ANSPRACHE 2007 Januar 2007 176

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Montag, 19. November 2007

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Liebe Brüder im Bischofsamt!


Mit großer Freude empfange ich euch, die Bischöfe aus Kenia, anläßlich eures alle fünf Jahre stattfindenden Besuchs an den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus. Dieser Besuch dient dazu, die Bande der brüderlichen Liebe und Gemeinschaft zwischen uns zu stärken. Ich danke Erzbischof Njue für seine freundlichen Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Eure Sorge füreinander und für die eurer Obhut anvertrauten Menschen, eure Liebe zum Herrn und eure Verehrung für den Nachfolger Petri sind für mich ein Grund tiefer Freude und Danksagung.

Jeder Bischof hat die besondere Verantwortung, die Einheit seiner Herde aufzubauen, eingedenk des Gebetes des Herrn: »Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin« (
Jn 17,21). Vereint in einem Glauben, in einer Taufe und in dem einen Herrn (vgl. Ep 4,5) ist die Kirche eine in der ganzen Welt. Dennoch ist sie gleichzeitig gekennzeichnet von einer reichen Vielfalt an Traditionen und kulturellen Ausdrucksformen. Christus - die Quelle unserer Einheit In Afrika hat die Farbigkeit und die Lebendigkeit, mit der die Gläubigen ihre religiösen Empfindungen zum Ausdruck bringen, dem reichgewebten Teppich der weltweiten christlichen Kultur eine neue Dimension hinzugefügt. Gleichzeitig kann die starke Bindung eures Volkes an die traditionellen Werte des Familienlebens dabei helfen, den gemeinsamen Glauben zu bekennen, der der Mittelpunkt des Geheimnisses der Einheit der Kirche ist (vgl. Ecclesia in Africa ). Christus selbst ist die Quelle unserer Einheit und gewährleistet sie, da er alle Formen der Trennung durch seinen Tod am Kreuz überwunden und uns mit Gott in einem einzigen Leib versöhnt hat (vgl. Ep 2,14-16). Ich danke euch, liebe Brüder, daß ihr die Liebe Christi verkündet und euer Volk zu Toleranz, Achtung und Liebe gegenüber seinen Brüdern und Schwestern und allen Menschen ermahnt. Auf diese Weise übt ihr den prophetischen Dienst aus, den der Herr der Kirche und insbesondere den Nachfolgern der Apostel anvertraut hat (vgl. Pastores gregis ).

In der Tat sind es die Bischöfe, die als Diener und Zeichen der Gemeinschaft in Christus als erste berufen sind, die Einheit seiner Kirche sichtbar zu machen. Die Ursprünge der kollegialen Natur des Bischofsdienstes gehen auf die zwölf Apostel zurück, die Christus zusammenrief und denen er die Aufgabe übertrug, das Evangelium zu verkünden und die Menschen aller Völker zu seinen Jüngern zu machen. Ihre Hirtensendung wird durch die Mitglieder des Bischofskollegiums fortgesetzt: »Wer sie hört, hört Christus« (Lumen gentium LG 20). Ich bitte euch inständig, eure brüderliche Zusammenarbeit miteinander im Geiste der Gemeinschaft der Jünger Christi fortzusetzen, vereint in eurer Liebe zu ihm und im Evangelium, das ihr verkündet. Während jeder von euch einen individuellen Beitrag zur gemeinsamen kollegialen Stimme der Kirche in eurem Land leisten muß, ist es wichtig sicherzustellen, daß diese Vielfalt der Perspektiven stets dazu dient, die Einheit des Leibes Christi zu bereichern - so wie die Einheit der Zwölf durch die verschiedenen Gaben der Apostel selbst vertieft und gefestigt wurde. Euer Einsatz, gemeinsam an Fragen zu kirchlichen und sozialen Angelegenheiten zu arbeiten, wird große Frucht tragen für das Leben der Kirche in Kenia und für die Wirksamkeit eures Bischofsdienstes.

In jeder Diözese ist die Lebendigkeit und Eintracht des Presbyteriums ein deutliches Zeichen für die Lebenskraft der Ortskirche.

Strukturen für Beratung und Mitverantwortlichkeit sind notwendig, können aber unwirksam sein, wenn der richtige Geist fehlt. Als Bischöfe müssen wir stets danach streben, den Gemeinschaftssinn unter unseren Priestern aufzubauen, die vereint sein müssen in der Liebe Christi und in ihrem sakramentalen Dienst. Das Leben kann für Priester heute schwierig sein. Sie können sich isoliert oder einsam fühlen und überfordert sein von ihrer pastoralen Verantwortung. Wir müssen ihnen nahe sein und sie in erster Linie ermutigen, fest im Gebet verwurzelt zu bleiben, weil nur diejenigen, die selbst genährt werden, fähig sind, wiederum andere zu nähren. Laßt sie tief trinken aus den Brunnen der Heiligen Schrift und aus der täglichen und andächtigen Feier der heiligsten Eucharistie. Sie mögen sich großherzig dem Stundengebet widmen, ein Gebet »mitzubeten mit den Betern aller Jahrhunderte, mitzubeten mit Jesus Christus« (Ansprache an die Priester und ständigen Diakone Bayerns, 14. September 2006). Indem sie so beten, schließen sie andere, die dafür nicht Zeit oder Kraft oder Fähigkeit haben, in das Beten ein und beten stellvertretend für sie. So läßt die Kraft des Gebets, die Gegenwart Jesu Christi sie neu Priester werden und strömt hinein in diese Welt (vgl. ebd.). Helft euren Priestern auf diese Weise, in Solidarität miteinander, mit ihrem Volk und mit euch zu wachsen, als eure geweihten Mitarbeiter. Der respektvolle Dialog und die Nähe zwischen dem Bischof und den Priestern baut nicht nur die Ortskirche auf, sondern er erbaut die ganze Gemeinschaft. Die sichtbare Einheit unter den Hirten kann nämlich ein wirksames Gegenmittel gegen Spaltungen innerhalb der großen Familie des Gottesvolkes sein.

Ein entscheidender Schwerpunkt der Einheit in einer Gemeinschaft ist die Institution der Ehe und das Familienleben, die die Menschen in Afrika besonders wertschätzen. Die hingebungsvolle Liebe christlicher Ehepaare ist ein Segen für euer Land und bringt sakramental den unauflöslichen Bund zwischen Christus und seiner Kirche zum Ausdruck. Dieser kostbare Schatz muß um jeden Preis gewahrt werden. Allzu oft können die Übel, die einige Teile der afrikanischen Gesellschaft befallen, wie Promiskuität, Polygamie und die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten, in direkte Beziehung gesetzt werden zu einer ungeordneten Auffassung von Ehe und Familie. Aus diesem Grunde ist es wichtig, Eltern zu helfen, ihre Kinder zu lehren, wie sie eine christliche Sichtweise der Ehe leben können, verstanden als unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die unter dem Gesichtspunkt des Menschseins im wesentlichen gleich (vgl. Ecclesia in Africa ) und offen für die Zeugung neuen Lebens sind.

Während dieses Verständnis des christlichen Familienlebens in Afrika breite Resonanz findet, gibt der wachsende Einfluß der globalisierten säkularen Kultur auf die Ortsgemeinschaften als Ergebnis von Kampagnen durch Organe, die die Abtreibung unterstützen, Anlaß zu großer Besorgnis.

Diese direkte Vernichtung eines unschuldigen menschlichen Lebens kann niemals gerechtfertigt sein, so schwierig die Umstände auch sein mögen, die einige dahin bringen können, einen so schwerwiegenden Schritt in Betracht zu ziehen. Wenn ihr das Evangelium des Lebens verkündigt, dann erinnert euer Volk daran, daß das Recht auf Leben jedes geborenen oder ungeborenen unschuldigen Menschen absolut ist und für alle Menschen gleichermaßen gilt, ohne jegliche Ausnahme. Diese Gleichheit »bildet die Grundlage jeder echten sozialen Beziehung, die, wenn sie wirklich eine solche sein soll, auf der Wahrheit und der Gerechtigkeit gründen muß« (Evangelium vitae EV 57). Die katholische Gemeinschaft muß jenen Frauen Unterstützung anbieten, die es schwierig finden mögen, ein Kind anzunehmen, vor allem wenn sie von ihrer Familie und ihren Freunden isoliert sind. Ebenso sollte die Gemeinschaft offen sein, all diejenigen wiederaufzunehmen, die es bereuen, sich an der schweren Sünde der Abtreibung beteiligt zu haben, und sollte sie mit pastoraler Liebe dahin führen, die Gnade der Vergebung, die Notwendigkeit der Buße und die Freude, wieder in das neue Leben Christi einzutreten, anzunehmen.

Die Kirche in Kenia ist wohlbekannt für den sehr guten Beitrag, den ihre Erziehungseinrichtungen leisten, indem sie Generationen junger Menschen gesunde ethische Grundsätze vermitteln und ihren Geist offen machen für einen friedlichen und respektvollen Dialog mit Mitgliedern anderer sozialer oder religiöser Gruppierungen. In einer Zeit, in der sich durch globale Kommunikationsmittel eine säkularistische und relativistische Mentalität immer mehr durchsetzt, ist es um so wesentlicher, daß ihr auch weiterhin die Qualität und die katholische Identität eurer Schulen, Universitäten und Seminare fördert. Unternehmt die notwendigen Schritte, um ihren institutionellen Status zu bekräftigen und zu klären. Die Gesellschaft zieht einen großen Nutzen aus gebildeten Katholiken, die die Soziallehre der Kirche kennen und praktizieren. Heute besteht ein besonderer Bedarf an gut ausgebildeten Fachleuten und rechtschaffenen Personen im medizinischen Bereich, wo technologische Fortschritte immer weiter ernsthafte moralische Probleme aufwerfen. Im Bereich des ökumenischen und des interreligiösen Dialogs gibt es ebenso große Herausforderungen, denen nur auf der Grundlage gesunder katechetischer Unterweisung in den Prinzipien der katholischen Lehre, wie sie im Katechismus der Katholischen Kirche dargelegt ist, begegnet werden kann. Ich weiß, daß ihr auch weiterhin über Qualität und Inhalt der Lehre wachen werdet, die jungen Menschen durch die Erziehungseinrichtungen der Kirche angeboten wird, auf daß das Licht der Wahrheit Christi immer heller über dem Land Kenia und seinem Volk scheinen möge.

Liebe Brüder im Bischofsamt, wenn ihr euer Volk in die Einheit führt, für die Christus gebetet hat, dann tut dies mit glühender Liebe und fester Autorität, in unermüdlicher und geduldiger Belehrung (vgl. 2Tm 4,2).

Überbringt bitte meinen herzlichen Gruß, mein Gebet und meine Ermutigung eurem geliebten Volk und all denen, die im Dienst der Kirche tätig sind, durch das Gebet oder in Pfarrgemeinden und Missionsstationen, in Erziehung und Bildung, humanitärer Arbeit und Gesundheitsfürsorge. Jedem von euch und denen, die eurer Hirtensorge anvertraut sind, erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen.



AN DIE TEILNEHMER DER 34. SITZUNG DER GENERALKONFERENZ DER ERNÄHRUNGS- UND LANDWIRTSCHAFTSORGANISATION DER VEREINTEN NATIONEN (FAO)


Clementina-Saal

Donnerstag, 22. November 2007



Herr Präsident,
178 Herr Generaldirektor,
meine Damen und Herren!

Aus Anlaß der 34. Konferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen heiße ich Sie herzlich im Vatikan willkommen. Unsere heutige Begegnung fügt sich in eine lange Tradition ein, die bis in die Zeit zurückreicht, in der Ihre Organisation ihren Sitz in Rom eingerichtet hat. Ich freue mich, daß ich erneut die Gelegenheit habe, meine Wertschätzung für Ihre Arbeit zum Ausdruck zu bringen, die darauf ausgerichtet ist, die Geißel des Hungers in der Welt zu beseitigen.

Wie Sie wissen, hatte der Heilige Stuhl schon immer ein großes Interesse an allen Bemühungen, die Menschheitsfamilie von Hungersnot und Unterernährung zu befreien - im Bewußtsein, daß die Lösung dieser Probleme nicht nur einen außerordentlichen Einsatz und eine hochqualifizierte technische Ausbildung erfordert, sondern vor allem einen echten Geist der Zusammenarbeit, der alle Männer und Frauen guten Willens vereint.

Dieses edle Ziel verlangt die unbeirrbare Anerkennung der Würde, die der menschlichen Person in jedem Abschnitt ihres Lebens innewohnt. Alle Formen der Diskriminierung und insbesondere solche, die sich der landwirtschaftlichen Entwicklung in den Weg stellen, müssen beseitigt werden, da sie eine Verletzung des Grundrechts jeder Person, »frei von Hunger« zu sein, darstellen. Diese Überzeugungen werden schon von der Natur Ihrer Arbeit für das Gemeinwohl der Menschheit verlangt, die in Ihrem Motto so beredt zum Ausdruck kommt: »fiat panis« - Worte, die auch im Mittelpunkt des Evangeliums stehen, das zu verkündigen die Kirche berufen ist.

Die Daten, die durch Ihre Untersuchungen und Ihre umfangreichen Programme zur Unterstützung der weltweiten Bemühungen gesammelt wurden, die natürlichen Ressourcen der Welt zu entwickeln, bezeugen deutlich eines der Paradoxe unserer Zeit, die am meisten Sorge bereiten: die unaufhörliche Ausbreitung der Armut in einer Welt, die gleichzeitig einen nie dagewesenen Wohlstand erlebt - nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch auf den sich rasch entwickelnden Gebieten der Wissenschaft und Technik.

Die Hindernisse, die einer Überwindung dieser tragischen Situation im Wege stehen, können manchmal entmutigend sein. Bewaffnete Konflikte, Epidemien, widrige Witterungs- und Umweltverhältnisse und die massive Vertreibung von Völkerschaften: All diese Hindernisse sollten uns motivieren, die Bemühungen zu vervielfachen, jedem Menschen das tägliche Brot zu geben. Ihrerseits ist die Kirche überzeugt, daß die Suche nach wirksameren technischen Lösungen in einer stets im Wandel begriffenen und expandierenden Welt weitblickende Programme verlangt, die dauerhafte Werte verkörpern, die in der unveräußerlichen Würde und den unveräußerlichen Rechten der menschlichen Person verwurzelt sind.

Die FAO spielt auch weiterhin eine wesentliche Rolle bei der Bekämpfung des Hungers in der Welt, und sie erinnert die internationale Gemeinschaft an die dringende Notwendigkeit, die Methoden ständig auf den neuesten Stand zu bringen und Strategien auszuarbeiten, die den heutigen Herausforderungen entsprechen. Ich bringe meine Hochachtung zum Ausdruck für den großherzigen Einsatz, den alle Mitglieder Ihrer Organisation diesbezüglich gezeigt haben. Der Heilige Stuhl hat die Aktivitäten der FAO in den letzten 60 Jahren aufmerksam verfolgt und ist zuversichtlich, daß zu den bedeutenden Resultaten, die bereits erlangt wurden, weitere hinzukommen werden. Die FAO war eine der ersten internationalen Organisationen, mit denen der Heilige Stuhl offizielle diplomatische Beziehungen aufgenommen hat. Am 23. November 1948, auf der vierten Sitzung Ihrer Konferenz, wurde dem Heiligen Stuhl der einzigartige Status eines »Ständigen Beobachters« zugesprochen, der ihm das Recht gewährt, an den Aktivitäten der einzelnen Abteilungen und angeschlossenen Organe der FAO teilzunehmen, in einer Weise, die der religiösen und moralischen Sendung der Kirche entspricht.

Die gemeinsamen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Unterernährung zu bekämpfen und echte Entwicklung zu unterstützen, erfordern notwendigerweise klare Strukturen zur Verwaltung und Aufsicht sowie eine realistische Bemessung der Mittel, die nötig sind, um einer großen Bandbreite verschiedener Situationen zu begegnen. Sie verlangen den Beitrag eines jeden Mitglieds der Gesellschaft - Einzelpersonen, Hilfsorganisationen, Unternehmen sowie lokale und nationale Regierungen -, stets mit der gebotenen Berücksichtigung jener ethischen und moralischen Prinzipien, die das gemeinsame Erbe aller Menschen und die Grundlage des ganzen Gesellschaftslebens sind. Die internationale Gemeinschaft muß sich diesen kostbaren Schatz gemeinsamer Werte stets zunutze machen, da eine echte und nachhaltige Entwicklung nur im Geiste der Zusammenarbeit und in der Bereitschaft gefördert werden kann, fachliche und technische Ressourcen miteinander zu teilen.

In der Tat muß die Menschheitsfamilie heute mehr denn je Mittel und Wege finden, um die Konflikte zu überwinden, die durch soziale Unterschiede, ethnische Rivalitäten und die große Ungleichheit bezüglich des Grades der wirtschaftlichen Entwicklung verursacht werden. Die Menschheit dürstet nach wahrem und dauerhaftem Frieden - einem Frieden, der nur dann zustande kommen kann, wenn Einzelpersonen, Gruppen auf allen Ebenen und Verantwortungsträger der Regierungen Gewohnheiten verantwortungsbewußter Entscheidungsfindung pflegen, die in den grundlegenden Prinzipien der Gerechtigkeit fest verwurzelt sind. Es ist daher wesentlich, daß die Gesellschaften ihre Kräfte dahingehend einsetzen, echte Friedensstifter heranzubilden. Diese Aufgabe kommt insbesondere Organisationen wie der Ihren zu, die in der universalen Bestimmung der Güter der Schöpfung die Grundlage wahrer Gerechtigkeit erkennen müssen.

Die Religion, als eine machtvolle geistliche Kraft zur Heilung der Wunden des Konflikts und der Spaltung, muß dazu ihren eigenen speziellen Beitrag leisten, insbesondere durch ihr Wirken zur Bildung des Geistes und des Herzens, die der Idee der menschlichen Person entspricht.

179 Meine Damen und Herren, technischer Fortschritt, so wichtig er auch ist, ist nicht alles. Dieser Fortschritt muß in den größeren Zusammenhang des ganzheitlichen Wohls des Menschen integriert werden. Er muß stets aus dem gemeinsamen Erbe an Werten genährt werden, das konkrete Initiativen anregen kann, die auf eine gerechtere Verteilung geistlicher und materieller Güter abzielen. In meiner Enzyklika Deus caritas est habe ich geschrieben: »Wer in der Lage ist zu helfen, erkennt, daß gerade so auch ihm selber geholfen wird und daß es nicht sein Verdienst und seine Größe ist, helfen zu können« (). Dieser Grundsatz kann besonders auf die Welt der Landwirtschaft angewandt werden, in der die Arbeit jener, die oft als die »geringsten« Mitglieder der Gesellschaft betrachtet werden, gebührende Anerkennung und Wertschätzung finden sollte.

Die hervorragende Arbeit der FAO für Entwicklung und Nahrungssicherheit macht die Wechselbeziehung zwischen der Ausbreitung der Armut und der Verweigerung der fundamentalen Menschenrechte deutlich, angefangen beim fundamentalen Recht auf angemessene Ernährung. Frieden, Wohlergehen und Achtung der Menschenrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Der Augenblick ist gekommen, um dem Frieden zuliebe sicherzustellen, daß kein Mann, keine Frau und kein Kind jemals mehr hungern müssen!

Liebe Freunde, ich bringe noch einmal meine Wertschätzung für Ihre Arbeit zum Ausdruck und versichere Sie meines Gebets. Der allmächtige Gott möge Ihre Beschlüsse erleuchten und leiten, auf daß die Tätigkeit der FAO eine immer vollkommenere Antwort geben möge auf das Verlangen der Menschheitsfamilie nach Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden.



ORDENTLICHES ÖFFENTLICHES KONSISTORIUM

ZUR KREIERUNG NEUER KARDINÄLE

WORTE VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH DEM KONSISTORIUM


Vorplatz des Petersdoms

Samstag, 24. November 2007



Liebe Brüder und Schwestern,

herzlich willkommen hier auf diesem Platz! Danke für eure Anwesenheit. Wir befürchteten, daß es regnen würde und haben deshalb die Feier in die Basilika verlegt. Ihr habt tapfer hier ausgeharrt und habt mit uns gebetet. Ich danke euch für eure betende Gegenwart und für eure Teilnahme an diesem wichtigen Ereignis der katholischen Kirche. Die neuen Kardinäle spiegeln die Universalität der Kirche wider, ihre Katholizität: die Kirche spricht alle Sprachen, sie umfaßt alle Völker und alle Kulturen. Wir alle zusammen bilden die Familie Gottes. Und als Familie sind wir hier versammelt und bitten, daß der Herr diese neuen Kardinäle segnen möge, die in euer aller Dienst stehen.

Bitten wir auch die Gottesmutter, sie möge uns auf all unseren Wegen begleiten. Euch allen wünsche ich einen schönen Sonntag und eine gute Heimkehr. Danke für eure Anwesenheit. Auf Wiedersehen und einen schönen Tag!



ORDENTLICHES ÖFFENTLICHES KONSISTORIUM

ZUR KREIERUNG NEUER KARDINÄLE


AN DIE NEUEN KARDINÄLE, IHRE ANGEHÖRIGEN UND DIE GLÄUBIGEN, DIE ANLÄSSLICH DES KONSISTORIUMS NACH ROM GEKOMMEN SIND


Audienzenhalle

Montag, 26. November 2007



Meine Herren Kardinäle,
180 liebe Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Freunde!

Unsere heutige Begegnung läßt die von Gebet und Gemeinschaft durchdrungene Atmosphäre fortdauern, die wir in diesen festlichen Tagen anläßlich der Kreierung von 23 neuen Kardinälen erlebt haben. Das Konsistorium und die Eucharistiefeier gestern, am Christkönigsfest, haben uns die einzigartige Gelegenheit geboten, die Katholizität der Kirche zu erfahren, die von der bunten Vielfalt der Herkunft der in enger Gemeinschaft um den Nachfolger Petri versammelten Mitglieder des Kardinalskollegiums repräsentiert wird. Ich freue mich daher, noch einmal meinen herzlichen Gruß an diese neuen Purpurträger zu richten, und zusammen mit ihnen begrüße ich euch alle, Angehörige und Freunde, die ihr gekommen seid, um ihnen in einem so wichtigen Augenblick ihres Lebens nahe zu sein.

Zunächst begrüße ich euch, liebe italienische Kardinäle. Ich begrüße Sie, Herr Kardinal Giovanni Lajolo, Präsident der Päpstlichen Kommission und des Governatorats des Staates der Vatikanstadt; ich begrüße Sie, Herr Kardinal Angelo Comastri, Erzpriester der Vatikanischen Basilika, mein Generalvikar für die Vatikanstadt und Präsident der Dombauhütte von Sankt Peter; ich begrüße Sie, Herr Kardinal Raffaele Farina, Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche; ich begrüße Sie, Herr Kardinal Angelo Bagnasco, Metropolit der Erzdiözese Genua und Präsident der Italienischen Bischofskonferenz; ich begrüße Sie, Herr Kardinal Giovanni Coppa, ehemaliger Apostolischer Nuntius in der Tschechischen Republik; ich begrüße Sie, Herr Kardinal Umberto Betti, ehemaliger Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität. Verehrte und liebe Brüder, so viele Menschen, die euch auf verschiedene Weise freundschaftlich verbunden sind, umgeben euch bei diesem zugleich feierlichen und familiären Anlaß. Ich rufe jeden von ihnen auf, es nie an Freundschaft, Wertschätzung und Gebet für euch mangeln zu lassen; auf diese Weise helfen sie euch, weiterhin der Kirche treu zu dienen und in den verschiedenen Aufgaben und Ämtern, die euch die Vorsehung anvertraut, ein immer hochherzigeres Zeugnis für die Liebe zu Christus zu geben.

... auf französisch: Ich freue mich, die neuen Mitglieder des Kardinalskollegiums zu begrüßen. Den Erzbischof von Paris, Kardinal André Vingt-Trois; den Erzbischof von Dakar, Kardinal Théodore-Adrien Sarr, sowie ihre Angehörigen und die Gläubigen aus ihren Diözesen, die sie zu diesem freudigen Ereignis begleiten wollten. Mögen die Zeremonien, die wir in den vergangenen zwei Tagen erleben konnten, euren Glauben und eure Liebe zu Christus und zur Kirche stärken. Ich lade euch auch dazu ein, eure Bischöfe zu unterstützen und sie mit eurem Gebet zu begleiten, damit sie das Volk, das ihnen anvertraut ist, immer mit Umsicht leiten. Vergessen wir auch nicht, Christus zu bitten, daß junge Menschen sich dafür entscheiden, den Weg des Priestertums einzuschlagen.

auf englisch: Einen herzlichen Gruß richte ich an die englischsprachigen Würdenträger, die ich zu meiner Freude beim Konsistorium am vergangenen Samstag zur Kardinalswürde erheben konnte. Kardinal John Patrick Foley, Großmeister des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem; Kardinal Sean Baptist Brady, Erzbischof von Armagh (Irland); Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay (Indien); Kardinal Daniel DiNardo, Erzbischof von Galveston-Houston (USA); Kardinal John Njue, Erzbischof von Nairobi (Kenia); Kardinal Emmanuel III. Delly, Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche im Irak. Ich freue mich auch über die Gelegenheit, ihre Familienmitglieder und Freunde sowie alle Gläubigen, die sie nach Rom begleitet haben, willkommen zu heißen. Dem Kardinalskollegium, dessen Ursprung eng an den alten Klerus der römischen Kirche gebunden ist, obliegt die Aufgabe, den Nachfolger des Petrus zu wählen und ihn in wichtigen Angelegenheiten zu beraten. Sei es in den Ämtern der Römischen Kurie oder in ihrem Dienst in den Ortskirchen überall auf der Welt: die Kardinäle sind dazu berufen, in besonderer Weise an der Sorge des Papstes für die Gesamtkirche teilzuhaben. Die leuchtend rote Farbe ihrer Gewänder wird traditionsgemäß als ein Zeichen ihrer Verpflichtung gedeutet, die Herde Christi selbst bis zum Vergießen des eigenen Blutes zu verteidigen. Während die neuen Kardinäle die Last ihres Amtes annehmen, vertraue ich darauf, daß sie die Unterstützung durch eure ständigen Gebete und eure Mitwirkung in ihren Bemühungen um den Aufbau des Leibes Christi in Einheit, Heiligkeit und Frieden erhalten werden.

auf deutsch: Ein ganz herzlicher Gruß gilt Kardinal Paul Josef Cordes, seiner Familie, seinen Freunden und Gästen aus Deutschland sowie den Gläubigen aus seinem Heimaterzbistum Paderborn, in dem er früher als Weihbischof gewirkt hat. Zusammen mit euch danke ich unserem neuen Kardinal für seinen wertvollen Dienst, den er seit vielen Jahren als Präsident des Päpstlichen Rates »Cor Unum« für den Nachfolger Petri erbringt. Begleitet ihn auch weiterhin mit eurem Gebet und unterstützt ihn in seiner wichtigen Aufgabe, für den Liebesdienst des Papstes gegenüber den Armen und Notleidenden konkret Sorge zu tragen. Der Herr schenke euch allen seine reiche Gnade.

auf spanisch: Herzlich begrüße ich die neuen Kardinäle spanischer Sprache, begleitet von ihren Angehörigen und von vielen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien, die aus Argentinien, Spanien und Mexiko angereist sind. Argentinien freut sich über Kardinal Leonardo Sandri, der nach seinem Dienst beim Heiligen Stuhl als Substitut im Staatssekretariat jetzt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen vorsteht, und auch über Kardinal Estanislao Esteban Karlic, emeritierter Erzbischof von Paraná, der viele Jahre lang jener kirchlichen Gemeinschaft eifrig und selbstlos gedient hat. Die Kirche in Spanien freut sich über Kardinal Agustín García-Gasco Vicente, Erzbischof von Valencia, der Stadt, die ich im vergangenen Jahr anläßlich des Welttreffens der Familien besucht habe; über Kardinal Lluís Martínez Sistach, Erzbischof von Barcelona, der vorher einen fruchtbaren Dienst in Tortosa und in Tarragona geleistet hat, und auch über Kardinal Urbano Navarrete, den früheren Rektor der Päpstlichen Universität Gregoriana, der sein Leben dem Studium und der Lehre des Kirchenrechts gewidmet hat. Die pilgernde Kirche in Mexiko freut sich über Kardinal Francisco Robles Ortega, Erzbischof von Monterrey, dessen beständige pastorale Hingabe sich auch in Toluca gezeigt hat. Wir wenden uns in unseren Gedanken an die Jungfrau Maria, die eure Völker sehr verehren, und bitten sie um ihre Fürsprache bei ihrem Sohn für diese Kardinäle, damit ihr Dienst für die Kirche reiche Früchte bringe.

auf portugiesisch: Ich begrüße Kardinal Odilo Pedro Scherer, die Bischöfe, die ihn zusammen mit seiner Familie, den Freunden und Gästen begleitet haben. Es ist für mich eine willkommene Gelegenheit, an die Tage meiner diesjährigen Pastoralreise nach São Paulo zu erinnern und meinen Dank für die Aufnahme zu erneuern, die mir in seiner Erzdiözese zuteil wurde. Ich wünsche von Herzen, daß diese Ernennung in den Kardinalsstand dazu beitragen möge, seine Liebe zur Kirche weiter zu vertiefen und den Glauben seiner Gläubigen an Jesus Christus, unseren Herrn und Erlöser, zu stärken!

auf polnisch: Ich begrüße Kardinal Stanislaw Rylko und seine Gäste. Ich danke ihm für alles, was er für die Teilnahme der Laien am Leben der Kirche tut, und wünsche ihm reiche Gnaden. Ich empfehle euch alle der Liebe Gottes an und segne euch von Herzen.

... auf italienisch: Schließlich richte ich erneut meinen brüderlichen Gruß an euch, verehrte und liebe neue Kardinäle, und während ich euch meines Gebets versichere, bitte ich euch, mich immer mit eurer geschätzten menschlichen und pastoralen Erfahrung zu begleiten. Ich zähle sehr auf eure wertvolle Unterstützung, damit ich mein Amt im Dienst des ganzen Gottesvolkes besser erfüllen kann. Ich brauche diese Unterstützung. Und euch, liebe Brüder und Schwestern, die ihr euch voll Liebe um sie schart, danke ich nochmals für eure Teilnahme an den verschiedenen Riten und Ereignissen des Konsistoriums. Betet weiter für sie und auch für mich, damit die Gemeinschaft der Bischöfe mit dem Papst immer so fest ist, daß sie der ganzen Welt das Zeugnis einer Kirche bietet, die Christus treu und bereit ist, mit prophetischem Mut den geistlichen Erwartungen und Bedürfnissen der Menschen unserer Zeit entgegenzukommen. Überbringt, wenn ihr in eure verschiedenen Diözesen zurückkehrt, bitte allen meinen Gruß und die Versicherung meines ständigen Gedenkens beim Herrn. Ich rufe auf euch, liebe neue Kardinäle, und auf euch alle hier Anwesenden den Schutz der himmlischen Gottesmutter und der heiligen Apostel Petrus und Paulus herab. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch von Herzen meinen Segen.
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                                                  Dezember 2007

AN DIE TEILNEHMER AM FORUM DER NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN KATHOLISCHER PRÄGUNG


Clementina-Saal

Samstag, 1. Dezember 2007



Exzellenzen,
Vertreter des Heiligen Stuhls bei den internationalen Organisationen,
liebe Freunde!

Ich freue mich, euch alle begrüßen zu dürfen. Ihr seid in Rom versammelt, um über den Beitrag nachzudenken, den Nichtregierungsorganisationen katholischer Prägung in enger Zusammenarbeit mit dem Heiligen Stuhl zur Lösung der vielen Probleme und Herausforderungen leisten können, die mit den verschiedenen Aktivitäten der Vereinten Nationen und anderer internationaler und regionaler Organisationen verbunden sind. Einen jeden von euch heiße ich herzlich willkommen. Insbesondere danke ich dem Substitut des Staatssekretariats, der freundlicherweise eure gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht und mich gleichzeitig mit den Zielen eures Forums vertraut gemacht hat. Ich begrüße außerdem den hier anwesenden jungen Vertreter der Nichtregierungsorganisationen.

An dieser wichtigen Begegnung nehmen Vertreter von Gruppen teil, die schon von alters her mit der Präsenz und den Aktivitäten katholischer Laien auf internationaler Ebene verbunden sind, und auch Mitglieder anderer, erst in jüngerer Zeit entstandener Gruppen, die aus dem gegenwärtigen Prozeß der globalen Integration hervorgegangen sind. Ebenso sind Gruppen anwesend, die sich hauptsächlich der »advocacy« widmen, und andere, die sich vor allem um die konkrete Verwaltung kooperativer Projekte zur Entwicklungsförderung kümmern. Einige eurer Organisationen werden von der Kirche als öffentliche oder private Zusammenschlüsse von Laien anerkannt, andere haben Anteil am Charisma bestimmter Institute des geweihten Lebens, während wieder andere nur zivilrechtlich anerkannt sind und Nichtkatholiken sowie Nichtchristen zu ihren Mitgliedern zählen. Euch allen gemeinsam ist jedoch der tiefe Wunsch, die Würde des Menschen zu fördern. Derselbe Wunsch ist die ständige Antriebskraft für das Wirken des Heiligen Stuhls in der internationalen Gemeinschaft. Der eigentliche Grund für die Begegnung dieser Tage ist es daher, Dankbarkeit und Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen für das, was ihr tut, in aktiver Zusammenarbeit mit den päpstlichen Vertretern bei den internationalen Organisationen. Zusätzlich soll diese Begegnung den Geist der Zusammenarbeit zwischen euren Organisationen und damit die Wirkkraft eurer gemeinsamen Tätigkeit für das ganzheitliche Wohl der Person und der ganzen Menschheit fördern.

Diese gemeinsame Zielsetzung kann nur mittels verschiedener Funktionen und Aktivitäten erreicht werden. Die multilaterale Diplomatie des Heiligen Stuhls ist zum größten Teil darauf ausgerichtet, die großen grundlegenden Prinzipien des internationalen Lebens zu bekräftigen. Denn das ist der besondere Beitrag der Kirche: »Sie will der Gewissensbildung in der Politik dienen und helfen, daß die Hellsichtigkeit für die wahren Ansprüche der Gerechtigkeit wächst und zugleich auch die Bereitschaft, von ihnen her zu handeln« (Deus Caritas est ). »Die unmittelbare Aufgabe, für eine gerechte Ordnung in der Gesellschaft zu wirken, kommt dagegen eigens den gläubigen Laien zu«, und im internationalen Kontext schließt dies christliche Diplomaten und Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen ein. Die Laien sind »berufen, persönlich am öffentlichen Leben teilzunehmen« und »das gesellschaftliche Leben in rechter Weise zu gestalten, indem sie dessen legitime Eigenständigkeit respektieren und mit den anderen Bürgern gemäß ihren jeweiligen Kompetenzen und in eigener Verantwortung zusammenarbeiten« (ebd., 29).

Die internationale Zusammenarbeit zwischen den Regierungen, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann und im vergangenen Jahrhundert trotz der tragischen Unterbrechung durch zwei Weltkriege ständig anwuchs, hat bedeutend dazu beigetragen, eine gerechtere internationale Ordnung zu schaffen. In diesem Zusammenhang können wir mit Zufriedenheit auf einige Ergebnisse blicken - wie die weltweite Anerkennung der juristischen und politischen Vorrangstellung der Menschenrechte, die Übernahme gemeinsamer Zielsetzungen für die volle Erlangung wirtschaftlicher und sozialer Rechte für alle Bewohner der Erde, die Bemühungen um die Entwicklung einer gerechten globalen Wirtschaft und, in jüngerer Zeit, den Schutz der Umwelt und die Förderung des interkulturellen Dialogs.

Gleichzeitig scheinen die internationalen Debatten oft durch eine relativistische Logik geprägt zu sein, die eine friedliche Koexistenz der Völker nur dann gewährleistet sieht, wenn man sich weigert, die Wahrheit über den Menschen und seine Würde zuzulassen, ganz zu schweigen von der Möglichkeit einer Ethik, die auf der Anerkennung des natürlichen Sittengesetzes gründet. Dies hat gezwungenermaßen zu einer Auffassung von Gesetz und Politik geführt, die letztendlich den Konsens unter den Staaten - einen Konsens, der manchmal von kurzfristigen Interessen bestimmt oder durch ideologischen Druck manipuliert ist - zur einzigen tatsächlichen Grundlage internationaler Regelungen macht. Die bitteren Früchte dieser relativistischen Logik sind leider allzu deutlich: Denken wir nur an das Bestreben, die Folgen bestimmter egoistischer Lebensstile als Menschenrechte zu betrachten; an das mangelnde Interesse für die wirtschaftlichen und sozialen Nöte der ärmeren Nationen; an die Mißachtung des humanitären Rechts und eine selektive Verteidigung der Menschenrechte. Ich hoffe, daß eure Studien und Reflexionen in diesen Tagen wirksamere Wege aufzeigen mögen, um die Soziallehre der Kirche auf internationaler Ebene besser bekannt und geltend zu machen. Ich ermutige euch also, dem Relativismus dadurch kreativ entgegenzuwirken, daß ihr die großen Wahrheiten über die dem Menschen innewohnende Würde und die Rechte, die sich aus dieser Würde ableiten, aufzeigt. Das wiederum wird dazu beitragen, eine angemessenere Antwort auf die vielen Anliegen zu finden, die heute auf internationaler Ebene diskutiert werden. Vor allem wird es helfen, besondere Initiativen zu fördern, die von einem Geist der Solidarität und der Freiheit geprägt sind.


ANSPRACHE 2007 Januar 2007 176