Allgemeines Direktorium für die Katechese 182

Die Bedeutung der Jugend für Gesellschaft und Kirche\b\i (112)


182 Obwohl die Kirche die Jugendlichen als »Hoffnungsträger« ansieht, erblickt sie heute in ihnen »eine große Herausforderung für die Kirche«. (113)

Der rasche und ungestüme kulturelle und gesellschaftliche Wandel, die wachsenden Bevölkerungszahlen, das Sich-Durchsetzen einer festen Jugendperiode, bevor man an den Pflichten der Erwachsenen teilhat, der Mangel an Arbeitsplätzen und in bestimmten Ländern die anhaltende Unterentwicklung, die Zwänge der Konsumgesellschaft..., all das trägt mit dazu bei, das Schicksal der Jugendlichen zu einer Welt des Wartens und nicht selten der Ernüchterung und Langeweile, ja der Angst und der Ausgrenzung zu machen. Die Abwendung von der Kirche oder wenigstens ein Mißtrauen ihr gegenüber schleicht sich in viele als Grundhaltung ein. Darin spiegeln sich oft der Mangel an geistigem und moralischem Halt durch die Familien und die Schwächen der erhaltenen Katechese wider.

Andererseits ist in vielen von ihnen ein starker, ungestümer Drang nach Sinnsuche, Solidarität, sozialem Engagement, ja zur religiösen Erfahrung vorhanden...


183 Daraus ergeben sich für die Katechese einige Konsequenzen.

Der Dienst am Glauben nimmt vor allem die Licht- und die Schattenseiten der Situation der Jugend wahr, so wie sie sich in den verschiedenen Regionen und Lebensbereichen konkret zeigen.

Kern der Katechese ist der ausdrückliche Vorschlag Christi an den jungen Mann im Evangelium, (114) ein direkter Vorschlag an alle Jugendlichen, abgestimmt auf die jungen Leute in aufmerksamer Wahrnehmung ihrer Probleme. Im Evangelium erscheinen nämlich die Jugendlichen als direkte Gesprächspartner Christi, der ihnen ihren »einzigartigen Reichtum« enthüllt und sie zugleich für einen Plan des persönlichen und gemeinschaftlichen Wachstums einzunehmen sucht, der für das Schicksal der Familie und der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist. (115)

Deshalb dürfen die Jugendlichen nicht lediglich als Objekt der Katechese verstanden werden; sie sind in der Tat auch »aktive Subjekte, Protagonisten der Evangelisierung und Erbauer der sozialen Erneuerung«.(116)

Kennzeichnende Eigenschaften der Jugendkatechese\b\i (117)


184 Angesichts des Umfangs der Aufgabe ist es sicher Sache der katechetischen Direktorien der Teilkirchen und der nationalen und regionalen Bischofskonferenzen, im Zusammenhang mit dem Umfeld zu bestimmen, was an den einzelnen Plätzen das Richtige ist.

Man kann jedoch gewisse allgemeingültige Richtlinien angeben:

– Man wird die Vielfalt der religiösen Situation vor Augen haben müssen: Es gibt Jugendliche, die nicht einmal getauft sind, andere, welche die christliche Initiation nicht beendet haben oder in zuweilen schwerer Glaubenskrise stecken, und wieder andere, die geneigt sind, eine Glaubensentscheidung zu treffen oder sie schon getroffen haben, und dabei unterstützt sein möchten.

– Man darf sodann nicht vergessen, daß sich jene Katechese als erfolgreich erweist, die sich innerhalb einer umfassenderen Pastoral für die Kinder, die Heranwachsenden und die Jugendlichen entfalten kann, welche die Gesamtheit der ihr Leben betreffenden Probleme vor Augen hat. Zu diesem Zweck ist die Katechese durch gewisse Vorgänge zu ergänzen wie die Deutung der Situation, die Beachtung der Human- und Erziehungswissenschaften, die Mitarbeit von Laien und der Jugendlichen selbst.

– Die gut geleitete Gruppentätigkeit, die Zugehörigkeit zu guten Jugendorganisationen (118) und die persönliche Begleitung des jungen Menschen — dabei am vortrefflichsten die geistliche Leitung — sind überaus nützliche Hilfen für eine wirksame Katechese.


185 Unter den verschiedenen Formen der Jugendkatechese sind, je nach den Situationen, vorzusehen: der Jugendkatechumenat im Schulalter, Katechese der christlichen Initiation, Katechesen über programmierte Themen, weitere mehr oder weniger gelegentliche und informelle Begegnungen...

Umfassender gesehen ist die Katchese für die Jugendlichen in neuen Bahnen vorzunehmen, in Aufgeschlossenheit für das Empfinden und die Problematik dieses Alters, die theologischer, ethischer, geschichtlicher, sozialer Natur sind... Ihren rechten Platz erhalten sollen insbesondere die Erziehung zur Wahrheit und Freiheit nach dem Evangelium, die Gewissensbildung, die Erziehung zur Liebe, das Gespräch über die Berufung, das christliche Engagement in der Gesellschaft, die missionarische Verantwortung in der Welt. (119) Es ist jedoch zu bemerken, daß die heutige Evangelisierung der Jugend oft eine eher missionarische als eine streng katechumenale Ausrichtung einschlagen soll. In der Tat verpflichtet die Situation das Apostolat unter den Jugendlichen oft als ersten notwendigen Schritt dazu, Jugendanimation von humanisierender und missionarischer Prägung zu sein, damit günstigere Voraussetzungen für die eigentliche Katechese entstehen. Deswegen ist es in der Wirklichkeit oftmals angebracht, die vorkatechumenale Tätigkeit innerhalb globaler Erziehungsprozesse zu intensivieren.

Einer der Knoten, die es anzupacken und zu lösen gilt, betrifft den Unterschied der »Sprache« (Mentalität, Empfinden, Geschmack, Stil, Vokabular...) zwischen den Jugendlichen und der Kirche (Katechese, Katecheten). Darum wird die Notwendigkeit einer »Anpassung der Katechese an die Jugendlichen« betont, um so »mit Geduld und Umsicht die Botschaft Christi..., ohne sie zu verraten«, in ihre Spache zu »übersetzen«. (120)

Katechese für alte Menschen (121)

Das dritte Lebensalter, ein Gottesgeschenk an die Kirche


186 In verschiedenen Ländern der Welt stellt die wachsende Zahl alter Menschen die Kirche vor eine neue und spezifische pastorale Aufgabe. Während man diese Menschen nicht selten als mehr oder weniger lästiges passives Objekt empfindet, sind sie im Licht des Glaubens hingegen als Geschenk Gottes für die Kirche und die Gesellschaft zu verstehen, denen man sich auch mit einer passenden Katechese zuwenden muß. Sie haben wie alle Christen diesbezüglich eine Pflicht und ein Recht.

Man muß die Verschiedenheit der persönlichen, familiären, sozialen Situation berücksichtigen, insbesondere die Prüfung der Vereinsamung und Abschiebung. Die Familie hat eine erstrangige Funktion, denn hier kann die Glaubensverkündigung in einer freundlichen, liebevollen Atmosphäre stattfinden, die mehr als alles andere die Gültigkeit des Gotteswortes bestätigt.

Auf alle Fälle verbindet die Katechese für alte Menschen den Glaubensinhalt mit der herzlichen Gegenwart des Katecheten und der glaubenden Gemeinde. Deswegen ist es sehr wünschenswert, daß die alten Menschen am katechetischen Weg der Gemeinde voll teilnehmen.

Katechese der Fülle und der Hoffnung


187 Die Katechese für die alten Menschen schenkt den besonderen Aspekten ihrer Glaubenslage Beachtung: Der alte Mensch kann mit einem festen, reichen Glauben altgeworden sein: dann führt die Katechese den zurückgelegten Weg gewissermaßen zur Fülle, in einer Haltung der Dankbarkeit und der vertrauensvollen Erwartung. Andere leben in einem mehr oder weniger verdunkelten Glauben und in einer schwachen christlichen Praxis: dann wird die Katechese zu einem Moment neuen Lichtes und neuer religiöser Erfahrung. Manchmal gelangt der Mensch mit tiefen Wunden an Seele und Leib in seine alten Tage: die Katechese hilft ihm, seine Situation in der Haltung des Gebets, der Vergebung, des inneren Friedens zu leben.

In jedem Fall erfordert die Verfassung des alten Menschen eine Katechese der Hoffnung, die aus der Gewißheit der endgültigen Begegnung mit Gott erwächst.

Es ist stets eine Wohltat für ihn selbst und eine Bereicherung für die Gemeinde, wenn der gläubige alte Mensch einen Glauben bezeugt, der noch umso heller erstrahlt, je näher der große Augenblick der Begegnung mit dem Herrn rückt.

Weisheit und Dialog\b\i (122)


188 Die Bibel stellt uns den gläubigen alten Menschen als das Symbol einen an Weisheit und Gottesfurcht Reichen vor und somit als Bewahrer einer intensiven Lebenserfahrung, was ihn gewissermaßen zu einem natürlichen »Katecheten« der Gemeinschaft macht. Er ist ja Zeuge der Glaubenstradition, Lehrer des Lebens, tätig in der Liebe. Die Katechese macht sich diese Gnade zunutze und hilft dem alten Menschen, die reichen Möglichkeiten, die in ihm liegen, wieder zu entdecken und katechetische Rollen gegenüber der Welt der kleinen Kinder — von denen sie häufig als Großeltern geschätzt werden — und gegenüber den Jugendlichen und Erwachsenen zu übernehmen. Auf diese Weise begünstigt sie einen grundlegenden Dialog zwischen den Generationen innerhalb der Familie und der Gemeinschaft.


III. KAPITEL

Katechese für besondere Situationen,

Mentalitäten und Milieus

Die Katechese für Personen mit Behinderungen\b\i (123)


189 Jede christliche Gemeinde betrachtet Personen, zumal Minderjährige, die an einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder an anderen Gebrechen leiden, als vom Herrn besonders geliebte Menschen. Ein gesteigertes soziales und kirchliches Bewußtsein und die unleugbaren Fortschritte der Spezialpädagogik ermöglichen es, daß die Familie und andere Bildungsstätten solchen Menschen heute eine angepaßte Katechese erteilen können, auf die sie als Getaufte — und wenn sie nicht getauft sind, als zum Heil Berufene — ein Recht haben. Die Liebe des Vaters zu diesen schwächsten Kindern und die ständige Gegenwart Jesu durch seinen Geist geben die Zuversicht, daß jeder Mensch, wie behindert er auch sein mag, an Heiligkeit zu wachsen vermag.

Die Glaubenserziehung, die vor allem die Familie einbeziehen soll, erfordert angepaßte und personalisierte Verfahren, berücksichtigt die Hinweise der pädagogischen Forschung und erfolgt nützlicher Weise im Rahmen einer Gesamterziehung des Menschen. Andererseits muß sie sich vor der Gefahr hüten, daß eine zwangsläufig spezialisierte Katechese schließlich ganz am Rande der gemeinschaftlichen Pastoral erfolgt. Damit es nicht dazu kommt, muß die Gemeinschaft dauernd verständigt und einbezogen werden. Die besonderen Anforderungen an diese Katechese verlangen von den Katecheten eine spezifische Sachkenntnis und machen ihren Dienst noch verdienstvoller.

Die Katechese für Menschen am Rande der Gesellschaft


190 In der gleichen Pespektive ist die Katechese für Menschen am Rande der Gesellschaft zu sehen, an solche, die fast oder ganz ausgegrenzt sind, wie z.B. Einwanderer, Flüchtlinge, Nomaden, Leute ohne festen Wohnsitz, chronisch Kranke, Drogenabhängige, Häftlinge, Gefangene... Die feierliche Aussage Jesu, wonach alles, was man »für einen seiner geringsten Brüder tut«, für ihn getan ist (Mt 25,40), gewährleistet die Gnade, in nicht leichten Bereichen gute Arbeit zu leisten. Dauerndes Zeichen für die Gültigkeit der Katechese ist die Fähigkeit, die Unterschiedlichkeit der Situationen wahrzunehmen, die Bedürfnisse und Fragen eines jeden zu erfassen, in großmütiger und geduldiger Hingabe stark auf die persönliche Begegnung zu setzen, mit Zuversicht und Wirklichkeitssinn vorzugehen und zu oft indirekten und gelegenheitsbedingten Formen der Katechese zu greifen. Die Gemeinde wird die Katecheten, die sich diesem Dienst widmen, brüderlich unterstützen.

Die Katechese für verschiedene Gruppen


191 Die Katechese steht heute vor Menschen, die wegen der Besonderheit ihres Berufes oder einer besonderen kulturellen Verfassung auch katechetische Sonderformen erfordern.

Solche sind die Katechese für die Arbeiterwelt, für die Freiberuflichen, die Künstler, die Wissenschaftler, die Hochschuljugend... Innerhalb des gemeinsamen Weges der christlichen Gemeinde sind diese Katechesen lebhaft zu empfehlen.

Natürlich muß man an alle diese Kreise kompetent und in einer den Adressaten angepaßten Sprache herangehen, dabei jedoch der Botschaft, die man übermitteln will, voll treu bleiben. (124)

Die milieubezogene Katechese


192 Der Dienst am Glauben mißt heute dem Milieu der Lebensbereiche und Rahmenbedingungen große Bedeutung zu, denn daselbst verbringt der Mensch konkret sein Dasein, erhält Einflüsse und gibt sie weiter und übt seine Verantwortungen aus.

Ganz allgemein und als Beispiele sind hier zwei große Lebensbereiche zu erwähnen, der ländliche und der städtische, die differenzierte Formen der Katechese verlangen.

Die Katechese für eine ländliche Bevölkerung reflektiert notwendigerweise die dort entstehenden Bedürfnisse, die oft mit Armut und Elend verbunden und nicht selten von Angst und Aberglauben begleitet sind; diese Menschen können aber auch sehr schlicht sein, mit Vertrauen in das Leben, Sinn für Solidarität, Glauben an Gott und Treue zu den religiösen Traditionen.

Die Katechese für Stadtmenschen muß einer manchmal überaus großen Vielfalt von Situationen Rechnung tragen, die sich von exklusiven Zonen des Reichtums bis zu Vierteln der Armut und Ausgrenzung erstrecken. Der Lebensrhythmus ist häufig von Streß bestimmt, die Mobilität wird leicht gemacht, es gibt nicht wenige Anreize zu Flucht und Bindungslosigkeit, häufig sind Situationen schmerzlicher Anonymität und Vereinsamung anzutreffen...

Für jeden dieser Lebensbereiche wird man sich in angemessener Weise den Dienst am Glauben überlegen müssen, indem man ausgebildete Katecheten beizieht, geeignete Hilfsmittel beschafft, die Möglichkeiten der Massenmedien nützt...


IV. KAPITEL

Katechese im sozio-religiösen Umfeld

Die Katechese in der Situation von Pluralismus und Komplexität\b\i (125)


193 Viele Gemeinden und Einzelpersonen müssen in einer pluralistischen und säkularisierten Welt leben, (126) wo Formen von Unglauben und religiöser Gleichgültigkeit anzutreffen sind, aber auch lebendige Formen eines kulturellen und religiösen Pluralismus. Bei vielen scheint es eine starke Suche nach Gewißheiten und Werten zu geben, es fehlt aber auch nicht an Fehlformen von Religion und schwacher Verankerung im Glauben. Angesichts dieser vielschichtigen Situation können verschiedene Christen verwirrt und verlegen sein; sie sind weder imstande, sich mit den Situationen auseinanderzusetzen noch die in ihnen zirkulierenden Botschaften zu beurteilen; sie geben die regelmäßige religiöse Praxis auf und leben schließlich so, als ob es keinen Gott gäbe, nehmen aber oft zu pseudoreligiösen Surrogaten Zuflucht. Ihr Glaube ist Prüfungen ausgesetzt und gefährdet; er droht zu erlöschen und zu sterben, wenn er nicht ständig genährt und gestützt wird.


194 Eine evangelisierende Katechese ist unerläßlich, das heißt eine Katechese, »die ganz erfüllt ist vom echten Geist des Evangeliums und in ihrer Sprache der Zeit und den Menschen angepaßt ist«. (127) Ihr Ziel ist, die Christen zum Sinn für ihre Identität als Getaufte und Glaubende und als Mitglieder der Kirche zu erziehen, die aufgeschlossen und im Dialog mit der Welt sind. Sie ruft ihnen die Grundelemente des Glaubens in Erinnerung, regt sie zu einem echten Bekehrungsprozeß an, läßt sie gegenüber theoretischen und praktischen Einwänden die Wahrheit und den Wert der christlichen Botschaft tiefer erfassen, hilft ihnen, das Evangelium im Alltag wahrzunehmen und zu leben, befähigt sie, Auskunft zu geben über die Gründe zur Hoffnung, die in ihnen ist,(128) und ermutigt sie, ihre missionarische Berufung durch Zeugnis, Dialog und Verkündigung zu erfüllen.

Die Katechese in Beziehung zur Volksfrömmigkeit\b\i (129)


195 In den christlichen Gemeinden finden sich als lebenswichtige Dimension der katholischen Wirklichkeit besondere Äußerungen der Suche nach Gott und des religiösen Lebens von manchmal rührender Glut und Reinheit der Absichten, die man zu Recht als »Volksfrömmigkeit« bezeichnen kann. »In ihr kommt ein Hunger nach Gott zum Ausdruck, wie ihn nur die Einfachen und Armen kennen. Sie befähigt zur Großmut und zum Opfer, ja zum Heroismus, wenn es gilt, den Glauben zu bekunden. In ihr zeigt sich ein feines Gespür für tiefe Eigenschaften Gottes: seine Vaterschaft, seine Vorsehung, seine ständige, liebende Gegenwart. Sie führt zu inneren Haltungen, die man sonst kaum in diesem Maße findet: Geduld, das Wissen um die Notwendigkeit, das Kreuz im täglichen Leben zu tragen, Entsagung, Wohlwollen für andere, Respekt«. (130) Sie ist eine reiche und zugleich verwundbare Wirklichkeit, wo der Glaube, der ihr zugrunde liegt, der Läuterung und Stärkung bedarf.

Darum ist eine Katechese erfordert, die imstande ist, die inneren Dimensionen und unleugbaren Werte dieser religiösen Kraft zu erkennen, und ihr hilft, die Gefahren des Fanatismus, des Aberglaubens, des Synkretismus und der religiösen Gleichgültigkeit zu überwinden. »Gut ausgerichtet, kann die Volksfrömmigkeit mehr und mehr für die Vielen im Volk zu einer echten Begegnung mit Gott in Jesus Christus werden«. (131)


196 Auch die Verehrung der Gläubigen für die Muttergottes hat entsprechend den örtlichen und zeitlichen Verhältnissen sowie der verschiedenen Mentalität der Völker und ihrer unterschiedlichen kulturellen Überlieferung vielfältige Formen angenommen. Die Formen, in denen sich eine solche Marienfrömmigkeit äußerte und die dem Wechsel der Zeit unterliegen, scheinen eine erneuerte Katechese nötig zu haben, die es ermöglicht, überholte Elemente zu ersetzen, unvergängliche Elemente als wertvoll herauszustellen und die Lehraussagen der theologischen Forschung, die vom Lehramt der Kirche vorgelegt wurden, zu berücksichtigen.

Eine solche Katechese ist dringend notwendig. Sie muß auch die trinitarische, christologische und ekklesiologische Dimension, die der Mariologie innewohnt, klar zum Ausdruck bringen. Außerdem gilt es bei der Überprüfung oder Neuschöpfung von Andachtsformen der Marienverehrung die Orientierungspunkte biblischer, liturgischer, ökumenischer und anthropologischer Natur zu berücksichtigen. (132)

Die Katechese im ökumenischen Umfeld\b\i (133)


197 Jede christliche Gemeinde wird als solche vom Heiligen Geist dazu angeregt, in der Situation, in der sie sich befindet, ihre ökumenische Sendung anzuerkennen, indem sie sich am ökumenischen Dialog und an den Initiativen zur Wiederherstellung der Einheit der Christen beteiligt. Darum soll die Katechese immer und überall eine »ökumenische Dimension« annehmen. (134) Das geschieht erstens durch die Darlegung der gesamten Offenbarung, deren Erbe (depositum) die katholische Kirche unter Achtung der Hierarchie der Wahrheiten hütet; (135) zweitens hebt die Katechese die Glaubenseinheit hervor, die zwischen den Christen besteht, und gleichzeitig erklärt sie die Trennungen, die noch bestehen, und die notwendigen Schritte, um sie zu überwinden; (136) außerdem weckt und nährt die Katechese ein echtes Verlangen nach Einheit insbesondere durch die Liebe zur Heiligen Schrift; und schießlich bemüht sie sich, die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen vorzubereiten, im Kontakt mit Brüdern und Schwestern anderer Konfessionen zu leben; sie pflegt die eigene katholische Identität unter Achtung des Glaubens der anderen.


198 Angesichts verschiedener christlicher Konfessionen können die Bischöfe bestimmte Experimente der Zusammenarbeit im Bereich des Religionsunterrichts für angebracht oder sogar notwendig halten. Wichtig ist dabei, daß für die Katholiken in anderer Weise mit umso größerer Sorgfalt eine spezifisch katholische Katechese gewährleistet ist. (137)

Auch der Religionsunterricht, der in der Schule erteilt wird, wo Angehörige verschiedener christlicher Konfessionen anwesend sind, ist von ökumenischer Bedeutung, wenn die christliche Lehre unverfälscht dargeboten wird. Denn er bietet die Gelegenheit zum Dialog, durch den die Schüler Unwissenheit und Vorurteile überwinden und sich einem besseren gegenseitigen Verständnis öffnen können.

Die Katechese in Beziehung zum Judentum


199 Besondere Aufmerksamkeit muß der Katechese gelten, welche die jüdische Religion betrifft. (138) »Indem die Kirche, das Gotesvolk im Neuen Bund, sich in ihr eigenes Mysterium vertieft, entdeckt sie ihren Zusammenhang mit dem jüdischen Volk, zu dem Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat«. (139)

»Der Religionsunterricht, die Katechese und die Predigt sollen nicht nur zur Objektivität, Gerechtigkeit und Toleranz heranbilden, sondern auch zum Verständnis und zum Dialog. Unsere beiden Traditionen sind einander zu nahe verwandt, als daß sie einander ignorieren dürften. Es muß auf allen Ebenen zu gegenseitiger Kenntnis ermutigt werden«. (140) Ein Ziel der Katechese ist insbesondere die Überwindung jeder Form von Antisemitismus. (141)

Die Katechese im Umfeld anderer Religionen\b\i (142)


200 Die Christen leben heute zumeist in einem multireligiösen Umfeld und nicht wenige in einer Minderheitssituation. In einer solchen Lage erhält die Katechese, besonders in Beziehung zum Islam, eine große Wichtigkeit und hat eine heikle Verantwortung auf sich zu nehmen, die auf mehrere Aufgaben hinausläuft.

Erstens vertieft und stärkt sie die Identität der Glaubenden — zumal da, wo sie sich in der Minderheit befinden — durch eine angemessene Anpassung oder Inkulturation in einer notwendigen Gegenüberstellung zwischen dem Evangelium Jesu Christi und der Botschaft der anderen Religionen. Dafür sind gefestigte und eifrige christliche Gemeinden und gut geschulte einheimische Katecheten unverzichtbar.

Zweitens hilft die Katechese, sich der Anwesenheit anderer Religionen bewubt zu werden. Sie befähigt notwendigerweise die Gläubigen, in ihnen die der christlichen Verkündigung widersprechenden Elemente zu erkennen, erzieht sie aber auch dazu, die Samenkörner des Evangeliums (semina Verbi) wahrzunehmen, die bei ihnen zu finden sind und die eine echte Vorbereitung auf das Evangelium bilden können.

Drittens fördert die Katechese in allen Glaubenden ein lebendiges missionarisches Bewußtsein. Es zeigt sich in einem klaren Glaubenszeugnis, in einer Haltung gegenseitiger Achtung und des Verständnisses füreinander, im Dialog und in der Zusammenarbeit bei der Verteidigung der Menschenrechte und zugunsten der Armen sowie, wo das möglich ist, in der ausdrücklichen Verkündigung des Evangeliums.

Die Katechese in Beziehung zu den »neuen religiösen Bewegungen«\b\i (143)


201 Im Klima des religiösen und kulturellen Relativismus und manchmal auch infolge des unrichtigen Verhaltens der Christen verbreiten sich heute rasch »neue religiöse Bewegungen«, auch Sekten oder Kulte genannt, mit einer Menge von Namen und Tendenzen, die sich nur schwer in einen genauen organischen Rahmen einordnen lassen. Soviel man bisher feststellen konnte, lassen sich unterscheiden: Bewegungen, die aus christlichem Boden stammen, solche, die von östlichen Religionen herkommen, und wieder andere, die aus esoterischen Traditionen schöpfen. Sie bereiten Sorge wegen der Lehren und Lebensweisen, die sich oft von den Inhalten des christlichen Glaubens entfernen. Deshalb ist es notwendig, zugunsten der Christen, deren Glaube in Gefahr ist, das »Engagement für eine integrale und systematische Evangelisierung und Katechese zu fördern, die von einem Glaubenszeugnis begeitet sein sollen, das sie in das Leben umsetzt«. (144) Es geht nämlich darum, die schlimme Gefahr der Unkenntnis und des Vorurteils abzuwenden, den Gläubigen zu helfen, der Heiligen Schrift richtig zu begegnen, unter ihnen lebendige Gebetserfahrungen auszulösen, sie vor den Säern des Irrtums zu behüten, sie zur Verantwortung für den empfangenen Glauben zu erziehen und gefährlichen Situationen der Einsamkeit, der Armut, des Leidens mit dem Schwung der Liebe des Evangeliums zu begegnen. Wegen der religiösen Sehnsucht, die in solchen Bewegungen zum Ausdruck kommen kann, verdienen sie, als ein »zu evangelisierender Areopag« angesehen zu werden, auf dem die am stärksten verspürten Probleme eine Antwort finden können. »Die Kirche besitzt ein unschätzbares geistliches Gut, das sie der Menschheit anbieten kann: es ist Christus, der sich als "der Weg, die Wahrheit und das Leben" bezeichnet (Jn 14,61)«. (145)


V. KAPITEL

Die Katechese im sozio-kulturellen Umfeld\b\i (146)

Katechese und heutige Kultur\b\i (147)


202 »Von der Katechese können wir wie von der Evangelisierung im allgemeinen sagen, daß sie die Kraft des Evangeliums ins Herz der Kultur und der Kulturen einpflanzen soll«. (148) Die Grundsätze der katechetischen Anpassung und Inkulturation sind schon dargelegt worden. (149) Nun soll es genügen, noch einmal zu betonen, daß der katechetische Diskurs die vom Lehramt erläuterte und von der Theologie vertiefte »Glaubensregel« zur notwendigen und vorzüglichen Leitlinie hat. Man darf auch nicht vergessen, daß die Geschichte der Katechese, insbesondere zur Zeit der Väter, in vielerlei Hinsicht Geschichte der Inkulturation des Glaubens ist und als solche studiert und meditiert zu werden verdient; andererseits ist sie Geschichte, die nie still steht und langer Zeiten ständiger Anverwandlung des Evangeliums bedarf.

In diesem Kapitel werden methodische Hinweise für eine Aufgabe gegeben, die ebenso notwendig wie anspruchsvoll ist, keineswegs leicht, sondern den Risiken des Synkretismus und anderer Mißverständnisse ausgesetzt. Man kann sagen, daß es über dieses gerade heute besonders wichtige Thema einer stärkeren programmierten und universalen Reflexion in bezug auf die katechetische Erfahrung bedarf.

Aufgaben einer Katechese zur Inkulturation des Glaubens\b\i (150)


203 Diese Aufgaben bilden ein organisches Ganzes und werden hier zusammengefaßt. Es gilt:

– die Kultur der Menschen und wie stark deren Leben von ihr durchdrungen ist, gründlich kennenzulernen;

– das Vorhandensein der kulturellen Dimension im Evangelium selbst wahrzunehmen, indem man einerseits sagt, daß dieses nicht igendeinem menschlichen kulturellen Nährboden entsprießt, und andererseits anerkennt, daß sich das Evangelium nicht von den Kulturen ablösen läßt, in die es sich zu Beginn eingebettet und im Lauf der Jahrhunderte zum Ausdruck gebracht hat;

– den tiefgreifenden Wandel, die Umkehr, zu verkünden, die das Evangelium als »umgestaltende und erneuernde Kraft« (151) in den Kulturen bewirkt;

– von der Transzendenz und dem Nicht-Aufgehen des Evangeliums in der Kultur zu zeugen und zugleich die evangelischen Keime wahrzunehmen, die in ihr vorhanden sein können;

– einen neuen, der evangelisierten Kultur entsprechenden Ausdruck des Evangeliums zu fördern, indem man eine Glaubenssprache anstrebt, die gemeinsames Erbgut der Gläubigen und somit grundlegender Gemeinschaftsfaktor ist.

Methodisches Vorgehen


204 Während die Katechese jede Manipulation einer Kultur vermeiden muß, kann sie sich doch nicht darauf beschränken, daß sie das Evangelium einfach »dekorativ« neben sie stellt, sondern sie muß es »mit vitaler Kraft in die Tiefe und bis zu den Wurzeln der Kultur und der Kulturen des Menschen« (152) reichend vorlegen.

Das bestimmt einen dynamischen Prozeß, der aus verschiedenen aufeinanderwirkenden Momenten besteht: sich bemühen, in der Kultur des Volkes gleichsam den Widerhall (die Vorahnung, den Anruf, das Zeichen...) des Wortes Gottes zu hören; unterscheiden, was echter oder wenigstens für das Evangelium offener evangelischer Wert ist; reinigen, was unter dem Zeichen der Sünde (Leidenschaften, Strukturen des Bösen...) oder der menschlichen Gebrechichkeit steht; auf die Menschen einwirken, indem man zu einer Haltung radikaler Umkehr zu Gott, des Dialogs mit anderen, des geduldigen inneren Reifens anregt.

Notwendigkeit und Kriterien der Beurteilung


205 In der Phase der Beurteilung, die im Fall eines anfänglichen Versuchs und oder Experiments umso notwendiger ist, wird man mit aller Sorgfalt ermitteln, ob sich in den katechetischen Prozeß Elemente des Synkretismus eingeschlichen haben. In diesem Fall wären die Inkulturationsversuchungen gefährlich und irrig und müßten berichtigt werden.

Positiv gesagt ist jene Katechese korrekt, die nicht nur eine verstandesmäßige Anverwandlung des Glaubensinhaltes hervorruft, sondern auch das Herz berührt und das Verhalten ändert. Auf diese Weise erzeugt die Katechese ein dynamisches und vom Glauben geeintes Leben, füllt den Graben zwischen dem Geglaubten und dem Gelebten, zwischen der christlichen Botschaft und dem kulturellen Umfeld, läßt Früchte der Heiligkeit hervorbringen.

Die für den Prozeß der Inkulturation Verantwortlichen


206 »Die Inkulturation muß das ganze Volk Gottes und nicht nur einige Experten einbeziehen; denn es ist bekannt, daß das Volk über den ursprünglichen Glaubenssinn nachdenkt, was nie aus dem Blick verloren werden soll. Diese muß zwar angeleitet und angeregt, darf aber nicht erzwungen werden, um keine negativen Reaktionen der Christen hervorzurufen. Sie hat Ausdruck des gemeinschaftlichen Lebens und nicht ausschließlich Frucht gelehrter Forschung zu sein, muß also in der Gemeinschaft selber reifen«. (153) Die Neigung zur Verkörperung des Evangeliums, die das spezifische Anliegen der Inkulturation ist, verlangt von allen, die im selben kulturellen Umfeld leben — dem Klerus, den Pastoralassistenten (Katecheten), der Welt der Laien —, daß sie sich an der Katechese beteiligen.

Bevorzugte Formen und Wege


207 Unter den zur Inkulturation des Glaubens geeignetsten Formen ist die Jugend- und die Erwachsenenkatechese zu erwähnen wegen der Möglichkeiten, Glaube und Leben ausgeprägter miteinander in Beziehung zu bringen. Die Inkulturation des Glaubens darf bei der christlichen Initiation der Kinder nicht unbeachtet bleiben, gerade wegen der bemerkenswerten kulturellen Auswirkungen dieses Prozesses: Erwerb neuer Lebensmotivationen, Gewissenserziehung, Erlernen der biblischen und sakramentalen Sprache, Kennenlernen der geschichtlichen Bedeutung des Christentums.

Ein bevorzugter Weg ist die liturgische Katechese wegen des Reichtums an Zeichen, mit denen die Botschaft zum Ausdruck gebracht wird, und weil sie einem großen Teil des Gottesvolkes zugänglich ist; neue Aufwertung erfahren sollen auch die Inhalte der Lektionarien, der Aufbau des liturgischen Jahres, die Sonntagshomilie und weitere besonders bedeutsame Gelegenheiten zur Katechese (Hochzeit, Bestattung, Krankenbesuche, Feste der Schutzheiligen usw.); zentral bleibt die Sorge für die Familie, von der in erster Linie eine inkarnierte Glaubensvermittlung ausgeht; von besonderem Interesse ist die Katechese in einer multi-ethnischen und multikulturellen Situation, insofern sie noch aufmerksamer die Möglichkeiten der verschiedenen Gruppen, den Glauben anzunehmen und neu zum Ausdruck zu bringen, entdeckt und berücksichtigt.

Die Sprache\b\i (154)


208 Die Inkulturation des Glaubens ist in gewisser Hinsicht Werk der Sprache. Das verlangt, daß die Katechese die Sprache der Botschaft respektiert und zur Geltung bringt, vor allem die biblische, aber auch die geschichtlich-herkömmliche der Kirche (Symbolum, Liturgie) und die sogenannte theoretische (gelehrte) Sprache (dogmatische Formeln); es ist auch nötig, daß die Katechese in Kommunikation mit Formen und Ausdrücken tritt, die der Kultur des Menschen, an den sie sich wendet, eigen sind; schließlich muß die Katechese zu neuen Ausdrucksformen des Evangeliums in der Kultur anregen, in die es eingepflanzt worden ist.

Im Inkulturationsprozeß des Evangeliums darf sich die Katechese nicht scheuen, traditionelle Formeln und Fachausdrücke des Glaubens zu verwenden, muß aber deren Sinn erläutern und deren existentielle Bedeutsamkeit aufzeigen; und andererseits ist es Pflicht der Katechese, »eine den Kindern und Jugendlichen unserer Zeit im allgemeinen und vielen anderen Personengruppen angemessene Sprache zu finden: eine Sprache für Studenten, Intellektuelle und Wissenschaftler; eine Sprache für Analphabeten oder Menschen mit primitiver Kultur; eine Sprache für Behinderte usw.«. (155)

Die Kommunikationsmittel


209 Mit der Sprache innerlich verbunden sind die Kommunikationsweisen. Eine der wirksamsten und am weitesten vordringenden ist die der Massenmedien. »Die Evangelisierung der modernen Kultur selbst hängt zum großen Teil von ihrem Einfluß ab«. (156)

Unter Rückbezug auf das, was diesbezüglich an anderer Stelle gesagt wurde, (157) erinnern wir an einige Hinweise, die für die Wirkungen der Inkulturation nützlich sind: eine umfassendere Verwendung der Massenmedien entsprechend ihrer je spezifischen kommunikativen Eigenschaften, wobei ein gutes Gleichgewicht zwischen der Sprache des Bildes und jener des Wortes gefunden werden soll; die Wahrung des echten religiösen Sinnes in den gewählten Ausdrucksformen; die Förderung der kritischen Reife der Empfänger und die Anregung zur persönlichen Vertiefung dessen, was sie von den Medien aufgenommen haben; die Herstellung zweckentsprechender katechetischer Hilfsmittel für den Gebrauch der Massenmedien; eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den in der Pastoral tätigen Personen. (158)


210 Ein anerkanntes zentrales Instrument im Inkulturationsprozeß ist der Katechismus. Vor allem der Katechismus der Katholischen Kirche, dessen »breites Spektrum von Diensten« man aufzuzeigen verstehen muß, »auch für die Ziele der Inkulturation, welche, um wirksam zu sein, nie aufhören darf, wahrhaftig zu sein«. (159)

Der Katechismus der Katholischen Kirche verlangt ausdrücklich die Abfassung geeigneter örtlicher Katechismen, in denen die Anpassungen vorzunehmen sind, »welche die Unterschiede in den Kulturen, Lebensphasen, im geistlichen Leben, in den gesellschaftlichen und kirchlichen Situationen erfordern«. (160)


Allgemeines Direktorium für die Katechese 182