Benedikt XVI Predigten 250

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AN HERRN RAJAONARIVONY NARISOA,

NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK MADAGASKAR

BEIM HL. STUHL Donnerstag, 18. Dezember 2008


Herr Botschafter!

Mit Freude empfange ich Sie heute, Exzellenz, und heiße Sie willkommen zur Überreichung Ihres Akkreditierungsschreibens als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Madagaskar beim Heiligen Stuhl. Würden Sie Seiner Exzellenz Herrn Marc Ravalomanana, Präsident der Republik, für seine freundlichen Wünsche danken, und im Gegenzug bitte ich Sie, ihm meine ergebenen Wünsche für ihn persönlich und für sein hohes Amt im Dienst seiner Mitbürger zu übermitteln. Ich möchte durch Sie auch das ganze liebe madagassische Volk grüßen.

Ich habe die freundlichen Worte, die Sie, Herr Botschafter, an mich gerichtet haben, wertgeschätzt und danke Ihnen dafür. Die »Große Insel« ist dieses Jahr von schweren Naturkatastrophen nicht verschont geblieben. Wirbelstürme haben zahlreiche Wohnhäuser, Brücken und Straßen zerstört, und die Reisfelder und Viehherden haben schwere Schäden erlitten.

Menschen sind gestorben, andere wurden verletzt und wieder andere haben ihr Hab und Gut verloren. Ich möchte das ganze madagassische Volk meiner Nähe im Geist und im Gebet versichern. Gott habe in seiner Güte Erbarmen mit seinem Volk und höre die Stimme derer, die ihn rufen (vgl. Ps Ps 5,3) und seine Hilfe erflehen! Und mit dem Psalmisten sage ich: »Herr, steh auf, Gott, erheb deine Hand, vergiß die Gebeugten nicht!« (Ps 10,12). In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, daß der Preis für Solidarität und Entwicklung 2008 der Stiftung »San Matteo« zum Gedenken an Kardinal François-Xavier Van Thuân am vergangenen 13. November aus Anlaß des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dem Projekt »Akamasoa« für Wohnungen für Obdachlose in Antananarivo zuerkannt wurde.

Vor zwei Jahren – 2006 – hatte der Präsident der Republik den »Madagascar Action Plan« (MAP) und den Plan »Fihavanana« (Solidarische Brüderlichkeit) vorgestellt und umzusetzen begonnen, Projekte, die dazu bestimmt sind, die Entwicklung des Landes, vor allem in den ländlichen Gebieten, voranzubringen, Straßen zu bauen und die Natur zu schützen sowie die soziale Eintracht und den Frieden zu fördern. Gefördert werden auch die Errichtung von Schulen, Maßnahmen zur Senkung der Kindersterblichkeit und der Kampf gegen die großen Pandemien. Ich wünsche mir für Madagaskar, daß diese Vorhaben und ihre Verwirklichung neuerlich die Gunst der internationalen Gemeinschaft finden, die weiterhin ihre große Freigebigkeit beweisen und es vermeiden wird, die Finanzkrise, die die Weltwirtschaft und die Wirtschaft der Nationalstaaten erschüttert, vorzuschieben, um ihre Hilfen zu kürzen oder einzustellen.

Im Juli nächsten Jahres wird Ihr Land, Exzellenz, Gastgeber des Gipfeltreffens der Afrikanischen Union sein, und im darauffolgenden Jahr wird es den »Gipfel der Frankophonie« aufnehmen. Diese beiden Ereignisse werden die internationale Aufmerksamkeit auf Madagaskar lenken und dem Land die Möglichkeit geben, für die Eintracht unter den Völkern und für den Frieden vor allem auf dem afrikanischen Kontinent zu arbeiten, der von unzähligen internen und zwischenstaatlichen Konflikten und menschlichen Dramen gequält wird, die eine Bevölkerung heimsuchen, die schutzlos und allzu oft gezwungen ist, um ihr menschliches und materielles Überleben zu kämpfen. Diese internationalen Begegnungen, zu denen ermutigt werden soll, fördern nicht nur den Dialog zwischen den verschiedenen Partnern, sondern sie öffnen die Türen auch und vor allem verschiedenen Formen der Zusammenarbeit, die in aller Würde den wechselseitigen Austausch von Gütern und Werten ermöglichen, die die jeweiligen Bevölkerungen bereichern und nach und nach das zwischen dem Norden und dem Süden unseres Planeten bestehende sozio-ökonomische Ungleichgewicht verringern werden. Wenn diese Güter und diese Werte gemäß dem Plan des Herrn voll eingesetzt werden, wird die ganze Menschheit gestärkt daraus hervorgehen. Nicht zuletzt werden diese internationalen Begegnungen die Welt wissen lassen, daß Madagaskar – wie schon mein verehrter Vorgänger dem damaligen madagassischen Botschafter, Ihrem Vorgänger, sagte – den Wunsch hat, sich »immer stärker auf dem Weg der guten Staatsführung und der Achtung der Menschenrechte« zu engagieren (Ansprache vom 13. Dezember 2002), unter anderem durch den Kampf gegen die heimtückische Gewalt der Korruption und gegen das Gefälle zwischen Reichen und Armen sowie durch die zunehmende Förderung der edlen traditionellen Werte Ihres Landes.

Wie Sie, Herr Botschafter, wissen, möchte die katholische Kirche ihren Beitrag dazu leisten. Sie ist in Madagaskar seit Jahrhunderten anwesend, und sie ist mehrheitlich madagassisch. Die madagassischen Katholiken, Laien und Mitglieder der kirchlichen Hierarchie, teilen die Leiden und Hoffnungen der Bevölkerung. Je nach ihren Mitteln und Möglichkeiten arbeiten sie mit am Gemeinwohl und an der Entwicklung des madagassischen Volkes. Sie möchten zum Aufbau einer Gesellschaft beitragen, die auf Gerechtigkeit und Frieden gegründet ist. Ihre Absicht ist es, der Kirche und dem Volk, dessen Kinder sie in ihrer Nation sind, bestmöglich zu dienen.

Sie interessieren sich daher für das gesamte nationale Leben und für die Gesetze, die es regeln, sowie für die Gesetzesvorlagen, die das Alltagsleben der Bürger verbessern sollten. Die lange und reiche kirchliche Tradition ist eine positive Hilfe beim langsamen Aufbau der Nation. Die Kirche versucht aber nicht, in einen Bereich einzugreifen, der nicht der ihre ist und streng politischen Charakter hat; sie will sich einfach kraft ihres eigenen Wesens am Aufbau und an der Festigung des nationalen Lebens beteiligen.

Ich bitte Sie auch, Herr Botschafter, meine Grüße an die katholische Gemeinschaft Ihres Landes weiterzugeben. Sie nimmt an Entwicklung und Wachstum der ganzen Nation teil, und Sie wissen um deren Rolle in den Bereichen Erziehung und Gesundheit, vor allem für die bedürftigsten Menschen, deren Not sie zu lindern versucht. Die Kirche hat dem Land große Gestalten geschenkt, die sich durch ihre Nächstenliebe und ihre Liebe zu Madagaskar ausgezeichnet haben. Ich denke besonders an die sel. Victoire Rasoamanarivo und an den ehrwürdigen Bruder Raphaël-Louis Rafiringa, dessen Seligsprechungsprozeß Fortschritte macht. Ich bin sicher, daß die jungen Generationen in ihnen stets zeitgemäße Vorbilder zur Nachfolge und Nachahmung finden werden.

Während Sie Ihr Amt als Vertreter beim Heiligen Stuhl offiziell antreten, spreche ich Ihnen, Herr Botschafter, meine herzlichen Wünsche für die erfolgreiche Wahrnehmung Ihrer vornehmen Aufgabe aus und möchte Ihnen versichern, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets gute Aufnahme und aufmerksames Verständnis finden werden, damit die zwischen der Republik Madagaskar und dem Heiligen Stuhl bestehenden harmonischen Beziehungen weitergeführt werden und sich vertiefen können.

Auf Sie, Exzellenz, auf Ihre Familie und auf Ihre Mitarbeiter sowie auf die Verantwortlichen der Nation und auf das ganze madagassische Volk rufe ich aus ganzem Herzen die Fülle des Segens Gottes herab.

AN HERRN OSCAR AYUSO,

NEUER BOTSCHAFTER VON BELIZE BEIM HL. STUHL Donnerstag, 18. Dezember 2008


Exzellenz!

Ich freue mich, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und das Schreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als Botschafter und bevollmächtigter Vertreter von Belize beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für die freundlichen Grüße, die Sie mir von Ihrem Generalgouverneur und Ihrem Premierminister überbracht haben und bitte Sie, auch meine herzlichen Grüße und guten Wünsche zu übermitteln sowie sie meiner Gebete für sie und ihre Mitbürger zu versichern.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre freundliche Erwähnung des Beitrags, den die Kirche vor allem durch ihr etabliertes Erziehungs- und Sozialapostolat zur Entwicklung Ihres Landes geleistet hat. Eine Geschichte fruchtbarer Zusammenarbeit mit den Zivilbehörden und respektvoller Beziehungen zu den anderen religiösen Gruppen hat der Kirche in der Tat ermöglicht, ihren religiösen und kulturellen Auftrag in Belize unbehindert auszuführen. Die Unterstützung, die der Staat den katholischen Schulen und der religiösen Erziehung der jungen Menschen traditionellerweise gewährt, ist nicht nur der Kirche zugute gekommen, sondern hat auch dazu beigetragen, die Struktur der Gesellschaft als ganzer zu stärken.

Jungen Menschen steht überall das Recht auf eine gesunde Erziehung zu, die es ihnen erlaubt, die geistigen, humanen und religiösen Dimensionen des Lebens zu einer kohärenten Synthese zu verbinden (vgl. Gravissimum educationis GE 1). Die Einwohner von Belize sind zu Recht stolz auf ihre reiche Geschichte, die Vielfältigkeit ihrer kulturellen und religiösen Traditionen und den Geist der gegenseitigen Achtung und Zusammenarbeit, der seit langem die Beziehungen zwischen den verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft kennzeichnet. Dieses eindrucksvolle Vermächtnis kann nicht als selbstverständlich betrachtet werden, sondern bedarf immer neuer Aneignung und muß der jüngeren Generation auf jeder Ebene der Erziehung und des Gemeinschaftslebens bewußt weitergereicht werden.

Diese Aufgabe ist heute besonders dringend, da die Werte, die das Leben des Landes und die Identität von Belize geprägt haben, durch den Import gewisser kultureller Muster herausgefordert werden, die auf tragische Weise die Kraft und die Gaben schwächen, die die jungen Menschen in die Gesellschaft einbringen: ihren Idealismus, ihre Hochherzigkeit, ihre Freude, ihre Hoffnung und ihren Enthusiasmus. Ein Klima des Zynismus und der Entfremdung unterstützt die Ausbreitung einer Gegenkultur der Gewalt und der Wirklichkeitsflucht sowie die Suche nach falschen Utopien durch Alkohol- und Drogenmißbrauch.

Letztere Erscheinung, die sich für so viele Leben und Hoffnungen als zerstörerisch erwiesen hat, ist eine Quelle besonderer Besorgnis für alle, die sich um das Wohl nicht nur der Jugendlichen, sondern der Gesellschaft als ganzer kümmern. Die Kirche möchte ihrerseits dabei helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen, indem sie den jungen Menschen beisteht, im Licht des Evangeliums die immerwährenden Wahrheiten zu entdecken, die die Grundlage eines wirklich erfüllten Lebens und die Basis einer friedlichen und menschlichen sozialen Gemeinschaft sind. Wesentlich für die Zukunft jeder Gesellschaft sind ihre Familien.

In meiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2008 habe ich die besondere Rolle der Familie als »Fundament der Gesellschaft« und als »die erste und unersetzliche Erzieherin zum Frieden« herausgestellt (Nr. 3). Starke Familien waren lange ein Kennzeichen des Lebens in Ihrem Land, und die katholische Gemeinschaft in Belize bemüht sich, mit allen Menschen guten Willens zusammenzuarbeiten, um den wachsenden Bedrohungen der Einrichtungen von Ehe und Familie verantwortlich zu begegnen, besonders durch die Aufrechterhaltung des Wesens der Ehe auf der Grundlage einer lebenslangen Vereinigung von Mann und Frau, durch den Schutz der besonderen Rechte der Familie und durch die Achtung der unverletzlichen Würde des menschlichen Lebens, vom Moment der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.

Dieses Zeugnis, das darauf abzielt, die öffentliche Meinung zu informieren und eine weise sowie weitsichtige Familienpolitik zu fördern, soll zum Allgemeinwohl beitragen, indem es eine Einrichtung verteidigt, die »eine wesentliche Quelle im Dienst des Friedens« (vgl. ebd., Nr. 5) und des sozialen Fortschritts war und immer noch ist.

Innerhalb der internationalen Gemeinschaft hat Ihr Land versucht, seine Verbindungen mit anderen Ländern zu konsolidieren und sich an den Programmen der internationalen Zusammenarbeit zu beteiligen. Auf der Grundlage seiner vergangenen Geschichte, seiner relativ kurzen Erfahrung der Unabhängigkeit und der Stabilität seines politischen Lebens kann Belize nicht nur innerhalb der Karibik oder Zentralamerikas, sondern auch den jungen Demokratien in anderen Teilen der Welt als eine Ermutigung und als Bezugspunkt gelten. Durch solche Solidarität können die Menschen guten Willens ihre Bemühungen vereinen, eine soziale Ordnung zu schaffen, die die Werte des Friedens, des respektvollen Dialogs und der Zusammenarbeit im Dienste des Gemeinwohls, den Schutz der Menschenwürde und die Förderung einer wirksamen Sorge für die Armen und Benachteiligten umfaßt.

Mit diesen Gedanken, Herr Botschafter, entbiete ich Ihnen nun meine guten Segenswünsche für die Mission, die Sie im Dienste Ihres Landes durchführen, und versichere Sie der Bereitschaft der verschiedenen Ämter des Heiligen Stuhls, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe beizustehen. Ich bin zuversichtlich, daß Ihre Repräsentanz helfen wird, die guten Beziehungen, die zwischen dem Heiligen Stuhl und Belize bestehen, zu stärken. Für Sie und Ihre Familie sowie für alle lieben Menschen Ihres Landes erbitte ich von Herzen Gottes Segen, Freude und des Frieden.

AN FRAURAFIÂA LIMAM BAOUENDI,

NEUE BOTSCHAFTERIN TUNESIENS BEIM HL. STUHL Donnerstag, 18. Dezember 2008


Frau Botschafter!

Mit Freude empfange ich Sie zur Überreichung Ihres Akkreditierungsschreibens als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin Tunesiens beim Heiligen Stuhl. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für die Grüße Seiner Exzellenz Herrn Zine El Abidine Ben Ali, Präsident der Republik. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm meinen Dank sowie meine herzlichen Wünsche für ihn persönlich sowie für das ganze tunesische Volk übermitteln wollten.

Der wirtschaftliche und soziale Fortschritt ist eine Notwendigkeit, um jedem einzelnen und jeder Familie zu ermöglichen, jenen Wohlstand zu genießen, der für ihre volle Entwicklung unabdingbar ist. Ich freue mich daher zu erfahren, daß Ihr Land im Laufe der letzten Jahre in diesen Bereichen einen spürbaren Fortschritt gemacht hat. In der schwierigen wirtschaftlichen Situation, welche die Welt derzeit erlebt, muß sowohl innerhalb jedes Landes wie auch zwischen den Nationen eine echte Solidarität Einzug halten, damit die Ärmsten nicht noch stärker benachteiligt werden. In der Tat ist ein Wirtschaftswachstum auf Kosten der Menschen und ganzer Völker und Gesellschaftsgruppen, die zu Armut und Ausgrenzung verdammt werden, nicht akzeptabel (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 332).

Im übrigen muß der wirtschaftliche Fortschritt mit der Entwicklung der menschlichen und geistlichen Formung der Personen einhergehen. Das Leben des Menschen kann nämlich nicht auf eine materielle Dimension reduziert werden. Ich begrüße die Anstrengungen, die von Tunesien für die Erziehung der Jugend unternommen werden.

Angesichts der Schwierigkeiten und Unsicherheiten des Lebens oder auch angesichts einer gewissen Verdunkelung der Bezugspunkte, die dem Dasein Sinn geben, ist es notwendig, daß die jungen Generationen eine solide Erziehung erhalten, die ihnen helfen soll, sich den raschen Veränderungen der Gesellschaften zu stellen. Eine besondere Beachtung der kulturellen und religiösen Verschiedenheiten wird es ihnen ermöglichen, sich besser in eine Welt einzufügen, die immer mehr von einer Vermischung der Kulturen und Religionen gekennzeichnet ist, und so zum Aufbau einer brüderlicheren und solidarischeren Welt beizutragen.

Der Dialog zwischen den Kulturen und den Religionen ist in unseren Tagen tatsächlich eine unumgängliche Notwendigkeit, um gemeinsam für den Frieden und die Stabilität der Welt tätig zu sein sowie die aufrichtige Achtung des Menschen und seiner Grundrechte fördern zu können. Im übrigen bilden die Anerkennung der zentralen Stellung der Person und die Würde jedes Menschen sowie die Achtung vor dem Leben, das ein Gottesgeschenk und daher heilig ist, eine gemeinsame Grundlage, um eine harmonischere und für die anerkannten Unterschiede empfängliche Welt zu errichten. Der Aufbau einer Gesellschaft, in der jeder in seiner Würde anerkannt wird, schließt auch die Respektierung der Gewissens- und der Religionsfreiheit für jeden ein. Denn die Bekundung aufrichtiger religiöser Überzeugungen ist die wahrhaftigste Äußerung der menschlichen Freiheit.

Die Stellung, die Tunesien im Maghreb einnimmt, ist eine Aufforderung an das Land, auf internationaler Ebene, besonders im Mittelmeerraum und in Afrika, eine wichtige Rolle zu spielen. Die Aufnahme guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen kann nur zu einer klareren Bewußtwerdung der gemeinsamen Zugehörigkeit zu der einen Menschheitsfamilie beitragen. Daher gilt es, zur Zusammenarbeit und zum Austausch zwischen den Nationen nicht nur deshalb zu ermutigen, um für alle das Recht auf Entwicklung zu gewährleisten, sondern auch um eine echte Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu errichten, die berufen sind, eine große Familie zu bilden.

Dafür muß sich das soziale Leben über die enge Logik von Handelsbeziehungen hinaus auf die solide Grundlage gemeinsamer geistig-geistlicher und ethischer Werte stützen, um den Erfordernissen des Gemeinwohls zu entsprechen und die Rechte der Schwächsten zu schützen.

Frau Botschafter,

die katholische Kirche bringt ihre Präsenz in der tunesischen Gesellschaft vor allem durch ihre Erziehungseinrichtungen oder auch im Bereich des Gesundheitswesens oder der Betreuung behinderter Menschen zum Ausdruck. Durch ihr Engagement im Dienst der Bevölkerung ohne Unterschied der Herkunft oder der Religion will sie auf ihre Weise zum Gemeinwohl beitragen. Die Achtung und das Wohlwollen, die gegenüber diesen kirchlichen Einrichtungen bekundet werden, sind ein Zeichen des Vertrauens, das sie von seiten der Behörden und der Bevölkerung genießen. Darüber kann ich mich nur freuen.

Die katholische Gemeinde Tunesiens – ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie herzlich von mir grüßen wollten – knüpft nämlich, wie Sie wissen, an eine alte Tradition an, die das kulturelle und geistliche Leben Ihres Landes geprägt hat. Heilige Männer und Frauen wie Cyprian, Perpetua und Felicitas und viele andere haben dort bis zur Hingabe ihres Lebens Zeugnis von dem einen Gott gegeben. Ich lade daher die Katholiken ein, in tiefer Gemeinschaft mit ihrem Bischof nach dem Vorbild ihrer Väter im Glauben in ihrer Umgebung inbrünstig die Liebe Gottes, die sie beseelt, zu bekunden und strahlende Zeugen der Hoffnung zu sein, die sie in sich tragen.

Da Sie, Frau Botschafter, nun Ihre Mission beim Heiligen Stuhl antreten, spreche ich Ihnen meine herzlichen Wünsche für deren gute Erfüllung aus, damit die harmonischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Tunesien weitergehen und sich entwickeln, und versichere Ihnen, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets aufmerksame Aufnahme finden werden.

Auf Eure Exzellenz, auf Ihre Familie und Ihre Mitarbeiter sowie auf die Verantwortlichen und alle Bewohner Tunesiens rufe ich von Herzen die Fülle der Segnungen des Allmächtigen herab.

AN HERRN AMANZHOL ZHANKULIYEV,

NEUER BOTSCHAFTER VON KASACHSTAN

BEIM HL. STUHL Donnerstag, 18. Dezember 2008


Herr Botschafter!

Mit Freude empfange ich Eure Exzellenz im Vatikan zur Überreichung des Schreibens, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Kasachstan beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, und danke Ihnen herzlich dafür, daß Sie mir die höfliche Botschaft Seiner Exzellenz Herrn Nurseltan Nazarbayev, Präsident der Republik, überbracht haben.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm im Gegenzug meine besten Wünsche für ihn persönlich sowie für die Verantwortlichen des zivilen und religiösen Lebens und für das ganze kasachische Volk übermitteln.

Die geographische Lage Kasachstans stellt es zu großen geopolitischen Räumen in Verbindung: Europa, Rußland, China und zu mehrheitlich muslimischen Ländern. Seine vielfältige Bevölkerung umfaßt Völker sehr verschiedener Sprachen und kultureller Traditionen. Diese beiden Elemente sind zusammen mit den natürlichen Reichtümern, die Ihr Land besitzt, ein Geschenk Gottes, das es gut zu verwalten gilt. Dieses Geschenk bietet große Möglichkeiten und eröffnet Perspektiven, die die Zukunft des Menschen betreffen und zur Bestätigung seiner Würde beitragen können. Ihr Präsident wollte aus Ihrem Land einen Ort der Begegnung und des Dialogs machen, eine Art Versuchslabor, wo man unter Respektierung der kulturellen und religiösen Verschiedenheit miteinander zu leben versucht, einen Raum, der den anderen Völkern und Nationen zeigen könnte, daß es den Menschen möglich ist, würdig und in Frieden zu leben und den Glauben und die Eigenart eines jeden zu achten. Ich kann all diese Initiativen, die sowohl innerhalb wie außerhalb Ihrer Grenzen für den Dialog zwischen den Menschen, zwischen den Kulturen und zwischen den Religionen ergriffen werden, nur nachdrücklich unterstützen. Die Welt dürstet nach Frieden, und Gott wünscht, daß der Friede wächst und sich harmonisch entfaltet. In diesem Sinn begrüße ich die von Ihrem Land eingeschlagenen mutigen und offenen Wege des Dialogs, die in Ihrer Nation selbst Früchte tragen und die Stabilität in der Region konsolidieren werden.

Sie, Herr Botschafter, wissen um die positive Rolle, die die Religionen in der Gesellschaft spielen können, wenn sie einander achten und für gemeinsame Ziele zusammenarbeiten. Die Gewährleistung der vollen Religionsfreiheit fällt sicher in die Zuständigkeit des Staates; aber es muß auch sein Anliegen sein, den religiösen Bereich achten zu lernen, indem er vermeidet, sich in den Glaubensbereich und in das Gewissen des Bürgers einzumischen. Für jeden Staat besteht die große Versuchung, die genaue Bestimmung der politischen und religiösen Einflußbereiche unklar zu lassen; auf diese Weise läuft er Gefahr, nicht zu erkennen, was nicht in seine Zuständigkeit fällt. Jeder Staat ist daher aufgerufen, wachsam zu bleiben, um die negativen Auswirkungen der Einmischung in den religiösen Bereich und dessen mißbräuchliche Verwendung zu verhüten sowie die religiöse Sphäre des Einzelnen zu respektieren, der lediglich verlangt, sich einfach und frei äußern zu können. Mit Aufmerksamkeit beobachten viele Kasachstan und die neue Art und Weise, wie das Land die Beziehungen zwischen dem Religiösen und dem Staatlichen regelt, um daraus zu lernen. Das ist eine einzigartige Gelegenheit, die sich Ihrem Land bietet, die bestmöglich ergriffen und nicht versäumt werden darf. Der Heilige Stuhl unterstützt alle Initiativen und Aktivitäten zugunsten des Friedens und der Freundschaft zwischen den Nationen, denn sie fördern die gegenseitige

Die von Gott heilig und edel gewollte menschliche Natur ist nicht gegen Herausforderungen gefeit, und das Herz des Menschen ist mit seinem Egoismus und seiner Lüge behaftet und zeigt wenig Neigung zu Solidarität und Mitleid. Die verschiedenen religiösen Traditionen, die in Ihrer Nation zusammenleben, werden positive Orientierungen vorschlagen können, um zu deren Aufbau und Entwicklung auf gelungene Weise beizutragen. Sie werden nicht versäumen, ihren Gläubigen dabei zu helfen, sich nach dem Willen Gottes zu richten und für das Gemeinwohl zu arbeiten. Die Solidarität ist in den zwischenmenschlichen und in den Beziehungen zwischen den Staaten wichtig. Ihr Land, das der Allmächtige mit menschlichen und natürlichen Reichtümern ausgestattet hat, wird Wege finden, um seinen Mitbürgern und den Nationen, die weniger gut ausgestattet sind und daher noch verschiedene Hilfen brauchen, diesen Reichtum vorteilhaft zugute kommen zu lassen. Vordringlich wird die gerechte Güterverteilung nicht nur deshalb, weil sie die politische Stabilität auf nationaler und internationaler Ebene fördert, sondern auch weil sie dem göttlichen Willen entspricht, die Menschen als Brüder und Schwestern zu erschaffen.

Die katholische Gemeinde, die ich Sie, Herr Botschafter, bitte, in meinem Namen zu grüßen, ist in Ihrem Land seit langem präsent und hat viele historische Wechselfälle durchgemacht. Sie ist treu geblieben dank der Opferbereitschaft ihrer Priester, Ordensleute und Laien und dank der Flamme des Glaubens, die im Herzen der Gläubigen nicht verloschen ist (vgl. Ansprache beim »Ad-limina«-Besuch der Bischöfe Zentralasiens, 2. Oktober 2008). Die kasachischen Katholiken möchten ihren Glauben aufrichtig leben und ihn weiterhin in Ruhe ausüben können, zu ihrer persönlichen Vervollkommnung, aber durch ihren eigenen religiösen Beitrag auch zur geistlichen Bereicherung ihres Landes. Die katholische Gemeinde hat durch ihre Anwesenheit, durch ihr Gebet und durch ihre Werke teil an der Stabilität und religiösen Eintracht der ganzen edlen kasachischen Gesellschaft. Das vor nunmehr zehn Jahren unterzeichnete und in Kraft getretene Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Kasachstan garantiert die Rechte und Verpflichtungen der Katholiken Ihres Landes und die Rechte und Verpflichtungen Ihres Staates ihnen gegenüber. Als Richtschnur Ihrer Ansprache haben Sie, Exzellenz, unsere bilateralen Beziehungen bezeichnet, denn sie sind – so sagten Sie – auf »das volle gegenseitige Verständnis und auf das Vertrauen« gegründet. Sie hatten gut daran getan, dies zu betonen, und ich bin mit Ihnen glücklich darüber. Gott segne dieses gegenseitige Vertrauen und stärke es immer mehr!

Während Sie, Herr Botschafter, Ihr hohes Amt mit der Zusicherung antreten, daß Sie bei meinen Mitarbeitern stets offene Aufmerksamkeit finden werden, spreche ich Ihnen meine besten Wünsche für eine geglückte Erfüllung Ihrer Aufgabe aus, damit die harmonischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Kasachstan fortgesetzt und weiterentwickelt werden können. Auf Eure Exzellenz, Ihre Familie und das ganze Personal der Botschaft sowie auch auf den Präsidenten der Republik, die anderen Verantwortlichen und alle Einwohner Ihrer Nation rufe ich die Fülle des göttlichen Segens herab.

AN HERRN PIO BOSCO TIKOISUVA,

NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK FIDSCHI-INSELN

BEIM HL. STUHL Donnerstag, 18. Dezember 2008


Exzellenz!

Ich freue mich, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Fidschi-Inseln akkreditiert werden. Für die guten Wünsche von seiten des Staatspräsidenten, Ratu Josefa Iloilo, und des Premierministers, Frank Bainimarama, möchte ich meinen Dank zum Ausdruck bringen. Bitte übermitteln Sie beiden meinen Gruß und versichern Sie sie meines ständigen Gebets für das ganze Volk der Fidschi- Inseln.

Der Heilige Stuhl ist stets ermutigt, wenn er Zeichen des Fortschritts auf größeren Frieden und auf Stabilität hin sieht, in der Hoffnung daß die Schritte, die unternommen wurden, um eine demokratisch gewählte Regierungsform auf den Fidschi-Inseln wiederherzustellen, mit Hilfe der Gaben und Kräfte aller Einwohner Frucht tragen werden.

In der Tat ist einer der wichtigsten Grundsätze des christlichen Verständnisses gesellschaftlicher und politischer Organisation die Tugend der Solidarität, durch die die verschiedenen Elemente der Gesellschaft zusammenwirken, um zum Gemeinwohl aller zu gelangen. So wird das hervorgebracht, was mein Vorgänger Papst Paul VI. so schön als »Zivilisation der Liebe« beschrieben hat (Predigt zum Abschluß des Heiligen Jahres 1975). Aus diesem Grund schätzt die Kirche das demokratische System, da es all den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft eine Stimme verleiht und zur gemeinsamen Verantwortung ermutigt.

Eines jedoch ist immer der Fall: »Das Gutsein der Welt kann nie einfach durch Strukturen allein gewährleistet werden, wie gut sie auch sein mögen« (Spe salvi, 24). Die Demokratie allein ist nicht genug, wenn sie nicht durch Werte geführt und erleuchtet wird, die in der Wahrheit über die menschliche Person verwurzelt sind (vgl. Centesimus annus CA 46).

Hier können die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den Staaten einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Während die Regierungen für die politische Staatsordnung Verantwortung tragen, verkündet die Kirche ohne Unterlaß ihre Sicht von der Würde und den Rechten der menschlichen Person, die von Gott gegeben sind. Auf dieser Grundlage hält sie die politisch Verantwortlichen dazu an sicherzustellen, daß das ganze Volk ihres Landes in Frieden und Freiheit leben kann, ohne Furcht vor Diskriminierung oder Ungerechtigkeit irgendeiner Art. Sie hält die zivilen Obrigkeiten an, das grundlegendste aller Rechte zu gewährleisten: das Recht auf Leben vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.

Daraus folgt das Recht, in einer geeinten Familie und in einem sittlichen Milieu zu leben, das dem persönlichen Wachstum zuträglich ist, das Recht, durch Bildung die Wahrheit zu suchen und zu erkennen, das Recht zu arbeiten und die Früchte der eigenen Arbeit zu genießen, das Recht, eine Familie zu gründen und Kinder in verantwortlicher Weise aufzuziehen. Die Synthese all dieser Rechte findet sich in der Religionsfreiheit, verstanden als »Recht, in der Wahrheit des eigenen Glaubens und in Übereinstimmung mit der transzendenten Würde der eigenen Person zu leben« (Centesimus annus CA 47).

Die katholische Gemeinschaft der Fidschi- Inseln ist eifrig darauf bedacht, bei der Förderung der Achtung der menschlichen Person ihre Rolle zu spielen, besonders durch das Engagement im Bereich der Erziehung und Bildung und der karitativen Tätigkeit. Die angemessene Ausbildung der jungen Menschen und der Dienst an den Notleidenden gehört wesentlich zur Sendung der Kirche in der Welt; beide sind entscheidende Elemente ihres Beitrags zum Gemeinwohl der Gesellschaft. Dank der Anwesenheit von Christen verschiedener Traditionen sowie von Anhängern anderer Religionen bieten die Fidschi- Inseln einen fruchtbaren Boden für die Entwicklung ökumenischer Initiativen und für den interreligiösen Dialog. Die katholische Kirche freut sich, ihr Wissen und ihre Erfahrung in diesen Bereichen beizutragen und mit allen Männern und Frauen guten Willens zusammenzuarbeiten, um auf diese Weise für die Werte ein gemeinsames Zeugnis abzulegen, die einer »Zivilisation der Liebe« zugrunde liegen müssen. Diejenigen, die Gott verehren, müssen sich besonders für die Anliegen der Armen, der Geringen und der Wehrlosen einsetzen, denn diese werden seit jeher als Gott besonders nahestehend erkannt.

Herr Botschafter, wie Sie wissen, steht der Pazifikraum zur Zeit vielen Herausforderungen gegenüber: nicht zuletzt den Auswirkungen des Klimawandels, besonders auf die Inselbewohner, und der Notwendigkeit, die natürlichen Ressourcen zu bewahren. Die Schönheit von Gottes Schöpfung ist für jene, die im Südpazifik leben, besonders deutlich. Ich hoffe aufrichtig, daß durch regionale und globale Zusammenarbeit »ein annehmbares Entwicklungsmodell gemeinsam vereinbart werden « kann, »das unter Beachtung des ökologischen Gleichgewichts das Wohlergehen aller gewährleistet« (Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2008, 7). Auf diese Weise werden auch zukünftige Generationen der Bewohner der Pazifikinseln noch die Wunder von Gottes Schöpfergeist genießen und in wahrem Frieden und Eintracht mit der Natur leben können.

Exzellenz,

ich entbiete Ihnen meine besten Wünsche für den Erfolg Ihrer Mission und möchte Ihnen versichern, daß die verschiedenen Abteilungen der Römischen Kurie bereit sind, Hilfe und Unterstützung bei der Erfüllung Ihrer Pflichten anzubieten. Auf Sie, Exzellenz, Ihre Familie und das ganze Volk der Republik der Fidschi- Inseln rufe ich von Herzen Gottes reichen Segen herab.

AN ELF NEUE BOTSCHAFTER BEIM HL. STUHL ANLÄSSLICH DER GEMEINSAMEN ÜBERGABE DER BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN Donnerstag, 18. Dezember 2008


Exzellenzen!

Mit Freude empfange ich Sie heute vormittag zur Überreichung Ihrer Beglaubigungsschreiben, durch die Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter Ihrer jeweiligen Länder beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden: Malawi, Schweden, Sierra Leone, Island, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Madagaskar, Belize, Tunesien, die Republik Kasachstan, das Königreich Bahrain und die Republik Fidschi-Inseln. Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie von seiten Ihrer Staatsoberhäupter an mich gerichtet haben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie im Gegenzug meine herzlichen Grüße und ehrerbietigen Wünsche für sie persönlich und für ihre hohe Mission im Dienst an ihrem Land und ihrem Volk übermitteln würden. Durch Sie möchte ich auch alle zivilen und religiösen Autoritäten Ihrer Länder sowie alle Ihre Landsleute grüßen.

Meine Gebete und Gedanken gehen insbesondere zu den katholischen Gemeinschaften in Ihren Ländern, wo sie sich bemühen, das Evangelium zu leben und im Geist der brüderlichen Zusammenarbeit davon Zeugnis zu geben.

Die Verschiedenheit Ihrer Herkunftsländer gibt mir Gelegenheit, Gott zu danken für seine schöpferische Liebe und die Vielfalt seiner Gaben, die nicht aufhören, den Menschen in Staunen zu versetzen. Sie enthält eine Lehre. Manchmal macht die Verschiedenheit Angst. Deshalb ist es nicht verwunderlich festzustellen, daß der Mensch oft die monotone Einförmigkeit vorzieht. Politisch-ökonomische Systeme, die aus heidnischen oder religiösen Vorbildern stammten oder sich auf sie beriefen, haben die Menschheit schon zu lange gequält und versucht, ihr mit Demagogie und Gewalt Uniformität zu verleihen. Sie haben den Menschen zu einer unwürdigen Sklaverei im Dienst einer Einheitsideologie oder einer unmenschlichen und pseudo-wissenschaftlichen Ökonomie gezwungen und tun dies leider auch noch heute. Wir wissen alle, daß es nicht nur ein einziges politisches Modell gibt, das ein absolut umzusetzendes Ideal wäre. Wir wissen, daß sich die politische Philosophie im Verlauf der Zeit und auch in ihrer Ausdrucksweise mit der Verfeinerung der menschlichen Intelligenz und den aus der politischen und ökonomischen Erfahrung gezogenen Lehren weiterentwickelt. Jedes Volk hat seinen eigenen Geist und auch »seine eigenen Dämonen«. Jedes Volk schreitet voran durch eine ihm eigene, manchmal schmerzliche Geburt auf eine Zukunft hin, die seinem Wunsch nach lichtvoll sein soll. Mein Wunsch ist, daß jedes Volk sein Wesen kultiviert, das es für das Wohl aller immer besser bereichern wird, und daß es sich von seinen »Dämonen« reinigt, die es auch immer besser beherrschen wird, bis es sie ausgerottet hat, indem es sie in positive und Harmonie, Wohlstand und Frieden schaffende Werte verwandelt, um die Größe der menschlichen Würde zu verteidigen!

Beim Nachdenken über die schöne Mission des Botschafters ist mir spontan einer der wesentlichen Aspekte seiner Aktivität in den Sinn gekommen: die Suche und die Förderung des Friedens, auf den ich eben hingewiesen habe. Hier ist der passende Augenblick, um die entsprechende Seligpreisung zu zitieren, die Christus in der Bergpredigt verkündet hat: »Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden« (Mt 5,9).

Der Botschafter kann und muß ein Friedensstifter sein. Der Friedensstifter, um den es hier geht, ist nicht nur eine Person, die ein ruhiges und versöhnliches Temperament hat, in gutem Einverständnis mit allen leben und wenn möglich Konflikte vermeiden will, sondern er ist auch derjenige, der sich vollkommen in den Dienst des Friedens stellt und sich aktiv einsetzt für dessen Schaffung, manchmal bis zur Hingabe seines Lebens. An historischen Beispielen fehlt es nicht. Der Friede umfaßt nicht nur einen konfliktlosen politischen oder militärischen Zustand; er weist allgemein auf die Gesamtheit der Bedingungen hin, die die Eintracht aller und die persönliche Entfaltung jedes einzelnen erlauben. Der Friede ist von Gott gewollt, der ihn dem Menschen anbietet und schenkt. Dieses göttliche Eingreifen in die Menschheit trägt den Namen »Bund des Friedens« (Is 54,10). Wenn Christus den Friedensstifter »Sohn Gottes« nennt, bringt er damit zum Ausdruck, daß dieser bewußt oder unbewußt am Werk Gottes teilhat, dafür tätig ist und durch seine Mission die notwendigen Bedingungen für die Annahme des Friedens schafft, der vom Himmel kommt. Bei Ihrer Mission, Exzellenzen, handelt es sich um eine hohe und edle Aufgabe. Sie verlangt all ihre Energie, die Sie einsetzen werden, um dieses hohe Ideal zu erreichen, das Ihnen selbst, Ihren jeweiligen Regierungen und Ländern Ehre machen wird.

Sie wissen ebenso gut wie ich, daß der wahre Friede nur möglich ist, wo Gerechtigkeit herrscht. Unsere Welt dürstet nach Frieden und Gerechtigkeit. Der Heilige Stuhl hat im Vorfeld der Doha-Konferenz, die vor einigen Tagen zu Ende gegangen ist, eine Note zur aktuellen Finanzkrise und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Einzelpersonen veröffentlicht. Es handelt sich um einige Punkte der Reflexion, die dazu dienen sollen, den Dialog über mehrere ethische Aspekte zu fördern. Diese ethischen Aspekte sollten die Beziehungen zwischen Finanzwesen und Entwicklung lenken sowie die Regierungen und Wirtschaftsträger ermutigen, zum Wohl aller – und insbesondere derer, die den dramatischen Folgen der Krise am meisten ausgesetzt sind – dauerhafte und solidarische Lösungen zu suchen. Die Gerechtigkeit, um zu ihr zurückzukehren, hat nicht nur soziale oder selbst ethische Tragweite. Sie verweist nicht nur auf das, was angemessen ist oder dem Recht entspricht. Die hebräische Etymologie des Wortes »Gerechtigkeit« bezieht sich auf das, was in Ordnung gebracht, berichtigt worden ist. Die Gerechtigkeit Gottes offenbart sich also durch seine »Richtigkeit«. Er stellt alles wieder her, bringt es in Ordnung, damit die Welt dem Plan Gottes und seiner Ordnung entsprechen kann (vgl. Jes 11,3–5). Die edle Aufgabe des Botschafters besteht darin, seine Fähigkeiten aufzubieten, damit alles »recht wird«, damit die Nation, der er dient, nicht nur mit den anderen im Frieden lebt, sondern auch der Gerechtigkeit entsprechend, die Ausdruck findet in der Gleichberechtigung und Solidarität in den internationalen Beziehungen, und damit seine Mitbürger sich des sozialen Friedens erfreuen, frei und in Ruhe ihre Glaubensüberzeugungen leben und so »recht werden« können vor Gott.

Sie haben, sehr geehrte Botschafterinnen und Botschafter, soeben Ihre Mission beim Heiligen Stuhl begonnen. Ich bringe Ihnen erneut von Herzen meine besten Wünsche für das gute Gelingen ihrer schwierigen Aufgabe zum Ausdruck, die sie zu erfüllen berufen sind. Ich bitte den Allmächtigen, Ihnen beizustehen und Sie zu begleiten, Sie selbst, Ihre Familien, Ihre Mitarbeiter und all Ihre Landsleute, um zum Aufbau einer friedlicheren und gerechteren Welt beizutragen. Gott schenke Ihnen die Fülle seines Segens!

AN DIE MITARBEITER DES VATIKANISCHEN FERNSEHZENTRUMS


Donnerstag, 18. Dezember 2008




Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, euch, die Angestellten, Mitarbeiter und Räte des Vatikanischen Fernsehzentrums (CTV) in Begleitung eurer Familien zu treffen, um des 25. Jahrestages der Gründung eures Zentrums zu gedenken. Ich begrüße vor allem Kardinal John P. Foley und den Generaldirektor, P. Federico Lombardi, dem ich für seine Worte danke, die er an mich gerichtet hat, um die Sachlage des Zentrums darzustellen. Ich möchte auch des verstorbenen Dr. Emilio Rossi gedenken, der einige Jahre Präsident des Zentrums sowie anschließend Präsident seines Verwaltungsrats war und als solcher Zeugnis eines großherzigen und kompetenten Dienstes für Kirche und Gesellschaft gegeben hat. Das Zentrum wurde 1983 auf Wunsch meines Vorgängers Johannes Paul II. eingerichtet, in dem Bewußtsein, daß sich der Heilige Stuhl neben den Kommunikationsmitteln, über die er bereits verfügte, nun auch mit einer eigenen Fernseheinrichtung ausstatten müßte, damit sich der Dienst des Papstes für die Weltkirche und für die Menschheit auch dieses Mittels bedienen könne, dessen Wirksamkeit sich immer deutlicher herausstellte.

»Videre Petrum«, den Papst sehen, war der Wunsch, der unzählige Pilger nach Rom geführt hat. Dieser Wunsch kann heute, wenigstens teilweise, auch dank des Radios und des Fernsehens erfüllt werden, die es vielen Personen ermöglicht haben – zunächst nur durch die Stimme und nun auch durch die Bilder –, an den Feiern und Ereignissen teilzunehmen, die im Vatikan oder an den anderen Orten stattfinden, an die sich der Papst zur Ausübung seines Amtes begibt. Euer Dienst ist daher vor allem für die Gemeinschaft der Kirche wertvoll. Euer Zentrum hat sich von Anfang an durch die Zusammenarbeit mit den katholischen Fernsehsendern ausgezeichnet. In Italien senden »Telepace« und »SAT2000« fast alle eure Aufnahmen, und es ist sehr ermutigend zu wissen, daß nicht wenige katholische Fernsehsender in verschiedenen Gegenden der Welt mit euch in Verbindung stehen. Auf diese Weise kann eine immer größere Zahl von Gläubigen direkt oder als Aufzeichnung verfolgen, was im Zentrum der Kirche geschieht.

Doch das Fernsehen erreicht nicht nur die gläubigen Katholiken. Dadurch, daß ihr den größten internationalen Fernsehagenturen sowie den großen nationalen und kommerziellen Sendern die Bilder zur Verfügung stellt, ermöglicht ihr es, rechtzeitig und auf angemessene Weise über das Leben und die Lehre der Kirche in der heutigen Welt zu informieren, im Dienst der Würde der menschlichen Person, der Gerechtigkeit, des Dialogs und des Friedens. Die Beziehungen guter Zusammenarbeit, die ihr euch – besonders anläßlich der internationalen Reisen des Papstes – in der weiten Welt der Fernsehkommunikation aufzubauen bemüht habt, haben euren Aufgabenbereich bis – so könnte man sagen – ans Ende der Welt ausgedehnt, um die menschlichen und geistigen Erwartungen zahlreicher unserer Zeitgenossen zu erfüllen.

Bei eurem Dienst seid ihr sehr häufig dazu aufgerufen, die Bilder bedeutender und großartiger liturgischer Feiern aufzunehmen und zu verbreiten, die im Zentrum der Christenheit stattfinden. Die Liturgie ist wirklich der Höhepunkt des kirchlichen Lebens, Zeit und Ort der tiefen Beziehung zu Gott. Das liturgische Geschehen durch das aufmerksame Auge der Fernsehkamera zu verfolgen, um auch denen, die nicht physisch anwesend sein können, eine wirkliche geistige Teilnahme zu ermöglichen, ist eine hohe und anspruchsvolle Aufgabe, die auch von euch eine ernsthafte Vorbereitung und einen wahren geistigen Einklang mit dem erfordert, dessen Vermittler ihr in gewisser Weise seid. Die gute Zusammenarbeit mit dem Amt für die liturgischen Feiern des Papstes, die ihr seit langem pflegt, wird euch dabei helfen, immer mehr in diesem wertvollen geistigen Dienst für die Fernsehzuschauer in aller Welt zu wachsen.

Die Bilder, die ihr im Laufe der Jahre aufgenommen habt und nun sorgsam bewahrt, machen euer Archiv zu einer wertvollen Quelle, nicht nur für die Produktion aktueller und künftiger Fernsehprogramme, sondern, so können wir wohl sagen, für die Geschichte des Heiligen Stuhls und der Kirche. Die Aufbewahrung der Stimmen und Bilder auf richtige Weise, ist ein technisch schwieriges und wirtschaftlich kostspieliges Verfahren, doch dies zählt zu euren institutionellen Aufgaben, die vertrauensvoll anzugehen ich euch ermutige. Damit die Kirche weiterhin mit ihrer Botschaft »im großen Areopag « der sozialen Kommunikation – wie Johannes Paul II. es nannte – präsent und nicht den Bereichen fremd ist, wo zahlreiche junge Menschen auf der Suche nach Antworten und dem Sinn für ihr Leben unterwegs sind, müßt ihr Wege finden, um auf neue Weise Stimmen und Bilder der Hoffnung über das Kommunikationsnetz zu verbreiten, das unseren Planeten immer engmaschiger umschließt.

Im übrigen seid ihr bei der Erfüllung eures Auftrags nicht allein. Heute spricht man zu Recht von der »Konvergenz« zwischen den verschiedenen Medien. Die Grenzen zwischen den einzelnen Medien verschwimmen und die Synergie wird größer. Auch die sozialen Kommunikationsmittel im Dienst des Heiligen Stuhles erfahren natürlich diese Entwicklung und müssen sich bewußt und aktiv in diesen Prozeß einfügen. Die Zusammenarbeit zwischen eurem Zentrum und Radio Vatikan ist schon immer sehr eng gewesen und noch weiter gewachsen, weil in den Sendungen Bild und Ton nicht getrennt werden können. Doch heute erfordert das Internet eine immer stärkere Integration der Kommunikation in Schrift, Ton und Bild und fordert daher dazu heraus, die Formen der Zusammenarbeit zwischen den Medien im Dienste des Heiligen Stuhles zu erweitern und zu verstärken. Dazu wird im besonderen auch das positive Verhältnis zum Päpstlichen Rat der Sozialen Kommunikationsmittel beitragen: ich ermutige euch, gemeinsame Initiativen zu entwickeln und fruchtbar zusammenzuarbeiten.

Mut also! Laßt euch nicht durch die Bescheidenheit eurer Einrichtung im Vergleich zur Größe der Aufgaben erschrecken. Viele Menschen können sich dank eurer Arbeit dem Herzen der Kirche näher fühlen. Seid euch auch der Dankbarkeit des Papstes bewußt, der weiß, daß ihr euch großzügig einer Arbeit widmet, die zur Weite und Wirksamkeit seines täglichen Dienstes beiträgt. Der Herr, der kommt, und dessen Heil ihr durch eure Bilder verkünden wollt, begleite euch. Mit dieser Hoffnung sowie mit einem besonderen Wunsch für ein frohes Weihnachtsfest, den ich auch an alle eure Lieben richte, segne ich euch von Herzen.



AN DAS PÄPSTLICHE INSTITUT FÜR CHRISTLICHE ARCHÄOLOGIE Samstag, 20. Dezember 2008


Herr Kardinal,
liebe Brüder und Schwestern!

Mit großer Freude empfange und begrüße ich jeden von euch, die ihr dem Päpstlichen Institut für Christliche Archäologie angehört. Zunächst begrüße ich den Großkanzler, Kardinal Zenon Grocholewski, und danke ihm für die Worte, mit denen er die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße den Rektor, den Lehrkörper, die Mitarbeiter und Studenten. Die heutige willkommene Begegnung gibt mir Gelegenheit, meiner großen Wertschätzung für die wertvolle und fruchtbare kulturelle, literarische und akademische Tätigkeit eures Instituts im Dienst der Kirche und der Kultur insgesamt Ausdruck zu verleihen.

Denn ich weiß, daß in den traditionellen Bereichen der Archäologie die Seminare des Grundstudiums und der Spezialisierung eures Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie von beachtenswerter wissenschaftlicher Relevanz sind. Durch sie sollen die frühchristlichen Monumente bekannt gemacht werden, vor allem diejenigen Roms, aber mit weitreichenden Bezügen zu anderen Gebieten des »Orbis christianus antiquus«. Auch mit der »Zeitschrift« und der wissenschaftlichen Arbeit der Dozenten und ehemaligen Studenten sowie durch die Veranstaltung von internationalen Kongressen möchtet ihr den Erwartungen derer entgegenkommen, denen die Kenntnis und das Studium der reichen historischen Zeugnisse der christlichen Gemeinschaft am Herzen liegt. Das Hauptziel eures Instituts ist gerade das Studium der Zeugnisse des kirchlichen Lebens im Lauf der Jahrhunderte. Dem, der dieses Studienfach wählt, gebt ihr die Möglichkeit, in eine komplexe Realität vorzudringen – die Kirche der ersten Jahrhunderte –, um die Vergangenheit zu »verstehen«, indem ihr sie den Menschen von heute gegenwärtig macht. »Verstehen« bedeutet für euch, euch gleichsam in die Vergangenheit zu versetzen, die aus den verschiedenen Bereichen der christlichen Archäologie hervortritt: Ikonographie, Architektur, Epigraphik, Topographie. Wenn es darum geht, die Geschichte der Kirche zu beschreiben, die »Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit« ist (LG 1), kann die sorgfältige Forschung des Archäologen nicht davon absehen, auch die übernatürliche Wirklichkeit zu ergründen, ohne jedoch auf eine genaue Analyse der archäologischen Fundstücke zu verzichten.

Denn, wie ihr wohl wißt, ist es nicht möglich, eine vollständige Sicht von der Wirklichkeit einer christlichen Gemeinschaft zu haben, ob sie nun antik oder neueren Datums ist, wenn man nicht berücksichtigt, daß die Kirche aus einem menschlichen und einem göttlichen Element besteht. Christus, ihr Herr, wohnt in ihr, und er hat sie als »Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, hier auf Erden als sichtbares Gefüge verfaßt…; so gießt er durch sie Wahrheit und Gnade auf alle aus« (LG 8). In diesem theologischen Vorverständnis kann das Grundkriterium nur sein, sich von der in ihren authentischen Quellen gesuchten Wahrheit ergreifen zu lassen, mit einem Geist, der frei ist von Parteilichkeiten und Vorurteilen, da die christliche Archäologie eine historische Wissenschaft ist und als solche auf dem methodischen Quellenstudium beruht.

Die Verbreitung der künstlerischen und historischen Kultur in allen Bereichen der Gesellschaft bietet den Menschen unserer Zeit die Mittel, um die eigenen Wurzeln wiederzuentdecken und dort die kulturellen und geistlichen Elemente zu schöpfen, die ihnen helfen, eine Gesellschaft nach wirklich menschlichem Maßstab zu schaffen. Jeder Mensch, jede Gesellschaft braucht eine Kultur, die für die anthropologische, moralische und spirituelle Dimension des Lebens offen ist. Deshalb wünsche ich von Herzen, daß auch dank der Arbeit eures verdienstvollen Instituts die Erforschung der christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft weitergeht, ja sich intensiviert. Die Erfahrung eures Instituts beweist, daß das Studium der Archäologie, insbesondere der frühchristlichen Monumente, erlaubt, die Kenntnis der uns überlieferten Wahrheit des Evangeliums zu vertiefen, sowie die Möglichkeit bietet, den Lehrern und Zeugen des Glaubens zu folgen, die uns vorangegangen sind. Das Erbe vergangener christlicher Generationen zu kennen erlaubt den nachfolgenden Generationen, dem »depositum fidei« der ersten christlichen Gemeinschaft treu zu bleiben und, indem sie auf demselben Weg weitergehen, zu jeder Zeit und an jedem Ort das unwandelbare Evangelium Christi zu verkünden. Und deshalb bemüht sich euer Institut zu Recht neben den auf wissenschaftlichem Gebiet erreichten wichtigen Resultaten auch um einen fruchtbaren Beitrag zur Kenntnis und Vertiefung des christlichen Glaubens. Sich den »Spuren des Volkes Gottes« zu nähern ermöglicht, auf konkrete Art und Weise festzustellen, wie die gleichen und unveränderlichen Glaubensinhalte im Lauf der Jahrhunderte unter veränderten historischen, sozialen und kulturellen Bedingungen angenommen und in christliches Leben umgesetzt wurden.

Liebe Brüder und Schwestern, fördert weiterhin die Bewahrung und tiefere Kenntnis des äußerst reichen archäologischen Erbes Roms und der verschiedenen Regionen der antiken Welt im Bewußtsein der eurem Institut eigenen Sendung, die darin besteht, der Geschichte und der Kunst zu dienen, indem ihr die zahlreichen Zeugnisse der westlichen Zivilisation, der Kultur und der katholischen Spiritualität zur Geltung bringt, die die Ewige Stadt bewahrt. Es handelt sich um ein wertvolles Erbe, das sich im Lauf der vergangenen zwei Jahrtausende gebildet hat, ein kostbarer Schatz, dessen Verwalter ihr seid und aus dem man, so wie es der Schriftgelehrte im Evangelium tut, unablässig Neues und Altes hervorholen muß (vgl. Mt Mt 13,52). Mit diesen Anliegen verbinde ich meine herzlichen Wünsche zum nun unmittelbar bevorstehenden Weihnachtsfest für euch und alle, die euch nahestehen. Ich segne euch alle von Herzen.

ANSPRACHE AN DAS KARDINALSKOLLEGIUM

UND DIE MITGLIEDER DER RÖMISCHEN KURIE

BEIM WEIHNACHTSEMPFANG 22. Dezember 2008



Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und im priesterlichen Dienst,
liebe Brüder und Schwestern!

Das Fest der Geburt des Herrn steht vor der Tür. Jede Familie empfindet das Verlangen, sich zu versammeln, um die einzigartige und unwiederholbare Atmosphäre zu genießen, die dieses Fest herbeiführen kann. Auch die Familie der Römischen Kurie findet sich heute Morgen zusammen, entsprechend einem schönen Brauch, der uns die Freude schenkt, in diesem besonderen geistigen Klima einander zu begegnen und die Glückwünsche auszutauschen. An jeden einzelnen richte ich meinen herzlichen Gruß, voller Dankbarkeit für die geschätzte Mitarbeit am Dienst des Nachfolgers Petri. Herzlich danke ich dem Kardinaldekan Angelo Sodano, der mit der Stimme eines Engels im Namen aller Anwesenden wie auch all derer gesprochen hat, die in den verschiedenen Büros, einschließlich der Päpstlichen Vertretungen, tätig sind. Ich erwähnte zu Beginn die weihnachtliche Atmosphäre. Diese stelle ich mir gerne als eine Art Verlängerung jener geheimnisvollen Freude, jenes inneren Jubels vor, der die heilige Familie, die Engel und die Hirten von Bethlehem in der Nacht erfaßte, da Jesus geboren wurde. Ich würde sie als „Atmosphäre der Gnade“ bezeichnen und denke dabei an die Worte des heiligen Paulus im Brief an Titus: „Apparuit gratia Dei Salvatoris nostri omnibus hominibus“ (vgl. 2, 11). Der Apostel betont, daß die Gnade Gottes für „alle Menschen“ erschienen ist: Ich würde sagen, daß darin auch die Sendung der Kirche und speziell die des Nachfolgers Petri sowie seiner Mitarbeiter aufscheint, dazu beizutragen, daß die Gnade Gottes, des Erlösers, immer mehr allen sichtbar werde und allen das Heil bringe.

Das zu Ende gehende Jahr war reich an Rückblicken auf prägende Daten der jüngeren Geschichte der Kirche, aber auch reich an Ereignissen, die Markierungen für unseren weiteren Weg in die Zukunft bedeuten. Vor 50 Jahren ist Papst Pius XII. gestorben, vor 50 Jahren wurde Johannes XXIII. zum Papst gewählt. 40 Jahre sind seit der Veröffentlichung der Enzyklika „Humanae vitae“ vergangen und 30 Jahre seit dem Tod ihres Verfassers, Papst Paul VI. Die Botschaft dieser Ereignisse wurde im vergangenen Jahr auf vielfache Weise bedacht, so daß ich sie in dieser Stunde nicht neu kommentieren möchte. Der Blick des Erinnerns reichte aber über die Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts noch weiter zurück und wies uns gerade so vorwärts: Am Abend des 28. Juni konnten wir in St. Paul vor den Mauern in Anwesenheit des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. von Konstantinopel und Vertretern vieler anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften das Jahr des heiligen Paulus eröffnen im Gedenken an die Geburt des Völkerapostels vor 2.000 Jahren. Paulus ist für uns keine Gestalt der Vergangenheit. Durch seine Briefe spricht er zu uns. Und wer ins Gespräch mit ihm kommt, wird von ihm weitergeführt zum gekreuzigten und auferstandenen Christus hin. Das Paulus-Jahr ist ein Pilgerjahr nicht nur im äußeren Unterwegssein zu Erinnerungsorten des Apostels, sondern auch und vor allem als Pilgerschaft des Herzens mit Paulus zu Jesus Christus. Schließlich lehrt uns Paulus aber auch, daß die Kirche Christi Leib ist, daß Haupt und Leib untrennbar sind und daß es keine Liebe zu Christus ohne Liebe zu seiner Kirche und ihrer lebendigen Gemeinschaft geben kann.

Drei einzelne Ereignisse des vergangenen Jahres fallen bei der Rückschau besonders ins Auge. Da war zunächst der Weltjugendtag in Australien, ein großes Fest des Glaubens, das mehr als 200.000 Jugendliche aus allen Teilen der Welt nicht nur äußerlich – geographisch -, sondern inwendig in der Gemeinsamkeit der Freude des Christseins zueinandergeführt hat. Daneben stehen die beiden Reisen in die Vereinigten Staaten und nach Frankreich, in denen Kirche vor der Welt und für die Welt sichtbar wurde als geistige Kraft, die Wege des Lebens zeigt und durch das Zeugnis des Glaubens Licht in die Welt trägt. Denn dies waren Tage gewesen, aus denen Helligkeit kam; Zuversicht, daß es gut ist zu leben, recht das Gute zu tun. Und da ist schließlich der Bischofssynode zu gedenken: Bischöfe aus aller Welt waren versammelt um das Wort Gottes herum, das in ihrer Mitte aufgerichtet war; um das Wort Gottes, dessen große Bezeugung in der Heiligen Schrift zu finden ist. Was uns im Alltag zu selbstverständlich geworden ist, haben wir neu in seiner Größe erfaßt: daß Gott redet. Daß er antwortet auf unser Fragen. Daß er in Menschenworten doch als er selber spricht und wir ihm zuhören, durch das Zuhören ihn kennen und verstehen lernen können; daß er in unser Leben hereintritt und es formt; daß wir aus unserem eigenen Leben heraustreten können in die Weite seines Erbarmens hinein. So wurde uns von neuem klar, daß Gott in diesem seinem Wort zu jedem einzelnen von uns redet, jedem in sein Herz hinein: Wenn unser Herz wach wird und sich das innere Gehör öffnet, dann kann jeder das gerade ihm eigens zugedachte Wort hören lernen. Aber gerade wenn wir Gott so persönlich, mit jedem einzelnen von uns reden hören, erkennen wir auch, daß sein Wort da ist, damit wir zueinander kommen. Damit wir aus dem bloß Eigenen herausfinden. Dieses Wort hat gemeinsame Geschichte geformt und will es weiter tun. So ist uns von neuem klar geworden, daß wir das Wort – gerade weil es so persönlich ist – nur im Wir der von Gott gestifteten Gemeinschaft recht und ganz verstehen können: immer wissend, daß wir es niemals vollends ausschöpfen, daß es jeder Generation Neues zu sagen hat. Wir haben verstanden, daß die biblischen Schriften gewiß zu ganz bestimmten Zeiten entstanden und so in diesem Sinn zunächst ein Buch aus vergangener Zeit sind. Aber wir haben gesehen, daß ihr Wort nicht in der Vergangenheit bleibt und darin eingeschlossen werden kann; daß Gott letztlich immer im Präsens spricht und daß wir der Bibel erst dann ganz zugehört haben, wenn wir das Präsens Gottes entdecken, das uns jetzt ruft.

Schließlich war es bedeutend zu erleben, daß in der Kirche auch heute Pfingsten ist – das heißt, daß sie in vielen Sprachen redet und dies nicht nur in dem äußeren Sinne, daß alle großen Sprachen der Welt in ihr vertreten sind, sondern mehr noch in dem tieferen Sinn, daß die vielfältigen Weisen des Erfahrens von Gott und Welt, der Reichtum der Kulturen in ihr gegenwärtig ist und so erst die Weite des Menschseins und von ihr her die Weite von Gottes Wort erscheint. Freilich haben wir auch gelernt, daß Pfingsten noch immer unterwegs, noch immer unerfüllt ist: Noch immer gibt es eine Vielzahl von Sprachen, die noch auf das Wort Gottes in der Bibel warten. Bewegend waren auch die vielfältigen Zeugnisse von Laien aus aller Welt, die das Wort Gottes nicht nur leben, sondern auch dafür leiden. Kostbar war es, daß ein Rabbi über die Heiligen Schriften Israels sprach, die ja auch unsere Heiligen Schriften sind. Ein großer Augenblick war es für die Synode, ja, für den Weg der Kirche insgesamt, daß Patriarch Bartholomäus uns von der orthodoxen Überlieferung her auf eindringliche Weise zum Wort Gottes hinführte. Nun hoffen wir, daß die Erfahrungen und die Erkenntnisse der Synode ins Leben der Kirche hineinwirken: in den persönlichen Umgang mit den Heiligen Schriften, in ihre Auslegung in der Liturgie und Katechese wie auch in wissenschaftlicher Forschung: daß die Bibel nicht Wort der Vergangenheit bleibe, sondern ihre Lebendigkeit und Gegenwart in der Weite der Dimensionen ihrer Bedeutungen gelesen und erschlossen werden.

Um die Gegenwart von Gottes Wort, von Gott selbst in unserer geschichtlichen Stunde ging es auch bei den Pastoralreisen dieses Jahres: ihr eigentlicher Sinn kann nur sein, dieser Gegenwart zu dienen. Kirche wird da öffentlich wahrnehmbar, mit ihr der Glaube und insofern mindestens die Frage nach Gott. Diese Öffentlichkeit des Glaubens beschäftigt inzwischen all diejenigen, die die Gegenwart und ihre wirkenden Kräfte zu verstehen suchen. Besonders das Phänomen der Weltjugendtage wird zusehends Gegenstand von Analysen, die sozusagen diese Art von Jugendkultur zu verstehen versuchen. Australien hat noch nie so viele Menschen aus allen Kontinenten gesehen wie beim Weltjugendtag, selbst nicht bei der Olympiade. Und wenn vorher die Furcht bestanden hatte, das massenhafte Auftreten junger Menschen könne zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen, den Verkehr paralysieren, das tägliche Leben behindern, Gewalt produzieren und der Droge Raum geben, so erwies sich all dies als unbegründet. Es war ein Fest der Freude, die schließlich auch die Widerstrebenden einbezog: Am Ende fühlte sich niemand belästigt. Die Tage waren zu einem Fest für alle geworden, ja, man hatte das erst so richtig erfahren, was das ist: ein Fest – ein Vorgang, bei dem alle sozusagen außer sich, über sich hinaus und gerade so bei sich und beieinander sind. Was also geschieht da eigentlich bei einem Weltjugendtag? Welche Kräfte sind da wirksam? Gängige Analysen tendieren dazu, diese Tage als eine Variante der modernen Jugendkultur, als eine Art von kirchlich abgewandeltem Rockfestival mit dem Papst als Star anzusehen. Ob mit oder ohne Glauben wären diese Festivals im Grunde doch dasselbe, und so glaubt man, die Frage nach Gott beiseitelegen zu können. Es gibt auch katholische Stimmen, die in diese Richtung gehen und das Ganze als ein großes und auch schönes Spektakel ansehen, das aber für die Frage nach dem Glauben und der Gegenwart des Evangeliums in unserer Zeit wenig bedeute. Es seien Augenblicke festlicher Ekstase, die aber dann doch letztlich alles beim Alten beließen, das Leben nicht tiefer gestalten könnten.

Das Besondere dieser Tage und das Besondere ihrer Freude, ihrer gemeinschaftsstiftenden Kraft ist damit aber nicht erklärt. Zunächst ist wichtig zu beachten, daß die Weltjugendtage nicht nur aus der einen Woche bestehen, in der sie für die Welt öffentlich sichtbar werden. Ein langer äußerer und innerer Weg führt auf sie zu. Das Kreuz wandert durch die Länder, begleitet vom Bild der Mutter des Herrn. Der Glaube braucht auf seine Weise das Sehen und Berühren. Die Begegnung mit dem Kreuz, das angefaßt und getragen wird, wird zu innerer Begegnung mit dem, der am Kreuz für uns gestorben ist. Die Begegnung mit dem Kreuz erinnert die jungen Menschen inwendig an den Gott, der Mensch werden und mit uns leiden wollte. Und wir sehen die Frau, die er uns als Mutter gegeben hat. Die festlichen Tage sind nur der Höhepunkt eines langen Weges, in dem man aufeinander und auf Christus zugeht. In Australien ist nicht zufällig der lange Kreuzweg durch die Stadt zum Höhepunkt der Tage geworden. Er faßte noch einmal zusammen, was in den Jahren zuvor geschehen war und wies auf den hin, der uns alle zusammenführt: den Gott, der uns bis ans Kreuz liebt. So ist auch der Papst nicht der Star, um den alles kreist. Er ist ganz und nur Stellvertreter. Er verweist auf den anderen, der in unserer Mitte ist. Endlich ist die festliche Liturgie deshalb der Mittelpunkt des Ganzen, weil in ihr geschieht, was wir nicht machen können und doch immer erwarten. ER ist gegenwärtig. ER tritt zu uns herein. Der Himmel ist aufgerissen, und das macht die Erde hell. Das macht das Leben froh und weit und verbindet miteinander in einer Freude, die mit der Ekstase eines Rockfestivals nicht vergleichbar ist. Friedrich Nietzsche hat einmal gesagt: „Nicht das ist das Kunststück, ein Fest zu veranstalten, sondern solche zu finden, welche sich an ihm freuen.“ Die Freude ist nach der Schrift Frucht des Heiligen Geistes (Ga 5,22): Diese Frucht war in den Tagen in Sydney reichlich zu spüren. Wie den Weltjugendtagen eine Wanderung des Kreuzes vorausgeht, so folgt daraus auch das Weitergehen. Es bilden sich Freundschaften, die zu einem alternativen Lebensstil ermutigen und ihn von innen her tragen. Die großen Tage sind nicht zuletzt dazu da, daß solche Freundschaften erwachen und dadurch Lebensorte des Glaubens in der Welt entstehen, die zugleich Orte der Hoffnung und der gelebten Liebe sind.

Freude als Frucht des Heiligen Geistes – damit sind wir beim zentralen Thema von Sydney angelangt, das eben der Heilige Geist gewesen ist. Die Wegweisung, die darin liegt, möchte ich in diesem Rückblick noch einmal zusammenfassend andeuten. Wenn man sich das Zeugnis von Schrift und Überlieferung vor Augen hält, kann man unschwer vier Dimensionen des Themas Heiliger Geist erkennen.

1. Da ist zuerst die Aussage, die uns vom Anfang des Schöpfungsberichts her entgegenkommt: Er erzählt uns von dem Schöpfergeist, der über den Wassern schwebt, die Welt erschafft und immer wieder erneuert. Glaube an den Schöpfergeist ist ein wesentlicher Inhalt des christlichen Credo. Daß die Materie mathematische Struktur in sich trägt, geisterfüllt ist, ist die Grundlage, auf der die moderne Naturwissenschaft beruht. Nur weil Materie geistig strukturiert ist, kann unser Geist sie nachdenken und selbst gestalten. Daß diese geistige Struktur von dem gleichen Schöpfergeist kommt, der auch uns Geist geschenkt hat, bedeutet Auftrag und Verantwortung zugleich. Im Schöpfungsglauben liegt der letzte Grund unserer Verantwortung für die Erde. Sie ist nicht einfach unser Eigentum, das wir ausnützen können nach unseren Interessen und Wünschen. Sie ist Gabe des Schöpfers, der ihre inneren Ordnungen vorgezeichnet und uns damit Wegweisungen als Treuhänder seiner Schöpfung gegeben hat. Daß die Erde, der Kosmos, den Schöpfergeist spiegeln, bedeutet auch, daß ihre geistigen Strukturen, die über die mathematische Ordnung hinaus im Experiment gleichsam greifbar werden, auch sittliche Weisung in sich tragen. Der Geist, der sie geformt hat, ist mehr als Mathematik – er ist das Gute in Person, das uns durch die Sprache der Schöpfung den Weg des rechten Lebens zeigt.

Weil der Glaube an den Schöpfer ein wesentlicher Teil des christlichen Credo ist, kann und darf sich die Kirche nicht damit begnügen, ihren Gläubigen die Botschaft des Heils auszurichten. Sie trägt Verantwortung für die Schöpfung und muß diese Verantwortung auch öffentlich zur Geltung bringen. Und sie muß dabei nicht nur die Erde, das Wasser und die Luft als Schöpfungsgaben verteidigen, die allen gehören. Sie muß auch den Menschen gegen die Zerstörung seiner selbst schützen. Es muß so etwas wie eine Ökologie des Menschen im recht verstandenen Sinn geben. Es ist nicht überholte Metaphysik, wenn die Kirche von der Natur des Menschen als Mann und Frau redet und das Achten dieser Schöpfungsordnung einfordert. Da geht es in der Tat um den Glauben an den Schöpfer und das Hören auf die Sprache der Schöpfung, die zu mißachten Selbstzerstörung des Menschen und so Zerstörung von Gottes eigenem Werk sein würde. Was in dem Begriff „Gender“ vielfach gesagt und gemeint wird, läuft letztlich auf die Selbstemanzipation des Menschen von der Schöpfung und vom Schöpfer hinaus. Der Mensch will sich nur selber machen und sein Eigenes immer nur selbst bestimmen. Aber so lebt er gegen die Wahrheit, lebt gegen den Schöpfergeist. Die Regenwälder verdienen unseren Schutz, ja, aber nicht weniger der Mensch als Geschöpf, dem eine Botschaft eingeschrieben ist, die nicht Gegensatz zu unserer Freiheit, sondern ihre Bedingung bedeutet. Große Theologen der Scholastik haben die Ehe, die lebenslange Verbindung von Mann und Frau als Schöpfungssakrament bezeichnet, das der Schöpfer selbst eingesetzt und das Christus dann – ohne die Schöpfungsbotschaft zu verändern – in die Heilsgeschichte als Sakrament des Neuen Bundes aufgenommen hat. Zur Verkündigungsaufgabe der Kirche gehört das Zeugnis für den Schöpfergeist in der Natur als Ganzer und gerade auch in der Natur des gottebenbildlichen Menschen. Von da aus sollte man die Enzyklika „Humanae vitae“ neu lesen: Papst Paul VI. ging es darin darum, die Liebe gegen Sexualität als Konsum, die Zukunft gegen den Alleinanspruch der Gegenwart und die Natur des Menschen gegen ihre Manipulation zu verteidigen.

2. Nur noch ein paar kurze Andeutungen zu den anderen Dimensionen der Pneumatologie. Wenn der Schöpfergeist sich zunächst in der schweigenden Größe des Alls, in seiner geistigen Struktur zeigt, so sagt uns der Glaube darüber hinaus das Überraschende, daß dieser Geist sozusagen auch in Menschenwort redet, in die Geschichte eingetreten und als geschichtsgestaltende Kraft auch sprechender Geist ist, ja, Wort, das uns in den Schriften des Alten und des Neuen Testaments begegnet. Was das für uns bedeutet, hat der heilige Ambrosius in einem Brief wunderbar ausgedrückt: „Auch jetzt ergeht sich Gott im Paradies, während ich die göttlichen Schriften lese“ (Ep 49,3). Die Schrift lesend können wir gleichsam auch heute im Paradiesesgarten Gottes herumgehen und dem dort wandernden Gott begegnen: Zwischen dem Thema des Weltjugendtags in Australien und dem Thema der Bischofssynode besteht ein tiefer innerer Zusammenhang. Die beiden Themen Heiliger Geist und Wort Gottes gehören zusammen. Die Schrift lesend lernen wir aber auch, daß Christus und der Heilige Geist untrennbar voneinander sind. Wenn Paulus dramatisch zugespitzt sagt: „Der Herr ist der Geist“ (2Co 3,17), so erscheint nicht nur hintergründig die trinitarische Einheit von Sohn und Heiligem Geist, sondern vor allem ihre heilsgeschichtliche Einheit: In der Passion und Auferstehung Christi werden die Schleier der bloßen Buchstäblichkeit zerrissen und die Gegenwart des jetzt sprechenden Gottes sichtbar. Die Schrift mit Christus lesend lernen wir, die Stimme des Heiligen Geistes in den Menschenworten zu hören, und entdecken die Einheit der Bibel.

3. Damit sind wir schon bei der dritten Dimension der Pneumatologie angelangt, die eben in der Untrennbarkeit von Christus und Heiligem Geist besteht. Vielleicht am schönsten erscheint sie im Bericht des heiligen Johannes über die erste Erscheinung des Auferstandenen vor der Jüngergemeinschaft: Der Herr haucht die Jünger an und schenkt ihnen so den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist der Atem Christi. Und wie Gottes Atem am Schöpfungsmorgen den Lehm zum lebendigen Menschen gemacht hatte, so nimmt uns Christi Atem in die Seinsgemeinschaft mit dem Sohn auf, macht uns zu neuer Schöpfung. Deshalb ist es der Heilige Geist, der uns mit dem Sohn sagen läßt: „Abba, Vater!“ (Jn 20,22 Rm 8,15).

4. So ergibt sich als vierte Dimension der Zusammenhang von Geist und Kirche ganz von selbst. Paulus hat in 1 Kor 12 und Röm 12 die Kirche als Leib Christi und gerade so als Organismus des Heiligen Geistes geschildert, in dem die Gaben des Heiligen Geistes die einzelnen zu einem lebendigen Ganzen zusammenformen. Der Heilige Geist ist der Geist des Leibes Christi. Im Ganzen dieses Leibes finden wir unsere Aufgabe, leben wir füreinander und voneinander, zutiefst von dem lebend, der für uns alle gelebt und gelitten hat und uns durch seinen Geist an sich zieht zur Einheit aller Kinder Gottes. „Willst auch du vom Geist Christi leben? So sei im Leib Christi“, sagt Augustinus dazu (Jn 26,13).

So wird mit dem Thema Heiliger Geist, das die Tage in Australien und hintergründig die Wochen der Synode prägte, die ganze Weite des christlichen Glaubens sichtbar, die von der Verantwortung für die Schöpfung und das schöpfungsgemäße Sein des Menschen über die Themen Schrift und Heilsgeschichte zu Christus führt und von da aus in die lebendige Gemeinschaft der Kirche hinein, in ihre Ordnungen und Verantwortungen wie in ihre Weite und Freiheit, die sich in der Vielzahl der Charismen ebenso wie im pfingstlichen Bild von der Vielzahl der Sprachen und Kulturen ausdrückt.

Zum Fest gehört die Freude, hatten wir gesagt. Das Fest kann man organisieren, die Freude nicht. Sie kann nur geschenkt werden, und sie ist uns geschenkt worden in reichem Maß: Dafür sind wir dankbar. Wie Paulus die Freude als Frucht des Heiligen Geistes kennzeichnet, so hat auch Johannes in seinem Evangelium Geist und Freude ganz eng miteinander verknüpft. Der Heilige Geist schenkt uns die Freude. Und er ist die Freude. Die Freude ist die Gabe, in der alle anderen Gaben zusammengefaßt sind. Sie ist Ausdruck für das Glück, für das Einssein mit sich selbst, das nur aus dem Einssein mit Gott und mit seiner Schöpfung kommen kann. Zum Wesen der Freude gehört es, daß sie ausstrahlt, daß sie sich mitteilen muß. Der missionarische Geist der Kirche ist nichts anderes als der Drang, die Freude mitzuteilen, die uns geschenkt wurde. Daß sie in uns allezeit lebendig sei und so auf die Welt in ihren Drangsalen ausstrahle, das ist meine Bitte am Ende dieses Jahres. Verbunden mit dem herzlichen Dank für all Ihr Mühen und Wirken wünsche ich Ihnen allen, daß diese von Gott kommende Freude uns auch im neuen Jahr reichlich geschenkt werde.

Dieses Anliegen vertraue ich der Fürsprache der Jungfrau Maria, der Mater divinae gratiae, an und erbitte von Ihr fröhliche Weihnachtstage im Frieden des Herrn. In diesem Sinne erteile ich Ihnen allen und der großen Familie der Römischen Kurie von Herzen den Apostolischen Segen.











                                                                    Januar 2009


AN DAS BEIM HL. STUHL AKKREDITIERTE

DIPLOMATISCHE KORPS

ANLÄSSLICH DES NEUJAHRSEMPFANGS


»Sala Regia«

Donnerstag, 8. Januar 2009



Exzellenzen,
meine Damen und Herren!

Das Geheimnis der Fleischwerdung des Wortes, das wir jedes Jahr beim Weihnachtsfest von neuem erleben, fordert uns zum Nachdenken über die Ereignisse auf, die den Lauf der Geschichte prägen. Und genau im Licht dieses hoffnungsvollen Geheimnisses findet diese traditionelle Begegnung mit Ihnen, geschätzte Mitglieder des beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps, statt, die uns zu Beginn dieses neuen Jahres eine gute Gelegenheit zum Austausch aufrichtiger Wünsche bietet. Ich wende mich zuerst an Seine Exzellenz Botschafter Alejandro Valladares Lanza und danke ihm für die Wünsche, die er mir zum ersten Mal in seiner Eigenschaft als Doyen des Diplomatischen Korps freundlicherweise übermittelt hat. Mein ehrerbietiger Gruß gilt jedem von Ihnen sowie Ihren Familien und Ihren Mitarbeitern und durch Sie den Völkern und den Regierungen der Länder, die Sie vertreten. Für alle bitte ich Gott um das Geschenk eines Jahres, das von Gerechtigkeit, Ruhe und Frieden erfüllt sein möge.

Zu Beginn dieses Jahres 2009 denke ich zuerst voller Anteilnahme an alle, die unter schweren Naturkatastrophen gelitten haben, besonders in Vietnam, in Burma, in China und auf den Philippinen, in Mittelamerika und in der Karibik, in Kolumbien und in Brasilien, wie auch an alle jene, die aufgrund von blutigen nationalen oder regionalen Konflikten oder terroristischen Anschlägen leiden, die in Ländern wie Afghanistan, Indien, Pakistan und Algerien Tod und Zerstörung gesät haben. Trotz vieler Anstrengungen ist der so ersehnte Friede noch in weiter Ferne! Angesichts dieser Feststellung darf man sich weder entmutigen lassen noch das Engagement für eine Kultur echten Friedens vermindern, sondern man muß im Gegenteil die Bemühungen um Sicherheit und Entwicklung intensivieren. In diesem Sinn gehörte der Heilige Stuhl zu den ersten, die das »Internationale Abkommen zur Ächtung von Streubomben« unterzeichnet haben, ein Dokument, das auch die Stärkung des humanitären Völkerrechts zum Ziel hat. Andererseits stellt der Heilige Stuhl voll Sorge die Krisensymptome im Bereich der Abrüstung und der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen fest und erinnert unablässig daran, daß man nicht Frieden schaffen kann, wenn die Militärausgaben den Entwicklungsprojekten besonders bei den ärmsten Völkern ungeheure menschliche und materielle Ressourcen entziehen.

Und den Armen, den viel zu zahlreichen Armen auf unserem Planeten, möchte ich heute im Anschluß an die Botschaft zum Weltfriedenstag, die ich dieses Jahr dem Thema »Die Armut bekämpfen, den Frieden schaffen« gewidmet habe, meine Aufmerksamkeit zuwenden. Die Worte, mit denen Papst Paul VI. seine diesbezügliche Überlegung in der Enzyklika Populorum Progressio einleitete, haben nichts von ihrer Aktualität verloren: »Freisein von Elend, Sicherung des Lebensunterhalts, Gesundheit, feste Beschäftigung, Schutz vor Situationen, die seine Würde als Mensch verletzen, ständig wachsende Leistungsfähigkeit, bessere Bildung, mit einem Wort: mehr arbeiten, mehr lernen, mehr besitzen, um mehr zu gelten. Das ist die Sehnsucht des Menschen von heute, und doch ist eine große Zahl von ihnen dazu verurteilt, unter Bedingungen zu leben, die dieses Verlangen illusorisch machen« (Nr. 6). Um Frieden zu schaffen, muß man den Armen wieder Hoffnung geben. Muß man da nicht an die vielen Menschen und Familien denken, die von den durch die aktuelle weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hervorgerufenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten betroffen sind? Muß man nicht an die Nahrungsmittelkrise und an die Klimaerwärmung erinnern, die den Zugang zu Nahrung und Wasser für die Bewohner der ärmsten Regionen des Planeten noch schwieriger machen? Es ist jetzt dringend geboten, eine wirksame Strategie anzuwenden, um den Hunger zu bekämpfen und die Entwicklung der lokalen Landwirtschaft zu erleichtern, dies um so mehr, als der Prozentsatz der Armen selbst in den reichen Ländern steigt. In diesem Zusammenhang bin ich froh darüber, daß bei der jüngsten Konferenz von Doha über die Entwicklungsfinanzierung brauchbare Kriterien erarbeitet wurden, um die Steuerung des Wirtschaftssystems entsprechend auszurichten und den Schwächsten zu helfen. Tiefgreifender muß, wenn die Wirtschaft gesunden soll, ein neues Vertrauen aufgebaut werden. Dieses Ziel kann nur durch die Umsetzung einer Ethik erreicht werden, die auf die der menschlichen Person innewohnende Würde gegründet ist. Ich weiß, wie anspruchsvoll das ist, aber es ist keine Utopie! Heute mehr denn je steht unsere Zukunft auf dem Spiel, ebenso wie das Schicksal unseres Planeten und seiner Bewohner, an erster Stelle das der jungen Generationen, die ein schwer angeschlagenes Wirtschaftssystem und Sozialgefüge erben.

Ja, meine Damen und Herren, wenn wir die Armut bekämpfen wollen, müssen wir vor allem in die Jugend investieren und sie zu einem Ideal wahrer Brüderlichkeit erziehen. Während meiner Apostolischen Reisen im vergangenen Jahr hatte ich Gelegenheit zur Begegnung mit vielen jungen Menschen, vor allem in dem außergewöhnlichen Rahmen des XXIII. Weltjugendtages in Sydney, Australien. Meine Apostolischen Reisen, angefangen beim Besuch in den Vereinigten Staaten, haben mir auch erlaubt, die Erwartungen zahlreicher Bereiche der Gesellschaft im Hinblick auf die katholische Kirche abzuschätzen. In dieser schwierigen Phase der Geschichte der Menschheit, die von Unsicherheiten und Fragen gekennzeichnet ist, erwarten viele, daß die Kirche mit Mut und Klarheit ihren Evangelisierungsauftrag und ihre Arbeit zur Förderung des Menschen erfüllt. Meine Ansprache am Sitz der Organisation der Vereinten Nationen fügt sich in diesen Kontext ein: Sechzig Jahre nach der Annahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte habe ich betont, daß sich dieses Dokument auf die Würde der menschlichen Person gründet und diese wiederum auf der allen Menschen gemeinsamen Natur beruht, die über die verschiedenen Kulturen hinausgeht. Als ich mich einige Monate später anläßlich des 150. Jahrestags der Erscheinungen der Jungfrau Maria vor der hl. Bernadette auf die Pilgerreise nach Lourdes begab, habe ich hervorgehoben, daß der Botschaft der Bekehrung und Liebe, die von der Grotte von Massabielle ausstrahlt, weiter große Aktualität zukommt – als einer ständigen Einladung, unser Dasein und die Beziehungen zwischen den Völkern auf der Grundlage wahrer gegenseitiger Achtung und Brüderlichkeit zu gestalten, und daß wir uns dabei bewußt sein müssen, daß diese Brüderlichkeit einen allen Menschen gemeinsamen Vater, den Schöpfergott, voraussetzt. Im übrigen ignoriert eine gesunde weltliche Gesellschaft keineswegs die geistliche Dimension und ihre Werte, da die Religion – und das zu wiederholen, schien mir während meiner Pastoralreise in Frankreich angebracht – kein Hindernis, sondern im Gegenteil eine solide Grundlage für den Aufbau einer gerechteren und freieren Gesellschaft ist.

Die Diskriminierungen und sehr schweren Anschläge, denen im vergangenen Jahr Tausende Christen zum Opfer gefallen sind, zeigen, daß nicht nur die materielle, sondern auch die moralische Armut den Frieden bedroht. Tatsächlich haben solche Ausschreitungen ihre Wurzeln in der moralischen Armut. Während ich erneut den hohen Beitrag hervorhebe, den die Religionen zum Kampf gegen die Armut und für die Errichtung des Friedens leisten können, möchte ich vor dieser Versammlung, die auf ideale Weise alle Nationen der Welt repräsentiert, wiederholen: Das Christentum ist eine Religion der Freiheit und des Friedens und steht im Dienst am wahren Wohl der Menschheit. Unsere Brüder und Schwestern, die besonders im Irak und in Indien Opfer der Gewalt geworden sind, versichere ich erneut meiner väterlichen Liebe; die zivilen und politischen Behörden ersuche ich inständig, sich mit Nachdruck darum zu bemühen, der Intoleranz und den Schikanen gegen die Christen ein Ende zu setzen und die angerichteten Schäden, besonders an den Gotteshäusern und Einrichtungen, zu beheben; ferner sollen sie mit allen Mitteln zum rechten Respekt gegenüber allen Religionen ermutigen und alle Formen von Haß und Mißachtung unterbinden. Ich wünsche auch, daß man in der westlichen Welt keine Vorurteile und keine Feindseligkeit gegen die Christen schürt, nur weil ihre Stimme zu manchen Fragen als störend empfunden wird. Und ich wünsche, daß die Jünger Christi, die mit solchen Prüfungen konfrontiert werden, nicht den Mut verlieren: Das Zeugnis des Evangeliums ist gegenüber dem »Geist der Welt« immer ein »Zeichen des Widerspruchs «! Auch in den schmerzlichen Leiden ist die ständige Gegenwart Christi ein starker Trost. Sein Evangelium ist eine Heilsbotschaft für alle und kann deshalb nicht in die Privatsphäre verbannt werden, sondern muß klar und deutlich verkündet werden bis an die äußersten Enden der Erde.

Die Geburt Christi in der armseligen Grotte von Betlehem veranlaßt uns natürlich, auf die Situation im Nahen Osten und an erster Stelle im Heiligen Land hinzuweisen, wo wir in diesen Tagen einen neuerlichen Gewaltausbruch erleben, der unermeßliche Schäden und Leiden für die Zivilbevölkerung zur Folge hat. Diese Situation macht die Suche nach einem Ausweg aus dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern, wie er von vielen von ihnen und von der ganzen Welt lebhaft herbeigesehnt wird, noch komplizierter. Einmal mehr möchte ich wiederholen, daß die militärische Option keine Lösung ist und daß Gewalt, von wo und in welcher Form auch immer sie erfolgt, scharf verurteilt werden muß. Ich wünsche, daß durch das entschlossene Engagement der internationalen Gemeinschaft die Waffenruhe im Gazastreifen in Kraft treten kann – was unerläßlich ist, um für die Bevölkerung wieder akzeptable Lebensbedingungen herzustellen – und daß unter Verzicht auf Haß, Provokationen und Einsatz von Waffen die Friedensverhandlungen wieder aufgenommen werden. Es ist sehr wichtig, daß aus den entscheidenden Wahlgängen, die in den nächsten Monaten für viele Bewohner der Region anstehen, politische Führer hervorgehen, die fähig sind, diesen Prozeß entschlossen voranzutreiben und ihre Völker zu der schwierigen, aber unverzichtbaren Versöhnung zu führen. Sie wird man nicht erreichen können, ohne eine globale Annäherung an die Probleme dieser Länder vorzunehmen, bei voller Respektierung der Bestrebungen und legitimen Interessen aller betroffenen Bevölkerungsgruppen. Außer den erneuten Bemühungen um die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, die ich eben erwähnt habe, gilt es, dem Dialog zwischen Israel und Syrien überzeugte Unterstützung zu leisten und, was den Libanon betrifft, die im Gang befindliche Konsolidierung der Institutionen zu fördern, die um so effektiver sein wird, wenn sie in einem Geist der Einheit vorgenommen wird. Die Iraker, die sich darauf vorbereiten, ihr Schicksal ganz in die eigene Hand zu nehmen, möchte ich besonders dazu ermutigen, ein neues Kapitel zu beginnen und dabei in die Zukunft zu schauen und sie ohne Diskriminierungen aufgrund rassischer, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit aufzubauen. Was den Iran betrifft, darf man nicht müde werden, für die Kontroverse über das Nuklearprogramm eine Verhandlungslösung zu suchen durch einen Mechanismus, der es ermöglicht, den legitimen Forderungen des Landes und der internationalen Gemeinschaft Rechnung zu tragen. Eine solche Lösung würde die Entspannung in der Region und in der Welt in hohem Maße begünstigen.

Wenn ich den Blick auf den großen asiatischen Kontinent richte, stelle ich mit Sorge fest, daß in einigen Ländern die Gewaltausbrüche andauern und in anderen die politische Situation angespannt bleibt, aber es gibt auch Fortschritte, die uns mit größerem Vertrauen in die Zukunft blicken lassen. Ich denke zum Beispiel an die Aufnahme neuer Friedensverhandlungen in Mindanao auf den Philippinen und an den neuen Verlauf der Beziehungen zwischen Peking und Taipei. Im selben Rahmen der Friedenssuche könnte auch eine endgültige Lösung des anhaltenden Konflikts in Sri Lanka nur eine politische sein, während die humanitären Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerungsgruppen weiterhin Gegenstand ständiger Aufmerksamkeit sein müssen. Die christlichen Gemeinschaften, die in Asien leben, sind zahlenmäßig meist eine Minderheit, wollen aber einen überzeugten und wirksamen Beitrag zum Gemeinwohl, zur Stabilität und zum Fortschritt ihrer Länder leisten durch ihr Zeugnis vom Primat Gottes, der eine gewissermaßen gesunde Wertehierarchie festlegt und eine Freiheit schenkt, die stärker ist als die Ungerechtigkeiten. Die vor kurzem erfolgte Seligsprechung von 188 Märtyrern in Japan hat auf eindrucksvolle Weise daran erinnert. Wie schon oft gesagt wurde, beansprucht die Kirche keine Privilegien, sondern die Anwendung des Prinzips der Religionsfreiheit in ihrem ganzen Umfang. Unter diesem Gesichtspunkt ist es wichtig, daß in Zentralasien die Gesetzgebungen über die Religionsgemeinschaften die volle Ausübung dieses Grundrechts unter Respektierung der internationalen Normen garantieren.

In einigen Monaten werde ich zu meiner großen Freude vielen in Afrika lebenden Brüdern und Schwestern im Glauben und mit menschlicher Nähe begegnen. In Erwartung dieses Besuches, den ich so sehr gewünscht habe, bete ich zum Herrn, daß ihre Herzen dazu bereit sein mögen, das Evangelium zu empfangen und es konsequent zu leben, indem sie durch den Kampf gegen die moralische und materielle Armut den Frieden aufbauen. Ganz besondere Aufmerksamkeit muß den Kindern gelten: 20 Jahre nach Annahme der Konvention über die Rechte der Kinder bleiben diese noch immer sehr verwundbar. Viele Kinder erleben das Flüchtlings- und Vertriebenendrama in Somalia, Darfur und in der Demokratischen Republik Kongo. Es handelt sich dabei um Migrationsströme, die Millionen von Menschen betreffen, die humanitäre Hilfe brauchen und die vor allem ihrer elementaren Rechte beraubt und in ihrer Würde verletzt werden. Ich fordere diejenigen, die auf nationaler und internationaler Ebene politische Verantwortung tragen, dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen zur Lösung der laufenden Konflikte zu ergreifen und den Ungerechtigkeiten, die sie hervorgerufen haben, ein Ende zu setzen. Ich wünsche, daß die Wiedererrichtung des Staates in Somalia endlich vorangehen kann, damit die endlosen Leiden der Bewohner dieses Landes ein Ende finden. Ebenso kritisch bleibt die Lage in Simbabwe, wo beträchtliche humanitäre Hilfsmaßnahmen notwendig sind. Die Friedensvereinbarungen in Burundi haben einen Hoffnungsschimmer in die ganze Region gebracht. Ich spreche den Wunsch aus, daß sie voll zur Anwendung kommen und zur Inspirationsquelle für andere Länder werden, die noch nicht zum Weg der Versöhnung gefunden haben. Wie Sie wissen, verfolgt der Heilige Stuhl den afrikanischen Kontinent mit besonderer Aufmerksamkeit und ist glücklich darüber, diplomatische Beziehungen mit Botswana aufgenommen zu haben.

In diesem weiten Überblick, der die ganze Welt umfaßt, möchte ich mich auch einen Augenblick bei Lateinamerika aufhalten. Auch dort sehnen sich die Völker danach, in Frieden zu leben, befreit von der Armut und mit der Möglichkeit, ihre Grundrechte frei auszuüben. In diesem Zusammenhang wünscht man sich, daß den Bedürfnissen der Auswanderer durch Gesetzgebungen Rechnung getragen werde, die die Familienzusammenführung erleichtern und die legitimen Forderungen nach Sicherheit mit den Ansprüchen auf unverletzliche Achtung der Person in Einklang bringen. Außerdem möchte ich das vorrangige Bemühen einiger Regierungen loben, die versuchen, die Legalität wiederherzustellen und einen kompromißlosen Kampf gegen den Drogenhandel und die Korruption zu führen. Ich freue mich darüber, daß 30 Jahre nach der Aufnahme der päpstlichen Vermittlung in dem Grenzkonflikt zwischen Argentinien und Chile im Süden des Kontinents gewissermaßen die beiden Länder ihren Friedenswillen dadurch besiegelt haben, daß sie meinem verehrten Vorgänger Papst Johannes Paul II. ein Denkmal errichteten. Außerdem wünsche ich mir, daß die vor kurzem erfolgte Unterzeichnung des Abkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und Brasilien die freie Ausübung des Evangelisierungsauftrags der Kirche erleichtern und ihre Zusammenarbeit mit den zivilen Einrichtungen für die ganzheitliche Entwicklung der Person stärken möge. Die Kirche begleitet seit fünf Jahrhunderten die Völker Lateinamerikas und teilt deren Hoffnungen und Sorgen. Ihre Bischöfe wissen: Um einen echten Fortschritt der Gesellschaft zu fördern, besteht ihre besondere Aufgabe darin, die Gewissen zu erleuchten und Laien auszubilden, die fähig sind, mutig in die zeitlichen Wirklichkeiten einzugreifen, indem sie sich in den Dienst des Gemeinwohls stellen.

Während ich schließlich meinen Blick auf die Nationen lenke, die geographisch näher liegen, möchte ich die christliche Gemeinde in der Türkei grüßen und daran erinnern, daß in diesem besonderen Jubiläumsjahr anläßlich der Geburt des hl. Apostels Paulus vor 2000 Jahren zahlreiche Pilger in seinen Geburtsort Tarsus kommen, was noch einmal die enge Verbindung dieses Landes mit den Ursprüngen des Christentums unterstreicht. Auf Zypern, wo die Verhandlungen mit Blick auf gerechte Lösungen für die mit der Teilung der Insel zusammenhängenden Probleme wieder aufgenommen werden, ist die Sehnsucht nach Frieden lebendig. Was den Kaukasus betrifft, möchte ich noch einmal daran erinnern, daß die Konflikte, von denen die Staaten der Region betroffen sind, nicht durch den Einsatz von Waffen gelöst werden können. Wenn ich an Georgien denke, wünsche ich mir, daß alle Verpflichtungen, die in dem Waffenstillstandsabkommen vom vergangenen August – das dank der diplomatischen Anstrengungen der Europäischen Union zustande gekommen ist – unterschrieben wurden, eingehalten werden und daß den Vertriebenen möglichst bald die Rückkehr in ihre Häuser ermöglicht wird. Was schließlich Südosteuropa betrifft, so bemüht sich der Heilige Stuhl weiterhin um die Stabilität in der Region und hofft, daß der Aufbau von Bedingungen für eine Zukunft der Versöhnung und des Friedens unter den Völkern Serbiens und des Kosovo weitergeht – unter Respektierung der Minderheiten und Bewahrung des wertvollen künstlerischen und kulturellen christlichen Erbes, das einen Reichtum für die ganze Menschheit darstellt.

Meine Damen und Herren Botschafter, zum Abschluß dieses Überblicks, der wegen seiner Kürze nicht sämtliche Leidens- und Armutssituationen, die mir in den Sinn kommen, erwähnen kann, komme ich noch einmal auf die diesjährige Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages zurück. In diesem Dokument habe ich daran erinnert, daß die ärmsten Menschen die ungeborenen Kinder sind (Nr. 3). Ich muß abschließend noch an andere Arme erinnern, wie die alleingelassenen kranken und alten Menschen, die getrennten Familien ohne Hilfe und Orientierung. Die Armut wird bekämpft, wenn die Menschheit durch gemeinsame Werte und Ideale, die auf der Würde der Person, auf der mit Verantwortung verbundenen Freiheit und auf der effektiven Anerkennung des Platzes Gottes im Leben der Menschen gründen, brüderlicher geworden ist. Aus dieser Sicht richten wir unseren Blick auf Jesus, das in die Krippe gelegte einfache Kind. Weil er der Sohn Gottes ist, zeigt er uns, daß die brüderliche Solidarität zwischen allen Menschen der Hauptweg für die Bekämpfung der Armut und den Aufbau des Friedens ist. Das Licht seiner Liebe erleuchte alle Regierenden und die ganze Menschheit! Es führe uns durch dieses soeben begonnene Jahr! Allen ein gutes neues Jahr!

AN DIE MITGLIEDER DES NEOKATECHUMENALEN WEGES

DER DIÖZESE ROM Petersdom

Samstag, 10. Januar 2009



Liebe Brüder und Schwestern!

Mit großer Freude empfange ich euch, die ihr anläßlich des 40. Jahrestages des Beginns des Neokatechumenalen Weges in Rom, der gegenwärtig gut 500 Gemeinschaften umfaßt, so zahlreich erschienen seid. Euch allen gilt mein herzlicher Gruß. Insbesondere begrüße ich den Kardinalvikar Agostino Vallini sowie Herrn Kardinal Stanislaw Rylko, Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien, der euch auf dem Weg zur Approbation eurer Statuten mit Hingabe begleitet hat. Ich begrüße die Verantwortlichen des Neokatechumenalen Weges: Herrn Kiko Argüello, dem ich herzlich für die begeisterten und begeisternden Worte danke, mit denen er eure gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße Frau Carmen Hernández und Pater Mario Pezzi. Ich begrüße die Gemeinschaften, die ihre Sendung in den ärmsten Randgebieten von Rom antreten, sowie jene, die in die »missio ad gentes« auf den fünf Kontinenten gehen, die 200 neuen Itinerantenfamilien und die 700 Itinerantenkatechisten, die für den Neokatechumenalen Weg in den verschiedenen Nationen verantwortlich sind. Ich danke euch allen. Der Herr möge euch begleiten.

Unsere heutige Begegnung findet bedeutsamerweise in der Vatikanischen Basilika statt, die über dem Grab des Apostels Petrus erbaut wurde. Als Jesus die Zwölf über seine Identität befragte, war er es, der Apostelfürst, der voll Eifer bekannte: »Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes« (Mt 16,16). Ihr seid heute hier versammelt, um dasselbe Glaubensbekenntnis zu erneuern. Eure Anwesenheit in so großer Zahl und mit so lebendigem Geist legt Zeugnis von den Wundern ab, die der Herr in den vergangenen vier Jahrzehnten gewirkt hat; sie zeigt auch den Einsatz auf, mit dem ihr den begonnenen Weg fortsetzen wollt, einen Weg der treuen Nachfolge Christi und des mutigen Zeugnisses für sein Evangelium – nicht nur hier in Rom, sondern überall dort, wohin die Vorsehung euch führt –, einen Weg der fügsamen Zustimmung zu den Weisungen der Hirten und in Gemeinschaft mit allen anderen Teilen des Gottesvolkes. Das beabsichtigt ihr zu tun, im Bewußtsein, daß es die Sendung der Kirche und eines jeden Getauften ist, den Menschen unserer Zeit zu helfen, Jesus Christus zu begegnen, dem Erlöser des Menschen. Der »Neokatechumenale Weg« fügt sich in diese kirchliche Sendung als einer der vielen Wege ein, die der Heilige Geist durch das Zweite Vatikanische Konzil für die Neuevangelisierung erweckt hat.

Alles begann hier in Rom vor nunmehr 40 Jahren, als sich in der Pfarrei »Santi Martiri Canadesi« die ersten Gemeinschaften des Neokatechumenalen Weges bildeten. Wie sollte man nicht den Herrn preisen für die geistlichen Früchte, die durch eure Evangelisierungsmethode in diesen Jahren geerntet werden konnten? Wie viele frische apostolische Kräfte wurden sowohl unter den Priestern als auch unter den Laien erweckt! Wie vielen Männer und Frauen und wie vielen Familien, die sich von der kirchlichen Gemeinschaft entfernt oder die christliche Lebenspraxis aufgegeben hatten, wurde durch die Verkündigung des »kerygma« und den Weg der Wiederentdeckung der Taufe geholfen, die Glaubensfreude und die Begeisterung für das Zeugnis des Evangeliums wiederzufinden! Die kürzlich erfolgte Approbation der Statuten des »Weges« durch den Päpstlichen Rat für die Laien hat die Hochschätzung und das Wohlwollen besiegelt, das der Heilige Stuhl dem Werk entgegenbringt, das der Herr durch eure Initiatoren erweckt hat. Der Papst, Bischof von Rom, dankt euch für den großherzigen Dienst, den ihr für die Evangelisierung dieser Stadt leistet, und für die Hingabe, mit der ihr euch darum bemüht, die christliche Verkündigung in jeden ihrer Bereiche zu tragen. Ich danke euch allen.

Euer bereits so verdienstvolles Apostolat wird noch wirksamer sein, je mehr ihr euch bemüht, stets das Streben nach der Einheit aufrechtzuerhalten, das Jesus den Zwölf beim Letzten Abendmahl vermittelt hat. Wir haben den Gesang gehört: Vor seinem Leiden betete unser Erlöser nämlich inständig darum, daß seine Jünger eins sein sollen, damit die Welt dahin geführt wird, an ihn zu glauben (vgl. Joh Jn 17,21), denn diese Einheit kann nur aus der Kraft Gottes heraus kommen. Diese Einheit, die ein Geschenk des Heiligen Geistes ist und nach der die Gläubigen unablässig suchen, macht jede Gemeinschaft zu einem lebendigen und fest in den mystischen Leib Christi eingefügten Glied. Die Einheit der Jünger des Herrn gehört zum Wesen der Kirche, und sie ist die unverzichtbare Voraussetzung für die Fruchtbarkeit und Glaubwürdigkeit ihrer Evangelisierungsarbeit. Ich weiß, mit wie viel Eifer die Gemeinschaften des Neokatechumenalen Weges in gut 103 Pfarreien in Rom tätig sind. Ich ermutige euch, diese Bemühungen fortzusetzen und ermahne euch gleichzeitig, allen Weisungen des Kardinalvikars, meines direkten Mitarbeiters bei der pastoralen Leitung der Diözese, immer mehr Folge zu leisten. Danke für euer »Ja«, das offensichtlich von Herzen kommt. Die organische Eingliederung des »Weges« in die Diözesanpastoral und seine Einheit mit anderen kirchlichen Wirklichkeiten werden dem ganzen christlichen Volk zugute kommen und die Bemühungen der Diözese um eine erneuerte Verkündigung des Evangeliums in unserer Stadt ertragreicher machen. Es bedarf nämlich heute einer weitangelegten missionarischen Tätigkeit, die die verschiedenen kirchlichen Wirklichkeiten einbezieht. Diese müssen – jede einzelne unter Wahrung ihres eigenen ursprünglichen Charismas – harmonisch zusammenarbeiten und versuchen, jene »integrierte Seelsorge« zu verwirklichen, durch die bereits bedeutende Resultate erzielt werden konnten. Und indem ihr euch bereitwillig in den Dienst des Bischofs stellt, was eure Statuten ins Gedächtnis rufen, könnt ihr ein Vorbild für viele Ortskirchen sein, die die Kirche von Rom zu Recht als ihr Bezugsmodell betrachten.

Für noch eine weitere geistliche Frucht, die in diesen 40 Jahren herangereift ist, möchte ich gemeinsam mit euch der göttlichen Vorsehung danken: für die große Zahl von Priestern und geweihten Personen, die der Herr – Kiko hat darüber gesprochen – in euren Gemeinschaften erweckt hat. Viele Priester sind in den Pfarreien und in anderen Bereichen des diözesanen Apostolats tätig, viele sind Itinerantenmissionare in verschiedenen Nationen: Sie leisten der Kirche von Rom einen großherzigen Dienst, und die Kirche von Rom bietet der Evangelisierung in der Welt einen wertvollen Dienst an. Es ist ein wahrer »Frühling der Hoffnung« für die Diözesangemeinschaft von Rom und für die Universalkirche! Ich danke dem Rektor und seinen Mitarbeitern des Seminars »Redemptoris Mater« in Rom für die Bildungs- und Erziehungsarbeit, die sie durchführen. Wir alle wissen, daß ihre Aufgabe nicht einfach, aber sehr wichtig für die Zukunft der Kirche ist. Ich ermutige sie daher, diese Sendung fortzusetzen, indem sie die Vorgaben des Heiligen Stuhls sowie der Diözese im Bereich der Ausbildung annehmen. Das Ziel aller Ausbilder muß es sein, Priester zu formen, die in den Klerus der Diözese und in die Pastoral sowohl der Pfarrei als auch der Diözese gut eingegliedert sind.

Liebe Brüder und Schwestern, der soeben verkündete Abschnitt aus dem Evangelium hat uns die Anforderungen und Voraussetzungen der apostolischen Sendung ins Gedächtnis gerufen. Die Worte Jesu, die uns der heilige Evangelist Matthäus übermittelt, sind gleichsam eine Einladung, angesichts der Schwierigkeiten nicht den Mut zu verlieren, nicht nach menschlichen Erfolgen zu suchen und Unverständnis und sogar Verfolgungen nicht zu fürchten. Vielmehr ermutigen sie dazu, das Vertrauen einzig und allein auf die Macht Christi zu setzen, sein Kreuz auf sich zu nehmen und den Spuren unseres Erlösers zu folgen, der in der nunmehr am Ende angelangten Weihnachtszeit in der Demut und Armut Betlehems erschienen ist. Die allerseligste Jungfrau, Vorbild eines jeden Jüngers Christi und »Haus des Segens«, wie ihr gesungen habt, möge euch helfen, mit Freude und Treue den Auftrag zu erfüllen, den die Kirche euch mit Zuversicht anvertraut. Während ich euch für den Dienst danke, den ihr der Kirche von Rom leistet, versichere ich euch meines Gebets und segne von Herzen die hier Anwesenden und alle Gemeinschaften des Neokatechumenalen Weges auf der ganzen Welt.

AN DIE POLITISCHEN VERTRETER UND MITARBEITER DER VERWALTUNGSEINRICHTUNGEN DER REGION LATIUM

SOWIE DER STADT UND DER PROVINZ ROM Montag, 12. Januar 2009



Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist eine gute Tradition, daß der Papst zum Jahresbeginn die politischen Vertreter und Mitarbeiter der Verwaltungsbehörden der Stadt und der Provinz Rom sowie der Region Latium zum gegenseitigen Austausch herzlicher Wünsche in seinem Haus empfängt. Das geschieht auch heute vormittag in einer Atmosphäre der Hochachtung und der aufrichtigen Freundschaft: Ich danke Ihnen daher für Ihre geschätzte Anwesenheit. Einen ehrerbietigen Gruß richte ich zunächst an den Präsidenten der Region Latium, Herrn Pietro Marrazzo, an den Bürgermeister von Rom, Herrn Gianni Alemanno, sowie an den Präsidenten der Provinz Rom, Herrn Nicola Zingaretti. Ich danke ihnen für die freundlichen Worte, die sie auch im Namen der jeweiligen Verwaltungsbehörden an mich gerichtet haben. Mein Gruß gilt auch den Präsidenten der verschiedenen Ausschüsse sowie Ihnen allen – den Anwesenden, Ihren Familien und der geliebten Bevölkerung, die Sie vertreten.

In den soeben geäußerten Worten habe ich Hoffnungen und Sorgen wahrgenommen. Zweifellos erlebt die Weltgemeinschaft zur Zeit eine schwere Wirtschaftskrise. Sie ist jedoch mit der strukturellen und kulturellen Krise sowie mit der Wertekrise verbunden. Die schwierige Lage, in der sich die Weltwirtschaft befindet, hat überall unvermeidliche Auswirkungen. Sie betrifft also auch die Stadt und die Provinz Rom sowie die großen und kleinen Ortschaften Latiums. Angesichts einer so schwierigen Herausforderung – das wird auch in Ihren Worten deutlich – muß ein gemeinsamer Wille vorhanden sein, darauf zu reagieren. Spaltungen müssen überwunden und Strategien vereinbart werden, die einerseits den heutigen Notständen begegnen und andererseits darauf ausgerichtet sind, einen organischen strategischen Plan für die kommenden Jahre zu entwerfen, der sich an den Grundsätzen und Werten orientiert, die zum geistigen Erbe Italiens und insbesondere Roms und Latiums gehören. In den schwierigen Augenblicken seiner Geschichte findet das Volk wieder gemeinsame Zielsetzungen und Mut unter der weisen Führung erleuchteter politischer Vertreter, deren grundlegende Sorge das Wohl aller ist.

Liebe Freunde, aus Ihren Worten ist klar ersichtlich, daß die von Ihnen geleiteten Verwaltungsbehörden die Anwesenheit und die Arbeit der katholischen Gemeinschaft schätzen; ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, daß sie keine Privilegien fordert oder beansprucht, sondern den Wunsch hat, daß ihre geistliche und gesellschaftliche Sendung auch weiterhin Wertschätzung und Zusammenarbeit finden möge. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfsbereitschaft und erinnere daran, daß Rom und Latium eine besondere Rolle für die Christenheit spielen. Hier fühlen sich die Katholiken zu einem lebendigen Zeugnis für das Evangelium und zum eifrigen Handeln für die menschliche Förderung angespornt, besonders heute, angesichts der Schwierigkeiten, die wir alle gut kennen. Obgleich die diözesane Caritas, die Pfarrgemeinden und die katholischen Verbände keine Mühen scheuen, um den Notleidenden zu helfen, ist in diesem Zusammenhang das Zusammenwirken aller Einrichtungen dennoch unverzichtbar, um auf die wachsenden Nöte der Menschen konkrete Antworten zu geben. Ich denke hier an die Familien, vor allem an jene mit kleinen Kindern, die ein Recht auf eine sorglose Zukunft haben, und an die älteren Menschen, von denen viele in Einsamkeit und in dürftigen Verhältnissen leben; ich denke an die Wohnungsnot, an fehlende Arbeitsplätze und an die Jugendarbeitslosigkeit, an das nicht einfache Zusammenleben verschiedener ethnischer Gruppen, an das große Problem der Immigration und der Sinti und Roma.

Während es Aufgabe des Staates ist, eine angemessene Wirtschafts- und Sozialpolitik zu verwirklichen, ist die Kirche im Licht ihrer Soziallehre berufen, ihren Beitrag zu leisten, indem sie die Gläubigen und alle Bürger guten Willens zum Nachdenken bewegt und ihre Gewissen bildet. Vielleicht versteht die Zivilgesellschaft heute mehr denn je, daß nur durch einen Lebensstil, der auf Einfachheit, Solidarität und Verantwortung ausgerichtet ist, eine gerechtere Gesellschaft und eine bessere Zukunft für alle aufgebaut werden kann. Es gehört zu den Grundpflichten der öffentlichen Hand, allen Einwohnern ihre Rechte zu gewährleisten, wobei darauf geachtet werden muß, daß die Pflichten eines jeden Menschen klar definiert sind und wirklich umgesetzt werden. Eine unabdingbare Priorität ist daher die Erziehung zur Achtung der Gesetze, zur Übernahme der eigenen Verantwortung und zu einer Lebensweise, die den Individualismus und die Verteidigung von Einzelinteressen zurücksetzt, um gemeinsam nach dem Wohl aller zu streben, wobei die Erwartungen der schwächeren Subjekte innerhalb der Bevölkerung besonders berücksichtigt werden müssen. Sie dürfen nicht als Last empfunden, sondern müssen als Ressource angesehen werden, die hoch zu schätzen ist.

Unter diesem Gesichtspunkt stellt die Kirche seit Jahren mit einer Intuition, die ich als prophetisch bezeichnen möchte, das Thema der Erziehung in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen. Ich möchte an dieser Stelle für die Zusammenarbeit Ihrer Verwaltungsbehörden mit den kirchlichen Gemeinschaften meinen Dank zum Ausdruck bringen; diese betrifft den Bereich der Jugendzentren sowie den Bau neuer Gemeindezentren in den Stadtteilen, wo diese noch nicht vorhanden sind. Ich vertraue darauf, daß sich diese gegenseitige Unterstützung in Zukunft unter Achtung der jeweiligen Kompetenzen weiterhin konsolidieren möge. Man muß sich dabei vor Augen führen, daß die kirchlichen Einrichtungen inmitten eines Stadtteils nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit, eines Grundrechts der menschlichen Person, gestatten, sondern daß sie darüber hinaus in Wirklichkeit Zentren sind, die als Treffpunkte dienen und wo eine Erziehung zu den Werten des Gemeinschaftssinns, des friedlichen Zusammenlebens, der Brüderlichkeit und des Friedens stattfindet.

Wie sollte man nicht besonders an die Kinder und Jugendlichen denken, die unsere Zukunft sind? Jedesmal, wenn in den Nachrichten über Jugendgewalt berichtet wird, jedesmal, wenn die Zeitungen Verkehrsunfälle melden, in denen viele junge Menschen sterben, dann kommt mir wieder das Thema des Erziehungsnotstandes in den Sinn, der heute die größtmögliche Zusammenarbeit verlangt. Besonders unter den jungen Generationen gehen die natürlichen und christlichen Werte zurück, die dem täglichen Leben Sinn geben und zu einer Lebensauffassung erziehen, die offen ist für die Hoffnung; es werden dagegen kurzlebige Wünsche und nicht dauerhafte Erwartungen wach, die am Ende Überdruß und Mißerfolge erzeugen. All das führt unglücklicherweise dazu, daß sich Tendenzen durchsetzen, den Wert des Lebens zu banalisieren, um sich in Exzesse, Drogen und Alkohol zu flüchten, die für einige zum gewohnten Wochenendritual geworden sind. Selbst die Liebe läuft Gefahr, »zur bloßen Sache« zu werden, die man »kaufen und verkaufen« kann, »ja, der Mensch selbst wird dabei zur Ware« (Deus caritas Est 5). Angesichts des Nihilismus, der die Welt der Jugendlichen immer stärker durchdringt, fordert die Kirche alle auf, sich ernsthaft den Jugendlichen zu widmen, sie nicht sich selbst zu überlassen und sie nicht »schlechten Lehrmeistern« auszusetzen, sondern sie in ernsthafte Initiativen einzubinden, die ihnen helfen, den Wert des Lebens in einer soliden Familie, die auf der Ehe gründet, zu verstehen. Nur so gibt man ihnen die Möglichkeit, vertrauensvoll ihre Zukunft zu planen. Was die kirchliche Gemeinschaft betrifft, so muß diese noch größere Bereitschaft zeigen, den neuen Generationen in Rom und Latium zu helfen, ihre Zukunft verantwortlich zu planen. Sie bietet ihnen vor allem die Liebe Christi an, der allein erschöpfende Antworten auf die tiefsten Fragen unseres Herzens geben kann.

Gestatten Sie mir zum Abschluß einige kurze Worte zum Gesundheitswesen. Ich weiß, wie anspruchsvoll die Aufgabe ist, im Bereich der körperlichen und der psychischen Krankheiten allen eine angemessene Gesundheitsfürsorge zu gewährleisten, und welch enorme Ausgaben das mit sich bringt. Ebenso wie im schulischen Bereich kommt die kirchliche Gemeinschaft, Erbin einer langen Tradition der Krankenfürsorge, auch hier weiterhin unter vielen Opfern durch Krankenhäuser und Kliniken ihrer Aufgabe nach, die an den Grundsätzen des Evangeliums ausgerichtet sind. Im gerade vergangenen Jahr gab es von seiten der Region Latium, wenn auch in der schwierigen gegenwärtigen Lage, positive Anzeichen dafür, auch den katholischen Gesundheitseinrichtungen entgegenzukommen. Ich vertraue darauf, daß durch die Fortsetzung der gegenwärtigen Bemühungen diese Zusammenarbeit noch verstärkt wird, damit die Menschen sich auch weiterhin den wertvollen Dienst zunutze machen können, den diese als hervorragend bekannten Einrichtungen mit Fachkenntnis, Professionalität, Umsicht in der Finanzierung und Aufmerksamkeit gegenüber den Kranken und ihren Familien leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ihnen von den Bürgern anvertraute Aufgabe ist nicht einfach: Sie müssen sich zahlreichen und komplexen Situationen stellen, die immer öfter Eingriffe und Entscheidungen verlangen, die nicht einfach und manchmal unpopulär sind. Ein Ansporn und ein Trost möge Ihnen aus dem Bewußtsein erwachsen, daß Sie der heutigen Gesellschaft einen wichtigen Dienst leisten und gleichzeitig dazu beitragen, für die neuen Generationen eine wirklich menschliche Welt aufzubauen. Der wichtigste Beitrag, den der Papst Ihnen aus tiefstem Herzen zusichert, ist das tägliche Gebet, auf daß der Herr Sie erleuchten und Sie stets zu aufrichtigen Dienern des Gemeinwohls machen möge. Mit diesen Empfindungen erbitte ich die mütterliche Fürsprache Unserer Lieben Frau, die an vielen Orten in Latium verehrt wird, und des Apostels Paulus – wir begehen den 2000. Jahrestag seiner Geburt – und rufe den Segen Gottes auf Sie, Ihre Familien und alle Menschen herab, die in der Stadt und in der Provinz Rom sowie in der ganzen Region leben.
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Benedikt XVI Predigten 250