Generalaudienzen 2005-2013 31007

Mittwoch, 3. Oktober 2007: Der Hl. Cyrill von Alexandrien

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Liebe Brüder und Schwestern!

In Fortsetzung unseres Weges, der den Spuren der Kirchenväter folgt, begegnen wir auch heute einer großen Gestalt: dem hl. Cyrill von Alexandrien. Cyrill, der mit der christologischen Kontroverse, die zum Konzil von Ephesus des Jahres 431 führte, in Zusammenhang stand, war der letzte bedeutende Vertreter der alexandrinischen Tradition und wurde später im griechischen Osten als »Hüter der Genauigkeit« - was als Hüter des wahren Glaubens zu verstehen ist - und sogar als »Siegel der Väter« bezeichnet. Diese alten Bezeichnungen bringen gut eine Tatsache zum Ausdruck, die für Cyrill kennzeichnend ist, nämlich die beständige Bezugnahme des Bischofs von Alexandrien auf die vorhergehenden Kirchenschriftsteller (unter ihnen vor allem Athanasius) mit dem Ziel, die Kontinuität der eigenen Theologie mit der Tradition aufzuzeigen. Er fügt sich willentlich und ausdrücklich in die Tradition der Kirche ein, in der er die Gewähr für die Kontinuität mit den Aposteln und mit Christus selbst erkennt. Sowohl im Osten wie im Westen als Heiliger verehrt, wurde der hl. Cyrill im Jahr 1882 von Papst Leo XIII. zum Kirchenlehrer ausgerufen, der denselben Titel gleichzeitig auch einem anderen bedeutenden Vertreter der griechischen Patristik verlieh, dem hl. Cyrill von Jerusalem. So wurde die Aufmerksamkeit und die Liebe jenes Papstes für die christlichen Traditionen des Ostens offenkundig, der in der Folge auch den hl. Johannes von Damaskus zum Kirchenlehrer ausrufen wollte und damit zeigte, daß sowohl die östliche als auch die westliche Tradition die Lehre der einen Kirche Christi ausdrücken.

Die Nachrichten über das Leben des Cyrill vor seiner Wahl auf den wichtigen Bischofssitz von Alexandrien sind äußerst spärlich. Cyrill, ein Neffe jenes Theophilus, der die Diözese Alexandrien seit 385 mit fester Hand und hohem Ansehen leitete, wurde wahrscheinlich in dieser ägyptischen Metropole zwischen 370 und 380 geboren; er wurde früh in das kirchliche Leben eingeführt und erhielt eine gute Erziehung, sowohl in kultureller wie in theologischer Hinsicht. Im Jahr 403 war er im Gefolge seines mächtigen Onkels in Konstantinopel und nahm dort an der sogenannten »Eichensynode« teil, die den Bischof der Stadt, Johannes (später Chrysostomus genannt), absetzte und so den Triumph des Bischofssitzes von Alexandrien über jenen traditionell rivalisierenden Sitz von Konstantinopel markierte, wo der Kaiser residierte. Nach dem Tod seines Onkels Theophilus wurde der noch junge Cyrill im Jahr 412 zum Bischof der einflußreichen Kirche von Alexandrien gewählt, die er mit großer Tatkraft 32 Jahre lang leitete und dabei immer darauf abzielte, ihre auch durch die traditionellen Bande mit Rom starke Vorrangstellung im ganzen Orient zu behaupten.

Zwei oder drei Jahre später, im Jahr 417 oder 418, erwies sich der Bischof von Alexandrien als Realist bei der Beilegung des Bruchs der Gemeinschaft mit Konstantinopel, der infolge der Absetzung des Chrysostomus bereits seit 406 bestand. Doch der alte Gegensatz zum Sitz von Konstantinopel entzündete sich ungefähr zehn Jahre später von neuem, als 428 Nestorius gewählt wurde, ein angesehener und strenger Mönch antiochenischer Bildung. Der neue Bischof von Konstantinopel erregte in der Tat bald Widerstand, weil er in seinen Predigten für Maria den Titel »Mutter Christi« (Christotókos) anstelle des der Volksfrömmigkeit schon sehr lieb gewordenen Titels »Mutter Gottes« (Theotókos) vorzog. Grund für diese Entscheidung des Bischofs Nestorius war seine Zustimmung zur Christologie antiochenischer Gestalt, die, um die Bedeutung der Menschheit Christi zu wahren, schließlich deren Trennung von der Gottheit behauptete. Und so war die Einheit zwischen Gott und Mensch in Christus nicht mehr wahr, und natürlich konnte man nicht mehr von »Mutter Gottes« sprechen.

Die Reaktion Cyrills - damals der überragende Vertreter der alexandrinischen Christologie, die dagegen die Einheit der Person Christi entschieden zu unterstreichen beabsichtigte - erfolgte fast unmittelbar und entfaltete sich mit allen Mitteln bereits ab 429, als er sich auch mit einigen Briefen direkt an Nestorius wandte. Im zweiten Brief (PG 77,44-49), den Cyrill im Februar 430 an ihn richtete, lesen wir eine klare Bekräftigung der Pflicht der Hirten, den Glauben des Volkes Gottes zu bewahren. Sein Kriterium, das im übrigen auch heute gilt, war: Der Glaube des Volkes Gottes ist Ausdruck der Tradition, er ist die Gewähr für die unversehrte Lehre. So schreibt er an Nestorius: »Man muß dem Volk die Lehre und die Auslegung des Glaubens möglichst einwandfrei darlegen und daran erinnern, daß derjenige, der bei einem Einzigen der Kleinen, die an Christus glauben, Entrüstung hervorruft, einer unerträglichen Strafe verfallen wird.«

In demselben Brief an Nestorius - einem Brief, der später, im Jahr 451, die Billigung des Konzils von Chalkedon, des vierten ökumenischen Konzils, erhalten sollte - beschreibt Cyrill klar seinen christologischen Glauben: »So behaupten wir, daß die Naturen verschieden sind, die sich in wahrer Einheit vereint haben, aber aus beiden ist ein Christus und Sohn hervorgegangen, nicht weil aufgrund der Einheit die Verschiedenheit der Naturen aufgehoben worden wäre, sondern vielmehr deshalb, weil Gottheit und Menschheit, in unsagbarer und unaussprechlicher Verbundenheit vereint, für uns den einen Herrn und Christus und Sohn hervorgebracht haben.« Und das ist wichtig: Die wahre Menschheit und die wahre Gottheit vereinen sich wirklich in einer Person, unserem Herrn Jesus Christus. Deshalb - so fährt der Bischof von Alexandrien fort - »werden wir einen Christus und Herrn bekennen, allerdings nicht in dem Sinn, daß wir den Menschen zusammen mit dem Logos anbeten, um nicht durch das Reden von ›zusammen‹ die Vorstellung der Trennung zu wecken, sondern in dem Sinn, daß wir einen und denselben anbeten, weil sein Leib dem Logos nicht fremd ist, mit dem er auch neben seinem Vater sitzt, nicht so, als säßen neben ihm zwei Söhne, sondern ein einziger, eins mit seinem Fleisch.«

Und schon bald erwirkte der Bischof von Alexandrien dank kluger Bündnisse, daß Nestorius mehrmals verurteilt wurde: seitens des Römischen Stuhls, dann durch eine Folge von zwölf, von ihm selbst verfaßten Anathematismen und schließlich von dem Konzil, das 431 in Ephesus abgehalten wurde, dem dritten ökumenischen Konzil. Die Versammlung, die unter wechselhaften und stürmischen Vorgängen verlief, endete mit dem ersten großen Triumph der Marienverehrung und mit der Verbannung des konstantinopolitanischen Bischofs, der der Jungfrau aufgrund einer falschen Christologie, die in Christus selbst Spaltung hineinbrachte, nicht den Titel »Mutter Gottes« zuerkennen wollte. Nachdem sich Cyrill auf diese Weise gegen den Rivalen und seine Lehre durchgesetzt hatte, brachte er es jedoch fertig, bereits im Jahr 433 zu einer theologischen Formel des Kompromisses und der Aussöhnung mit den Antiochenern zu gelangen. Und auch das ist bedeutsam: Da ist einerseits die Klarheit der Glaubenslehre, andererseits aber auch die eindringliche Suche nach Einheit und Versöhnung. In den folgenden Jahren widmete er sich auf jede Weise der Verteidigung und Klärung seiner theologischen Position, bis zu seinem Tod, der ihn am 27. Juni 444 ereilte.

Die Schriften Cyrills - die wirklich sehr zahlreich sind und schon zu seinen Lebzeiten auch in verschiedenen lateinischen und orientalischen Übersetzungen weitverbreitet waren - sind für die Geschichte des Christentums von erstrangiger Bedeutung. Wichtig sind seine Kommentare zu vielen Büchern des Alten und des Neuen Testaments, darunter der gesamte Pentateuch, Jesaja, die Psalmen und die Evangelien nach Johannes und Lukas. Ansehnlich sind auch die vielen Lehrwerke, in denen die Verteidigung des Dreifaltigkeitsglaubens gegen die arianischen Thesen und die des Nestorius immer wiederkehrt. Grundlage der Lehre Cyrills sind die kirchliche Tradition und insbesondere, worauf ich schon hingewiesen habe, die Schriften des Athanasius, seines großen Vorgängers auf dem alexandrinischen Bischofsstuhl. Unter den übrigen Schriften Cyrills sind schließlich die Bücher »Gegen Julian« zu erwähnen, die letzte große Antwort auf die antichristlichen Polemiken, diktiert vom Bischof von Alexandrien wahrscheinlich in seinen letzten Lebensjahren - als Antwort auf das Werk »Gegen die Galiläer«, das viele Jahre zuvor, nämlich 363, von dem Kaiser verfaßt worden war, der »Apostata«, der Abtrünnige, genannt wurde, weil er das Christentum, in dem er erzogen worden war, aufgegeben hatte.

Der christliche Glaube ist vor allem Begegnung mit Jesus, »mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont … gibt« (Deus caritas est ). Von Jesus Christus, dem menschgewordenen Wort Gottes, war Cyrill von Alexandrien ein unermüdlicher und standhafter Zeuge, wobei er vor allem dessen Einheit hervorhob, wie er 433 im ersten Brief an Bischof Succensus (PG 77,228-237) wiederholt: »Einer ist der Sohn, einer der Herr Jesus Christus, sowohl vor als auch nach der Fleischwerdung. Denn der aus Gottvater geborene Logos war nicht ein Sohn, und der von der heiligen Jungfrau geborene ein anderer; sondern wir glauben, daß gerade der, der vor aller Zeit ist, auch dem Fleisch nach von einer Frau geboren worden ist.« Diese Feststellung zeigt über ihre lehrmäßige Bedeutung hinaus, daß der Glaube an den aus dem Vater geborenen Jesus Logos auch gut in der Geschichte verwurzelt ist, weil, wie der hl. Cyrill sagt, eben dieser Jesus durch die Geburt aus Maria, der Theotókos, in die Zeit gekommen ist und gemäß seiner Verheißung immer bei uns sein wird. Und das ist wichtig: Gott ist ewig, er ist von einer Frau geboren worden und bleibt alle Tage bei uns. In diesem Vertrauen leben wir, in diesem Vertrauen finden wir den Weg unseres Lebens.

In der Reihe der Mittwochskatechesen über die Gestalten der alten Kirche wollen wir uns heute dem heiligen Cyrill von Alexandrien zuwenden. Dieser bedeutende afrikanische Bischof verfügte über eine solide theologische Bildung, zu der sich ein hohes Maß an politischem Gespür und ein entschlossener Charakter gesellten. Er wurde im Orient das „Siegel der Väter“ genannt, weil er sich in seinen Werken auf die Kontinuität der kirchlichen Lehrtradition und auf frühere geistliche Autoren, vor allem auf Athanasius, einen seiner Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Alexandrien, berief. Cyrill wurde vor allem durch seine Kontroverse mit Nestorius von Konstantinopel bekannt, die zum Konzil von Ephesus im Jahre 431 führte. Nestorius lehnte es ab, Maria als „Mutter Gottes“ zu bezeichnen, um hervorzuheben, daß Jesus ganz Mensch war und die Erlösung durch sein Menschsein erfolgt ist. Cyrill bestand dagegen auf dem Titel „Gottesgebärerin“, der die Einheit der Person Christi unterstreicht, die beide Naturen - die göttliche und die menschliche - in sich verbindet. Cyrill will uns auch sagen, daß das menschgewordene Wort Gottes in der Geschichte fortlebt. Die Gläubigen begegnen dem lebendigen Herrn: Derselbe Jesus Christus, der einst aus der Jungfrau Maria geboren wurde, bleibt als Herr und Heiland immer bei uns gegenwärtig.
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Ganz herzlich grüße ich die zahlreichen deutschsprachigen Besucher. Sie sind ja aufgezählt worden, ich kann daher nur noch einige Gruppen nennen: vor allen Dingen die große Schar der Ministranten aus dem Erzbistum Köln, die Gemeinschaft der Berliner Liebfrauenschule, die Pilger aus Trier mit Bischof Marx, die Briloner Schützen mit Weihbischof Wiesemann sowie die Kongreßteilnehmer der Katholischen Akademie in Bayern. Bleibt dem Nachfolger des Apostels Petrus verbunden und unterstützt ihn durch euer Beten und Tun! Euch allen wünsche ich eine gesegnete Zeit hier in Rom und eine glückliche Heimkehr.



Mittwoch, 10. Oktober 2007: Der Hl. Hilarius von Poitiers

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Liebe Brüder und Schwestern!

Heute möchte ich über einen großen Kirchenvater des Westens sprechen, den hl. Hilarius von Poitiers, eine der großen Bischofsgestalten des 4. Jahrhunderts. In der Auseinandersetzung mit den Arianern, die Jesus, den Sohn Gottes, als Geschöpf, wenn auch ein hervorragendes Geschöpf, aber eben nur als Geschöpf betrachteten, hat Hilarius sein ganzes Leben der Verteidigung des Glaubens an die Gottheit Jesu Christi gewidmet, Sohn Gottes und Gott wie der Vater, der ihn von Ewigkeit her gezeugt hat.

Über den Großteil des Lebens des Hilarius verfügen wir über keine gesicherten Angaben. Die alten Quellen sprechen davon, daß er wahrscheinlich um das Jahr 310 in Poitiers geboren wurde. Aus wohlhabender Familie stammend, erhielt er eine solide literarische Ausbildung, die an seinen Schriften deutlich erkennbar ist. Er scheint nicht in einer christlichen Umgebung aufgewachsen zu sein. Er selbst spricht von einem Weg der Suche nach der Wahrheit, die ihn nach und nach zur Kenntnis des Schöpfergottes und des menschgewordenen Gottes führte, der gestorben ist, um uns das ewige Leben zu schenken. Getauft um das Jahr 345, wurde er um das Jahr 353-354 zum Bischof seiner Geburtsstadt gewählt. In den folgenden Jahren schrieb Hilarius sein erstes großes Werk, den Kommentar zum Matthäusevangelium. Es handelt sich um den ältesten uns überlieferten Kommentar zu diesem Evangelium in lateinischer Sprache. Im Jahr 356 nimmt Hilarius als Bischof an der Synode von Béziers in Südfrankreich teil, der »Synode der falschen Apostel«, wie er selbst sie nennt, da die Versammlung von den arianerfreundlichen Bischöfen beherrscht wurde, die die Gottheit Jesu Christi leugneten. Diese »falschen Apostel« verlangten von Kaiser Konstantius die Verurteilung und Verbannung des Bischofs von Poitiers. Hilarius wurde also im Sommer 356 zum Verlassen Galliens gezwungen.

In der Verbannung in Phrygien in der heutigen Türkei kam Hilarius mit einem religiösen Umfeld in Berührung, das vollständig vom Arianismus beherrscht war. Auch dort drängte ihn seine Hirtensorge, unermüdlich für die Wiederherstellung der Einheit der Kirche auf der Grundlage des rechten Glaubens zu arbeiten, wie er vom Konzil von Nizäa formuliert worden war. Zu diesem Zweck begann er mit der Abfassung seines wichtigsten und bekanntesten dogmatischen Werkes: De Trinitate (Über die Dreifaltigkeit). Darin legt Hilarius seinen persönlichen Weg zur Erkenntnis Gottes dar und bemüht sich aufzuzeigen, daß die Heilige Schrift die Gottheit des Sohnes und seine Gleichheit mit dem Vater nicht nur im Neuen Testament bezeugt, sondern auch an vielen Stellen des Alten Testaments, wo bereits das Geheimnis Christi aufscheint. Gegenüber den Arianern besteht er auf der Wahrheit der Namen Vater und Sohn und entwickelt seine ganze Trinitätstheologie von der Taufformel her, die uns vom Herrn selbst gegeben worden ist: »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«.

Der Vater und der Sohn sind eines Wesens. Und für den Fall, daß einige Stellen des Neuen Testaments zu der Annahme verleiten könnten, der Sohn stehe unter dem Vater, bietet Hilarius genaue Regeln, um irreführende Auslegungen zu vermeiden: Einige Schrifttexte sprechen von Jesus als Gott, andere heben hingegen seine Menschheit hervor. Einige beziehen sich auf seine Präexistenz beim Vater, andere rücken den Zustand der Entäußerung (»kenosis«), seinen Abstieg bis hin zum Tod ins Blickfeld; wieder andere schließlich betrachten ihn in der Herrlichkeit der Auferstehung. In den Jahren seiner Verbannung schrieb Hilarius auch den Liber de Synodis (Buch über die Synoden), in dem er für seine bischöflichen Mitbrüder in Gallien die Glaubensbekenntnisse und andere Dokumente der Synoden wiedergibt und kommentiert, die um die Mitte des vierten Jahrhunderts im Osten stattfanden. Während der hl. Hilarius standhaft blieb im Widerstand gegen die radikalen Arianer, zeigte er eine versöhnliche Haltung gegenüber denen, die bereit waren zu bekennen, daß der Sohn dem Vater im Wesen »ähnlich« war, wobei er natürlich versuchte, sie zum vollen Glauben zu führen, nach dem in der Gottheit des Vaters und des Sohnes nicht nur eine Ähnlichkeit, sondern eine wahre Gleichheit besteht. Auch das scheint mir kennzeichnend zu sein: der Geist der Versöhnung, der versucht, diejenigen zu verstehen, die noch nicht zum vollen Glauben an die wahre Gottheit des Herrn Jesus Christus gelangt sind, und ihnen mit großem theologischen Verständnis hilft, zu ihm zu kommen.

Im Jahr 360 oder 361 konnte Hilarius endlich aus der Verbannung in die Heimat zurückkehren und nahm sogleich die pastorale Tätigkeit in seiner Kirche wieder auf, aber der Einfluß seines Lehramtes verbreitete sich weit über deren Grenzen hinaus. Eine im Jahr 360 oder 361 in Paris abgehaltene Synode greift die Sprache des Konzils von Nizäa wieder auf. Manche alte Autoren glauben, daß dieser antiarianische Umschwung der Bischöfe Galliens großenteils der Standhaftigkeit und zugleich der Sanftmut des Bischofs von Poitiers zu verdanken gewesen sei. Das war genau seine Gabe: Festigkeit im Glauben und Sanftmut in den zwischenmenschlichen Beziehungen miteinander zu verbinden. In seinen letzten Lebensjahren verfaßte er noch den Tractatus in Psalmos, einen Kommentar zu 58 Psalmen, die nach dem in der Einführung des Werkes verdeutlichten Prinzip ausgelegt werden: »Es besteht kein Zweifel, daß alles, was in den Psalmen gesagt wird, gemäß der Botschaft des Evangeliums zu verstehen ist, so daß - mit welcher Stimme auch immer der prophetische Geist gesprochen hat - alles jedenfalls auf die Kenntnis des Kommens unseres Herrn Jesus Christus, Menschwerdung, Passion und Reich, und auf die Herrlichkeit und Macht unserer Auferstehung bezogen werden muß« (Instructio Psalmorum, 5). Er sieht in allen Psalmen diese Transparenz des Mysteriums Christi und seines Leibes, der Kirche. Hilarius traf bei verschiedenen Anlässen mit dem hl. Martin zusammen: Ganz in der Nähe von Poitiers gründete der spätere Bischof von Tours ein Kloster, das noch heute besteht. Hilarius starb im Jahr 367. Sein liturgisches Gedächtnis wird am 13. Januar begangen. 1851 erklärte ihn der sel. Pius IX. zum Kirchenlehrer.

Um das Wesentliche seiner Lehre zusammenzufassen, möchte ich sagen, daß Hilarius den Ausgangspunkt für seine theologische Reflexion im Taufglauben findet. In De Trinitate schreibt Hilarius: Jesus »hat geboten, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen (vgl.
Mt 28,19), das heißt im Bekenntnis des Urhebers, des Eingeborenen und des Geschenkes. Nur einer ist Urheber aller Dinge, denn nur einer ist Gottvater, aus dem alles hervorgeht. Und nur einer ist unser Herr Jesus Christus, durch den alles geschaffen ist (1Co 8,6), und nur einer ist der Geist (Ep 4,4), Geschenk in allen… In nichts wird eine so große Fülle als fehlend angetroffen werden können, in der im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist die Unendlichkeit im Ewigen, die Offenbarung im Bild, die Freude im Geschenk zusammenkommen « (De Trinitate 2,1). Da Gottvater ganz Liebe ist, vermag er dem Sohn seine Gottheit in Fülle mitzuteilen. Besonders schön finde ich die folgende Formulierung des hl. Hilarius: »Gott vermag weder, etwas anderes als Liebe, noch etwas anderes als Vater zu sein. Wer liebt, neidet nicht, und wer Vater ist, der ist es in seiner Ganzheit. Dieser Name duldet keine Kompromisse, so als wäre Gott in gewisser Hinsicht Vater und in anderer nicht« (ebd., 9,61).

Deshalb ist der Sohn ganz Gott, ohne jeden Mangel oder irgendeine Verkürzung: »Wer vom Vollkommenen kommt, ist vollkommen, denn wer alles hat, der hat ihm alles gegeben« (ebd.2,8). Nur in Jesus Christus, Gottessohn und Menschensohn, findet die Menschheit Heil. Indem er die menschliche Natur angenommen hat, hat er jeden Menschen mit sich vereinigt, »ist er unser aller Fleisch geworden« (Tractatus in Psalmos 54,9). »Er hat in sich das Wesen jedes Fleisches aufgenommen und ist durch es der wahre Weinstock geworden und trägt in sich die Wurzel jedes Schößlings« (ebd., 51,16). Gerade deshalb ist der Weg zu Christus für alle offen - denn er hat alle in sein Menschsein hineingezogen -, auch wenn immer die persönliche Umkehr geboten ist: »Durch die Beziehung zu seinem Fleisch ist der Zugang zu Christus für alle offen, unter der Bedingung, daß sie den alten Menschen ablegen (vgl. Ep 4,22) und ihn ans Kreuz heften (vgl. Col 2,14); unter der Bedingung, daß sie die Werke von früher aufgeben und umkehren, um mit ihm in seiner Taufe begraben zu werden im Ausblick auf das Leben (vgl. Col 1,12 Rm 6,4)« (ebd., 91,9).

Die Treue zu Gott ist ein Geschenk seiner Gnade. Deshalb bittet der hl. Hilarius am Ende seiner Abhandlung über die Dreifaltigkeit darum, immer dem Taufglauben treu bleiben zu können. Das ist ein Wesensmerkmal dieses Buches: Die Reflexion wandelt sich zum Gebet, und das Gebet wird wieder zur Reflexion. Das ganze Buch ist ein Dialog mit Gott. Ich möchte die heutige Katechese mit einem dieser Gebete abschließen, das auf diese Weise auch zu unserem Gebet wird: »O Herr« - betet Hilarius vom Geist erfüllt -, »laß mich immer dem treu bleiben, was ich im Glaubensbekenntnis meiner Wiedergeburt bekannt habe, als ich getauft worden bin im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist. Laß mich dich, unseren Vater, immer anbeten und zusammen mit dir deinen Sohn; laß mich deines Heiligen Geistes wert sein, der aus dir hervorgeht durch deinen Eingeborenen… Amen« (De Trinitate 12,57).

Der heilige Hilarius von Poitiers, über den ich heute sprechen möchte, zählt zu den großen Verteidigern des Glaubens an die Gottheit Jesu Christi im vierten Jahrhundert. Hilarius wurde um 310 in Potiers geboren und empfing als Erwachsener die Taufe, nachdem ihn die Suche nach der Wahrheit zum christlichen Glauben geführt hatte. Zum Bischof seiner Heimatstadt gewählt, geriet Hilarius bald in die theologischen und politischen Auseinandersetzungen über den Arianismus. 356 wurde er in die Verbannung nach Phrygien in Kleinasien geschickt, wo er die verschiedenen Strömungen der östlichen Theologie kennenlernte. Mit versöhnlichem Geist suchte er die weniger radikalen arianischen Gruppen an den nizänischen Glauben heranzuführen und so die Spaltung zu überwinden. Nach seiner Rückkehr nach Poitiers wirkte er bis zu seinem Tod im Jahr 367 tatkräftig an der Festigung des katholischen Glaubens in Gallien und Norditalien mit. In seinem theologischen Hauptwerk „De Trinitate“ will Hilarius die Gottheit Jesu Christi und die Einheit und Gleichheit von Vater und Sohn auf der Grundlage des Taufglaubens - des Bekenntnisses zu Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist - und auf dem rechten Verständnis der Heiligen Schrift aufzeigen. Hilarius erinnert schließlich daran, daß der Glaube und die Treue zu Gott ein Geschenk ist, um das wir stets neu bitten müssen.
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Mit Freude grüße ich alle Pilger und Besucher deutscher Sprache; unter ihnen die Seminaristen des Bistums Würzburg mit ihrem Bischof Friedhelm Hofmann, Gäste des Collegium Germanicum et Hungaricum, die jungen Musiker von der Humboldt-Universität Berlin mit ihren Gästen und Förderern, die anläßlich der Aufführung der Messe Tu es Petrus nach Rom gekommen sind, sowie die Schulgemeinschaft des Mariengymnasiums Warendorf. Liebe Freunde, der Besuch der Gräber der Apostel hier in Rom erneuere und stärke euch im Glauben an den Dreifaltigen Gott. Dazu schenke euch und uns allen der Herr seine Gnade.



Mittwoch, 17. Oktober 2007: Hl. Eusebius, Bischof von Vercelli

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Liebe Brüder und Schwestern!

Heute vormittag lade ich euch zu einer Betrachtung über den hl. Eusebius von Vercelli ein, den ersten Bischof Norditaliens, von dem wir sichere Nachrichten haben. Am Beginn des 4. Jahrhunderts in Sardinien geboren, übersiedelte er noch im Kindesalter mit seiner Familie nach Rom. Später wurde er als Lektor eingesetzt: Damit gehörte er dem Klerus der Stadt an, und das in einer Zeit, in der die Kirche der schweren Prüfung durch die arianische Irrlehre ausgesetzt war. Die große Wertschätzung, die Eusebius entgegengebracht wurde, erklärt seine Wahl auf den Bischofssitz von Vercelli im Jahr 345. Der neue Bischof begann in einem Gebiet, das besonders in den ländlichen Gegenden noch weitgehend heidnisch war, sogleich mit einer intensiven Evangelisierungstätigkeit. Inspiriert vom hl. Athanasius - der das Leben des heiligen Antonius, des Begründers des östlichen Mönchtums, geschrieben hatte -, gründete er eine Priestergemeinschaft, die einer Mönchsgemeinschaft ähnlich war. Dieses Kloster verlieh dem Klerus Norditaliens die bedeutungsvolle Prägung apostolischer Heiligkeit und brachte bedeutende Bischofsgestalten hervor, wie Limenius und Honoratus, die Nachfolger des Eusebius in Vercelli, Gaudentius in Novara, Exuperantius in Tortona, Eustasius in Aosta, Eulogius in Ivrea, Maximus in Turin, die alle von der Kirche als Heilige verehrt werden.

Eusebius, der eine solide Ausbildung im nizänischen Glauben erhalten hatte, verteidigte so mit allen Kräften die volle Gottheit Jesu Christi, der vom Nizänischen Glaubensbekenntnis als dem Vater »wesensgleich« definiert wird. Zu diesem Zweck schloß er sich den großen Vätern des 4. Jahrhunderts - vor allem dem hl. Athanasius, dem Vorkämpfer der nizänischen Rechtgläubigkeit - gegen die arianerfreundliche Politik des Kaisers an. Dem Kaiser erschien der einfachere arianische Glaube als Reichsideologie politisch nützlicher. Für ihn zählte nicht die Wahrheit, sondern politische Opportunität: Er wollte die Religion als Bindemittel der Einheit des Reiches instrumentalisieren. Aber diese großen Väter leisteten Widerstand, indem sie die Wahrheit gegen die Vorherrschaft der Politik verteidigten. Deshalb wurde Eusebius wie viele andere Bischöfe in Ost und West zur Verbannung verurteilt: Ebenso erging es Athanasius, Hilarius von Poitiers - von dem wir vergangene Woche gesprochen haben -, Hosius von Córdoba. In Skythopolis in Palästina, wo er zwischen 355 und 360 in der Verbannung lebte, schrieb Eusebius eine wunderbare Seite seines Lebens. Auch hier gründete er mit einer kleinen Gruppe von Schülern ein Kloster, und von hier aus besorgte er die Korrespondenz mit seinen Gläubigen in Piemont, wie vor allem der zweite der drei als authentisch anerkannten Briefe des Eusebius zeigt. In der Folgezeit, also nach 360, wurde er zunächst nach Kappadokien und dann in die Thebais verbannt, wo er schwere körperliche Mißhandlungen erlitt. Auf Konstantius II., der 361 starb, folgte Kaiser Julian, genannt »Apostata« (der Abtrünnige), der kein Interesse am Christentum als Reichsreligion hatte, sondern einfach das Heidentum wiederherstellen wollte. Er beendete die Verbannung dieser Bischöfe und erlaubte es somit auch Eusebius, seinen Bischofsstuhl wieder in Besitz zu nehmen. Im Jahr 362 wurde er von Anastasius zur Teilnahme am Konzil von Alexandrien eingeladen, das beschloß, den arianischen Bischöfen unter der Bedingung zu vergeben, daß sie in den Laienstand zurückkehren. Eusebius konnte noch ein Jahrzehnt, bis zu seinem Tod, sein Bischofsamt ausüben, wobei er eine beispielhafte Beziehung zu seiner Stadt herstellte, die den Hirtendienst anderer Bischöfe Norditaliens inspirierte, wie des hl. Ambrosius von Mailand und des hl. Maximus von Turin, mit denen wir uns in den nächsten Katechesen befassen werden.

Die Beziehung zwischen dem Bischof von Vercelli und seiner Stadt wird vor allem durch zwei Briefzeugnisse erhellt. Das erste Zeugnis findet sich in dem schon erwähnten Brief, den Eusebius aus dem Exil in Skythopolis »an die geliebten Brüder und an die Priester, nach denen ich mich so sehr sehne, sowie an das glaubensfeste heilige Volk von Vercelli, Novara, Ivrea und Tortona« schrieb (Ep. secunda, CCL 9, S. 104). Diese Einleitungsworte, die die Gefühlsempfindung des guten Hirten gegenüber seiner Herde deutlich machen, finden am Ende des Briefes in den warmherzigen Grüßen des Vaters an alle und jedes einzelne seiner Kinder in Vercelli, mit Worten, die von Zuneigung und Liebe überfließen, eine ausgiebige Bestätigung. Hervorzuheben ist vor allem die ausdrückliche Beziehung, die den Bischof mit dem heiligen Volk, den »sanctae plebes«, nicht nur von Vercellae/Vercelli - der ersten und noch für einige Jahre einzigen Diözese in Piemont - verbindet, sondern auch von Novaria/ Novara, Eporedia/Ivrea und Dertona/Tortona, das heißt jener christlichen Gemeinden, die innerhalb derselben Diözese eine gewisse Festigkeit und Selbständigkeit erlangt hatten. Ein weiteres interessantes Element stellt das Schlußwort des Briefes dar: Eusebius bittet seine Söhne und Töchter, »auch jene zu grüßen, die außerhalb der Kirche stehen und die geruhen, uns zu lieben: etiam hos, qui foris sunt et nos dignantur diligere«. Ein offenkundiges Zeichen, daß die Beziehung des Bischofs zu seiner Stadt nicht auf die christliche Bevölkerung beschränkt war, sondern sich auch auf diejenigen ausdehnte, die - obwohl außerhalb der Kirche - in gewisser Weise dessen geistliche Autorität anerkannten und diesen vorbildlichen Menschen liebten.

Das zweite Zeugnis für die einzigartige Beziehung des Bischofs zu seiner Stadt stammt aus dem Brief, den der hl. Ambrosius von Mailand um das Jahr 394, also zwanzig Jahre nach dem Tod des Eusebius, an die Bevölkerung von Vercelli schrieb (Ep. extra collectionem 14: Maur. 63). Die Kirche von Vercelli machte damals eine schwierige Zeit durch: Sie war gespalten und ohne Hirten. Mit aller Offenheit erklärt Ambrosius, daß er zaudere, in jenen Bewohnern von Vercelli »die Abstammung von den heiligen Vätern« zu erkennen, »die Eusebius annahmen, sobald sie ihn gesehen hatten, ohne ihn vorher je kennengelernt zu haben, wobei sie sogar ihre Mitbürger vergaßen«. In demselben Brief bezeugt der Bischof von Mailand mit aller Klarheit seine Wertschätzung für Eusebius: »Ein so großer Mann« - schreibt er mit aller Entschiedenheit - »hatte es wohl verdient, von der ganzen Kirche gewählt zu werden«. Die Bewunderung des Ambrosius für Eusebius gründete vor allem darauf, daß der Bischof von Vercelli die Diözese durch das Zeugnis seines eigenen Lebens leitete: »Mit der Strenge des Fastens leitete er seine Kirche.« In der Tat war auch Ambrosius - wie er selber zugibt - fasziniert von dem mönchischen Ideal der kontemplativen Betrachtung Gottes, dem Eusebius in den Spuren des Propheten Elias gefolgt war. Als Erster - so merkt Ambrosius an - sammelte der Bischof von Vercelli seinen Klerus in vita communis und erzog ihn zur »Befolgung der monastischen Regeln, obwohl sie mitten in der Stadt lebten«. Der Bischof und sein Klerus sollten die Probleme der Mitbürger teilen, und das haben sie auf glaubwürdige Weise gerade dadurch getan, daß sie gleichzeitig eine andersgeartete Bürgerschaft pflegten: jene des Himmels (vgl.
He 13,14). Und auf diese Weise haben sie wirklich eine echte Bürgerschaft, eine echte gemeinsame Solidarität unter den Bürgern von Vercelli aufgebaut.

Während Eusebius so die Sache der »sancta plebs« von Vercelli zu seiner eigenen Sache machte, lebte er inmitten der Stadt wie ein Mönch und öffnete die Stadt zu Gott hin. Dieser Wesenszug tat also seiner beispielhaften pastoralen Dynamik keinerlei Abbruch. Unter anderem scheint er in Vercelli die Pfarreien für einen geordneten und stabilen kirchlichen Dienst eingerichtet und die Marienheiligtümer für die Bekehrung der heidnischen Landbevölkerung gefördert zu haben. Mehr noch: Dieser »monastische Wesenszug« verlieh der Beziehung des Bischofs zu seiner Stadt eine besondere Dimension. Wie schon die Apostel, für die Jesus bei seinem Letzten Abendmahl betete, sind auch die Hirten und die Gläubigen der Kirche »in der Welt« (Jn 17,11), aber sie sind nicht »von der Welt«. Deshalb - daran erinnerte Eusebius - müssen die Hirten die Gläubigen ermahnen, die Städte der Welt nicht als ihren festen Wohnsitz zu betrachten, sondern die zukünftige Stadt zu suchen, das endgültige himmlische Jerusalem. Dieser »eschatologische Vorbehalt« erlaubt es den Hirten und den Gläubigen, die rechte Werteskala zu wahren, ohne sich den Moden des Augenblicks und den ungerechten Ansprüchen der herrschenden politischen Macht zu beugen. Die wahre Werteskala - das scheint das ganze Leben des Eusebius zu sagen - kommt nicht von den Herrschern von gestern und heute, sondern von Jesus Christus, dem vollkommenen Menschen, dem Vater gleich in der Gottheit und dennoch Mensch wie wir. Während er auf diese Werteskala Bezug nimmt, wird Eusebius nicht müde, seinen Gläubigen »inständig zu empfehlen, mit aller Sorgfalt den Glauben zu wahren, die Eintracht aufrechtzuerhalten, im Gebet eifrig zu sein« (Ep. secunda, a.a.O.).

Liebe Freunde, auch ich empfehle euch aus ganzem Herzen diese ewigen Werte, während ich euch mit denselben Worten grüße und segne, mit denen der heilige Bischof Eusebius seinen zweiten Brief schloß: »Ich wende mich an euch alle, meine Brüder und heiligen Schwestern, Söhne und Töchter, Gläubige beiderlei Geschlechts und jeden Alters, auf daß ihr unseren Gruß auch denen überbringt, die außerhalb der Kirche stehen, und die geruhen, uns zu lieben« (ebd.).

Heute wird der »Welttag der Absage an die Armut« begangen, der von den Vereinten Nationen unter der Bezeichnung »Internationaler Tag für die Beseitigung der Armut« anerkannt wird. Wie viele Völker leben noch immer in Verhältnissen extremer Armut! Das Ungleichgewicht zwischen Reich und Arm ist offensichtlicher und beunruhigender geworden, selbst innerhalb der wirtschaftlich besser gestellten Nationen. Diese besorgniserregende Situation bedrängt das Gewissen der Menschheit, denn die Lebensverhältnisse, in denen sich eine große Zahl von Menschen befindet, sind derart, daß sie die Würde des Menschen verletzen und folglich den echten und harmonischen Fortschritt der Weltgemeinschaft beeinträchtigen. Ich ermutige deshalb dazu, die Anstrengungen zur Beseitigung der Ursachen der Armut und der tragischen Folgen, die sich aus ihr ergeben, zu vermehren.

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ANKÜNDIGUNG EINES KONSISTORIUMS ZUR KREIERUNG NEUER KARDINÄLE


»Mit Freude kündige ich an, daß ich am kommenden 24. November, am Vorabend des Hochfestes Christkönig, ein Konsistorium abhalte, bei dem ich, abweichend von der von Papst Paul VI. festgelegten und von meinem verehrten Vorgänger Papst Johannes Paul II. in der Apostolischen Konstitution Universi dominici gregis (vgl. ) bestätigten Höchstzahl, 18 Kardinäle kreieren werde. Ihre Namen sind:

1. Msgr. Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen;
2. Msgr. John Patrick Foley, Pro-Großmeister des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem;
3. Msgr. Giovanni Lajolo, Präsident der Päpstlichen Kommission und des Governatorates des Staates der Vatikanstadt;
4. Msgr. Paul Joseph Cordes, Präsident des Päpstlichen Rats »Cor Unum«;
5. Msgr. Angelo Comastri, Erzpriester des Petersdoms, Generalvikar Seiner Heiligkeit für den Staat der Vatikanstadt und Präsident der Dombauhütte von St. Peter;
6. Msgr. Stanislaw Rylko, Präsident des Päpstlichen Rats für die Laien;
7. Msgr. Raffaele Farina, Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche;
8. Msgr. Agustín García-Gasco Vicente, Erzbischof von Valencia (Spanien);
9. Msgr. Seán Baptist Brady, Erzbischof von Armagh (Irland);
10. Msgr. Lluís Martínez Sistach, Erzbischof von Barcelona (Spanien);
11. Msgr. André Vingt-Trois, Erzbischof von Paris (Frankreich);
12. Msgr. Angelo Bagnasco, Erzbischof von Genua (Italien);
13. Msgr. Théodore-Adrien Sarr, Erzbischof von Dakar (Senegal);
14. Msgr. Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay (Indien);
15. Msgr. Francisco Robles Ortega, Erzbischof von Monterrey (Mexiko);
16. Msgr. Daniel N. Di Nardo, Erzbischof von Galveston-Houston (Vereinigte Staaten von Amerika);
17. Msgr. Odillo Pedro Scherer, Erzbischof von São Paulo (Brasilien);
18. Msgr. John Njue, Erzbischof von Nairobi (Kenia).

Zudem möchte ich drei verehrte Bischöfe und zwei geschätzte Geistliche mit der Kardinalswürde auszeichnen, die sich durch ihren Einsatz im Dienst an der Kirche besondere Verdienste erworben haben.

1. S. Seligkeit Emmanuel III. Delly, Patriarch von Babylon der Chaldäer;
2. Msgr. Giovanni Coppa, Apostolischer Nuntius;
3. Msgr. Estanislao Esteban Karlic, em. Erzbischof von Paraná (Argentinien);
4. P. Urbano Navarrete, S.J., ehem. Rektor der Päpstlichen Universität Gregoriana;
5. P. Umberto Betti, O.F.M., ehem. Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität.

* * *


Es war mein Wunsch, unter den Letztgenannten auch den betagten Bischof von Koszalin-Kolobrzeg in Polen, Ignacy Jez, zum Kardinal zu erheben, der gestern plötzlich verstorben ist.

Ihm gilt unser Gebet.

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Die Schar der neuen Purpurträger, die aus verschiedenen Teilen der Welt kommen, spiegelt vielsagend die Universalität der Kirche mit der Vielfalt ihrer Ämter wider: neben Bischöfen, die sich in ihrer Tätigkeit für den Heiligen Stuhl verdient gemacht haben, sind auch Hirten, die ihre Kräfte im direkten Kontakt mit den Gläubigen einsetzen.

Es gäbe noch weitere, von mir sehr geschätzte Personen, die es aufgrund ihres hingebungsvollen Dienstes verdienten, in den Kardinalsrang erhoben zu werden. Ich hoffe, daß ich in Zukunft die Möglichkeit haben werde, ihnen und ihren Herkunftsländern auch auf diese Weise meine Wertschätzung und Zuneigung zu erweisen.

Wir empfehlen die Neuerwählten dem Schutz der seligsten Jungfrau Maria an, die wir bitten, ihnen in ihren jeweiligen Aufgaben beizustehen, damit sie ihre Liebe zu Christus und zur Kirche in allen Situationen mutig zu bezeugen wissen.
Heute wollen wir uns dem heiligen Eusebius zuwenden, der als erster geschichtlich bezeugter Bischof im norditalienischen Vercelli ein Zeitgenosse und Mitstreiter des heiligen Hilarius war, über den wir am vergangenen Mittwoch gesprochen haben. Eusebius wurde um 300 in Sardinien geboren. Die Familie siedelte bald nach Rom über, wo der junge Eusebius zum Lektor geweiht und damit in den Klerikerstand aufgenommen wurde. Die große Hochachtung seitens der Gläubigen führte zu seiner Wahl auf den Bischofsstuhl von Vercelli im Jahr 345. Hier widmete sich der neue Bischof der intensiven Missionierung des noch heidnisch geprägten Hinterlandes. Inspiriert durch ein Werk des heiligen Athanasius gründete Eusebius eine Priestergemeinschaft, die in Norditalien den Anstoß für ein fruchtbares apostolisches Wirken gab und aus der eine Reihe großer Bischöfe hervorgegangen ist, die heute als Heilige verehrt werden.


In der Auseinandersetzung mit der Irrlehre des Arius trat Eusebius für die Lehre des Konzils von Nizäa ein, daß Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Er wurde deshalb vom Kaiser - welcher der arianischen Lehre nahe stand - in die Verbannung nach Kleinasien geschickt. Im Exil blieb Eusebius seinen Gemeinden im Herzen nahe, was mehrere Pastoralbriefe dieser Zeit von 355 bis 360 eindrucksvoll bezeugen. Der Bischof ermahnte die Christen, daß sie in der Welt keine bleibende Heimat haben, sondern auf dem Weg zum himmlischen Jerusalem sind. „Wahrt in aller Wachsamkeit den Glauben, wahrt die Eintracht, widmet euch dem Gebet“, rief er den Gläubigen zu.
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Von Herzen grüße ich die Pilger und Besucher deutscher Zunge, insbesondere das Generalkapitel der Missionare von der Heiligen Familie. Mit dem hl. Eusebius möchte ich euch zurufen: Stärkt die Einheit unter den Menschen im Gebet und durch gute Werke! So helft ihr dem Nachfolger Petri in seinem Hirtendienst. Gott, der Herr unseres Lebens, geleite uns Tag um Tag.





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