Benedikt XVI Predigten 234

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APOSTOLISCHE REISE

NACH FRANKREICH ANLÄSSLICH DES 150. JAHRESTAGES

DER ERSCHEINUNGEN VON LOURDES

(12. - 15. SEPTEMBER 2008)

EUCHARISTISCHE PROZESSION

MEDITATION VON BENEDIKT XVI. Lourdes, Prairie, 14. September 2008

Herr Jesus, Du bist hier zugegen!


Und Ihr, meine Brüder, meine Schwestern, meine Freunde,
auch Ihr seid mit mir hier vor Ihm zugegen!

Herr, vor zweitausend Jahren warst Du bereit, auf ein Schmähkreuz zu steigen, um dann aufzuerstehen und immer bei uns zu bleiben, bei Deinen Brüdern und Deinen Schwestern.

Und Ihr, meine Brüder, meine Schwestern, meine Freunde,
Ihr seid bereit, Euch von Ihm ergreifen zu lassen.

Wir betrachten Ihn.
Wir beten Ihn an.
Wir lieben Ihn und streben danach, Ihn mehr zu lieben.

Wir betrachten Den, der im Laufe des Paschamahles seinen Leib und sein Blut den Jüngern gegeben hat, um bei ihnen zu sein „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

Wir beten Den an, der am Anfang und am Ende unseres Glaubens steht. Jenen, ohne den wir an diesem Abend nicht hier wären. Jenen, ohne den wir überhaupt nicht existierten. Jenen, ohne den nichts wäre, nichts, absolut nichts! Er, durch den „alles geschaffen ist“ (Jn 1,3). Er, in dem wir geschaffen worden sind – für die Ewigkeit; Er, der uns seinen Leib und sein Blut gegeben hat, Er ist hier, an diesem Abend, vor uns, unseren Blicken dargeboten.

Wir lieben Ihn – und streben danach, Ihn mehr zu lieben – Ihn, der hier vor uns steht, unseren Blicken dargeboten, vielleicht auch unseren Fragen, unserer Liebe.

Sei es, daß wir gehen können oder an ein Bett der Schmerzen gefesselt sind, sei es, daß wir in der Freude wandeln oder uns in einer seelischen Wüste befinden (vgl. Num Nb 21,5), Herr, nimm uns alle in Deine Liebe hinein: in die unendliche Liebe, die ewig die Liebe des Vaters für den Sohn und des Sohnes für den Vater ist, jene des Vaters und des Sohnes für den Geist wie auch jene des Geistes für den Vater und für den Sohn.

Die Heilige Hostie, die vor unseren Augen ausgesetzt ist, spricht von dieser unendlichen Kraft der Liebe, die sich glorreich am Kreuz offenbart. Die Heilige Hostie erzählt uns vom unglaublichen Herabbeugen Dessen, der sich arm gemacht hat, um uns durch sich reich zu machen. Er, der bereit war, alles zu verlieren, um uns für seinen Vater zu gewinnen. Die Heilige Hostie ist das lebendige und wirkmächtige Sakrament der ewigen Gegenwart des Retters der Menschen für seine Kirche.

Liebe Brüder, liebe Schwestern, liebe Freunde,

seien wir bereit, seid bereit, Euch Ihm zur Verfügung zu stellen, – Ihm, der uns alles gegeben hat und der gekommen ist, nicht um die Welt zu richten, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde (vgl. Joh Jn 3,17)! Seid bereit, in Eurem Leben die aktive Präsenz von Ihm zu erkennen, der hier unseren Blicken ausgesetzt gegenwärtig ist! Seid bereit, Ihm Euer eigenes Leben darzubringen!

Maria, die selige Jungfrau, Maria, die Unbefleckte Empfängnis, war vor zweitausend Jahren bereit, alles zu geben, ihren Leib zur Verfügung zu stellen, um den Leib des Schöpfers aufzunehmen. Alles ist von Christus gekommen, auch Maria; alles ist mit Hilfe von Maria gekommen, auch Christus.

Maria, die selige Jungfrau, ist heute abend bei uns vor dem Leib ihres Sohnes, hundertfünfzig Jahre nachdem sie sich der kleinen Bernadette gezeigt hat.

Heilige Jungfrau, hilf uns zu betrachten, hilf uns anzubeten, hilf uns zu lieben, Den immer mehr zu lieben, der uns so sehr geliebt hat, auf daß wir ewig mit Ihm leben.

Eine gewaltige Schar von Zeugen ist neben uns unsichtbar zugegen, ganz nahe bei dieser gesegneten Grotte und vor dieser Kirche, die die Jungfrau Maria gewollt hat;

die Schar aller Männer und Frauen, welche die wirkliche Gegenwart Dessen betrachtet, verehrt und angebetet haben, der sich uns bis zum letzten Blutstropfen geschenkt hat;

die Schar aller Männer und Frauen, die Stunden in der Anbetung des Allerheiligsten Altarsakraments verbracht haben.

Heute abend sehen wir sie nicht, aber wir hören sie zueinander und zu uns sagen: „Komm, laß dich vom Meister rufen! Er ist hier und ruft dich! (vgl. Joh Jn 11,28). Er will dein Leben, um es mit dem seinen zu vereinigen. Laß dich von Ihm ergreifen! Schau nicht mehr auf deine Wunden, schau auf seine. Schau nicht mehr auf das, was dich noch von Ihm und von den anderen trennt; betrachte den unendlichen Abstand, den Er überwunden hat, als Er dein Fleisch annahm, als Er auf das Kreuz gestiegen ist, das ihm die Menschen bereitet haben, und als Er sich in den Tod hat schicken lassen, um uns seine Liebe zu zeigen. In seine Wunden nimmt Er dich auf; in seinen Wunden birgt Er dich. Weise Seine Liebe nicht ab!“

Die gewaltige Schar der Zeugen, die sich von seiner Liebe hat ergreifen lassen, ist die Schar der Heiligen im Himmel, die nicht aufhören, für uns Fürbitte zu leisten. Sie waren Sünder, und das wußten sie auch, aber sie waren bereit, nicht ihre eigenen Sünden zu betrachten, überhaupt nichts zu betrachten als die Wunden ihres Herrn, um dort den Ruhm des Kreuzes und den Sieg des Lebens über den Tod zu finden. Der heilige Pierre-Julien Eymard sagt uns alles, wenn er ausruft: „Die heilige Eucharistie ist der vergangene, der gegenwärtige und der zukünftige Jesus Christus“ (Sermons et instructions paroissiales d’après 1856, 4-2,1. De la méditation).

Der vergangene Jesus Christus steht in der historischen Wahrheit des Letzten Abendmahls, in die uns jede Feier der heiligen Messe hineinführt.

Jesus Christus ist gegenwärtig, weil Er uns sagt: „Nehmet und esset alle davon, das ist mein Leib, das ist mein Blut“. Der Ausdruck „Das ist“ steht im Präsens, hier und jetzt, wie in allen „hier und jetzt“ der Menschheitsgeschichte. Reale Präsenz, Gegenwart, die unsere armen Lippen, unsere armen Herzen und unsere armen Gedanken übersteigt. Gegenwart, die unseren Blicken geschenkt ist wie heute abend hier bei der Grotte, wo sich Maria als Unbefleckte Empfängnis offenbart hat.

Die Eucharistie ist ebenso der zukünftige Jesus Christus, Jesus Christus, der kommen wird. Wenn wir die heilige Hostie betrachten, seinen verherrlichten Leib, der verklärt und auferstanden ist, dann betrachten wir das, was wir in der Ewigkeit schauen werden. Darin werden wir die ganze Welt erkennen können, die in jedem Augenblick von ihrem Schöpfer getragen wird. Jedes Mal, wenn wir Ihn essen, aber auch jedes Mal , wenn wir Ihn betrachten, verkünden wir Ihn, bis Er kommt in Herrlichkeit: „donec veniat“. Genau deshalb empfangen wir Ihn mit unendlicher Ehrfurcht.

Einige unter uns können Ihn nicht oder noch nicht im Sakrament empfangen, aber sie können Ihn in Glaube und Liebe betrachten und den Wunsch zum Ausdruck bringen, sich mit Ihm zu vereinen. Das ist ein Wunsch, der in den Augen Gottes einen großen Wert hat. Sie erwarten mit größerer Innigkeit seine Wiederkunft; sie erwarten Jesus Christus, der kommen soll.

Als eine Freundin von Bernadette sie am Tag nach ihrer ersten Kommunion fragte: „Worüber bist du glücklicher gewesen: über die erste Kommunion oder über die Erscheinungen“, antwortete Bernadette: „Das sind zwei Dinge, die zusammengehören, aber nicht miteinander verglichen werden können. – Ich bin bei beiden glücklich gewesen“ (Emmanuélite Estrade, 4. Juni 1858). Ihr Pfarrer bezeugte vor dem Bischof von Tarbes bezüglich ihrer ersten Kommunion: „Bernadette war sehr gesammelt, von einer Aufmerksamkeit, die nichts zu wünschen übrig ließ. … Sie schien von der heiligen Handlung, die sie vollzog, sehr durchdrungen. Alles entwickelte sich in ihr auf erstaunenswerte Weise.“

Mit Pierre-Julien Eymard und Bernadette rufen wir das Zeugnis vieler Heiliger an, die für die Eucharistie größte Liebe hegten. Nikolaus Kabasilas ruft aus und sagt uns heute abend: „Bleibt aber Christus in uns, was fehlt uns dann noch? Welches Gut könnte uns da noch entgehen? Und wenn wir in Christus bleiben, was gibt es da noch anderes zu begehren? Er ist uns Einwohner und Haus. Wie selig sind wir ob dieses Hauses, selig, daß wir für einen solchen Bewohner zur Wohnung geworden sind!“ (Das Leben in Christus, IV,6).

Der selige Charles de Foucauld wurde 1858 geboren, im selben Jahr der Erscheinungen von Lourdes. Unweit seines vom Tod erstarrten Körpers wurde – wie das Weizenkorn, das in die Erde geworfen wurde – die Lunula der Monstranz mit dem Allerheiligsten Sakrament gefunden, das Bruder Charles jeden Tag stundenlang anbetete. Pater de Foucauld hinterläßt uns das Gebet, das aus dem Innersten seines Herzens strömt, ein Gebet, das an unseren Vater gerichtet ist, das wir aber in voller Wahrheit mit Jesus zu unserem Gebet vor der heiligen Hostie machen können:

„»Mein Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.«

Das ist das letzte Gebet unseres Meisters, unseres Liebsten … Möge es unseres sein, und nicht nur das Gebet unseres letzen Augenblicks, sondern das aller unserer Augenblicke:

Mein Vater, ich lege mich in deine Hände; mein Vater, ich vertraue mich dir an. Mein Vater, ich überlasse mich dir; mein Vater, mach mit mir, was dir gefällt; was du auch mit mir tun magst, ich danke dir; danke für alles. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an, für alles danke ich dir. Wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt, mein Gott, und an allen deinen Geschöpfen, an allen deinen Kindern, an allen, die dein Herz liebt, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott. In deine Hände lege ich meine Seele. Ich gebe sie dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe und weil diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben, mich in deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen. Denn du bist mein Vater“ (Méditation sur les Saintes Évangiles).

Geliebte Brüder und Schwestern, Pilger für einen Tag und Bewohner dieser Täler, Brüder im Bischofsamt, Priester, Diakone, Ordensleute, Ihr alle, die Ihr vor Euren Augen die unendliche Erniedrigung des Sohnes Gottes und die unendliche Herrlichkeit der Auferstehung seht, verharrt in Stille und betet Euren Herrn an, unseren Meister und Herrn Jesus Christus. Verharrt in Stille, dann sprecht und sagt der Welt: Wir können nicht mehr verschweigen, was wir wissen. Geht und verkündet der ganzen Welt die Wundertaten Gottes, der in jedem Augenblick unseres Lebens zugegen ist, an jedem Ort der Erde. Gott segne und beschütze uns, Er führe uns auf dem Weg zum ewigen Leben, Er, der das Leben ist, in alle Ewigkeit. Amen.
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APOSTOLISCHE REISE

NACH FRANKREICH ANLÄSSLICH DES 150. JAHRESTAGES

DER ERSCHEINUNGEN VON LOURDES

(12. - 15. SEPTEMBER 2008)

ABSCHIEDSZEREMONIE

Flughafen von Tarbes-Lourdes,
Montag, 15. September 2008




Sehr geehrter Herr Premierminister,
liebe Kardinäle und Bischöfe,
zivile und politische Autoritäten,
sehr geehrte Damen und Herren!

In dem Augenblick, in dem ich – nicht ohne Bedauern – den Boden Frankreichs verlasse, bin ich Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie gekommen sind, um mich zu verabschieden. Sie bieten mir so die Gelegenheit, erneut zu bekräftigen, wie sehr diese Reise in Ihr Land mein Herz erfreut hat. Durch Sie, Herr Premierminister, grüße ich auch den Herrn Präsidenten der Republik und alle Mitglieder der Regierung, wie auch die zivilen und militärischen Autoritäten, die keine Mühen gescheut haben, um zu einem guten Verlauf dieser gnadenvollen Tage beizutragen. Es ist mir ein Anliegen, meinen Mitbrüdern im Bischofsamt, besonders Kardinal Vingt-Trois und Bischof Perrier, wie auch allen Mitgliedern und den Mitarbeitern der französischen Bischofskonferenz meine aufrichtige Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Es tut gut, unter Brüdern zu sein. Ich danke auch den Bürgermeistern und den Stadträten von Paris und Lourdes. Nicht vergessen will ich die Ordnungskräfte und die unzähligen freiwilligen Helfer, die ihre Zeit und ihre Fähigkeiten zur Verfügung gestellt haben. Sie alle haben mit Hingabe und Eifer für ein gutes Gelingen meiner vier Tage in Ihrem Land gearbeitet. Herzlichen Dank!

Meine Reise ist wie ein Diptychon gewesen. Die erste Tafel stellt Paris dar, eine Stadt, die ich recht gut kenne und die der Ort vielfältiger bedeutender Begegnungen war. Ich habe die Gelegenheit gehabt, die Eucharistie auf der berühmten Esplanade des Invalides zu feiern. Dort habe ich ein Volk lebendiger Christen getroffen – stolz und stark in ihrem Glauben –, die ich anspornen wollte, weiterhin entschieden nach der Lehre Christi und seiner Kirche zu leben. Ich konnte auch die Vesper mit den Priestern, den Ordensleuten und den Seminaristen beten. Ich wollte sie in ihrer Berufung zum Dienst für Gott und an den Nächsten bestärken. Ich habe auch einen Moment, leider nur sehr kurz, aber wirklich intensiv, mit den Jugendlichen auf dem Vorplatz von Notre-Dame verbracht. Ihre Begeisterung und ihre Zuneigung haben mir Kraft gegeben. Wie könnte ich nicht an die wichtige Begegnung mit der Welt der Kultur im Institut de France und im Collège des Bernardins erinnern! Wie Sie wissen, betrachte ich die Kultur und ihre Vertreter als bevorzugte Vermittler im Dialog zwischen Glaube und Vernunft, zwischen Gott und dem Menschen.

Die zweite Tafel des Diptychons meiner Reise zeigt einen bedeutungsträchtigen Ort, der jeden Gläubigen anzieht und fasziniert. Lourdes ist wie ein Licht in der Dunkelheit, in der wir uns suchend zu Gott hintasten. Maria hat dort eine Tür zum Jenseits geöffnet, die uns zum Nachdenken anregt und uns anlockt. Maria, porta caeli. Ich habe mich in diesen drei Tagen in ihre Schule begeben. Der Papst hatte gleichsam die Pflicht, nach Lourdes zu kommen, um dort das hundertfünfzigjährige Jubiläum der Erscheinungen zu feiern. Vor der Grotte von Massabielle habe ich für Sie alle gebetet. Ich habe für die Kirche gebetet. Ich habe für Frankreich und für die Welt gebetet. Die beiden heiligen Messen, die ich in Lourdes gefeiert habe, erlaubten mir, mich mit den gläubigen Pilgern zu vereinen. Als einer von ihnen bin ich allen vier Etappen des Jubiläumsweges gefolgt und habe die Pfarrkirche, dann den cachot und die Grotte und schließlich die Kapelle des Hospizes besucht. Ich habe auch mit den Kranken und für die Kranken gebetet, die dort gesundheitliche Heilung und geistliche Hoffnung suchen. Gott wird sie nicht vergessen und ebenso wenig die Kirche. Wie jeder gläubige Pilger wollte ich an der Lichterprozession und an der eucharistischen Prozession teilnehmen. Sie lassen Bitten und Lobgesänge zu Gott aufsteigen. Lourdes ist auch der Ort, wo die Bischöfe Frankreichs regelmäßig zusammenkommen, um gemeinsam zu beten und die Eucharistie zu feiern, um über ihre Sendung als Hirten nachzudenken und sich darüber auszutauschen. Ich wollte mit ihnen meine Überzeugung teilen, daß die Zeit günstig ist für eine Rückkehr zu Gott.

Herr Premierminister, meine Mitbrüder im Bischofsamt und liebe Freunde, Gott segne Frankreich! Auf seinem Boden herrsche Harmonie und menschlicher Fortschritt und die Kirche sei hier wie ein Sauerteig, um, wie es ihr Auftrag ist, mit Weisheit und ohne Furcht zu zeigen, wer Gott ist. Nun kommt der Moment des Abschieds. Werde ich nochmals in Ihr schönes Land zurückkommen können? Ich wünschte es und vertraue diesen Wunsch Gott an. Von Rom aus werde ich Ihnen nahe bleiben, und wenn ich vor der Nachbildung der Lourdesgrotte innehalte, die sich seit über hundert Jahren in den Vatikanischen Gärten befindet, werde ich an Sie denken. Gott segne Sie!

AN FRAU JASNA KRIVOSIC-PRPIC,

NEUE BOTSCHAFTERIN VON BOSNIEN UND HERZEGOWINA

BEIM HL. STUHL Castelgandolfo

Donnerstag, 18. September 2008




Exzellenz!

Es ist mir eine Freude, Sie heute zu begrüßen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin von Bosnien und Herzegowina beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Bei diesem bedeutsamen Anlaß möchte ich Sie bitten, den Mitgliedern des Staatspräsidiums und allen Bürgern Ihres Landes meine herzlichen Grüße zu übermitteln. Versichern Sie sie meiner inständigen Gebete für ihre laufenden Anstrengungen, um zur Versöhnung und zur Stärkung von Frieden und Stabilität zu gelangen.

Die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls bilden einen Teil seiner Sendung im Dienst an der internationalen Gemeinschaft. Sein Engagement in der Zivilgesellschaft ist in der Überzeugung verankert, daß die Aufgabe des Aufbaus einer gerechteren Welt die jedem Individuum eigene übernatürliche Berufung anerkennen muß. Die Kirche fördert daher ein Verständnis der menschlichen Person, die von Gott die Fähigkeit erhält, die individuellen Grenzen und gesellschaftlichen Zwänge hinter sich zu lassen, um die universalen Werte, die die Würde aller schützen und dem Gemeinwohl dienen, zu erkennen und hochzuhalten.

Frau Botschafterin, wie Sie sagten, ist Ihr flächenmäßig zwar kleines Land reich mit Naturschönheiten gesegnet. Diese Sichtbarkeit der Hand des Schöpfers erfreut die Herzen seiner Bewohner und hilft ihnen, ihre Gedanken zum Allmächtigen zu erheben. Als Spiegelbild seiner besonderen geographischen Lage umfaßt Bosnien und Herzegowina auch eine reiche Mischung von Kulturen und ein kostbares Erbe. Tragischerweise sind jedoch die kulturellen und ethnischen Verschiedenheiten im Laufe der Geschichte nicht selten zu einer Quelle von Mißverständnissen und Auseinandersetzungen geworden. Ja, sie waren – wie jedes der drei Völker, die Ihr Land bilden, nur allzu gut weiß – sogar Ursache von Konflikten und Kriegen. Kein Mensch wünscht den Krieg. Kein Vater, keine Mutter wünscht sich für die eigenen Kinder einen Konflikt. Keine zivile oder religiöse Gruppe sollte je zu Gewalt oder Unterdrückung greifen. Dennoch sind so viele Familien in Ihrem Land dem Leid ausgesetzt gewesen, das aus diesem Unheil herrührt. Trotzdem kann jeder einzelne, wenn er auf die Stimme der Vernunft hört und von der Hoffnung beseelt ist, die wir alle für uns selber und für die künftigen Generationen wünschen, die Kraft finden, um die Trennungen der Vergangenheit zu überwinden und tatsächlich Schwerter in Pflugscharen und Lanzen in Winzermesser umzuschmieden (vgl. Jes Is 2,4). In diesem Zusammenhang möchte ich den Fortschritt bei der Konsolidierung von Versöhnungsgesten anerkennen und die internationale Gemeinschaft zur Fortsetzung ihrer Anstrengungen ermuntern, um Bosnien und Herzegowina dabei zu unterstützen. Ich vertraue darauf, daß durch die Annahme der Fakten der Regionalgeschichte und der schwerwiegenden Lektionen aus den letzten Jahren der Mut dazu gefunden wird, eine Zukunft mit einem gesunden Solidaritätsgefühl aufzubauen.

Der Geist eines Staates wird auf vielen Ebenen geprägt. Das häuslich-familiäre Umfeld ist der Ort, wo die Kinder die wesentlichen Werte der Verantwortung und des harmonischen Zusammenlebens lernen. Aber es ist auch der Ort, wo Vorurteile erzeugt oder aufgehoben werden. Alle Eltern haben deshalb die ernstzunehmende Pflicht, ihren Kindern durch das Vorbild die Achtung vor der Würde beizubringen, die jeden Menschen unabhängig von seiner ethnischen, religiösen oder sozialen Zugehörigkeit kennzeichnet. Auf diese Weise kann der helle Schein eines anständigen, in Redlichkeit, Aufrichtigkeit und Mitgefühl geführten Lebens als nachahmenswertes Vorbild für die jungen Menschen, tatsächlich aber für alle, erstrahlen. Die Erziehung leistet auch einen großen Beitrag zur Seele der Nation. Ein guter Schulunterricht kümmert sich nicht nur um die Entwicklung der Erkenntnisfähigkeit der Kinder, sondern auch um ihre Formung in staatsbürgerlicher und geistlicher Hinsicht. Lehrer, die ihren edlen Beruf mit einer Leidenschaft für die Wahrheit ausüben, können viel dazu beitragen, anthropologische Vorstellungen, die den Keim der Feindseligkeit in sich tragen, unglaubwürdig zu machen (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2007, 10) und eine Anerkennung der kulturellen und religiösen Vielfalt im Leben eines Landes zu fördern. In diesem Sinn möchte ich auch ein Wort der Ermutigung an alle richten, die in den Medien arbeiten. Sie können viel zur Überwindung hartnäckiger Mißtrauenshaltungen beitragen, wenn sie gewährleisten, daß sie nicht Werkzeuge des Vorurteils sind, sondern vielmehr über Sonderinteressen hinausgehen, indem sie umfassende und alle einschließende zivile Ziele fördern und auf diese Weise zu Instrumenten im Dienst größerer Gerechtigkeit und Solidarität werden (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2008, 2).

Exzellenz, wie Sie wohl wissen, ist der Staat auch dazu aufgerufen, seine Verantwortung bei der Stärkung der Institutionen und Hochhaltung der Prinzipien, die allen Demokratien am Herzen liegen, mit Nachdruck wahrzunehmen. Das erfordert die unerschütterliche Verpflichtung zur Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit, die Ausmerzung der Korruption und anderer Formen der Kriminalität, die Unterstützung eines unabhängigen und unparteiischen Gerichtswesens und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin sicher, daß die Verfassungsreformen, an denen Ihre Regierung zur Zeit arbeitet, den berechtigten Erwartungen aller Bürger entsprechen werden, indem sie die Rechte der einzelnen und der sozialen Gruppen garantieren, während sie für den Erhalt der gemeinsamen moralischen und ethischen Werte sorgen, die alle Völker verbinden und die politischen Führer in die Verantwortung nehmen. Auf diese Weise können alle Kreise der Gesellschaft zur nationalen Planung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung beitragen und ebenso mithelfen, die für das wirtschaftliche Wachstum erforderlichen Investitionen zu erlangen, wodurch besonders euren Jugendlichen ermöglicht werden soll, eine befriedigende Beschäftigung zu finden und ihnen eine sichere Zukunft zu gewährleisten.

Die Kirche in Bosnien und Herzegowina wird ihrerseits weiterhin einen Beitrag zur Erreichung der Ziele Versöhnung, Frieden und Wohlergehen leisten. Durch ihre Pfarreien, Schulen, Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge und Programme zur gemeinschaftlichen Entwicklung erfüllt sie ihre Sendung der universalen Liebe in ihrer dreifachen Gestalt: materiell, geistig-intellektuell und geistlich. Ihre Teilnahme am ökumenischen und interreligiösen Dialog sollte als eine weitere Form des Dienstes an der gesamten Gesellschaft gesehen werden. Die Förderung der für die menschliche Vernunft erkennbaren geistlichen und moralischen Werte gehört nicht nur zur Weitergabe der religiösen Traditionen, sondern fördert auch die umfassendere Kultur, indem sie Männer und Frauen guten Willens dazu motiviert, die Bande der Solidarität zu stärken, und zu beweisen, daß aus einer Vielzahl von Völkern tatsächlich eine geeinte Gesellschaft entstehen kann.

Exzellenz, ich bin zuversichtlich, daß die diplomatische Mission, die Sie heute antreten, die zwischen Bosnien und Herzegowina und dem Heiligen Stuhl bestehenden Bande der Zusammenarbeit weiter festigen wird. Die Anwendung des kürzlich ratifizierten Abkommens erleichtert unter anderem das Recht auf Errichtung von Stätten für den Gottesdienst und das Betreiben kirchlicher Werke und stellt gleichzeitig ein positives Beispiel für die demokratischen Grundsätze dar, die in dem Land Wurzeln zu schlagen beginnen. Diesbezüglich bin ich zuversichtlich, daß die Gemischte Kommission schon bald ihre wichtige Arbeit aufnehmen wird. Während ich Ihnen die Unterstützung der verschiedenen Dienststellen der Römischen Kurie zusichere, rufe ich mit meinen aufrichtigen guten Wünschen auf Sie und Ihre Familie sowie auf alle Bürger von Bosnien und Herzegowina den Segen des allmächtigen Gottes herab.

AN DIE TEILNEHMER EINES SYMPOSIUMS DER

"PAVE THE WAY FOUNDATION" Apostolischer Palast Castelgandolfo - Saal der Schweizer

Donnerstag, 18. September 2008




Sehr geehrter Herr Krupp,
meine Damen und Herren!

Ich freue mich, Ihnen im Anschluß an das wichtige von der »Pave the Way Foundation« veranstaltete Symposium zu begegnen. Ich weiß, daß viele herausragende Gelehrte sich an den Überlegungen beteiligt haben, deren Gegenstand das vielfältige Wirken meines geschätzten Vorgängers – des Dieners Gottes Pius XII. – in der schwierigen Zeit um den Zweiten Weltkrieg war. Herzlich heiße ich jeden von Ihnen willkommen, insbesondere Herrn Gary Krupp, den Präsidenten der Stiftung, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet hat. Ich bin ihm dankbar, daß er mich darüber informiert hat, wie Sie bei Ihrem Symposium vorgegangen sind. Sie haben unvoreingenommen die geschichtlichen Fakten analysiert und sich nur mit der Suche nach der Wahrheit befaßt. Ich grüße auch all jene, die Sie bei diesem Besuch begleiten, sowie Ihre Familienangehörigen und Ihre Lieben zu Hause.

Im Mittelpunkt Ihrer Studien stand die Person und das unermüdliche pastorale und humanitäre Wirken Pius’ XII., des »Pastor Angelicus«. Fünfzig Jahre sind vergangen seit seinem frommen Tod, der sich hier in Castelgandolfo am Morgen des 9. Oktober 1958 nach einer entkräftenden Krankheit ereignete. Dieser Jahrestag ist eine wichtige Gelegenheit, unsere Kenntnis über ihn zu vertiefen, über seine umfassende Lehre nachzudenken und sein Wirken sorgfältig zu analysieren. In den vergangenen fünf Jahrzehnten ist sehr viel über ihn geschrieben und gesagt worden, und nicht alle authentischen Aspekte seines mannigfaltigen pastoralen Wirkens sind im rechten Licht untersucht worden. Die Absicht Ihres Symposiums bestand genau darin, einige dieser Lücken zu schließen durch eine sorgfältige und dokumentierte Untersuchung vieler seiner Stellungnahmen und Interventionen, insbesondere zugunsten der Juden, die in jenen Jahren in ganz Europa zur Zielscheibe wurden, dem kriminellen Plan derer entsprechend, die sie von der Erdoberfläche tilgen wollten. Nähert man sich diesem edlen Papst ohne ideologische Vorurteile, wird man nicht nur von seinem erhabenen spirituellen und menschlichen Charakter ergriffen, sondern darüber hinaus auch von der Vorbildlichkeit seines Lebens und dem außerordentlichen Reichtum seiner Lehre. So wird man auch die menschliche Weisheit und die tiefe Hirtensorge schätzen, die ihn in den langen Jahren seines Amtes geleitet haben und insbesondere bei der Organisation der Hilfe für das jüdische Volk.

Dank der großen Menge des von Ihnen gesammelten Dokumentationsmaterials und unterstützt durch zahlreiche maßgebliche Zeugnisse, ermöglicht Ihr Symposium der Öffentlichkeit, eine umfassendere Kenntnis von dem zu erhalten, was Papst Pius XII. für die durch Nationalsozialisten und faschistische Regime verfolgten Juden erreicht hat. Man erkennt so, daß er, wo immer es möglich war, keine Mühen gescheut hat, zu ihren Gunsten einzugreifen – entweder direkt oder mittels Anweisungen an Einzelpersonen oder Institutionen der katholischen Kirche. Im Verlauf Ihrer Tagung haben Sie Ihre Aufmerksamkeit auch auf die vielen Interventionen gerichtet, die im verborgenen und in aller Stille geschahen, weil es angesichts der konkreten Situation in diesem schwierigen historischen Augenblick nur auf diese Weise möglich war, das Schlimmste zu verhindern und eine größtmögliche Zahl von Juden zu retten. Dieses mutige und väterliche Engagement wurde während des schrecklichen weltweiten Konflikts und danach von den jüdischen Gemeinschaften und Einzelpersonen anerkannt und geschätzt, die ihre Dankbarkeit für das zum Ausdruck brachten, was der Papst getan hatte. Man braucht nur an die Begegnung Pius’ XII. mit 80 Delegierten von Überlebenden deutscher Konzentrationslager am 29. November 1945 zu erinnern, die während einer ihnen im Vatikan gewährten Sonderaudienz dem Papst persönlich danken wollten für seine Großherzigkeit ihnen gegenüber in der schrecklichen Zeit der nationalsozialistisch-faschistischen Verfolgung.

Meine Damen und Herren, Danke für Ihren Besuch und für die von Ihnen unternommene Forschungsarbeit. Ich danke auch der Stiftung »Pave the Way« für ihre beständigen Aktivitäten zur Förderung der Beziehungen zwischen den Religionen und des Dialogs unter ihnen als Zeugen des Friedens, der Nächstenliebe und der Versöhnung. Ich hege die große Hoffnung, daß dieses Jahr – in dem der 50. Jahrestag des Todes meines verehrten Vorgängers begangen wird – die Gelegenheit bieten möge, eingehende Studien verschiedener Aspekte seines Lebens und Wirkens zu fördern, um die historische Wahrheit kennenzulernen und alle verbliebenen Vorurteile zu überwinden. Mit diesen Gedanken rufe ich auf Sie und die Arbeiten Ihres Symposiums die Fülle des göttlichen Segens herab.



AN DIE BISCHÖFE VON PANAMA

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES


Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Freitag, 19. September 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

»Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken« (1Th 1,2). Diese Worte des hl. Paulus bringen meine Empfindungen bei dieser Begegnung mit euch zum Ausdruck. Sie findet im Rahmen eures »Ad-limina«-Besuchs statt, der die starken Bande aufzeigt, die eure jeweiligen Teilkirchen mit dem Nachfolger des Petrus, dem Haupt des Kollegiums der Bischöfe, vereinen (vgl. Lumen gentium LG 22).

Ich danke für die freundlichen Worte, die der Bischof von David und Vorsitzende der Bischofskonferenz, José Luis Lacunza Maestrojuán, im Namen aller an mich gerichtet hat und durch die er mich an den Freuden und Wünschen teilhaben ließ, die ihr im Herzen tragt, ebenso wie an den Herausforderungen, denen ihr gegenübersteht. Ihr sollt wissen, daß der Papst euch bei euren Aufgaben zur Seite steht. Wenn ihr in euer Land zurückkehrt, übermittelt daher bitte den emeritierten Bischöfen, den Priestern und Ordensgemeinschaften, den Seminaristen und Laien und besonders den Notleidenden meine geistliche Nähe und sagt ihnen, daß ich für sie bete und Gott darum bitte, daß sie nicht nachlassen mögen in ihrem Einsatz für das Evangelium. Sie sollen auch weiterhin mit Worten und durch ihr Leben alle Menschen aufrufen, ihr Glück darin zu finden, Christus nachzufolgen und mit dem Nächsten die Freude zu teilen, die aus dem Wissen kommt, daß er uns bis zur Vollendung liebt (vgl. Joh Jn 13,1).

Anhand eurer Fünfjahresberichte und durch die Gespräche, die wir geführt haben, habe ich gesehen, wie sehr ihr die Initiativen unterstützt, die darauf ausgerichtet sind, das Wort Gottes in Fülle im Herzen der Panamaer auszusäen, um sie auf dem Weg ihres Heranreifens im Glauben zu begleiten und sie zu wahren Jüngern und Missionaren Jesu Christi zu machen. In diesem Sinne und mit Hilfe der Richtlinien, welche die in Aparecida abgehaltene V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik vorgegeben hat, intensiviert ihr eure pastoralen Aufgaben – auch mit Blick auf die Feierlichkeiten anläßlich des 500. Jahrestages der Evangelisierung des Landes im Jahre 2013, die ihr zur Zeit vorbereitet. Diese Arbeiten sind eine von der Vorsehung geschenkte Gelegenheit, um die kirchliche Gemeinschaft unter den Diözesen von Panama noch mehr zu festigen.

Ein Grund zur Freude ist die fruchtbare missionarische Tätigkeit der Priester, Ordensleute und Laien. Sie stellt sich der wachsenden Säkularisierung der Gesellschaft entgegen – einer Gestaltung der Welt und der Menschheit, die von jeglicher Transzendenz absieht. Sie dringt in alle Aspekte des täglichen Lebens ein und führt zur Entwicklung einer Mentalität, die Gott de facto aus dem Leben und aus dem menschlichen Bewußtsein ausschließt. Oft bedient sie sich der sozialen Kommunikationsmittel, um Individualismus und Hedonismus sowie Ideologien und Verhaltensweisen zu verbreiten, die die Grundlagen der Ehe, die Familie und die christliche Moral untergraben. Der Jünger Christi findet die Kraft, auf diese Herausforderungen zu antworten, in der tiefen Kenntnis des Herrn Jesus und in der aufrichtigen Liebe zu ihm, in der Betrachtung der Heiligen Schrift, in einer guten Unterweisung in der Lehre und im geistlichen Leben, im ständigen Gebet, im häufigen Empfang des Sakraments der Versöhnung, in der bewußten und aktiven Teilnahme an der heiligen Messe und in der Verrichtung der Werke der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit.

Das ist vor allem für die jungen Generationen wichtig. Die Erinnerung an meinen verehrten Vorgänger, den Diener Gottes Johannes Paul II. – in diesem Jahr begehen wir den 25. Jahrestag seines Besuchs in eurer geliebten Nation – kann als Ansporn dienen, um sich mit Eifer der Jugend- und Berufungspastoral zu widmen, damit es nicht an Priestern fehlt, die die Panamaer zu Christus bringen, der Quelle des Lebens in Fülle für alle, die ihm begegnen (vgl. Joh Jn 10,10). Im Hinblick darauf lade ich euch ein, den »Herrn der Ernte« mit Vertrauen zu bitten, zahlreiche und heilige Berufungen zum Priestertum auszusenden (vgl. Lk Lc 10,2). Wesentlich sind dafür auch eine korrekte Entscheidungsfindung der Priesteramtskandidaten sowie der apostolische Eifer und das Zeugnis der Gemeinschaft und Brüderlichkeit der Priester. Dieser Lebensstil muß sich ihnen bereits im Seminar einprägen, in dem das ernsthafte akademische Studium, Orte und Zeiten für das tägliche Gebet, die würdige Feier der Liturgie, eine angemessene geistliche Begleitung und die tiefe Pflege der menschlichen, christlichen und priesterlichen Tugenden an erster Stelle stehen müssen. Auf diese Weise, durch das Gebet und das Studium, können die Seminaristen innerlich erbaut und zu Männern Gottes werden. Die Gläubigen haben ein Recht darauf, im Priester den Mann Gottes zu sehen.

Die lobenswerte Arbeit zahlreicher Missionare und der großherzige Eifer der Ordensmänner und Ordensfrauen haben in der Geschichte Panamas tiefe Spuren hinterlassen. Mögen diese leuchtenden Vorbilder die geweihten Menschen von heute ermutigen, ihr Leben zu einem ständigen Ausdruck christlicher Nächstenliebe zu machen, der genährt wird durch den Wunsch, sich radikal mit Christus zu identifizieren und der Kirche treu zu dienen.

Viele Familien in eurer Heimat leben selbstlos das christliche Ideal inmitten nicht weniger Schwierigkeiten, die die Beständigkeit der ehelichen Liebe, die verantwortliche Elternschaft und die Harmonie und Stabilität der häuslichen Gemeinschaft bedrohen. Man kann sich niemals genug um die Entwicklung einer starken Familienpastoral bemühen, die die Menschen einlädt, die Schönheit der Berufung zur christlichen Ehe zu entdecken, das menschliche Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu verteidigen und ein Zuhause zu schaffen, in dem die Kinder in der Liebe zur Wahrheit des Evangeliums und in festgegründeten menschlichen Werten erzogen werden. Euer Land macht ebenso wie andere Länder schwierige und besorgniserregende Zeiten durch, aber es gibt auch Situationen, die große Hoffnung wecken. Im heutigen Kontext ist es besonders wichtig, daß die Kirche in Panama nicht nachläßt, das Licht anzubieten, das zur Lösung der dringenden menschlichen Probleme beiträgt, indem sie einen moralischen Konsens der Gesellschaft über die Grundwerte fördert.

In erster Linie muß daher das Kompendium der Soziallehre der Kirche Verbreitung finden. Es erleichtert eine vertiefte und systematische Kenntnis der kirchlichen Weisungen, die insbesondere die Laien im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich betreffen. Gleichzeitig fördert es ihre richtige Anwendung auf konkrete Situationen. So kann die christliche Hoffnung das Volk von Panama erleuchten, das nach der Kenntnis der Wahrheit über Gott und über den Menschen dürstet, inmitten von Armut, Jugendgewalt, mangelnder Erziehung, Bildung und Gesundheitsfürsorge, Wohnungsnot, zahllosen aufdringlichen Sekten, Korruption und anderen Phänomenen, die in unterschiedlichem Ausmaß das Leben erschweren und einer ganzheitlichen Entwicklung im Wege stehen. Zum Abschluß dieser Begegnung vertraue ich euch und alle Söhne und Töchter dieser edlen Nation der Fürbitte der Muttergottes »Santa María la Antigua« an. Möge ihre Mutterliebe stets über Panama leuchten und sie auf ihrem Weg trösten. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch von Herzen den Apostolischen Segen.

AN DIE TEILNEHMER AM INTERNATIONALEN KONGRESS

DER ÄBTE, PRIORE UND ÄBTISSINNEN DER

BENEDIKTINISCHEN KONFÖDERATION Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Samstag, 20. September 2008




Liebe Äbte,
liebe Äbtissinnen!

Mit großer Freude empfange und begrüße ich euch anläßlich des internationalen Kongresses, der alle vier Jahre die Äbte eurer Konföderation und die Oberen der unabhängigen Priorate in Rom zusammenführt, um über die Möglichkeiten nachzudenken und zu beraten, wie das benediktinische Charisma im heutigen sozialen und kulturellen Umfeld konkret verwirklicht werden soll und wie auf die immer neuen Herausforderungen, vor die es das Zeugnis für das Evangelium stellt, geantwortet werden kann. Ich begrüße allen voran Abtprimas Notker Wolf, dem ich für die Worte danke, die er im Namen aller an mich gerichtet hat. Des weiteren geht mein Gruß an die Gruppe der Äbtissinnen, die in Vertretung der »Communio Internationalis Benedictinarum« gekommen sind, sowie an die orthodoxen Vertreter.

In einer entsakralisierten Welt und in einer Zeit, die von einer besorgniserregenden Kultur der Leere und des »Sinnlosen« gekennzeichnet ist, seid ihr aufgerufen, kompromißlos den Primat Gottes zu verkünden und Vorschläge für mögliche neue Wege der Glaubensverkündigung zu unterbreiten. Euer Streben nach persönlicher und gemeinschaftlicher Heiligung sowie das von euch gepflegte liturgische Gebet befähigen euch zu einem Zeugnis von besonderer Wirksamkeit. In euren Klöstern erneuert und vertieft ihr zuallererst täglich die Begegnung mit der Person Christi, den ihr als Gast, Freund und Gefährten immer bei euch habt. Darum sind eure Klöster Orte, zu denen Männer und Frauen auch in der heutigen Zeit kommen, um Gott zu suchen und zu lernen, die Zeichen der Gegenwart Christi, seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit zu erkennen. Werdet nicht müde, in demütigem Vertrauen mit allen, die um eure geistliche Fürsorge bitten, den Reichtum der Botschaft des Evangeliums zu teilen, die zusammengefaßt ist in der Botschaft von der Liebe des barmherzigen Vaters, der bereit ist, in Christus jeden Menschen zu umarmen! So werdet ihr weiterhin euren wertvollen Beitrag zur Lebendigkeit und Heiligung des Gottesvolkes nach dem besonderen Charisma des hl. Benedikt von Nursia leisten.

Liebe Äbte und Äbtissinnen, ihr seid Hüter des Erbes einer Spiritualität, die radikal im Evangelium verankert ist. »Per ducatum evangelii pergamus itinera eius – Gehen wir unter der Führung des Evangeliums seine Wege«, sagt der hl. Benedikt im Prolog der Regel. Gerade dies verpflichtet euch, den anderen die Früchte eurer inneren Erfahrung mitzuteilen und zu schenken. Ich kenne und schätze sehr die großzügige und sachkundige Kultur- und Bildungsarbeit, die viele eurer Klöster besonders für die jungen Generationen vollbringen, wobei sie eine Atmosphäre brüderlicher Aufnahme schaffen, die eine einzigartige Erfahrung von Kirche begünstigt. Es ist in der Tat von vordringlicher Wichtigkeit, die jungen Menschen darauf vorzubereiten, sich unter ständiger Bezugnahme auf die immer aktuelle, unerschöpfliche und belebende Botschaft des Evangeliums ihrer Zukunft zu stellen und sich mit den vielfältigen Herausforderungen der Gesellschaft zu messen. Widmet euch daher mit neuem apostolischen Eifer den Jugendlichen, die die Zukunft der Kirche und der Menschheit sind! Um ein »neues« Europa aufzubauen, muß man nämlich bei den neuen Generationen beginnen und ihnen die Möglichkeit bieten, sich den geistlichen Schätzen der Liturgie, der Meditation und der Lectio divina innerlich anzunähern.

Diese Seelsorge- und Bildungstätigkeit ist in Wirklichkeit für die ganze Menschheitsfamilie notwendiger denn je. In so vielen Teilen der Welt, besonders in Asien und Afrika, besteht großer Bedarf an lebendigen Orten zur Begegnung mit dem Herrn, an denen durch das Gebet und die Betrachtung die Gelassenheit und der Friede mit sich selbst und mit den anderen wiedergewonnen werden. Jedem Menschen in Liebe dienen Versäumt es daher nicht, mit offenem Herzen den Erwartungen all derer, auch außerhalb Europas, entgegenzukommen, die den lebhaften Wunsch nach eurer Präsenz und eurem Apostolat äußern, um aus dem Reichtum der benediktinischen Spiritualität schöpfen zu können! Laßt euch von dem tiefen Wunsch leiten, jedem Menschen ohne Unterschied der Rasse und Religion in Liebe zu dienen! Seid in prophetischer Freiheit und weiser Unterscheidung überall dort maßgeblich präsent, wohin euch die Vorsehung ruft, um neue Niederlassungen zu gründen, wobei ihr euch stets durch die für euren Lebensstil kennzeichnende harmonische Ausgewogenheit von Gebet und Arbeit auszeichnen sollt.

Und was könnte man nicht alles zur berühmten benediktinischen Gastfreundschaft sagen? Sie ist die euch eigene, besondere Berufung, eine voll und ganz spirituelle, menschliche und kulturelle Erfahrung. Auch hier soll es Ausgewogenheit geben: Das Herz der Kommunität soll weit offenstehen, aber die Zeiten und Formen der Aufnahme sollen angemessen sein. So werdet ihr den Männern und Frauen unserer Zeit die Möglichkeit anbieten können, durch die Pflege der inneren Stille in der Verbundenheit des heilstiftenden Wortes den Sinn des Daseins vor dem unendlichen Horizont der christlichen Hoffnung zu vertiefen. Eine zu echtem brüderlichen Leben fähige Kommunität, die eifrig im liturgischen Gebet, im Studium, in der Arbeit, in der freundlichen Verfügbarkeit für den nach Gott dürstenden Nächsten ist, stellt den besten Impuls dazu dar, in den Herzen besonders der jungen Menschen die Berufung zum monastischen Leben und überhaupt zu einem fruchtbaren Glaubensweg entstehen zu lassen.

Ein besonderes Wort möchte ich an die Vertreterinnen der benediktinischen Nonnen und Schwestern richten. Liebe Schwestern, wie andere Ordensfamilien leidet auch ihr vor allem in manchen Ländern unter dem Mangel an neuen Berufungen. Laßt euch nicht entmutigen, sondern stellt euch dieser schmerzlichen Krisensituation mit Gelassenheit und im Bewußtsein, daß von jedem einzelnen nicht so sehr der Erfolg als die Verpflichtung zur Treue verlangt wird. Was absolut vermieden werden muß, ist ein Nachlassen der geistlichen Verbundenheit mit dem Herrn und mit der eigenen Berufung und Sendung. Hingegen bekennt man, wenn man treu an ihr festhält, mit großer Wirksamkeit auch der Welt gegenüber das eigene feste Vertrauen in den Herrn der Geschichte, in dessen Händen die Zeiten und die Schicksale der Menschen, der Institutionen und der Völker liegen; und ihm vertrauen wir uns auch hinsichtlich der geschichtlichen Umsetzung seiner Gaben an. Macht euch die geistliche Haltung der Jungfrau Maria zu eigen, die in totaler Verfügbarkeit für den Willen des himmlischen Vaters zufrieden war, »ancilla Domini«, Magd des Herrn, zu sein.

Liebe Mönche, Nonnen und Schwestern, habt Dank für diesen willkommenen Besuch! Ich begleite euch mit meinem Gebet, auf daß ihr bei euren Begegnungen in diesen Tagen des Kongresses die geeignetsten Möglichkeiten unterscheiden könnt, um sichtbar und klar in Lebensweise, Arbeit und Gebet von dem engagierten Bemühen um eine radikale Nachfolge des Herrn Zeugnis zu geben. Die allerseligste Jungfrau Maria unterstütze jeden eurer guten Pläne, sie helfe euch, stets vor allem anderen Gott vor Augen zu haben, und begleite euch mütterlich auf eurem Weg. Während ich reiche himmlische Gaben zur Unterstützung jedes eurer hochherzigen Vorhaben erflehe, erteile ich euch und der ganzen benediktinischen Familie von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.



AN DIE NEUERNANNTEN BISCHÖFE IM RAHMEN EINES

VON DER KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER VERANSTALTETEN FORTBILDUNGSKURSES Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Samstag, 20. September 2008




Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Mit Freude empfange ich euch im Rahmen des von der Kongregation für die Evangelisierung der Völker veranstalteten Fortbildungsseminars. Ich danke aufrichtig für das brüderliche Grußwort, das der Präfekt, Kardinal Ivan Dias, in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Der Kongreß, an dem ihr teilnehmt, findet innerhalb des Paulusjahres statt, das wir in der ganzen Kirche feiern – in der Absicht, die Kenntnis des missionarischen Geistes und der charismatischen Persönlichkeit des hl. Paulus zu vertiefen, der von allen als der große Völkerapostel angesehen wird.

Ich bin gewiß, daß der Geist dieses »Lehrers der Völker im Glauben und in der Wahrheit« (vgl. 1Tm 2,7 2Tm 1,11) in eurem Gebet, in euren Reflexionen und Gesprächen zugegen war und euren Hirten- und Bischofsdienst stets erleuchten und bereichern wird. In der Predigt zur Eröffnung des Paulusjahres habe ich den Ausdruck »Lehrer der Völker« kommentiert und gesagt, daß dieses Wort sich in die Zukunft hinein öffnet und das Herz des Apostels auf alle Völker und Generationen hin ausrichtet. Paulus ist für uns nicht nur eine Gestalt der Vergangenheit, derer wir achtungsvoll gedenken. Er ist auch unser Lehrer, er ist auch für uns Apostel und Verkünder Jesu Christi. Ja, er ist unser Lehrer, und von ihm müssen wir lernen, die Völker, zu denen wir gesandt sind, mit Wohlwollen zu betrachten. Von ihm müssen wir auch lernen, in Christus das Licht und die Gnade zu suchen, um heute die Frohe Botschaft zu verkünden; ihn müssen wir uns zum Vorbild nehmen, um unermüdlich die menschlichen und geographischen Wege der heutigen Welt zu durchschreiten und Christus zu denen zu bringen, die ihm bereits das Herz geöffnet haben, und auch zu denen, die ihn noch nicht kennen.

Euer Leben als Hirten ist dem des Apostels Paulus in vielerlei Hinsicht ähnlich. Das Spektrum eurer pastoralen Tätigkeit ist oft sehr breit und äußerst schwierig und komplex. Geographisch betrachtet sind eure Diözesen meist sehr weitläufig, und nicht selten fehlt es in ihnen an Wegen und Mitteln zur Kommunikation. So können die Gläubigen, die fern vom Mittelpunkt eurer Diözesangemeinschaften leben, nur schwer erreicht werden. Darüber hinaus geht der Sturm der Entchristlichung, der religiösen Gleichgültigkeit, der Säkularisierung und der Relativierung der Werte immer stärker auf eure ebenso wie auf andere Gesellschaften nieder. Dadurch entsteht ein Umfeld, gegen das die Waffen der Verkündigung, wie bei Paulus in Athen, machtlos erscheinen können. In vielen Gegenden sind die Katholiken eine Minderheit, manchmal sogar eine sehr schwache Minderheit. Das verpflichtet euch zur Begegnung mit anderen, sehr viel stärkeren und euch nicht immer freundlich gesinnten Religionen. Und letztlich gibt es auch Situationen, in denen ihr als Hirten eure Gläubigen angesichts von Verfolgungen und gewalttätigen Angriffen verteidigen müßt.

Habt keine Angst und laßt euch von all diesen manchmal sehr schwierigen Bedrängnissen nicht entmutigen, sondern holt euch Rat und Orientierung beim hl. Paulus. Er mußte aus eben diesen Gründen viel erleiden, wie wir aus seinem Zweiten Brief an die Korinther wissen. Er erlitt auf seinen Reisen zu Wasser und zu Land Verfolgungen, wurde ausgepeitscht und sogar gesteinigt, nahm die Gefahren der Reisen auf sich, ertrug Hunger und Durst, häufiges Fasten, Kälte und Blöße. Er arbeitete unermüdlich und war aufgezehrt von der Sorge um alle Gemeinden (vgl. 2 Kor 11,24ff.). Er ging den Schwierigkeiten und Leiden nicht aus dem Weg, denn er war sich sehr wohl bewußt, daß sie zu dem Kreuz gehören, das wir als Christen tagtäglich zu tragen haben. Er verstand die Lage, in die der Ruf Christi den Jünger versetzt, bis ins Tiefste: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach« (Mt 16,24). Daher legte er seinem geistlichen Sohn und Jünger Timotheus ans Herz: »Leide mit mir für das Evangelium« (2Tm 1,8). Auf diese Weise wies er darauf hin, daß die Evangelisierung und ihr Erfolg über das Kreuz und das Leiden führen. Und diese Worte legt er einem jeden von uns ans Herz. Das Leiden vereint mit Christus und mit den Brüdern und bringt die Fülle der Liebe zum Ausdruck, deren Quelle und höchster Beweis das Kreuz Christi ist.

Paulus war durch die Erfahrung der Verfolgungen, denen er bei der Verkündigung des Evangeliums ausgesetzt war, zu dieser Überzeugung gekommen; aber auf diesem Weg hatte er den Reichtum der Liebe Christi und die Wahrheit seiner Sendung als Apostel entdeckt. In der Predigt zur Eröffnung des Paulusjahres habe ich diesbezüglich gesagt: »Die Wahrheit, die er in der Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren hatte, war ihm des Streites, der Verfolgung, des Leidens wert. Aber was ihn zuinnerst trieb, war das Geliebtsein von Jesus Christus und das Weitergeben dieser Liebe.« Ja, Paulus war ein von der Liebe Christi »ergriffener« (Ph 3,12) Mann, und all sein Wirken und Leiden erklärt sich nur aus dieser Mitte heraus.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt! Ihr steht am Beginn eures bischöflichen Dienstes. Zögert nicht, euch diesem mächtigen Lehrer der Evangelisierung zuzuwenden und von ihm zu lernen, wie ihr Christus lieben und euch im Dienst am Nächsten hingeben könnt, wie ihr euch mit den Völkern, bei denen ihr zur Verkündigung des Evangeliums berufen seid, identifizieren und die Gegenwart des Auferstandenen verkündigen und bezeugen könnt. Um dies zu lernen, muß man inständig die Hilfe der Gnade Christi anrufen. Auf diese Gnade beruft sich Paulus immer wieder in seinen Briefen. Ihr, die ihr als Nachfolger der Apostel die Sendung des Paulus weiterführt und den Völkern das Evangelium bringt, sollt nach seinem Vorbild eure Berufung in enger Abhängigkeit vom Licht des Geistes Christi verstehen. Er wird euch auf den oft unwegsamen, aber stets begeisternden Wegen der Neuevangelisierung führen. Ich begleite euch in eurer Hirtensendung mit meinem Gebet und mit einem herzlichen Apostolischen Segen, den ich jedem von euch und allen Gläubigen eurer christlichen Gemeinschaften erteile.



AN DIE NEUERNANNTEN BISCHÖFE, DIE AM KONGRESS DER KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE UND FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN TEILNEHMEN Apostolischer Palast, Castelgandolfo

Montag, 22. September 2008




Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich freue mich, euch zu Beginn eures bischöflichen Dienstes zu empfangen, und ich begrüße euch sehr herzlich im Bewußtsein der untrennbaren kollegialen Verbindung, die den Papst mit den Bischöfen im Band der Einheit, der Liebe und des Friedens vereint. Diese Tage, die ihr in Rom verbringt, um die Aufgaben, die euch erwarten, zu vertiefen und am Grab des hl. Petrus das Bekenntnis eures Glaubens zu erneuern, müssen auch eine einzigartige Erfahrung der Kollegialität sein. Sie »gründet zugleich auf der Bischofsweihe und auf der hierarchischen Gemeinschaft; daher berührt sie die Tiefe des Seins eines jeden Bischofs und gehört zur Struktur der Kirche, wie sie dem Willen Jesu Christi entspricht« (Apostolisches Schreiben Pastores gregis, 8). Diese Erfahrung der Brüderlichkeit, des Gebets und des Studiums beim Sitz des Petrus möge in jedem von euch das Bewußtsein der Gemeinschaft mit dem Papst und mit euren Mitbrüdern nähren und euch zur Fürsorge für die ganze Kirche hin öffnen. Ich danke Herrn Kardinal Giovanni Battista Re für die freundlichen Worte, mit denen er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Mein besonderer Gruß gilt Herrn Kardinal Leonardo Sandri, dem Präfekten der Kongregation für die Orientalischen Kirchen. Durch euch sende ich einen herzlichen Gruß an alle Gläubigen, die eurer Hirtensorge anvertraut sind.

Unsere Begegnung findet im Paulusjahr und am Vorabend der XII. Generalversammlung der Bischofssynode über das Wort Gottes statt: zwei bedeutsame Augenblicke des kirchlichen Lebens, die uns helfen, einige Aspekte der Spiritualität und der Sendung des Bischofs genauer zu beleuchten. Ich möchte kurz etwas zur Gestalt der hl. Paulus sagen. Er ist ein Lehrer und ein Vorbild vor allem für die Bischöfe! Der hl. Gregor der Große bezeichnet ihn als den »größten aller Hirten« (Regula pastoralis 1,8). Als Bischöfe müssen wir von diesem Apostel vor allem eine große Liebe zu Jesus Christus lernen. Von dem Augenblick an, als er dem göttlichen Meister auf der Straße nach Damaskus begegnete, war sein ganzes Leben ein Weg innerer und apostolischer Angleichung an ihn, in Verfolgungen und Leiden (vgl. 2Tm 3,11). Der hl. Paulus selbst bezeichnet sich als einen Mann, der »von Christus ergriffen« ist (vgl. Phil Ph 3,12) – so sehr, daß er sagen kann: »Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Ga 2,20). Er sagt auch: »Ich bin mit Christus gekreuzigt worden. … Soweit ich aber jetzt noch in der Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat« (Gal 2,19–20). Die Liebe des Paulus zu Christus berührt uns durch ihre Intensität. Seine Liebe war so stark und so lebendig, daß sie ihn sagen ließ: »Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen« (Ph 3,8). Das Vorbild des großen Apostels ruft uns Bischöfe auf, jeden Tag in der Heiligkeit des Lebens zu wachsen, um so gesinnt zu sein, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht (vgl. Phil Ph 2,5). Im Apostolischen Schreiben Pastores gregis heißt es an der Stelle, wo vom geistlichen Einsatz des Bischofs die Rede ist, daß er vor allem ein »Mann Gottes« sein muß, denn es ist nicht möglich, den Menschen zu dienen, ohne vorher »Diener Gottes« zu sein (vgl. Nr. 13).

Der geistliche und apostolische Einsatz des Bischofs muß also in erster Linie der sein, auf dem Weg der Vollkommenheit des Evangeliums voranzuschreiten. Wie der Apostel Paulus muß er überzeugt sein: »Unsere Befähigung stammt … von Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein« (2 Kor 3,5–6). Zu den Mitteln, die ihm helfen, im geistlichen Leben voranzuschreiten, gehört vor allem das Wort Gottes, das im Leben und in der Sendung des Bischofs eine unbestrittene Zentralität besitzen muß. Das Apostolische Schreiben Pastores gregis ruft in Erinnerung, daß »der Bischof, noch bevor er Vermittler des Wortes ist, zusammen mit seinen Priestern und wie jeder Gläubige … Hörer des Wortes sein« muß, und fügt hinzu: »Es gibt in der Tat keinen Primat der Heiligkeit ohne das Hören auf das Wort Gottes, das Leitbild und Nahrung der Heiligkeit ist« (Nr. 15). Ich fordere euch daher auf, liebe Bischöfe, euch jeden Tag dem Wort Gottes anzuvertrauen, um Lehrer des Glaubens und wahre Erzieher eurer Gläubigen zu sein – nicht wie jene, die mit dem Wort Gottes ein Geschäft machen, sondern wie jene, die es aufrichtig und in Christus, von Gott her und vor Gott verkünden (vgl. 2Co 2,17).

Liebe Bischöfe, um der großen Herausforderung des Säkularismus in der gegenwärtigen Gesellschaft zu begegnen, ist es notwendig, daß der Bischof das Wort jeden Tag im Gebet innerlich vertieft, um es wirksam zu verkündigen, als wahrer Lehrer zu erläutern und zu verteidigen und als erleuchteter und weiser Meister weiterzugeben. Zum bevorstehenden Beginn der Arbeiten der kommenden Generalversammlung der Bischofssynode vertraue ich euch der Kraft des Wortes des Herrn an, damit ihr den Versprechen treu bleibt, die ihr vor Gott und der Kirche am Tag eurer Bischofsweihe abgelegt habt, und damit ihr in der Erfüllung des euch anvertrauten Dienstes verharrt, das Erbe des Glaubens stets rein und unversehrt bewahrt und zusammen mit dem ganzen Episkopat in der kirchlichen Gemeinschaft verwurzelt bleibt. Wir müssen uns stets bewußt sein, daß das Wort Gottes die göttliche Gegenwart in jedem von uns gewährleistet, gemäß dem Wort des Herrn: »Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen« (Jn 14,23).

Als euch am Tag eurer Bischofsweihe die Mitra überreicht wurde, wurde zu euch gesagt: »Der Glanz der Heiligkeit sei dein Schmuck«. Der Apostel Paulus ermahnt uns durch seine Lehre und durch sein persönliches Zeugnis, in der Tugend vor Gott und vor den Menschen zu wachsen. Der Weg der Vollkommenheit des Bischofs muß an den Zügen ausgerichtet sein, die den guten Hirten kennzeichnen, damit die Gläubigen in seinem Antlitz und in seinem Handeln die menschlichen und christlichen Tugenden betrachten können, die jeden Bischof auszeichnen müssen (vgl. Pastores gregis, 18). Wenn ihr auf dem Weg der Heiligkeit voranschreitet, werdet ihr jene unentbehrliche moralische Autorität und jene kluge Weisheit ausstrahlen, die von dem gefordert wird, der als Haupt der Familie Gottes eingesetzt ist. Diese Autorität ist heute mehr denn je notwendig. Euer Dienst wird nur dann pastorale Früchte tragen, wenn er sich auf die Heiligkeit eures Lebens stützt: Die Autorität des Bischofs – so heißt es im Apostolischen Schreiben Pastores gregis – geht aus dem Zeugnis hervor, ohne das die Gläubigen im Bischof kaum den Ausdruck der wirksamen Gegenwart Christi in seiner Kirche erblicken können (vgl. Nr. 43).

Durch die Bischofsweihe und die kanonische Sendung wurde euch das Hirtenamt anvertraut, also die beständige und tägliche Sorge für eure Diözesen. Mit den bekannten Worten an Timotheus weist euch der Apostel Paulus den Weg, gute und angesehene Hirten eurer Teilkirchen zu sein: »Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht; weise zurecht, tadle, ermahne, in unermüdlicher und geduldiger Belehrung … sei in allem nüchtern« (2Tm 4,2 2Tm 4,5). Im Lichte dieser Worte des Apostels sollt ihr nicht nachlassen, euch »durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht« (Lumen gentium LG 27) dafür einzusetzen, daß die euch anvertraute Herde in der Heiligkeit und in der Wahrheit voranschreitet. Auf diese Weise übt der Bischof seine Vaterschaft gegenüber den Gläubigen angemessen und in Fülle aus. Tragt insbesondere Sorge für die Priester, eure ersten und unersetzlichen Mitarbeiter im Dienst, und für die jungen Menschen.

Seid den Priestern nahe, und schenkt ihnen viel Aufmerksamkeit. Scheut keine Mühen, um alle Initiativen in die Tat umzusetzen, auch die einer konkreten Lebensgemeinschaft wie sie das Zweite Vatikanische Konzil aufgezeigt hat, die den Priestern helfen soll, in der Hingabe an Christus und in der Treue zum priesterlichen Dienst zu wachsen. Versucht, eine wahre Brüderlichkeit unter den Priestern zu fördern, die dazu beiträgt, Isolierung und Einsamkeit zu überwinden, indem sie die gegenseitige Unterstützung fördert. Es ist wichtig, daß alle Priester die väterliche Nähe und die Freundschaft des Bischofs spüren.

Um die Zukunft eurer Teilkirchen aufzubauen, müßt ihr auch den Jugendlichen Anregungen geben und sie führen. Der Weltjugendtag, der vor kurzem in Sydney stattgefunden hat, hat noch einmal deutlich gemacht, daß viele junge Menschen vom Evangelium angezogen werden und bereit sind, sich in der Kirche einzusetzen. Die Priester, Lehrer und Erzieher müssen in der Lage sein, den jungen Menschen die Begeisterung für das Geschenk des Lebens und die Liebe zu Jesus Christus und zu seiner Kirche weiterzugeben. Unter den jungen Menschen müßt ihr mit besonderer Fürsorge die Seminaristen ermutigen, im Bewußtsein, daß das Seminar das Herz der Diözese ist. Versäumt nicht, den jungen Menschen die Entscheidung für eine Ganzhingabe an Christus im priesterlichen Leben und im Ordensleben vorzuschlagen. Macht die Familien, die Pfarrgemeinden und die Erziehungs- und Bildungseinrichtungen dafür empfänglich, den jungen Generationen zu helfen, den Plan Gottes für ihr Leben zu suchen und zu entdecken.

Ich rufe euch noch einmal das Wort des hl. Paulus an Timotheus ins Gedächtnis: »Sei den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit« (1Tm 4,12). Indem ich die Hilfe Gottes auf euren bischöflichen Dienst herabrufe, erteile ich euch und euren Diözesen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.

AN DAS STUDIENZENTRUM ZUR FÖRDERUNG

DER KATHOLISCHEN SCHULEN Apostolischer Palast in Castelgandolfo - Saal der Schweizer

Donnerstag, 25. September 2008



Liebe Brüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Die heutige Begegnung erfolgt aus Anlaß des zehnten Jahrestages der Gründung des »Centro Studi per la Scuola Cattolica« (CSSC – Studienzentrum zur Förderung der Katholischen Schule), das von der Italienischen Bischofskonferenz als Ausdruck der Verantwortlichkeit der Bischöfe gegenüber der katholischen Schule – einschließlich der Bildungszentren christlicher Ausrichtung – eingerichtet wurde. Das bietet mir die glückliche Gelegenheit, erneut meine Wertschätzung und meine Ermutigung für das zum Ausdruck zu bringen, was in diesem wichtigen Bereich des zivilen und des kirchlichen Lebens bislang geleistet worden ist. Mein herzliches Willkommen gilt Euch, liebe Brüder und Schwestern, die Ihr hier in gewisser Weise alle diejenigen vertretet, die auf jeder Ebene – Italienische Bischofskonferenz, Union der Ordensoberinnen Italiens, Italienische Konferenz der Ordensoberinnen, kirchliche Institute, die erzieherische Aufgaben wahrnehmen, Universitäten, Verbände, Vereinigungen, Laienbewegungen und andere Organisationen – im Dienst der katholischen Schule in Italien stehen. An jeden von ihnen richtet sich mein herzlicher Gruß und der Dank der Kirche für den wertvollen Dienst, der über die katholische Schule für die Evangelisierung der Jugend und der Welt der Kultur geleistet wird.

Einen besonderen Gruß richte ich an Msgr. Agostino Superbo, den Vizepräsidenten der Italienischen Bischofskonferenz, an die Bischöfe, die der Bischöflichen Kommission für die Katholische Erziehung, der Schule und der Universität als Mitglieder angehören, sowie vor allem an deren Präsidenten, Msgr. Diego Coletti, der Eure gemeinsamen Empfindungen hier zum Ausdruck gebracht hat. Seine Worte haben mir erlaubt, die erreichten Ziele und die Projekte des »Centro Studi per la Scuola Cattolica« besser kennenzulernen. Mein Gruß richtet sich auch an die Teilnehmer des Kongresses, der eigens in Erinnerung an diesen Jahrestag veranstaltet wird und dessen Thema lautet: »Über den Erziehungsnotstand hinaus – die katholische Schule im Dienst der Jugend«.

Meine verehrten Vorgänger haben mehrfach in verschiedenen Ansprachen, die in wichtige Dokumente der Bischofskonferenz aufgenommen worden sind, darauf hingewiesen, wie wichtig der Auftrag der katholischen Schule ist. Im Dokument der Italienischen Bischofskonferenz mit dem Titel: »Die katholische Schule im heutigen Italien« heißt es etwa, daß sich der Heilsauftrag der Kirche in der engen Verbindung der Verkündigung des Glaubens und der Förderung des Menschen erfüllt und daß er daher in dem privilegierten Werkzeug der katholischen Schule, die auf die Ausbildung des gesamten Menschen ausgerichtet ist (vgl. Nr. 11), besondere Unterstützung findet. Gleich danach heißt es, daß »die katholische Schule ein Ausdruck des Rechts aller Bürger auf Bildungsfreiheit darstellt, sowie der dem entsprechenden Pflicht, solidarisch an der Gestaltung des bürgerlichen Zusammenlebens mitzuwirken« (Nr. 12). Die italienischen Bischöfe haben also in dieser Absicht, sowohl das kirchliche als auch bürgerliche Bewußtsein gemeinsam zu festigen, vor nunmehr zehn Jahren die Notwendigkeit verspürt, ein Studienzentrum zu gründen, das sich mit der katholischen Schule befaßt. Damit man sich für die katholische Schule entscheidet und sie schätzt, muß ihr pädagogisches Ziel bekannt sein; es bedarf eines reifen Bewußtseins nicht nur in Bezug auf ihre kirchliche Identität und ihre kulturellen Absichten, sondern auch auf ihre soziale Bedeutung, die nicht nur als einseitiger Interessenschutz betrachtet werden darf, sondern als wertvoller Beitrag zum Aufbau des Allgemeinwohls der gesamten italienischen Gesellschaft angesehen werden muß.

Euer Studienzentrum hat der Kirche und der italienischen Gesellschaft im ersten Jahrzehnt seiner Tätigkeit einen wirklich wertvollen Dienst geleistet. Dies ist der fruchtbaren Zusammenarbeit zu verdanken, die sich zwischen der Italienischen Bischofskonferenz und ihren Amtsstellen, den Verbänden und Vereinigungen der katholischen Schule, der Pädagogischen Fakultät an der Päpstlichen Universität der Salesianer, dem Bildungsministerium, dem technisch-wissenschaftlichen Komitee, in welchem die Katholische Universität »Sacro Cuore« und die »Libera Università Maria Ss. Assunta« (LUMSA) vertreten sind, sowie allen Personen, die sich in irgendeiner Form an den Aktivitäten beteiligt haben, entwickelt hat.

Dank dieser fortwährenden Verständigung ist es dem Studienzentrum gelungen, die Situation der katholischen Schule in Italien aufmerksam zu untersuchen und dabei mit besonderem Interesse die Frage der Gleichheit und der Reform der Schule in Italien zu verfolgen. Diesbezüglich ist darauf hingewiesen worden, daß der Besuch katholischer Schulen in einigen Gebieten Italiens im Vergleich zum vorhergehenden Jahrzehnt angestiegen ist, auch wenn schwierige und teilweise sogar kritische Zustände weiterhin anhalten. Gerade im Zusammenhang mit der Erneuerung, welche diejenigen befürworten sollten, denen das Wohl der Jugendlichen und des Landes am Herzen liegt, sollte die tatsächliche Gleichheit zwischen staatlichen und privaten, staatlich anerkannten Schulen, begünstigt werden, die den Eltern die angebrachte Wahlfreiheit im Hinblick auf die zu frequentierende Schule läßt.

Liebe Brüder und Schwestern, der Jahrestag, den Ihr begeht, ist sicher eine gute Gelegenheit, um mit erneuertem Enthusiasmus den Dienst weiterhin zu verrichten, den Ihr so erfolgreich verseht. Besonders ermutige ich Euch, Euer Bemühen – wie Ihr bereits beabsichtigt – den folgenden fünf Bereichen zu widmen: die Verbreitung einer Kultur, die darauf ausgerichtet ist, die Pädagogik der katholischen Schule auf das Ziel einer christlichen Erziehung hin zu qualifizieren; die Untersuchung der Qualität und die Sammlung von Daten über den Zustand der katholischen Schule; die Anbahnung neuer Untersuchungen, um die heute dringenden Notstände im Bereich der Erziehung, der Kultur und der Organisation genauer zu erforschen; die Vertiefung der Kultur der Gleichheit, die nicht immer gewürdigt und teilweise sogar mißverständlich interpretiert wird; die Zunahme der fruchtbaren Zusammenarbeit mit den Verbänden/Vereinigungen der katholischen Schule, unter Beachtung der entsprechenden Kompetenzen und Ziele.

Ich vertraue Eure Aktivitäten und künftigen Projekte der mütterlichen Fürsprache Marias, Königin der Familien und Sitz der Weisheit, an. Ich danke Euch für Euren Besuch und segne Euch alle von Herzen.
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Benedikt XVI Predigten 234