Benedikt XVI Predigten 147

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KONZERT ANLÄSSLICH DES 110. JAHRESTAGES DER

GEBURT VON PAPST PAUL VI.

Saal der Schweizer, Castelgandolfo

Mittwoch, 26. September 2007




Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern!

Wir haben zusammen einen stimmungsvollen musikalischen Abend erlebt, der uns die Gelegenheit gegeben hat, Stücke zu hören, die sicherlich bekannt, die aber auch in der Lage sind, immer neue und tiefe spirituelle Empfindungen zu wecken. Bedeutungsvoll ist der Anlaß für diese Veranstaltung, nämlich der Tag der Geburt des Dieners Gottes Paul VI. genau heute vor 110 Jahren, am 26. September 1897 in Concesio.

Mit großer Dankbarkeit richte ich meinen Gruß an Sie alle, die Sie an dieser Veranstaltung zum Gedenken an den großen Papst teilgenommen haben, der die Geschichte des 20. Jahrhunderts geprägt hat. Mein herzlicher Dank gilt denen, die dieses Konzert veranstaltet, organisiert und mit anerkannter Meisterschaft ausgeführt haben. Von Herzen grüße ich Kardinal Giovanni Battista Re, der aus der gleichen Gegend stammt wie Papst Montini. Einen besonderen Gruß richte ich an den Weihbischof in Brescia, Francesco Beschi – dem ich für Worte danke, die er soeben an mich gerichtet hat –, und an die weiteren hier anwesenden Bischöfe, Priester und an Sie alle. Mein ehrerbietiger Gruß gilt auch den verschiedenen Persönlichkeiten, die uns mit ihrer Gegenwart beehren. Besonders erwähnen möchte ich die Bürgermeister von Brescia und Bergamo, die weiteren zivilen und militärischen Obrigkeiten wie auch die Vertreter der Institutionen, die in besonderer Weise zur Verwirklichung dieser bedeutsamen Veranstaltung beigetragen haben. Vor allem möchte ich die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck bringen, indem ich den Solisten und allen Mitgliedern des Orchesters des Internationalen Klaviermusik-Festivals »Arturo Benedetti Michelangeli« aus Brescia und Bergamo unter der Leitung des bekannten Dirigenten Agostino Orizio meiner dankbaren Wertschätzung versichere. Mit außerordentlichem Talent und großer Wirkung haben sie Stücke von Vivaldi, Bach und Mozart aufgeführt und unserem Geist geholfen, in der Sprache der Musik die innere Harmonie der göttlichen Schönheit wahrzunehmen.

Am heutigen Abend hat uns das Hören berühmter Musikstücke Gelegenheit gegeben, an den berühmten Papst Paul VI. zu erinnern, der der Kirche und der Welt einen äußerst wertvollen Dienst erwiesen hat – in schwierigen Zeiten und unter gesellschaftlichen Bedingungen, die von tiefen kulturellen und religiösen Veränderungen geprägt waren. Wir ehren den von der Weisheit des Evangeliums erfüllten Geist dieses meines geschätzten Vorgängers, mit dem er die Kirche während und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil geleitet hat. Er nahm mit prophetischer Intuition die Hoffnungen und Sorgen der Menschen jener Zeit wahr; er bemühte sich, deren positive Erfahrungen zur Geltung zu bringen, indem er sie mit dem Licht der Wahrheit und der Liebe Christi, des einzigen Erlösers der Menschheit, zu erleuchten suchte. Seine Liebe zur Menschheit mit ihren Fortschritten, den wundervollen Entdeckungen, den Vorteilen und Erleichterungen der Wissenschaft und Technik hinderte ihn nicht daran, die Widersprüche, Irrtümer und Risiken eines wissenschaftlichen und technischen Fortschritts hervorzuheben, der von einem festen Bezug auf ethische und spirituelle Werte losgelöst ist. Seine Lehre ist deshalb auch heute noch aktuell; sie ist eine Quelle, aus der man schöpfen kann, um die Konzilstexte besser zu verstehen und die kirchlichen Ereignisse zu deuten, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gekennzeichnet haben.

Paul VI. leitete die Kirche mit Mut, Klugheit und einem evangeliumsgemäßen Realismus und Optimismus, die von einem unerschütterlichen Glauben genährt wurden. Er wünschte den Anbruch der »Zivilisation der Liebe«, in der Überzeugung, daß die Nächstenliebe des Evangeliums ein unentbehrliches Element für den Aufbau einer echten universalen Gemeinschaft darstellt. Nur wenn die Menschen Gott, der in Christus allen seine Liebe offenbart hat, als ihren Vater erkennen, können sie wirklich Brüder werden und sich als solche fühlen. Nur Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, kann das menschliche Herz zur Umkehr führen und ihm die Fähigkeit verleihen, zur Verwirklichung einer gerechten und solidarischen Gesellschaft beizutragen. Seine Nachfolger haben das geistliche Erbe des Dieners Gottes Paul VI. aufgenommen und sind auf diesem Weg weitergegangen. Beten wir, daß sein Vorbild und seine Lehre für uns Ermutigung und Anstoß sein mögen, Christus und die Kirche immer mehr zu lieben, beseelt von derselben unerschütterlichen Hoffnung, die Papst Montini bis zum Ende seines Lebens getragen hat. Mit diesen Empfindungen danke ich erneut allen, die diese musikalische Begegnung vorbereitet, angeregt und durchgeführt haben. Indem ich auf die Anwesenden den beständigen Schutz des Herrn herabrufe, erteile ich allen von Herzen den Apostolischen Segen.

AN DIE ZWEITE GRUPPE DER BISCHÖFE DES LATEINISCHEN RITUS DER UKRAINE ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHS Castelgandolfo - Donnerstag, 27. September 2007

Herr Kardinal,

verehrte Brüder im Bischofsamt!

»Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater« (Col 1,2)! Mit diesem apostolischen Gruß wende ich mich an euch, Mitglieder des Episkopats des lateinischen Ritus der Ukraine. Ich wünsche jedem von euch jene Gnade und jenen Frieden des Herrn, die das Geheimnis unserer Sendung als Bischöfe im Dienst am Menschen sind. Zum Abschluß des »Ad-limina«-Besuchs, der mir die Möglichkeit gegeben hat, euch persönlich zu begegnen, die tatsächliche Situation jeder einzelnen eurer Diözesen besser kennenzulernen und mit euch die Hoffnungen und Probleme zu teilen, die deren täglichen Weg kennzeichnen, danke ich Gott für alles, was er in seiner barmherzigen Liebe durch euer Hirtenamt vollbringt. Einen besonderen Gruß richte ich an Kardinal Marian Jaworski und danke ihm für seine Worte, die die Meinung von euch allen zum Ausdruck gebracht haben. Ich habe in seinem Beitrag den von euch gehegten lebhaften Wunsch wahrgenommen, die Einheit und Zusammenarbeit unter euch zu stärken, um vereint die derzeit auftretenden großen sozialen, kulturellen und geistlichen Herausforderungen anzugehen. Ihr werdet nicht müde, mögliche Lösungen auch im Dialog mit den lokalen Behörden zu finden, mit dem einzigen Ziel, euch seelsorglich um die Herde zu kümmern, die der Herr euch anvertraut hat. Mit großer Wertschätzung habe ich von der Anstrengung eurer Diözesen auf katechetischem, liturgischem, apostolischem und karitativem Gebiet Kenntnis genommen: ein Programm, das auch dahin tendiert, das Verlangen nach der Katholizität zu stärken, durch die sich alle Getauften als Glieder des einen Leibes Christi fühlen.

Euer pastorales Wirken, verehrte Brüder, erstreckt sich auf ein Gebiet, in dem Katholiken des lateinischen und des griechisch-katholischen Ritus zusammenleben, gemeinsam mit anderen Gläubigen, die den Grund ihres Lebens in dem einen Herrn Jesus Christus finden. Auch unter Katholiken ist die Zusammenarbeit nicht immer leicht, ist es doch normal, daß wegen der Verschiedenheit der jeweiligen Traditionen unterschiedliche Sensibilitäten zutage treten. Aber kann man es nicht als eine von der Vorsehung gewollte Chance ansehen, daß da zwei in ihren Traditionen unterschiedliche Gemeinschaften zusammenleben, die aber voll katholisch sind und beide gewillt, dem einen Kyrios zu dienen und sein Evangelium zu verkünden? Die Einheit der Katholiken, unbeschadet der Verschiedenheit der Riten, und die Bemühung, diese Einheit in jeder Umgebung zu bekunden, zeigen das echte Antlitz der katholischen Kirche und ist ein sehr beredtes Zeichen auch für die anderen Christen und für die ganze Gesellschaft. Aus eurer Analyse ergibt sich eine Reihe von Problemen, deren Lösung eine unverzichtbare Synergie der Kräfte für eine erneuerte Verkündigung des Evangeliums erforderlich macht. Die langen Jahre der atheistischen und kommunistischen Herrschaft haben in den heutigen Generationen sichtbare Spuren hinterlassen. Sie sind gleichfalls Herausforderungen, die euch, liebe Brüder, auf den Plan rufen und mit Recht im Zentrum eurer pastoralen Sorgen und Pläne stehen.

»Ut unum sint«! Das Gebet Christi im Abendmahlssaal ist in der Kirche als Aufforderung zur unermüdlichen Suche nach der Einheit ständig zu vernehmen. Wenn sich die Gemeinschaft innerhalb der katholischen Gemeinden festigt, wird es leichter sein, einen fruchtbaren Dialog zwischen der katholischen Kirche und den anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zu führen. Der ökumenische Anspruch wird von euch nachdrücklich wahrgenommen, lebt ihr doch seit Jahrhunderten mit unseren orthodoxen Brüdern zusammen und trachtet, mit ihnen im Alltag in einen Dialog einzutreten, der viele Aspekte des Lebens umfaßt. Mögen die Schwierigkeiten und Hindernisse, ja selbst gelegentliche Mißerfolge euren Enthusiasmus, weiter in diese Richtung zu gehen, nicht bremsen. Mit Geduld und Demut, mit Liebe, Wahrheit und Öffnung des Herzens wird der Weg, der gegangen werden soll, weniger schwierig, vor allem dann, wenn die grundlegende Sichtweise nicht aufgegeben wird, nämlich die Überzeugung, daß alle Jünger Christi aufgerufen sind, in seinen Spuren zu wandeln, indem sie sich von seinem Geist, der in der Kirche immer am Werk ist, fügsam leiten lassen.

Liebe Brüder, noch auf viele andere der Themen, mit denen wir uns in unseren persönlichen Gesprächen auseinandergesetzt haben, würde ich gern zurückkommen, um euch zu ermutigen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Ich denke zum Beispiel an die grundlegende Forderung nach einer angemessenen Ausbildung der Priester, damit sie ihre Sendung besser erfüllen können; ebenso denke ich an die Sorge um Berufungen: sie ist eine pastorale Priorität, um Arbeiter für die Ernte des Herrn sicherzustellen. In ihrer großen Mehrheit sind die Priester Zeugen echter Opferbereitschaft, großherziger Freude und demütiger Anpassung an die prekären Situationen, unter denen sie manchmal auch unter finanziellen Schwierigkeiten arbeiten müssen. Gott möge sie stets bewahren und schützen! Liebt sie, denn sie sind für euch unersetzliche Mitarbeiter, unterstützt und ermutigt sie, betet mit ihnen und für sie! Seid für sie liebevolle Väter, an die sie sich vertrauensvoll wenden können. Ich weiß um eure Anstrengungen, mit verschiedenen Initiativen die Priesterberufe zu fördern. Tragt dafür Sorge, daß die Priesteramtskandidaten in den Seminaren eine harmonische und vollständige Ausbildung erhalten. Begleitet die jungen Priester bei den ersten Schritten in ihrem Amt und vernachlässigt nicht die ständige Weiterbildung der Priester. Mit Genugtuung habe ich von der Präsenz und dem Einsatz der Männer und Frauen des geweihten Lebens gehört: Das ist ein echtes Geschenk für das geistliche Wachstum jeder Gemeinde. Die Sorge für Berufungen setzt natürlich eine wirksame Familienpastoral voraus. Die Ausbildung eines Laienstandes, der in der Lage ist, über den Glauben Rechenschaft abzulegen, erweist sich in unseren Tagen als immer notwendiger und ist eines der pastoralen Ziele, das mit Nachdruck verfolgt werden muß.

Liebe und verehrte Brüder, die Umstände insgesamt mit den jeweiligen Schwierigkeiten könnten eure Arbeit manchmal als sehr mühsam erscheinen lassen, als würde sie tatsächlich die menschlichen Kräfte übersteigen. Fürchtet euch nicht, der Herr ist immer bei euch! Bleibt daher mit ihm im Gebet und im Hören seines Wortes verbunden. Maria, der jungfräulichen Gottesmutter und Mutter der Kirche, vertraue ich euch und eure Gemeinden an, damit sie euch schütze und immer mit mütterlicher Hand führe, während ich euch herzlich den Apostolischen Segen erteile.
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AN EINE DELEGATION DER HOCHSCHULE FÜR

KATHOLISCHE KIRCHENMUSIK REGENSBURG Saal der Schweizer, Castelgandolfo

Freitag, 28. September 2007




Verehrter, lieber Herr Prälat Hüttner!
Verehrter, lieber Herr Rektor!
Verehrte Professorinnen und Professoren, Dozentinnen und Dozenten,
Studentinnen und Studenten!
Meine Damen und Herren!

Es ist für mich eine große Freude, die Hochschule für Kirchenmusik Regensburg hier im ausgehenden Sommer in Castelgandolfo sozusagen als Abgesang der Ferien und als Ermutigung für die Rückkehr nach Rom empfangen zu dürfen und Sie herzlich zu begrüßen. Ich habe vor allen Dingen gleich zu danken: Sie haben mir mitgegeben, was ich zu Hause dann nachhören kann aus Ihrer Musik, und mich lebendig Musik erleben lassen. Die Auferstehungsfreude ist in dem Oratorium des Auferstehungstages lebendig geworden; es wurde sichtbar, wie uralte Musik frisch und neu ist, wenn sie wieder neu im Herzen geschaffen wird. Und ich durfte einer Uraufführung beiwohnen, für die ich sehr herzlich danke – das Wort »Ubi Caritas, ibi Deus« ist so in unseren Herzen lebendig geworden, Sie haben es zum Klingen gebracht und werden diese Botschaft auch weitertragen. Ich bin sicher, daß diese Motette vielen Chören eine Freude sein wird und daß sie so zu vielen Menschen die Botschaft von der Liebe Gottes tragen kann.

Sie, lieber Herr Prälat, haben auf die Ursprünge der Hochschule für Kirchenmusik hingewiesen. Ich war ja bei der 100-Jahr-Feier dabei und erinnere mich daran sehr gerne. Damals – in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – ist Ihre Institution als meines Wissens erste Kirchenmusikschule dieser Art in der neueren Zeit entstanden, und auch das »Pontificio Istituto di Musica Sacra« hat sich daran inspiriert. Die Gründung geschah im Zusammenhang eines Neuaufbruchs der Kirchenmusik, einer Suche danach, sie neu zu verstehen und sie von ihrem Wesen her zu erneuern – ein Vorgang, der immer wieder nötig ist. Wir wissen ja, wie in den seither vergangenen rund 130 Jahren immer wieder nach dem Wesen der Kirchenmusik, nach ihrer rechten Verwirklichung gefragt werden mußte: daß das Vaticanum II einen neuen Anstoß gab und die Frage heute so lebendig ist wie damals.

Wenn man versucht, Kirchenmusik von ihrem Wesen her und auf ihr Wesen hin zu erneuern, stellt sich die Frage: Was ist das eigentlich, ihr Wesen – das Wesen von Kirchenmusik, die nicht bloß allgemein religiöse Musik, sondern Musik der Kirche darstellt; die nicht Zutat zur Liturgie, sondern selbst Liturgie ist, wie das Zweite Vaticanum betont? Bei dieser Frage, die entscheidend ist, damit wir den Weg der Erneuerung finden können, ist mir immer ein Satz das Leitwort, den aus den Psalmen heraus der hl. Benedikt in seiner Regel den Mönchen als Wegweisung für ihren Psalmengesang gegeben hat: »Coram angelis psallam tibi, domine – Im Angesicht der Engel will ich dir singen, o Gott.«

Da sind zwei Bezugspunkte angegeben. Der erste heißt »tibi« – wir singen »dir«. Es handelt sich um Begegnung mit dem lebendigen Gott. Wir singen nicht einfach für uns selber, führen etwas auf; wir singen auf ein Du hin. Wir singen, ihn vor Augen und um zu ihm vorzudringen. Wir singen für Gott – für den Gott, der kein Unbekannter für uns ist, sondern ein Gesicht hat, das Gesicht Jesu Christi. Für den Gott, der »Logos«, Wort, Vernunft und Liebe ist. Zu solcher Begegnung muß also gehören: Einerseits, daß es sich um Musik handelt, die sich dem Wort verpflichtet weiß, die von der Vernunft erleuchtet ist; andererseits daß es Musik ist, die aus dem Herzen kommt, die von der Liebe inspiriert wird.

Der zweite Gesichtspunkt lautet: »coram angelis « – vor den Engeln singen wir. Benedikt wollte sicher den Mönchen sagen, sie sollten bedenken, daß bei ihrem Chor im stillen die Engel anwesend sind, daß sie zuhören und der Gesang so sein soll, daß die Engel ihn hören können. Aber es ist mehr – es ist nicht nur, daß die Engel da sind und zuhören. Sondern wir singen mit ihnen. Wir sollten also das »Ohr des Herzens« so weit öffnen, daß wir sozusagen den Gesang der Engel innen verstehen und in ihn einstimmen, mit ihnen mitsingen können. Gemeint sind natürlich dann bei diesem Mitsingen nicht nur die Engel, sondern die ganze Gemeinschaft der Heiligen aller Orte und Zeiten.

Wir singen zuerst für dieses Du – für den Einen. Aber singen und spielen (»psallere« ist an sich ein instrumentenbegleitetes Singen), nicht nur als Individuen, sondern im Einklang mit dem großen Gesang von Himmel und Erde, mit dem Gesang aller Zeiten. Das bedeutet dann für die Kirchenmusik, so wie sie sich an diesem Gott, der Logos und Liebe ist, orientiert und von ihm inspirieren und berühren läßt, daß sie sich auch hineingenommen weiß in das große Singen der Jahrhunderte, in das Singen der vergangenen Chöre wie der künftigen, auf die sie sich ausspannt. Daraus ergibt sich, wie mir scheint, sowohl die Bindung wie die Freiheit der Kirchenmusik: Die Bindung besteht nicht so sehr in äußeren Rechtsvorschriften als darin, daß wir uns diesem Du zuwenden, von ihm uns formen, reinigen und erleuchten lassen, und uns damit zugleich in die große Symphonie des Wir hineingeben und in ihr versuchen, keine Mißtöne zu bringen, sondern zu bereichern und auszuweiten. Diese Bindung ist zugleich Freiheit, denn wir singen nicht nur mit der Kirche der Vergangenheit, sondern auch mit der Kirche der Zukunft. Deswegen ist das Schöpferische und Weite immer wieder angefragt. Die Wegweisung, die es vom Du Gottes und vom Wir der Gemeinschaft der Heiligen her empfängt, verengt nicht, sondern gibt die Inspiration, die zu wahrer Kreativität nötig ist.

Die Hochschule für Kirchenmusik Regensburg hat sich immer diesem Programm verpflichtet gewußt. Sicher – wenn wir heute zurückschauen, würden wir sagen, daß es am Anfang auch Einseitigkeiten oder Verengungen gegeben hat. Dennoch war immer der große Auftrag im Blick, dieser Weise des weitergehenden Singens und Spielens vor Gott zu dienen. Immer ging es darum, Kirchenmusik zu realisieren, die Musik für Gott und gerade darum wirkliche Musik ist. Sie dürfte nicht Kirchenmusik heißen, wenn sie nicht auch wahrhaft zur großen Realität der Musik dieser Welt gehören würde.

So bleibt mir am Schluß, Dank zu sagen: Ihnen, Herr Prälat, für das, was Sie gesagt haben; Ihnen, Herr Rektor, für Ihre humorvollen und freundlichen Worte, für die schönen Erinnerungen, die Sie aufgeweckt haben; Dank zu sagen für die Gaben – die lebendige Gabe des Gesangs wie die Gabe, die ich dann nach Hause trage, um weiter die Kirchenmusikhochschule Regensburg zu hören; und zu danken für Ihre Arbeit. Der Kirchenmusikschule ist es ja aufgetragen, jungen Menschen die Freude am Musizieren in der Kirche und für Gott zu geben; ihnen das Können zu geben, das dazu nötig ist, damit sie wirkliche Musiker sind, Meister ihres Fachs; zugleich aber zu helfen, daß sie nicht nur Könner des Musizierens sind, sondern von innen auch Mitträger des liturgischen Geschehens, des Singens vor Gott und für Gott.

Ihnen allen danke ich von Herzen für diesen Dienst. Der Kirchenmusikhochschule Regensburg wünsche ich, besonders den jungen Menschen, für die Zukunft viel Freude und viel Segen von Gott her.

In diesem Sinn darf ich Ihnen jetzt den päpstlichen Segen erteilen.
Oktober 2007


AN HERRN ANTONIO ZANARDI LANDI,

BOTSCHAFTER ITALIENS BEIM HL. STUHL Donnerstag, 4. Oktober 2007



Herr Botschafter!

Gern nehme ich das Schreiben entgegen, mit dem der Präsident der Republik Italien Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter beim Heiligen Stuhl akkreditiert. Aus diesem freudigen Anlaß, der durch den Festtag des hl. Franz von Assisi, Patron von Italien, noch zusätzliche Bedeutung erhält, freue ich mich, Sie herzlich willkommen zu heißen. Wie Sie hervorgehoben haben, sind die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der italienischen Nation durch enge Bande der Zusammenarbeit gekennzeichnet. Das zeigt sich bei zahllosen Gelegenheiten; es soll genügen, die Aufnahme, die geistliche Unterstützung und die Freundschaft zu erwähnen, die die Italiener dem Papst im Rahmen der Begegnungen und seiner Besuche in Rom und in anderen Städten der Halbinsel bezeugen. In dieser Nähe kommt ganz konkret jene besondere Verbindung zum Ausdruck, die Italien schon lange mit dem Nachfolger des Apostels Petrus vereint, der seinen Sitz im Bereich dieses Landes hat – nicht ohne einen geheimnisvollen Plan der göttlichen Vorsehung.

Herr Botschafter, ich möchte Ihnen danken, daß Sie mir den Gruß des Herrn Präsidenten der Republik überbracht haben. Ich bin ihm dankbar für die ehrerbietigen Empfindungen, die er mir bei verschiedenen Gelegenheiten zum Ausdruck bringen konnte. Ich erwidere seinen Gruß und verbinde ihn mit dem Wunsch, daß das italienische Volk in der Treue zu den Grundsätzen, an denen sich sein Weg in der Vergangenheit orientiert hat, auch in dieser Zeit, die von weitreichenden und tiefen Wandlungen gekennzeichnet ist, voranschreiten möge auf dem Weg des wahren Fortschritts. So wird Italien einen wertvollen Beitrag zur internationalen Gemeinschaft leisten können, indem es jene menschlichen und christlichen Werte fördert, die ein unverzichtbares geistliches Erbe darstellen und die seine Kultur und seine weltliche und religiöse Geschichte beseelt haben. Ihrerseits wird die katholische Kirche auch weiterhin, wie bereits in der Vergangenheit, der bürgerlichen Gesellschaft ihre besondere Unterstützung anbieten, indem sie das, was sich an Wahrem, Gutem und Schönem in ihr findet, fördert und erhöht und alle Bereiche der menschlichen Tätigkeit mit dem erhellt, was dem Evangelium entspricht und dem Wohl aller dient, den verschiedenen Zeiten und Situationen gemäß.

Auf diese Weise wird nämlich der Grundsatz verwirklicht, den das Zweite Vatikanische Konzil dargelegt hat: »Die politische Gemeinschaft und die Kirche sind je auf ihrem Gebiet voneinander unabhängig und autonom. Beide aber dienen, wenn auch in verschiedener Begründung, der persönlichen und gesellschaftlichen Berufung der gleichen Menschen« (Gaudium et Spes GS 76). Dieses Prinzip, das auch von der Verfassung der italienischen Republik maßgeblich vertreten wird (vgl. Art. 7), begründet die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem italienischen Staat, wie auch in der Vereinbarung noch einmal hervorgehoben wurde, die im Jahre 1984 Veränderungen am Laterankonkordat angebracht hat. Diese Vereinbarung bekräftigt sowohl die Unabhängigkeit und die Souveränität des Staates und der Kirche als auch die Zusammenarbeit zur Förderung des Menschen und des Wohls der ganzen nationalen Gemeinschaft. Indem sie dieses Ziel verfolgt, strebt die Kirche nicht nach Macht, noch verlangt sie Privilegien oder trachtet nach wirtschaftlich oder sozial vorteilhaften Positionen. Ihr einziges Ziel ist es, dem Menschen zu dienen, wobei sie sich, als oberste Maßregel, an den Worten und am Beispiel Jesu Christi orientiert, der »umherzog, Gutes tat und alle heilte« (Ac 10,38). Daher fordert die katholische Kirche, ihrem besonderen Wesen entsprechend berücksichtigt zu werden und die ihr eigene Sendung in Freiheit durchführen zu können, zum Wohl nicht nur der eigenen Gläubigen, sondern aller Italiener.

Gerade aus diesem Grund ist die Kirche, wie ich im letzten Jahr in Verona aus Anlaß des Kongresses der katholischen Kirche in Italien sagte, »kein politischer Handlungsträger und will dies auch nicht sein. Gleichzeitig ist sie jedoch sehr interessiert am Wohl der politischen Gemeinschaft, deren Seele die Gerechtigkeit ist, und sie bietet ihr auf zweifacher Ebene ihren spezifischen Beitrag an«. Und ich fügte hinzu: »Der christliche Glaube reinigt nämlich die Vernunft und hilft ihr, besser sie selbst zu sein: Durch ihre Soziallehre, deren Inhalt seinen Ausgangspunkt bei dem nimmt, was der Natur jedes Menschen entspricht, trägt die Kirche daher dazu bei, daß das, was gerecht ist, nachhaltig erkannt und dann auch umgesetzt werden kann. Zu diesem Zweck sind natürlich moralische und geistliche Kräfte unverzichtbar, die es ermöglichen, die Erfordernisse der Gerechtigkeit den persönlichen Interessen oder den Interessen einer gesellschaftlichen Kategorie oder auch eines Staates voranzustellen: Hier ist für die Kirche wiederum ein sehr großer Raum vorhanden, um diese Kräfte in den Gewissen zu verankern, sie zu nähren und zu festigen« (Ansprache an die Teilnehmer des IV. Nationalen Kongresses der Kirche in Italien, 19. Oktober 2006; in O.R. dt., Nr. 43, 27.10.2006, S. 9). Ich wünsche von Herzen, daß die Zusammenarbeit zwischen allen Teilen der geschätzten Nation, die Sie vertreten, nicht nur dazu beitragen möge, das kulturelle und geistliche Erbe, das sie auszeichnet und das integraler Bestandteil ihrer Geschichte ist, mit Bedacht zu bewahren, sondern ein noch größerer Ansporn sein möge, nach neuen Wegen zu suchen, um in angemessener Weise den großen Herausforderungen zu begegnen, die die postmoderne Epoche kennzeichnen. Unter diesen möchte ich nur erwähnen: die Verteidigung des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen, den Schutz aller Rechte der Person und der Familie, den Aufbau einer solidarischen Welt, die Achtung der Schöpfung sowie den interkulturellen und interreligiösen Dialog.

In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Botschafter, bereits unterstrichen, daß die harmonischen Beziehungen zwischen Staat und Kirche es erlaubt haben, wichtige Ziele zur Förderung eines ganzheitlichen Humanismus zu erreichen. Sicher, es bleibt noch viel zu tun, und der 60. Jahrestag der Erklärung der Menschenrechte, den wir im kommenden Jahr begehen werden, kann eine nützliche Gelegenheit für Italien sein, im internationalen Kontext seinen eigenen Beitrag zu leisten zur Schaffung einer gerechten Ordnung, in deren Mittelpunkt stets die Achtung des Menschen, seiner Würde und seiner unveräußerlichen Rechte stehen muß. Darauf habe ich in der diesjährigen Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages Bezug genommen mit den Worten: »Diese Erklärung wird wie eine Art von der gesamten Menschheit übernommene moralische Verpflichtung angesehen. Darin liegt eine tiefe Wahrheit, vor allem, wenn als das Fundament der in der Erklärung beschriebenen Rechte nicht nur einfach der Beschluß der Versammlung angesehen wird, die sie approbiert hat, sondern die Natur des Menschen selbst und seine unveräußerliche Würde als einer von Gott erschaffenen Person«. Anschließend bemerkte ich: »Darum ist es wichtig, daß die internationalen Organe das natürliche Fundament der Menschenrechte nicht aus den Augen verlieren. Das bewahrt sie vor der leider immer latent vorhandenen Gefahr, in eine nur positivistische Interpretation dieser Rechte abzugleiten. Sollte dies geschehen, würde sich herausstellen, daß die internationalen Organe nicht über das nötige Ansehen verfügen, um ihre Rolle als Verteidiger der Grundrechte der Person und der Völker zu entfalten — eine Aufgabe, in der aber die grundsätzliche Rechtfertigung ihres Daseins und ihres Handelns besteht« (Nr. 13; in O.R. dt., Nr. 51/52, 22.12.2006, S. 10). Kraft seiner jüngst erfolgten Wahl als Mitglied des UN-Menschenrechtsrats und noch mehr aufgrund der ihm eigenen Tradition der Menschlichkeit und der Großherzigkeit muß Italien sich verpflichtet fühlen zu einem unermüdlichen Einsatz für den Aufbau des Friedens und die Verteidigung der Würde des Menschen und aller seiner unveräußerlichen Rechte, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit.

Herr Botschafter, zum Abschluß meiner Reflexionen möchte ich Ihnen meine Wertschätzung und Unterstützung und die meiner Mitarbeiter zusichern, damit Sie die hohe Sendung, die Ihnen anvertraut ist, gut erfüllen können. Dazu rufe ich die himmlische Fürsprache des »Poverello« von Assisi, der hl. Katharina von Siena und besonders den mütterlichen Schutz Marias, der »Castellana d’Italia«, an, während ich mich freue, Ihnen, Ihrer Familie und dem geliebten italienischen Volk einen besonderen Apostolischen Segen zu erteilen.



AN DIE MITGLIEDER DER

INTERNATIONALEN THEOLOGENKOMMISSION

ZUM ABSCHLUSS IHRER JAHRESVOLLVERSAMMLUNG Freitag, 5. Oktober 2007



Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im Bischofsamt,
geehrte Herren Professoren und liebe Mitarbeiter!

Mit besonderer Freude empfange ich Sie zum Abschluß der Arbeiten Ihrer Jahresvollversammlung. Ich möchte zunächst meinen tiefempfundenen Dank für die ehrerbietigen Worte aussprechen, die Sie, Herr Kardinal, als Präsident der Internationalen Theologenkommission in Ihrer Grußadresse im Namen von Ihnen allen an mich gerichtet haben. Die Arbeiten dieses siebten »Quinquenniums« der Internationalen Theologenkommission haben, wie Sie, Herr Kardinal, erwähnten, mit der Veröffentlichung des Dokuments »Heilshoffnung für Kinder, die ohne Taufe sterben« bereits ein konkretes Ergebnis erbracht. Darin wird dieses Thema im Kontext des universalen Heilswillens Gottes, der Universalität der einen Mittlerschaft Christi, des Vorrangs der göttlichen Gnade und der Sakramentalität der Kirche behandelt. Ich vertraue darauf, daß dieses Dokument für die Hirten der Kirche und für die Theologen ein nützlicher Bezugspunkt sein kann, und auch eine Hilfe und Trostquelle für die Gläubigen, die in ihren Familien den unerwarteten Tod eines Kindes erlitten haben, bevor es das Bad der Erneuerung empfangen hatte. Ihre Überlegungen werden auch Gelegenheit zu weiteren Vertiefungen und Untersuchungen über das Thema sein können. Wir müssen immer tiefer eindringen in das Verständnis der verschiedenen Erscheinungsformen der Liebe Gottes zu allen Menschen, besonders zu den Kleinen und Ärmsten, die uns in Christus offenbar geworden ist.

Ich beglückwünsche Sie zu den bereits erzielten Ergebnissen und ermuntere Sie gleichzeitig, engagiert mit dem Studium der anderen Themen fortzufahren, die für dieses Quinquennium vorgesehen sind und über die Sie schon in den vergangenen Jahren und bei dieser Vollversammlung gearbeitet haben. Sie bilden, wie Sie, Herr Kardinal, erwähnt haben, die Grundlagen des natürlichen Sittengesetzes und die Grundsätze der Theologie und ihrer Methode. Bei der Audienz am 1. Dezember 2005 legte ich einige Grundlinien der Arbeit dar, die der Theologe in Gemeinschaft mit der lebendigen Stimme der Kirche unter der Leitung des Lehramtes vollbringen muß. Ich möchte jetzt besonders bei dem Thema verweilen, das dem natürlichen Sittengesetz gewidmet ist. Wie wahrscheinlich bekannt ist, werden auf Einladung der Kongregation für die Glaubenslehre von verschiedenen Universitätszentren und Vereinigungen Symposien oder Studientage abgehalten bzw. vorbereitet, mit dem Ziel, brauchbare Grundlinien und Übereinstimmungen für eine konstruktive und wirksame Vertiefung der Lehre über das natürliche Sittengesetz auszumachen. Diese Einladung hat bisher positive Aufnahme und beachtliches Echo gefunden. Man erwartet daher mit großem Interesse den Beitrag der Internationalen Theologenkommission, der sich vor allem zum Ziel setzt, die Grundlagen einer universalen Ethik zu rechtfertigen und darzulegen, die zum großen Erbe der menschlichen Weisheit gehört, das in gewisser Weise eine Teilhabe des vernunftbegabten Geschöpfes am ewigen Gesetz Gottes darstellt. Es handelt sich also nicht um ein ausschließlich oder vorwiegend konfessionell (d.h. für ein bestimmtes religiöses Bekenntnis) bedeutsames Thema, auch wenn die Lehre über das natürliche Sittengesetz in ihrer Fülle im Licht der christlichen Offenbarung und der Vollendung des Menschen im Geheimnis Christi erhellt und entwickelt wird.

Der Katechismus der Katholischen Kirche faßt den Kerninhalt der Lehre über das natürliche Sittengesetz treffend zusammen, wenn er feststellt: »Das natürliche Sittengesetz drückt die ersten wesentlichen Gebote aus, die das sittliche Leben regeln. Angelpunkt des Sittengesetzes ist das Verlangen nach Gott und die Unterordnung unter ihn, den Quell und Richter alles Guten, sowie der Sinn für den Mitmenschen als ein ebenbürtiges Wesen. In seinen Hauptgeboten wird es im Dekalog vorgelegt. Dieses Gesetz wird nicht in bezug auf die Natur der vernunftlosen Wesen natürlich genannt, sondern weil die Vernunft, die es verkündet, zur menschlichen Natur gehört« (Nr. 1955). Mit dieser Lehre werden zwei wesentliche Ziele erreicht: Einerseits erkennt man, daß der ethische Inhalt des christlichen Glaubens keine dem Gewissen des Menschen von außen diktierte Auferlegung darstellt, sondern eine Norm, die ihren Grund in der menschlichen Natur selbst hat; andererseits wird vom natürlichen Gesetz her, das an sich jedem vernunftbegabten Geschöpf zugänglich ist, die Basis gelegt, um mit allen Menschen guten Willens und, allgemeiner gesagt, mit der zivilen und säkularen Gesellschaft in einen Dialog zu treten.

Aber gerade aufgrund des Einflusses kultureller und ideologischer Faktoren befindet sich die zivile und säkulare Gesellschaft heute in einer Situation der Verlorenheit und Verwirrung: Die ursprüngliche Offenkundigkeit der Fundamente des Menschen und seines ethischen Handelns sind verloren gegangen, und die Lehre vom natürlichen Sittengesetz kollidiert mit anderen Auffassungen, die deren direkte Leugnung darstellen. Das alles hat enorme und schwerwiegende Folgen für die zivile und soziale Ordnung. Bei nicht wenigen Denkern scheint heute eine positivistische Rechtsauffassung vorzuherrschen. Nach ihnen werden die Menschheit bzw. die Gesellschaft oder de facto die Mehrheit der Bürger die letzte Quelle des Zivilrechts. Das Problem, das sich ihnen stellt, ist also nicht die Suche nach dem Guten, sondern die Suche nach der Macht oder vielmehr nach dem Gleichgewicht der Mächte. Ihre Wurzel hat diese Strömung im ethischen Relativismus, in dem einige geradezu eine der Grundvoraussetzungen für die Demokratie sehen, weil der Relativismus die Toleranz und die gegenseitige Achtung der Menschen gewährleiste. Wenn aber das zuträfe, würde eine Augenblicksmehrheit letzte Quelle des Rechts werden. Die Geschichte zeigt mit großer Deutlichkeit, daß die Mehrheiten irren können. Die wahre Vernünftigkeit wird nicht von der Zustimmung einer großen Zahl gewährleistet, sondern nur von der Transparenz der menschlichen Vernunft für die schöpferische Vernunft und vom gemeinsamen Hören auf diese Quelle unserer Vernünftigkeit.

Wenn die fundamentalen Bedürfnisse der Würde des Menschen, seines Lebens, der Institution der Familie, der Gerechtigkeit der sozialen Ordnung, das heißt die Grundrechte des Menschen auf dem Spiel stehen, kann kein von Menschen geschaffenes Gesetz die vom Schöpfer in das Herz des Menschen eingeschriebene Norm umstoßen, ohne daß die Gesellschaft selbst in dramatischer Weise in dem getroffen wird, was ihre unverzichtbare Grundlage darstellt. Das Naturrecht wird so zu der jedem Menschen gebotenen wahren Gewähr dafür, frei und in seiner Würde geachtet zu leben und vor jeder ideologischen Manipulation und vor jeder Willkür und jedem Übergriff des Stärkeren bewahrt zu werden. Niemand kann sich dieser Mahnung entziehen. Wenn es aufgrund einer tragischen Verdunkelung des kollektiven Gewissens dem Skeptizismus und ethischen Relativismus gelänge, die grundlegenden Prinzipien des natürlichen Sittengesetzes auszulöschen, so würde die demokratische Ordnung selbst in ihren Fundamenten radikal verletzt. Gegen diese Verdunkelung, die noch vor der christlichen eine Krise der menschlichen Zivilisation bedeutet, müssen alle Gewissen der Menschen guten Willens, Laien und auch Angehörige anderer Religionen, mobilisiert werden, damit sie sich gemeinsam und tatkräftig dafür einsetzen, in der Kultur und in der zivilen und politischen Gesellschaft die notwendigen Bedingungen für ein volles Bewußtsein des unveräußerlichen Wertes des natürlichen Sittengesetzes zu schaffen. Von seiner Achtung hängt in der Tat das Fortschreiten der einzelnen und der Gesellschaft auf dem Weg des wahren Fortschritts in Übereinstimmung mit der rechten Vernunft ab, die Teilhabe an der ewigen Vernunft Gottes ist.

Meine Lieben, mit Dankbarkeit spreche ich Ihnen allen meine Wertschätzung aus für die Hingabe, die Sie auszeichnet, und meine Anerkennung für die Arbeit, die Sie geleistet haben und noch leisten. Mit meinen Wünschen für Ihre künftigen Aufgaben erteile ich Ihnen von Herzen meinen Segen.



AN DIE ÖSTERREICHISCHE ALPINE SKINATIONALMANNSCHAFT Samstag, 6. Oktober 2007

Liebe Sportlerinnen und Sportler!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist mir eine Freude, wenige Wochen nach meinem Besuch in Ihrer schönen Heimat, an den ich gerne zurückdenke, Sie hier im Vatikan begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen im Apostolischen Palast, dem Haus des Nachfolgers des Apostels Petrus. Ihnen, Herr Präsident Professor Schröcksnadel und Frau Hosp, danke ich für die freundlichen Worte, die Sie im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet haben.

Man kann zu Recht sagen, daß Sie als Mitglieder der Österreichischen Alpinen Skinationalmannschaft Botschafter dieser bedeutenden Ski- und Wintersportregion vor der Welt sind. Ebenso sind Sie nach innen, in Ihrer Heimat, wo der Wintersport einen hohen Stellenwert genießt, gewissermaßen auch Integrationsfiguren. Dies liegt nicht nur an Ihren großen sportlichen Leistungen, die viele Menschen mit Bewunderung verfolgen, sondern auch an den Tugenden und Werten, die den Sport in besonderer Weise auszeichnen: Ausdauer, Zielstrebigkeit, Einsatz- und Opferbereitschaft, innere und äußere Disziplin, Achtung vor dem anderen, Teamgeist, Solidarität, Gerechtigkeit, Fairneß, Bewußtsein eigener Fehlbarkeit und andere mehr. Dies sind Tugenden, die auch im Alltag einen wichtigen Platz haben und immer wieder neu trainiert werden müssen. Ihnen, meine lieben Sportlerinnen und Sportlern, kommt eine nicht unbedeutende Rolle in der Gesellschaft zu, wenn Sie diesen Haltungen und Überzeugungen ein Gesicht verleihen und sie über Ihre sportlichen Aktivitäten hinaus im familiären, sozialen, kulturellen und religiösen Engagement authentisch verkörpern. Dies kann besonders für die jungen Menschen ein wertvoller Beitrag sein angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen, des zunehmenden Verlusts an Werten und einer wachsenden Orientierungslosigkeit.

Beim Sport geht es um den ganzen Menschen. Leib, Geist und Seele bilden eine Einheit und müssen in Einklang zueinander stehen. Sie selbst wissen, wie notwendig diese innere Harmonie ist, um anhaltend sportliche Leistungen auf höchstem Niveau erzielen zu können. Auch der Spitzensport muß dabei stets auf dieser ganzheitlichen Sicht des Menschen gründen, den Menschen in seiner Würde anerkennen und bei der Entwicklung und Reifung der eigenen Persönlichkeit fördern. Andernfalls greift er zu kurz, bleibt er bei einem rein materiellen Leistungsdenken stehen und kann auch seiner wichtigen sozialen Funktion nicht gerecht werden. Sportliche Aktivität hilft dem Menschen schließlich, seine Begabungen und Fähigkeiten, seine Vitalität, sein Leben als Geschenk Gottes zu erfahren. Sport muß daher durchsichtig sein auf Gott hin, unseren Schöpfer. In diesem Sinn greift der Apostel Paulus das Bild des sportlichen Wettkampfs auf, um an die höhere Berufung des Menschen zu erinnern: „Wißt ihr nicht, daß die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber daß nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, daß ihr ihn gewinnt. Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Siegeskranz zu gewinnen" (1Co 9,24-25). Liebe Freunde, seid nicht nur sportliche Wettkämpfer, sondern Athleten, die sich um den Siegespreis eines christlichen Lebens mühen. Euer Vorbild möge andere anspornen, in ihrer Lebenswelt für das Bleibende, für das Gute zu kämpfen und Athleten Christi zu sein, der den Menschen das wahre Leben schenken will. Gerne begleite ich Sie mit meinem Gebet und erteile Ihnen, Ihren Angehörigen und Freunden von Herzen den Apostolischen Segen

AN DIE MITGLIEDER DES DOMKAPITELS VON ST. PETER Clementina-Saal

Montag, 8. Oktober 2007




Liebe Mitglieder des Domkapitels von Sankt Peter!

Schon lange wollte ich mit euch zusammentreffen und nehme gern diese Gelegenheit wahr, um euch persönlich meine Wertschätzung und Liebe zu bekunden. Jedem von euch gilt mein herzlicher Gruß. Besonders begrüße ich den Erzpriester Angelo Comastri, dem ich für die Worte danke, mit denen er diese altehrwürdige Institution vorgestellt hat. Mit ihm begrüße ich den Vikar, Msgr. Vittorio Lanzani, die Kanoniker und die Koadjutoren. Ich weiß es zu schätzen, daß Sie, Herr Erzpriester, an die seit der Zeit des hl. Gregor des Großen ununterbrochene Anwesenheit eines betenden Klerus in der vatikanischen Basilika erinnert haben: eine gewollt unauffällige, aber treue und ausdauernde Anwesenheit.

Wie ihr, liebe Kanoniker, wohl wißt, nahm euer Kapitel jedoch seinen eigentlichen Anfang im Jahr 1053, als Papst Leo IX. dem Erzpriester und den Kanonikern von Sankt Peter, die sich im Kloster von »Santo Stefano Maggiore« niedergelassen hatten, die ihnen von seinen Vorgängern zuerkannten Besitztümer und Privilegien bestätigte. Mit dem Pontifikat Eugens IV. (1145–1153) gewann das Kapitel die Merkmale einer gut strukturierten, autonomen Gemeinschaft. Es gab also einen langen, stufenweisen Übergang von einer in den Dienst der Basilika gestellten klösterlichen Struktur zu der heutigen Gestalt als Domkapitel. Unter der Leitung des Erzpriesters hat sich das Wirken des vatikanischen Kapitels von Anfang an verschiedenen Einsatzbereichen zugewandt: dem liturgischen Bereich mit der Feier der Eucharistie und des Chorgebetes sowie der täglichen Wahrnehmung der mit dem Gottesdienst zusammenhängenden Verrichtungen; dem administrativen Bereich mit der Verwaltung des Vermögens der Basilika und der Filialkirchen; dem pastoralen Bereich, wo dem Kapitel die Seelsorge im Stadtviertel Borgo übertragen war; dem karitativen Bereich, in dem das Domkapitel eigenständige Hilfeleistungen, aber auch solche in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus »Santo Spirito« und anderen Einrichtungen durchführte. Vom 11. Jahrhundert bis heute zählt man elf Päpste, die dem Domkapitel von Sankt Peter angehörten, und unter diesen möchte ich besonders die Päpste des 20. Jahrhunderts, Pius XI. und Pius XII., erwähnen. Vom 16. Jahrhundert an, als mit dem Bau der neuen Basilika begonnen wurde – wir haben im vergangenen Jahr den 500. Jahrestag der Grundsteinlegung gefeiert –, verflicht sich die Geschichte des Domkapitels mit jener der Bauhütte von Sankt Peter, zwei getrennte Einrichtungen, die aber in der Person des Erzpriesters verbunden sind, der für die Sicherung einer fruchtbaren Zusammenarbeit sorgt.

Im vergangenen Jahrhundert, besonders in den letzten Jahrzehnten, hat sich die Tätigkeit des Kapitels im Leben der Basilika fortschreitend auf die Wiederentdeckung seiner wahren ursprünglichen Funktionen hin orientiert, die vor allem im Dienst des Gebetes bestehen. Wenn das Gebet für alle Christen grundlegend ist, so ist es für euch, liebe Brüder, sozusagen eine »berufliche« Aufgabe. Das Gebet ist, wie ich vor kurzem während meiner Österreichreise sagte, Dienst am Herrn, der es verdient, immer gelobt und angebetet zu werden, und gleichzeitig Zeugnis für die Menschen. Und dort, wo Gott treu gelobt und angebetet wird, da bleibt sein Segen nicht aus (vgl. Ansprache im Stift Heiligenkreuz, 9. September 2007). Und genau das ist das Charakteristikum des Domkapitels von Sankt Peter und der Beitrag, den der Papst von euch erwartet: mit eurer betenden Anwesenheit am Petrusgrab daran zu erinnern, daß Gott nichts vorgezogen werden darf; daß die Kirche ganz auf Ihn, auf seinen Ruhm ausgerichtet ist; daß der Primat des Petrus im Dienst der Einheit der Kirche steht und daß diese ihrerseits im Dienst des Heilsplanes der Allerheiligsten Dreifaltigkeit steht.

Liebe und verehrte Brüder, ich vertraue sehr auf euch und auf euren Dienst, damit die Petersbasilika ein wahrer Ort des Gebetes, der Anbetung und des Lobes für den Herrn sein kann. An diesem heiligen Ort, wohin jeden Tag Tausende von Pilgern und Touristen aus aller Welt kommen, ist es mehr als anderswo notwendig, daß es beim Petrusgrab eine beständige Gebetsgemeinschaft gibt, die die Kontinuität mit der Tradition gewährleistet und gleichzeitig für die Intentionen des Papstes im Heute von Kirche und Welt Fürsprache hält. Dazu rufe ich auf euch den Schutz des hl. Petrus, des hl. Johannes Chrysostomus, dessen Reliquien in eurer Kapelle aufbewahrt werden, und der anderen Heiligen und Seligen herab, die in der Basilika gegenwärtig sind. Über euch wache die Unbefleckte Jungfrau: Ihr Bildnis, das von euch in der Chorkapelle verehrt wird, wurde vom sel. Pius IX. im Jahr 1854 gekrönt und fünfzig Jahre später, 1904, vom hl. Pius X. mit Sternen umrahmt. Ich danke euch noch einmal für den Eifer, mit dem ihr eure Aufgabe erfüllt, und während ich euch ein besonderes Gedenken in der heiligen Messe zusichere, erteile ich euch und euren Lieben von Herzen den Apostolischen Segen.

AN HERRN KIM JI-YOUNG FRANCESCO,

NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK KOREA BEIM HL. STUHL Donnerstag, 11. Oktober 2007

Exzellenz!


Mit Freude heiße ich Sie im Vatikan willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, mit dem der Präsident der Republik Korea Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter beim Heiligen Stuhl ernannt hat. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erneut meine Hochachtung und tiefe Zuneigung für das koreanische Volk zum Ausdruck bringen und Sie bitten, Präsident Roh Moo-hyun wie all Ihren Mitbürgern meine Gebete und guten Wünsche für den Frieden und das Wohl Ihrer Nation zu übermitteln.

Exzellenz, Sie haben das bemerkenswerte Wachstum der katholischen Kirche in Ihrem Land hervorgehoben, das nicht zuletzt auf das heroische Beispiel jener Männer und Frauen zurückzuführen ist, deren Glaube sie veranlaßt hat, ihr Leben für Christus und ihre Brüder und Schwestern hinzugeben. Ihr Opfer erinnert uns daran, daß kein Preis zu hoch ist, um beharrlich an der Wahrheit festzuhalten. Bedauerlicherweise wird in unserer pluralistischen Welt von heute die Bedeutung der Wahrheit gelegentlich in Frage gestellt oder sogar geleugnet. Doch bleibt die objektive Wahrheit die einzige sichere Grundlage für den sozialen Zusammenhalt. Wahrheit ist nicht abhängig von Konsens, dem sie vielmehr vorausgeht, den sie ermöglicht, indem sie wahre menschliche Solidarität hervorruft. Stets eingedenk der Macht der Wahrheit, Menschen zu vereinen, und das unbezähmbare Verlangen der Menschheit nach friedlicher Koexistenz berücksichtigend, ist die Kirche intensiv bemüht, sowohl im kirchlichen wie im bürgerlichern Leben Eintracht und soziale Harmonie zu fördern, indem sie die von der natürlichen Vernunft erkannte und durch die göttliche Offenbarung vollends enthüllte Wahrheit von der menschlichen Person verkündet.

Exzellenz, die internationale Gemeinschaft teilt mit der Bevölkerung Ihres Landes das große Verlangen nach neugefundenem Frieden für die koreanische Halbinsel wie für die gesamte Region. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erneut betonen, daß der Heilige Stuhl jede Initiative unterstützt, die eine aufrichtige und dauerhafte Versöhnung anstrebt und der Feindschaft und ungelösten Problemen ein Ende setzt. Wahrer Fortschritt gründet auf Rechtschaffenheit und Vertrauen. Lobenswert sind die Bemühungen Ihres Landes zur Förderung eines fruchtbaren und offenen Dialogs wie auch der Einsatz zur Linderung der Not derer, die unter den Wunden der Spaltung und des Mißtrauens leiden. Jede Nation teilt die Verantwortung für die Gewährleistung von Stabilität und Sicherheit in der Welt. Es ist meine innige Hoffnung, daß die anhaltende Mitwirkung der verschiedenen in den Verhandlungsprozeß einbezogenen Länder zur Einstellung jener Programme führen wird, deren Ziel die Entwicklung und Herstellung von Waffen mit erschreckendem, unbeschreiblich destruktivem Potential ist.

Bemerkenswerte Erfolge hat Ihr Land in der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung erreicht. Herausragend sind vor allem die Fortschritte im Bereich der Biotechnologie, die die Behandlung und Heilung von Krankheiten ermöglichen und somit zur Verbesserung der Lebensqualität in Ihrer Heimat wie auch in anderen Ländern beitragen. Entdeckungen auf diesem Gebiet fordern die Menschheit auf, sich der mit ihrer Anwendung verbundenen schwerwiegenden Verantwortung tiefer bewußt zu werden. Die von der Gesellschaft erhoffte Nutzung der biomedizinischen Wissenschaft muß stets an starken und festen ethischen Maßstäben gemessen werden (vgl. Ansprache an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften, 6. November 2006). Führend unter diesen ist die Würde des menschlichen Lebens, denn unter keinen Umständen darf ein Mensch als bloßes Versuchsobjekt manipuliert oder behandelt werden. Die Zerstörung menschlicher Embryonen, sei es zur Gewinnung von Stammzellen oder aus irgendwelchen anderen Gründen, widerspricht der erklärten Absicht von Wissenschaftlern, Gesetzgebern und Gesundheitsbehörden, das Wohl der Menschen zu fördern. Die Kirche zögert nicht, somatische Stammzellforschung anzuerkennen und zu unterstützen, nicht nur aufgrund der mit diesen alternativen Methoden erzielten positiven Ergebnisse, sondern vor allem, weil sie mit der zuvor erwähnten Absicht übereinstimmen, das menschliche Leben in jedem Stadium seiner Existenz zu achten (vgl. Ansprache an den von der Päpstlichen Akademie für das Leben veranstalteten internationalen Kongreß, 16. September 2006). Herr Botschafter, ich hoffe, daß die der koreanischen Bevölkerung eigene moralische Sensibilität – wie die Ablehnung von menschlichem Klonen und den damit verbundenen Verfahren beweist – dazu beitragen wird, die internationale Gemeinschaft für die tiefen ethischen und sozialen Auswirkungen der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Nutzung zu sensibilisieren.

Zudem sind die staatlichen Behörden aufgefordert, zur Förderung der menschlichen Würde für eine gesunde Erziehung der jungen Menschen zu sorgen. Konfessionelle Schulen können in dieser Hinsicht manches beitragen. Es obliegt den Regierungen, Eltern die Möglichkeit zu bieten, ihre Kinder in religiöse Schulen zu schicken, indem sie die Einrichtung und Finanzierung solcher Institutionen unterstützen. Durch staatliche Subventionen sollten Eltern soweit wie möglich von unangemessenen finanziellen Belastungen befreit werden, die sie daran hindern könnten, die geeignetsten Ausbildungs- und Erziehungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu wählen. Katholische und andere konfessionelle Schulen sollten über angemessene Bewegungsfreiheit verfügen, um Studien- und Lehrpläne zu entwerfen und auszuführen, die das geistliche Leben nähren, ohne das das geistige Leben so gravierend entstellt ist. Die kirchlichen wie die staatlichen Verantwortlichen rufe ich auf, im Geist der Kooperation voranzugehen, um der katholischen Schule in Ihrem Land eine Zukunft zu sichern, die zur moralischen und intellektuellen Reife der jüngeren Generationen zum Wohl der Gesellschaft beitragen wird.

Exzellenz, bei diesem freudigen Anlaß Ihres Amtsantritts versichere ich Ihnen, daß der Heilige Stuhl und seine verschiedenen Dienststellen Ihnen bei der Ausübung Ihres Amtes stets bereitwillig zur Seite stehen werden. Für Sie, Ihre Familie und die Bevölkerung Ihres Landes, die in meinen Gedanken und Gebeten in dieser Zeit einen besonderen Platz einnimmt, erbitte ich den Segen Gottes.
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Benedikt XVI Predigten 147