darin bestehe das tiefe, erhabene Geheimnis, daß die alles überragende und alles umfassende Kraft Mensch genannt werde, und aus diesem Grund nenne sich der Heiland Menschensohn.




113

13. Kapitel: Markus, der Zauberer

1.

Noch ein anderer von ihnen, der sich rühmt, ein Verbesserer des Meisters zu sein, Markus mit Namen, sehr erfahren in Zauberei und Betrug, durch die er viele Männer und nicht wenige Weiber verführte, hat diese an sich gezogen, als sei er der klügste und vollkommenste und im Besitze der größten Kraft aus den unsichtbaren und unnennbaren Örtern. In Wirklichkeit aber zeigt er sich als ein Vorläufer des Antichrist. Indem er nämlich die Gaukeleien des Anaxilaus mit der Nichtsnutzigkeit der sogenannten Magier verbindet, ist er bei denen, die keinen Verstand haben und von Sinnen gekommen sind, in den Ruf eines Wundertäters geraten.



2.

Indem er nämlich den Anschein erweckt, als ob er über einen Kelch mit Wein die Danksagung spricht und das Wort der Epiklese weit ausdehnt, läßt er ihn purpurfarben rot erscheinen, damit man glaubt, daß die überirdische Charis ihr Blut in jenen Kelch träufeln lasse wegen seiner Anrufung, und die Anwesenden sich sehnen, von jenem Trank zu kosten, auf daß auch auf sie die von diesem Magier angerufene Charis herabträufele. Ein andermal reicht er Weibern die gemischten Kelche und läßt sie in seiner Gegenwart die Worte der Danksagung sprechen. Sobald dies geschehen ist, bringt er selbst einen viel größeren Kelch herbei, als der war, über den die Danksagung gesprochen ist, gießt von dem kleineren, der von dem Weib gesegnet war, den Wein in seinen viel größeren über und spricht sogleich die Worte: „Die vor allem seiende, unausdenkbare und unaussprechliche Gnade erfülle deinen innern Menschen, vermehre dich in seiner Erkenntnis und senke das Senfkorn in gute Erde!“ Indem er jene Worte spricht, betört er das arme Weib und läßt es so scheinen, als ob der größere Kelch von dem kleineren bis zum Überfließen gefüllt wird. Durch solche und ähnliche Gaukelstücke hat er viele verführt und an sich gezogen.



3.

Es ist aber wahrscheinlich, daß er einen Dämon als Beistand hat, durch den er zu wahrsagen scheint und die Weiber, die er der Teilnahme an seiner Gnade für würdig erachtet, wahrsagen läßt. Am meisten nämlich widmet er sich den Weibern, und zwar denen, die feine Kleider tragen, in Purpur gekleidet und sehr reich sind; diese sucht er oft an sich zu locken und schmeichelt ihnen mit folgenden Worten: „Mitteilen will ich dir von meiner Gnade, denn der Vater des All sieht deinen Engel immerdar vor seinem Angesichte. Aber der Ort deiner Größe ist in mir; darum müssen wir eins werden. Empfange zuerst von mir und durch mich die Gnade! Bereite dich vor wie die Braut, die ihren Bräutigam erwartet, damit du werdest, was ich, und ich, was du! Laß sich niedersenken in dein Brautgemach den Samen des Lichts! Empfange von mir deinen Bräutigam, mache ihm Platz und nimm Platz in ihm! Siehe, die Gnade ist auf dich niedergestiegen, öffne deinen Mund und weissage!“ Wenn nun dieses Weib antwortet: „Ich habe niemals geweissagt und verstehe es auch nicht“, dann macht er noch gewisse Anrufungen, um die Betrogene zu verwirren und spricht zu ihr: „Öffne deinen Mund und sprich, was du willst, und du wirst weissagen!“ Durch solche Worte wird sie erregt und verwirrt; die Erwartung des Prophezeiens erhitzt ihre Seele, ihr Herz pocht stärker als gewöhnlich und sie versucht zu stammeln; aber was sie redet, ist alles leeres, eitles, freches Zeug, da sie ja ein leerer Geist erhitzt hat. Ein Besserer als wir hat hiervon gesagt: „Etwas Freches und Unverschämtes ist eine Seele, die die leere Luft erhitzt.“ Fortab aber hält sie sich für eine Prophetin und preist den Markus, daß er ihr von seiner Gnade mitgeteilt habe, und aus Dankbarkeit gibt sie ihm nicht nur Hab und Gut, wodurch er steinreich geworden ist, sondern auch die Gemeinschaft ihres Leibes in dem Wunsche, mit ihm völlig vereint zu werden, auf daß sie mit ihm zusammen eingehe in das „Eins“.



4.

Einige aber von diesen Weibern, welche Gottesfurcht in ihrem Herzen hatten, ließen sich von ihm nicht verführen, wenn er sie ebenso wie die übrigen zu beschwatzen trachtete und ihnen befahl zu weissagen; dann hauchten sie ihn wie bei dem Exorzismus an und zogen sich von einer solchen Versammlung zurück, wohl wissend, daß das Weissagen nicht von dem Magier Markus den Menschen verliehen wird, sondern daß es ein Geschenk Gottes ist für jene, denen es Gott von obenher sendet, und daß diese dann reden, wenn es Gott gefällt, aber nicht, wenn es Markus gebietet. Wer nämlich befiehlt, ist größer und mächtiger als der, welchem befohlen wird; denn jener ist der Vorgesetzte, dieser der Untergebene. Wenn nun Markus befiehlt, oder sonst einer, wie sie bei ihren Gastmählern jederzeit zu losen pflegen, wer denn weissagen soll, und diese nach ihren eigenen Begierden sich weissagen, dann müssen sie eben größer und mächtiger sein, als der prophetische Geist, obwohl sie doch nur Menschen sind — was unmöglich ist. Oder diese Geister, denen sie befehlen und die reden, wann es ihnen paßt, sind schwach und unvermögend, frech und tollkühn und vom Teufel ausgesandt, um die zu betrügen und zu verführen, die in dem von der Kirche erhaltenen Glauben schwankend geworden sind.



5.

Nicht allen, aber manchen gibt dieser Markus Liebestränke und Zaubermittel ein, um ihren Leibern auch Schmach anzutun; das haben diese bekannt, nachdem sie sich wieder zur Kirche Gottes bekehrt hatten; ihre Leiber seien von ihm mißbraucht worden, und sie hätten ihn in arger Sinnlichkeit geliebt. So nahm ihn einer unserer Diakone in Asien in sein Haus auf und kam dadurch in großes Unglück. Denn seine Frau, die eine schöne Gestalt hatte, wurde von diesem Magier an Leib und Seele verführt und lief ihm lange Zeit nach. Schließlich wurde sie mit vieler Mühe von den Brüdern bekehrt, tat die ganze Zeit Buße und trauerte und weinte über die Schmach, die ihr der Magier angetan hatte.



6.

Auch manche ihrer Wanderprediger haben viele Weiblein verführt, verdorben. Sie gaben sich für die Vollkommenen aus, niemand könne ihnen an Größe der Erkenntnis gleichkommen, kein Paulus und kein Petrus und keiner von den andern Aposteln; sie wüßten mehr als alle und sie allein hätten die große, unsagbare Gnosis getrunken; sie ständen in der Höhe über aller Kraft, deswegen sei ihnen erlaubt, alles zu tun, und niemand brauchten sie zu fürchten. Durch die Erlösung seien sie für den Richter unangreifbar und unsichtbar. Sollte er sie aber auch ergreifen, so würden sie mit dem Lösebrief vor ihn hintreten und zu ihm sprechen: „O du Beisitzerin Gottes und der geheimnisvollen voräonischen Stille, du Führerin und Leiterin der allezeit das Antlitz ihres Gottes schauenden Majestäten, zu der diese hin aufziehen ihre Gestalten und die du auch uns durch die Güte des Vorvaters als deren Vorbilder und durch die Kraft deiner Vorstellung erzeugtest, indem du damals wie im Traume eine Vorstellung der Oberwelt hattest— siehe, der Richter ist nahe, und sein Herold befiehlt mir, mich zu verteidigen. Du kennst ja die Sache von uns beiden, gib dem Richter Rechenschaft für uns beide, denn unser beider Sache ist ja eine!“ Auf diese Worte setzt die Mutter schleunig den homerischen Helm des Hades ihnen auf, und so entkommen sie ungesehen dem Richter. Und auf der Stelle werden sie emporgehoben, in das Brautgemach geführt und ihren Geliebten übergeben.



7.

Mit solchen Worten und Taten haben sie auch in unsern Gegenden am Rhonefluß viele Weiber betrogen. Mit verbranntem Gewissen (Vgl. 2Tm 3,6) tun sie teils öffentliche Buße, teils schämen sie sich und verzweifeln in der Stille ihres Herzens am ewigen Leben; manche wieder fallen gänzlich ab, und andere schwanken hin und her und sind, wie das Sprichwort sagt, weder drinnen noch draußen. Da haben sie denn die Frucht von dem Samen der Kinder der Erkenntnis.




114

14. Kapitel: Die Buchstaben- und Zahlenspielerei des Markus

1.

Dieser Markus nun, der ganz allein die Gebärmutter und das Gefäß der Kolorbasischen Sige sein will, da er ja der Eingeborne ist, hat den in ihm niedergelegten Samen der Nachgeburt irgendwie hervorgebracht. Die allerhöchste Vierheit stieg von den unsichtbaren und unnennbaren Orten selbst zu ihm nieder in Gestalt eines Weibes, da die Welt ihr männliches Wesen nicht ertragen konnte, und offenbarte ihm ihr eigenes Wesen und die Entstehung des All, die sie noch keinem der Götter und Menschen je enthüllt hatte, ihm ganz allein auf folgende Weise: Zuerst, als der Vaterlose, der Undenkbare und Wesenlose, der Geschlechtlose, sein unbegreifliches Wesen begreiflich und sein unsichtbares Wesen sichtbar machen wollte, da öffnete er seinen Mund und brachte das Wort hervor, das ihm gleich war. Dieses trat vor ihn hin und zeigte ihm seine Wesenheit, da es als die Gestalt des Unsichtbaren erschien. Die Aussprechung des Namens aber geschah auf folgende Weise: Er sprach das erste Wort seines Namens, und dieses lautete Arché. Das war die Zusammenfassung seiner vier Buchstaben. Darauf sprach er das zweite, das ebenfalls aus vier Buchstaben bestand. Dann kam das dritte, das zehn Buchstaben enthielt. Das er danach sprach, enthielt zwölf Buchstaben. So bestand die Aussprechung seines ganzen Namens aus dreißig Buchstaben und vier Worten. Jeder der Buchstaben hat besondere Zeichen, besonderen Charakter, besondere Aussprache, besondere Gestalt, besonderes Aussehen und keiner ist unter ihnen, der die Gestalt desjenigen sieht, wovon er selbst nur der Buchstabe ist. Keiner von ihnen erkennt ihn, noch umschließt er die Aussprache seines Nachbarn; in dem, was er selbst ausspricht, glaubt er das Ganze mit Namen zu nennen. Denn jeder von ihnen hält seinen Laut für das Ganze, obwohl er doch nur ein Teil des Ganzen ist, und er hört nicht auf zu tönen, bis er zu dem letzten Buchstaben eines jeden Selbstlauters gekommen ist. Dann aber erfolgt nach ihm die Wiederherstellung des Ganzen, bis das All auf den einen Buchstaben gekommen ist und eine und dieselbe Aussprache hat. Dieser Lehrsatz wird durch die gemeinschaftliche Aussprache des Amen[31] dargestellt. Die Laute aber gestalten den wesenlosen und ungezeugten Äon und sind ihrerseits jene Gestalten, die nach dem Ausspruche des Herrn unaufhörlich das Angesicht des Vaters schauen.



2.

Die aussprechbaren Sammelnamen für diese Elemente sind: Äonen, Worte, Wurzeln, Samen, Pleromata und Früchte. Die besonderen Namen eines jeden muß man sich in dem Namen der Ekklesia eingeschlossen denken. Der letzte Buchstabe des letzten Urstoffes brachte seinen Laut hervor; der von ihm ausgehende Widerhall zeugte nach dem Bilde der Urstoffe eigene Urstoffe, aus denen sowohl die irdischen Dinge als ihre Materie hervorgebracht wurde. Das Zeichen selbst, dessen Widerhall nach unten stieg, wurde von seinem Laute zur Vervollständigung des Ganzen emporgehoben; der Widerhall aber blieb unten und wurde gleichsam verstoßen. Der Urstoff aber, von dem das Zeichen samt seiner Aussprache nach unten fiel, bestehe aus dreißig Zeichen und jedes dieser Zeichen enthalte in sich wieder andere Zeichen, mit denen sein Name geschrieben wird; diese andern werden wieder durch andere bezeichnet und die letzteren wieder durch andere, so daß die Zahl der Zeichen ins Unendliche sich ausdehnt. 

   Auf folgende Weise möchte ich mich noch deutlicher ausdrücken: Der Buchstabe Delta besteht aus Delta, Ei, Lambda, Tau und Alpha. Diese fünf Buchstaben werden nun wieder durch andere bezeichnet und diese letzteren wieder durch andere. Wenn sich nun schon der Inhalt des einen Delta ins Unendliche verläuft, indem wieder andere Buchstaben zu den andern kommen und die andern ablösen, um wieviel größer muß dann das Buchstabenmeer des ganzen Urstoffes sein! Und wenn der eine Buchstabe so unendlich ist, dann überlege den Buchstabengrund des ganzen Namens, aus dem nach der Sige des Markus der Urvater besteht! Der Urvater, der seine Unfaßbarkeit wohl kennt, hat deswegen auch den Urstoffen, die er auch Äonen nennt, einzeln ihren eigenen Laut ausrufen lassen, weil sie nicht imstande waren, das Ganze auszusprechen.



3.

Nach diesen Erklärungen sprach die Vierheit zu ihm: „Ich will dir die Aletheia selber zeigen. Ich brachte sie nämlich aus den oberen Wohnungen herab, damit du sie in ihrer Nacktheit sehest und ihre Schönheit verstehest, aber sie auch sprechen hörest und ihren Verstand bewunderst. Betrachte das Haupt oben, Alpha und Omega; den Hals, Beta und Psi; die Schultern mit den Händen, Gamma und Chi; die Brüste, Delta und Phi; das Zwerchfell, Ei und Ypsilon; den Rücken, Zeta und Tau; den Bauch, Eta und Sigma; die Schenkel, Theta und Rho; die Knie, Jota und Pi; die Schienbeine, Kappa und Omikron; die Knöchel, Lambda und Xi; die Füße, My und Ny.“ So beschreibt der Magier den Leib der Wahrheit, das ist die Gestalt des Urstoffes und der Charakter des Zeichens. Und diesen Urstoff nennt er Mensch[32] . Hier ist die Quelle jedes Wortes, der Anfang jedes Lautes, die Aussprache des Unaussprechbaren jeder Art, der Mund der verschwiegenen Sige. „Soviel über ihren Leib. Nun aber erhebe höher die Denkkraft deines Verstandes und höre das selbstzeugende und vaterschaffende Wort aus dem Munde der Wahrheit!“



4.

Nach diesen Worten der Vierheit hat ihn die Wahrheit angeblickt, den Mund aufgetan und ein Wort gesprochen. Das Wort wurde zum Namen, und dieser Name, den wir kennen und sprechen, ist Christus Jesus. Danach verfiel sie sogleich in tiefes Schweigen. Während aber Markus auf weitere Offenbarungen wartete, trat wiederum die Vierheit dazwischen und sprach: “Für geringfügig hieltest du das Wort, das aus dem Munde der Wahrheit du vernahmst. Es ist nicht der Name, den du kennst und meinst, sondern ein alter. Du hörst seinen Klang, aber verkennst seine Kraft. Jesous ist ein bedeutungsvoller Name, aus sechs Buchstaben bestehend, gekannt von den Auserwählten. Der aber bei den Äonen des Pleroma — der Name kommt nämlich in vielfacher Bedeutung vor — ist von anderer Gestalt und von verschiedenem Ausdruck; ihn kennen jene Genossen, deren Majestäten immerdar bei ihm weilen.“



5.

Diese bei uns gebräuchlichen vierundzwanzig Buchstaben sollst Du also als Abzeichen der drei Mächte betrachten, welche die ganze Zahl der oberen Urstoffe enthalten. Die neun Konsonanten stellen den Vater und die Aletheia dar, die lautlos sind, d. h, unnennbar und unaussprechbar. Die acht Halbvokale bedeuten den Logos und die Zoe, weil sie gleichsam in der Mitte zwischen den Konsonanten und Vokalen sind und den Ausfluß der oberen wie die Erhebung der unteren Äonen auf sich nehmen. Die sieben Vokale aber sind der Mensch und die Kirche, weil die vom Menschen ausgehende Stimme das All gestaltete. Denn von dem Widerhall seiner Stimme haben sie ihre Gestalt angenommen. Logos und Zoe haben also acht, Mensch und Kirche sieben, Vater und Aletheia neun Zeichen. Da aber die Rechnung so nicht stimmte, so stieg der bei dem Vater überzählige Buchstabe hinab, gesandt zu dem, von dem er getrennt war, um das Geschehene gerade zu richten, damit die Einheit der Pleromata, nunmehr ausgeglichen, als Frucht hervorbringe eine Kraft in allen aus allen. So bekam der mit sieben die Kraft von achten, und es wurden alle drei Orte, an Zahl einander gleich, zu Achtheiten. Diese, dreifach genommen, geben die Zahl von vierundzwanzig. Die drei Urstoffe nun, welche nach ihm paarweise vorhanden sind, so daß sechs herauskommen, die die vierundzwanzig Buchstaben hervorbrachten, geben vervierfacht mit der Zahl der unaussprechlichen Vierheit ebendieselbe Zahl, die dem Unnennbaren angehören soll. Diese tragen die drei Mächte nach dem Bild und Gleichnis des Unsichtbaren. Die Bilder der Bilder dieser Urstoffe sind unsere drei Doppelbuchstaben; zählt man diese nach Analogie des Obigen doppelt hinzu, so bekommt man die Zahl dreißig.



6.

Diese Berechnung und Ordnung ist nach ihnen in Bild und Gleichnis durch denjenigen dargestellt, der nach sechs Tagen als der Vierte auf den Berg hinaufstieg und dort[33] der sechste wurde, der unterworfen war und herabstieg in der Siebenheit, der eine ausgezeichnete Achtheit war und in sich die ganze Zahl der Urstoffe hatte, die da die Taube, das Alpha und Omega, durch ihre Herabkunft anzeigte, als er zur Taufe kam. Der Zahlenwert der Buchstaben derselben beträgt 801. Darum ist auch nach dem Berichte des Moses am sechsten Tage der Mensch erschaffen, und gemäß der Heilsordnung ist gleichfalls am sechsten Tage, der Parasceve, der letzte Mensch zur Wiederherstellung des ersten erschienen und gemäß der Heilsordnung auch sein Ende auf die sechste Stunde gefallen, in der er gekreuzigt wurde. Denn der vollkommene Nous, der die Bedeutung der Zahl sechs wohl kennt und weiß, daß sie die Kraft der Schöpfung und Wiedergeburt in sich hat, offenbarte den Kindern des Lichts, daß die Wiedergeburt durch ihn nach Maßgabe dieser Zahl geschehen sollte. Deswegen sind auch die Doppelzeichen in dieser berühmten Zahl vorhanden. Fügt man sie zu den vierundzwanzig Urstoffen hinzu, so ist der Name der dreißig Buchstaben vollständig, vollzählig.



7.

Sie gebrauchte aber als Gehilfen die Majestät der sieben Zahlen, wie die Sige des Markus lehrt, damit die Frucht ihres selbstgewollten Ratschlusses offenbar werde. Unter dieser berühmten Zahl mußt Du jedoch im Gegenwärtigen den von ihr Gestalteten verstehen, der gleichsam zerteilt und halbiert wurde und draußen blieb, der aus eigener Kraft und Klugheit durch seinen Sprößling diese nach dem Abbild der Siebenzahl der Kräfte aus sieben Kräften bestehende Welt beseelte und sie als Seele des sichtbaren Weltalls einsetzte. Nun benutzt dieser seinerseits dieses Werk, als wenn es sein eigenstes Geschöpf wäre, aber er dient damit doch nur der Enthymesis seiner Mutter, da es eine Nachahmung des Unnachahmbaren ist. So läßt der erste Himmel das Alpha ertönen, der zweite das Ei, der dritte das Eta, der vierte und mittlere die Kraft des Jota, der fünfte das U, der Sechste das Ü, der siebente und vierte von der Mitte den Laut O, wie die Sige des Markus versichert, die viel schwätzt, aber nichts Wahres sagt. Alle diese Kräfte, ineinander fest verschlungen, loben und preisen den, von dem sie hervorgegangen, und ihr Lobpreis steigt zum Vorvater empor, der Widerhall aber fiel auf die Erde und wurde der Bildner und Schöpfer der irdischen Dinge.



8.

Den Beweis nimmt er von den neugeborenen Kindern, die, nachdem sie aus dem Mutterleib hervorgegangen sind, den Laut jedes dieser Buchstaben aussprechen. Wie nun die sieben Kräfte den Logos preisen, so preist auch die Seele der Neugeborenen den Markus, indem sie ihn beweint und bejammert. Darum sprach auch David: „Aus dem Munde der Kleinen und Säuglinge hast du Lob bereitet“ (Ps 8,2)und wiederum: „Die Himmel preisen die Ehre Gottes“ (Ps 19,2). Deshalb ruft auch die Seele, wenn Leiden und Not zu ihrer Läuterung über sie kommen, „O“ zum Zeichen des Lobes, damit die obere Seele, die doch mit ihr verwandt ist, ihre Hilfe herabsende.



9.

So faselte Markus über das All, das ein Name von dreißig Buchstaben ist, über den Bythos, der aus seinen dreißig Buchstaben entsteht, ferner über den zwölfgliedrigen Leib der Aletheia, von der jedes Glied aus zwei Buchstaben besteht, und über ihre Stimme, die sprach, ohne zu reden, über die Auflösung des unaussprechbaren Namens und über die Seele der Welt und des Menschen, insofern sich die Heilsordnung in ihnen abbildet. — Nunmehr wollen wir Dir verkünden, wie ihm von den Namen eine gleichzahlige Kraft die Vierheit gezeigt hat, damit Dir, mein Lieber, nach Deinem oft ausgesprochenen Wunsche keine seiner Behauptungen unbekannt bleibe, soweit sie zu unserer Kenntnis gekommen sind.




115

15. Kapitel: Weitere Phantastereien des Markus

1.

Die Erschaffung der vierundzwanzig Urstoffe verkündet ihm die allweise Sige auf folgende Weise: Die Monotes und Henotes waren zusammen, aus ihnen gingen, wie schon gesagt, zwei Sprößlinge hervor, die Monas und das Hen, macht zusammen vier, denn zweimal zwei sind vier. Die zwei und vier verbunden offenbarten die sechs. Diese sechs, viermal genommen, erzeugten die vierundzwanzig Gestalten. Die heiligsten Namen der ersten Vierheit können nur gedacht, aber nicht ausgesprochen werden und werden nur von dem Sohne erkannt, doch der Vater weiß, wie sie heißen. Die bei ihm mit Ehrfurcht und Glauben auszusprechenden Namen sind: Arretos und Sige, Pater und Aletheia. Die Buchstabensumme dieser Vierheit ist vierundzwanzig. Denn der Name Arretos enthält sieben, die Seige fünf wie auch Pater, und die Aletheia sieben, in Summa zweimal fünf und zweimal sieben genau gleich vierundzwanzig. Ebenso ergibt auch die zweite Vierheit: Logos und Zoe, Anthropos und Ekklesia, dieselbe Zahl von Buchstaben. Des Heilandes aussprechbarer Name Jesous hat sechs, sein unaussprechlicher vierundzwanzig; Yios Chreistos zwölf, das Unaussprechliche in ihm dreißig. Deshalb nennt er ihn das Alpha und Omega, um die Taube anzuzeigen, welche diese Zahl aufweist.



2.

Der unaussprechliche Ursprung Jesu aber ist folgender: Aus der Mutter des Weltalls ging nach Art einer Tochter die zweite Vierheit hervor, und so entstand die Achtheit, aus der die Zehnheit hervorkam. So wurde eine Zehnheit und eine Achtheit. Indem sie sich nun die Zehnheit verband und sie vervielfältigte, erzeugte sie die Zahl achtzig[34] ; und die achtzig wieder verzehnfachend, zeugte sie die Zahl achthundert. So ist die von der Achtheit und Zehnheit ausgehende Gesamtsumme 8 und 80 und 800 = 888, und der Name Jesous nach seinem Zahlenwerte gleichfalls 888. Da hast Du deutlich den überhimmlischen Ursprung Jesu, wie sie ihn lehren. Deshalb hat auch das Alphabet der Griechen acht Einer, acht Zehner, acht Hunderter und zeigt dadurch die Zahl 888 an, d. h. Jesum, der aus allen Zahlen besteht. Deshalb nennen sie ihn auch das Alpha und Omega, weil er aus allen entstanden ist. Fernerhin: Die Summe der ersten vier Zahlen, der ersten Vierheit, ergibt zehn, und das ist wieder der Zahlenwert des ersten Buchstabens des Namens Jesu. Der Name Christus besteht aus acht Buchstaben, das weist hin auf die erste Achtheit, die, mit der Zehnheit verbunden, Jesum gebar. Dieser wird auch Sohn Christus genannt, d. i. die Zwölfheit, denn der Name Sohn hat vier, Christus aber acht, was zusammen zwölf Buchstaben gibt — die Majestät der Zwölfheit. Bevor nun aber das Zeichen dieses Namens, d. i. Jesus, den Söhnen erschien, da lagen die Menschen in großer Unwissenheit und Verirrung. Als aber der Name der sechs Buchstaben offenbar wurde, und als der, welcher sowohl die sechs als auch die vierundzwanzig in sich hat, Fleisch wurde, um in den Gesichtskreis der Menschen herniederzusteigen, da wurden sie in seiner Erkenntnis die Unwissenheit los und kamen aus dem Tode ins Leben, indem dieser Name ihnen zum Weg wurde, der zum Vater der Wahrheit führt. Denn es war der Wille des Vaters, die Unwissenheit aufzulösen und den Tod zu zerstören. Das geschah, indem die Menschen ihn erkannten. Deswegen ist der Anthropos auserwählt worden, der gemäß seinem Willen nach dem Ebenbild der oberen Kraft eingerichtet wurde.



3.

Aus der Vierheit nämlich gingen die Äonen hervor. In der Vierheit aber war der Anthropos und die Ekklesia, der Logos und die Zoe. Von diesen gingen die Kräfte aus und erzeugten den auf Erden erschienenen Jesus. Und zwar hat den Ort des Logos der Engel Gabriel, den der Zoe der Hl. Geist, den des Anthropos die Kraft des Sohnes, den der Kirche die Jungfrau eingenommen. So wird gemäß der Heilsordnung durch die Jungfrau bei ihm der Mensch erschaffen, den der Allvater, als er durch den Mutterschoß hindurchging, durch den Logos zu seiner Erkenntnis sich auserwählte. Als er aber in das Wasser stieg, da kam auf ihn als Taube der herab, der nach oben steigend die Zwölfzahl vollzählig machte. In ihm ist der Same derer, die gleichen Ursprunges mit ihm sind und die mit ihm auf- und niedersteigen. Die Kraft aber, die herabkam, ist der Same des Vaters, der in sich den Vater und den Sohn hat, sowie die nur von diesen erkennbare, unnennbare Kraft der Sige und sämtliche Äonen. Dies ist auch der Geist, der durch Jesus gesprochen hat, ihn als den Menschensohn bezeichnete, den Vater offenbarte und auf Jesus herniederstieg, um sich mit ihm zu vereinen. Und der Heiland der Heilsordnung nahm weg den Tod und erkannte den Vater Christus Jesus. So ist nun Jesus ein Name für den Menschen der Heilsordnung, und er wird gebraucht nach dem Bilde und Gleichnis des Anthropos, der auf ihn herabsteigen sollte und ihn aufnahm. Da hatte er denn in sich den Anthropos und den Logos, den Vater und den Unnennbaren, die Sige und die Aletheia, die Ekklesia und die Zoe.



4.

Dies geht doch über das Au und Weh und über jeglichen Jammerruf und Schmerzensschrei. Wer sollte den stümperhaften Macher solcher Lügen nicht verabscheuen, wenn er sieht, wie Markus aus der Aletheia ein Götzenbild macht und dies mit den Buchstaben des Alphabets beklebt. Unlängst, im Vergleich zum Anfang sozusagen erst gestern und vorgestern, sagen die Griechen, hätten sie von Kadmus zunächst sechzehn Buchstaben bekommen, und darauf hätten sie im Laufe der Zeiten erst die Aspiraten, dann die Doppelkonsonanten erfunden; zuletzt soll Palamedes die langen Vokale hinzugetan haben. Bevor also die Griechen diese hatten, gab es keine Aletheia, denn wenn es nach dir geht, Markus, dann ist sie jünger als Kadmus, und die vor ihm waren, jünger als die, welche die weiteren Buchstaben hinzutaten, jünger als du selbst, denn du erst hast die von dir so genannte Aletheia zum Götzenbild erniedrigt.



5.

Wer aber wird deine Sige ertragen, die solcherlei schwätzt, die den Unnennbaren benennt, den Unaussprechbaren ausspricht, den Unergründlichen ergründet! Die da sagt, es habe den Mund aufgetan, der unkörperlich und unsichtbar ist, und er habe den Logos hervorgebracht wie eins von den zusammengesetzten Lebewesen, und dieser Logos, der gleiche Wesenheit mit seinem Erzeuger und die Gestalt des Unsichtbaren habe, der bestünde aus dreißig Buchstaben und vier Silben! Soll nun also der Allvater, der nach dir gleicher Wesenheit mit dem Logos ist, auch aus dreißig Buchstaben und vier Silben bestehen? Oder wer wird es weiter ertragen, wenn du in Figuren und Zahlen, bald dreißig, bald vierundzwanzig, bald bloß sechs, den Schöpfer und Urheber von allem und den schöpferischen Logos einschließest! Wenn du ihn zerlegst in vier Silben und dreißig Buchstaben, wenn du den Herrn des Weltalls, der die Himmel befestigt hat, in die Zahl 888 erniedrigst, als ob er dem Alphabete ähnlich wäre! Wenn du den allumfassenden Vater in eine Vierheit, Achtheit, Zehnheit und Zwölfheit zerlegst und durch die oben genannten Multiplikationen das, was nach deinen Worten vom Vater unaussprechbar und unausdenkbar ist, erklären willst! Du nennst ihn unkörperlich und unwesentlich und stellst seine Materie und Substanz aus vielen Buchstaben, die von einander abstammen, zusammen! So bist du ein falscher Dädalus und schlechter Zimmermann der allerhöchsten Kraft. Du läßt ihn unteilbar sein und teilst ihn selbst in Muta, Vokale und Halbvokale. Indem du die Muta dem Vater des Weltalls und der Ennoia des Sohnes anlügst, hast du in die höchste Gotteslästerung und größte Gottlosigkeit alle gestürzt, die an dich glauben.



6.

Gerecht und entsprechend deiner so großen Keckheit machte der göttliche Priester und Herold der Wahrheit auf dich die folgenden Verse: 

   Du Götzenmacher Markus und Zeichendeuter du, 

   Erfahren in Astrologie und Zauberei dazu, 

   Wodurch du festigst deiner Lüge Lehren 

   Und Wunder ihnen zeigst, sie zu verkehren. 

   Das ist der finstem Mächte freventliches Spiel, 

   Der Vater Satanas ist dein und auch ihr Ziel. 

   Es schenket dir die Kraft der Teufel Azazel, 

   Du läufst vor ihm einher, sein Wort ist dir Befehl. 

   Soweit der gottgeliebte Priester. Wir aber wollen versuchen, den Rest ihrer Geheimlehren, so lang sie auch sind, kurz abzumachen und, was lange Zeit verborgen war, zu offenbaren. So dürften es alle leicht widerlegen können.







(Contra Haereses) 111