Benedikt XVI Predigten 20907

20907

PASTORALBESUCH IN LORETO

ANLÄSSLICH DER AGORÀ DER ITALIENISCHEN JUGENDLICHEN

BESUCH DES HEILIGEN HAUSES VON LORETO


GEBET VON PAPST BENEDIKT XVI.


Maria, Mutter des Ja, du hast Jesus gehört
und kennst den Klang seiner Stimme und das Klopfen seines Herzens.
Morgenstern, sprich uns von Ihm und
erzähle uns deinen Weg, um Ihm auf dem Weg des Glaubens zu folgen.

Maria, die du in Nazaret mit Jesus wohntest,
präge unserem Leben deine Gefühle ein,
deine Fügsamkeit, dein hörendes Schweigen,
und laß das Wort in Entscheidungen wahrer Freiheit erblühen.

Maria, sprich uns von Jesus, damit die Frische unseres Glaubens
in unseren Augen erstrahle und das Herz dessen erwärme, der uns begegnet,
wie du es getan hast, als du Elisabeth besuchtest,
die sich im Alter mit dir über das Geschenk des Lebens freute.

Maria, Jungfrau des Magnificat,
hilf uns, die Freude in die Welt zu tragen, und wie in Kana
sporne jeden jungen Menschen, der sich im Dienst an den Brüdern einsetzt, dazu an,
nur das zu tun, was Jesus sagen wird.

Maria, blicke auf die Agora der Jugend,
auf daß sie fruchtbarer Boden der italienischen Kirche sei.
Bitte, auf daß der gestorbene und auferstandene Jesus in uns neu geboren werde
und uns in eine Nacht voller Licht, voll von Ihm verwandle.

Maria, Muttergottes von Loreto, Pforte des Himmels,
hilf uns, den Blick nach oben zu richten.
Wir wollen Jesus sehen. Mit Ihm sprechen.
Allen Seine Liebe verkünden.



BENEDICTUS PP. XVI


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AN DIE BISCHÖFE AUS LAOS UND KAMBODSCHA

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES Castelgandolfo

Donnerstag, 6. September 2007

Liebe Mitbrüder im Bischofsund im Priesteramt!


Es ist eine große Freude für mich, euch in diesen Tagen zu empfangen, wo ihr euren »Ad-limina«-Besuch an den Gräbern der Apostel durchführt. Ihr bekundet auf diese Weise die Gemeinschaft der Kirche in Laos und Kambodscha mit der um den Nachfolger Petri versammelten universalen Kirche. Ich danke Msgr. Émile Destombes, Apostolischer Vikar von Phnom Penh und Vorsitzender eurer Bischofskonferenz, für die Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet und mir darin die kirchliche Wirklichkeit eurer Länder dargelegt hat.

Überbringt bei eurer Rückkehr nach Laos und Kambodscha den Priestern, Ordensmännern, Ordensfrauen, Katecheten und Laien eurer Gemeinden den herzlichen Gruß des Nachfolgers Petri! Ich weiß um ihre Prüfungen und um die innere Kraft, die sie bewiesen haben, um in der Treue zum Herrn Jesus und zu seiner Kirche zu leben. Ich fordere sie heute auf, im Glauben fest zu bleiben und hochherzig von der Liebe Gottes zu allen ihren Brüdern Zeugnis zu geben. Meine herzlichen Grüße ergehen auch an das laotische und an das kambodschanische Volk. Ich ermutige diese Völker, ihre Anstrengungen für den Aufbau einer immer brüderlicheren, den anderen gegenüber offeneren Gesellschaft fortzusetzen, wo ein jeder die vom Schöpfer empfangenen Gaben entfalten kann.

Liebe Brüder, ihr übt euer Amt im Dienst der Kirche unter oft schwierigen Umständen und in sehr unterschiedlichen Situationen aus. Seid in eurem Dienst am Volk Gottes meiner brüderlichen Unterstützung und jener der universalen Kirche gewiß! In der Tat, »wenn man sagen muß, daß ein Bischof nie allein steht, da er immer durch den Sohn im Heiligen Geist mit dem Vater verbunden ist, muß man außerdem hinzufügen, daß er auch deshalb nie allein steht, weil er immer und ständig mit seinen Brüdern im Bischofsamt und mit demjenigen verbunden ist, den der Herr als Nachfolger des Petrus erwählt hat« (Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Pastores gregis, 8). Die unter euch bekundete tiefe Gemeinschaft sowie die Zusammenarbeit, die in verschiedenen Formen, wann immer es möglich ist, Ausdruck findet, sind eine wertvolle Hilfe bei eurer Hirtenaufgabe zum Wohl des euch anvertrauten Volkes. Eure Nähe zu den Gläubigen, vor allem zu denen, die am meisten isoliert und einsam sind, ist gerade für letztere eine Ermutigung dazu, trotz der Schwierigkeiten des täglichen Lebens unerschütterlich am christlichen Glauben festzuhalten und in der Entdeckung der Person Christi zu wachsen. Die Hilfe, die ihr von Kirchen mit längerer Erfahrung der Evangelisierung in verschiedenen Bereichen, besonders hinsichtlich der Mitarbeiter in der Pastoral und der Ausbildung, empfangt, ist auch ein beredtes Zeichen der Solidarität, die die Jünger Christi füreinander haben sollen.

Herzlich grüße ich die Priester, die euch bei der Verkündigung des Evangeliums zur Seite stehen, besonders jene, deren Berufung im Schoß der christlichen Gemeinden eurer Länder entstanden ist. Mit Eifer und Selbstaufopferung leiten sie das Volk Gottes in Zusammenarbeit mit den Missionaren, denen ich auch meine Anerkennung dafür ausspreche, daß sie die Botschaft Jesu und das Geschenk des Glaubens überbracht haben. Mögen alle durch ein tiefes geistliches und vorbildliches Leben weiterhin in Kirche und Gesellschaft ein beredtes Zeugnis für das Evangelium geben! Ich wünsche mir auch, daß eure Bemühungen um die Förderung der Priester- und Ordensberufungen reiche Früchte tragen, im Hinblick auf eine Verkündigung von Jesus, dem Erlöser, die der Sensibilität eurer Völker Rechnung trägt und sie für ihre Mentalität und ihre Kulturen verständlich macht. Unter diesem Gesichtspunkt muß, selbst um den Preis von Opfern in anderen Bereichen, besondere Sorge darauf verwandt werden, daß für die künftigen Priester eine solide menschliche, spirituelle, theologische und pastorale Ausbildung sichergestellt ist.

In der Tat ist eines der vorrangigen Probleme, denen euer pastoraler Dienst gegenübersteht, die Verkündigung des christlichen Glaubens in einer besonderen Kultur. Die jüngst begangene 450-Jahr-Feier der Präsenz der Kirche in Kambodscha stellte für die Gläubigen eine Gelegenheit dar, ein immer lebendigeres Bewußtsein der langen Geschichte der Christen in der Region zu gewinnen: einer Geschichte, die geprägt war von dem hochherzigen und mitunter heroischen Zeugnis, das zahlreiche Jünger Christi durch die Hingabe ihres Lebens gegeben haben, damit das Evangelium verkündet und gelebt wurde. Der christliche Glaube ist keine euren Völkern fremde Wirklichkeit. »Jesus ist die Frohbotschaft, die zu jeder Zeit und überall an jene Menschen gerichtet ist, die nach der Bedeutung ihrer Existenz und der Wahrheit ihres Menschseins suchen « (Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia, 14). Wenn sie ihn allen Völkern verkündet, trachtet die Kirche nicht danach, sich aufzudrängen, sondern gibt ihre Wertschätzung für den Menschen und für die Gesellschaft, in der sie lebt, zu erkennen.

Im sozialen und religiösen Umfeld eurer Region ist es besonders wichtig, daß die Katholiken ihre Identität zeigen und dabei die anderen religiösen Traditionen und die Kulturen der Völker achten. Diese Identität muß insbesondere durch eine echte geistliche Erfahrung zum Ausdruck kommen, die ihr Fundament in der Annahme des Wortes Gottes und in den Sakramenten der Kirche findet. Die Mitglieder der Institute des geweihten Lebens, deren wichtigen Einsatz in der Pastoral und im Dienst an den Bedürftigsten eure Berichte hervorheben, tragen die erste Verantwortung dafür, alle an den Vorrang Gottes zu erinnern und dazu beizutragen, daß »die Kirche ihr Wesen als Sakrament der innigen Vereinigung mit Gott und der Einheit des gesamten Menschengeschlechts immer vollkommener verwirkliche « (Johannes Paul II. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita consecrata VC 46). Aus dieser Sicht ist die Ausbildung der Gläubigen, besonders der Ordensfrauen und der Katecheten, um deren mutiges Engagement im Dienst des Evangeliums ich weiß, eine Priorität, damit sie Verkünder sein können, die, von der Wahrheit Christi gestärkt, imstande sind, auf die Herausforderungen der Gesellschaft zu antworten. Ihre Rolle für die Vitalität der christlichen Gemeinden ist in der Tat von großer Bedeutung. Zusammen mit den Priestern leisten sie ihren spezifischen und unverzichtbaren Beitrag zum Leben und Auftrag der Kirche. Mögen sie überall glaubwürdige Zeugen Christi sein und die ihnen anvertrauten Aufgaben mit froher Gelassenheit und Überzeugung auf sich nehmen! Im übrigen können sie sich, wenn sie einen festen christlichen Glauben haben, in einem echten Dialog mit den Mitgliedern anderer Religionen engagieren, um mit ihnen gemeinsam für den Aufbau eurer Länder zu arbeiten und das Gemeinwohl zu fördern.

Ich ermutige euch auch, die Erziehung der Jugendlichen eurer Gemeinden weiterzuentwickeln. Um ihren Verpflichtungen als Christen im Leben der Gesellschaft nachzukommen, sehen sie sich häufig mit komplexen Situationen konfrontiert, die es erforderlich machen, daß den jungen Menschen eine geeignete pastorale Aufmerksamkeit zuteil wird. In besonderer Weise unverzichtbar ist eine angemessene Vorbereitung auf die christliche Ehe; die jungen Leute werden dann den belastenden sozialen Einflüssen die Stirn bieten und die menschlichen und geistlichen Eigenschaften entwickeln können, die für das Zustandekommen einträchtiger, harmonischer Ehepaare nötig sind. Sie sollen lernen, »familiäre Werte, wie die respektvolle Haltung der Kinder den Eltern gegenüber, die liebevolle Fürsorge für die Alten und Kranken, die Liebe für die Kleinen und die Eintracht untereinander, die … in allen Kulturen und Religionen Asiens hochgeschätzt sind« (Ecclesia in Asia, 46), zu bewahren. In den Familien müssen die Jugendlichen den normalen Ort für ihr menschliches und geistiges Wachstum finden. Ich wünsche mir daher, daß die Familien immer mehr echte Stätten der Glaubensverkündigung seien, wo jeder die Liebe Gottes erfährt, die dann den anderen und vor allem den Kindern vermittelt werden kann.

Der mutige Einsatz der christlichen Gemeinschaft unter den Bedürftigsten ist auch ein besonderes Zeichen der Echtheit ihres Glaubens. Die sozialen Werke der Kirche, die sich vor allem dank der kirchlichen Solidarität und der Unterstützung der Vertretungen des Heiligen Stuhls in euren Ländern entwickeln können, werden von der Bevölkerung und von den Behörden geschätzt. Sie offenbaren auf beredte Weise die Liebe, die Gott allen Menschen ohne Unterschied entgegenbringt. Die in der Gottesliebe verwurzelte Nächstenliebe ist in der Tat eine wesentliche Aufgabe für die christliche Gemeinschaft und für jedes ihrer Glieder. Wie ich in der Enzyklika Deus caritas est geschrieben habe, ist es jedoch »um so wichtiger, daß das kirchliche Liebeshandeln seine volle Leuchtkraft behält und nicht einfach als eine Variante im allgemeinen Wohlfahrtswesen aufgeht« (Nr. 31). Ich versichere alle jene meiner Dankbarkeit, die sich in den karitativen Werken der Kirche einsetzen, besonders die Ordensfrauen, die sich sachkundig und aufopferungsvoll dem Dienst an den Bedürftigsten widmen und dabei – als Konsequenz eines tätigen Glaubens – jedem Einzelnen aus dem Herzen kommende Aufmerksamkeit zuteil werden lassen.

Liebe Brüder, zum Abschluß unserer Begegnung möchte ich euch einladen, in die Zukunft zu blicken, indem ihr euch von Christus führen laßt und eure Hoffnung auf ihn setzt, denn »die Hoffnung läßt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist« (Rm 5,5). Ich vertraue jede eurer Gemeinden der mütterlichen Fürsprache der Jungfrau Maria an, Vorbild aller Jünger; sie schütze euch und geleite euch auf den Wegen ihres Sohnes. Aus ganzem Herzen erteile ich euch sowie den Priestern, den Ordensmännern, Ordensfrauen, Katecheten und allen Laien eurer Länder den Apostolischen Segen.


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KONZERT ANLÄSSLICH DER TAUSENDJAHRFEIER DER DIÖZESE BAMBERG

Innenhof des Apostolischen Palastes von Castelgandolfo
Dienstag, 4. September 2007




Hochwürdigster, lieber Herr Erzbischof Schick,
sehr geehrter Herr Staatsminister Goppel,
liebe Mitbrüder im Priester- und Bischofsamt,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Vielleicht ist es Ihnen ergangen wie mir: Die wunderbaren Klänge der beiden Symphonien haben mich den Alltag vergessen lassen und mich in die Welt der Musik entführt, die – wie Sie, Herr Staatsminister, anfangs erwähnten – für Beethoven „eine höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie“ bedeutete. Tatsächlich besitzt die Musik die Fähigkeit, über sich selbst hinauszuweisen auf den Schöpfer aller Harmonie und in uns Resonanzen auszulösen, die gleichsam ein Sich-Einschwingen in die Schönheit und Wahrheit Gottes sind, die keine Menschenweisheit und keine Philosophie je in Worte fassen kann. Das ist es, was auch Schubert ausdrücken wollte, als er über ein Menuett Mozarts sagte, es „deuchte ihm, daß die Engel mitsingen“. Und das ist es, was ich und vielleicht viele von Ihnen an diesem Abend erleben durften. Dafür möchte ich den Bamberger Symphonikern mit ihrem Dirigenten Jonathan Nott von Herzen danken. Sie haben heute Abend durch die weite Palette der klanglichen Nuancen und die starke Ausdruckskraft in der Interpretation der beiden Meisterwerke den hervorragenden Ruf Ihres Orchesters wieder einmal bekräftigt. Mögen Ihre Darbietungen auch in Zukunft noch vielen Menschen eine Art Offenbarung sein!

Mein Dank gilt freilich auch den Initiatoren dieses festlichen Abends, Ihnen, lieber Herr Erzbischof, und Ihnen, sehr geehrter Herr Staatsminister, sowie allen, die durch ihre großzügige Unterstützung das Zustandekommen dieses Konzerts ermöglicht haben. Es ist ein Geschenk, das ich als Zeichen einer besonderen Verbundenheit des Erzbistums Bamberg mit dem Nachfolger des heiligen Petrus verstehe; schließlich unterstand Ihre Diözese in ihrer nunmehr tausendjährigen Geschichte ja mehrere Jahrhunderte lang direkt dem Apostolischen Stuhl. Möge Ihre Jubiläumswallfahrt zu den Gräbern der Apostel und zum gegenwärtigen Nachfolger Petri Ihren Glauben und Ihre Freude an Gott stärken, damit Sie im Alltag seine Zeugen sein können! Dazu erbitte ich Ihnen allen Gottes reichen Segen.
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AN DIE TEILNEHMER AM ZWÖLFEN WELTKONGRESS

DER INTERNATIONALEN KOMMISSION DER

KATHOLISCHEN GEFÄNGNISSEELSORGE Castelgandolfo

Donnerstag, 6. September 2007




Liebe Freunde!

Mit Freude heiße ich euch im Rahmen eurer in Rom stattfindenden Versammlung zum Zwölften Weltkongreß der Internationalen Kommission der Katholischen Gefängnisseelsorge willkommen. Ich danke eurem Vorsitzenden, Dr. Christian Kuhn, für die freundlichen Worte, die er im Namen des Vorstands der Kommission zum Ausdruck gebracht hat.

Das Thema eures diesjährigen Kongresses, »Das Antlitz Christi in jedem Gefangenen entdecken « (vgl. Mt Mt 25,36), beschreibt euren Dienst treffend als eine lebendige Begegnung mit dem Herrn. »Gottes- und Nächstenliebe verschmelzen « in der Tat in Christus: »Im Geringsten begegnen wir Jesus selbst, und in Jesus … Gott« (Deus caritas Est 15).

Euer Dienst verlangt viel Geduld und Ausdauer. Enttäuschungen und Frustrationen sind nicht selten. Eine Stärkung der Bande, die euch mit euren Bischöfen vereinen, wird euch befähigen, die Unterstützung und Führung zu finden, die ihr braucht, um das Bewußtsein für eure äußerst wichtige Sendung zu schärfen. Dieser Dienst in der christlichen Ortsgemeinde wird nämlich andere ermutigen, gemeinsam mit euch leibliche Werke der Barmherzigkeit zu tun, wodurch das kirchliche Leben der Diözese bereichert wird. Ebenso wird er dazu beitragen, diejenigen, denen ihr dient, in das Herz der Universalkirche hineinzuziehen, besonders durch ihre regelmäßige Teilnahme an der Feier der Sakramente der Buße und der heiligen Eucharistie (vgl. Sacramentum caritatis, 59). Gefangene können leicht überwältigt werden von Gefühlen der Isolierung, der Scham und der Ablehnung, die ihre Hoffnungen und Bestrebungen für die Zukunft zu zerschlagen drohen. In diesem Zusammenhang sind die Seelsorger und ihre Mitarbeiter aufgerufen, Boten des unendlichen Erbarmens und der unendlichen Vergebung Gottes zu sein. In Zusammenarbeit mit den zivilen Obrigkeiten ist ihnen die wichtige Aufgabe anvertraut, den Gefangenen dabei zu helfen, wieder einen Sinn und ein Ziel im Leben zu finden, so daß sie dieses mit Gottes Gnade erneuern können, sich versöhnen können mit ihren Familien und Freunden und soweit wie möglich die Verantwortungen und Pflichten übernehmen können, die sie befähigen, ein aufrichtiges und ehrliches Leben innerhalb der Gesellschaft zu führen. Gerichtliche Einrichtungen und Strafvollzugsanstalten spielen eine grundlegende Rolle beim Schutz der Bürger und des Gemeinwohls (vgl. Katechismus der katholischen Kirche, 2266).

Gleichzeitig sollen sie beim Wiederherstellen der »durch die verbrecherische Handlung zerstörten Beziehungen« helfen (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 403). Ihrem Wesen nach müssen diese Einrichtungen daher zur Rehabilitation der Straftäter beitragen und ihnen den Übergang von der Verzweiflung zur Hoffnung und von der Unzuverlässigkeit zur Verläßlichkeit erleichtern. Wenn die Zustände in den Gefängnissen und Strafanstalten dem Prozeß zur Wiedererlangung eines Wertgefühls und zur Übernahme der damit verbundenen Pflichten nicht förderlich sind, dann erfüllen diese Einrichtungen einen ihrer wesentlichen Zwecke nicht. Die öffentliche Hand muß diesen Auftrag stets aufmerksam überwachen und jedes Mittel zur Bestrafung oder Korrektur meiden, das die Menschenwürde der Gefangenen untergräbt oder herabsetzt. In diesem Zusammenhang wiederhole ich, daß »das Folterverbot ein Grundsatz ist, von dem man unter keinen Umständen abrücken darf« (ebd., 404).

Ich bin zuversichtlich, daß euer Kongreß eine Gelegenheit bieten wird, eure Erfahrungen auszutauschen über das Geheimnis des Antlitzes Christi, das durch die Gesichter der Gefangenen hindurch sichtbar wird. Ich bestärke euch in euren Bemühungen, der Welt dieses Antlitz zu zeigen und eine größere Achtung der Würde der Gefangenen zu fördern. Abschließend hoffe ich, daß euer Kongreß auch für euch selbst eine Gelegenheit sein möge, erneut wahrzunehmen, daß, indem ihr euch der Nöte der Gefangenen annehmt, eure eigenen Augen geöffnet werden für die Wunder, die Gott jeden Tag für euch vollbringt (vgl. Deus caritas Est 18).

Mit diesen Empfindungen bringe ich euch und allen Kongreßteilnehmern von Herzen meine guten Wünsche für das Gelingen eurer Begegnung zum Ausdruck und erteile euch und euren Angehörigen gern meinen Apostolischen Segen.


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APOSTOLISCHE REISE VON

PAPST BENEDIKT XVI.

NACH ÖSTERREICH

ANLÄSSLICH DER 850-JAHRFEIER

DES WALLFAHRTSORTES MARIAZELL

INTERVIEW MIT DEM HL. VATER

AUF DEM FLUG NACH WIEN Freitag, 7. September 2007



Pater Federico Lombardi, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, sagte einleitend: Wir danken dem Heiligen Vater, daß er gekommen ist, um uns am Beginn dieser Reise nach Österreich zu begrüßen. Ich werde nun einige Fragen stellen, die Sie mir in den letzten Tagen gegeben haben, damit ich sie dem Heiligen Vater vorlege.

Frage: Diese Reise führt den Heiligen Vater in ein Land, das er seit seiner Kindheit kennt. Welche Bedeutung schreibt er dieser Rückkehr nach Österreich zu?

Papst Benedikt XVI.: Meine Reise soll vor allem eine Pilgerfahrt sein; ich möchte mich dieser langen Reihe der Pilger durch die Jahrhunderte – es sind 850 Jahre – anschließen und so als Pilger unter Pilgern mit ihnen beten. Und dieses Zeichen der Einheit, das der Glaube bewirkt, scheint mir wichtig zu sein: Einheit zwischen den Völkern, weil es eine Wallfahrt vieler Völker ist; Einheit der Zeiten und daher ein Zeichen der einenden Kraft, der Kraft der Versöhnung, die der Glaube hat. In diesem Sinn soll diese Reise ein Zeichen der Universalität der Glaubensgemeinschaft der Kirche sein, ein Zeichen auch der Demut und vor allem auch ein Zeichen des Vertrauens, das wir in Gott haben; ein Zeichen für die Vorrangstellung Gottes, dafür, daß es Gott gibt, daß wir die Hilfe Gottes brauchen. Und natürlich auch Ausdruck der Liebe zur Muttergottes. Ich möchte also einfach diese grundlegenden Elemente des Glaubens in diesem Augenblick der Geschichte bekräftigen.

Frage: Die österreichische Kirche hat in den neunziger Jahren eine schwierige und unruhige Zeit erlebt, mit Spannungen auf pastoraler Ebene und Auseinandersetzungen. Ist der Heilige Vater der Ansicht, daß diese Schwierigkeiten überwunden sind? Möchte er mit diesem Besuch auch dazu beitragen, die Wunden zu heilen und die Einheit in der Kirche zu fördern, auch unter denen, die sich am Rand der Kirche fühlen?

Papst Benedikt XVI.: Vor allem möchte ich all jenen danken, die in diesen letzten Jahren gelitten haben. Ich weiß, daß die Kirche in Österreich schwierige Zeiten durchlebt hat: um so mehr bin ich all jenen – Laien, Ordensleuten und Priestern – dankbar, die trotz dieser Schwierigkeiten, mit denen die Kirche konfrontiert wurde, dem Zeugnis für Jesus treu geblieben sind, die in der Kirche der Sünder dennoch das Antlitz Christi erkannt haben. Ich würde nicht sagen, daß diese Probleme schon vollkommen überwunden sind: das Leben in unserem Jahrhundert – aber das gilt in etwa für alle Jahrhunderte – bleibt schwierig; auch der Glaube lebt immer in einem schwierigen Kontext. Aber ich hoffe, ein wenig dabei helfen zu können, daß diese Wunden heilen, und ich sehe, daß es eine neue Freude am Glauben gibt, daß es einen neuen Schwung in der Kirche gibt. Ich möchte soweit es in meiner Macht steht diese Verfügbarkeit bestärken, mit dem Herrn voranzugehen, darauf zu vertrauen, daß der Herr in seiner Kirche gegenwärtig bleibt und daß wir so – gerade dadurch, daß wir den Glauben in der Kirche leben – auch selbst das Ziel unseres Lebens erreichen und zu einer besseren Welt beitragen können.

Frage: Österreich ist ein Land mit einer tiefen katholischen Tradition und zeigt dennoch auch Zeichen der Säkularisierung. Mit welcher ermutigenden Botschaft wird sich der Heilige Vater an die österreichische Gesellschaft richten?

Papst Benedikt XVI.: Nun, ich möchte einfach die Menschen im Glauben bestärken, darin, daß wir auch gerade heute Gott brauchen. Wir brauchen eine Orientierung, die unserem Leben eine Richtung gibt. Man sieht, daß ein Leben ohne Orientierungspunkte, ohne Gott nicht gelingt: es bleibt leer. Der Relativismus relativiert alles und letztendlich sind Gut und Böse nicht mehr zu unterscheiden. Deshalb möchte ich einfach diese Überzeugung bestärken, die immer offensichtlicher wird, nämlich daß wir Gott, daß wir Christus brauchen und die große Gemeinschaft der Kirche, die die Völker vereint und sie miteinander versöhnt.

Frage: Wien ist der Sitz vieler internationaler Organisationen, unter ihnen auch die Internationale Atomenergiebehörde, und es ist der traditionelle Ort der Begegnung zwischen Ost und West. Beabsichtigt der Heilige Vater auch eine Botschaft weiterzugeben zur internationalen Politik und zum Frieden oder zu den Beziehungen mit der Orthodoxie und dem Islam, um Uneinigkeit und Polemik zu überwinden?

Papst Benedikt XVI.: Meine Reise ist keine politische Reise, sie ist eine Pilgerfahrt, wie ich schon gesagt habe. Es sind nur zwei Tage – ursprünglich war nur die Wallfahrt nach Mariazell vorgesehen, jetzt haben wir gerade ein wenig mehr Zeit, um verschiedenen Gliedern der österreichischen Gesellschaft zu begegnen. Es sind in dieser kurzen Zeit keine unmittelbaren Begegnungen mit anderen Konfessionen oder Religionen vorgesehen; nur ein kurzer Halt vor dem Mahnmal für die Schoah, um – sagen wir – unserer Trauer Ausdruck zu verleihen, unserer Reue und auch unserer Freundschaft mit den jüdischen Brüdern, um in dieser großen Einheit voranzugehen, die Gott mit seinem Volk geschaffen hat. Unmittelbar sind also derartige Botschaften nicht vorgesehen. Nur zu Beginn, bei der Begegnung mit der Welt der Politik, möchte ich ein wenig über diese Wirklichkeit, die Europa darstellt, sprechen, über die christlichen Wurzeln Europas, über den Weg, den wir einschlagen sollen. Aber es ist selbstverständlich, daß wir dies alles immer tun gestützt auf den Dialog, sei es mit den anderen Christen, sei es auch mit den Muslimen und den anderen Religionen. Der Dialog ist immer da: er ist eine Dimension unseres Handelns, auch wenn er bei diesem Anlaß nicht so explizit sein wird auf Grund des besonderen Charakters dieser Pilgerreise.

Pater Federico Lombardi: Heiligkeit, wir danken Ihnen sehr für diese Worte, und wir alle sprechen Ihnen die besten Wünsche aus für das gute Gelingen dieser Pilgerreise. Vielen Dank.
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APOSTOLISCHE REISE VON

PAPST BENEDIKT XVI.

NACH ÖSTERREICH

ANLÄSSLICH DER 850-JAHRFEIER

DES WALLFAHRTSORTES MARIAZELL

BEGRÜSSUNGSZEREMONIE

Internationaler Flughafen Wien/Schwechat
Freitag, 7. September 2007

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
verehrter Herr Kardinal,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe junge Freunde!

Mit großer Freude betrete ich heute zum ersten Mal seit Beginn meines Pontifikates den Boden Österreichs, des Landes, das mir nicht nur wegen der geographischen Nähe zum Ort meiner Geburt vertraut ist. Ihnen, verehrter Herr Bundespräsident, danke ich für die freundlichen Worte, mit denen Sie mich soeben im Namen des ganzen österreichischen Volkes willkommen geheißen haben. Sie wissen, wie sehr ich Ihrer Heimat und vielen Menschen und Stätten in Ihrem Lande verbunden bin. Dieser kulturelle Raum in der Mitte Europas überwindet manche Grenzen und führt Anregungen und Kräfte aus verschie­denen Teilen des Kontinents zusammen. Und die Kultur dieses Landes ist wesentlich geprägt von der Botschaft Jesu Christi und dem Wirken der Kirche in seinem Namen. All dies und vieles mehr schenkt mir das lebendige Empfinden, unter Ihnen, liebe Österreicherinnen und Österreicher, ein wenig „daheim“ zu sein.

Der Anlaß meines Kommens nach Österreich ist das 850-Jahr-Jubiläum der Gnadenstätte von Mariazell. Dieses Heiligtum der Muttergottes repräsentiert gewissermaßen das mütterliche Herz Österreichs und hat seit alters eine besondere Bedeutung auch für die Ungarn und für die slawischen Völker. Es ist Symbol einer Offenheit, die nicht nur geographische und nationale Grenzen überwindet, sondern in der Person Marias auf eine ganz wesentliche Dimension des Menschen verweist: seine Fähigkeit sich Gott und seinem Wort der Wahrheit zu öffnen!

Mit dieser Blickrichtung möchte ich in diesen drei Tagen hier in Österreich nach Mariazell pilgern. Das Wallfahren hat in den letzten Jahren bei vielen Menschen verstärktes Interesse gefunden. Im pilgernden Unterwegssein finden gerade auch junge Menschen einen neuen Weg der Besinnung; sie begegnen einander und miteinander der Schöpfung, aber auch der Geschichte des Glaubens und erfahren ihn oft unerwartet als Kraft der Gegenwart. Meine Pilgerfahrt nach Mariazell verstehe ich als Mitpilgern mit den Pilgern unserer Zeit. In diesem Geist werde ich in Kürze im Zentrum Wiens das gemeinsame Gebet anstimmen, das diese Tage im ganzen Land gleichsam als geistliche Pilgerschaft begleiten soll.

Mariazell steht nicht nur für eine 850jährige Geschichte, sondern zeigt aus der Erfahrung der Geschichte – und vor allem durch den mütterlichen Hinweis der Gnadenstatue auf Christus – auch den Weg in die Zukunft. Aus dieser Perspektive möchte ich mit den politischen Repräsentanten dieses Landes und Vertretern der internationalen Organisationen heute noch einen Blick auf unsere Gegenwart und Zukunft werfen.

Der morgige Tag wird mich zum Fest Mariä Geburt, dem Patrozinium von Mariazell, an den Gnadenort selbst führen. In der Eucharistiefeier vor der Basilika werden wir uns dem Hinweis Mariens folgend um Christus scharen, der in unsere Mitte tritt. Wir bitten ihn, ihn immer klarer schauen zu dürfen, ihn in unseren Mitmenschen zu erkennen, ihm in ihnen zu dienen und mit ihm den Weg zum Vater zu gehen. Als Pilger am Gnadenort werden wir im Gebet und über die Medien mit allen Gläubigen und Menschen guten Willens hier im Lande und weit darüber hinaus verbunden sein.

Pilgerschaft ist ja nicht nur der Weg zu einem Heiligtum hin. Wesentlich ist auch der Weg zurück in den Alltag. Unser wöchentlicher Alltag beginnt mit dem Sonntag – dem befreienden Geschenk Gottes, das wir annehmen und wahren wollen. So feiern wir diesen Sonntag im Hohen Dom von St. Stephan – dabei sind wir auch mit allen verbunden, die in den Pfarren Österreichs und der ganzen Welt die hl. Eucharistie feiern.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß das Geschenk des freien Sonntags und ein guter Teil der Freizeit in Österreich von zahlreichen Menschen zum freiwilligen Einsatz für andere genutzt wird. Auch solches Engagement, freigebig und selbstlos hingeschenkt zum Wohl und Heil der anderen, kennzeichnet den Pilgerweg unseres Lebens. Wer auf den Nächsten „schaut“ – ihn sieht und ihm Gutes erweist – schaut auf Christus und dient ihm. Von Maria geführt und ermutigt, wollen wir unseren christlichen Blick schärfen für die Herausforderungen, denen wir uns im Geist des Evangeliums stellen müssen, und dankbar und hoffnungsfroh aus einer manchmal schweren, aber immer auch begnadeten Vergan­genheit in eine verheißungsvolle Zukunft aufbrechen.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, liebe Freunde! Ich freue mich auf diese Tage in Österreich und sage zu Beginn meiner Pilgerreise Ihnen und Euch allen ein herzliches „Grüß Gott!“.
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APOSTOLISCHE REISE VON

PAPST BENEDIKT XVI.

NACH ÖSTERREICH

ANLÄSSLICH DER 850-JAHRFEIER

DES WALLFAHRTSORTES MARIAZELL

GEBET VOR DER MARIENSÄULE

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI. Platz "Am Hof", Wien

Freitag, 7. September 2007




Verehrter, lieber Herr Kardinal,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Brüder und Schwestern!

Als erste Etappe auf meinem Pilgerweg nach Mariazell habe ich die Mariensäule gewählt, um mit Ihnen einen Augenblick nachzudenken über die Bedeutung der Muttergottes für Österreich einst und jetzt sowie über ihre Bedeutung für einen jeden von uns. Von Herzen begrüße ich Sie alle, die Sie sich hier zum Gebet an der Mariensäule eingefunden haben. Ihnen, lieber Herr Kardinal, danke ich für Ihren herzlichen Willkommensgruß zu Beginn dieser unserer Feier. Ich begrüße den Herrn Bürgermeister der Hauptstadt und alle anwesenden Vertreter des öffentlichen Lebens. Mein besonderer Gruß gilt den Jugendlichen und den Vertretern der anderssprachigen katholischen Gemeinden in der Erzdiözese Wien, die sich im Anschluß an diesen Wortgottesdienst in der Kirche versammeln und bis morgen in Anbetung vor dem Allerheiligsten verharren werden. Ich habe gehört, dass sie schon drei Stunden dastehen. Ich kann sie nur bewundern und „Vergelt’s Gott“ sagen. Mit dieser Anbetung verwirklicht Ihr ganz konkret, was wir alle in diesen Tagen tun wollen: mit Maria auf Christus schauen.

Mit dem Glauben an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, geht seit frühesten Zeiten eine besondere Verehrung für seine Mutter einher, für die Frau, in deren Schoß er Menschennatur annahm und sogar ihren Herzschlag teilte, die einfühlsam und respektvoll sein Leben begleitete bis zu seinem Tod am Kreuz und deren Mutterliebe er am Ende den Lieblingsjünger und mit ihm die ganze Menschheit anvertraute. In ihrer Mütterlichkeit nimmt Maria auch heute Menschen aus allen Sprachen und Kulturen unter ihren Schutz, um sie in vereinter Vielfalt miteinander zu Christus zu führen. An sie können wir uns wenden in unseren Sorgen und Nöten. Von ihr sollen wir aber auch lernen, einander so liebevoll anzunehmen wie sie uns alle annimmt: einen jeden in seiner Eigenart, von Gott gewollt und geliebt. In der weltweiten Familie Gottes, in der für jeden Menschen ein Platz vorgesehen ist, soll jeder seine persönlichen Gaben zum Wohle aller entfalten.

Die Mariensäule, die Kaiser Ferdinand III. zum Dank für die Befreiung Wiens aus großer Gefahr auf diesem Platz errichten ließ und vor genau 360 Jahren einweihte, soll für uns auch heute ein Zeichen der Hoffnung sein. Wie viele Menschen haben seither vor dieser Säule innegehalten und betend zu Maria aufgeschaut! Wie viele haben in persönlichen Nöten die Kraft ihrer Fürsprache erfahren! Doch unsere christliche Hoffnung umfaßt noch weit mehr als die Erfüllung unserer kleinen und großen Wünsche. Wir schauen auf zu Maria, weil sie uns zeigt, zu welcher Hoffnung wir berufen sind (vgl. Eph Ep 1,18), weil sie das verkörpert, was der Mensch eigentlich ist!

Wir haben es vorhin in der Lesung gehört: Schon vor der Erschaffung der Welt hat Gott uns in Christus erwählt. Jeden von uns kennt und liebt er von Ewigkeit her! Und wozu hat er uns erwählt? Um in Liebe heilig und untadelig vor ihm zu leben! Und das ist keine unerfüllbare Aufgabe: In Christus hat er uns die Verwirklichung schon geschenkt. Wir sind erlöst! Durch unsere Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus hat Gott uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet. Öffnen wir unser Herz, nehmen wir das kostbare Erbe an! Dann werden wir mit Maria das Lob seiner herrlichen Gnade anstimmen. Und wenn wir weiter unsere alltäglichen Sorgen vor die makellose Mutter Christi hintragen, wird sie uns helfen, unsere kleinen Hoffnungen immer zu öffnen auf die große, die eigentliche Hoffnung hin, die unserem Leben Sinn gibt und uns mit tiefer, unzerstörbarer Freude erfüllen kann.

In diesem Sinne möchte ich nun mit Ihnen aufschauen zur Immaculata, ihrer Fürsprache die Bitten anvertrauen, die Sie vorhin vorgetragen haben, und sie um ihren mütterlichen Schutz für dieses Land und seine Bewohner bitten:

Heilige Maria, makellose Mutter unseres Herrn Jesus Christus, in dir hat Gott uns das Urbild der Kirche und des rechten Menschseins geschenkt. Dir vertraue ich das Land Österreich und seine Bewohner an: Hilf uns allen, deinem Beispiel zu folgen und unser Leben ganz auf Gott auszurichten! Laß uns, indem wir auf Christus schauen, ihm immer ähnlicher, wirklich Kinder Gottes werden! Dann können auch wir, erfüllt mit allem Segen seines Geistes, immer besser seinem Willen entsprechen und so zu Werkzeugen des Friedens werden für Österreich, für Europa und für die Welt. Amen.
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Benedikt XVI Predigten 20907