(Contra Haereses) 313

13. Kapitel: Paulus lehrt nichts anders wie die übrigen Apostel

313 1.

Andere sagen, Paulus allein, dem das Geheimnis der Offenbarung anvertraut wurde, habe die Wahrheit erkannt. Diese widerlegt Paulus selbst, indem er sagt, ein und derselbe Gott habe dem Petrus das Apostolat der Beschneidung und ihm das der Heiden übertragen. Keinen andern Gott also hatte Petrus wie Paulus, und denselben Gott und Gottessohn, welchen Petrus unter den Juden verkündete, den verkündete auch Paulus unter den Heiden. Denn unser Herr kam nicht bloß, um den Paulus zu erlösen, noch ist Gott so arm, daß er nur einen Apostel gehabt hätte, der die Heilsordnung seines Sohnes erkannte. Und indem Paulus sagt: „Wie schön sind die Füße derer, die Gutes verkünden, die den Frieden verkünden“ (
Rm 10,15), bekundet er deutlich, daß es nicht bloß einen, sondern mehrere gibt, die die Wahrheit verkünden. Und nachdem er in dem Briefe an die Korinther alle die aufgezählt hatte, die den Herrn nach der Auferstehung gesehen haben, fügt er hinzu: „Ob nun ich oder jene, so verkünden wir, wie ihr geglaubt habt“ (1Co 15,11). Womit er bekennt, daß alle ein und dasselbe verkünden, die den Herrn nach der Auferstehung gesehen haben.



2.

Als Philippus den Vater sehen wollte, antwortete der Herr ihm: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt? Philippus, wer mich sieht, sieht auch den Vater. Wie nun sagst du: Zeige uns den Vater? Ich nämlich bin in dem Vater, und der Vater ist in mir, und schon habt ihr ihn erkannt und gesehen“ (Jn 14,7 Jn 9,10).?Wenn nun der Herr ihnen das Zeugnis ausstellt, daß sie in ihm den Vater erkannt und gesehen haben — der Vater aber ist die Wahrheit — dann können nur falsche Zeugen und solche, die sich von der Lehre Christi ganz abgewendet haben, behaupten, jene hätten die Wahrheit nicht erkannt. Wozu nämlich sandte denn der Herr die zwölf Apostel zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel, wenn sie die Wahrheit nicht gekannt haben? Wie predigten denn die Siebenzig, wenn sie nicht zuvor die Predigt der Wahrheit erlernt haben? Oder wie konnte Petrus in Unkenntnis sein, da der Herr selber ihm das Zeugnis gibt, „daß nicht Fleisch und Blut ihm geoffenbart haben, sondern sein Vater, der im Himmel ist?“ (Mt 16,17) Er ist also so wie „Paulus Apostel nicht von Menschen, noch durch einen Menschen, sondern durch Jesum und Gott den Vater“ (Ga 1,1), indem der Sohn sie zum Vater führt und der Vater ihnen den Sohn offenbart.



3.

Denen aber, die den Paulus wegen der bekannten Streitfrage an die Apostel verwiesen, gab er nach und zog zu ihnen mit Banabas nach Jerusalem hinauf, und zwar aus dem Grunde, daß auch von jenen die Freiheit der Heiden bestätig würde. Davon spricht er selber im Briefe an die Galater: „Alsdann nach vierzehn Jahren zog ich hinauf nach Jerusalem mit Barnabas und nahm auch den Titus mit. Ich zog aber hinauf gemäß der Offenbarung und verglich mit ihnen das Evangelium, das ich unter den Heiden predige“ (Ga 2,1 f.). Und bald darauf: „Eine Stunde unterwarfen wir uns willig, damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch verbliebe“ (Ebd. 2,5). Wenn jemand also nach der Apostelgeschichte sorgfältig die Zeit bestimmen will, in der er nach Jerusalem in der erwähnten Angelegenheit hinaufzog, so wird er auf die von Paulus angegebenen Jahre kommen, so daß die Zählung Pauli mit dem Zeugnis des Lukas über die Apostel völlig übereinstimmt.





14. Kapitel: Das Evangelium des Lukas

314 1.

Dieser Lukas war unzertrennlich von Paulus und dessen Mitarbeiter im Evangelium, wie er selbst in aller Bescheidenheit kundtut. Nachdem sich nämlich Barnabas und Johannes, mit Beinamen Markus, von Paulus getrennt und nach Cypern eingeschifft hatten, „kamen wir nach Troas“, und als Paulus im Traume einen Mazedonier gesehen hatte, der zu ihm sagte: „Komm nach Mazedonien, uns zu helfen, Paulus! da suchten wir sogleich nach Mazedonien abzureisen, da wir einsahen, daß der Herr uns berufen hatte, jenen das Evangelium zu bringen. Indem wir also von Troas absegelten, richteten wir unser Schiff nach Samothrake“ (
Ac 15 u. 16). Dann berichtet er sorgfältig über ihre ganze Reise bis Philippi, und wie sie dort die erste Rede hielten. „Wir setzten uns“, sagt er, „und sprachen mit den Weibern, die zusammengekommen waren.“ Einige glaubten und nicht wenige. „Dann schifften wir weiter nach dem Osterfeste von Philippi und kamen nach Troas, wo wir uns sieben Tage aufhielten.“ Dann berichtet er alles übrige mit Paulus der Reihe nach und gibt mit aller Sorgfalt die Orte und Städte und die Zeitdauer an, bis sie nach Jerusalem hinaufzogen, erzählt, was dort dem Paulus widerfahren, wie er gefesselt nach Rom geschickt wurde, und den Namen des Hauptmannes, der ihn aufnahm, die Schiffszeichen, und wie sie Schiffbruch litten, und die Insel, auf die sie sich retteten, und wie sie dort gastfreundlich aufgenommen wurden, da Paulus den Fürsten jener Insel heilte, und wie sie von dort nach Puteoli schifften und von da nach Rom kamen, und wie lange Zeit sie sich in Rom aufhielten. Da Lukas bei all diesem zugegen war, hat er alles sorgfältig verzeichnet, damit er weder als lügnerisch noch als aufgeblasen gescholten werden könne, da ja alle diese Dinge feststehen und er unleugbar älter ist als alle, die jetzt anders lehren und die Wahrheit nicht kennen. War er doch nicht allein ein Begleiter, sondern auch Mitarbeiter der Apostel und besonders des Paulus, wie dieser selbst in seinen Briefen kundtut: „Demas hat mich verlassen und ging fort nach Thessalonich, Kreszenz nach Galatien, Titus nach Dalmatien, und Lukas ist allein bei mir“ (2Tm 4,9 ff). Mit diesen Worten zeigt er an, daß Lukas immer mit ihm verbunden war und unzertrennlich gewesen ist. In dem Briefe an die Kolosser schreibt er wiederum: „Es grüßt euch Lukas, der Arzt, der Geliebte“ (Col 4,14). Wenn aber Lukas, der immer mit Paulus gepredigt hat und von ihm der Geliebte genannt wird, der mit ihm das Evangelium verkündet hat, und der, wie wir glauben, auch der Verfasser eines Evangeliums ist, nichts anders von ihm gelernt hat, wie wir aus seinen Worten gezeigt haben, wie können dann die, welche niemals mit Paulus verbunden waren, sich rühmen, verborgene und unaussprechliche Geheimnisse erlernt zu haben?



2.

Paulus erklärt aber selbst, daß er, was er wußte, ohne Vorbehalt nicht bloß diejenigen lehrte, welche mit ihm waren, sondern alle, die ihn hörten. Als er nach Milet die Bischöfe und Priester von Ephesus und den übrigen Nachbarstädten zusammenberufen hatte, da es ihn drängte, in Jerusalem das Pfingstfest zu feiern, gab er ihnen noch viele Lehren, sagte ihnen, was ihm in Jerusalem widerfahren sollte, und fügte hinzu: „Ich weiß, daß ihr mein Angesicht schon nicht mehr sehen werdet... Darum bezeuge ich euch an dem heutigen Tage, daß ich rein bin von dem Blute aller. Denn ich habe mich nicht entzogen, euch den ganzen Ratschluß Gottes zu verkünden. Habet daher acht auf euch und die gesamte Herde, über welche der Heilige Geist euch gesetzt hat, die Kirche des Herrn zu lenken, die er sich durch sein Blut gegründet hat“ (Ac 20,25 ff.). Dann wies er hin auf die zukünftigen Irrlehrer, indem er sprach: „Ich weiß, daß nach meinem Fortgang reißende Wölfe zu euch kommen werden, welche die Herde nicht schonen. Auch aus euch selbst werden Männer aufstehen, die Verkehrtes reden, um die Jünger an sich zu ziehen“ (Ebd. 20,29 f.). „Ich habe mich nicht entzogen“, so sprach er, „den ganzen Ratschluß Gottes euch zu verkünden.“ So teilten die Apostel einfach und ohne Neid das, was sie selbst vom Herrn erlernt hatten, allen mit. So hat also auch Lukas neidlos, was er von ihnen gelernt hatte, uns übergeben, wie er selber mit den Worten bezeugt: „Wie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind“ (Lc 1,2).



3.

Wollte aber jemand Lukas zurückweisen, gleich als ob er die Wahrheit nicht erkannt habe, so verwirft er offenbar das Evangelium, dessen Schüler er sich zu sein rühmte. Denn sehr viele und wichtige Stücke des Evangeliums wissen wir nur durch ihn, wie die Geburt des Johannes und die Geschichte des Zacharias (Ebd. 1,5 f.) , die Ankunft des Engels bei Maria und den Lobpreis der Elisabeth (Ebd. 1,26 f.) , die Herabkunft der Engel zu den Hirten, and was diese zu ihnen gesprochen haben (Ebd. 2,8 f.) , das Zeugais Annas und Simeons über Christus (Ebd. 2,25 ff.) , und daß er mit zwölf Jahren in Jerusalem zurückblieb (Ebd. 2,42 ff.) , die Taufe des Johannes (Lc 3,2 f.) , und in welchem Alter der Herr getauft ist, and daß es im fünfzehnten Jahr des Kaisers Tiberius gewesen ist (Ebd. 1,21 f.) . Dazu aus seinen Lehren das, was er den Reichen zugerufen hat: „Weh euch, ihr Reichen, denn ihr genießet euren Trost! Weh euch, die ihr satt seid, denn ihr werdet hungern, und die ihr jetzt lachet, denn ihr werdet weinen! Weh euch, wenn euch alle Menschen preisen! Also taten den falschen Propheten eure Väter“ (Ebd. 6,24 f.). Und die übrigen Aussprüche dieser Art wissen wir nur von Lukas, wie wir auch sehr viele Taten des Herrn nur von ihm erfahren haben, deren alle sich bedienen: Die Menge Fische, welche Petrus und seine Begleiter fingen, als sie auf den Befehl des Herrn die Netze auswarfen (Ebd. 5,6 f.) ; die Heilung jenes Weibes, das achtzehn Jahre krank war, am Sabbate (Ebd. 13,11 f.) , und des Wassersüchtigen gleichfalls am Sabbate, und wie er es ihnen gegenüber rechtfertigte, daß er an diesem Tage heilte (Ebd. 14,2 f.) , and wie er seine Jünger lehrte, nicht die ersten Plätze zu begehren (Ebd. 14,8 f.) , und daß man die Armen und Lahmen, welche nicht vergelten können, einladen muß (Ebd. 14,12 f.) . Dann von dem, welcher in der Nacht anklopft, um Brot zu bekommen, und es wegen seines ungestümen Drängens auch erhält (Ebd. 11,5 f.) . Wie ferner, als er bei dem Pharisäer zu Gaste war, die Sünderin ihm die Füße küßte und mit Salbe salbte, und was ihretwegen der Herr zu Simon von den zwei Schuldnern sprach (Ebd. 7,37 f.) . Weiter die Parabel von jenem Reichen, der in die Scheune gebracht hatte, was ihm gewachsen war, und zu dem gesprochen wurde: In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; was du aber bereitet hast, wessen wird es sein? (Ebd. 12,16 f.) Ebenso die Geschichte von dem Reichen, der sich in Purpur kleidete und prächtig sich ergötzte, und von dem armen Lazarus (Lc 16,19 f.) , Die Antwort, die er seinen Jüngern auf ihre Bitte: Vermehre uns den Glauben! gab (Ebd. 17,5 f.) und die Anrede, die er an Zachäus richtete (Ebd. 19,5 f.) , auch die Geschichte von dem Pharisäer und dem Zöllner, die gleichzeitig im Tempel beteten (Ebd. 18,10 f.) . Das von den zehn Aussätzigen, die er zusammen auf dem Wege reinigte (Ebd. 17,12 f.) , und wie er befahl, von den Dörfern und Straßen die Lahmen und die Einäugigen zur Hochzeit zu sammeln (Ebd. 14.16 f.) . Die Parabel von dem Richter, der nicht Gott fürchtete, aber durch das Drängen der Witwe sich bewegen ließ, ihr Recht zu verschaffen (Ebd. 18,2 f.) , und die Geschichte von dem Feigenbaum im Weinberge, der keine Frucht brachte (Ebd. 13,6 f.) . So gibt es vieles derart, was sich allein bei Lukas findet, und worauf sich Markion und Valentinus berufen. Außerdem noch, was nach seiner Auferstehung er auf dem Wege zu seinen Jüngern gesprochen hat (Ebd. 24,17 f.) , und wie sie ihn am Brotbrechen erkannt haben.



4.

Daher ist es notwendig, daß sie entweder auch das andere annehmen, was er gesagt hat, oder daß sie auch auf jenes verzichten. Denn kein Vernünftiger wird ihnen gestatten, einiges aus den Berichten des Lukas als wahr anzunehmen, anderes aber zu verwerfen, gleich als ob er die Wahrheit nicht gekannt hätte. Wenn sie aber nun darauf verzichten, dann werden die Markioniten überhaupt kein Evangelium haben, obwohl sie sich dessen rühmen, nachdem sie das des Lukas, wie bereits angegeben, gekürzt haben; die Valentinianer aber werden den größten Teil ihres hohlen Geredes aufgeben müssen, indem sie ja aus ihm die Unterlagen für ihr Geschwätz entnehmen und, was gut gesagt ist, schlecht auszulegen sich erkühnen. Erkennen sie aber die Notwendigkeit, auch das übrige anzunehmen, dann werden sie zum gesamten Evangelium der apostolischen Lehre gelangen und notwendig Buße tun, um aus ihrer Lage gerettet zu werden.





15. Kapitel: Es gibt keine Geheimlehre Christi

315 1.

Ebendasselbe sagen wir auch gegen diejenigen, welche den Apostel Paulus nicht anerkennen. Entweder müssen sie auch auf alle übrigen Stücke des Evangeliums verzichten, die allein durch Lukas zu unserer Kenntnis gelangten und diese nicht gebrauchen — oder wenn sie diese alle annehmen, dann müssen sie auch sein Zeugnis über Paulus gelten lassen, da er ja selber berichtet, wie der Herr zuerst vom Himmel her gesprochen hat: „Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? Ich bin Jesus Christus, den du verfolgst“ (
Ac 9,4 f.). Und darauf über denselben zu Ananias: ,,Gehe, denn ein ausgewähltes Gefäß ist mir dieser, um meinen Namen zu den Heiden und Königen und Söhnen Israels zu tragen. Denn ich will ihm zeigen fortan, wieviel er wegen meines Namens leiden muß“ (Ebd. 9,15 f.), Wollen sie demnach den nicht anerkennen, der von Gott dazu erwählt worden ist, zuversichtlich seinen Namen zu verkünden, weil er ja bloß, wie gesagt, zu den Heiden gesandt worden ist, so verachten sie die Auserwählung des Herrn und trennen sich selbst von der Gemeinschaft der Apostel. Sie können doch nicht behaupten, daß Paulus kein Apostel sei, wenn er gerade dazu auserwählt ist, noch können sie Lukas einen Lügner nennen, der uns die Wahrheit mit aller Sorgfalt verkündet. Vielleicht nämlich hat Gott gerade deswegen es gewollt, daß sehr viele Stücke des Evangeliums, welche alle notwendig gebrauchen, nur von Lukas berichtet würden, damit alle, seinem getreuen Zeugnis über die Taten und die Lehre der Apostel trauend, eine unverfälschte Richtschnur der Wahrheit hätten und gerettet würden. Also ist sein Zeugnis wahr, die Lehre der Apostel offenbar, zuverlässig und vollständig, und keineswegs lehrten sie einiges im Verborgenen, anderes aber öffentlich.



2.

Denn solcherart ist bloß das Geschäft von Lügnern, Verführern und Heuchlern, wie es die Valentinianer sind. An die Menge nämlich richten sie mit Rücksicht auf die, welche von der Kirche kommen, und die sie auch gemeine Ekklesiastiker nennen, Vorträge, um die Einfältigeren einzufangen und anzulocken, indem sie immer aufs neue unseren Vortrag nachahmen, and beklagen sich dann über uns, daß wir uns ohne Grund von ihrer Gemeinschaft zurückhielten, da sie doch Ähnliches lehrten wie wir, und daß wir sie Häretiker nennen, obwohl sie dasselbe lehrten und dieselbe Lehre hätten. Einigen aber, die sie durch ihre gewöhnlichen Fragen vom Glauben abwendig und zu ihren willfährigen Hörern gemacht haben, erzählen sie dann privatim ihr unerzählbares Geheimnis vom Pleroma. Es täuschen sich aber alle, die da glauben, sie könnten das Wahrscheinliche in ihren Worten von der Wahrheit unterscheiden. Denn der Irrtum ist verlockend, hat den Schein der Wahrheit und liebt die Schminke — die Wahrheit ist ohne Schminke — und findet deshalb bei Kindern Glauben. Stellt aber jemand aus ihren Hörern Fragen oder widerspricht ihnen, dann heißt es, er könne die Wahrheit nicht verstehen, habe nicht den höheren Samen von ihrer Mutter, er sei einer aus der mittleren Region, d. h. ein Psychiker, und sie sagen ihm überhaupt nichts. Wenn aber jemand wie ein gutmütiges Schaf sich ihnen völlig ergeben hat und durch ihre Nachfolge auch ihre „Erlösung“ erlangte, dann ist er so aufgeblasen, daß er glaubt, nicht mehr im Himmel noch auf der Erde zu leben, sondern in das Pleroma eingegangen zu sein und schon seinen Engel umarmt zu haben, hebt die Nase gar hoch und schreitet einher stolz wie ein Hofhahn. Einige von ihnen sagen allerdings, ein guter Lebenswandel müsse den auszeichnen, der von oben her ist, und deswegen geben sie sich auch ein gewisses würdevolles Gepräge. Die meisten aber setzen sich darüber hinweg, haben als die Vollkommenen keine Scheu noch Achtung, nennen sich die Geistigen und sagen, sie kennen schon ihren Ort der Erquickung im Pleroma.



3.

Wir aber vollen nun zu dem Gegenstand unserer Abhandlung zurückkommen. Da es handgreiflich bewiesen ist, daß de Prediger der Wahrheit und die Apostel der Freiheit keinen andern Gott genannt oder Herrn geheißen haben, als den allein wahren Gott Vater und sein Wort, das über allem ist, so wird es deutlich bewiesen sein, daß sie den Schöpfer des Himmels und der Erde, der mit Moses gesprochen und das Gesetz durch ihn gegeben und die Väter berufen hat, als Herrn und Gott bekennen und keinen anderen. Das ist als die Ansicht der Apostel und ihrer Schüler über Gott aus ihren Worten offenbar geworden.





16. Kapitel: Es gibt nur einen Jesus Christus

316 1.

Es behaupten aber einige, Jesus sei ein Gefäß Christi gewesen, Christus sei auf ihn wie eine Taube herabgestiegen und dann, nachdem er den unnennbaren Vater verkündet hatte, unbegreiflich und unsichtbar in das Pleroma eingegangen. Nicht nur die Menschen hätten es nicht bemerkt, sondern nicht einmal die Mächte und Kräfte im Himmel. Dieser Jesus sei der Sohn, Christus der Vater und Christi Vater sei Gott. Andere wiederum sagen, daß er nur dem Anschein nach gelitten habe, in Wirklichkeit aber leidensunfähig sei. Die Valentinianer hingegen behaupten, der verheißene Jesus sei durch Maria hindurchgegangen; auf ihn sei der obere Erlöser herniedergestiegen, den sie auch Christus nennen, weil er die Namen aller derer trage, die ihn aussandten. Dieser habe jenem Verheißenen Anteil an seiner Kraft und seinem Namen gegeben, damit der Tod durch ihn zerstört und der Vater durch den Erlöser erkannt werde, der von oben herabstieg, und den sie wiederum Gefäß Christi und des gesamten Pleroma nennen. So bekennen sie zwar mit. der Zunge einen Christus Jesus, spalten ihn aber in ihrer Lehre. Denn das ist ja ihr Dogma, wie wir oben gesagt haben, daß der eine Christus von dem Eingeborenen zur Besserung des Pleroma ausgesandt wurde, der andere aber als Erlöser zur Verherrlichung des Vaters; der dritte erst ist der Verheißene, der ins Leiden geriet, als sich der christustragende Heiland ins Pleroma zurückzog. 

   Demgemäß ist es erforderlich, daß wir die gesamte Lehre der Apostel über unsern Herrn Jesus Christus heranziehen und nachweisen, daß dieselben nicht nur nichts dergleichen gedacht, sondern vielmehr sogar durch den Heiligen Geist angezeigt haben, daß die, welche anfangen würden, solches zu lehren, vom Satan dazu angestachelt sind, um etliche vom Glauben abtrünnig zu machen und vom Leben abzubringen.



2.

Daß zunächst Johannes nur ein einziges Wort Gottes kannte, und daß dies der Eingeborene sei, Jesus Christus, unser Herr, der zu unserer Erlösung Fleisch geworden ist, das haben wir aus den Worten des Johannes selbst hinlänglich bewiesen. Doch auch Matthäus kennt nur einen einzigen Jesus Christus; denn indem er seine menschliche Geburt aus der Jungfrau darlegt, wie Gott dem David gemäß seiner viel früher dem Abraham gegebenen Verheißung versprochen hatte, daß er aus der Frucht seines Leibes einen ewigen König erwecken werde, da sagt er: „Buch der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams“ (
Mt 1,1). Alsdann fährt er fort, um uns vor Argwohn gegen Joseph zu schützen; „Mit der Geburt Christi aber verhielt es sich folgendermaßen: Da seine Mutter mit Joseph verlobt war, wurde sie, bevor sie zusammenkamen, vom Heiligen Geiste schwanger erfunden“ (Ebd. 1,18 f.). Als sodann Joseph daran dachte, Maria zu entlassen, da sie schwanger war, stand bei ihm der Engel Gottes, der da sprach: „Fürchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen, denn was sie im Mutterschoße hat, ist vom Heiligen Geiste. Sie wird aber einen Sohn gebären, und du wirst seinen Namen Jesus nennen, denn dieser wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies aber ist geschehen, damit erfüllt wurde, was gesagt ist von dem Herrn durch den Propheten: Siehe, die Jungfrau wird im Mutterschoße empfangen und einen Sohn gebären, und man wird seinen Namen nennen Emmanuel, d.h. Mit uns Gott“ (Mt 1,20 ff.). Daraus geht klar hervor, daß die den Vätern gegebene Verheißung erfüllt war, daß aus einer Jungfrau der Sohn Gottes geboren wurde, und daß dieser Christus der Erlöser ist, den die Propheten verheißen haben. Also ist es nicht so, wie jene sagen, daß bloß Jesus aus Maria geboren sei und der obere Christus herabgestiegen. Sonst hätte Matthäus auch sagen können: „Mit der Geburt Jesu verhielt es sich folgendermaßen''; indem aber der Heilige Geist die Fälscher voraussah und uns gegen ihre Arglist schützen wollte, sprach er durch Matthäus; „Mit der Geburt Christi verhielt es sich folgendermaßen ... und dieser ist der Emmanuel“ — damit wir ihn nicht für einen bloßen Menschen halten. Denn „nicht aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus dem Willen Gottes ist das Wort Fleisch geworden“ (Jn 1,13 f.). So dürfen wir also nicht annehmen, daß Jesus und Christus verschiedene Personen sind, sondern müssen wissen, daß es ein und derselbe ist.



3.

Genau so ist auch die Erklärung Pauli, der an die Römer schreibt: „Paulus, ein Apostel Jesu Christi, auserkoren für das Evangelium Gottes, das er verheißen hat durch seine Propheten in den Heiligen Schriften von seinem Sohne, der ihm geworden ist aus dem Samen Davids dem Fleische nach, und der vorher bestimmt war zum Sohne Gottes in Kraft durch den Geist der Heiligung aus der Auferstehung Jesu Christi, unseres Herrn“ (Rm 1,1 ff.). Und wiederum heißt es im Briefe an die Römer in Betreff Israels: „Aus ihren Vätern ist Christus dem Fleische nach, der da ist Gott, über alles gepriesen in Ewigkeit“ (Ebd. 9,5). Ebenso heißt es im Briefe an die Galater: „Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, gemacht aus dem Weibe, gemacht unter dem Gesetze, damit er die, welche unter dem Gesetze waren, erlöste und wir an Kindesstatt angenommen würden“ (Ga 4,4 f.). So bekundet er deutlich: Einer ist Gott, der durch die Propheten die Verheißung von dem Sohne gab. Und einer ist Jesus Christus, unser Herr, der von dem Samen Davids aus Maria der Jungfrau geboren ist; dieser Jesus Christus ist bestimmt zum Sohne Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligung seit seiner Auferstehung von den Toten, damit er der Erstgeborene der Toten sei, wie er auch der Erstgeborene in der ganzen Schöpfung ist. Der Sohn Gottes ist Sohn des Menschen geworden, damit wir durch ihn an Kindesstatt angenommen würden, indem der Mensch den Sohn Gottes trug, faßte und umarmte. Deswegen sagt auch Markus: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes, wie geschrieben ist in den Propheten“ (Mc 1,1). Er weiß es also, daß Jesus Christus, der Sohn Gottes allein derjenige ist, der von den Propheten verkündet wurde als die Leibesfrucht Davids, Emmanuel, der „Verkünder des großen Ratschlusses“ (Is 9,6)des Vaters, den Gott dem Hause Davids aufgehen ließ, den „Aufgang und den Gerechten“ (Jr 33,15), und „das Horn des Heils ihm errichtete“ (Lc 1,69)und „ein Zeugnis in Jakob erweckte“6 (Ps 77,5) , wie David die Gründe seiner Geburt mit den Worten angibt: „Und ein Gesetz stellte er auf in Israel, damit die nächste Generation es erkenne. Es werden die Söhne, die von diesen geboren wurden, auferstehen und es wieder ihren Kindern erzählen, damit sie auf Gott ihre Hoffnung setzen und seine Gebote erforschen“ (Ebd. 77,6 f.). Und wie wiederum der Engel Maria die Botschaft bringt, sagt er: „Dieser wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden, und es wird ihm der Herr den Thron seines Vaters David geben“ (Lc 1,32), womit er den Sohn des Allerhöchsten zugleich als den Sohn Davids bezeichnet. Und indem David die Ordnung seiner Ankunft durch den Heiligen Geist erkennt, gemäß derer er „Herr der Lebendigen und der Toten“ (Rm 14,9)ist, bekennt er ihn als den Herrn, der da „sitzet zur Rechten des höchsten Vaters“ (Vgl. Ps. Ps 109,1).



4.

Auch jener Simeon, der die Antwort vom Hl. Geiste erhalten hatte, daß er den Tod nicht früher sehen werde als er Christum Jesum sehen würde, nahm diesen Erstgeborenen der Jungfrau auf seine Hände, pries Gott und sagte: „Nun entlässest du deinen Diener, o Herr, nach deinem Worte in Frieden, denn gesehen haben meine Augen dein Heil, das du bereitet hast vor dem Angesicht aller Völker als ein Licht zur Offenbarung der Heiden und zum Ruhme deines Volkes Israel“ (Lc 2,29 ff.) . Er bekannte also das aus Maria geborene Kind Jesus, das er auf seinen Händen trug, gerade als Christus, den Sohn Gottes, das Licht der Menschen und den Ruhm seines Israel, als den Frieden und Trost derjenigen, die schlafen gingen. Schon nämlich nahm er Menschen gefangen, indem er ihre Unwissenheit aufhob, seine Kenntnis ihnen schenkte und sie austeilte unter die, welche ihn erkannten, gemäß Isaias, welcher spricht: „Nenne seinen Namen: Erbeute hurtig, verteile schnell!“ (Is 8,3) Das aber sind die Werke Christi. Also war Christus derjenige, den Simeon auf den Armen trug und als den Höchsten pries; den die Hirten sahen und Gott lobten; den Johannes, als er noch im Leibe seiner Mutter und jener noch im Schoße Mariens war, als Herrn erkannte und frohlockend begrüßte; den die Magier sahen und anbeteten, und dem sie die vorerwähnten (Oben III, 9, 2) Geschenke brachten, und vor dem sie sich niederwarfen als dem ewigen Könige; und dann kehrten sie auf einem andern Wege, als sie gekommen waren, also schon nicht mehr durch das Land der Assyrer, zurück. „Denn bevor noch der Knabe Vater und Mutter wird zu rufen wissen, wird er die Kraft von Damaskus und die Beute Samariens gegen den König der Assyrer ergreifen“ (Is 8,4) , womit Isaias zwar versteckt, aber nachdrücklich kundtut, daß der Herr mit verborgener Hand Amalech eroberte. Deshalb entrückte er auch die Knaben im Hause Davids (Mt 2,16) , die das Glück erlangt hatten, in jener Zeit geboren zu sein, um sie in sein Reich vorauszuschicken, als er selbst noch ein Kind war, und machte die Kinder der Menschen zu Märtyrern, die gemäß der Schrift getötet wurden wegen Christus, der zu Bethlehem in Juda, in der Stadt Davids, geboren war.



5.

Deswegen sagt auch der Herr seinen Jüngern nach der Auferstehung: „O ihr Unverständigen und langsam von Herzen, um an alles zu glauben, was die Propheten gesprochen haben! Mußte nicht Christus dieses leiden und eingehen in seine Herrlichkeit“ (Lc 24,25 f.) Und wiederum spricht er zu ihnen: „Dies sind die Reden, die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war, daß nämlich alles erfüllt werden müsse, was im Gesetze des Moses und in den Propheten und Psalmen von mir geschrieben ist. Dann eröffnete er ihnen den Sinn, daß sie die Schriften verstanden, und sagte zu ihnen: So steht geschrieben, daß Christus leiden und von den Toten auferstehen werde, und daß in seinem Namen Vergebung der Sünden gepredigt werde bei allen Völkern“ (Ebd. 24,44 ff.) . Das ist aber der, welcher aus Maria geboren wurde. „Denn es muß“, sagt er, „des Menschen Sohn vieles leiden, verworfen und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen“ (Mc 8,30) . Also kennt das Evangelium keinen andern Sohn des Menschen als den aus Maria, der auch gelitten hat. Aber keineswegs kannte es einen Christus, der vor dem Leiden von Jesus weggeflogen wäre, sondern den Jesus Christus, der geboren wurde, kannte es als den Sohn Gottes, und daß eben dieser gelitten hat und auferstanden ist, das bezeugt Johannes, der Jünger des Herrn, mit den Worten: „Dies aber ist geschrieben, damit ihr glaubet, daß Jesus ist der Sohn Gottes, und damit ihr glaubend das ewige Leben habet in seinem Namen“ (Jn 20,31), So sah er jene gotteslästerlichen Lehren voraus, die den Herrn teilen, soweit sie es vermögen, und ihn aus zwei verschiedenen Substanzen gemacht sein lassen. Deswegen bezeugte er uns auch in seinem Briefe: „Liebe Söhne, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, sind jetzt viele Antichriste entstanden, woraus wir erkennen, daß es die letzte Stunde ist. Sie sind von uns ausgegangen, waren jedoch nicht von uns. Denn wenn sie von uns gewesen wären, wären sie auch bei uns geblieben; aber sie sollten offenbar werden als solche, die nicht von uns sind. Erkennet also, daß jegliche Lüge von außerhalb kommt und nicht von der Wahrheit ist. Wer ist lügnerisch, wenn nicht der, welcher leugnet, daß Jesus nicht Christus ist? Das ist der Antichrist“ (1Jn 2,18 ff.).



6.

Obwohl nun alle Vorgenannten mit der Zunge einen Jesus Christus bekennen, so spotten sie doch ihrer selbst, indem sie anders sprechen als meinen. Freilich sind ihre Dogmen mannigfaltige, wie wir gezeigt haben. Sie unterscheiden den Christus, der gelitten hat und geboren wurde von dem Christus ihres Demiurgen, der gemäß dem Heilsplane kam, oder den aus Joseph, den sie als den leidensfähigen dogmatisieren, von dem, der aus den unsichtbaren und unaussprechbaren Regionen herkam, den sie als den unsichtbaren und unbegreiflichen und leidensunfähigen hinstellen. Aber darin irren sie von der Wahrheit ab, weil ihre Lehre den allein wahren Gott nicht kennt, weil sie nicht wissen, daß sein eingeborenes Wort, das immer dem menschlichen Geschlechte beisteht, vereint und eingesät in sein Geschöpf, nach dem Willen des Vaters Fleisch geworden ist, Jesus Christus, unser Herr ist, der für uns gelitten hat und unseretwegen auferstanden ist und wieder kommen wird in der Herrlichkeit des Vaters, um alles Fleisch aufzuerwecken und Rettung zu bringen and das Gesetz des gerechten Gerichtes allen zu zeigen, die ihm unterworfen sind. Es ist also ein Gott Vater, wie wir gezeigt haben, und ein Christus Jesus, unser Herr, der durch die ganze Heilsordnung hindurch ging und alles in sich selbst zusammenfaßte. Zu diesem „allen“ gehört aber auch der Mensch, das Geschöpf Gottes; also faßte er auch den Menschen in sich zusammen, indem er, der Unsichtbare, sichtbar wurde, der Unbegreifbare begreifbar, der Leidensunfähige leidensfähig, das Wort Mensch. So faßte er in sich das All zusammen, damit er, wie das Wort in den überhimmlischen und geistigen Dingen Herrscher ist, ebenso in den sichtbaren und körperlichen Dingen herrsche, indem er auf sich die Herrschaft nahm und sich zum Haupte der Kirche einsetzte, und damit er alles an sich ziehe zu der passenden Zeit.



7.

Denn nichts ist bei ihm unberechnet, noch zu falscher Zeit, wie auch bei dem Vater nichts zufällig ist. Denn alles hat der Vater im voraus gekannt und der Sohn vollendet, wie es passend und geziemend ist, zur richtigen Zeit. Als deshalb Maria zu dem Weinwunder eilte und vor der Zeit Anteil haben wollte an dem Becher des Kompendiums[75] , da wies der Herr ihre unzeitige Eile zurück mit den Worten: „Was ist mir und dir, Weib? Noch ist meine Stunde nicht gekommen“ (Jn 2,4)und erwartete die Stunde, die der Vater vorherwußte. Deswegen heißt es auch, als viele ihn schon ergreifen wollten: „Niemand legte Hand an ihn, denn noch war die Stunde nicht gekommen“ (Jn 7,30), ihn zu ergreifen, noch die Stunde des Leidens, die der Vater vorherbestimmt hatte, wie auch der Prophet Habakuk sagt: „Dann, wann die Jahre gekommen sein werden, wird man dich erkennen, in der Ankunft der Zeit wirst du dich zeigen, dann, wann sich meine Seele betrübt im Zorne, wirst du deiner Barmherzigkeit dich erinnern“ (Ha 3,2). Doch auch Paulus sagt: „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn“ (Ga 4,4). Daraus ist ersichtlich, daß alles, was der Vater vorausgesehen hatte, nach Zeit und Ordnung zu der vorausgesehenen and passenden Stunde unser Herr vollendet hat, der reich und mannigfaltig ist, obwohl er ein und derselbe bleibt. Denn dem reichen und mannigfaltigen Wille des Vaters dient er, da er der Erlöser derer ist, die erlöst werden, und der Herr derer, die unter seiner Herrschaft stehen, und der Gott derer, die geschaffen sind, und der Eingeborene des Vaters und der verkündete Messias und das Wort Gottes, Fleisch geworden, als die Fülle der Zeit gekommen war, in welcher der Menschensohn Gottessohn werden mußte.



8.

Daher stehen alle außerhalb der Heilsordnung, die als Gnostiker zwischen Jesus und Christus einen Unterschied machen, zwischen dem Eingeborenen, von dem hinwiederum das Wort stammen soll, und dem Erlöser, den die Schüler des Irrtums von den Äonen ausgehen lassen. Äußerlich freilich sind sie wie Schafe, denn durch ihre ganze Ausdrucksweise erscheinen sie uns ähnlich, indem sie wie wir sprechen; innerlich aber sind sie Wölfe. Denn menschenmörderisch ist ihre Lehre, Mehrere Götter erdichtet sie, und mehrere Väter erheuchelt sie, den Sohn Gottes aber zerlegt sie in mehrere Stücke. Darum bat uns der Herr im voraus, uns vor ihnen zu hüten, und sein Schüler Johannes befiehlt uns in dem bereits genannten Briefe, vor ihnen zu fliehen, indem er sagt: „Viele Verführer sind in diese Welt ausgegangen, welche nicht bekennen, daß Jesus Christus im Fleische gekommen sei. Das ist der Verführer und Antichrist. Achtet auf sie, damit ihr nicht verlieret, was ihr geleistet habt!“ (2Jn 7 f.) Und wiederum sagt er in seinem Briefe: „Viele Pseudopropheten sind ausgegangen von der Welt. Daran erkennet den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, daß Jesus Christus im Fleische gekommen ist, ist aus Gott. Und jeder Geist, der Jesum auflöst, ist nicht aus Gott, sondern von dem Antichrist“ (1Jn 4,1 ff.). Das ist aber dem ähnlich, was im Evangelium gesagt ist: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat in uns gewohnt“. Deshalb ruft er abermals in seinem Briefe: „Jeder, der glaubt, daß Jesus ist Christus, ist aus Gott geboren“ (Ebd. 5,1), indem er weiß, daß ein und derselbe Jesus Christus es ist, dem die Tore des Himmels wegen seiner leiblichen Himmelfahrt sich öffneten, und der auch in demselben Fleische, in dem er gelitten hat, kommen wird, seine Herrlichkeit zu offenbaren.



9.

Damit stimmt Paulus überein, wenn er zu den Römern spricht: „Umsomehr werden die, welche die Überfülle der Gnade und Gerechtigkeit zum Leben empfangen, herrschen, durch den einen Jesus Christus“ (Rm 5,17). Er also kennt keinen Christus, der von Jesus fortgeflogen ist, noch nennt er ihn den oberen Erlöser, den sie den leidensunfähigen nennen. Wenn nämlich der eine gelitten hat, der andere aber leidensunfähig geblieben ist; der eine geboren wurde, der andere aber auf diesen hinabstieg und ihn wiederum verlassen hat, dann predigen sie nicht einen, sondern zwei Jesus. Daß der Apostel aber nur einen Christus Jesus kennt, der geboren wurde und gelitten hat, das sagt er wiederum in demselben Briefe: „Wisset ihr nicht, daß, soviele wir getauft sind in Christo Jesu, wir in seinem Tode getauft sind, damit, wie Christus von den Toten auferstanden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln?“ (Ebd. 6,3 f.) Und wiederum bezeichnet er den Christus, der gelitten hat, als den Sohn Gottes, der für uns gestorben ist und mit seinem Blute uns zur vorherbestimmten Zeit erlöst hat, indem er sagt: „Wozu denn ist Christus, als wir noch schwach waren, gemäß der Zeit für die Gottlosen gestorben? ... Es erweiset aber Gott seine Liebe für uns dadurch, daß für uns Christus gestorben ist, da wir Sünder waren. Umsomehr werden wir, nun gerechtfertigt in seinem Blute, durch ihn von dem Zorne gerettet werden. Wenn wir nämlich, da wir seine Feinde waren, versöhnt worden sind mit Gott durch den Tod seines Sohnes, so werden wir um vieles mehr als Versöhnte gerettet werden in seinem Leben“ (Rm 5,6 f.), Keinen anderen als den, der ergriffen wurde und gelitten hat und sein Blut für uns vergoß, bezeichnet er auf das deutlichste als Christus, den Sohn Gottes, der auch auferstanden ist und in den Himmel aufgenommen worden ist, wie er selbst sagt: „Zugleich ist Christus, der zur Rechten des Vaters sitzt, auch gestorben und sogar auferstanden“ (Ebd. 8,34). Und wiederum: „Wir wissen, daß Christus, von den Toten auferstehend, schon nicht mehr stirbt“ (Ebd. 6,9). Diese vorgenannten Worte spricht er, indem er durch den Hl. Geist die Unterscheidungen der falschen Lehrer voraussah und ihnen jeden Anlaß zu ihrer Verirrung abschneiden wollte. „Wenn aber der Geist dessen, der Jesum von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, dann wird der, welcher Christum von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen“ (Ebd. 8,11). Eindeutig also ruft er denen zu, die hören wollen: Irret nicht, ein und derselbe ist Christus Jesus, der Sohn Gottes, der durch sein Leiden uns Gott versöhnt hat und von den Toten auferstanden ist, und der, welcher zur Rechten des Vaters sitzet und vollkommen in allem ist, der, als er Schläge bekam, nicht wieder schlug, der, „als er litt, nicht drohte“ (1P 2,23), und als er Mißhandlung erduldete, den Vater bat, daß er denen verzeihe, die ihn gekreuzigt hatten (Lc 23,34) . Er hat uns in Wahrheit gerettet, er ist das Wort Gottes, er ist der Eingeborene vom Vater, Christus Jesus, unser Herr,






(Contra Haereses) 313