ANSPRACHE 2007 Januar 2007 53

AUDIENZ MIT SEINER EMINENZ, KARDINAL FRIEDRICH WETTER UND DEM MÜNCHNER DOMKAPITEL ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

Montag, 16. April 2007



Lieber Herr Kardinal,
lieber Herr Domkapitular, liebe Freunde!

Es ist so viel zu danken, daß ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Und wo das Herz voll ist, geht der Mund unter Umständen über, kann aber manchmal auch verstummen. In diesem Augenblick fehlen mir die Worte, um so Dank zu sagen, wie ich es von innen her gern möchte. Ich möchte Dir, lieber Mitbruder, ganz herzlich danken für alles, was Du in diesen ganzen langen Jahren als Erzbischof von München gegeben hast - Deine ganze Kraft, Deinen Glauben, Deine Liebe, Deine Erkenntnis, Deinen Mut und Deine Freundschaft. Ich glaube, die Erzdiözese spürt es und weiß, daß sie von einem guten Hirten gelenkt worden ist. Und wir bitten den lieben Gott in diesen Stunden darum, daß er uns hilft, den Rechten zu finden, der den Hirtenstab des heiligen Korbinian in die Hände nimmt.

Ich möchte vor allen Dingen ganz herzlich danken für alles, was ich während der schönen Tage des Besuches in Bayern - besonders in München und Freising - an Liebe, an Zuwendung, an sorgfältiger Vorbereitung, an Hingebung und natürlich an gemeinsamem Gebet erfahren durfte. Diese Tage - von dem Anfang auf dem Flughafen und besonders auf dem Marienplatz an, im Münchner Dom, im Freisinger Dom, auf dem Messeplatz und im Bischofshaus selber - stehen ganz leuchtend in meinem Gedächtnis. Der Mensch braucht helfende Erinnerungen. Ich mache immer wieder dankbare Wanderungen in der Landschaft der Erinnerungen, und da wandere ich ganz besonders gern auch in diesen gesegneten Tagen herum.

Ich danke Euch allen, liebe Mitbrüder: Mit jedem verbindet mich in irgendeiner Weise eine besondere persönliche Beziehung; ich brauche und kann das jetzt nicht aufzählen. Ich weiß, wie Sie, jeder an seinem Ort, für die Erzdiözese, für die Kirche Gottes, Dienst tun in der tiefen Gemeinschaft mit dem, der nun zum Nachfolger des Petrus bestimmt worden ist. Ich weiß, wie sozusagen ein ganzer Lebensweg und die Hingabe eines Lebens, das Ringen und Mühen eines Daseins in Ihrem Wirken eingeborgen ist und auf die Erzdiözese ausstrahlt, dazu hilft, daß Sie in der Gemeinschaft der Kirche, in der Gemeinschaft mit dem Herrn und in der Gemeinschaft mit Unserer Lieben Frau von München den Glauben leben können und ihn freudig in die kommende Zeit hinein weitergeben dürfen. Sie sind ja das Metropolitankapitel Unserer Lieben Frau - welch schöner Name, der eben die Metropolis, die Mutterstadt des Glaubens mit der Mutter des Glaubens selbst verbindet und so die Wärme und die Herzlichkeit des Glaubens in unser bayerisches Land hineinträgt.

Ich hatte zwei ermutigende Gespräche an diesem Morgen: zum einen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten, zum andern mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, die doch beide von je verschiedenen Herkünften und ganz verschiedenen Temperamenten her diese innere Gewißheit ausgedrückt haben, daß der Glaube Zukunft öffnet und daß in diesem Moment der Begegnung der Kulturen und auch des drohenden Konflikts zwischen den Kulturen ganz wichtig ist, daß die innere, versöhnende und heilende Kraft des christlichen Glaubens in unserem Volk lebendig bleibt und damit als Kraft des Guten in die Zukunft hineinwirkt.

Und noch eine andere gute Begegnung gab es an diesem Morgen, nämlich mit dem Metropoliten Ioannis Zizioulas von Pergamon, der als Abgesandter des Patriarchen von Konstantinopel hier war und zu den großen Trägern des katholisch-orthodoxen Dialogs gehört. Er ist von einer tiefen inneren Überzeugung getragen, daß die Begegnung wischen Rom und der Orthodoxie von grundlegender Bedeutung für den europäischen Kontinent und für die Zukunft der Weltgeschichte ist; daß wir alles tun müssen, damit diese Begegnung wirklich zur brüderlichen Gemeinschaft führt und aus ihr der Segen der Gemeinschaft des Glaubens kommt: der Segen, daß die Menschen sehen können, daß wir eins sind und von da her Christus zu glauben vermögen. - Ich denke, das ist unser aller Sendung: daß jeder an seinem Platz sich dafür einsetzt, daß die Kraft des Glaubens in dieser Welt wirksam wird, wirksam als Freude, als Zuversicht, als Gabe in diesem Augenblick.

54 Danke noch einmal für die Münchner Begegnung, für die Begegnung in diesem Augenblick. Und wir beten miteinander, daß der Herr uns - jedem einzelnen von uns - hilft, das Rechte zu tun und daß so unsere Geschichte gesegnet sein möge. Herzlich Vergelt’s Gott für alle, und grüßen Sie Bayern!

KONZERT ZU EHREN DES HL. VATERS

ANLÄSSLICH SEINES 80. GEBURTSTAGES

Audienzenhalle

Montag, 16. April 2007

Meine Herren Kardinäle,

verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde!

Am Schluß dieses wunderbaren Konzertes, das uns das Radio-Sinfonieorchester des SWR Stuttgart zur Erbauung unseres Geistes geschenkt hat, möchte ich Sie alle zunächst ganz herzlich grüßen. Ich danke Herrn Minister Willi Stächele und dem Intendanten des Südwestrundfunks, Herrn Prof. Peter Voß, für die freundlichen Worte, die sie zu Beginn an mich gerichtet haben.

Ich habe ihr großes musikalisches Geschenk - diese wunderschöne Geburtstagsgabe aus dem Südwesten Deutschlands - gerne und freudig angenommen, zumal Baden-Württemberg mit einer wichtigen und prägenden Station in meinem Leben verbunden ist. Der Herr Minister hat ja schon an meine heimatlichen Wurzeln erinnert. Ich denke in der Tat gerne an die Jahre in Tübingen zurück, an den intellektuellen und wissenschaftlichen Austausch an dieser großen Universität und an die vielen kostbaren menschlichen Begegnungen, die dort stattgefunden haben und von denen die eine oder andere in den nachfolgenden Jahrzehnten weitergeführt werden konnte und weiterwirkt. Nun möchte ich aber vor allem den Künstlern des heutigen Abends danken, Ihnen, den Musikern des Stuttgarter Radio-Sinfonieorchesters des SWR, die Sie uns allen mit Ihrem Können ein echtes Erleben der inspirierenden Kraft großer Musik geschenkt haben. Ich danke dem Dirigenten, Gustavo Dudamel, und der Solistin, Hilary Hahn, und Ihnen allen, meine Damen und Herren! Daß die Sprache der Musik universal ist, sehen wir an den Menschen ganz unterschiedlicher kultureller und religiöser Herkunft, die sich von ihr ergreifen und gewissermaßen führen lassen und die sich zu ihren Interpreten machen.

Diese Universalität der Musik wird heute besonders betont durch die elektronischen und digitalen Kommunikationsmittel. Wie viele Menschen in den verschiedensten Ländern haben die Möglichkeit, zuhause an dieser Musikaufführung teilzunehmen oder auch sie anschließend erneut zu hören! Ich bin davon überzeugt, daß die Musik - und hier denke ich vor allem an den großen Mozart und heute abend natürlich an die wunderbare Musik von Gabrieli und das majestätische »Aus der Neuen Welt« von Dvorák - wirklich die universale Sprache der Schönheit ist und die Fähigkeit hat, die Menschen guten Willens auf der ganzen Erde untereinander zu vereinen und sie dazu zu führen, den Blick in die Höhe zu richten und sich für das absolute Gute und Schöne zu öffnen, die ihre letzte Quelle in Gott selbst haben. Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, danke ich Gott dafür, daß er mir die Musik gleichsam zur Wegbegleiterin gegeben hat, die mir immer Trost und Freude geschenkt hat. Ich danke auch den Menschen, die mir seit den ersten Jahren meiner Kindheit diese Quelle der Inspiration und der inneren Freude nahegebracht haben. Ich danke denen, die Musik und Gebet im wohlklingenden Lob Gottes und seiner Werke vereinen: Sie helfen uns, den Schöpfer und Erlöser der Welt - die das wundervolle Werk seiner Hände ist - zu verherrlichen. Das ist mein Wunsch: daß die Größe und die Schönheit der Musik auch Ihnen, liebe Freunde, neue und beständige Inspiration schenken möge, um eine Welt der Liebe, der Solidarität und des Friedens aufzubauen. Dazu rufe ich auf uns, die wir an diesem Abend im Vatikan zusammengekommen sind, und auf alle, die mit uns über Radio und Fernsehen verbunden sind, den beständigen Schutz Gottes herab, jenes Gottes der Liebe, der in unseren Herzen immer die Flamme des Guten zu entzünden und mit seiner Gnade zu nähren wünscht. Er, der Herr des neuen und endgültigen Lebens, dessen Sieg wir in dieser Osterzeit voll Freude feiern, segne Sie alle!

Ich danke Ihnen erneut für Ihre Anwesenheit und für die Glückwünsche. Allen wünsche ich eine gute Osterzeit! Danke!

PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

BEI DER ANKUNFT IN VIGEVANO


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Zentralbalkon des bischöflichen Sitzes

Piazza Sant' Ambrogio, Vigevano

Samstag, 21. April 2007

Liebe Brüder und Schwestern,


ich freue mich, bei euch zu sein, und danke euch für euren herzlichen und festlichen Empfang. Als ich aus dem Hubschrauber stieg, habe ich gleichsam das Echo der Glocken aller Kirchen der Diözese gehört, die zu Mittag ihr Festtagsgeläut erklingen ließen, um mir eine vielstimmige Begrüßung zu bereiten. Auch für dieses Zeichen der Zuneigung bin ich euch dankbar. Meine erste Begegnung hatte ich mit den Kindern aus den Schulen und Sportvereinen, die zu meiner Begrüßung ins Stadion gekommen sind. Auf dem Weg habe ich dann sehr viele Menschen gesehen. Dank sei allen und jedem einzelnen. Hier in Vigevano, der einzigen Diözese der Lombardei, die mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. nicht besucht hat, wollte ich diese Pastoralreise innerhalb Italiens beginnen. So als würde ich den von ihm zurückgelegten Weg wieder aufnehmen, um weiter den Männern und Frauen des geliebten Italien die alte und immer wieder neue Botschaft zu verkünden, die in dieser österlichen Zeit besonders kraftvoll erschallt: Christus ist auferstanden! Christus lebt! Christus ist heute und immer bei uns!

Ich begrüße den Bürgermeister dieser Stadt, dem ich für die freundlichen Willkommensworte danke, die er im Namen der Stadtgemeinde an mich gerichtet hat. Meinen herzlichen Dank spreche ich allen aus, die auf verschiedene Weise an der Vorbereitung und Durchführung meines Besuches mitgewirkt haben, auf den ihr euch besonders durch das Gebet vorbereitet habt. Ein besonderes Gedenken widme ich den Sühneschwestern von der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, mit denen ich vorhin zusammengetroffen bin; ihre betende Präsenz ist für die ganze Diözese eine ständige Aufforderung, immer intensiver über die Bedeutung der Eucharistie, Zentrum und Höhepunkt des Lebens der Kirche nachzudenken. Diese lieben Schwestern, die ihr ganzes Leben dem Herrn geweiht haben, möge meine Ermunterung und Dankbarkeit erreichen. Sodann begrüße ich die Kranken, und während ich mich an euch wende, die ihr hier anwesend seid, gehen meine Gedanken auch an all jene, die in den Dörfern und Städten der Diözese leiden, die sich in Schwierigkeiten befinden oder sich ausgegrenzt fühlen. Der mütterliche Schutz der seligen Jungfrau sei für jeden und jede von ihnen Hilfe und Trost in der Prüfung.

Einen besonderen Gruß richte ich nun an euch, liebe Jugendliche, die ihr auf diesem Platz versammelt seid, während ich alle jungen Menschen in Vigevano und Lomello im Geiste umarme. Liebe Freunde, der auferstandene Christus erneuert an jeden von euch seine Einladung, ihm nachzufolgen. Zögert nicht, euch ihm anzuvertrauen: Begegnet ihm, hört auf ihn, liebt ihn mit eurem ganzen Herzen; in der Freundschaft mit ihm werdet ihr die wahre Freude erfahren, die dem Leben Sinn und Wert verleiht.

Liebe Brüder und Schwestern, ich wäre gern der Einladung nachgekommen, meinen Aufenthalt in eurer Diözese zu verlängern, aber das ist mir nicht möglich, und so erlaubt mir nun, daß ich jeden Bewohner dieser Stadt und der Vikariate von Mortara, Garlasco, Mede und Cava Manara in eine große Umarmung einschließe. Wenn wir uns in Kürze geistig alle zur Eucharistiefeier um den Altar versammeln, werden wir zum auferstandenen Herrn dafür beten, daß der Besuch des Nachfolgers Petri in jedem Mitglied eurer Diözesangemeinschaft einen erneuerten geistlichen Eifer wecken möge. Mit diesem Wunsch erteile ich allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.



PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI. AN DIE JUGENDLICHEN DER DIÖZESE PAVIA

Domplatz, Pavia - Samstag, 21. April 2007

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Liebe Brüder und Schwestern,


nachdem ich diesen Nachmittag in Vigevano verbracht habe, bin ich nun hier bei euch in Pavia, auf diesem Platz mit dem majestätischen und eindrucksvollen Dom aus dem 15. Jahrhundert im Hintergrund. In dieser Kirche werden wie in einem Schrein seit Jahrhunderten die sterblichen Überreste des hl. Syrus, eures ersten Bischofs (3./4. Jh.), sorgsam gehütet. Zur Zeit sind diese Reliquien vorübergehend in der Karmelitenkirche untergebracht. Ich danke euch allen dafür, daß ihr mich erwartet und so warmherzig empfangen habt. Bei dieser ersten Begegnung möchte ich die Frau Bürgermeisterin und den Minister Mastella begrüßen, denen ich für die herzlichen Worte danke, die sie an mich gerichtet haben. Ich begrüße auch die anderen anwesenden zivilen Autoritäten. Einen besonderen Gruß richte ich an den Hirten der Diözese, Bischof Giovanni Giudici, und zusammen mit ihm grüße ich die Priester, die Ordensfrauen und Ordensmänner und alle, die sich aktiv der pastoralen Arbeit widmen.

Mit einem besonders herzlichen Wort möchte ich mich an euch, liebe Jugendliche, wenden, die ihr so zahlreich zu meiner ersten Begegnung mit eurer Diözese hierhergekommen seid. Ihr seid deren Hoffnung und Zukunft: Ich bin deshalb glücklich, meinen ersten Besuch mit euch zu beginnen. Vielen Dank für die so zahlreiche Anwesenheit. Ich komme heute abend zu euch, um erneut etwas zu verkünden, das immer jung ist, um euch eine Botschaft anzuvertrauen, die, wenn sie gehört wird, das Leben verwandelt, erneuert und erfüllt. Diese Botschaft verkündet die Kirche in dieser österlichen Zeit mit besonderer Freude: Der auferstandene Christus lebt unter uns! Auch heute! So viele eurer Altersgenossen, liebe Jugendliche, sind ihm im Laufe der Geschichte begegnet und seine Freunde geworden! Sind ihm treu gefolgt und haben mit ihrem Leben Zeugnis gegeben von seiner Liebe!

Habt also keine Angst, Christus euer Leben zu schenken: Er enttäuscht unsere Erwartungen niemals, weil er weiß, was in unserem Herzen ist. Wenn ihr ihm in Treue folgt, wird es euch nicht schwerfallen, die Antwort auf die Fragen zu finden, die ihr im Herzen tragt: »Was soll ich tun? Welche Aufgabe erwartet mich im Leben?« Die Kirche, die euren Einsatz braucht, um insbesondere euren Altersgenossen die Botschaft des Evangeliums zu überbringen, unterstützt euch auf dem Erkenntnisweg des Glaubens und der Liebe zu Gott und zu den Brüdern. Die Gesellschaft, die in unserer Zeit von zahllosen sozialen Veränderungen gekennzeichnet ist, erwartet euren Beitrag, um ein weniger egoistisches und immer solidarischeres gemeinschaftliches Zusammenleben aufzubauen, das wirklich von den großen Idealen der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Friedens beseelt wird.

Das ist eure Sendung, liebe junge Freunde! Laßt uns arbeiten für Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität und die wahre Freiheit. Es begleite euch der auferstandene Christus und zusammen mit ihm die Jungfrau Maria, seine und unsere Mutter. Durch ihr Beispiel und ihre beständige Fürsprache helfe euch die Muttergottes, in den Augenblicken des Mißerfolgs nicht den Mut zu verlieren und immer dem Herrn zu vertrauen. Ich danke euch nochmals von Herzen für eure Anwesenheit und segne euch alle herzlich. Gute Nacht und auf Wiedersehen bis morgen!


BESUCH DES KLINIKUMS "SAN MATTEO" IN PAVIA - AN DIE LEITUNG, DAS MEDIZINISCHE PERSONAL UND DIE KRANKEN MIT IHREN ANGEHÖRIGEN

Innenhof des Klinikums, Pavia - Sonntag, 22. April 2007

Liebe Brüder und Schwestern!


Im Programm der Pastoralreise nach Pavia durfte dieser Besuch im Klinikum »San Matteo« nicht fehlen, um euch, liebe Kranke, zu treffen, die ihr nicht nur aus der Provinz Pavia, sondern aus ganz Italien kommt. Jedem von euch bekunde ich meine persönliche Nähe und Solidarität, und im Geiste umarme ich auch alle Kranken, die Leidenden und Menschen in Not, die in eurer Diözese leben, sowie diejenigen, die sich liebevoll um sie kümmern. Mein Wort der Ermutigung und Hoffnung möge sie alle erreichen. Einen respektvollen Gruß richte ich an den Präsidenten des Klinikums, Herrn Alberto Guglielmo, und ich danke ihm für die herzlichen Worte, die er soeben an mich gerichtet hat. Mein Dank geht auch an die Ärzte, die Pfleger und an alle, die Tag für Tag hier arbeiten. Einen anerkennenden Gedanken richte ich an die Kamillianerpatres, die mit lebendigem pastoralen Einsatz den Kranken jeden Tag den Trost des Glaubens bringen, wie auch an die Schwestern der Vorsehung, die nach dem Vorbild ihres Gründers, des hl. Luigi Scrosoppi, einen hochherzigen Dienst ausüben. Ein Wort des Dankes, das von Herzen kommt, sage ich der Vertreterin der Kranken, und mit großer Zuneigung denke ich auch an ihre Angehörigen, die Stunden banger oder hoffnungsvoller Erwartung mit ihren Lieben verbringen.

Das Krankenhaus ist ein Ort, den wir in gewisser Weise als »heilig« bezeichnen können, ein Ort, wo die Schwäche der menschlichen Natur erfahrbar wird, aber auch das enorme Potential und die Ressourcen des menschlichen Geistes sowie der technischen Möglichkeiten im Dienst am Leben. Das Leben des Menschen! Wie sehr man es auch erforschen mag, dieses große Geschenk bleibt stets ein Geheimnis. Ich weiß, daß dieses Krankenhaus, das Klinikum »San Matteo«, in dieser Stadt und im restlichen Italien wohlbekannt ist, vor allem wegen einiger hochmoderner Behandlungsmethoden. Hier bemüht ihr euch um die Linderung des Leidens der Menschen mit der Absicht, die Gesundheit wieder völlig herzustellen. Sehr oft gelingt dies auch dank der jüngsten wissenschaftlichen Errungenschaften. Hier werden wirklich ermutigende Ergebnisse erzielt. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, daß der notwendige wissenschaftliche und technologische Fortschritt ständig begleitet wird von dem Bewußtsein, daß zusammen mit dem Wohl des Kranken auch die grundlegenden Werte wie die Achtung und Verteidigung des Lebens in jeder Phase gefördert werden müssen, von denen die wahre Qualität des menschlichen Zusammenlebens abhängt.

Wenn ich nun bei euch bin, so denke ich spontan an Jesus, der im Laufe seines irdischen Daseins stets eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber den Leidenden gezeigt hat, indem er sie heilte und ihnen die Möglichkeit der Rückkehr in ein Leben mit familiären und sozialen Kontakten schenkte, was durch die Krankheit beeinträchtigt war. Ich denke auch an die erste Christengemeinde, in der - wie wir dieser Tage in der Apostelgeschichte lesen - die Predigttätigkeit der Apostel von vielen Heilungen und Wundern begleitet war. Die Kirche folgt dem Beispiel ihres Herrn und zeigt eine besondere Vorliebe gegenüber den Menschen, die leiden, und - wie der Herr Präsident gesagt hat - sie sieht im Leidenden Christus selbst. Unaufhörlich bietet sie den Kranken die nötige Hilfe an, die technischen Mittel und die menschliche Liebe, denn sie weiß sich berufen, die Liebe und Fürsorge Christi zu diesen Menschen und zu denen, die sie umsorgen, zum Ausdruck zu bringen. Der technische und technologische Fortschritt und die menschliche Liebe müssen immer zusammenwirken!

Mit besonderer Aktualität erklingt außerdem an diesem Ort das Wort Jesu: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Jn 25,40 Jn 25,45). In jeder von einer Krankheit gepeinigten Person ist es Er selbst, der auf unsere Liebe wartet. Gewiß, der Mensch lehnt das Leid ab. Es entspricht aber immer der Wahrheit, daß sich dieses Leid in eine wertvolle Gelegenheit verwandelt, wenn es in Liebe angenommen und vom Glauben erleuchtet wird, weil es auf geheimnisvolle Weise mit dem Erlöser Christus, dem Schmerzensmann, verbindet, der am Kreuz den Schmerz und Tod des Menschen auf sich genommen hat. Durch das Opfer seines Lebens hat Er das menschliche Leid erlöst und es zum grundlegenden Heilswerkzeug gemacht. Liebe Kranke, vertraut die Beschwerden und Qualen, die ihr auf euch nehmen müßt, dem Herrn an, dann werden sie in seinem Plan zu Mitteln der Läuterung und Erlösung für die ganze Welt. Liebe Freunde, ich versichere euch alle meines Gedenkens im Gebet. Während ich die selige Jungfrau Maria, »Salus infirmorum« - »Heil der Kranken«, anrufe, auf daß sie euch und eure Familien, die Leiter, die Ärzte und die gesamte Krankenhausgemeinschaft beschütze, spende ich allen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.



BEGEGNUNG MIT DER WELT DER KULTUR

"Cortile Teresiano" der Universität von Pavia - Sonntag, 22. April 2007

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Sehr verehrter Herr Rektor,

verehrte Professoren, liebe Studenten!

Auf meiner wenn auch kurzen Pastoralreise nach Pavia durfte ein Aufenthalt in dieser Universität, die seit Jahrhunderten ein bezeichnender Bestandteil eurer Stadt ist, nicht fehlen. Ich freue mich daher, bei euch zu sein für diese Begegnung, der ich einen besonderen Wert beimesse, da ich selbst aus der akademischen Welt komme. Ich grüße mit herzlicher Ehrerbietung die Professoren und an erster Stelle den Rektor, Prof. Angiolino Stella, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er an mich gerichtet hat. Ich grüße die Studenten, insbesondere den jungen Mann, der die Empfindungen der anderen Universitätsstudenten zum Ausdruck gebracht hat. Er hat mir Gewißheit gegeben über den Mut zur Hingabe an die Wahrheit, den Mut, über die Grenzen des Bekannten hinaus zu forschen und nicht vor der Schwachheit der Vernunft zu kapitulieren. Und ich bin sehr dankbar für diese Worte. Ich schließe in meinen Gruß und meine guten Wünsche auch diejenigen ein, die zu eurer akademischen Gemeinschaft gehören und die heute nicht hier anwesend sein konnten.

Eure Universität ist eine der ältesten und berühmtesten italienischen Universitäten, und - ich wiederhole, was der Herr Rektor bereits gesagt hat - zu den Dozenten, die ihr Ehre verschafft haben, zählen Persönlichkeiten wie Alessandro Volta, Camillo Golgi und Carlo Forlanini. Gern rufe ich auch in Erinnerung, daß diese Universität Dozenten und Studenten hatte, die sich auszeichneten durch ihr überragendes geistliches Format. Zu ihnen gehören Michele Ghislieri, der spätere Papst Pius V., der hl. Karl Borromäus, der hl. Alessandro Sauli, der hl. Riccardo Pampuri, die hl. Gianna Beretta Molla, der sel. Contardo Ferrini und der Diener Gottes Teresio Olivelli.

Liebe Freunde, jede Universität hat von ihrem Wesen her eine gemeinschaftliche Berufung: In der Tat ist sie eine »universitas«, eine Gemeinschaft von Dozenten und Studenten, die sich der Suche nach der Wahrheit und dem Erwerb hoher kultureller und fachlicher Kompetenz widmen. Die Zentralität der Person und die gemeinschaftliche Dimension sind zwei Pole, die beide gleichermaßen wesentlich sind für eine wirkungsvolle Gestaltung der »universitas studiorum«. Jede Universität sollte stets ihre Eigenschaft als Studienzentrum bewahren, das »auf den Menschen zugeschnitten ist«, in dem der Student als Person vor der Anonymität geschützt ist und einen fruchtbaren Dialog mit den Dozenten pflegen kann, aus dem er Anregungen erhält für sein kulturelles und menschliches Wachstum.

Diesem Ansatz entspringen einige praktische Aspekte, die miteinander verbunden sind. Zunächst einmal ist es sicher, daß die Aufsplitterung der Fächer in Spezialgebiete nur dann überwunden und eine einheitliche Sicht des Wissens zurückgewonnen werden kann, wenn der Mensch in den Mittelpunkt gestellt wird und der Dialog sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Wertschätzung erhalten. Die Fachbereiche neigen natürlich, und auch zu recht, zur Spezialisierung, während die Person Einheit und Synthese braucht. Zweitens ist es von grundlegender Bedeutung, daß die wissenschaftliche Forschung sich der existentiellen Sinnfrage für das Leben des Menschen öffnen kann. Die Forschung ist auf Erkenntnis ausgerichtet, während der Mensch auch die Weisheit braucht, jenes Wissen also, das im »Zu-leben-wissen« zum Ausdruck kommt. Drittens kann nur durch die Wertschätzung des Menschen und der zwischenmenschlichen Beziehungen der didaktische Umgang zum erzieherischen Verhältnis, zu einem Weg menschlichen Heranreifens werden. Die Struktur nämlich begünstigt das Mitteilen, während die Personen den Austausch suchen.

Ich weiß, daß es diese Aufmerksamkeit gegenüber dem Menschen, seiner ganzheitlichen Lebenserfahrung und seinem Streben nach Gemeinschaft in der Pastoralarbeit der Kirche in Pavia im kulturellen Bereich sehr wohl gibt. Das bezeugt die Arbeit der christlich geprägten Universitätskollegien. Unter diesen möchte auch ich das »Collegio Borromeo« erwähnen, das auf Wunsch des hl. Karl Borromäus entstand, mit Gründungsbulle Papst Pius’ IV., sowie das »Collegio Santa Caterina«, das von der Diözese Pavia gegründet wurde auf Wunsch des Dieners Gottes Paul VI., mit maßgeblichem Beitrag durch den Heiligen Stuhl. Wichtig ist in diesem Sinne auch die Arbeit der Pfarrgemeinden und der kirchlichen Bewegungen, insbesondere des »Centro Universitario Diocesano« und der »FUCI«: Ihre Arbeit ist darauf ausgerichtet, den Menschen in seiner Gesamtheit anzunehmen, harmonische Wege für die menschliche, kulturelle und christliche Bildung vorzuschlagen und Raum zu bieten für Austausch, Diskussion und Gemeinschaft. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Studenten und Dozenten einzuladen, sich nicht nur als Gegenstand pastoraler Aufmerksamkeit zu fühlen, sondern aktiv teilzunehmen und ihren Beitrag zu leisten zum christlich geprägten »kulturellen Projekt «, das die Kirche in Italien und in Europa fördert.

Bei dieser Begegnung mit euch, liebe Freunde, denke ich unwillkürlich an den hl. Augustinus, der zusammen mit der hl. Katharina von Alexandrien Mitpatron dieser Universität ist. Augustinus’ existentieller und intellektueller Weg bezeugt das fruchtbare Zusammenwirken von Glaube und Kultur. Der hl. Augustinus war ein Mensch, der beseelt war vom unermüdlichen Wunsch, die Wahrheit zu finden, herauszufinden, was das Leben ist, zu wissen, wie man leben soll, den Menschen kennenzulernen. Und eben aufgrund seiner Leidenschaft für den Menschen hat er notwendigerweise Gott gesucht, weil nur im Licht Gottes auch die Größe des Menschen, die Schönheit des Abenteuers, Mensch zu sein, vollends aufscheinen kann. Dieser Gott schien ihm anfangs sehr weit entfernt zu sein. Dann hat er ihn gefunden: Dieser große, unnahbare Gott ist nahe geworden, ist einer von uns geworden. Der große Gott ist unser Gott, ist ein Gott mit einem menschlichem Antlitz. So hat der Glaube an Christus seiner Philosophie, seinem intellektuellen Mut kein Ende gesetzt, sondern er hat ihn im Gegenteil gedrängt, weiter nach den Tiefen des Menschseins zu suchen und anderen zu helfen, gut zu leben und das Leben, die Kunst zu leben, zu finden. Das war für ihn die Philosophie: zu leben wissen mit der ganzen Vernunft, mit der ganzen Tiefe unseres Denkens und unseres Wollens und sich führen lassen auf dem Weg der Wahrheit, der ein Weg des Mutes, der Demut, der ständigen Läuterung ist. Der Glaube an Christus hat Augustinus’ ganzes Suchen zum Abschluß gebracht, zum Abschluß in dem Sinne jedoch, daß er stets unterwegs geblieben ist. Es heißt sogar: Auch in der Ewigkeit wird unser Suchen nicht beendet sein; es wird ein ewiges Abenteuer sein, neue Herrlichkeiten, neue Schönheiten zu entdecken. Er hat das Psalmwort: »Sucht sein Antlitz allezeit« ausgelegt und gesagt: Das gilt für die Ewigkeit; und die Schönheit der Ewigkeit ist, daß sie keine statische Realität ist, sondern ein unendliches Fortschreiten in der unendlichen Schönheit Gottes. So konnte er Gott finden - als gründende Vernunft, aber auch als die Liebe, die uns umarmt, die uns führt und die der Geschichte und unserem persönlichen Leben Sinn verleiht.

Heute morgen hatte ich Gelegenheit zu sagen, daß diese Liebe zu Christus seinem persönlichen Einsatz Form gegeben hat. Von einem durch die Suche geprägten Leben ist er zu einem Leben hinübergewechselt, das ganz Christus hingegeben war - und somit zu einem Leben für die anderen. Er hat entdeckt - das war seine zweite Bekehrung -, daß die Bekehrung zu Christus bedeutet, nicht für sich selbst zu leben, sondern wirklich im Dienst aller zu stehen. Der hl. Augustinus möge uns, gerade auch der akademischen Welt, Vorbild für einen Dialog zwischen Vernunft und Glauben sein, Vorbild für einen umfassenden Dialog, der allein die Wahrheit und somit auch den Frieden suchen kann. Mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. sagte in der Enzyklika Fides et ratio: »Dem Bischof von Hippo gelang es, die erste große Synthese des philosophischen und theologischen Denkens zu erstellen, in die Strömungen des griechischen und lateinischen Denkens einflossen. Auch bei ihm wurde die große Einheit des Wissens, deren Ausgangspunkt und Grundlage das biblische Denken war, von der Gründlichkeit des spekulativen Denkens bestätigt und getragen« (
FR 40). Ich rufe also die Fürbitte des hl. Augustinus an, damit die Universität von Pavia sich stets auszeichnen möge durch eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber dem Menschen, durch eine betont gemeinschaftliche Dimension in der wissenschaftlichen Forschung und durch einen fruchtbaren Dialog zwischen Glauben und Kultur. Ich danke euch für eure Anwesenheit, und mit den besten Wünschen für eure Studien erteile ich euch allen meinen Segen, in den ich eure Familienangehörigen und alle euch nahestehenden Menschen einschließe.


AN DIE TEILNEHMER DER AUSSERORDENTLICHEN SYNODE DER SYRISCH-KATHOLISCHEN KIRCHE

Samstag, 28. April 2007

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Seligkeit,
Verehrte Brüder!

»Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (
1Co 1,3). Mit diesen Worten, die der Völkerapostel an die Christen der Gemeinde von Korinth richtet, empfange und begrüße ich euch alle zum Abschluß eurer Zusammenkunft.

Dem Auftrag gemäß, den Christus dem Apostel Petrus und seinen Nachfolgern erteilt hat, drängte mich die Sorge um alle Kirchen dazu, eure außerordentliche Synode einzuberufen, die von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in meinem Namen geleitet wurde; ich begrüße den Kardinal und danke ihm herzlich. Danken möchte ich ebenso Seiner Seligkeit und einem jeden von euch für eure aktive Teilnahme an den Arbeiten der Synode und für eure hochherzige Mitwirkung an der Lösung der Probleme und Schwierigkeiten, auf welche die verdienstvolle syrisch-katholische Kirche seit einiger Zeit stößt.

Als ich euch zu dieser außerordentlichen Versammlung einberief, war es meine alleinige Absicht, die jahrhundertelangen Bande, die eure Kirche mit dem Apostolischen Stuhl verbinden, immer intensiver wiederzubeleben und euch gleichzeitig die Wertschätzung und Sorge zu bekunden, die der Bischof von Rom für jeden von euch hegt, Hirten eines Teiles des Gottesvolkes, der zwar nicht groß, aber alt und bedeutend ist.

Mein Gruß geht auch an eure Mitarbeiter, an erster Stelle an die Priester und Diakone, sowie an alle Mitglieder der syrisch-katholischen Kirche.

Die Liturgie der Osterzeit, in der wir gerade stehen, lädt uns ein, unseren Blick und unser Herz auf das fundamentale Ereignis des christlichen Glaubens zu richten: den Tod und die Auferstehung Christi.

Die Apostelgeschichte, die wir in diesen Tagen lesen, führt uns den Weg der entstehenden Kirche vor Augen, einen Weg, der nicht immer leicht ist, aber reich an apostolischen Früchten. Von Beginn an fehlte es weder an Feindseligkeiten und Verfolgungen von außen noch an Gefahren von Spannungen und Widerständen innerhalb der Gemeinden selbst.

Trotz dieser Schatten und der Schwierigkeiten verschiedener Art, mit denen sich die ersten Christen auseinandersetzen mußten, hat sie dennoch das glanzvolle Licht des Glaubens der Kirche an Jesus Christus nie im Stich gelassen.

Die von den Aposteln und ihren Mitarbeitern geleitete, von einem außerordentlichen Mut und einer inneren Kraft beseelte Kirche hat von ihren ersten Schritten an den kostbaren Schatz der Einheit und Gemeinschaft ungeachtet der Unterschiede von Personen, Sprachen und Kulturen zu bewahren vermocht.

59 Verehrte Brüder, während die außerordentliche Synode zu Ende geht, an der ihr im Wissen um die Schwierigkeiten teilgenommen habt, die euch während all dieser Jahre Sorge bereitet haben und die ihr zu überwinden sucht, denke ich voll Dankbarkeit an meinen verehrten Vorgänger, Papst Johannes Paul II., der euch auf so vielfältige Weise nahe war. Er hat euch zugehört, er ist mit euch zusammengetroffen und er hat euch unermüdlich mehrfach, insbesondere mit seinem Brief vom August 2003, ermahnt, euch unter Mitwirkung aller um die Einheit und Versöhnung zu bemühen.

Was mich betrifft, so habe ich das Werk, das er begonnen hatte, mit meinem Brief vom Oktober 2005 in gleicher Weise fortgesetzt, da ich tief davon überzeugt bin, daß wie in der Morgenstunde des Christentums auch heute jede Gemeinde aufgerufen ist, ein klares Zeugnis der Brüderlichkeit zu geben.

Es ist ergreifend, in der Apostelgeschichte zu lesen: »Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele« (
Ac 4,32). In dieser gegenseitigen Liebe, die Geschenk des Heiligen Geistes ist, liegt das Geheimnis der apostolischen Wirksamkeit.

In diesen Tagen habt ihr, liebe und verehrte Brüder, über die Möglichkeit nachgedacht, die Hindernisse zu überwinden, die den normalen Ablauf eures kirchlichen Lebens beeinträchtigen. Ihr seid euch dessen voll bewußt, was notwendig, ja unverzichtbar ist.

Das Amt, das der Herr euch in seiner Herde anvertraut hat, erfordert es; das Wohl der syrisch-katholischen Kirche erfordert es. Auch die besondere Situation im Nahen Osten und das Zeugnis, das die katholischen Kirchen in ihrer Einheit geben können, erfordern es.

Möge in euren Herzen die von Traurigkeit erfüllte Mahnung des Paulus an die Gläubigen von Korinth widerhallen: »Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch; seid ganz eines Sinnes und einer Meinung« (1Co 1,10).

In unserer Zeit gibt es sehr viele Herausforderungen, denen sich die christlichen Gemeinden in allen Teilen der Welt stellen müssen, während unzählige Gefahren und Fallstricke die Werte des Evangeliums zu verschleiern drohen.

Was eure Kirche betrifft, so stellen die Gewalttätigkeiten und Konflikte, die in einem Teil der euch anvertrauten Herde auftreten, zusätzliche Schwierigkeiten dar, die nicht nur das friedliche Miteinander, sondern sogar das Leben der Menschen gefährden.

In dieser Situation ist es wichtig, daß die syrisch-katholische Kirchengemeinschaft das Evangelium kraftvoll verkünden, eine auf die Herausforderungen der Postmoderne eingestellte Pastoral fördern und ein leuchtendes Beispiel der Einheit in einer zerrissenen und gespaltenen Welt geben kann.

Verehrte Brüder, das Zweite Vatikanische Konzil hebt hervor, daß die katholischen Ostkirchen in Antwort auf das Gebet Christi »ut unum sint«, daß alle eins seien, dazu aufgerufen sind, bei der Förderung des ökumenischen Weges eine besondere Rolle zu spielen, vor allem durch »ihre Gebete, das Beispiel ihres Lebens, die ehrfürchtige Treue gegenüber den alten ostkirchlichen Überlieferungen, eine bessere gegenseitige Kenntnis und Zusammenarbeit sowie brüderliche Wertschätzung des äußeren und inneren Lebens der anderen« (Dekret Orientalium Ecclesiarum OE 24).

Da gibt es noch ein letztes Element, das, zusammen mit den vom interreligiösen Dialog vorgegebenen Erfordernissen, euch dazu drängen muß, die apostolische Sendung, die der Herr eurer Kirche anvertraut hat, mit Zuversicht auszuüben. Erst gestern hat uns die lateinische Liturgie die ergreifende Episode von der Bekehrung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus hören lassen. Auch ihr seid heute aufgerufen, mit Enthusiasmus, mit Vertrauen und mit Ausdauer die Missionstätigkeit des Apostels Paulus fortzusetzen, indem ihr den Spuren des hl. Ignatius von Antiochien, des hl. Ephraim und eurer anderen Schutzheiligen folgt.

60 Maria möge immer Fürsprache für euch einlegen und euch schützen, sie, die ihr unter dem Titel »Unsere Liebe Frau von der Befreiung« verehrt.

Mit diesen Empfindungen versichere ich euch meiner und meiner Mitarbeiter vollen Unterstützung und erteile euch, die ihr hier anwesend seid, dem Patriarchen und den Mitgliedern eurer Synode, sowie allen Gläubigen des syrischkatholischen Ritus einen besonderen Apostolischen Segen.


ANSPRACHE 2007 Januar 2007 53