Benedikt XVI Predigten 40

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APOSTOLISCHE REISE NACH POLEN

BEGEGNUNG MIT DEN ORDENSLEUTEN, SEMINARISTEN UND

VERTRETERN DER KIRCHLICHEN BEWEGUNGEN Tschenstochau, 26. Mai 2006



Liebe Ordensleute, geweihte Personen,
alle, die ihr auf die Stimme Jesu gehört habt und ihm aus Liebe gefolgt seid!

Liebe Seminaristen,
die ihr euch auf den priesterlichen Dienst vorbereitet!

Liebe Vertreter der kirchlichen Bewegungen,
die ihr die Kraft des Evangeliums hineintragt in die Welt eurer Familien, eurer Arbeitsplätze,
der Universitäten, in die Welt der Medien und der Kultur, in eure Pfarreien!

Ebenso wie die Apostel zusammen mit Maria »in das Obergemach hinaufgingen« und »dort einmütig im Gebet verharrten« (vgl. Apg 1,13–14), haben auch wir uns heute hier in Jasna Góra versammelt, das für uns in dieser Stunde das »Obergemach« ist, wo Maria, die Mutter des Herrn, unter uns ist. Heute leitet sie unsere Betrachtung; sie lehrt uns beten. Sie zeigt uns, wie wir unseren Geist und unser Herz öffnen können für die Macht des Heiligen Geistes, der zu uns kommt, damit wir ihn in die ganze Welt tragen. Ich möchte herzlich die Erzdiözese Tschenstochau mit ihrem Hirten, Erzbischof Stanislaw, und den Bischöfen Antoni und Jan grüßen. Ich danke euch allen dafür, daß ihr euch zu diesem Gebet versammelt habt.

Meine Lieben, wir brauchen einen Augenblick der Stille und der Sammlung, um uns in Marias Schule zu begeben, damit sie uns lehrt, wie wir aus dem Glauben leben und in ihm wachsen können, wie wir in den gewöhnlichen Begebenheiten unseres täglichen Lebens mit dem Geheimnis Gottes in Berührung bleiben. Mit weiblicher Feinfühligkeit und mit der »Fähigkeit, tiefe Einsichten mit Worten des Trostes und der Ermutigung zu verbinden« (Johannes Paul II. , Redemptoris Mater RMA 46), hat Maria den Glauben des Petrus und der Apostel im Abendmahlssaal gestützt und stützt heute meinen und euren Glauben.

Der Heilige Vater Johannes Paul II. hat gesagt: »Der Glaube ist nämlich eine Berührung mit dem Geheimnis Gottes« (ebd., 17), denn »glauben will besagen, sich der Wahrheit des Wortes des lebendigen Gottes zu ›überantworten‹, obwohl man darum weiß und demütig anerkennt, ›wie unergründlich seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege sind‹« (ebd., 14). Der Glaube ist die Gabe, die uns in der Taufe geschenkt wurde und uns die Begegnung mit Gott ermöglicht. Gott verbirgt sich im Geheimnis: Sich anzumaßen, ihn zu verstehen, würde bedeuten, ihn in unsere Begriffe und unser Wissen einzugrenzen und ihn so unwiederbringlich zu verlieren. Durch den Glauben hingegen können wir uns einen Weg bahnen durch die Begriffe hindurch, sogar die theologischen Begriffe, und können den lebendigen Gott »berühren«. Und wenn wir Gott einmal berührt haben, schenkt er uns sofort seine Kraft. Wenn wir uns dem lebendigen Gott überlassen, wenn wir Ihn mit demütigem Geist um Hilfe bitten, erfüllt uns innerlich gleichsam ein verborgener Strom göttlichen Lebens. Wie wichtig ist es doch für uns, an die Macht des Glaubens, an seine Fähigkeit, eine direkte Verbindung mit dem lebendigen Gott herzustellen, zu glauben! Wir müssen uns eifrig um die Entfaltung unseres Glaubens bemühen, damit er wirklich unser ganzes Verhalten, unsere Gedanken, Handlungen und Absichten erfüllt. Der Glaube hat seinen Platz nicht nur in den Gemütsverfassungen und in den religiösen Erfahrungen, sondern vor allem im Denken und im Handeln, in der täglichen Arbeit, im Kampf gegen sich selbst, im Gemeinschaftsleben und im Apostolat, denn er bewirkt, daß unser Leben von der Macht Gottes erfüllt wird. Der Glaube kann uns immer zu Gott zurückführen, auch wenn unsere Sünde uns Böses antut.

Im Abendmahlssaal wußten die Apostel nicht, was sie erwartete. Sie fürchteten sich und waren besorgt um ihre eigene Zukunft. Sie spürten noch das Staunen, das der Tod und die Auferstehung Jesu hervorgerufen hatte, und hatten Angst, weil sie nach seiner Himmelfahrt allein geblieben waren. Maria, »die geglaubt hatte, daß sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ« (vgl. Lk Lc 1,45), verharrte mit den Aposteln im Gebet und lehrte sie die Standhaftigkeit im Glauben. Durch ihre ganze Haltung überzeugte sie die Apostel, daß der Heilige Geist in seiner Weisheit den Weg, auf den er sie führte, sehr wohl kannte, und daß man deshalb sein Vertrauen auf Gott setzen konnte, indem man ihm sich selbst, die eigenen Talente, die eigenen Grenzen und die eigene Zukunft vorbehaltlos überließ.

Viele von euch, die ihr hier anwesend seid, haben diesen stillen Ruf des Heiligen Geistes vernommen und aus vollem Herzen geantwortet. Die Liebe zu Jesus, »ausgegossen in eure Herzen durch den Heiligen Geist, der euch gegeben ist« (vgl. Röm Rm 5,5), hat euch den Weg des geweihten Lebens gewiesen. Nicht ihr habt ihn gesucht. Jesus war es, der euch gerufen und zu einer tieferen Vereinigung mit ihm eingeladen hat. Im Sakrament der heiligen Taufe habt ihr dem Satan und seinen Werken widersagt und die für das christliche Leben und zur Heiligung notwendigen Gnaden erhalten. Von dem Augenblick an ist in euch die Gnade des Glaubens aufgeblüht, die es euch erlaubt hat, euch mit Gott zu vereinigen. Im Augenblick des Ordensgelübdes oder des Versprechens hat euch der Glaube zu einer totalen Zustimmung zum Geheimnis des Herzens Jesu geführt, dessen Schätze ihr entdeckt habt. Daraufhin habt ihr auf Dinge verzichtet, die gute Dinge sind – auf die freie Verfügung über euer Leben, auf die Gründung einer Familie, auf die Vermehrung von Gütern –, um frei zu sein, euch Christus und seinem Reich vorbehaltlos zu schenken. Erinnert ihr euch an eure Begeisterung, als ihr im Vertrauen auf die Hilfe der Gnade den Pilgerweg des geweihten Lebens begonnen habt? Sorgt dafür, daß ihr den Schwung der Anfangszeit nicht verliert, und laßt euch von Maria zu immer größerer Treue führen. Liebe Ordensmänner, liebe Ordensfrauen, liebe geweihte Personen! Was auch euer Sendungsauftrag sein mag, welchen klösterlichen oder apostolischen Dienst ihr auch tun mögt, bewahrt im Herzen die Vorrangstellung eures geweihten Lebens. Dieses belebe euren Glauben. Das im Glauben gelebte geweihte Leben vereinigt eng mit Gott, weckt die Charismen und verleiht eurem Dienst außergewöhnliche Fruchtbarkeit.

Liebe Priesteramtskandidaten! Welche Hilfe kann auch euch erwachsen aus der Reflexion über die Art und Weise, wie Maria von Jesus gelernt hat! Von ihrem ersten »fiat« an und in all den langen Jahren des täglichen Lebens in Verborgenheit, in denen sie Jesus aufzog, oder als sie in Kana in Galiläa den Anstoß für das erste Zeichen gab, oder als sie am Ende auf Golgota unter dem Kreuz auf Jesus schaute, »erlernte« sie Ihn Augenblick für Augenblick. Sie hat den Leib Jesu zuerst im Glauben und dann im eigenen Schoß empfangen und ihn geboren. Sie hat ihn Tag für Tag angebetet, innerlich beglückt, sie hat ihm mit verantwortungsbewußter Liebe gedient, sie hat im Herzen das »Magnifikat« gesungen. Laßt euch auf eurem Weg und in eurem zukünftigen priesterlichen Dienst von Maria anleiten, Jesus zu »erlernen «! Betrachtet ihn, laßt euch von ihm formen, damit ihr später in eurem Dienst imstande seid, ihn allen zu zeigen, die zu euch kommen. Wenn ihr den eucharistischen Leib Jesu in eure Hände nehmt, um das Volk Gottes mit ihm zu speisen, und wenn ihr die Verantwortung für den euch anvertrauten Teil des mystischen Leibes übernehmt, dann denkt an die Haltung des Staunens und der Anbetung, die den Glauben Marias gekennzeichnet hat. So wie sie in ihrer verantwortungsbewußten, mütterlichen Liebe zu Jesus die von Staunen erfüllte jungfräuliche Liebe bewahrte, so sollt auch ihr, wenn ihr im Augenblick der Konsekration liturgisch niederkniet, in eurem Herzen die Fähigkeit bewahren, zu staunen und anzubeten. Versteht es, im euch anvertrauten Volk Gottes die Zeichen der Gegenwart Christi zu erkennen. Seid aufmerksam und feinfühlig gegenüber den Zeichen der Heiligkeit, die Gott euch unter den Gläubigen sehen läßt. Habt keine Angst vor den Pflichten und vor der unbekannten Zukunft! Habt keine Angst, daß euch die Worte fehlen könnten oder daß ihr auf Ablehnung stoßt! Die Welt und die Kirche brauchen Priester, heilige Priester!

Liebe Vertreter der neuen Bewegungen in der Kirche! Die Lebendigkeit eurer Gemeinschaften ist ein Zeichen der tätigen Gegenwart des Heiligen Geistes! Eure Sendung ist aus dem Glauben der Kirche und aus dem Reichtum der Früchte des Heiligen Geistes entstanden. Mein Wunsch ist, daß ihr immer zahlreicher werdet, um dem Anliegen des Reiches Gottes in der Welt von heute zu dienen. Glaubt an die Gnade Gottes, die euch begleitet, und tragt sie in das lebendige Gefüge der Kirche und besonders dorthin, wo Priester und die Ordensleute nicht hingelangen können. Die Bewegungen, denen ihr angehört, sind vielfältig. Ihr nährt euch von der Lehre, die aus verschiedenen von der Kirche anerkannten Schulen der Spiritualität stammt. Nutzt die Weisheit der Heiligen und greift auf das von ihnen hinterlassene Erbe zurück. Bildet euren Geist und eure Herzen anhand der Werke der großen Lehrmeister und der Glaubenszeugen, eingedenk der Tatsache, daß die Schulen der Spiritualität keine Schätze sein dürfen, die in den Bibliotheken der Konvente verschlossen bleiben. Die Weisheit des Evangeliums, die man in den Werken der großen Heiligen gelesen und deren Wahrheit man im eigenen Leben erfahren hat, muß auf reife, nicht auf kindliche oder aggressive Weise in die Welt der Kultur und der Arbeit, in die Welt der Medien und der Politik, in die Lebenswelt der Familie und der Gesellschaft getragen werden. Der Vergleich mit dem Glauben Marias wird der Prüfstein für die Authentizität eures Glaubens und eurer Sendung sein, die die Aufmerksamkeit nicht auf sich selbst zieht, sondern wirklich den Glauben und die Liebe um sich verbreitet. Spiegelt euch im Herzen Marias. Bleibt in ihrer Schule!

Als die Apostel, erfüllt vom Heiligen Geist, in die ganze Welt hinauszogen und das Evangelium verkündeten, nahm in besonderer Weise einer von ihnen, Johannes, der Apostel der Liebe, »Maria zu sich« (vgl. Joh Jn 19,27). Dank seiner tiefen Verbindung mit Jesus und mit Maria konnte er so nachhaltig auf der Wahrheit bestehen: »Gott ist die Liebe« (1Jn 4,8 1Jn 4,16). Diese Worte habe ich selbst als Anfang der ersten Enzyklika meines Pontifikats gewählt: Deus caritas est! Dies ist die wichtigste, die zentralste Wahrheit über Gott. Allen, die Schwierigkeiten haben, an Gott zu glauben, wiederhole ich heute: »Gott ist die Liebe«. Liebe Freunde, seid selbst Zeugen dieser Wahrheit. Ihr werdet es auf wirksame Weise sein, wenn ihr in die Schule Marias geht. An ihrer Seite werdet ihr selbst erfahren, daß Gott die Liebe ist, und ihr werdet der Welt diese Botschaft vermitteln mit dem Reichtum und der Vielfalt, die der Heilige Geist hervorrufen wird.

Gelobt sei Jesus Christus.
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APOSTOLISCHE REISE NACH POLEN

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

VOM FENSTER DER ERZBISCHÖFLICHEN RESIDENZ

AN DIE JUGENDLICHEN Krakau, 26. Mai 2006



Liebe Brüder und Schwestern!

Einer Gepflogenheit folgend, die während der Aufenthalte Johannes Pauls II. in Krakau entstanden ist, habt ihr euch vor der Erzbischöflichen Residenz versammelt, um den Papst zu begrüßen. Ich danke euch für eure Anwesenheit und für den herzlichen Empfang.

Ich weiß, daß ihr euch am zweiten Tag jedes Monats zur Todesstunde meines geliebten Vorgängers hier versammelt, um seiner zu gedenken und um für seine Erhebung zur Ehre der Altäre zu beten. Dieses Gebet möge diejenigen unterstützen, die mit dem Seligsprechungsprozeß befaßt sind, und möge eure Herzen mit jeder Gnade bereichern. Während seiner letzten Polenreise hat Johannes Paul II. im Hinblick auf die Zeit, die vergeht, zu euch gesagt: »Wir können keine Abhilfe schaffen. Es gibt nur eine einzige Abhilfe: den Herrn Jesus. ›Ich bin die Auferstehung und das Leben‹ bedeutet – trotz des Alterns und trotz des Todes –, daß die Jugend in Gott liegt. Das wünsche ich euch: allen Jugendlichen von Krakau, Polens und der Welt« (17.8.2002). Das war sein Glaube, seine feste Überzeugung, sein Zeugnis. Und heute ist er – jung in Gott – trotz des Todes unter uns. Er lädt uns ein, die Gnade des Glaubens zu stärken, uns im Geist zu erneuern und »den neuen Menschen« anzuziehen, »der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit« (Ep 4,24).

Ich danke euch noch einmal für den Besuch, den ihr mir heute abend abgestattet habt. Bringt meinen Gruß und den Segen euren Familienangehörigen und Freunden. Danke!

Zum Abschluß erteilte der Heilige Vater den Segen in lateinischer Sprache.
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APOSTOLISCHE REISE NACH POLEN

BEGEGNUNG MIT DEN EINWOHNERN VON WADOWICE Rynek-Platz, 27. Mai 2006



Liebe Brüder und Schwestern!

Mit tiefer Ergriffenheit bin ich an den Geburtsort meines großen Vorgängers gekommen, des Dieners Gottes Johannes Paul II., in die Stadt seiner Kindheit und seiner Jugendzeit. Wadowice durfte nicht fehlen auf dem Weg der Pilgerfahrt, die ich, seinen Spuren folgend, auf polnischem Boden unternehme. Ich wollte gerade hier Halt machen, in Wadowice, an den Stätten, an denen sein Glaube erwacht und gereift ist, um gemeinsam mit euch dafür zu beten, daß er bald zur Ehre der Altäre erhoben werde. Johann Wolfgang von Goethe, der große deutsche Dichter, sagte: »Wer einen Dichter verstehen will, muß sich in dessen Land begeben.« In gleicher Weise muß man, um das Leben und den Dienst Johannes Pauls II. zu verstehen, in seine Geburtsstadt kommen. Er selbst bekannte, daß hier in Wadowice »alles begonnen hat: das Leben, die Schule, die Studien, das Theater … und das Priestertum« (Wadowice, 16. Juni 1999; in O.R. dt., Nr. 37, 10.9.1999, S. 12).

Wenn Johannes Paul II. auf jene Anfänge zu sprechen kam, verwies er oft auf ein Zeichen: auf das Taufbecken, das er in der Kirche von Wadowice mit besonderer Verehrung bedachte. Bei seiner ersten Pilgerfahrt nach Polen im Jahr 1979 bekannte er: »An diesem Taufbrunnen bin ich am 20. Juni 1920 aus Gnade ein Kind Gottes geworden und habe zugleich den Glauben an meinen Erlöser empfangen. Diesen Taufbrunnen habe ich schon einmal feierlich geküßt im Jahr des Millenniums der Taufe Polens, als damaliger Erzbischof von Krakau. Dann küßte ich ihn ein weiteres Mal … am 50. Jahrestag meiner Taufe, als ich Kardinal war, und heute habe ich ihn, aus Rom kommend, zum drittenmal geküßt als Papst und Nachfolger Petri (Wadowice, 7. Juni 1979; O.R. dt., Nr. 25, 22.6.1979, S. 12). In diesen Worten Johannes Pauls II. scheint der Schlüssel zum Verständnis seiner Glaubenstreue, der Radikalität seines christlichen Lebens und des von ihm unablässig bezeugten Strebens nach Heiligkeit enthalten zu sein. Hier zeigt sich das tiefe Wissen um die göttliche Gnade, die ungeschuldete Liebe Gottes zum Menschen, der den Katechumenen durch das Wasser der Taufe und die Ausgießung des Heiligen Geistes in die Schar seiner durch das Blut Christi erlösten Kinder aufnimmt. Aber es kommt auch das Bewußtsein zum Ausdruck, daß die Taufe, die uns rechtfertigt, ein Aufruf ist, Sorge zu tragen für die aus dem Glauben hervorgehende Gerechtigkeit. Das grundsätzliche Programm eines wirklich christlichen Lebens ist in der Treue zu den heiligen Taufversprechen zusammengefaßt. Das Leitwort der derzeitigen Pilgerreise »Steht fest im Glauben« findet hier seine konkrete Dimension, die sich mit folgender Mahnung umschreiben ließe: »Steht fest in der Befolgung der Taufversprechen«. Zeuge dieser Treue – die an diesem Ort in besonderer Weise zum Ausdruck kommt – ist der Diener Gottes Johannes Paul II.

Mein großer Vorgänger wies auf die Basilika von Wadowice und seine Heimatpfarrei als einen Ort hin, der von besonderer Bedeutung war für die Entfaltung seines geistlichen Lebens und seiner Berufung zum Priestertum, die in ihm heranreifte. Er sagte einmal: »In dieser Kirche ging ich zu meiner ersten Beichte und empfing die erste heilige Kommunion. Hier war ich Meßdiener. Hier dankte ich Gott für das Geschenk des Priestertums, und hier – damals schon als Erzbischof von Krakau – feierte ich mein 25. Priesterjubiläum. Wieviel Gutes und wie viele Gnaden ich aus diesem Gotteshaus und dieser Pfarrgemeinde heimgetragen habe, das weiß nur der, der selbst alle Gnaden schenkt. Ihn, den einen und dreifaltigen Gott, preise ich heute auf der Schwelle dieser Kirche« (Wadowice, 16. Juni 1999; O.R. dt., Nr. 37, 10.9.1999, S. 12,2). Das Gotteshaus ist Zeichen der Gemeinschaft der Gläubigen, die geeint werden durch die Gegenwart Gottes, der unter ihnen wohnt. Diese Gemeinschaft ist die Kirche, die Johannes Paul II. so liebte. Seine Liebe zur Kirche erwachte in der Pfarrei von Wadowice. Er betrachtete sie als Stätte des sakramentalen Lebens, der Evangelisierung und der Heranbildung eines reifen Glaubens. Daher widmete er als Priester, Bischof und Papst den Pfarrgemeinden so große Aufmerksamkeit. Im Geiste dieser Hirtensorge bat ich die polnischen Bischöfe anläßlich ihres »Ad-limina«-Besuches, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die polnischen Pfarreien wirklich zu einer »kirchlichen Gemeinschaft« und zu einer »Familie der Kirche« werden.

Laßt mich abschließend auf ein weiteres Merkmal des Glaubens und der Spiritualität Johannes Pauls II. hinweisen, das mit diesem Ort eng verbunden ist. Er selbst erinnerte mehrmals an die tiefe Verehrung, die die Einwohner von Wadowice dem hiesigen Bild der Muttergottes von der Immerwährenden Hilfe entgegenbringen sowie an den Brauch, daß die Schüler des damaligen Gymnasiums täglich vor diesem Bild beteten. Diese Erinnerungen ermöglichen uns, zum Ursprung jener Überzeugung vorzudringen, von der Johannes Paul II. beseelt war – der Überzeugung von dem herausragenden Platz, den Maria in der Heilsgeschichte und in der Geschichte der Kirche einnimmt. Daraus ergibt sich auch die Überzeugung bezüglich des herausragenden Platzes, den die Muttergottes in seinem Leben einnahm, eine Überzeugung, die im hingebungsvollen »Totus tuus« zum Ausdruck kam. Bis in die letzten Momente seiner irdischen Pilgerreise blieb er dieser vertrauensvollen Hingabe treu.

Im Geist dieser Verehrung will ich vor diesem Gnadenbild für das Pontifikat von Johannes Paul II. danken, und wie er möchte ich die Gottesmutter darum bitten, sich der Kirche anzunehmen, deren Leitung mir nach dem Willen Gottes anvertraut wurde. Ich bitte auch euch, liebe Brüder und Schwestern, mich mit demselben Gebet zu begleiten, mit dem ihr eurem großen Landsmann zur Seite standet. Von Herzen segne ich euch alle, die ihr hier anwesend seid, sowie alle, die nach Wadowice kommen, um aus den Quellen des Glaubensgeistes von Johannes Paul II. zu schöpfen.
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BEGEGNUNG MIT DEN KRANKEN Krakau-Lagiewniki, 27. Mai 2006



Liebe Brüder und Schwestern!

Über diese Begegnung mit euch anläßlich meines Besuchs im Heiligtum der Göttlichen Barmherzigkeit freue ich mich sehr. Ich grüße euch alle von Herzen: die Kranken, die Betreuer, die Priester, die sich in diesem Heiligtum der Seelsorge widmen, die Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit, die Mitglieder des »Faustinum« und alle anderen.

Wir stehen hier vor zwei Geheimnissen: dem Geheimnis des menschlichen Leidens und dem Geheimnis der Göttlichen Barmherzigkeit. Auf den ersten Blick scheinen diese beiden Geheimnisse zueinander im Gegensatz zu stehen. Wenn wir jedoch versuchen, sie im Lichte des Glaubens zu vertiefen, sehen wir, daß sie sich in Harmonie zueinander stellen, und zwar durch das Geheimnis des Kreuzes Christi. So sagte Johannes Paul II. an diesem Ort: »Im Kreuz neigt sich Gott am tiefsten zum Menschen herab … Im Kreuz werden gleichsam von einem heiligen Hauch der ewigen Liebe die schmerzlichsten Wunden der irdischen Existenz des Menschen berührt« (Predigt anläßlich der Weihe des neuen Heiligtums der Göttlichen Barmherzigkeit in Lagiewniki Am 17 Am 8 Am 2002,4 in O.R. dt., Nr. Dt 35,30 Dt 35,8 Dt 35, S. Dt 8). Ihr, liebe Kranke, die ihr in Körper oder Geist vom Leiden gezeichnet seid, seid mit dem Kreuz Christi am engsten verbunden; gleichzeitig seid ihr aber auch die beredtsten Zeugen der Barmherzigkeit Gottes. Durch euch und euer Leid beugt Er sich liebevoll über die Menschheit. Wenn ihr in der Stille eures Herzens sagt: »Jesus, ich vertraue dir«, dann lehrt ihr uns, daß es keinen tieferen Glauben, keine lebendigere Hoffnung und keine brennendere Liebe gibt als den Glauben, die Hoffnung und die Liebe derer, die sich in ihrem Leid den sicheren Händen Gottes überlassen. Und die Hände derjenigen, die euch im Namen der Barmherzigkeit helfen, mögen eine Verlängerung der Hand Gottes sein.

Ich würde sehr gerne jeden und jede von euch umarmen. Auch wenn dies konkret nicht möglich ist, so drücke ich euch doch im Geiste an mein Herz und erteile euch meinen Segen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

APOSTOLISCHE REISE NACH POLEN


BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN Krakau, Blonie-Park

27. Mai 2006

Liebe junge Freunde!


Euch alle heiße ich ganz herzlich willkommen! Ich freue mich über eure Anwesenheit und danke dem Herrn für diese Begegnung, die von eurer warmen Herzlichkeit geprägt ist. Wir wissen, daß dort, wo zwei oder drei im Namen Jesu versammelt sind, er mitten unter ihnen ist (vgl. Mt Mt 18,20). Aber ihr seid heute in weitaus größerer Zahl hier! Dafür danke ich jeder und jedem von euch. Jesus ist also hier unter uns. Er ist unter den jungen Menschen Polens gegenwärtig, um zu ihnen von einem Haus zu sprechen, das nie einstürzen wird, weil es auf Fels gebaut ist. Das ist das Wort aus dem Evangelium, das wir soeben gehört haben (vgl. Mt 7,24–27).

Im Herzen jedes Menschen, liebe Freunde, gibt es den Wunsch nach einem Haus. Vor allem ein junges Herz sehnt sich nach einem eigenen dauerhaften Zuhause, in das man nicht nur mit Freude zurückkehren, sondern in dem man ebenso mit Freude jeden Gast empfangen kann. Es ist die Sehnsucht nach einem Haus, in dem Liebe, Vergebung und die Notwendigkeit des Verständnisses das tägliche Brot sind und in dem die Wahrheit die Quelle ist, aus der der Frieden des Herzens strömt. Es ist die Sehnsucht nach einem Haus, auf das wir stolz sein können, dessen wir uns nicht schämen und dessen Einsturz wir nie beklagen müssen. Diese Sehnsucht ist nichts anderes als der Wunsch nach einem erfüllten, glücklichen und gelungenen Leben. Fürchtet euch nicht vor diesem Wunsch! Versucht nicht, vor ihm zu fliehen! Laßt euch nicht entmutigen angesichts eingestürzter Häuser, unerfüllter Wünsche und geschwundener Sehnsucht. Der Schöpfergott, der in ein junges Herz das unermeßliche Verlangen nach Glückseligkeit legt, wird es anschließend nicht allein lassen beim mühevollen Aufbau jenes Hauses, das sich Leben nennt.

Meine Freunde, eine Frage drängt sich auf: »Wie kann dieses Haus gebaut werden?«. Das ist eine Frage, die ihr euch im Herzen sicher schon oft gestellt habt und die auch manches Mal noch wiederkehren wird. Es ist eine Frage, die wir uns nicht nur einmal stellen dürfen. Jeden Tag muß sie vor den Augen des Herzens stehen: Wie können wir dieses Haus, das Leben genannt wird, aufbauen? Jesus, dessen Worte wir in der Fassung des Evangelisten Matthäus gehört haben, ermahnt uns, auf Fels zu bauen, denn nur so wird das Haus nicht einstürzen. Aber was heißt das, ein Haus auf Fels bauen? Auf Fels bauen bedeutet vor allem, auf Christus und mit Christus bauen. Jesus sagt: »Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute« (Mt 7,24). Es handelt sich hier nicht um leere Worte, die irgendwer sagt, sondern um die Worte Jesu. Es geht nicht darum, irgendwem zuzuhören, sondern darum, Jesus zuzuhören. Nicht irgend etwas sollen wir tun, sondern vielmehr das, was die Worte Jesu uns auftragen.

Auf und mit Christus bauen bedeutet, auf einem Fundament zu bauen, das gekreuzigte Liebe heißt. Es bedeutet, mit jemandem zu bauen, der uns besser kennt als wir selbst und uns sagt: »Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe…« (Is 43,4). Es bedeutet, mit jemandem zu bauen, der immer treu bleibt, auch wenn wir untreu sind, denn er kann sich selbst nicht verleugnen (vgl. 2Tm 2,13). Es bedeutet, mit jemandem zu bauen, der sich fortwährend über das verwundete Herz des Menschen beugt und sagt: »Ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!« (vgl. Joh Jn 8,11). Es bedeutet, mit jemandem zu bauen, der von der Höhe des Kreuzes aus seine Arme ausbreitet, um in alle Ewigkeit zu verkünden: »Ich gebe mein Leben hin für dich, Mensch, weil ich dich liebe«. Auf Christus bauen bedeutet schließlich, alle eigenen Wünsche, Erwartungen, Träume, Ambitionen und alle eigenen Pläne auf seinen Willen zu gründen. Es bedeutet, sich selbst, seiner Familie, den Freunden, der ganzen Welt und vor allem Christus zu sagen: »Herr, in meinem Leben will ich nichts gegen dich tun, denn du weißt, was am besten für mich ist. Nur du hast Worte des ewigen Lebens« (vgl. Joh Jn 6,68). Meine Freunde, fürchtet euch nicht, auf Christus zu setzen! Sehnt euch nach Christus als Fundament des Lebens! Weckt in euch den Wunsch, euer Leben mit ihm und für ihn aufzubauen! Denn nie kann derjenige verlieren, der alles auf die gekreuzigte Liebe des fleischgewordenen Wortes setzt.

Auf Fels bauen bedeutet, auf Christus und mit Christus, der der Fels ist, zu bauen. Im Ersten Brief an die Korinther erklärt der hl. Paulus, als er von dem Weg des auserwählten Volkes durch die Wüste spricht, daß alle »aus dem lebensspendenden Felsen tranken, der mit ihnen zog. Und dieser Fels war Christus« (1Co 10,4). Die Väter des auserwählten Volkes wußten natürlich nicht, daß dieser Fels Christus war. Ihnen war nicht bewußt, daß sie von Ihm begleitet wurden, der in der Fülle der Zeiten Fleisch werden, den Leib eines Menschen annehmen würde. Es war für sie nicht notwendig, zu verstehen, daß ihr Durst von der Quelle des Lebens selbst gestillt werden würde, die das lebendige Wasser schenken kann, um den Durst jedes Herzens zu löschen. Dennoch tranken sie aus jenem lebensspendenden Felsen, der Christus ist, denn sie sehnten sich nach dem Wasser des Lebens, sie brauchten es. Auf unserem Lebensweg sind wir uns vielleicht nicht immer der Gegenwart Jesu bewußt. Aber gerade diese lebendige und treue Gegenwart, die Gegenwart im Werk der Schöpfung, die Gegenwart im Wort Gottes und in der Eucharistie, in der Gemeinschaft der Gläubigen und in jedem vom kostbaren Blut Christi erlösten Menschen, diese Gegenwart ist die unerschöpfliche Quelle der menschlichen Kraft. Jesus von Nazaret, Gott, der Mensch geworden ist, ist an unserer Seite in guten wie in schlimmen Stunden und dürstet nach dieser Bindung, die in Wirklichkeit das Fundament wahren Menschseins ist. In der Offenbarung lesen wir folgende bedeutsame Worte: »Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir« (Ap 3,20).

Meine Freunde, was bedeutet es, auf Fels zu bauen? Auf Fels bauen bedeutet auch, auf jemanden zu bauen, der abgelehnt wurde. Der hl. Petrus spricht zu den Gläubigen von Christus als dem »lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist« (1P 2,4). Die unbestreitbare Tatsache der Erwählung Jesu durch Gott verdeckt nicht das Geheimnis des Bösen, aufgrund dessen der Mensch fähig ist, denjenigen zurückzuweisen, der ihn bis in den Tod geliebt hat. Diese Ablehnung Jesu durch die Menschen, von der der hl. Petrus spricht, zieht sich durch die gesamte Geschichte der Menschheit bis hin in unsere Zeit. Es bedarf keines besonders scharfsichtigen Verstandes, um die vielfältigen Zeichen der Ablehnung Jesu auch dort zu erkennen, wo Gott uns gewährt hat aufzuwachsen. Oft wird Jesus ignoriert, verspottet, als König der Vergangenheit, nicht der Gegenwart und schon gar nicht der Zukunft verkündet und wird in die Ecke der Fragen und Personen gedrängt, von denen nicht laut in der Öffentlichkeit gesprochen werden sollte. Laßt euch nicht entmutigen, wenn ihr beim Aufbau des Hauses eures Lebens jenen Menschen begegnet, die das Fundament verachten, auf dem ihr baut! Ein starker Glaube muß durch Prüfungen hindurchgehen. Ein lebendiger Glaube muß stets wachsen. Unser Glaube an Jesus Christus muß, um ein solcher zu bleiben, sich häufig mit dem mangelnden Glauben der anderen auseinandersetzen.

Liebe Freunde, was bedeutet es, auf Fels zu bauen? Auf Fels bauen bedeutet, sich bewußt zu sein, daß wir Widrigkeiten erfahren werden. Christus sagt: »Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten…« (Mt 7,25). Diese Naturereignisse sind nicht nur ein Bild für die vielfältigen Widrigkeiten des menschlichen Schicksals, sondern in ihnen ist auch der Hinweis enthalten, daß diese normalerweise voraussehbar sind. Christus verspricht nicht, daß über das Haus, das wir bauen, nie ein Unwetter hereinbrechen wird, er verspricht nicht, daß das, was uns am teuersten ist, nicht durch eine zerstörerische Flutwelle fortgerissen wird, er verspricht nicht, daß Stürme nicht das wegfegen werden, was wir oft unter großen Opfern aufgebaut haben. Christus versteht nicht nur das Streben des Menschen nach einem dauerhaften Haus, sondern kennt auch ganz genau all das, was das Glück des Menschen zerstören kann. Wundert euch also nicht über die Widrigkeiten des Lebens, was immer diese auch sein mögen! Laßt euch nicht durch sie entmutigen! Ein auf Fels gebautes Haus ist nicht gleichbedeutend mit einem Bau, der dem Spiel der Naturgewalten entzogen ist, die in das Geheimnis des Menschen eingeschrieben sind. Auf Fels bauen bedeutet, die Gewißheit zu haben, daß es in schwierigen Zeiten eine sichere Kraft gibt, auf die man sich verlassen kann.

Meine Freunde, erlaubt mir, nochmals zu fragen: Was bedeutet es, auf Fels zu bauen? Es bedeutet, mit Weisheit aufzubauen. Nicht ohne Grund vergleicht Jesus diejenigen, die seine Worte hören und danach handeln, mit einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Es ist in der Tat unvernünftig, auf Sand zu bauen, wenn man auf Fels bauen und auf diese Weise ein Haus haben kann, das jedem Sturm gewachsen ist. Es ist unvernünftig, ein Haus auf einem Boden zu bauen, der keine Gewähr bietet, in den schwierigsten Augenblicken standzuhalten. Wer weiß, möglicherweise ist es sogar einfacher, sein Leben auf den Treibsand der eigenen Weltanschauung zu gründen, seine Zukunft fernab von den Worten Jesu und manchmal sogar gegen sie aufzubauen. Jedoch der, der so baut, ist nicht klug, denn er will sich selbst und andere davon überzeugen, daß es in seinem Leben keinen Sturm geben und keine Flutwelle sein Haus fortreißen wird. Klug sein bedeutet, zu wissen, daß die Beständigkeit des Hauses von der Wahl des Fundaments abhängt. Habt keine Angst, klug zu sein, habt keine Angst, auf Fels zu bauen!

Meine Freunde, nochmals: Was bedeutet es, auf Fels zu bauen? Auf Fels bauen bedeutet auch, auf Petrus und mit Petrus zu bauen. Zu ihm sagte der Herr nämlich: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen« (Mt 16,18). Wenn Christus, der Fels, der lebendige und kostbare Stein, seinen Apostel als Felsen bezeichnet, dann bedeutet dies, daß er will, daß Petrus und mit ihm die gesamte Kirche sichtbares Zeichen des einen Erlösers und Herrn sind. Hier in Krakau, der geliebten Stadt meines Vorgängers Johannes Paul II., wundert sich gewiß niemand über die Worte »mit Petrus und auf Petrus bauen«. Daher sage ich euch: Habt keine Angst, euer Leben in der Kirche und mit der Kirche aufzubauen! Seid stolz auf die Liebe zu Petrus und zu der ihm anvertrauten Kirche. Laßt euch nicht von jenen täuschen, die Christus in Gegensatz zur Kirche bringen wollen! Es gibt nur einen einzigen Fels, auf den es sich lohnt, das Haus zu bauen. Dieser Fels ist Christus. Es gibt nur einen Fels, auf den es sich lohnt, alles zu setzen. Dieser Fels ist derjenige, zu dem Christus gesagt hat: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen« (Mt 16,18). Ihr Jugendlichen habt den Petrus unserer Zeit gut gekannt. Vergeßt deshalb nicht, daß weder jener Petrus, der unsere Begegnung vom Fenster Gottvaters aus beobachtet, noch dieser Petrus, der jetzt vor euch steht, und auch kein zukünftiger Petrus je gegen euch oder gegen den Bau eines beständigen Hauses auf dem Fels sein wird. Im Gegenteil, er wird euch sein Herz und beide Hände schenken, um euch zu helfen, das Leben auf Christus und mit Christus aufzubauen.

Liebe Freunde, beim Nachdenken über die Worte Christi vom Fels als dem geeigneten Fundament für das Haus müssen wir hervorheben, daß das letzte Wort ein Wort der Hoffnung ist. Jesus sagt, daß trotz des Tobens der Elemente das Haus nicht einstürzte, weil es auf Fels gebaut war. Diese Worte Jesu zeugen von einem außerordentlichen Vertrauen auf die Kraft des Fundaments, vom Glauben, der keinen Widerspruch fürchtet, weil er durch den Tod und die Auferstehung Christi bestätigt wurde. Das ist der Glaube, den der hl. Petrus Jahre später in seinem Brief bekennt: »Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde« (1P 2,6). Er wird sicher »nicht zugrunde gehen…«. Liebe junge Freunde, die Angst vor Mißerfolg kann gelegentlich ein Hemmnis auch für die schönsten Träume sein, sie kann den Willen lähmen und den Menschen unfähig machen, an die Existenz eines auf Fels gebauten Hauses zu glauben. Sie kann uns einreden, daß die Sehnsucht nach dem Haus lediglich ein Jugendwunsch und kein Projekt für das ganze Leben ist. Gemeinsam mit Jesus sagt zu dieser Angst: »Ein auf Fels gebautes Haus kann nicht einstürzen!« Gemeinsam mit dem hl. Petrus sagt zur Versuchung des Zweifels: »Wer an Christus glaubt, wird nicht zugrunde gehen!« Seid Zeugen der Hoffnung, jener Hoffnung, die sich nicht fürchtet, das Haus des eigenen Lebens aufzubauen, denn sie weiß sicher, daß sie auf das Fundament zählen kann, das nie einstürzen wird: auf Jesus Christus, unseren Herrn.
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