ANSPRACHE 2009 137

AM DIE METROPOLITAN-ERZBISCHÖFE, DIE AM HOCHFEST DER HEILIGEN APOSTEL PETRUS UND PAULUS DAS PALLIUM EMPFANGEN HABEN

Audienzenhalle - Montag, 30. Juni 2009



138 Liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern!

Nach den Feierlichkeiten am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus ist es mir eine wahre Freude, euch allen, den Metropolitan- Erzbischöfen, die gestern in der Vatikanischen Basilika das Pallium empfangen haben, im Rahmen einer Sonderaudienz zu begegnen und auch eure Angehörigen und Freunde, die euch begleiten, zu begrüßen. So setzt sich die Freude der Gemeinschaft fort, die wir am Hochfest der beiden großen Apostel erlebt haben, an dem ich euch das Pallium überreichen durfte, jenes Symbol der Einheit, die die Hirten der Teilkirchen mit dem Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom, verbindet. Ich heiße einen jeden von euch herzlich willkommen. Ihr kommt aus allen Kontinenten und zeigt so auf besondere Weise das Antlitz der katholischen Kirche, die auf der ganzen Erde verbreitet ist.

Ich wende mich zunächst an euch, geliebte Hirten der Kirche in Italien. Ich begrüße den Erzbischof von Florenz, Giuseppe Betori, den Erzbischof von Syrakus, Salvatore Pappalardo, sowie den Erzbischof von Lecce, Domenico Umberto D’Ambrosio. Wir stehen am Anfang des Priester- Jahres: Bemüht euch daher, vorbildliche und eifrige Hirten zu sein, voller Liebe zum Herrn und zu euren Gemeinschaften. So könnt ihr die Priester, eure ersten Mitarbeiter im Hirtendienst, leiten und ihnen festen Halt geben, und könnt tatkräftig dazu beitragen, das Reich Gottes im geliebten Land Italien zu verbreiten.

... auf französisch: Es ist mir eine Freude, die französischsprachigen Pilger zu begrüßen, die gekommen sind, um die neuen Metropolitan-Erzbischöfe zu begleiten, denen ich das Pallium überreichen durfte. Ich begrüße vor allem den Erzbischof von Algier (Algerien), Ghaleb Moussa Abdalla Bader; den Erzbischof von Rimouski (Kanada), Pierre-André Fournier; den Erzbischof von Gagnoa (Elfenbeinküste), Joseph Aké Yapo; den Erzbischof von Kisangani (Demokratische Republik Kongo), Marcel Utembi Tapa, sowie den Erzbischof von Ouagadougou (Burkina Faso), Philippe Ouédraogo. Mein herzlicher Gruß gilt auch den Bischöfen, Priestern und Gläubigen eurer Länder; ich versichere sie meines inständigen Gebets. Das Pallium ist ein Zeichen der besonderen Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri. Möge dieses Zeichen auch für die Priester und die Gläubigen eurer Diözesen eine Einladung sein, die echte Gemeinschaft mit ihren Hirten und der Glieder der Kirche untereinander immer mehr zu festigen!

auf englisch: Sehr herzlich begrüße ich auch die Metropolitan-Erzbischöfe englischer Sprache, denen ich gestern das Pallium überreicht habe: den Erzbischof von Pretoria (Republik Südafrika), Paul Mandla Khumalo; den Erzbischof von Vancouver (Kanada), J. Michael Miller; den Erzbischof von Detroit (Vereinigte Staaten von Amerika), Allen Henry Vigneron; den Erzbischof von Medan (Indonesien), Anicetus Bongsu Antonius Sinaga; den Erzbischof von Tamale (Ghana), Philip Naameh; den Erzbischof von New York (Vereinigte Staaten von Amerika), Timothy Michael Dolan; den Erzbischof von Westminster (Vereinigtes Königreich), Vincent Gerard Nichols; den Erzbischof von Saint Louis (Vereinigte Staaten von Amerika), Robert James Carlson; den Erzbischof von Bangkok (Thailand), Francis Xavier Kriengsak Kovithavanij; den Erzbischof von Omaha (Vereinigte Staaten von Amerika), George Joseph Lucas; den Erzbischof von New Orleans (Vereinigte Staaten von Amerika), Gregory Michael Aymond, sowie den Erzbischof von Colombo (Sri Lanka), Patabendige Don Albert Malcolm Ranjith. Ich heiße auch ihre Angehörigen, Verwandten, Freunde und die Gläubigen der jeweiligen Erzdiözesen willkommen, die nach Rom gekommen sind, um mit ihnen zu beten und aus diesem frohen Anlaß ihre Freude zu teilen. Das Pallium empfängt man aus den Händen des Nachfolgers Petri, und die Erzbischöfe tragen es als Zeichen der Gemeinschaft im Glauben, in der Liebe und in der Leitung des Gottesvolkes. Außerdem ruft es den Bischöfe ihre Verantwortung in Erinnerung, damit sie Hirten nach dem Herzen Jesu sind. Euch allen erteile ich mit Zuneigung meinen Apostolischen Segen als Unterpfand des Friedens und der Freude im Herrn.

auf spanisch: Ich begrüße sehr herzlich die Metropolitan-Erzbischöfe spanischer Sprache, die zur feierlichen Zeremonie der Überreichung des Palliums nach Rom gekommen sind: Domingo Díaz Martínez von Tulancingo, Manuel Felipe Díaz Sánchez von Calabozo, José Luis Escobar Alas von San Salvador, Carlos Osoro Sierra von Valencia, Victor Sánchez Espinosa von Puebla de los Ángeles, Carlos Aguiar Retes von Tlalnepantla, Ismael Rueda Sierra von Bucaramanga sowie Braulio Rodríguez Plaza von Toledo. Ebenso begrüße ich die Angehörigen und Freunde, die Priester und Gläubigen ihrer jeweiligen Teilkirchen, die sie begleiten. Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, die Kreuze aus schwarzer Seide, die auf das Pallium gestickt sind, mögen euch daran erinnern, daß ihr jeden Tag Christus ähnlicher werden sollt! Folgt seinen Spuren, den Spuren des Guten Hirten, seid stets Zeichen der Einheit inmitten eurer Gläubigen und festigt eure Bande der Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, mit euren Suffraganbischöfen und mit allen, die an eurer Evangelisierungssendung mitarbeiten. Im soeben begonnenen Priester- Jahr sollt ihr eure Priester tief im Herzen tragen. Sie erwarten von euch eine herzliche Beziehung; ihr sollt ihnen wie Väter und Brüder sein, die sie annehmen, ihnen zuhören und für sie Sorge tragen. Unter den Schutz der allerseligsten Jungfrau Maria, Königin der Apostel, die in den Ländern, aus denen ihr kommt - Mexiko, Venezuela, El Salvador, Kolumbien und Spanien -, sehr verehrt wird, stelle ich euch und eure Diözesangemeinschaften.

auf portugiesisch: Ich empfange mit Freude die Angehörigen und Freunde der neuen Metropolitan-Erzbischöfe aus Brasilien, die gekommen sind, um diese zur Überreichung des Palliums, Zeichen der engen Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, zu begleiten. In dieser Gemeinschaft gilt mein besonderer Gruß Erzbischof Sérgio da Rocha von Teresina, Erzbischof Maurício Grotto de Camargo von Botucatu, Erzbischof Gil Antônio Moreira von Juiz de Fora sowie Erzbischof Orani João Tempesta von São Sebastião do Rio de Janeiro. Überbringt meinen Gruß den Priestern und allen Gläubigen eurer Erzdiözesen, damit sie im Glauben Petri vereint zur Evangelisierung der Gesellschaft beitragen können. Als Unterpfand der Freude und des Friedens im Herrn erteile ich allen meinen Segen.

auf ukrainisch: Ich begrüße Sie, den Erzbischof von Lemberg der Lateiner, Mieczyslaw Mokrzycki, sowie jene, die in diesem Augenblick lebendiger kirchlicher Gemeinschaft bei Ihnen sind. Ich danke Ihnen noch einmal für den Dienst an der Kirche, den Sie als mein Mitarbeiter und vorher als Mitarbeiter meines verehrten Vorgängers Johannes Paul II. geleistet haben. Der Geist des Herrn möge Sie begleiten in Ihrem Hirtendienst für die Ihrer Fürsorge anvertrauten Gläubigen, denen ich einen herzlichen Gruß sende.

auf polnisch: Ich begrüße die hier anwesenden Polen sehr herzlich. Insbesondere begrüße ich den neuen Metropolitan-Erzbischof von Stettin-Cammin, Andrzej Dziega, der gestern das Pallium empfangen hat, sowie die Gläubigen dieser Kirchenprovinz. Im Priester-Jahr möge das Pallium auch für die Priester ein Symbol und eine Herausforderung sein, um die Gemeinschaft mit ihrem Bischof, untereinander und auch mit den Gläubigen aufzubauen. Ich erbitte für euch alle das Geschenk der göttlichen Liebe und segne euch von Herzen. Gelobt sei Jesus Christus.

... auf italienisch: Liebe Brüder und Schwestern, der heutige Gedenktag der Heiligen Märtyrer der Stadt Rom möge euch allen ein Ansporn sein, Jesus Christus und seine Kirche immer inniger zu lieben. Es begleite euch der mütterliche Beistand der allerseligsten Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, der heiligen Apostel Petrus und Paulus und des hl. Johannes Maria Vianney. Allen und einem jeden erteile ich meinen Segen.


Juli 2009


AN DIE TEILNEHMER DER EUROPÄISCHEN TAGUNG ÜBER DIE BERUFUNGSPASTORAL ZUM THEMA: "SÄMÄNNER DES EVANGELIUMS DER BERUFUNG: EIN WORT, DAS AUFRUHR UND SENDUNG IST"

(Rm 2,5)

Samstag, 4. Juli 2009

139


Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich über unser Treffen, und das ganz besonders, weil ich weiß, welchen wertvollen pastoralen Dienst ihr im Bereich der Förderung, der Weckung und des Erkennens von Berufungen leistet. Ihr seid nach Rom gekommen, um an einer Tagung teilzunehmen, in deren Rahmen die Kirchen Europas gemeinsam über das Thema »Das Evangelium der Berufung für den jungen Menschen in der europäischen Kultur« nachdenken und sich darüber austauschen wollen. Zweck dieser Überlegungen ist es, eurem Einsatz für die Berufungen einen neuen Impuls zu geben. Die Berufungspastoral stellt in jeder Diözese eine der wichtigsten pastoralen Tätigkeiten dar - und im Rahmen des gerade begonnenen Priesterjahres kommt ihr nun eine noch größere Bedeutung zu. Ich grüße daher die delegierten Bischöfe für die Berufungspastoral der verschiedenen Bischofskonferenzen, die Leiter der nationalen Berufungszentren, deren Mitarbeiter und alle hier Anwesenden.

Im Mittelpunkt eurer Arbeit steht das Gleichnis vom Sämann. Der Herr streut den Samen des Wortes Gottes großzügig und unentgeltlich aus, obwohl er weiß, daß dieser in wenig geeignete Erde fallen kann: auf dürren Boden, wo die Saat nicht aufgeht, oder auch zwischen Dornenbüsche, die die Saat ersticken werden. Dennoch läßt sich der Sämann nicht entmutigen. Er weiß nämlich, daß es einem Teil der Saat bestimmt ist, auf »guten Boden« zu fallen, nämlich in glühende Herzen, die das Wort bereitwillig aufnehmen, um es reifen zu lassen in der Ausdauer, damit es zum Wohl vieler wieder reiche Frucht bringen kann.

Das Bild dieses Erdbodens mag uns an die mehr oder weniger gute Situation der Familie erinnern; an unser manchmal »dürres« und hartes Arbeitsumfeld; die Tage des Leids und der Tränen. Die Erde ist in diesem Fall das Herz eines jeden Menschen, besonders das der jungen Menschen, auf die euer Dienst des Hörens und Begleitens ausgerichtet ist: Es ist ein oft verwirrtes und orientierungsloses Herz, aber auch eines, das ungeahnte Energien der Opferbereitschaft in sich bergen kann. Wie eine Knospe ist es bereit, sich einem Leben zu öffnen, das ganz der Liebe zu Jesus gewidmet ist; ihm zu folgen mit einer Bedingungslosigkeit, die aus der Gewißheit kommt, daß man den größten Schatz gefunden hat, den es gibt. Allein der Herr ist es, der in den Herzen der Menschen sät. Erst wenn das Wort Gottes verschwenderisch und großzügig gesät worden ist, kann man auf dem Weg des Begleitens und des Erziehens, des Wachsens und des Erkennens voranschreiten. All das hängt mit jenem kleinen Samenkorn zusammen, jener geheimnisvollen Gabe der himmlischen Vorsehung, von dem eine außergewöhnliche Kraft ausgeht. Das Wort Gottes ist es nämlich, das all das, was es sagt und ersehnt, aus sich selbst heraus wirkt.

Es gibt noch ein anderes Wort Jesu, das das Bild des Samens wieder aufgreift und an das Gleichnis vom Sämann erinnert: »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht« (
Jn 12,24). Hier betont der Herr den Zusammenhang zwischen dem Tod des Samenkorns und der »reichen Frucht«, die dieses tragen wird. Das Weizenkorn ist er: Jesus. Die Frucht ist das »Leben in Fülle« (Jn 10,10), das er durch seinen Tod am Kreuz für uns erlangt hat. Und genau darin liegt die Logik und die wahre Fruchtbarkeit jeder Berufungspastoral in der Kirche: wie Christus müssen der Priester und die in der Berufungspastoral Tätigen ein »Weizenkorn« sein, das sich selbst opfert, um den Willen des Vaters zu tun; das im Verborgenen lebt, kein Aufhebens und keinen Lärm um sich macht; das nicht nach jener selbstherrlichen Sichtbarkeit strebt, die in vielen Bereichen unserer Kultur oft zum Kriterium, wenn nicht gar zum Lebenszweck erhoben wird und wovon sich viele junge Menschen angezogen fühlen.

Liebe Freunde, seid Sämänner des Vertrauens und der Hoffnung! Gerade bei jungen Menschen macht sich heute oft ein starkes Gefühl der Verlorenheit breit. Nicht selten sind die Worte der Menschen nicht nur ohne Zukunft und Perspektive, sondern auch ohne Sinn und Weisheit. Die Menschen werden immer mehr von einer frenetischen Rastlosigkeit ergriffen, sind unfähig, in der Zeit der Erwartung zu leben. Und doch könnte das die Stunde Gottes sein: sein Ruf, der durch die Kraft und Wirksamkeit des Wortes laut wird, ebnet der Hoffnung auf die Fülle des Lebens den Weg. Das Wort Gottes kann wahrlich Licht und Kraft werden, Quelle der Hoffnung; es kann einen Weg vorgeben, der über Jesus führt, »Weg« und »Tor«, über sein Kreuz, das die Fülle der Liebe ist. Das ist die Botschaft des gerade ausgeklungenen Paulusjahres. Paulus, der sich von Christus erobern ließ, verstand es, Berufungen zu wecken und wachsen zu lassen. Das sieht man auch an den Dutzenden von Männern und Frauen, die er in seinen Briefen grüßt. Namen, die zu Menschen gehören, die mit ihm gemeinsam im Dienst des Evangeliums gewirkt haben. Und das ist auch die Botschaft des gerade begonnenen Priesterjahres: Der heilige Pfarrer von Ars, Jean-Marie Vianney, der diesen neuen geistlichen Weg erhellt, war ein Priester, der sein Leben der geistlichen Führung der Menschen gewidmet hat. Und getan hat er das, indem er sich in den gewöhnlichen Situationen des Lebens einfach nur darauf beschränkte, demütig die Güte Gottes »zu sehen und zu erfahren«. So hat er sich als wahrer Lehrmeister jenes Dienstes erwiesen, der Trost spendet und die Berufungen begleitet. Das Priesterjahr ist also eine gute Gelegenheit, nicht nur den tiefen Sinn der Berufungspastoral wiederzuentdecken, sondern auch die von Jean-Marie Vianney angewandte Methode: das Zeugnis, das einfach und glaubwürdig ist; die Gemeinschaft, auf Wegen, die die Ortskirche gutheißen und fördern kann; den Alltag, der uns dem Herrn im alltäglichen Leben nachfolgen läßt; das Hören, geleitet vom Heiligen Geist, um die jungen Menschen der Suche nach Gott und nach der Glückseligkeit zuzuführen; und schließlich die Wahrheit, aus der allein die innere Freiheit kommt.

Liebe Brüder und Schwestern, möge das Wort Gottes in euch allen zu einer Quelle des Segens, des Trostes und der erneuerten Hoffnung werden, damit ihr in der Lage seid, vielen anderen zu helfen, jenen Jesus zu »sehen« und »zu berühren«, den sie als Meister angenommen haben. Das Wort des Herrn wohne stets in euch. Es möge in euren Herzen jenes Licht, jene Liebe und jenen Frieden erneuern, die Gott allein geben kann und helfe euch, für das Evangelium, Quelle der Gemeinschaft und der Liebe, Zeugnis abzulegen und es zu verkünden. Mit dieser Hoffnung, die ich der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria anvertraue, erteile ich euch allen von Herzen meinen Apostolischen Segen.



AN HERRN CARL-HENRI GUITEAU, NEUER BOTSCHAFTER HAITIS BEIM HEILIGEN STUHL

Montag, 6. Juli 2009



Herr Botschafter,

140 gerne empfange ich Eure Exzellenz anläßlich der Überreichung des Beglaubigungsschreibens, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter Haitis beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, eine Mission, die Eurer Exzellenz nicht unbekannt ist, da Sie diese Aufgabe beim Apostolischen Stuhl bereits von 2002 bis 2004 ausgeübt haben.

Ich danke Ihnen, daß Sie mir die herzliche Botschaft des Präsidenten der Republik, Seiner Exzellenz René Garcia Prévals, übermittelt haben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm meinerseits meine besten Wünsche für ihn persönlich sowie für alle Haitianer zum Ausdruck bringen würden, verbunden mit dem Wunsch, daß diese in Würde und Sicherheit leben können und eine immer gerechtere und brüderlichere Gesellschaft aufbauen mögen. Herr Botschafter, während ich Ihnen für Ihre freundlichen Worte danke, möchte ich auch die bevorstehende Feier des 150. Jahrestags des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und Haiti erwähnen, des ältesten Konkordats in Amerika. Bei dieser Gelegenheit möchte ich gerne an die zahlreichen Früchte erinnern, die diese Vereinbarungen für die Kirche und für das Land hervorgebracht haben, und diesbezüglich noch darauf hinweisen, daß sich die katholische Gemeinschaft in Haiti immer der Wertschätzung der Obrigkeiten und der Bevölkerung erfreut hat.

Exzellenz, im Laufe der vergangenen Monate ist Ihr Land von Naturkatastrophen heimgesucht worden, die auf dem Territorium des ganzen Landes schwere Schäden verursacht haben. Die zahlreichen Zerstörungen, die durch Orkanstürme im Bereich der Landwirtschaft hervorgerufen wurden, haben die bereits schwierige Situation zahlreicher Familien verschlimmert. Ich wünsche mir, daß sich die internationale Solidarität, an die ich im vergangenen Jahr mehrfach appelliert habe, auch weiterhin deutlich zeigt. In der Tat ist es in dieser für das Land besonders schwierigen Zeit notwendig, daß die internationale Gemeinschaft konkrete Zeichen der Hilfe für die notleidenden Personen setzt. Im übrigen haben bekanntermaßen viele Haitianer im Laufe der vergangenen Jahre ihr Land verlassen, um andernorts nach Mitteln zu suchen, ihre Familien zu ernähren. Es wäre wünschenswert, daß trotz der manchmal problematischen administrativen Lage schnelle Lösungen gefunden werden, um diesen Familien zu ermöglichen, wieder zusammenzuleben.

Die Unsicherheit, der Ihr Land dadurch, daß es regelmäßig von zum Teil heftigen Unwettern heimgesucht wird, ausgesetzt ist, hat auch dazu geführt, daß es sich der Notwendigkeit, auf die Schöpfung zu achten, stärker bewußt ist. Es besteht in der Tat eine Art Verwandtschaft zwischen dem Menschen und der Schöpfung, die ihn dazu führen muß, sie in all ihren Bereichen zu respektieren. Der Umweltschutz stellt eine Herausforderung an alle dar, da es darum geht, ein Allgemeingut zu bewahren und zu schützen, das für jeden bestimmt ist, eine Verantwortung, die also die jetzige Generation dazu bewegen muß, für die kommende Generation Sorge zu tragen. Die bedenkenlose Ausbeutung der Ressourcen der Schöpfung und ihre Folgen, die zumeist das Leben der Ärmsten schwer belasten, können nur durch politische und wirtschaftliche Entscheidungen, die der menschlichen Würde entsprechen, sowie durch eine wirksame internationale Zusammenarbeit effektiv bekämpft werden.

Dennoch fehlt es in Ihrem Land nicht an Zeichen der Hoffnung. Sie basieren vor allem auf den menschlichen und christlichen Werten der haitianischen Gesellschaft, wie der Achtung vor dem Leben, der Verbundenheit mit der Familie, dem Verantwortungsbewußtsein und vor allem dem Glauben an Gott, der die nicht verläßt, die auf ihn vertrauen. Das Festhalten an diesen Werten erlaubt es, viele Übel zu vermeiden, die das gesellschaftliche und familiäre Leben bedrohen. Ich ermutige auch lebhaft die Bemühungen all jener, die in Ihrem Land dazu beitragen den Lebensschutz zu fördern und der Institution der Familie ihre ganze Bedeutung wiederzugeben, vor allem dadurch, daß man den Wert der Ehe für das gesellschaftliche Leben wiederentdeckt. Schließlich darf sich »kein Gesellschaftsmodell, das dem Wohl des Menschen dienen will, … über die zentrale Stellung und gesellschaftliche Aufgabe der Familie hinwegsetzen« (Kompendium der Soziallehre der Kirche, 214). Aus dieser Perspektive ist es unerläßlich, notleidende Familien wirklich zu unterstützen und Frauen und Kinder zu schützen, die manchmal Opfer von Gewalt, Verstoßung oder Ungerechtigkeit werden.

Die Erziehung der jungen Menschen ist auch für die Zukunft der Nation von größter Bedeutung. Diese Aufgabe ist wichtig und notwendig, um die Qualität des menschlichen Lebens sowohl auf individueller als auch auf sozialer Ebene zu entwickeln. In der Tat finden sich an der Wurzel der Armut häufig verschiedene Formen kultureller Mängel. In diesem Bereich leistet die katholische Kirche einen beachtlichen Beitrag, sowohl durch ihre vielen Erziehungseinrichtungen, als auch durch ihre Präsenz in den ländlichen und abgelegenen Gebieten oder durch die Qualität der Erziehung und der Ausbildung in den katholischen Schulen. Ich freue mich zu wissen, daß diese Einrichtungen von den Obrigkeiten sowie von der Bevölkerung geschätzt werden.

Bei dieser Gelegenheit, Herr Botschafter, möchte ich auch die katholische Gemeinschaft ihres Landes herzlich grüßen, die unter der Führung ihrer Bischöfe großmütig Zeugnis für das Evangelium ablegt. Ich ermutige sie, ihren Dienst für die haitianische Bevölkerung fortzusetzen und dabei stets auf die Bedürfnisse der Ärmsten zu achten und mit allen die Einheit der Nation in Brüderlichkeit und Solidarität zu suchen. So ist sie ein wirkliches Zeichen der Hoffnung für alle Haitianer.

Herr Botschafter, jetzt, da Ihre hohe Mission als Vertreter Ihres Landes beim Heiligen Stuhl beginnt, wünsche ich Ihnen herzlich ihr glückliches Gelingen und versichere Ihnen, daß Sie bei meinen Mitarbeitern das notwendige Verständnis und die notwendige Unterstützung finden werden! Auf Sie, Ihre Familie, Ihre Mitarbeiter sowie die haitianische Bevölkerung rufe ich von ganzem Herzen die Fülle des göttlichen Segens herab.



AN HERRN HÉCTOR FEDERICO LING ALTAMIRANO, NEUER BOTSCHAFTER MEXIKOS BEIM HL. STUHL

Freitag, 10. Juli 200009

141


Herr Botschafter!

1. Es freut mich, Eure Exzellenz zu diesem feierlichen Akt zu empfangen, bei dem Sie das Schreiben überreichen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Vereinigten Mexikanischen Staaten beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen herzlich für die ehrerbietigen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, und bitte Sie gleichzeitig, dem Herrn Präsidenten der Republik, Felipe de Jesús Calderón Hinojosa, seiner Regierung und allen edlen Völkern seines Landes meine besten Wünsche zu übermitteln, die ich mit meinem inständigen Gebet dafür begleite, daß sich das geliebte mexikanische Volk den derzeitigen Wechselfällen mit Mut, Entschlossenheit und Einheit stellen und weiter auf den Wegen der Freiheit, der Solidarität und des sozialen Fortschritts voranschreiten möge.

2. Sie, Exzellenz kommen als Vertreter einer großen Nation, deren Identität sich im Laufe der Jahrhunderte in fruchtbarer Beziehung zur Heilsbotschaft, die die katholische Kirche verkündet, herausgebildet hat, wie man an vielen ihrer volkstümlichen Bräuche und Feste, an ihrer Architektur und an verschiedenen anderen Zeugnissen sehen kann. Der Glaube an Jesus Christus hat in Mexiko eine Kultur hervorgebracht, die einen besonderen und vollständigen Sinn des Lebens und eine hoffnungsvolle Sicht des Daseins anbietet und gleichzeitig eine Reihe wesentlicher Prinzipien für die harmonische Entwicklung der ganzen Gesellschaft veranschaulicht: die Förderung der Gerechtigkeit, die Arbeit für Frieden und Versöhnung, das Eintreten für Redlichkeit und Transparenz, der Kampf gegen Gewalt, Korruption und Kriminalität, der beständige Schutz des menschlichen Lebens und die Wahrung der Würde der Person.

3. Das VI. Weltfamilientreffen, das vor einigen Monaten in Mexiko-Stadt abgehalten wurde, hat zudem die Bedeutung dieser vom mexikanischen Volk so hochgeschätzten Institution an den Tag gelegt Die Familie, die auf die unauflösliche Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete Lebens- und Liebesgemeinschaft, ist in der Tat die Grundzelle des ganzen sozialen Gefüges, und es ist daher von höchster Bedeutung, daß ihr angemessen geholfen wird, so daß die häuslichen Zellen nicht aufhören, Schulen gegenseitiger Achtung und Verständnisses, Pflanzstätten menschlicher Tugenden und Grund zur Hoffnung für die übrige Gesellschaft zu sein. In diesem Zusammenhang möchte ich meine Zufriedenheit über die Früchte dieses bedeutenden kirchlichen Treffens wiederholen und gleichzeitig will ich den Behörden Ihres Landes und allen Mexikanern noch einmal für den bei der Organisation bewiesenen Eifer danken.

4. Nach den bedeutenden Fortschritten, die in diesen Jahren in einem Klima gegenseitiger Autonomie und gesunder Zusammenarbeit erreicht worden sind, stelle ich dankbar die guten Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Mexiko fest. Das soll uns dazu ermutigen, uns um deren Festigung in der Zukunft zu bemühen, indem wir dem wichtigen Platz, den die Religion im Wesen und in der Geschichte Ihrer Heimat einnimmt, Rechnung tragen. Gerade aus Anlaß des 15. Jahrestages der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Ihrem Land und dem Heiligen Stuhl fanden in Mexiko-Stadt eine Reihe von Gedenkveranstaltungen statt, bei denen verschiedene Themen von gemeinsamem Interesse vertieft wurden, wie zum Beispiel das richtige Verständnis eines echten demokratischen Staates und seiner Verpflichtung, die Religionsfreiheit in allen Bereichen des öffentlichen und sozialen Lebens der Nation zu schützen und zu fördern. Die Religionsfreiheit ist nämlich kein Recht unter vielen anderen und schon gar nicht ein Privileg, das die katholische Kirche für sich einfordert. Sie ist der feste Fels, auf den sich die Menschenrechte unerschütterlich gründen, da diese Freiheit in besonderer Weise die transzendente Dimension der menschlichen Person und die absolute Unverletzlichkeit ihrer Würde offenbar macht. Deshalb gehört die Religionsfreiheit zum Wesentlichsten jedes Menschen, jedes Volkes und jeder Nation. Ihre zentrale Bedeutung läßt es nicht zu, sie auf ein bloßes Zusammenleben von Bürgern zu beschränken, die ihre Religion privat praktizieren, oder sie auf die reine Ausübung des Kultes einzuengen, sondern sie muß den Gläubigen die volle Gewähr bieten, ihre Religion öffentlich bekunden zu können, wobei sie auch ihren Beitrag zum Aufbau des Gemeinwohls und der rechten sozialen Ordnung in jedem Lebensbereich, ohne jede Einschränkung oder Nötigung, leisten. Indem die katholische Kirche diese positive Sicht der Rolle der Religion in der Gesellschaft unterstützt und fördert, will sie sich nicht in die gebotene Autonomie der zivilen Institutionen einmischen. Getreu dem von ihrem göttlichen Stifter empfangenen Auftrag sucht sie, zu Initiativen zu ermutigen, die der menschlichen Person wohltun, ihre Würde uneingeschränkt fördern und ihre geistliche Dimension anerkennen, denn sie weiß, daß der beste Dienst, den die Christen der Gesellschaft leisten können, die Verkündigung des Evangeliums ist, die eine glaubwürdige demokratische Kultur erleuchtet und ihr bei der Suche nach dem Gemeinwohl Orientierung gibt. So wird offenkundig, daß sowohl die Kirche wie die politische Gemeinschaft, wenngleich in verschiedener Eigenschaft, im Dienst der persönlichen und sozialen Berufung derselben Menschen stehen und sich fühlen müssen (vgl. Gaudium et spes
GS 76).

5. Von den verschiedenen Instanzen eurer Nation werden viele Schritte unternommen, um eine gerechtere und solidarischere soziale Ordnung zu fördern und die Widrigkeiten, die das Land noch immer belasten, zu überwinden. In diesem Sinn ist es angebracht, die Aufmerksamkeit und das Bemühen hervorzuheben, mit dem die Behörden Ihres Landes sich mit so schwerwiegenden Problemen auseinandersetzen wie der Gewalt, dem Drogenhandel, den Ungleichheiten und der Armut, die einen fruchtbaren Boden für das Verbrechen darstellen. Man weiß sehr wohl, daß für eine wirksame und dauerhafte Lösung dieser Probleme technische oder Sicherheitsmaßnahmen nicht ausreichen. Außer der Förderung einer notwendigen moralischen Erneuerung, der Gewissenserziehung und des Aufbaus einer echten Kultur des Lebens sind ein Weitblick und die wirksame Vereinigung der Anstrengungen erforderlich. Bei dieser Aufgabe werden die Behörden und die verschiedenen Kräfte der mexikanischen Gesellschaft seitens der katholischen Kirche stets loyale Mitarbeit und Solidarität finden.

6. Man wird nie genug darauf dringen können, daß das Recht auf Leben in seiner ganzen Weite anerkannt werden muß. Tatsächlich verdient jede Person Achtung und Solidarität vom Augenblick ihrer Empfängnis bis zu ihrem natürlichen Tod. Dieses edle Anliegen, für das sich viele Männer und Frauen mutig eingesetzt haben, muß auch von dem Bemühen der zivilen Behörden bei der Förderung gerechter Gesetze und wirksamer öffentlicher politischer Maßnahmen unterstützt werden, die dem höchsten Wert, den jeder Mensch in jedem Augenblick seines Daseins besitzt, Rechnung tragen. In dieser Hinsicht möchte ich die Initiative Mexikos, das im Jahr 2005 die Todesstrafe aus seiner Gesetzgebung gestrichen hat, ebenso mit Freude begrüßen wie die jüngsten Maßnahmen, die einige seiner Staaten beschlossen haben, um das menschliche Leben von seinem Beginn an zu schützen. Diese in einer so fundamentalen Frage getroffenen Entscheidungen sollen ein Wahrzeichen Ihrer Heimat sein, auf das sie mit Recht stolz sein kann, denn auf der Anerkennung des Rechts auf Leben »beruht das menschliche Zusammenleben und das politische Gemeinwesen« Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae, 2).

7. Herr Botschafter, vor Abschluß dieser Begegnung möchte ich Sie, Exzellenz, Ihre Familie und die anderen Mitglieder dieser Diplomatischen Mission beglückwünschen und Ihnen gegenüber auch versichern, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets die Zusammenarbeit finden werden, die Sie bei de Erfüllung des hohen Auftrags, Ihre geliebte Nation beim Apostolischen Stuhl zu vertreten, brauchen können werden.

Ich bete zu Gott, durch die Fürsprache der Allerseligsten Jungfrau Maria, Unserer Lieben Frau von Guadalupe, alle Mexikaner, die dem Herzen des Papstes so nahe sind, zu beschützen und zu begleiten, damit in ihrem Land unablässig Eintracht, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit leuchten.



AN DIE TEILNEHMER AM ERSTEN EUROPÄISCHEN TREFFEN DER UNIVERSITÄTSSTUDENTEN

Samstag, 11. Juli 2009



Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
liebe Brüder und Schwestern!

142 Ich danke euch von Herzen, daß ihr am Festtag des hl. Benedikt, Patron Europas, zum ersten Europäischen Treffen der Universitätsstudenten gekommen seid, das die Kommission »Katechese- Schule-Universität« des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) organisiert hat. Ich heiße alle Anwesenden herzlich willkommen. Zunächst begrüße ich Herrn Bischof Marek Jedraszewski, Vizepräsident der Kommission, und danke ihm für die Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Mein besonderer Gruß gilt auch Herrn Kardinalvikar Agostino Vallini, bei dem ich mich für den wertvollen Dienst bedanke, den die Universitätspastoral in Rom der Kirche in Europa erweist. Und wie könnte ich nicht den unermüdlichen Einsatz erwähnen, den Msgr. Lorenzo Leuzzi für das Diözesanbüro leistet! Ich grüße auch Herrn Prof. Renato Lauro, Rector Magnificus der römischen Universität Tor Vergata. Ganz besonders aber grüße ich euch, liebe Jugendliche: Seid willkommen im Haus Petri! Ihr kommt aus 31 Nationen und bereitet euch darauf vor, im Europa des dritten Jahrtausends eine wichtige Rolle zu spielen und bedeutende Aufgaben zu übernehmen. Seid euch stets eurer Möglichkeiten und gleichzeitig eurer Verantwortung bewußt!

Was erwartet die Kirche von euch? Schon das Thema eures heutigen Treffens legt die Antwort nahe: »Neue Jünger von Emmaus. Als Christen an der Universität«. Nach dem Treffen der europäischen Universitätsdozenten vor nunmehr zwei Jahren seid auch ihr Studenten nun zusammengekommen, um den europäischen Bischofskonferenzen eure Bereitschaft zu zeigen, weiter den Weg der kulturellen Arbeit zu beschreiten, den schon der hl. Benedikt für den menschlichen und christlichen Reifeprozeß der Völker Europas als notwendig erachtete. Das geschieht immer dann, wenn ihr wie die Emmausjünger dem auferstandenen Herrn in der konkreten kirchlichen Erfahrung, vor allem in der Eucharistiefeier, begegnet. Wie ich euren Altersgenossen schon beim Weltjugendtag in Sydney vor einem Jahr ins Gedächtnis gerufen habe, »kommt der Heilige Geist in jeder Meßfeier erneut herab, wenn er durch das feierliche Gebet der Kirche angerufen wird, nicht nur um unsere Gaben von Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn zu verwandeln, sondern auch um unser Leben zu verwandeln, um uns in seiner Kraft ein Leib und ein Geist in Christus werden zu lassen«. Eure missionarische Aufgabe im Bereich der Universität besteht daher darin, Zeugnis für die persönliche Begegnung mit Jesus Christus abzulegen, der die Wahrheit ist, die den Weg jedes Menschen erleuchtet. Aus der Begegnung mit ihm geht jene »Erneuerung des Herzens« hervor, die unserem persönlichen Dasein eine neue Richtung zu geben vermag; und nur so werden wir zum Sauerteig einer Gesellschaft, die von der Liebe belebt wird, wie sie uns das Evangelium nahelegt.

Wie leicht zu erkennen ist, muß auch das Werk der Universitätspastoral in seiner ganzen theologischen und geistlichen Tragweite zum Ausdruck kommen und den jungen Menschen helfen, daß sie durch die Gemeinschaft mit Christus dazu geführt werden, das tiefste Geheimnis des Menschen und der Geschichte wahrzunehmen. Und gerade wegen dieser besonderen Form der Evangelisierung können die mit dieser missionarischen Tätigkeit beauftragten kirchlichen Gemeinschaften, beispielsweise die Hochschulseelsorge, der Ort für die Ausbildung reifer Gläubiger sein, Männer und Frauen also, die wissen, von Gott geliebt und in Christus zu Förderern der Universitätspastoral berufen zu sein. Die christliche Präsenz an der Universität wird immer anspruchsvoller und faszinierender, weil der Glaube wie schon in den vergangenen Jahrhunderten gerufen ist, seinen unersetzlichen Dienst an der Erkenntnis zu leisten, die in der heutigen Gesellschaft die wahre Antriebsfeder der Entwicklung ist. Von der Erkenntnis, die durch den Glauben bereichert wird, hängt auch die Fähigkeit eines Volkes ab, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken und die Versuchung einer rein materialistischen Sicht unseres Wesens und der Geschichte zu überwinden.

Liebe Jugendliche, ihr seid die Zukunft Europas. Während ihr in diesen Studienjahren in die Welt der Erkenntnis vertieft seid, seid ihr gerufen, für die Festigung eurer Persönlichkeit und die Förderung des Gemeinwohls euer Bestes zu geben - und das nicht nur auf intellektueller Ebene. Die Arbeit für die Entwicklung der Erkenntnis ist die spezifische Berufung der Universität. Eine Berufung, die angesichts des Umfangs und der Komplexität des Wissens, das der Menschheit zur Verfügung steht, zunehmend höhere moralische und geistliche Qualitäten erforderlich macht. Die neue kulturelle Synthese, die heute in Europa und in der globalisierten Welt erarbeitet wird, braucht den Beitrag von Intellektuellen, die in der Lage sind, den Diskurs über Gott in den Hörsälen unserer Hochschulen wieder vorzuschlagen, oder besser: jenen Wunsch des Menschen neu zu wecken, Gott zu suchen - »quaerere Deum« -, auf den ich bereits bei anderen Gelegenheiten verwiesen habe.

Ich danke allen, die unter der Leitung der Organismen des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen im Bereich der Universitätspastoral tätig sind und hoffe, daß der Weg, der vor einigen Jahren so erfolgreich begonnen wurde, weiter beschritten wird. Ich bin zuversichtlich, daß das in diesen Tagen in Rom abgehaltene Treffen weitere Etappen aufzeigen kann, die auf dem Weg zu organischeren Planungsmöglichkeiten zurückzulegen sind, welche die Einbeziehung und das Zusammenwirken der verschiedenen Erfahrungen begünstigt, die man in vielen Ländern bereits gemacht hat. Liebe Jugendliche, tragt gemeinsam mit euren Dozenten dazu bei, Werkstätten des Glaubens und der Kultur zu schaffen, indem ihr die Mühen des Studiums und der Forschung mit allen Freunden teilt, denen ihr an der Universität begegnet. Liebt eure Universitäten, die Schulen der Tugend und des Dienstes sind. Die Kirche in Europa setzt großes Vertrauen in das großherzige Engagement eures Apostolats, im Bewußtsein der Herausforderungen und der Schwierigkeiten, aber auch der vielen Möglichkeiten, die sich im Rahmen der Universitätspastoral bieten. Was mich betrifft, so versichere ich euch der Unterstützung meines Gebets und weiß, daß auch ich mit eurem Enthusiasmus rechnen kann, mit eurem Zeugnis, vor allem aber mit eurer Freundschaft, die ihr mir heute gezeigt habt und für die ich euch von Herzen danke. Der hl. Benedikt, der Patron Europas und mein persönlicher Patron im Pontifikat, und vor allem die Jungfrau Maria, die von euch als »Sedes Sapientiae« angerufen wird, mögen euch begleiten und eure Schritte lenken. Euch allen erteile ich meinen Segen.



ANSPRACHE 2009 137