ANSPRACHE 2008 Januar 2008 200

AN HERRN GEORGES CHAKIB EL KHOURY, NEUER BOTSCHAFTER DER LIBANESISCHEN REPUBLIK BEIM HL. STUHL

Montag, 17. November 2008

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Herr Botschafter!

Mit Freude empfange ich Sie zur Überreichung des Beglaubigungsschreibens, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Libanesischen Republik beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte und die herzlichen Grüße, die Sie mir von seiten des Präsidenten der Republik, Seiner Exzellenz Herrn Michel Sleiman, überbracht haben, den ich zu meiner großen Freude vor kurzem im Vatikan empfangen konnte. Meinerseits möchte ich Sie bitten, ihm herzlich zu danken und ihm meine tiefempfundene Zuneigung und mein Vertrauen, das ich gegenüber dem ganzen libanesischen Volk hege, zu übermitteln. Ich wünsche, daß es sich auch weiterhin mutig für den Aufbau einer geeinten und solidarischen Gesellschaft einsetzen möge.

Wie Sie, Herr Botschafter, hervorgehoben haben, ist der Libanon die Wiege einer alten Kultur, die auf den gesamten Mittelmeerraum und über seine Grenzen hinaus ausgestrahlt hat, sowie ein Land mit vielen religiösen Bekenntnissen, die gezeigt haben, daß sie in Brüderlichkeit und Zusammenarbeit miteinander leben können. Bereichert durch diese Verschiedenheit, hegt das libanesische Volk eine tiefe Liebe zu seinem Land, seiner Kultur und seinen Traditionen, wobei es seiner Berufung zu universaler Offenheit treu bleibt. Ihr Land hat aufgrund seiner jahrtausendealten Geschichte sowie seiner Lage inmitten eines komplexen regionalen Kontextes die grundlegende Aufgabe, zum Frieden und zur Eintracht zwischen allen beizutragen.

Der Libanon ist angesichts seiner Erfahrung in den Bereichen des Zusammenlebens und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gemeinschaften und Kulturen ein »Schatz«, der allen Libanesen anvertraut ist. Sie haben somit die Pflicht, ihn für das Wohl der gesamten Nation zu bewahren und ihn Ertrag bringen zu lassen. Zugleich wünsche ich, daß die internationale Gemeinschaft den Libanon schützen und aufwerten und durch ihr tatkräftiges Engagement verhindern möge, daß er zu einem Austragungsort regionaler oder internationaler Konflikte wird. Der Libanon sollte daher gleichsam ein Laboratorium sein zur Suche nach wirksamen Lösungen für die Konflikte, die den Nahen Osten seit langem in Unruhe versetzen.

In dieser Hinsicht freue ich mich sehr über die mutigen Anstrengungen, die im Laufe der vergangenen Monate vom gesamten Land und dessen Verantwortlichen unternommen wurden, um durch das geduldige Mitwirken aller das politische Leben und die Tätigkeit der Institutionen des Landes wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Die Wahl des Präsidenten der Republik, die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit und die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes werden die nationale Einheit mit Sicherheit fördern und zur echten Koexistenz der verschiedenen Teile der Nation beitragen. Zudem wird der »nationale Dialog«, der seit einigen Wochen geführt wird, sicherlich Gelegenheit geben, die Herausforderungen zu untersuchen, vor denen das Land derzeit steht, und nach den notwendigen Übereinkünften für deren angemessene Bewältigung zu suchen. Ich wünsche daher, daß sich alle tatkräftig auf dem Weg des Dialogs und der Wiederversöhnung engagieren mögen, um dem Land eine stabile Fortentwicklung zu ermöglichen. Hierbei sollten die Eigeninteressen beiseite gelassen und die Wunden der Vergangenheit geheilt werden.

Die Spannungen, die bedauerlicherweise noch immer fortbestehen, zeigen jedoch die Notwendigkeit, mit Entschlossenheit auf dem Weg voranzugehen, der vor einigen Monaten durch das Abkommen von Doha eröffnet wurde, mit dem Ziel, gemeinsam die libanesischen Institutionen einzurichten. Die Grundhaltung, von der ein jeder bei seinem Einsatz für das Gemeinwohl geprägt sein sollte, bleibt unveränderlich: jedes Mitglied des libanesischen Volkes soll sich im Libanon wirklich heimisch fühlen und sehen, daß seine berechtigten Sorgen und Erwartungen im gegenseitigen Respekt vor den Rechten der anderen berücksichtigt werden. Daher muß eine wahre Erziehung der Gewissen zum Frieden, zur Wiederversöhnung und zum Dialog gefördert und entwickelt werden, insbesondere im Hinblick auf die jungen Generationen. Mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. hat diesbezüglich geschrieben: »Es darf niemals vergessen werden, daß eine Geste des Friedens den Gegner entwaffnen kann und ihn oft dazu einlädt, positiv auf die ihm gereichte Hand zu antworten, denn der Friede, der ein Gut par excellence ist, muß an die anderen weitergegeben werden (Apostolisches Schreiben, Eine neue Hoffnung für den Libanon, 98). Dieser dauerhafte Frieden, nach dem sich alle Libanesen zutiefst sehnen, ist in dem Maße möglich, in dem bei allen der aufrichtige Wille überwiegt, gemeinsam auf der einen Erde zu leben und die Gerechtigkeit, die Wiederversöhnung und den Dialog als den geeigneten Rahmen zur Lösung der Probleme von Einzelpersonen und Gruppen anzusehen. Um eine Gesellschaft aufzubauen, die allen ihren Mitgliedern ein würdiges und freies Dasein zusichert, muß eine immer tiefere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teilen der Nation entwickelt werden, die auf den vertrauensvollen Beziehungen zwischen den Einzelpersonen und zwischen den Gemeinschaften gründet.

Herr Botschafter, auf dieser wichtigen Etappe, in der sich Ihr Land befindet, verfolgt der Heilige Stuhl auch weiterhin mit großer Aufmerksamkeit die Entwicklung der Lage und interessiert sich in besonderer Weise für die ergriffenen Maßnahmen zur endgültigen Lösung der Fragen, denen sich der Libanon stellen muß. Mit besonderer Sensibilität gegenüber den Leiden, denen die Bevölkerung des Nahen Ostens seit langem ausgesetzt ist, setzt sich der Heilige Stuhl auch weiterhin entschlossen ein für den Frieden und die Wiederversöhnung im Libanon und in der gesamten Region, die dem Herzen der Gläubigen so nahe steht.

Herr Botschafter, gestatten Sie mir am Ende dieser Begegnung, daß ich durch Sie meinen herzlichen Gruß an die Bischöfe und die katholischen Gemeinden Ihres Landes richte. Im Anschluß an die vor kurzem in Beirut vorgenommene Seligsprechung von Pater Jacques Haddad, Abouna Yaacoub, jenes Apostels der Barmherzigkeit und leidenschaftlichen Boten des Wortes Gottes, lade ich alle Katholiken dazu ein, unter ihren Landsleuten - in enger Gemeinschaft mit ihren Hirten - zu eifrigen Bauleuten der Einheit und Brüderlichkeit zu werden. Dieser eindrucksvolle Moment, bei dem Libanesen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher religiöser Bekenntnisse vereint waren, möge in Anerkennung der so weisen Persönlichkeit und des bewundernswerten Werkes eines Ihrer Landsmänner, seine Fortsetzung finden im gemeinsamen Engagement im Dienst am Frieden und an der Einheit der Nation!

Herr Botschafter, Sie beginnen heute Ihre edle Mission als Repräsentant des Libanons beim Heiligen Stuhl, dem die Pflege der hervorragenden Beziehungen zwischen Ihrem Land und dem Apostolischen Stuhl anvertraut ist. Nehmen Sie bitte meine herzlichen Segenswünsche entgegen, die ich Ihnen für ein gutes Gelingen Ihrer Mission ausspreche, und seien Sie sich dessen gewiß, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets das nötige Verständnis und die nötige Unterstützung finden werden.

Auf Sie, auf Ihre Familie, auf Ihre Mitarbeiter an der Botschaft, auf alle Libanesen und alle Verantwortungsträger in Ihrem Land rufe ich von Herzen den reichen göttlichen Segen herab.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER KONGREGATION FÜR DIE INSTITUTE GEWEIHTEN LEBENS UND FÜR DIE GESELLSCHAFTEN APOSTOLISCHEN LEBENS

Donnerstag, 20. November 2008

202
Meine Herren Kardinäle,

verehrte Mitbrüder im bischöflichen und im priesterlichen Dienst,
liebe Brüder und Schwestern!

Mit Freude begegne ich euch aus Anlaß der Vollversammlung der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und für die Gesellschaften des apostolischen Lebens, die den 100. Jahrestag ihres Bestehens und ihrer Tätigkeit begeht. Denn vor einem Jahrhundert hat mein verehrter Vorgänger, der hl. Pius X., mit der Apostolischen Konstitution Sapienti Consilio vom 29. Juni 1908 eurem Dikasterium als »Congregatio negotiis religiosorum sodalium praeposita« Unabhängigkeit verliehen; diese Bezeichnung wurde später mehrmals geändert. Zur Erinnerung an dieses Ereignis habt ihr für den kommenden 22. November einen Kongreß geplant mit dem bedeutsamen Titel: »Hundert Jahre im Dienst des geweihten Lebens«. Ich wünsche deshalb dieser angemessenen Initiative viel Erfolg.

Die Begegnung heute ist für mich eine sehr günstige Gelegenheit, all diejenigen, die in eurem Dikasterium arbeiten, zu grüßen und ihnen zu danken. An erster Stelle grüße ich den Präfekten Kardinal Franc Rodé, dem ich auch dafür danke, daß er die gemeinsamen Gefühle zum Ausdruck gebracht hat. Mit ihm grüße ich die Mitglieder des Dikasteriums, den Sekretär, die Untersekretäre und die übrigen Offiziale, die mit verschiedenen Aufgaben betraut sind und ihren Dienst mit Sachkunde und Weisheit leisten, um die Praxis der evangelischen Räte in den verschiedenen Formen des geweihten Leben zu »fördern und zu regeln«, ebenso die Tätigkeit der Gesellschaften apostolischen Lebens (vgl. Apost. Konstitution Pastor bonus ). Die geweihten Personen sind ein auserwählter Teil des Volkes Gottes: Deren Treue zum Ruf Gottes zu unterstützen und zu bewahren, liebe Brüder und Schwestern, ist das grundlegende Bemühen, das ihr umsetzt gemäß den nunmehr gut erprobten Modalitäten und dank der Erfahrung, die in diesen hundert Jahren der Aktivität gesammelt wurde. Dieser Dienst der Kongregation wurde in den Jahrzehnten nach dem II. Vatikanischen Konzil noch verstärkt, in denen die Anstrengung zur Erneuerung aller Ordens- und Säkularinstitute und der Gesellschaften apostolischen Lebens sowohl im Leben als auch in der Rechtsordnung unternommen wurden. Während ich zusammen mit euch Gott, dem Geber alles Guten, für die guten Früchte danke, die euer Dikasterium in diesen Jahren hervorgebracht hat, denke ich dankbar an alle, die im Laufe dieser hundertjährigen Tätigkeit ihre Kräfte zum Wohl der geweihten Männer und Frauen eingesetzt haben.

Die Vollversammlung eurer Kongregation hat in diesem Jahr ihre Aufmerksamkeit einem Thema gewidmet, das mir besonders lieb ist: dem Mönchtum, »forma vitae«, die sich immer an der Urkirche inspiriert, welche am Pfingsttag geboren wurde (vgl.
Ac 2,42-47 Ac 4,32-35). Aus den Ergebnissen eurer Arbeiten, die sich besonders mit dem monastischen Leben der Frauen befaßt haben, können nützliche Hinweise entstehen für die Mönche und Ordensschwestern, die »Gott suchen «, indem sie diese ihre Berufung zum Wohl der ganzen Kirche verwirklichen. Erst kürzlich (vgl. Ansprache an die Welt der Kultur, Paris, 12. September 2008) wollte ich auf die Beispielhaftigkeit des monastischen Lebens in der Geschichte hinweisen, indem ich sein einfaches und wesentliches Ziel unterstrichen habe: »quaerere Deum«, Gott suchen und ihn durch Jesus Christus suchen, der ihn offenbart hat (vgl. Jn 1,1), ihn suchen und dabei den Blick auf die unsichtbaren Wirklichkeiten richten, die ewig sind (vgl. 2Co 4,18), in der Erwartung der Erscheinung der Herrlichkeit des Retters (vgl. Tit Tt 2,13).

»Christo omnino nihil praeponere« (vgl. RB 72,11; Augustinus, Enarr. in Ps 29,9 Cyprian, Ad Fort Ps 4). Dieser Satz, den die Regel des hl. Benedikt von der vorhergehenden Tradition übernimmt, bringt den wertvollen Schatz des monastischen Lebens, wie es bis heute im christlichen Westen und Osten praktiziert wird, gut zum Ausdruck. Er ist eine dringende Einladung, das monastische Leben auszuformen, bis es dem Evangelium gemäßes Gedächtnis der Kirche und - wenn wahrhaftig gelebt - »Vorbildlichkeit für das getaufte Leben« wird (vgl. Johannes Paul II., Orientale lumen, 9). Kraft des absoluten Primats Christi sind die Klöster berufen, Orte zu sein, wo der Feier der Herrlichkeit Gottes Raum gegeben wird, wo die geheimnisvolle, aber reale Gegenwart Gottes in der Welt angebetet und besungen wird: wo man versucht, das neue Gebot der Liebe und des Dienstes am Nächsten zu leben und so die endgültige »Offenbarung der Kinder Gottes« (Rm 8,19) vorzubereiten. Wenn die Mönche das Evangelium in radikaler Weise leben, wenn diejenigen, die sich ganz dem kontemplativen Leben weihen, im Innern die bräutliche Vereinigung mit Christus pflegen, von der die Instruktion dieser Kongregation, Verbi Sponsa (13. Mai 1999), eingehend gesprochen hat, kann das Mönchtum für alle Formen des Ordens- und des geweihten Lebens ein Gedächtnis dessen sein, was wesentlich ist und was den Vorrang in jedem getauften Leben hat: Christus suchen und seiner Liebe nichts vorziehen.

Der Weg, auf den Gott für diese Suche und diese Liebe hinweist, ist sein Wort, das in den Büchern der Heiligen Schrift die Menschen in Fülle zum Nachdenken anregt. Sehnsucht nach Gott und Liebe zu seinem Wort nähren sich gegenseitig und wecken im monastischen Leben die nicht zu unterdrückende Erfordernis des »opus Dei«, des »studium orationis« und der »lectio divina«, was Hören des Wortes Gottes ist, begleitet von den bedeutenden Stimmen der Tradition der Väter und der Heiligen, sowie Gebet, das an diesem Wort ausgerichtet und von ihm gestützt wird. Die jüngste Generalversammlung der Bischofssynode wurde im vergangenen Monat abgehalten und hatte zum Thema: »Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche«. Sie hat alle Christen erneut aufgerufen, ihr Dasein im Hören des Wortes Gottes zu verwurzeln, das in den Heiligen Schriften enthalten ist; sie hat besonders die Ordensgemeinschaften und alle geweihten Männer und Frauen eingeladen, das Wort Gottes zur täglichen Speise zu machen, insbesondere durch die Praxis der »lectio divina« (vgl. Elenchus praepositionum, 4).

Liebe Brüder und Schwestern, wer ins Kloster eintritt, sucht eine geistliche Oase, wo man lernen kann, als wahre Jünger Jesu in froher und ständiger geschwisterlicher Gemeinschaft zu leben, wobei auch eventuelle Gäste wie Christus selbst aufgenommen werden (vgl. RB 53,1). Dieses Zeugnis ist es, das die Kirche auch in unserer Zeit vom Mönchtum erbittet. Rufen wir Maria an, die Mutter des Herrn, die »hörende Frau«, die der Liebe des aus ihr geborenen Sohnes Gottes nichts voranstellt. Bitten wir sie, sie möge den Gemeinschaften des geweihten Lebens und besonders den monastischen Gemeinschaften helfen, ihrer Berufung und Sendung treu zu bleiben. Mögen die Klöster immer mehr Oasen des asketischen Lebens sein, wo man die Faszination der bräutlichen Einheit mit Christus spürt und wo die Wahl des Absoluten Gottes in eine beständige Atmosphäre der Stille und Kontemplation gehüllt ist. Dafür versichere ich euch meines Gebets und erteile euch, die ihr an der Vollversammlung teilnehmt, von Herzen den Apostolischen Segen, in den auch alle, die in eurem Dikasterium arbeiten, und die Mitglieder der verschiedenen Institute des geweihten Lebens, besonders die des rein kontemplativen Lebens, eingeschlossen sind. Der Herr gieße auf jeden die Fülle seines Trostes aus.


AN DIE TEILNEHMER DER PILGERFAHRT AUS DER ERZDIÖZESE AMALFI-CAVA DE’ TIRRENI (ITALIEN)

Samstag, 22. November 2008



Liebe Brüder und Schwestern!

Seid willkommen im Haus des Nachfolgers Petri: ich empfange euch mit Zuneigung und richte meinen herzlichen Gruß an euch alle. An erster Stelle geht mein Gruß an den Hirten eurer kirchlichen Gemeinschaft, Erzbischof Orazio Soricelli, dem ich für die Worte danke, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Sodann grüße ich die Priester, die Diakone und die Seminaristen, die Ordensmänner und -frauen, die mit unterschiedlichen pastoralen Aufgaben betrauten Laien, die Jugendlichen, die Mitglieder des Chors sowie die Kranken mit den freiwilligen Helfern der UNITALSI. Mein Gruß geht des weiteren an die zivilen Autoritäten und an die Bürgermeister der verschiedenen Gemeinden der Erzdiözese, die mit ihren Städtebannern hier anwesend sind. Schließlich richte ich meinen Gruß an die ganze Erzdiözese Amalfi-Cava de’ Tirreni, die sich zu dieser Pilgerfahrt nach Rom zum Grab des Apostels Petrus aufgemacht hat, begleitet von den verehrten Reliquien des hl. Andreas, eures erhabenen Schutzpatrons, die seit dem 4. Jahrhundert in der Krypta eurer Kathedrale aufbewahrt werden. Diese Pilgerfahrt findet ja gerade im Namen des Apostels Andreas statt, aus Anlaß des 800. Jahrestages der Übertragung seiner Reliquien aus dem großen Konstantinopel in eure Stadt Amalfi, die flächenmäßig zwar klein, aufgrund ihrer zivilen und religiösen Geschichte aber ebenfalls sehr bedeutend ist, wie euer Erzbischof vor kurzem in Erinnerung gerufen hat. Vor diesem wertvollen Reliquiar konnte auch ich anläßlich des Festes des hl. Andreas am 30. November 1996 im Gebet verweilen, und ich denke noch immer gern an diesen Besuch zurück.

An diesem nunmehr unmittelbar bevorstehenden Gedenktag wird das Jubiläumsjahr im Rahmen einer Meßfeier abgeschlossen werden, die mein Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone, in eurer Kathedrale zelebrieren wird. Es ist ein einzigartiges Jahr gewesen, dessen Höhepunkt die Gedenkfeier am vergangenen 8. Mai war, die Kardinal Walter Kasper als mein Sondergesandter leitete. Indem ihr auf das Vorbild des hl. Andreas schaut und ihn um seine Fürsprache anruft, wollt ihr eurer apostolischen und missionarischen Berufung neuen Schwung verleihen. Auf diese Weise könnt ihr auch die Horizonte eures Herzens im Hinblick auf die Friedenserwartungen der Völker erweitern und eure Gebete für die Einheit aller Christen vermehren. »Berufung«, »Mission« und »Ökumene« sind daher die drei Schlüsselwörter, die euch Orientierung geschenkt haben bei diesem geistlichen und seelsorglichen Engagement. Der Papst ermutigt euch, es mit Großherzigkeit und Enthusiasmus fortzuführen. Der hl. Andreas, der als erster der Apostel von Jesus am Ufer des Flusses Jordan berufen wurde (vgl. Jn 1,35-40), helfe euch, immer mehr die Bedeutung und die Dringlichkeit eures Zeugnisses für das Evangelium in jedem Bereich der Gesellschaft wiederzuentdecken. Eure ganze Diözesangemeinschaft soll auf den Spuren der Urkirche im Glauben wachsen und allen die christliche Hoffnung vermitteln.

Liebe Brüder und Schwestern, unsere heutige Begegnung findet genau am Tag vor dem Hochfest Christkönig statt. Ich lade euch daher ein, den Blick eures Herzens auf unseren Herrn Jesus Christus, den König des Universums, zu richten. Auf dem Antlitz des »Pantokrators« erkennen wir, wie es Papst Paul VI. während des Zweiten Vatikanischen Konzils mit wunderschönen Worten zum Ausdruck gebracht hat, »Christus, unseren Anfang! Christus, unseren Weg und unseren Führer! Christus, unsere Hoffnung und unser Ziel!« (Ansprache bei der Eröffnung der II. Session, 29.9.1963). Das Wort Gottes, das wir morgen hören werden, wird uns erneut daran erinnern, daß sein Antlitz - jene Offenbarung des unsichtbaren Geheimnisses des Vaters - das Antlitz des guten Hirten ist, der bereit ist, sich um die verstreuten Schafe zu kümmern und sie zusammenzuführen, um sie zu weiden und sie wohlbehütet ruhen zu lassen. Geduldig sucht er nach dem verirrten Schaf und nimmt sich des kranken Schafes an (vgl. Ez 34,11-12 Ez 34,15-17). Allein in ihm können wir jenen Frieden finden, den er um den Preis seines Blutes erworben hat, indem er die Sünden der Welt auf sich genommen und uns die Versöhnung erwirkt hat.

Das Wort Gottes wird uns auch daran erinnern, daß das Antlitz Christi, des Königs des Universums, auch das Antlitz des Richters ist, da Gott zugleich guter und barmherziger Hirt wie auch gerechter Richter ist. Vor allem wird uns der Abschnitt aus dem Evangelium (Mt 25,31-46) das große Bild vom Weltgericht vor Augen stellen. In diesem Gleichnis tritt der Menschensohn in seiner Herrlichkeit, umgeben von seinen Engeln, als der Hirte in Erscheinung, der die Schafe von den Böcken scheidet und die Gerechten zu seiner Rechten, die Verfluchten aber zu seiner Linken sammelt. Er lädt die Gerechten ein, das Reich in Besitz zu nehmen, das seit der Erschaffung der Welt für sie bestimmt war, wohingegen er die Verfluchten zum ewigen Feuer verdammt, das für den Teufel und die anderen gefallenen Engel bestimmt ist. Entscheidend ist das Kriterium, das beim Gericht angewandt wird. Dieses Kriterium ist nämlich die Liebe, die praktizierte Nächstenliebe besonders gegenüber den »Geringen« und den Menschen, die sich in großen Schwierigkeiten befinden: die Hungernden, Dürstenden, Fremden, Nackten, Kranken und Gefangenen. Der König verkündet feierlich allen, daß sie das, was sie füreinander getan oder nicht getan haben, sie ihm selbst getan oder nicht getan haben. Christus identifiziert sich also mit den »Geringsten «, und das Weltgericht wird gleichsam der Rechenschaftsbericht über all das sein, was sich bereits im irdischen Leben ereignet hat.

Liebe Brüder und Schwestern, genau das ist es, wofür sich Gott interessiert. Für ihn hat das historische Königtum keine Bedeutung, aber er will in den Herzen der Menschen herrschen und von dort aus in der Welt: Er ist der König des Universums, doch der kritische Punkt, der Bereich, in dem sein Reich in Gefahr geraten kann, ist unser Herz, denn dort trifft Gott auf unsere Freiheit. Wir - und nur wir - können ihn daran hindern, über uns seine Herrschaft auszuüben, und auf diese Weise können wir zum Hindernis für seine Königsherrschaft über die Welt werden: über die Familie, die Gesellschaft, die Geschichte. Wir Männer und Frauen können frei wählen, mit wem wir uns verbünden wollen: mit Christus und seinen Engeln oder aber mit dem Teufel und seinen Anhängern, um mit den Worten des Evangeliums zu sprechen. An uns liegt es, zu entscheiden, ob wir Gerechtigkeit üben oder Böses tun wollen, ob wir Liebe und Verzeihung bringen wollen oder aber Rache und mörderischen Haß. Hiervon hängt unser persönliches Heil ab, aber auch das Heil der Welt. Aus diesem Grund will Jesus uns in sein Königreich aufnehmen; deswegen lädt er uns ein, am Kommen seines Reiches der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens mitzuarbeiten. Es liegt an uns, ob wir ihm antworten, nicht mit Worten, sondern mit Taten: wenn wir uns für den Weg der tatkräftigen und großherzigen Liebe gegenüber dem Nächsten entscheiden, erlauben wir ihm, seine Herrschaft in Zeit und Raum auszuweiten. Der hl. Andreas helfe euch, mutig eure Entscheidung zu erneuern, Christus anzugehören und euch in den Dienst an seinem Reich zu stellen, und die Jungfrau Maria, die Mutter Jesu, unseres Königs, beschütze stets eure Gemeinschaften. Während ich euch meinerseits erneut für euren Besuch danke, versichere ich euch meines Gedenkens im Gebet und segne euch alle von Herzen.

ÖKUMENISCHE FEIER MIT PAPST BENEDIKT XVI.

UND DEM KATHOLIKOS VON KILIKIEN DER ARMENIER,

SEINER HEILIGKEIT ARAM I.

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI. AN SEINE HEILIGKEIT ARAM I., KATHOLIKOS VON KILIKIEN DER ARMENIER

203
Kappelle "Redemptoris Mater"

Montag, 24. November 2008



Eure Heiligkeit!

Mit herzlicher Zuneigung im Herrn begrüße ich Sie und die ehrwürdigen Mitglieder Ihrer Delegation anläßlich Ihres Besuchs bei der Kirche von Rom. Unsere heutige Begegnung steht in Kontinuität mit dem Besuch, den Sie meinem geliebten Vorgänger Papst Johannes Paul II. im Januar 1997 abstatteten, und mit den vielen anderen Kontakten und gegenseitigen Besuchen, die durch Gottes Gnade in den letzten Jahren zu engeren Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und der Armenisch-Apostolischen Kirche geführt haben.

In diesem Paulusjahr werden Sie das Grab des Völkerapostels besuchen und gemeinsam mit der Mönchsgemeinschaft in der zu seinem Gedächtnis errichteten Basilika beten. Bei diesem Gebet werden Sie mit der großen Schar armenischer Heiliger und Märtyrer, Kirchenlehrer und Theologen verbunden sein, deren Vermächtnis an Gelehrsamkeit, Heiligkeit und missionarischen Leistungen Teil des Erbes der ganzen Kirche sind. Wir denken an den hl. Nerses Shnorkhali und an den hl. Nerses von Lambon, der als Bischof von Tarsus als »der zweite Paulus von Tarsus« bekannt wurde. Seinen Höhepunkt fand jenes Zeugnis im 20. Jahrhundert, das eine Zeit unsäglicher Leiden für euer Volk war. Der Glaube und die Frömmigkeit des armenischen Volkes wurde stets vom Gedächtnis der vielen Märtyrer getragen, die im Laufe der Jahrhunderte Zeugnis vom Evangelium gaben. Möge die Gnade jenes Zeugnisses weiterhin die Kultur Ihrer Nation prägen und in den Jüngern Christi ein immer größeres Vertrauen in die rettende und lebensspendende Kraft des Kreuzes anregen.

Das Katholikat von Kilikien engagiert sich seit langem dafür, zu positiven ökumenischen Kontakten zwischen den Kirchen zu ermutigen. Tatsächlich hat der Dialog zwischen den orientalisch- orthodoxen Kirchen und der katholischen Kirche von der Anwesenheit ihrer armenischen Delegierten profitiert. Es besteht die Hoffnung, daß dieser Dialog weiter vorankommen wird, da er die theologischen Fragen zu klären verspricht, die uns in der Vergangenheit getrennt haben, jetzt aber für einen größeren Konsens offen zu sein scheinen. Ich vertraue darauf, daß die gegenwärtige Arbeit der Internationalen Kommission, die dem Thema »Das Wesen, die Konstitution und die Sendung der Kirche« gewidmet ist, es möglich machen wird, daß viele der spezifischen Fragen unseres theologischen Dialogs ihren richtigen Kontext und eine Lösung finden werden.

Das wachsende gegenseitige Verständnis, der Respekt und die Zusammenarbeit, die Frucht dieses ökumenischen Dialogs sind, sind sicherlich vielversprechend für die Verkündigung des Evangeliums in unserer Zeit. Überall auf der Welt leben Armenier Seite an Seite mit den Gläubigen der katholischen Kirche. Ein zunehmendes Verständnis und die Wertschätzung der apostolischen Tradition, die wir miteinander teilen, wird zu einem immer wirksameren gemeinsamen Zeugnis für die spirituellen und moralischen Werte beitragen, ohne die eine wahrhaft gerechte und menschliche soziale Ordnung nicht existieren kann. Aus diesem Grund vertraue ich darauf, daß neue und gangbare Wege gefunden werden, um den von uns bereits unterzeichneten gemeinsamen Erklärungen Ausdruck zu verleihen.

Heiligkeit, ich kann nicht umhin, Sie meiner täglichen Gebete für die Menschen im Libanon und im Mittleren Osten und meiner tiefen Sorge um sie zu versichern. Wie sollten wir nicht tiefbetrübt sein angesichts der Spannungen und Konflikte, die nach wie vor alle Anstrengungen zunichte machen, die die Versöhnung und den Frieden auf jeder Ebene des zivilen und politischen Lebens in der Region fördern sollen? Sehr traurig stimmte uns in jüngster Zeit die Eskalation der Verfolgung und Gewalt gegen Christen in Teilen des Nahen Ostens und anderswo. Nur wenn die betroffenen Länder selbst über ihr Schicksal bestimmen können und die verschiedenen ethnischen Gruppen und religiösen Gemeinschaften einander voll akzeptieren und respektieren, wird der Friede auf den festen Grundlagen der Solidarität, Gerechtigkeit und Achtung für die legitimen Rechte der Menschen und Völker errichtet werden.

Mit diesen Gedanken und mit der Liebe im Herrn danke ich Eurer Heiligkeit für Ihren Besuch und gebe meiner Hoffnung Ausdruck, daß diese Ihre Tage in Rom eine Quelle vieler Gnaden für Sie und für alle sein werden, die Ihrer Hirtensorge anvertraut sind. Auf Sie und auf alle Gläubigen der Armenischen Apostolischen Kirche rufe ich eine Fülle der Freude und des Friedens im Herrn herab.



AN DIE GEMEINSCHAFTEN DER PÄPSTLICHEN PRIESTERSEMINARE DER REGIONEN MARKEN, APULIEN UND ABRUZZEN-MOLISE

Samstag, 29. November 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
204 liebe Freunde der Priesterseminare der Regionen Marken, Apulien und Abruzzen-Molise!

Ich freue mich ganz besonders, euch anläßlich des 100. Gründungtages eurer jeweiligen Regionalen Priesterseminare willkommen zu heißen, die auf Ermutigung des heiligen Papstes Pius X. hin entstanden sind. Er forderte die italienischen Bischöfe auf - besonders jene im mittleren und südlichen Teil der Halbinsel -, in gemeinsamer Übereinkunft die Seminare zusammenzulegen, um so für eine bessere Ausbildung der Priesteramtskandidaten zu sorgen. Ich begrüße euch alle sehr herzlich, beginnend bei den Erzbischöfen Edoardo Menichelli, Carlo Ghidelli und Francesco Cacucci, denen ich für die Worte danke, durch die sie die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht haben. Ich begrüße die Rektoren, die Ausbilder, die Professoren und die Alumnen sowie alle, die in euren Instituten täglich leben und arbeiten. Im Rahmen dieses so bedeutsamen Gedenktages möchte ich gemeinsam mit euch den Herrn loben, der in diesem Jahrhundert das Leben so vieler Priester, die in diesen wichtigen Einrichtungen ausgebildet wurden, mit seiner Gnade begleitet hat. Viele von ihnen sind heute in den verschiedenen Bereichen eurer Teilkirchen, in der Mission »ad gentes« und in anderen Diensten an der Universalkirche tätig; einige wurden berufen, Ämter von hoher kirchlicher Verantwortung zu bekleiden.

Ich möchte mich nun besonders an euch wenden, liebe Seminaristen, die ihr euch darauf vorbereitet, Arbeiter im Weinberg des Herrn zu sein. Wie auch die Versammlung der Bischofssynode kürzlich in Erinnerung gerufen hat, ist es eine der vorrangigen Aufgaben des Priesters, das Wort Gottes mit vollen Händen auf dem Acker der Welt auszusäen. Wie das Samenkorn im Gleichnis des Evangeliums scheint es tatsächlich sehr klein zu sein, wird aber, wenn es einmal aufgekeimt ist, zu einem großen Baum und trägt überreiche Früchte (vgl.
Mt 13,31-32). Das Wort Gottes, das mit vollen Händen auszusäen ihr berufen sein werdet und das in sich das ewige Leben trägt, ist Christus selbst, der einzige, der das menschliche Herz verwandeln und die Welt erneuern kann. Aber wir könnten uns fragen: Verspürt der heutige Mensch noch das Bedürfnis nach Christus und seiner Heilsbotschaft?

Im gegenwärtigen sozialen Kontext scheint eine gewisse Kultur uns das Antlitz einer Menschheit zu zeigen, die sich selbst genügt, die eigenen Pläne allein verwirklichen und das eigene Schicksal selbst bestimmen möchte und die infolgedessen die Gegenwart Gottes für einflußlos hält und sie daher de facto von ihren Entschlüssen und Entscheidungen ausschließt. In einer Atmosphäre, die manchmal von einem in sich selbst verschlossenen Rationalismus geprägt ist, für den die praktischen Wissenschaften das einzige Erkenntnismodell darstellen, wird alles übrige subjektiv, und infolgedessen läuft auch die religiöse Erfahrung Gefahr, als subjektive, unwesentliche und für das Leben nicht ausschlaggebende Entscheidung betrachtet zu werden. Gewiß ist es heute aus diesen und anderen Gründen sicherlich schwieriger geworden zu glauben; immer schwieriger, die Wahrheit anzunehmen, die Christus ist; immer schwieriger, das eigene Leben für das Evangelium einzusetzen. Dennoch scheint der gegenwärtige Mensch - wie uns die Nachrichten tagtäglich zeigen - oft verloren zu sein; er macht sich Sorgen um seine Zukunft, ist auf der Suche nach Gewißheiten und verlangt nach sicheren Bezugspunkten. Auch im dritten Jahrtausend, ebenso wie in jeder anderen Epoche, braucht der Mensch Gott, und manchmal sucht er ihn auch ohne es zu merken. Aufgabe der Christen und insbesondere der Priester ist es, dieses tiefe Verlangen des menschlichen Herzens aufzunehmen und allen Menschen durch die Mittel und Wege, die den Anforderungen der Zeit entsprechen, das unveränderliche und daher stets lebendige und aktuelle Wort des ewigen Lebens anzubieten, das Christus ist, die Hoffnung der Welt.

Im Hinblick auf diese wichtige Sendung, zu der ihr in der Kirche berufen sein werdet, besitzen die Jahre im Priesterseminar großen Wert - eine Zeit, die der Ausbildung und der Entscheidungsfindung gewidmet ist. In diesen Jahren muß die ständige Suche nach einer persönlichen Beziehung zu Christus an erster Stelle stehen, eine innere Erfahrung seiner Liebe, die man vor allem durch das Gebet gewinnt und durch den Umgang mit der Heiligen Schrift, die im Glauben der kirchlichen Gemeinschaft gelesen, interpretiert und betrachtet werden muß. Wie sollte man euch jetzt im Paulusjahr nicht auf den Apostel Paulus verweisen als Vorbild für eure Vorbereitung auf den apostolischen Dienst? Die außerordentliche Erfahrung auf dem Weg nach Damaskus verwandelte ihn vom Christenverfolger in einen Zeugen der Auferstehung des Herrn, der bereit war, das Leben für das Evangelium hinzugeben. Er befolgte treu alle Vorschriften der Torah und der jüdischen Überlieferungen. Doch nachdem er Christus begegnet war, schrieb er im Brief an die Philipper: »Was mir damals ein Gewinn war, das habe ich um Christi willen als Verlust erkannt. « Und er fügte hinzu: »Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein« (vgl. 3,7-9). Die Bekehrung hat das Gute und das Wahre, das es in seinem Leben gab, nicht ausgelöscht, sondern hat es ihm gestattet, die Weisheit und die Wahrheit des Gesetzes und der Propheten neu zu interpretieren. So wurde er fähig, mit allen zu sprechen und folgte darin dem Vorbild des göttlichen Meisters.

In Nachahmung des hl. Paulus sollt ihr, liebe Seminaristen, nicht müde werden, Christus zu begegnen - im Hören, im Lesen und im Studium der Heiligen Schrift, im persönlichen Gebet und in der Betrachtung, in der Liturgie und in jeder anderen täglichen Beschäftigung. In diesem Zusammenhang spielt ihr, liebe Verantwortungsträger in der Ausbildung, eine wichtige Rolle. Ihr seid berufen, euren Schülern nicht nur Lehrer, sondern vor allem auch Zeugen eines Lebens nach dem Evangelium zu sein. Die Regionalen Priesterseminare können aufgrund der Eigenschaften, die sie auszeichnen, bevorzugte Orte sein, um den Seminaristen die diözesane Spiritualität zu vermitteln und diese Ausbildung in weiser und ausgewogener Form in den größeren kirchlichen und regionalen Kontext einzuschreiben. Eure Institute sollen auch »Aufnahmezentren« für Berufungen sein, damit der Berufungspastoral ein noch größerer Impuls verliehen wird. Man muß dabei vor allem für die Welt der Jugendlichen Sorge tragen und die jungen Menschen zu den großen Idealen des Evangeliums und der Mission erziehen.

Liebe Freunde, ich danke euch für euren Besuch und rufe auf einen jeden von euch den mütterlichen Schutz der jungfräulichen Mutter Christi herab, auf die die Adventsliturgie uns als Vorbild hinweist für all jene, die in Erwartung der glorreichen Wiederkunft ihres göttlichen Sohnes wachen. Vertraut euch ihr mit Zuversicht an, bittet sie oft um ihre Fürsprache, auf daß sie euch helfe, wachsam zu bleiben. Meinerseits versichere ich euch meiner Zuneigung und meines täglichen Gebets, während ich euch alle von Herzen segne.

ANSPRACHE 2008 Januar 2008 200