ANSPRACHE 2010 57


APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL

ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO

(11.-14. MAI 2010)

KERZENSEGNUNG

Heiligtum in Fatima

Mittwoch, 12. Mai 2010


Liebe Pilger!

Mit den brennenden Kerzen in euren Händen bildet ihr alle zusammen gleichsam ein Lichtermeer rund um diese einfache Kapelle. Diese wurde liebevoll zu Ehren der Mutter Gottes und unserer Mutter erbaut, deren Rückkehr von der Erde in den Himmel den Hirtenkindern wie ein Lichtstreifen erschien. Aber weder Maria noch wir selbst verfügen über ein eigenes Licht: Wir empfangen es von Jesus. Seine Gegenwart in uns verwirklicht neu das Geheimnis und den Ruf des brennenden Dornbuschs, der einst auf dem Berg Sinai Mose angezogen hat und der unentwegt all jene zum Staunen bringt, die ein besonderes Licht in uns bemerken, das brennt, ohne uns zu verbrennen (vgl. Ex 3,2-5). Auf uns allein gestellt sind wir nicht mehr als ein kläglicher Dornbusch, aber auf diesen ist die Herrlichkeit Gottes herabgekommen. Daher gebührt Gott alle Ehre, uns hingegen bleibt, demütig zu bekennen, daß wir nichts sind, und uns in Anbetung vor dem göttlichen Plan zu verneigen, der seine Erfüllung finden wird, wenn „Gott alles in allem“ (1Co 15,28) ist. Die Jungfrau voller Gnade steht in unvergleichlicher Weise im Dienst dieses Planes: „Siehe ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lc 1,38).

58 Liebe Pilger, ahmen wir Maria nach, indem wir in unserem Leben ihr „Mir geschehe“ neu erklingen lassen! Dem Mose hat Gott einst befohlen: „Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Ex 3,5). Und er tat es; danach legte er seine Schuhe wieder an und ging, um sein Volk aus der Sklaverei Ägyptens zu befreien und in das verheißene Land zu führen. Dabei geht es nicht bloß um den Besitz eines Grundstücks oder um ein Staatsgebiet, auf das ein jedes Volk Anrecht hat; beim Ringen um die Befreiung Israels und beim Auszug aus Ägypten wird in der Tat in erster Linie das Recht auf die Freiheit zur Anbetung betont, auf die Freiheit, einen eigenen Gottesdienst zu feiern. Im Laufe der Geschichte des auserwählten Volkes nimmt die Verheißung des Landes dann immer mehr diese Bedeutung an: Das Land wird ihnen gegeben, damit es einen Ort des Gehorsams gibt, damit ein für Gott offener Raum geschaffen wird.

In unserer Zeit, in der der Glaube an vielen Orten der Erde wie eine Flamme zu verlöschen droht, die nicht mehr genährt wird, ist es wichtiger als alles andere, daß Gott in dieser Welt gegenwärtig wird und daß den Menschen der Zugang zu Gott eröffnet wird; nicht zu irgendeinem Gott, sondern zum Gott, der am Sinai gesprochen hat, zu dem Gott, dessen Angesicht wir in der Liebe erkennen, die im gekreuzigten und auferstanden Christus bis zum Äußersten gegangen ist (vgl. Jn 13,1). Liebe Brüder und Schwestern, betet Jesus Christus in euren Herzen an (vgl. 1P 3,15)! Habt keine Angst, von Gott zu sprechen und ohne Scheu die Zeichen des Glaubens zu zeigen, so daß vor den Augen eurer Zeitgenossen das Licht Christi erstrahlt, wie die Kirche in der Osternacht singt, in der die Menschheit zur Familie Gottes wird.

Brüder und Schwestern, an diesem Ort sehen wir voll Staunen, wie sich drei Kinder von der inneren Kraft ergreifen ließen, die sie bei den Erscheinungen des Engels und der himmlischen Mutter durchdrungen hat. Lassen wir uns hier, wo wir so oft dazu aufgefordert wurden, den Rosenkranz zu beten, von den Geheimnissen Christi anziehen, den Rosenkranzgeheimnissen Marias. Das Rosenkranzgebet erlaubt uns, unseren Blick und unser Herz auf Jesus zu richten, so wie Maria es tat, die das unübertreffliche Vorbild der Betrachtung des Sohnes ist. Wenn wir beim Beten der „Gegrüßet seist du, Maria“ die freudenreichen, lichtreichen, schmerzhaften und glorreichen Geheimnisse meditieren, betrachten wir das gesamte Geheimnis Christi, von der Menschwerdung bis zum Kreuz und der Herrlichkeit der Auferstehung; wir betrachten die innige Teilhabe Marias an diesem Geheimnis und an unserem Leben in Christus heute, das auch von Zeiten der Freude und des Schmerzes durchwoben ist, von Schatten und Licht, von Sorge und Hoffnung. Die Gnade dringt in unser Herz und weckt das Verlangen, unser Leben nachhaltig gemäß dem Evangelium zu verändern, damit wir mit dem heiligen Paulus sagen können: „Für mich ist Christus das Leben“ (Ph 1,21) und in einer Lebens- und Schicksalsgemeinschaft mit Christus stehen.

Ich spüre, wie mich die Gläubigen hier und auf der ganzen Welt in Verbundenheit und Zuneigung begleiten. Ich trage in meinem Herzen die Sorgen und die Hoffnungen unserer Zeit, das Leid der verwundeten Menschheit sowie die Probleme der Welt und komme nun, um sie der Muttergottes von Fatima zu Füßen zu legen: Heilige Jungfrau, Mutter Gottes und unsere liebste Mutter, tritt für uns ein bei deinem Sohn, damit alle Familien und Völker - sowohl jene, die Christen sind, wie auch jene, die ihren Erlöser noch nicht kennen - in Frieden und Eintracht leben, bis sie in einem Volk Gottes vereint werden zur Ehre der allerheiligsten und unteilbaren Dreifaltigkeit. Amen.





APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL

ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO

(11.-14. MAI 2010)

BEGEGNUNG MIT DEN ORGANISATOREN DER SOZIALPASTORAL

Dreifaltigkeitskirche - Fatima

Donnerstag, 13. Mai 2010



Liebe Brüder und Schwestern, liebe Freunde!

Ihr habt das Wort Jesu gehört: „Dann geh und handle genauso!“ (Lc 10,37). Er lädt uns ein, uns im Umgang mit Situationen, in denen brüderliche Hilfe gebraucht wird, den Stil des barmherzigen Samariters anzueignen, dessen Beispiel uns eben vor Augen gestellt wurde. Und wie sieht dieser Stil aus? Es geht um „das »sehende Herz«. Dieses Herz sieht, wo Liebe not tut und handelt danach“ (Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est ). So hat der barmherzige Samariter gehandelt. Jesus beschränkt sich nicht auf mahnende Worte; wie die Kirchenväter lehren, ist er selbst der Barmherzige Samariter, der jedem Menschen nahe ist. Er „gießt das Öl des Trostes und den Wein der Hoffnung auf seine Wunden“ (Präfation für die Wochentage VIII, portugiesische Ausgabe des Römischen Meßbuchs) und bringt ihn in die Herberge, die die Kirche ist, wo er ihn pflegen und heilen läßt, indem er ihn seinen Dienern anvertraut und persönlich im voraus für seine Heilung bezahlt. „Dann geh und handle genauso!“ Wenn wir mit dem Herzen eines barmherzigen Samariters leben wollen, dann muß die bedingungslose Liebe Jesu, die uns geheilt hat, durch Gerechtigkeit und Nächstenliebe zu einer unentgeltlich und großherzig geschenkten Liebe werden.

Ich freue mich sehr über diese Begegnung mit euch an diesem gesegneten Ort, den Gott auserwählt hat, um die Menschheit durch die Muttergottes an seinen Plan der barmherzigen Liebe zu erinnern. In freundschaftlicher Verbundenheit grüße ich alle Anwesenden wie auch die Institutionen, denen sie angehören. In der Verschiedenheit der Gesichter sind sie doch vereint im Nachdenken über die sozialen Fragen und vor allem im tätigen Mitleid gegenüber den Armen, Kranken, Gefangenen, den Einsamen und Verlassenen, den Behinderten, Kindern und Alten, Migranten, Arbeitslosen und allen, die Leid und Not zu tragen haben, die ihre Würde als freie Personen beeinträchtigen. Ich danke Herrn Weihbischof Carlos Azevedo für seine Worte, mit denen er die treue Gemeinschaft mit der Kirche und dem Papst zum Ausdruck gebracht hat. Er hat sowohl im Namen dieser Versammlung der Nächstenliebe gesprochen als auch im Namen der von ihm geleiteten bischöflichen Kommission für die Sozialpastoral, die unaufhörlich diese große Saat von wohltätigen Werken in ganz Portugal fördert. Ihr seid euch bewußt, daß ihr als Kirche nicht in der Lage seid, für jedes konkrete Problem eine praktische Lösung anzubieten. Aber ohne jegliche Macht, doch in dem festen Entschluß, dem Gemeinwohl zu dienen, seid ihr bereit, zu helfen und allen die Mittel des Heils anzubieten.

Liebe Brüder und Schwestern, die ihr im weiten Feld der Nächstenliebe tätig seid, Christus „offenbart uns, »daß Gott die Liebe ist« (1Jn 4,8), und belehrt uns zugleich, daß das Grundgesetz der menschlichen Vervollkommnung und deshalb auch der Umwandlung der Welt das neue Gebot der Liebe ist. Denen also, die der göttlichen Liebe glauben, gibt er die Sicherheit, daß allen Menschen der Weg der Liebe offensteht“ (Konstitution Gaudium et spes GS 38). Die derzeitige Lage der Geschichte besteht in einer sozial-wirtschaftlichen, kulturellen und spirituellen Krise und unterstreicht die Notwendigkeit einer Entscheidungsfindung, die sich an dem orientiert, was die Kirche mit ihrer Botschaft zu sozialen Fragen kreativ anbietet. Das Studium ihrer Soziallehre, deren Hauptkraft und grundlegendes Prinzip die Liebe ist, wird erlauben, einen ganzheitlichen Entwicklungsprozeß des Menschen aufzuzeigen, der die Tiefe des Herzens einbezieht und zu einer weitergehenden menschengerechten Gestaltung der Gesellschaft führt (vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate ). Es handelt sich nicht um ein rein intellektuelles Wissen, sondern um eine Weisheit, die Geschmack und Würze verleiht, die dem Denken und Handeln, die nach einer Lösung für eine so umfassende und komplexe Krise suchen, Kreativität verleiht. Mögen die Einrichtungen der Kirche gemeinsam mit allen nicht-kirchlichen Organisationen ihre Erkenntnisfähigkeit und ihre Leitlinien im Hinblick auf eine neue und großartige Dynamik weiterentwickeln, die zu „jener Kultur der Liebe“ führen kann, „deren Samen Gott in jedes Volk und in jede Kultur gelegt hat“ (ebd., 33).

In ihrer sozialen und politischen Dimension kommt diese Diakonie der Liebe den Laien zu, die berufen sind, auf organische Weise das Gemeinwohl und die Gerechtigkeit zu fördern sowie für eine rechte Ordnung des gesellschaftlichen Lebens zu sorgen (vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est ). Einer der pastoralen Schlußfolgerungen, die im Lauf eurer jüngsten Überlegungen hervorgetreten sind, ist die Heranbildung einer neuen Generation von Führungskräften im Dienst am Nächsten. Es verdient sicher eine besondere Sorge der Hirten, die aufmerksam in die Zukunft schauen, neue Laienmitarbeiter für diesen pastoralen Bereich zu gewinnen. Wer von Gott lernt, der die Liebe ist, wird unweigerlich ein Mensch sein, der für die anderen da ist. Denn „die Liebe Gottes zeigt sich in der Verantwortung dem andern gegenüber“ (Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi ). In seiner Hingabe an den Vater mit Christus vereint, werden wir von seinem Mitleid für die Menschenmenge ergriffen, die nach Gerechtigkeit und Solidarität fragt, und wir setzen uns wie der barmherzige Samariter im Gleichnis dafür ein, konkrete und großherzige Antworten anzubieten.

59 Häufig ist es aber nicht einfach, das geistliche Leben und das apostolische Wirken auf angemessene Weise miteinander zu verbinden. Der von der vorherrschenden Kultur ausgeübte Druck - die eindringlich einen Lebensstil vertritt, der auf dem Gesetz des Stärkeren und auf dem schnellen und verlockenden Gewinn gründet - beeinflußt letztendlich auch unsere Art zu denken, unsere Projekte und die Perspektiven unseres Dienstes, so daß die Gefahr besteht, daß sie die Motivation des Glaubens und der christlichen Hoffnung verlieren, aus denen sie hervorgegangen sind. Die zahlreichen und dringenden Bitten um Hilfe und Unterstützung, die die Armen und Ausgestoßenen der Gesellschaft an uns richten, drängen uns dazu, Lösungen zu finden, die der Logik der Effizienz, dem sichtbaren Erfolg und der Werbung entsprechen. Dennoch, liebe Brüder und Schwestern, ist die erwähnte Verbindung von geistlichem Leben und apostolischem Wirken absolut notwendig, um Christus in der Menschheit zu dienen, die auf euch wartet. In dieser gespaltenen Welt bedürfen alle einer tiefen und echten Einheit des Herzens, des Geistes und des Handelns.

Zu den vielen sozialen Einrichtungen im Dienst des Gemeinwohls, die nah an der notleidenden Bevölkerung sind, zählen auch die Einrichtungen der katholischen Kirche. Deren Ausrichtung muß eindeutig sein, damit sie eine klar sichtbare Identität annehmen: in der Inspiration ihrer Ziele, in der Wahl ihrer menschlichen Ressourcen, in der Vorgehensweise, in der Qualität ihrer Dienste, im ernsthaften und wirksamen Einsatz der Mittel. Die genau umschriebene Identität der Einrichtungen ist ein wirklicher Dienst und von großem Nutzen für jene, denen diese Einrichtungen zugute kommen. Neben der Identität und damit verbunden ist es wesentlich, daß der christlichen Nächstenliebe in ihrem Wirken Autonomie und Unabhängigkeit von Politik und Ideologien gewährt wird (vgl. Benedikt XVI., Enzyklika Deus caritas est ), auch wenn sie mit staatlichen Institutionen zusammenarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen.

Eure Tätigkeit im Bereich der Betreuung, der Erziehung und der Caritas soll von Projekten der Freiheit ergänzt werden, die auf der Suche nach der universalen Brüderlichkeit den Menschen fördern. Zu diesem Bereich gehört der dringende Einsatz der Christen für die Verteidigung der Menschenrechte, der auf die Ganzheit der menschlichen Person in ihren verschiedenen Dimensionen achtet. Ich bringe meine hohe Wertschätzung für all jene sozialen und pastoralen Initiativen zum Ausdruck, die gegen jene sozio-ökonomischen und kulturellen Mechanismen ankämpfen, die zur Abtreibung führen, und die die Verteidigung des Lebens sowie die Versöhnung und Heilung der Menschen, die vom Drama der Abtreibung verwundet worden sind, klar vor Augen haben. Die Initiativen zum Schutz der wesentlichen Grundwerte des Lebens - von der Empfängnis an - und der Familie - die auf der unauflöslichen Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gründet - sind eine Hilfe, um einigen äußerst heimtückischen und gefährlichen Herausforderungen für das Gemeinwohl in unserer heutigen Zeit zu begegnen. Diese Initiativen sind gemeinsam mit vielen anderen Formen des Engagements wesentliche Elemente für den Aufbau der Zivilisation der Liebe.

All dies verbindet sich gut mit der Botschaft der Muttergottes, die an diesem Ort erklingt: Buße, Gebet, Vergebung, die auf die Bekehrung des Herzens zielen. Das ist der Weg, um die Zivilisation der Liebe aufzubauen, deren Samen Gott in das Herz jedes Menschen gelegt hat und den der Glaube an Christus, den Erlöser, wachsen läßt.







APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL

ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO

(11.-14. MAI 2010)

BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN PORTUGALS

Konferenzsaal des Hauses "Nossa Senhora do Carmo" - Fatima

Donnerstag, 13. Mai 2010


Verehrte, liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich danke Gott, daß er mir die Gelegenheit gibt, euch hier im geistlichen Herzen Portugals, dem Heiligtum von Fatima, zu begegnen. Hier suchen Pilgerscharen aus den verschiedensten Orten der Welt die Gewißheiten des Himmels wiederzufinden oder in ihrem Innern zu stärken. Mit ihnen ist aus Rom der Nachfolger Petri gekommen, der die mehrmals an ihn gerichteten Einladungen angenommen hat und den eine Dankesschuld gegenüber der Jungfrau Maria bewegt, die gerade an diesem Ort den Sehern und Pilgern eine tiefe Liebe zum Heiligen Vater vermittelt hat. Diese Liebe trägt Früchte in einer großen Schar von Betern, die von Jesus angeführt wird: Petrus, „ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder“ (Lc 22,32).

Wie ihr seht, muß der Papst sich immer mehr dem Geheimnis des Kreuzes öffnen und es als einzige Hoffnung und letzten Weg umarmen, um im Gekreuzigten alle, die als Menschen seine Brüder und Schwestern sind, zu gewinnen und zu versammeln. Dem Wort Gottes gehorsam, ist er berufen, nicht für sich selbst, sondern für die Gegenwart Gottes in der Welt zu leben. Die Entschlossenheit, mit der auch ihr mir in enger Verbundenheit folgt, ohne etwas anderes zu fürchten als den Verlust des ewigen Heils für euer Volk, gibt mir Kraft. Das verdeutlichen auch die Worte, mit denen mich Erzbischof Jorge Ortiga bei meiner Ankunft unter euch begrüßt hat und die vorbehaltlose Treue der Bischöfe Portugals zum Nachfolger Petri bezeugt hat. Von Herzen danke ich euch. Danke auch für eure Mühe bei der Organisation meines Besuches. Gott vergelte es euch, indem er über euch und eure Diözesen den Heiligen Geist reichlich ausgieße, damit ihr eines Herzens und einer Seele den pastoralen Einsatz, den ihr euch vorgenommen habt, zu Ende führen könnt, nämlich jedem Gläubigen eine anspruchsvolle und faszinierende christliche Initiation anzubieten. Diese soll in unversehrter Vollständigkeit den Glauben und die Spiritualität weitergeben, die im Evangelium verwurzelt ist und freie Persönlichkeiten formt, die mitten im öffentlichen Leben tätig sind.

Tatsächlich erfordert die Zeit, in der wir leben, eine neue missionarische Stärke der Christen, die dazu berufen sind, einen reifen Laienstand zu bilden, der sich mit der Kirche identifiziert und solidarisch mit der Welt ist, die einen komplexen Umgestaltungsprozeß durchläuft. Es bedarf authentischer Zeugen Jesu Christi, vor allem in jenen menschlichen Bereichen, in denen das Verschweigen des Glaubens am meisten verbreitet und am größten ist: unter den Politiker, den Intellektuelle und den Medienschaffenden, die eine monokulturelle Sichtweise vertreten und fördern, die die religiöse und kontemplative Dimension des Lebens mißachtet. In diesen Bereichen gibt es Gläubige, die sich nicht trauen, ihren Glauben zu bekennen, und so mit dem Säkularismus Hand in Hand gehen, der Barrieren gegen die christliche Inspiration aufrichtet. All jene, die in diesen Bereichen mutig ein kraftvolles katholisches Gedankengut verteidigen, das treu zum Lehramt steht, mögen hingegen, liebe Brüder, auch weiterhin euren Ansporn und euer erhellendes Wort empfangen, damit sie als gläubige Laien die christliche Freiheit leben.

Bewahrt in der gegenwärtigen Lage der Welt ohne Maulkorb die prophetische Dimension, denn „das Wort Gottes ist nicht gefesselt“ (2Tm 2,9). Die Menschen bitten um die Frohe Botschaft Jesu Christi, die ihrem Leben Sinn verleiht und ihre Würde schützt. Als Hauptverkünder des Glaubens wird es euch nutzen, die verschiedenen sozialen und kulturellen Faktoren zu kennen und zu verstehen, die spirituellen Bedürfnisse abzuschätzen und die pastoralen Ressourcen wirksam in euren Programmen einzusetzen; entscheidend ist aber, daß ihr es schafft, allen, die in der Verkündigung des Evangeliums tätig sind, ein echtes, eifriges Streben nach Heiligkeit einzuflößen und ihnen bewußt zu machen, daß das Ergebnis vor allem auf der Einheit mit Christus und dem Handeln des Heiligen Geistes beruht.

60 Denn wenn der katholische Glaube im Empfinden vieler kein gemeinsames Erbe der Gesellschaft mehr darstellt und oft eine Saat zu sein scheint, der von den „Göttern“ und Herren dieser Welt bedrängt und verdunkelt wird, dann werden die Herzen nur schwer von bloßen Worten oder moralischen Vorhaltungen berührt werden und noch weniger von allgemein gehaltenen Verweisen auf die christlichen Werte. Der mutige und umfassende Verweis auf die Prinzipien ist grundlegend und unerläßlich; dennoch kommt die bloße Darlegung der Botschaft nicht in der Tiefe des menschlichen Herzens an, berührt seine Freiheit nicht, ändert nicht sein Leben. Das, was fasziniert, ist vor allem die Begegnung mit gläubigen Menschen, die durch ihren Glauben Zeugnis von Christus ablegen und die anderen zur seiner Gnade hinführen. Mir kommen dabei diese Worte von Papst Johannes Paul II. in den Sinn: „Die Kirche bedarf vor allem großer Strömungen, Bewegungen und Zeugnisse der Heiligkeit unter den Christgläubigen, weil aus der Heiligkeit jede echte Erneuerung der Kirche, jede Bereicherung des Verständnisses des Glaubens und der christlichen Gefolgschaft, eine lebendige und fruchtbare Wiederbelebung des Christentums in der Begegnung mit den Bedürfnissen der Menschen, eine neue Form der Anwesenheit im Herzen des menschlichen Daseins und der Kultur der Nationen erwächst“ (Ansprache zum 20. Jahrestag des Konzilsdekrets „Apostolicam actuositatem“, 18. November 1985). Jemand könnte sagen: „Die Kirche bedarf großer Strömungen, Bewegungen und Zeugnisse der Heiligkeit …, aber es gibt sie nicht!“.

Diesbezüglich gestehe ich euch, wie angenehm ich von der Begegnung mit den neuen Bewegungen und kirchlichen Gemeinschaften überrascht war. Im Blick auf sie hatte ich die Freude und die Gnade zu sehen, wie der Heilige Geist in einer für die Kirche mühevollen Zeit, als man von einem „Winter der Kirche“ sprach, einen neuen Frühling hervorrief, indem er in den Jugendlichen und Erwachsenen die Freude weckte, Christen zu sein und in der Kirche zu leben, die der lebendige Leib Christi ist. Dank der Charismen werden die Radikalität des Evangeliums, der objektive Inhalt des Glaubens und der lebendige Strom seiner Tradition überzeugend weitergegeben und als persönliche Erfahrung, als Zustimmung der Freiheit zum gegenwärtigen Christusereignis angenommen.

Notwendige Bedingung ist natürlich, daß diese neuen Gruppierungen in der gemeinsamen Kirche leben wollen, auch wenn ihnen in gewisser Weise Raum für ihr Leben vorbehalten ist, so daß dieses für alle anderen fruchtbar wird. Diejenigen, die ein besonderes Charisma haben, müssen sich wesentlich für die Gemeinschaft, für den gemeinsamen Glauben der Kirche verantwortlich fühlen und müssen sich der Leitung der Hirten unterstellen. Diese sind es, die die Kirchlichkeit der Bewegungen garantieren müssen. Die Hirten sind nicht nur Menschen, die ein Amt innehaben, sondern sie haben selbst ein Charisma, sie sind verantwortlich dafür, daß sich die Kirche dem Wirken des Heiligen Geistes öffnet. Wir Bischöfe werden im Weihesakrament vom Heiligen Geist gesalbt, und deshalb gewährleistet uns das Sakrament auch die Offenheit für den Empfang seiner Gaben. So müssen wir einerseits die Verantwortung spüren, diese Impulse anzunehmen, die Geschenke für die Kirche sind und ihr neue Vitalität verleihen. Aber andererseits müssen wir auch den Bewegungen helfen, den rechten Weg zu finden, indem wir mit Verständnis Korrekturen vornehmen - mit jenem geistlichen und menschlichen Verständnis, das Leitung, Anerkennung und eine gewisse Öffnung und Lernbereitschaft zu verbinden weiß.

Gerade darin sollt ihr die Priester einführen oder bestärken. Liebe Mitbrüder, entdeckt im zu Ende gehenden Priesterjahr neu die bischöfliche Vaterschaft, vor allem gegenüber eurem Klerus. Zu lange wurde die Verantwortung der Autorität als Dienst am Wachstum der anderen und vor allem der Priester vernachlässigt. Diese sind, wie das Konzilsdekret Presbyterorum ordinis betont, dazu berufen, in ihrem seelsorglichen Amt zusammen in einem gemeinschaftlichen oder gemeinsamen pastoralen Wirken zu dienen: „Kein Priester kann abgesondert und als einzelner seine Sendung hinreichend erfüllen, sondern nur in Zusammenarbeit mit anderen Priestern, unter Führung derer, die die Kirche leiten“ (N. 7). Dabei geht es nicht um eine Rückkehr in die Vergangenheit oder ein einfaches Zurück zu den Anfängen, sondern darum, den ursprünglichen Eifer und die Freude des Beginns der christlichen Erfahrung wiederzugewinnen, indem wir uns wie die Emmausjünger am Ostertag von Christus begleiten lassen, so daß sein Wort unser Herz entflammt und das „Brechen des Brotes“ unsere Augen für die Betrachtung seines Antlitzes öffnet. Nur so wird das Feuer der Liebe ausreichend brennen, um jeden Christen dazu zu drängen, in der Kirche und unter den Menschen Spender des Lichtes und des Lebens zu werden.

Zum Schluß möchte ich euch in eurer Eigenschaft als Vorsitzende und Diener der Liebe in der Kirche darum bitten, in euch selbst und in eurem Umfeld die Haltung der Barmherzigkeit und des Mitleids zu stärken, damit ihr in der Lage seid, den gravierenden sozialen Bedürfnissen zu begegnen. Es sollen Organisationen ins Leben gerufen und bereits bestehende weiter entwickelt werden, damit sie kreativ auf jegliche Art von Armut antworten können, auch auf jene, die sich in einem Mangel an Lebenssinn und in der Hoffnungslosigkeit zeigt. Euer Einsatz zur Unterstützung der besonders hilfsbedürftigen Diözesen, besonders in den portugiesischsprachigen Ländern, ist sehr lobenswert. Wenn jetzt die Schwierigkeiten stärker zu spüren sind, dann soll euch das nicht von der Logik des Schenkens abbringen. Euer Zeugnis als Propheten der Gerechtigkeit und des Friedens sowie als Verteidiger der unveräußerlichen Rechte des Menschen soll im Land lebendig fortgeführt werden, indem ihr eure Stimme mit der der Schwächsten vereint, die ihr zu Recht ermutigt habt, sich selbst zu Wort zu melden. Fürchtet euch nie davor, eure Stimme zugunsten der Unterdrückten, der Gedemütigten und der Mißhandelten zu erheben.

So vertraue ich euch der Muttergottes von Fatima an und bitte sie, euch in den Herausforderungen, denen ihr gegenübersteht, mütterlich zu stärken, damit ihr Förderer einer Kultur und einer Spiritualität der Liebe und des Friedens, der Hoffnung und der Gerechtigkeit, des Glaubens und des Dienstes seid. Dazu erteile ich euch meinen Apostolischen Segen, in den ich auch eure Angehörigen und eure Diözesen einschließe.





APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL

ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO

(11.-14. MAI 2010)

AN DIE GLÄUBIGEN VOR DEM RATHAUS IN PORTO

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.


Porto, Rathaus, 14. Mai 2010






Liebe Brüder und Schwestern,
liebe Freunde!

Ich bin froh, hier bei euch zu sein, und danke euch für den festlichen und herzlichen Empfang, den ihr mir in der Stadt Porto, der „Stadt der Jungfrau“, bereitet habt. Ihrem mütterlichen Schutz empfehle ich euer Leben und eure Familien an, eure Gemeinschafen und Einrichtungen im Dienst am Gemeinwohl, insbesondere die Universitäten dieser Stadt, deren Studenten sich hier verabredet haben und mir ihre Dankbarkeit und ihr Festhalten am Lehramt des Nachfolgers Petri zum Ausdruck gebracht haben. Danke für eure Anwesenheit und für das Zeugnis eures Glaubens. Ich möchte nochmals allen danken, die auf verschiedene Weise bei der Vorbereitung und der Verwirklichung meines Besuchs mitgewirkt haben, auf den ihr euch ja vor allem im Gebet vorbereitet habt. Gerne hätte ich eure Einladung angenommen, meinen Aufenthalt in eurer Stadt zu verlängern, aber dies ist mir leider nicht möglich. So muß ich abreisen, während ich euch alle freundschaftlich in Christus in die Arme schließe und segne: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.





APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL

ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO

(11.-14. MAI 2010)

ABSCHIEDSZEREMONIE

Internationaler Flughafen von Porto

61

Freitag, 14. Mai 2010


Herr Präsident der Republik,
sehr geehrte Vertreter des öffentlichen Lebens,
geschätzte Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Freunde!

Am Ende meines Besuchs kommen mir die zahlreichen und dichtgedrängten Erlebnisse auf dieser Pilgerreise durch Portugal in den Sinn. Tief in meiner Seele bewahre ich die Herzlichkeit Ihres liebevollen Empfangs, die so lebhaft und spontan geknüpften Bande mit den Gruppen, denen ich begegnet bin, wie auch das Engagement, das die Vorbereitung und die Durchführung des Programms dieses Pastoralbesuchs gekennzeichnet hat.

Beim Abschied sage ich nun allen meinen aufrichtigen Dank: dem Herrn Präsidenten der Republik, der mich seit meiner Ankunft mit seiner Anwesenheit beehrt hat; meinen bischöflichen Mitbrüdern, mit denen ich die tiefe Einheit im Dienst am Reich Gottes erneuert habe; der Regierung und den Vertretern der Zivilbehörden wie des Militärs, die während des ganzen Aufenthalts mit augenscheinlicher Hingabe großen Einsatz gezeigt haben. Ihnen allen wünsche ich alles Gute! Die Medien haben es ermöglicht, daß ich viele Personen erreichen konnte, denen ich nicht aus der Nähe begegnen konnte. Auch ihnen möchte ich sehr danken.

Allen Portugiesen, seien sie katholischen Glaubens oder nicht, den Männern und Frauen, die hier leben, auch wenn sie nicht hier geboren sind, gilt mein Gruß in dieser Stunde des Abschieds. Die Eintracht höre nicht auf unter Ihnen zu wachsen. Sie ist wesentlich für einen festen Zusammenhalt. Sie ist der notwendige Weg, um in gemeinsamer Verantwortung die Herausforderungen anzugehen, die vor Ihnen liegen. Möge diese ruhmreiche Nation weiter Geistesgröße zeigen, ein tiefes Bewußtsein für Gott, eine solidarische Offenheit füreinander, die durch von einem christlichen Humanismus geprägte Prinzipien und Werte geleitet ist. In Fatima habe ich für die ganze Welt gebetet - daß die Zukunft zu größerer Brüderlichkeit und Solidarität führe, zu mehr gegenseitigem Respekt und zu neuem Vertrauen und neuer Zuversicht in Gott, unseren Vater im Himmel.

Es war für mich eine Freude, Zeuge des Glaubens und der Frömmigkeit der portugiesischen kirchlichen Gemeinschaft zu sein. Ich habe den Enthusiasmus der Kinder und Jugendlichen gesehen, die treue Hingabe der Priester, Diakone und gottgeweihten Männer und Frauen, den seelsorglichen Einsatz der Bischöfe, den in der Welt der Kultur offenkundigen Willen, nach der Wahrheit und Schönheit zu suchen, die Kreativität der in der Sozialpastoral Tätigen, die spürbare Lebendigkeit des Glaubens bei den Gläubigen in den Diözesen, die ich besucht habe. Mein Wunsch ist, daß mein Besuch Ansporn zu einem erneuerten spirituellen und apostolischen Eifer wird; daß das Evangelium in seiner Vollständigkeit angenommen und von jedem Jünger Jesu leidenschaftlich bezeugt wird, damit es sich als Sauerteig einer echten Erneuerung der gesamten Gesellschaft erweist!

Ganz Portugal und all seinen Söhnen und Töchtern erteile ich meinen Apostolischen Segen als Unterpfand für Hoffnung, Frieden und Starkmut: Das erbitte ich von Gott auf die Fürsprache Unserer Lieben Frau von Fatima, an die Sie sich in großem Vertrauen und fester Liebe wenden. Laßt uns weiter in der Hoffnung voranschreiten! Leben Sie wohl!





AN FRAU HISSA ABDULLA AHMED AL-OTAIBA, ERSTE BOTSCHAFTERIN DER VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE BEIM HEILIGEN STUHL


62

Donnerstag, 20. Mai 2010

Exzellenz,

es freut mich, Sie im Vatikan begrüßen und das Beglaubigungsschreiben entgegennehmen zu dürfen, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der Vereinigten Arabischen Emirate beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Bei dieser besonderen Gelegenheit möchte ich Sie auch bitten, Seiner Hoheit Scheich Khalifa bin Zayed Al Nahayan meine Grüße zu übermitteln. Bitte versichern Sie ihn meiner Dankbarkeit für die guten Wünsche, die Sie mir eben in seinem Namen überbracht haben, sowie meiner Gebete für sein Wohlergehen und das des gesamten Volkes der Emirate.

Obwohl die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Vereinigten Arabischen Emiraten erst vor kurzem aufgenommen wurden, ist die Tatsache, daß Sie heute als erste Botschafterin Ihres Landes beim Heiligen Stuhl hier anwesend sind, ein vielversprechendes Ereignis. Am 15. April 2008 stellte der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate bei einer Zeremonie mit anderen Botschaftern fest, daß der Päpstliche Vertreter »eine besondere Sendung erfüllt, die vor allem auf die Bewahrung des Glaubens an Gott und die Förderung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs ausgerichtet ist«. Der Glaube an den allmächtigen Gott kann nur zur Nächstenliebe führen, da, wie ich erst unlängst geschrieben habe, »die Liebe - ›caritas‹ - eine außerordentliche Kraft ist, welche die Menschen drängt, sich mutig und großherzig auf dem Gebiet der Gerechtigkeit und des Friedens einzusetzen« (Caritas in veritate ).

Die Liebe zu Gott und die Achtung der Würde unseres Nächsten inspirieren die Diplomatie des Heiligen Stuhls und formen die Sendung der katholischen Kirche im Dienst der internationalen Gemeinschaft. Das Wirken der Kirche im Bereich der diplomatischen Beziehungen ist der Förderung des Friedens, der Menschenrechte und der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen zuträglich, zielt also auf den echten Fortschritt aller ab, unabhängig von Rasse, Hautfarbe oder Religion. Schließlich ist jede Politik, Kultur, Technik und Entwicklung auf Männer und Frauen ausgerichtet, die als einzigartig betrachtet werden aufgrund der ihnen von Gott gegebenen Natur. Das Ziel dieser Bestrebungen des Menschen allein auf Profit oder den eigenen Vorteil zu reduzieren, würde uns die Zentralität der menschlichen Person in ihrer Integrität aus dem Blick verlieren lassen, die doch das wichtigste Gut ist, das es zu schätzen und zu bewahren gilt. Schließlich ist der Mensch die Quelle, die Mitte und der Zweck allen wirtschaftlichen und sozialen Lebens (vgl. Caritas in veritate ). Dem Heiligen Stuhl und der katholischen Kirche ist daher daran gelegen, die Würde des Menschen herauszustellen, um eine klare und echte Sicht der Menschheit auf internationaler Ebene zu bewahren und neue Energien sammeln zu können, die der bestmöglichen Entwicklung der Völker und Nationen dienlich sind.

Exzellenz, in den letzten Jahren konnten die Vereinigten Arabischen Emirate trotz aller Schwierigkeiten ein beachtliches Wirtschaftswachstum verzeichnen und in der Folge Hunderttausende Ausländer aufnehmen, die hoffen, in Ihrem Land Arbeit und eine gesicherte Zukunft für sich und ihre Familien zu finden. Diese Menschen bereichern den Staat nicht nur durch ihre Arbeitskraft, sondern auch durch ihre Präsenz, die eine Gelegenheit ist für die fruchtbare und positive Begegnung der großen Religionen, Kulturen und Bevölkerungen unserer Erde. Die Tatsache, daß die Vereinigten Arabischen Emirate diesen ausländischen Arbeitskräften ihre Tore öffnen, erfordert einen kontinuierlichen Einsatz für die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben und sozialen Fortschritt. Das ist sehr lobenswert. Ich möchte an dieser Stelle auch meine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck bringen, daß in Ihrem Land verschiedene katholische Kirchen auf Baugründen errichtet werden konnten, die Schenkungen öffentlicher Autoritäten sind. Es ist der Wunsch des Heiligen Stuhls, daß diese Zusammenarbeit auch weiterhin bestehen, ja sogar wachsen möge, damit die zunehmenden pastoralen Bedürfnisse der dort lebenden katholischen Bevölkerung befriedigt werden können. Die Kultfreiheit trägt entschieden zum Gemeinwohl bei und beschert allen Gesellschaften, in denen sie praktiziert wird, ein Leben in Eintracht und Harmonie. Ich kann Ihnen versichern, daß die katholischen Christen in Ihrem Land den Wunsch haben, zum Wohl der Gesellschaft beizutragen, ein gottgefälliges Leben zu führen und die Würde aller Bevölkerungsgruppen und Religionen zu respektieren.

Frau Botschafterin, ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre Mission und versichere Ihnen, daß Ihnen die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie jederzeit bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe hilfreich zur Seite stehen werden. Der Heilige Stuhl hat den festen Wunsch, die nun zu seiner großen Zufriedenheit aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter auszubauen. Für Sie, Ihre Familie und alle Menschen der Vereinigten Arabischen Emirate erbitte ich von ganzem Herzen Gottes reichen Segen.





AN HERRN LNVSANTSEREN ORGIL, NEUER BOTSCHAFTER DER MONGOLEI BEIM HEILIGEN STUHL

Donnerstag, 20. Mai 2010



Exzellenz!

Es freut mich, Sie im Vatikan begrüßen und das Beglaubigungsschreiben entgegennehmen zu können, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Mongolei beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Vielen Dank für die Grüße, die Sie mir im Namen von Präsident Tsakhia Elbegdorj übermittelt haben. Bitte versichern Sie ihn und alle Ihre Mitbürger meiner besten Wünsche. Ihre Nation begeht derzeit den 20. Jahrestag des Übergangs zur Demokratie. Bei dieser Gelegenheit möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, daß die großen, in den vergangenen Jahren erzielten Fortschritte der Konsolidierung einer sozialen Ordnung zugute kommen mögen, die dem Gemeinwohl der Bürger förderlich ist und ihnen hilft, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken.

Herr Botschafter, ich möchte Sie auch meiner Solidarität und meiner Sorge um die vielen Menschen und Familien versichern, die im letzten Jahr nicht nur unter einem besonders strengen Winter zu leiden hatten, sondern auch unter den Folgen der starken Regenfälle und Überschwemmungen. Wie Sie zu Recht festgestellt haben, sind die Umweltfragen, besonders jene, die den Klimawandel betreffen, von globaler Tragweite und müssen daher auch auf globaler Ebene in Angriff genommen werden.


ANSPRACHE 2010 57