ANSPRACHE 2007 Januar 2007 148

148 In das kommende Jahr fällt der 15. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl. Diese Zusammenarbeit ist in jüngster Zeit besonders fruchtbar gewesen, wie die Ratifizierung von zwei der vier in der Grundvereinbarung aus dem Jahr 2000 enthaltenen Punkte deutlich machte. Ich bin dankbar für die neuerliche Zusicherung Eurer Exzellenz, daß sich die Republik zur Erfüllung der beiden anderen Punkte der Vereinbarung verpflichtet: der Einspruch aus Gewissensgründen und die Finanzierung der kirchlichen Aktivitäten. In dieser Hinsicht bestätige ich nochmals die Bereitschaft des Heiligen Stuhls, Sie und Ihre Mitarbeiter auf jede nur mögliche Weise dabei zu unterstützen, um diese wichtigen Fragen zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.

Ein anerkannter Schlüsselpunkt der Vereinbarung betrifft, wie von Eurer Exzellenz angeführt, die Erziehung. Es ist sehr wichtig, daß die Staaten der Kirche die Freiheit zur Errichtung und Führung katholischer Schulen sicherstellen und damit den Eltern die Möglichkeit geben, einen Erziehungsweg zu wählen, der die christliche Bildung ihrer Kinder fördert. Wenn junge Menschen am christlichen Unterricht festhalten, wissen sie ihre persönliche Würde als Geschöpfe, die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind (vgl.
Gn 1,27), zu schätzen und erkennen auf diese Weise ein Ziel und eine Richtung für ihr Leben. Eine solide Erziehung, die alle Dimensionen der menschlichen Person, einschließlich der religiösen und spirituellen, nährt, liegt tatsächlich im Interesse sowohl der Kirche wie des Staates. Auf diese Weise können sich junge Menschen Gewohnheiten aneignen, die sie dazu befähigen werden, dann im Erwachsenenalter ihre bürgerlichen Pflichten wahrzunehmen.

Die gemeinsamen Anstrengungen von Kirche und Zivilgesellschaft, junge Menschen in den Formen und Gepflogenheiten der Rechtschaffenheit zu unterweisen, sind um so entscheidender in einer Zeit, wo diese versucht sind, die Werte der Ehe und Familie, die für ihre zukünftiges Glück und für eine soziale Stabilität der Nation so lebenswichtig sind, herabzusetzen. Die Familie ist der Kernbereich, in dem eine Person zuallererst menschliche Liebe kennenlernt und Tugenden wie Verantwortung, Großzügigkeit und brüderliche Anteilnahme entwickelt. Starke Familien gründen auf dem Fundament starker Ehen. Starke Gesellschaften gründen auf starken Familien. Alle zivilen Gemeinschaften sollten daher alles ihnen Mögliche tun, um eine Wirtschafts- und Sozialpolitik zu fördern, die jungen verheirateten Paaren hilft und die Verwirklichung ihres Wunsches nach dem Aufbau einer Familie erleichtert. Dem Staat darf die Ehe keineswegs gleichgültig sein, sondern er muß diese ehrwürdige Institution anerkennen, respektieren und unterstützen als feste Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die freiwillig eine lebenslange Verpflichtung zu Liebe und Treue annehmen (vgl. Johannes Paul II. , Familiaris Consortio FC 40). Die Mitglieder Ihres Nationalrates sind mit ernsthaften Diskussionen darüber befaßt, wie die Ehe gefördert und das Familienleben gestärkt werden kann. Auch die katholischen Bischöfe in Ihrem Land sind besorgt wegen der Zunahme der Scheidungsraten und der Zahl außerehelich gezeugter Kinder. Dank der Bemühungen des Rates für Familie und Jugend hat die Bischofskonferenz Erziehungsinitiativen ausgeweitet, die das Bewußtsein für die vornehme Berufung zur Ehe fördern und auf diese Weise junge Menschen auf die Wahrnehmung ihrer Verantwortlichkeiten vorbereiten. Solche Programme öffnen die Tür zur weiteren Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat und helfen bei der Sicherung einer gesunden Zukunft für Ihr Land.

Während sich die Republik um den sozialen Fortschritt im eigenen Haus bemüht, blickt sie aber auch über ihre Grenzen hinaus auf die größere internationale Gemeinschaft. Das reiche kulturelle und geistliche Erbe der Slowakei hat ein großes Potential, um der Seele des europäischen Kontinents neues Leben zu geben. Eure Exzellenz hat die Aufmerksamkeit auf die heroischen Opfer gelenkt, die in der Geschichte Ihrer Nation von zahllosen Männern und Frauen erbracht worden sind, die sich um einen hohen Preis in Zeiten der Verfolgung um die Bewahrung des Rechts auf Leben, der Religionsfreiheit und der Freiheit, sich in den liebevollen Dienst am Nächsten zu stellen, bemühten (vgl. Deus Caritas Est ). Solche wesentlichen Werte sind für den Aufbau einer friedlichen und gerechten Europäischen Union unbedingt nötig. Ich vertraue darauf, daß die Feiern anläßlich des 1150-Jahr- Jubiläums der hll. Cyrill und Methodius der Slowakei neue Kraft dazu verleihen werden, von diesen zeitlosen Werten Zeugnis zu geben. Auf diese Weise wird sie andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu inspirieren, sich um Einheit zu bemühen bei gleichzeitiger Anerkennung der Verschiedenheit, die nationale Souveränität zu respektieren bei gleichzeitigem Einsatz für gemeinsame Aktivitäten und nach wirtschaftlichem Fortschritt zu streben bei Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit.

Exzellenz, ich vertraue darauf, daß die diplomatischen Bande zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl, die sich bereits eines Geistes des guten Willens und gegenseitiger Wertschätzung erfreuen, weiterhin die ganzheitliche Entwicklung Ihrer Nation unterstützen werden. Ich versichere Ihnen, daß die verschiedenen Dienststellen der Römischen Kurie gerne bereit sind, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben beizustehen. Mit meinen aufrichtigen guten Wünsche rufe ich auf Sie, auf Ihre Familie und auf das ganze geliebte Volk der Slowakischen Republik den reichen Segen Gottes herab.

AM HERRN NOEL FAHEY, NEUER BOTSCHAFTER IRLANDS BEIM HL. STUHL


Castelgandolfo - Samstag, 15. September 2007




Exzellenz!

1. Mit besonderer Freude heiße ich Sie im Vatikan willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, mit dem Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Irlands beim Heiligen Stuhl ernannt werden. Bitte übermitteln Sie Ihrer Präsidentin, Frau Mary McAleese, der Regierung und der Bevölkerung Ihres Landes meine Dankbarkeit für ihre guten Wünsche, die ich von Herzen erwidere mit der Versicherung meines Gebets für das geistliche Wohl der Bürger Ihrer Nation.

2. Wie Sie, Exzellenz, angemerkt haben, ist die kulturelle, moralische und spirituelle Identität des irischen Volkes seit über 1600 Jahren durch das Christentum geprägt worden. Das ist nicht lediglich ein Umstand von historischer Bedeutung. Es liegt im Herzen der irischen Zivilisation und bleibt ein »Sauerteig« im Leben Ihrer Nation. In der Tat hat der christliche Glaube nichts von seiner Bedeutung für die heutige Gesellschaft verloren, da er die »tiefste Schicht im Menschen« berührt und »seiner Existenz in der Welt Sinn« verleiht (vgl. Redemptor Hominis RH 10). Sowohl zivilen wie religiösen Verantwortlichen ermöglicht er, die absoluten Werte und Ideale aufrechtzuerhalten, die der Würde jeder Person innewohnen und für jede Demokratie notwendig sind.

3. In den letzten Jahren erfreute sich Irland eines beispiellosen wirtschaftlichen Wachstums. Zweifellos hat dieser Wohlstand vielen materielles Wohlergehen gebracht, aber in der Folge begann sich auch der Säkularismus immer mehr durchzusetzen und seine Spuren zu hinterlassen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen interessierte es mich, etwas über den unlängst in die Wege geleiteten »strukturierten Dialog« zwischen der Kirche und der Regierung zu erfahren, eine Initiative, die ich befürworte. Manche mögen fragen, ob die Kirche berechtigt ist, zur Regierung eines Landes beizutragen. Sollten in einer pluralistischen demokratischen Gesellschaft Glaube und Religion nicht auf die Privatsphäre beschränkt sein? Das historische Aufkommen brutaler totalitärer Regime, die heutige Skepsis gegenüber politischer Rhetorik und das wachsende Unbehagen über den Mangel an ethischen Bezugspunkten zur Regelung jüngster wissenschaftlicher Fortschritte - wir brauchen nur an den Bereich der Biotechnologie zu denken - alles deutet hin auf die Unzulänglichkeiten und Grenzen, die wir sowohl im einzelnen Menschen als auch in der Gesellschaft finden. Das Erkennen dieser Unvollkommenheit zeigt, wie wichtig es ist, moralische und ethische Grundsätze und die Notwendigkeit neu zu entdecken, sowohl die Grenzen der Vernunft zu erkennen als auch ihre wesentliche Beziehung der Komplementarität zu Glaube und Religion zu verstehen.

Durch die Verkündigung der offenbarten Wahrheit dient die Kirche allen Gliedern der Gesellschaft, indem sie über die Grundlagen von Moralität und Ethik Aufschluß gibt und die Vernunft reinigt, damit sie offen bleibt für die Berücksichtigung letzter Wahrheiten und zu Weisheit gelangt. Keineswegs will ein solcher Beitrag die Toleranz gegenüber Verschiedenheiten oder kultureller Pluralität bedrohen oder sich die Rolle des Staates anmaßen, sondern vielmehr jene Wahrheit erleuchten, die Konsens möglich und die öffentliche Diskussion rational, aufrichtig und verantwortlich macht. Wenn die Wahrheit mißachtet wird, dann tritt der Relativismus an ihre Stelle: nicht von Grundsätzen werden politische Entscheidungen bestimmt, sondern mehr und mehr von der öffentlichen Meinung. Verfahrensweisen und Ziele stellen Werte in den Schatten, und selbst die Kategorien von Gut und Böse, von Recht und Unrecht unterliegen der pragmatischen Berechnung von Vor- und Nachteilen.

149 4. Der Nordirische Friedensprozeß war eine langwierige und schwierige Aufgabe. Schließlich besteht jedoch Hoffnung, daß er bleibende Früchte tragen wird. Frieden konnte durch umfassende internationale Unterstützung erlangt werden, durch die zielstrebige politische Entschlossenheit sowohl der irischen wie der britischen Regierung und die Bereitschaft von Einzelpersonen und Gemeinschaften, sich die edle menschliche Fähigkeit der Vergebung zu eigen zu machen. Dieses Ergebnis hat der gesamten internationalen Menschheitsfamilie Mut gegeben, sie hat die Welle der Hoffnung begrüßt, die der Welt zeigt, daß auch tiefverwurzelte Konflikte überwunden werden können. Es ist mein inniger Wunsch, daß der Friede, der im Norden Erneuerung bereits ermöglicht hat, die politischen und religiösen Verantwortlichen in anderen Krisengebieten unserer Welt zu der Erkenntnis führen wird, daß dauerhafter Frieden nur auf Vergebung, Versöhnung und gegenseitiger Achtung aufgebaut werden kann. Begrüßenswert ist zu diesem Zweck das Engagement Ihrer Regierung, sowohl Erfahrung als auch Ressourcen zur Verhinderung und Beilegung von Konflikten einzusetzen, ebenso wie ihre Bereitschaft, verschiedene Formen von Entwicklungshilfe zu intensivieren.

5. Exzellenz, wie zahlreiche Nationen in der Welt hat Irland in den letzten Jahren das Thema Umweltschutz sowohl in der Innenpolitik als auch in internationalen Beziehungen zu einer seiner Prioritäten gemacht. Die Förderung vertretbarer Entwicklung und die besondere Aufmerksamkeit für den Klimawandel sind Angelegenheiten von größter Bedeutung für die gesamte Menschheitsfamilie, die keine Nation und kein Wirtschaftssektor ignorieren sollte. Während Wissenschaft und Forschung auf die weltweiten Folgen hinweisen, die das menschliche Einwirken auf die Umwelt haben kann, wird die Komplexität der grundlegenden Verbindung zwischen der Humanökologie und der Ökologie der Natur zunehmend offensichtlich (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2007, 8).

Voll verständlich wird diese Beziehung anhand der natürlichen und moralischen Ordnung, mit der Gott den Menschen erschaffen und die Erde ausgestattet hat (ebd, 8-9). Eigentümlicherweise wird die Hoheit der Finger Gottes im Werk der Schöpfung (vgl.
Ps 8,4) ohne weiteres erkannt, während die volle Anerkennung der Ehre und Herrlichkeit, mit der er speziell den Menschen gekrönt hat (vgl. Ps 8,6), gelegentlich nicht so leicht verstanden wird. Eine Art gespaltene Moralität ist die Folge. Die großen und vitalen Themen der Moral wie Friede, Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Achtung für die Schöpfung verleihen an sich dem Menschen keine Würde. Die primäre Dimension der Moralität gründet auf der angeborenen Würde des menschlichen Lebens - vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod - eine Würde, die Gott selbst uns verliehen hat. Gottes liebevoller Schöpfungsakt muß als Ganzes verstanden werden. Wie schmerzlich ist es doch, daß nicht selten gerade jene gesellschaftlichen und politischen Gruppen, die bewundernswerterweise voll Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes sind, dem Wunder des Lebens im Mutterleib so geringe Beachtung schenken. Laßt uns hoffen, daß vor allem unter jungen Menschen das aufkommende Interesse für die Umwelt ihre Erkenntnis der rechten Ordnung und der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes vertiefen wird, deren Mittel- und Höhepunkt der Mensch ist.

6. Exzellenz, gewiß wird Ihre Ernennung die zwischen Irland und dem Heiligen Stuhl bereits bestehenden Bande der Freundschaft weiterhin festigen. Während Sie nun Ihre neuen Aufgaben übernehmen, werden Ihnen die verschiedenen Ämter der Römischen Kurie bereitwillig bei der Erfüllung Ihrer Verpflichtungen zur Seite stehen. Für Sie, Ihre Familie und Ihre Landsleute erbitte ich von Herzen den reichen Segen des allmächtigen Gottes. AN DIE KLARISSEN AUS DEM KLOSTER DER

UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS IN ALBANO (LATIUM)

Apostolischer Palast in Castelgandolfo

Samstag, 15. September 2007


Liebe Schwestern!

Willkommen im Apostolischen Palast! Mit großer Freude empfange ich euch, ich danke euch für euren Besuch und grüße herzlich jede einzelne. Man kann sagen, daß eure Gemeinschaft, die sich auf dem Territorium der »Päpstlichen Villen« befindet, im Schatten des päpstlichen Hauses lebt, und daher besteht eine sehr enge spirituelle Beziehung zwischen euch und dem Nachfolger Petri. Dies beweist der häufige Kontakt, den ihr seit der Gründung eures Klosters zu den Päpsten während ihres Aufenthalts hier in Castel Gandolfo unterhalten habt. Daran erinnerte soeben eure Mutter Äbtissin, der ich von Herzen für die freundlichen Worte danke, die sie in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Bei dieser Begegnung mit euch heute morgen möchte auch ich eurer Klostergemeinschaft nochmals meinen aufrichtigen Dank aussprechen für die tägliche Unterstützung im Gebet und für eure tiefe spirituelle Teilnahme an der Sendung des Hirten der Weltkirche. In der Stille der Klausur und in eurer vollkommenen und ausschließlichen Hingabe an Christus gemäß dem franziskanischen Charisma leistet ihr der Kirche einen wertvollen Dienst.

Die Geschichte eures Klosters zurückverfolgend, habe ich bemerkt, daß viele meiner Vorgänger bei der Begegnung mit eurer Gemeinschaft stets die Bedeutung eures Zeugnisses als kontemplative Schwestern betont haben, die ihre Erfüllung nur in Gott finden. Insbesondere denke ich an das, was der Diener Gottes Paul VI. am 3. September 1971 zu euch sagte: Im Gegensatz zur Meinung derer, für die Klausurschwestern von der Wirklichkeit und der Erfahrung unseres Zeitalters ausgeschlossen sind, hat euer Dasein den Wert eines einzigartigen Zeugnisses, das zutiefst das Leben der Kirche berührt. »Ihr verkörpert viele Dinge«, betonte Paul VI., »die die Kirche zu schätzen weiß und die das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt hat. An der Regel, am gemeinschaftlichen Leben, an der Armut treu festhaltend seid ihr Samenkorn und Zeichen«. Einige Jahre später, am 14. August 1979, hat der geliebte Papst Johannes Paul II. bei der Meßfeier in eurer Kapelle, gewissermaßen als Fortsetzung dieser Gedanken, seine Person, die Kirche und die ganze Menschheit eurem Gebet anvertrauen wollen: »Ihr habt die Welt nicht verlassen, um euch die Kümmernisse der Welt zu ersparen… Ihr tragt sie alle im Herzen, und im mühevollen Verlauf der Geschichte begleitet ihr die Menschen mit eurem Gebet … Wegen eurer verborgenen, aber wirklichen Gegenwart in der Gesellschaft und vor allem in der Kirche, richtet sich auch mein Blick vertrauensvoll auf eure gefalteten Hände«.

Das ist es, liebe Schwestern, was der Papst von euch erwartet: Seid brennende Fackeln der Liebe, »gefaltete Hände«, die in unablässigem Gebet wachen, gänzlich losgelöst von der Welt, um das Amt dessen zu unterstützen, den Jesus berufen hat, seine Kirche zu führen. »Arme Schwestern«, die das Vorbild des hl. Franziskus und der hl. Klara nachahmen und »dem heiligen Evangelium unseres Herrn Jesus Christus folgen, im Gehorsam leben, ohne Eigentum und in Keuschheit«. Nicht immer findet der stille Einsatz jener in der Öffentlichkeit Beachtung, die, so wie ihr, bemüht sind, in Einfachheit und Freude das Evangelium »sine glossa« in die Tat umzusetzen, aber, seid euch dessen gewiß, der Beitrag, den ihr für das apostolische und missionarische Werk der Kirche in der Welt leistet, ist wirklich außerordentlich, und Gott wird euch auch weiterhin wie bisher mit dem Geschenk zahlreicher Berufungen segnen.

Liebe Schwestern, mögen der hl. Franziskus, die hl. Klara ebenso wie die zahlreichen Heiligen eures Ordens euch helfen, eurer Berufung »bis ans Ende treu zu bleiben«. Insbesondere schütze euch die Jungfrau Maria, die wir in der heutigen Liturgie betrachten, wie sie unter dem Kreuz steht, tief vereint mit der Sendung Christi und in ihrem mütterlichen Schmerz am Heilswerk teilhabend. Auf Golgota hat Jesus sie uns zur Mutter gegeben und uns ihr als Kinder anvertraut. Die Schmerzhafte Jungfrau erwirke euch die Gabe, ihrem gekreuzigten göttlichen Sohn nachzufolgen und die Schwierigkeiten und Prüfungen des täglichen Lebens ruhig und freudig anzunehmen. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch allen meinen besonderen Apostolischen Segen, in den ich gerne auch all jene einschließe, die sich eurem Gebet anvertrauen. AN DIE BEAMTEN UND MITARBEITER DES

PÄPSTLICHEN RATES FÜR GERECHTIGKEIT UND FRIEDEN


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Apostolischer Palast in Castelgandolfo

Montag, 17. September 2007



Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Von Herzen heiße ich euch alle willkommen, die ihr euch hier versammelt habt, um des geschätzten Kardinals François-Xavier Nguyên Van Thuân zu gedenken, den der Herr am 16. September vor fünf Jahren zu sich gerufen hat. Im Geist und im Herzen all derer aber, die die edle Gestalt dieses treuen Dieners Gottes kannten, ist er weiterhin lebendig. Auch ich bewahre nicht wenige persönliche Erinnerungen an die Begegnungen mit ihm in meinem Gedächtnis, die während der Jahre seines Dienstes hier an der Römischen Kurie stattfanden.

Mein Gruß gilt Kardinal Renato Raffaele Martino und Bischof Giampaolo Crepaldi, Präsident bzw. Sekretär des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, und ihren Mitarbeitern. Ich grüße die Mitglieder der Stiftung »San Matteo«, die im Gedenken an Kardinal Van Thuân errichtet wurde, die Mitglieder des Internationalen Beobachtungszentrums, das seinen Namen trägt und zur Verbreitung der Soziallehre der Kirche geschaffen wurde, sowie die Angehörigen und die Freunde des verstorbenen Kardinals. Herrn Kardinal Martino danke ich auch herzlich für die Worte, die er im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet hat.

Ich ergreife gerne die Gelegenheit, um noch einmal das leuchtende Glaubenszeugnis herauszustellen, das uns dieser heldenhafte Hirte hinterlassen hat. Bischof Franz Xaver - so stellte er sich gerne vor - wurde im Herbst 2002 in das Haus des Vaters gerufen, nach einer langen leidvollen Krankheit, die er in der vollkommenen Hingabe an den Willen Gottes auf sich nahm. Einige Zeit zuvor war er von meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. zum Vizepräsidenten des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden ernannt worden, als dessen Präsident er später die Veröffentlichung des Kompendiums der Soziallehre der Kirche einleitete. Wie könnte man die unverkennbaren Züge seiner einfachen und unmittelbaren Herzlichkeit vergessen? Wie sollte man nicht seine Fähigkeit zum Dialog ins Licht rücken sowie seine Fähigkeit, jedem nahe zu sein? Wir denken mit sehr viel Bewunderung an ihn, während wir uns an die großen, hoffnungsvollen Visionen erinnern, die ihn beseelten und die er auf einfache und überzeugende Weise darzustellen wußte; an seinen glühenden Einsatz für die Verbreitung der Soziallehre der Kirche unter den Armen der Welt und den brennenden Wunsch nach der Evangelisierung seines Kontinents Asien; wir denken an seine Fähigkeit, die karitativen Unternehmungen und die menschliche Förderung zu koordinieren, die er an den fernsten Orten der Erde unterstützte.

Kardinal Van Thuân war ein Mann der Hoffnung, er lebte von der Hoffnung und verbreitete sie unter allen, denen er begegnete. Dank dieser spirituellen Energie überwand er alle physischen und moralischen Schwierigkeiten. Die Hoffnung stütze ihn als Bischof, der 13 Jahre von seiner Diözesangemeinschaft isoliert war; die Hoffnung half ihm, in der Absurdität dessen, was ihm zustieß - es kam während seiner langen Gefangenschaft zu keiner einzigen Verhandlung -, ein Zeichen der göttlichen Vorsehung zu erahnen. Die Nachricht von seiner Krankheit, der Tumor, an dem er später starb, erreichte ihn fast gleichzeitig mit der Nachricht seiner Ernennung zum Kardinal durch Johannes Paul II., der für ihn große Wertschätzung und Zuneigung empfand. Kardinal Van Thuân pflegte gerne zu wiederholen, daß der Christ ein Mensch der Gegenwart, des »Jetzt« ist, des gegenwärtigen Augenblicks, der mit der Liebe Christi angenommen und gelebt werden soll. Diese Fähigkeit, im »Jetzt« der Gegenwart zu leben, läßt seine innerste Hingabe in die Hände Gottes durchscheinen sowie die dem Evangelium entsprechende Einfachheit, die wir alle an ihm bewundert haben. Ist es denn möglich, fragte er sich, daß derjenige, der auf den himmlischen Vater vertraut, sich dann sträubt, sich von ihm umarmen zu lassen?

Liebe Brüder und Schwestern, mit großer innerer Freude habe ich die Nachricht erhalten, daß das Seligsprechungsverfahren für diesen einzigartigen Propheten der christlichen Hoffnung eingeleitet wird. Während wir seine auserwählte Seele dem Herrn anvertrauen, bitten wir, daß sein Vorbild für uns eine echte Lehre sei. Mit diesem Wunsch segne ich euch alle von Herzen.

AN DIE BISCHÖFE VON BENIN ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES


Castelgandolfo

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Donnerstag, 20. September 2007

Liebe Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt!


Ich freue mich, euch zu empfangen, während ihr euren »Ad-limina«-Besuch durchführt, der eine Bekundung der Gemeinschaft zwischen den Bischöfen und dem Stuhl Petri darstellt und ein wirksames Mittel ist, um das Erfordernis der gegenseitigen Kenntnis zu erfüllen, die aus der Realität eben dieser Gemeinschaft erwächst (vgl. Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Pastores gregis ). Der Vorsitzende eurer Bischofskonferenz, Msgr. Antoine Ganyé, hat mir in eurem Namen einige Fakten aus dem Leben der Kirche in Benin vorgetragen, wofür ich ihm herzlich danke. Durch euch möchte ich alle Mitglieder eurer Diözesangemeinschaften, Priester, Ordensmänner, Ordensfrauen, Seminaristen, Katecheten und alle Laien sehr herzlich grüßen und sie einladen, im Glauben an Jesus, den einzigen Retter der Menschen, zu wachsen. Überbringt bitte auch dem geschätzten Kardinal Bernardin Gantin meinen liebevollen Gruß. Schließlich richte ich an alle Bewohner von Benin von Herzen gute Wünsche, damit sie ihren Einsatz für den Aufbau einer immer brüderlicheren und jedem Menschen gegenüber respektvolleren Gesellschaft mutig fortsetzen.

Während der vergangenen Jahre habt ihr großen, dem Evangelium treuen Mut bewiesen bei der Führung des Volkes Gottes inmitten zahlreicher Schwierigkeiten, die eure Gesellschaft erlebt hat, und auf diese Weise euer pastorales Interesse für die großen Fragen gezeigt, mit denen sich diese Gesellschaft insbesondere im Bereich der Gerechtigkeit und der Menschenrechte auseinandersetzen mußte. In all diesen Situationen habt ihr unermüdlich die auf das Evangelium gegründete Lehre der Kirche vorgelegt und so im Herzen eures Volkes Hoffnung geweckt und zur Erhaltung der nationalen Einheit und Eintracht beigetragen. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, die sich auch heute stellen, ermutige ich euch inständig, eine echte Spiritualität der Gemeinschaft zu entwickeln, um »die Kirche zum Haus und zur Schule der Gemeinschaft zu machen« (Johannes Paul II., Apostol. Schreiben Novo millennio ineunte NM 43). Diese Gemeinschaft - die die Bischöfe als erstes untereinander zu leben aufgerufen sind, um darin Kraft und Stütze in ihrem Dienst zu finden - fördert in der Tat die missionarische Dynamik, indem sie »immer das Zeugnis der Einheit gewährleistet, damit die Welt glaubt, und die Räume der Liebe erweitert, damit alle zur trinitarischen Gemeinschaft gelangen, von der sie herkommen und für die sie bestimmt sind« (Pastores gregis ).

Ich fordere euch auch dazu auf, diese Gemeinschaft in eurer Priesterschaft zu entwickeln, indem ihr den Priestern durch die Qualität der Beziehungen, die ihr zu ihnen unterhaltet, helft, ihr Priesteramt voll anzunehmen. Ich möchte einen jeden von ihnen inständig dazu ermutigen, in seinem apostolischen Leben ein Gleichgewicht zu bewahren, das einem intensiven geistlichen Leben den ihm zustehenden Platz einräumt, um eine freundschaftliche Beziehung zu Christus herzustellen und zu stärken, damit er dem ihm anvertrauten Teil des Gottesvolkes sowie der Verkündigung des Reiches Gottes an alle dienen kann. Dann wird das Evangelium konkret in der Gesellschaft gegenwärtig gemacht werden. In Übereinstimmung mit der Weisheit der Kirche sollen sie auch in den »Traditionen« ihres Volkes das tatsächlich Gute unterscheiden, das erlaubt, im Glauben und in einer echten Erkenntnis Gottes zu wachsen, und das, was im Widerspruch zum Evangelium steht, zurückzuweisen.

Andererseits zeigen eure Fünfjahresberichte, wie stark der Einfluß der Traditionen im Leben der Gesellschaft noch immer vorhanden ist. Wenn ihre besten Aspekte gefördert werden sollen, ist es notwendig, Äußerungen zurückzuweisen, die Schaden anrichten, Angst schüren und den anderen ausschließen. Der christliche Glaube muß den Herzen die uns von Christus geschenkte innere Freiheit und Verantwortung gegenüber den Geschehnissen des Lebens einprägen. Eine solide christliche Bildung wird also eine unverzichtbare Stütze sein, um den Gläubigen zu helfen, den Glauben mit den überlieferten Glaubensvorstellungen der »Tradition« zu vergleichen. Diese Ausbildung muß es ihnen auch erlauben, vertrauensvoll beten zu lernen, um Christus immer nahe zu bleiben und in der Zeit der Bedrängnis in den christlichen Gemeinden eine Stütze zu finden durch die wirksamen Zeichen der Liebe Gottes, die frei macht. Bei dieser schweren Aufgabe ist die Mitwirkung der Katecheten eine wertvolle Hilfe. Ich weiß um deren Einsatzbereitschaft und um die Sorgfalt, die ihr auf ihre Ausbildung verwendet, um ihnen zu ermöglichen, ein würdiges Leben zu führen. Ich grüße sie herzlich und spreche ihnen die Anerkennung der Kirche für ihren Einsatz im Dienst an ihr aus.

Liebe Mitbrüder, in euren Diözesen leisten die Institute des geweihten Lebens einen großherzigen Beitrag zur Mission. Mögen die Ordensmänner und Ordensfrauen ihr Herz und ihren Blick immer auf Jesus gerichtet halten, damit sie durch ihr Wirken und durch ihre vollkommene Hingabe allen die Liebe Gottes vermitteln, die sie in ihrem Leben empfangen! Der Dienst an den Ärmsten der Gesellschaft ohne Unterschied, der eine Hauptaufgabe für die meisten von ihnen darstellt, darf niemals Gott und Christus unbeachtet lassen, der verkündet werden soll, ohne deshalb den Glauben der Kirche aufzwingen zu wollen. »Der Christ weiß, wann es Zeit ist, von Gott zu reden, und wann es recht ist, von ihm zu schweigen und nur einfach die Liebe reden zu lassen« (Deus Caritas est ). Ich lade auch die Mitglieder der kontemplativen Gemeinschaften ein, durch ihre unaufdringliche Anwesenheit ein ständiger Aufruf für alle Gläubigen zu sein, unablässig das Antlitz Gottes zu suchen und ihm für alle seine Wohltaten zu danken.

Im kulturellen Umfeld eures Landes ist es notwendig, daß die Präsenz der Kirche in äußeren Zeichen sichtbar wird, die auf den wahren Sinn ihrer Sendung unter den Menschen hinweisen. Unter diesen Zeichen nehmen die eifrigen und begeisterten liturgischen Feiern einen herausragenden Platz ein. Sie sind mitten in der Gesellschaft ein von euren Gemeinden erbrachtes beredtes Glaubenszeugnis. Es ist daher wichtig, daß die Gläubigen ganz, aktiv und fruchtbringend an der Liturgie teilnehmen. Um diese Teilnahme zu fördern, ist es berechtigt, bestimmten Gestaltungsformen, die den verschiedenen kulturellen Umfeldern angepaßt sind, unter Respektierung der von der Kirche festgelegten Normen stattzugeben. Damit jedoch nicht kulturelle Elemente, die mit dem christlichen Glauben unvereinbar sind, oder Handlungen, die Verwirrung stiften, in die Liturgie eingeführt werden, muß für die Seminaristen und Priester eine solide liturgische Ausbildung gewährleistet sein, die eine tiefere Kenntnis der Grundlagen, des Sinns und der theologischen Bedeutung der liturgischen Riten gestattet.

Die Präsenz der Kirche in der Gesellschaft kommt zudem auch durch die öffentlichen Interventionen ihrer Bischöfe zum Ausdruck. In verschiedenen Situationen habt ihr mutig die Werte der Familie und die Achtung vor dem Leben verteidigt, als diese von Ideologien bedroht waren, die Modelle und Verhaltensweisen vorlegten, die zu einer glaubwürdigen Auffassung vom menschlichen Leben im Widerspruch stehen. Ich ermutige euch, diesen Einsatz fortzusetzen, der ein Dienst an der ganzen Gesellschaft ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Bildung der Jugendlichen auch eine eurer pastoralen Prioritäten. Ich möchte hier meine Anerkennung aussprechen für die Arbeit, die all jene leisten, die zur menschlichen und religiösen Erziehung der jungen Menschen beitragen, besonders im katholischen Schulunterricht, dessen Qualität weithin anerkannt ist. Laßt die jungen Menschen, indem ihr ihnen helft, eine menschliche und geistliche Reife zu erlangen, Gott entdecken! Laßt sie entdecken, daß es die Selbsthingabe im Dienst an den anderen ist, die sie freier und reifer macht! Außerdem erfordern die Hindernisse, denen sie begegnen, wenn sie eine christliche Ehe eingehen und in Treue zu den übernommenen Verpflichtungen leben wollen - Hindernisse, die häufig mit der Kultur und den Traditionen zusammenhängen -, nicht nur eine ernsthafte Vorbereitung auf dieses Sakrament, sondern auch eine ständige Begleitung der Familien, besonders in den schwierigsten Augenblicken.

Schließlich möchte ich euch meine Zufriedenheit darüber aussprechen, daß sich im allgemeinen die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in einer Atmosphäre gegenseitigen Verständnisses entwickeln. Um das Entstehen jeder Form von Intoleranz zu vermeiden und jeder Gewalt zuvorzukommen, muß zu einem aufrichtigen Dialog ermutigt werden, der auf einer immer echteren gegenseitigen Kenntnis beruht, vor allem durch respektvolle menschliche Beziehungen, durch ein Einvernehmen über die Werte des Lebens und durch eine Zusammenarbeit in allem, was das Gemeinwohl fördert. Ein solcher Dialog erfordert auch die entsprechende Vorbereitung sachkundiger Menschen, die dazu beitragen, die religiösen Werte, die wir gemeinsam haben, kennenzulernen und zu verstehen und die Unterschiede in Redlichkeit zu respektieren.

Liebe Mitbrüder, während unsere Begegnung zu Ende geht, ermutige ich euch, in eurer Sendung im Dienst am Volk Gottes in Benin fortzufahren und dabei das Geheimnis Christi immer tiefer zu leben. Habt keine Angst, das radikal Neue des von Christus gebrachten Lebens vor Augen zu stellen, das jedem Menschen zur Verwirklichung seiner vollen Berufung angeboten wird! Ich vertraue jeden von euch der mütterlichen Fürsprache Mariens, Königin von Afrika, an. Sie möge für die Priester, die Ordensmänner, Ordensfrauen, Seminaristen, Katecheten und die Gläubigen jeder eurer Diözesen eintreten. Allen erteile ich von Herzen und voll Zuneigung den Apostolischen Segen.


ANSPRACHE 2007 Januar 2007 148