Allgemeines Direktorium für die Katechese 211

Anthroplogische Bereiche und Kulturtendenzen


211 Das Evangelium fordert eine offene, großzügige und mutige Katechese: die Menschen dort aufsuchen, wo sie leben, insbesondere an jenen Nahtstellen des Daseins, wo der elementarste und fundamentalste Kulturaustausch stattfindet, wie die Familie, die Schule, das Arbeitsmilieu, die Freizeit.

Für die Katechese ist es auch wichtig, zu unterscheiden und in jene anthropologischen Kreise vorzudringen, in denen die kulturellen Tendenzen sich auf die Schaffung und Verbreitung von Lebensmodellen am meisten auswirken: in die städtische Welt, den Touristen- und Migrationsfluß, in die Welt der Jugend und andere sozial bedeutsame Phänomene...

»Sektoren, die mit dem Licht des Evangeliums zu erhellen sind«, (161) bilden schließlich jene Kulturbereiche, die als »moderne Areopage« bezeichnet werden, wie der Bereich der Kommunikation; der Bereich der zivilen Einsätze für den Frieden, für die Entwicklung, für die Befreiung der Völker, für die Bewahrung der Schöpfung; der Bereich der Verteidigung der Rechte der Menschen, vor allem der Minderheiten, der Frau und des Kindes; der Bereich der wissenschaftlichen Forschung und der internationalen Beziehungen...

Eingreifen in konkreten Situationen


212 Der von der Katechese unternommene Inkulturationsprozeß hat sich ständig mit vielfältigen und verschiedenen konkreten Situationen auseinanderzusetzen. Wir wollen hier einige der bedeutsamsten und häufigsten nennen.

Erstens ist es notwendig, zu unterscheiden zwischen Inkulturation in Ländern, wo das Christentum erst vor kurzem Fuß gefaßt hat und wo sich die erste missionarische Verkündigung noch festigen muß, und Inkulturation in traditionell christlichen Ländern, die einer Neu-Evangelisierung bedürfen.

Sodann muß man Situationen Rechnung tragen, die Spannungen und Konflikten ausgesetzt sind in bezug auf Faktoren, wie sie der ethnische Pluralismus, der religiöse Pluralismus, die manchmal so krassen Unterschiede in der Entwicklung, das städtische oder außerstädtische Milieu, die vorherschenden Wertsysteme darstellen, die in manchen Ländern von massiver Säkularisierung, in anderen von starker Religiosität beeinflußt sind.

Schließlich wird man versuchen, die im betreffenden Territorium kulturell bedeutsamen Tendenzen präsent zu haben, die durch verschiedene Gesellschafts- und Berufskreise repräsentiert werden — von Wissenschaftlern und Kulturschaffenden, von der Arbeiterwelt, den Jugendlichen, Ausgegrenzten, Ausländern, Behinderten...

Allgemeiner gesprochen, »Erziehung und Ausbildung der Laien müssen die menschliche Kultur des jeweiligen Ortes weitgehendst berücksichtigen. Sie trägt nämlich zu dieser Erziehung und Ausbildung bei und bietet Hilfen an, um über die Werte der traditionellen und modernen Kultur zu urteilen. Auch die verschiedenen Kulturen, die im selben Volk und in einem Land koexistieren, müssen berücksichtigt werden«. (162)

Aufgaben der Ortskirchen\b\i (163)


213 Die Inkulturation ist Sache der Teilkirchen und bezieht sich auf sämtliche Bereiche des christlichen Lebens. Die Katechese ist nur ein Aspekt davon. Wegen der Natur der Inkulturation, die in der Konkretheit und Besonderheit der Situation erfolgt, »kann die Berücksichtigung der Teilkirchen für die Kirche nur Reichtum bedeuten. Sie ist daher unerläßlich und dringlich«. (164)

Zu diesem Zweck gehen, was sehr angebracht ist, die Bischofskonferenzen da und dort dazu über, katechetische Direktorien (und ähnliche Instrumente), Katechismen und Hilfsmittel, Arbeitsstätten und Bildungszentren zu schaffen. Im Licht der Ausführungen im vorliegenden Direktorium erscheint es notwendig, die örtlichen Richtlinien zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen und dazu die Mitwirkung der Forschungszentren anzuregen, sich die Erfahrung der Katecheten zunutze zu machen und die Beteiligung des Gottesvolkes selbst zu fördern.

Geleitete Initiativen


214 Die Wichtigkeit des Problems und zum andern die unerläßliche Phase des Forschens und Experimentierens erfordern Initiativen unter der Leitung der rechtmäßigen Bischöfe. Sie bestehen:

– in der Förderung einer verbreiteten und engmaschigen Katechese, die dazu dient, vor allem das schlimme Hindernis für jede Inkulturation zu überwinden, das in der Unwissenheit oder schlechten Information besteht. Das ermöglicht jenen Dialog und die direkte Einbeziehung der Personen, die am besten wirksame Wege der Verkündigung anzugeben imstande sind;

– in der Durchführung von Pilot-Erfahrungen bei der Inkulturation des Glaubens innerhalb eines von der Kirche aufgestellten Programmes. Eine einflußreiche Rolle kommt dabei besonders der Praxis des Erwachsenenkatechumenats entsprechend des OICA zu;

– wenn auf demselben Kirchengebiet vielfältige ethnisch-linguistische Gruppen bestehen, muß man über Anleitungen und Direktorien verfügen, die in die verschiedenen Spachen übersetzt sind, und durch katechetische Zentren einen jeder Gruppe homogenen katechetischen Dienst fördern;

– die Anbahnung eines in gegenseitigem Aufeinanderhören und in Gemeinschaft erfolgenden Dialogs zwischen den Ortskirchen und zwischen ihnen und dem Heiligen Stuhl. Das ermöglicht, trefflichere und zeitgemäßere Erfahrungen, Richtlinien, Programme, Arbeitsinstrumente für die Inkulturation zu ermitteln.


FÜNFTER TEIL

DIE KATECHESE

IN DER TEILKIRCHE

»Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben« (Mc 3,13-15).

»Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen« (Mt 16,17-18).

Vom Heiligen Geist getrieben, bringt die Kirche von Jerusalem die Kirchen hervor: »Kirche von Jerusalem« (Ac 8,1); »die Kirche Gottes, die in Korinth ist« (1Co 16,19); »die Kirchen in Judäa« (Ga 1,22); »die sieben Kirchen: die von Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia, Laodizea« (vgl. Offb Ap 1,20 Ap 3,14).

Bedeutung und Zielsetzung dieses Teiles


215 Aus dem, was in den vorhergehenden Kapiteln über das Wesen der Katechese, ihren Inhalt, ihre Pädagogik und ihre Adressaten ausgeführt wurde, ergibt sich die katechetische Pastoral, die sich in der Teilkirche vollzieht.

Dieser fünfte Teil legt deren wichtigste Elemente dar.


216 Im ersten Kapitel wird über den katechetischen Dienst und seine Träger nachgedacht. Die Katechese ist eine gemeinsame, doch differenzierte Verpflichtung. Die Bischöfe, die Priester, die Diakone, die Ordensleute und die gläubigen Laien sind entsprechend ihren jeweiligen Verpflichtungen und Charismen darin tätig.

Die im zweiten Kapitel analysierte Ausbildung der Katecheten ist das entscheidende Element im katechetischen Wirken. Zwar ist es wichtig, die Katechese mit trefflichen Werkzeugen zu versehen; noch wichtiger aber ist es, geeignete Katecheten heranzubilden. Im dritten Kapitel werden die Orte studiert, wo Katechese stattfindet.

Im vierten Kapitel werden die ausgesprochen organisatorischen Aspekte der Katechese studiert: die verantwortlichen Organe, die Koordination der Katechese und einige besondere Aufgaben des katechetischen Dienstes.

Die in den folgenden Kapiteln gebotenen Hinweise und Anregungen lassen sich nicht in allen Teilen der Kirche ohne weiteres und gleichzeitig anwenden. Für jene Nationen oder Regionen, in denen das katechetische Wirken noch nicht Gelegenheit hatte, ein genügend hohes Entwicklungsniveau zu erreichen, geben diese Orientierungen und Anregungen bloß eine Reihe von Zielen an, die stufenweise erreicht werden sollen.


I. KAPITEL

Der Dienst der Katechese

in der Teilkirche und seine Träger

Die Teilkirche\b\i (165)


217 Die Verkündigung, Weitergabe und gelebte Erfahrung des Evangeliums erfolgen in der Teilkirche (166) oder Diözese. (167) Die Teilkirche besteht aus der Gemeinschaft der Jünger Jesu Christi, (168) die in einem bestimmten sozio-kulturellen Raum leben. In jeder Teilkirche »ist die Gesamtkirche mit allen ihren wesentlichen Elementen gegenwärtig«. (169) Die Gesamtkirche, die am Pfingsttag vom Heiligen Geist als erste Zelle befruchtet wurde, »gebiert die Teilkirchen als Töchter und drückt sich in ihnen aus«. (170) Die Gesamtkirche als Leib Christi offenbart sich so als »Leib der Kirchen«. (171)


218 Die Verkündigung des Evangeliums und die Eucharistie sind folglich die zwei Pfeiler, auf denen sich die Teilkirche aufbaut und um die herum sie sich versammelt. Wie für die Gesamtkirche »ist auch für sie die Evangelisierung die wesentliche Aufgabe«. (172)

Die Katechese ist eine grundlegende evangelisierende Tätigkeit jeder Teilkirche. Durch sie bietet die Diözese allen ihren Gliedern und allen, die sich ihr mit dem Wunsch nähern, sich Jesus Christus anzuvertrauen, einen Bildungsprozeß, der ermöglicht, das Evangelium innerhalb des eigenen Kulturhorizonts kennenzulernen, zu feiern, zu leben und zu verkünden. Auf diese Weise kann das Bekenntnis des Glaubens — das Ziel der Katechese — von den Jüngern Christi »in ihren Sprachen« (173) verkündet werden. Wie zu Pfingsten spricht die Kirche Christi, die in den Teilkirchen »zugegen und am Werk ist«, (174) auch heute »in allen Sprachen«, (175) denn sie senkt als Baum, der wächst, ihre Wurzeln in alle Kulturen.

Der Dienst der Katechese in der Teilkirche


219 In der Gesamtheit der Ämter und Dienste, mit denen die Teilkirche ihre evangelisierende Sendung vollzieht, nimmt der katechetische Dienst einen besonders wichtigen Platz ein. (176) Er weist folgende charakteristische Merkmale auf:

a) In der Diözese ist die Katechese ein einziger Dienst, (177) der von den Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Laien in Gemeinschaft mit dem Bischof vollzogen wird. Die ganze christliche Gemeinschaft muß sich für diesen Dienst verantwortlich wissen. Auch wenn die Priester, Ordensleute und Laien die Katechese im Verein miteinander erteilen, tun sie es doch auf unterschiedliche Weise, ein jeder gemäß seiner besonderen Stellung in der Kirche (geweihte Amtsträger, Personen des geweihten Lebens, Christgläubige). (178) Durch sie bietet, bei aller Unterschiedlichkeit der Funktionen eines jeden von ihnen, der katechetische Dienst das Wort und das Zeugnis der kirchlichen Wirklichkeit in ihrer Vollständigkeit an. Wenn eine dieser Formen von Präsenz fehlte, würde die Katechese einen Teil ihres Reichtums und ihrer Bedeutung verlieren.

b) Andererseits handelt es sich um einen für das Wachstum der Kirche unerläßlichen kirchlichen Dienst. Er ist nicht eine Tätigkeit, die man in der Gemeinde auf eigene Faust oder durch eine rein persönliche Initiative verrichten könnte. Man handelt im Namen der Kirche, kraft der von ihr verliehenen Sendung.

c) Das Katechetenamt hat — innerhalb der Gesamtheit der kirchlichen Ämter und Dienste — einen Eigencharakter, der sich aus der Besonderheit des katechetischen Wirkens innerhalb des Evangelisierungsprozesses ergibt. Die Aufgabe des Katecheten als Glaubenserzieher unterscheidet sich von der der anderen Träger der (liturgischen, karitativen, sozialen) Pastoral, auch wenn er natürlich in Koordination mit ihnen tätig sein muß.

d) Damit der katechetische Dienst in der Diözese fruchtbringend ist, muß er sich auf andere, nicht notwendigerweise direkte Katecheten, verlassen, die das katechetische Wirken unterstützen und mittragen, indem sie unumgängliche Aufgaben erfüllen, wie die Ausbildung der Katecheten, die Erarbeitung von Materialien, die Reflexion, Organisation und Planung. Zusammen mit den Katecheten stehen diese Mitträger im Dienst eines einzigen diözesanen katechetischen Dienstes, auch wenn nicht alle, und auch nicht im gleichen Auftrag, die gleichen Funktionen versehen.

Die christliche Gemeinschaft und die Verantwortung für die Katechese


220 Die Katechese ist eine Verantwortung der ganzen christlichen Gemeinschaft. »Um die christliche Initiation sollen sich nicht bloß Katechisten und Priester kümmern, sondern die ganze Gemeinde der Gläubigen«. (179) Die ständige Glaubenserziehung ist eine Frage, welche die ganze Gemeinde angeht. Die Katechese ist folglich eine erzieherische Tätigkeit, die von der besonderen Verantwortung jedes Mitglieds der Gemeinschaft her in einem Gemeinschaftsrahmen oder Gemeinschaftsklima ausgeübt wird, damit sich die Katechumenen und die Glaubensschüler aktiv in das Leben der Gemeinschaft eingliedern.

Die christliche Gemeinschaft folgt dem Verlauf des katechetischen Lehrganges sowohl bei den Kindern wie bei den Jugendlichen oder den Erwachsenen als einer Gegebenheit, die sie einbezieht und direkt verpflichtet. (180) Und die christliche Gemeinschaft ist es auch, die am Ende des katechetischen Lehrganges die Glaubensschüler in ein geschwisterliches Milieu aufnimmt, »wo sie möglichst umfassend das Gelernte werden leben können«. (181)


221 Die christliche Gemeinschaft gibt der Gruppe der Glaubensschüler nicht nur viel, sondern empfängt auch viel von ihnen. Die Neubekehrten, vor allem die Jugendlichen und die Erwachsenen, bringen dadurch, daß sie mit Jesus Christus verbunden sind, der Gemeinschaft, die sie aufnimmt, neuen menschlichen und religiösen Reichtum. So wächst und entwickelt sich die Gemeinschaft, denn die Katechese führt nicht nur die Glaubensschüler zur Glaubensreife, sondern auch die Gemeinschaft selbst.

Auch wenn die ganze christliche Gemeinschaft für die Katechese verantwortlich ist und ihre Mitglieder den Glauben bezeugen müssen, erhalten nur einige den kirchlichen Auftrag, Katecheten zu sein. Zusätzlich zu der ureigenen Sendung hinzu, welche die Eltern gegenüber ihren Kindern haben, betraut die Kirche offiziell dazu bestimmte, besonders berufene Angehörige des Gottesvolkes mit der heiklen Aufgabe, den Glauben innerhalb der Gemeinde organisch weiterzugeben. (182)

Der Bischof als Erstverantwortlicher für die Katechese in der Teilkirche


222 Das II. Vatikanische Konzil hebt den überaus hohen Stellenwert hervor, den die Verkündigung und Weitergabe des Evangeliums im bischöflichen Amt haben: »Unter den hauptsächlichsten Ämtern der Bischöfe hat die Verkündigung des Evangeliums einen hervorragenden Platz«. (183) Bei der Erfüllung dieser Aufgabe sind die Bischöfe erstens »Glaubensboten«, (184) die Christus neue Jünger zu gewinnen suchen, und zugleich »authentische Lehrer«, (185) die dem ihnen anvertrauten Volk den Glauben vermitteln, der bekannt und gelebt werden soll. Die missionarische Verkündigung und die Katechese stellen im Prophetenamt der Bischöfe zwei eng miteinander verbundene Aspekte dar. Um diese Funktion auszuüben, empfangen die Bischöfe »ein Charisma der Wahrheit«. (186)

Die Bischöfe sind »die für die Katechese zuallererst Verantwortlichen, die eigentlichen Katcheten«. (187) In der Geschichte der Kirche tritt die überaus wichtige Rolle großer und heiliger Bischöfe deutlich hervor, die mit ihren Initiativen und Schriften die blühendste Periode der katechumenalen Institution kennzeichnen. Sie faßten die Katechese als eine der Hauptpflichten ihres Amtes auf. (188)


223 Diese Sorge für das katechetische Wirken wird den Bischof veranlassen, in der Teilkirche »die oberste Leitung der Katechese zu übernehmen«. (189) Dazu gehören u.a. die Aufgaben:

– Seiner Kirche die effektive Priorität einer wirksamen aktiven Katechese zu gewährleisten, »die Menschen, Mittel und Werkzeuge, natürlich auch das notwendige Geld zur Verfügung« hat. (190)

– Die Sorge für die Katechese mit einem direkten Eingreifen in die Weitergabe des Evangeliums an die Gäubigen wahrzunehmen und gleichzeitig über die Echtheit des Glaubensbekenntnisses und die Qualität der Texte und Arbeitsbehelfe zu wachen, die verwendet werden sollen. (191)

– »Eine echte und tiefe Liebe zur Katechese zu wecken und zu pflegen, eine Liebe, die in einer angemessenen und wirksamen Organisation konkrete Gestalt annimmt«, (192) und mit der tiefen Überzeugung von der Wichtigkeit zu wirken, welche die Katechese für das christliche Leben einer Diözese hat.

– Dafür zu sorgen, »daß die Katecheten für ihre Aufgabe gebührend vorbereitet werden; daß sie die Lehre der Kirche gründlich kennenlernen und auch die psychologischen Gesetze und pädagogischen Fächer theoretisch und praktisch erlernen«. (193)

– In der Diözese einen gegliederten und zusammenhängenden katechetischen Gesamtplanfestzulegen, der den wirklichen Bedürfnissen der Gläubigen entspricht und in die diözesanen Pastoralpläne entsprechend eingebettet ist. Dieser Plan muß in seinem Ablauf auch mit den Plänen der Bischofskonferenz koordiniert werden.

Die Priester als Hirten und Erzieher der christlichen Gemeinde


224 Die dem Priester eigene Funktion bei der katechetischen Aufgabe ergibt sich aus dem Weihesakrament, das er empfangen hat. Durch das Weihesakrament werden die Priester kraft der Salbung durch den Heiligen Geist Christus dem Priester gleichgestaltet als Diener des Hauptes zur vollkommenen Auferbauung seines Leibes, der Kirche, und Mitarbeiter des Bischofsstandes. (194) Aufgrund dieser ontologischen Gleichgestaltung mit Christus ist das Priesteramt ein Dienst, der die Gemeinde formt und die anderen Dienste und Charismen koordiniert und kräftigt. In bezug auf die Katechese macht das Weihesakrament die Priester zu »Erziehern im Glauben«. (195) Sie setzen sich deshalb dafür ein, daß die Gläubigen der Gemeinde angemessen gebildet werden und zur christlichen Reife gelangen. (196) Die Priester, die sie sich andererseits bewußt sind, daß ihr »Priestertum des Dienstes« (197) im Dienst des »gemeinsamen Priestertums der Gläubigen« (198) steht, spornen die Berufung und Arbeit der Katecheten an und helfen ihnen, eine Funktion zu erfüllen, die der Taufe entspringt und kraft einer Sendung ausgeübt wird, welche die Kirche ihnen anvertraut. Die Priester kommen so der Aufforderung des II. Vatikanischen Konzils nach, das sie bittet, »die Würde der Laien und die bestimmte Funktion, die den Laien für die Sendung der Kirche zukommt, wahrhaft anzuerkennen und zu fördern«. (199)


225 Die eigentlichen Aufgaben des Priesters und insbesondere des Pfarrers (200) in bezug auf die Katechese sind folgende:

– In der christlichen Gemeinschaft das Gefühl der gemeinsamen Verantwortung für die Katechese als einer Aufgabe zu wecken, die alle angeht, sowie die Dankbarkeit und Hochschätzung gegenüber den Katecheten und ihrer Sendung;

– für die Grundausrichtung der Katechese und ihre entsprechende Planung zu sorgen, indem er sich auf die aktive Beteiligung der Katecheten selbst verläßt und darauf achtet, daß die Katechese »gut strukturiert und gut ausgerichtet« (201) ist;

Berufungen zum katechetischen Dienst zu wecken und wahrzunehmen und als Katechet der Katecheten sich um ihre Ausbildung zu kümmern und sich dieser Aufgabe mit größtem Eifer zu widmen;

– die katechetische Tätigkeit in den Evangelisierungsplan der Gemeinde einzuordnen und besonders für die Verbindung zwischen Katechese, Sakramenten und Liturgie zu sorgen;

– die Verbindung der Katechese seiner Gemeinde mit den diözesanen Pastoralplänen zu gewährleisten, indem er den Katecheten hilft, zu aktiven Mitarbeitern einer gemeinsamen diözesanen Planung zu werden.

Wie die Erfahrung bezeugt, hängt die Qualität der Katechese einer Gemeinde zum größten Teil von der Präsenz und der Tätigkeit des Priesters ab.

Die Eltern, erste Glaubenserzieher ihrer Kinder\b\i (202)


226 Das Zeugnis eines christlichen Lebens, das die Eltern im Schoß der Familie geben, erreicht, in Zärtlichkeit und mütterlichen und väterlichen Respekt gehüllt, die Kinder. Diese gewahren auf diese Weise und erleben freudig die durch die Eltern bekundete Nähe Gottes und Jesu, so daß diese erste christliche Erfahrung oftmals eine entscheidende Spur hinterläßt, die während des ganzen Lebens andauert. Dieses religiöse Erwachen des Kindes im Familienkreis hat einen »unersetzlichen« (203) Charakter.

Diese erste Initiation festigt sich, wenn anläßlich gewisser Familienereignisse oder Feste »der christliche oder religiöse Sinn dieser Ereignisse sorgfältig erklärt wird«. (204) Diese Initiation vertieft sich noch mehr, wenn die Eltern die methodischere Katechese, die ihre größeren Kinder in der christlichen Gemeinschaft erhalten, aufgreifen und ihnen helfen, sie zu verinnerlichen und sich zu eigen zu machen. »Die Familienkatechese geht daher jeder anderen Form der Katechese voraus, begleitet und bereichert sie«.(205)


227 Die Eltern empfangen im Sakrament der Ehe die Gnade und die Verantwortung für die christliche Erziehung ihrer Kinder, (206) denen sie die menschlichen und religiösen Werte bezeugen und weitergeben. Dieses zugleich menschliche und religiöse erzieherische Wirken ist ein »echtes und wirkliches Amt«, (207) durch das das Evangelium weitergegeben wird und so sehr ausstrahlt, daß das Leben der Familie selbst zum Glaubensweg und zur christlichen Lebensschule wird. Wenn die Kinder heranwachsen, kommt es zum gegenseitigen Austausch, und »bei einem derartigen Gespräch ist jeder ein Empfangender und Gebender zugleich«.(208)

Darum muß die christliche Gemeinde den Eltern ganz besondere Aufmerksamkeit schenken. Durch persönliche Kontakte, Begegnungen, Kurse und auch durch eine an die Eltern gerichtete Erwachsenenkatechese muß ihnen geholfen werden, die — heute besonders heikle — Aufgabe auf sich zu nehmen, ihre Kinder im Glauben zu erziehen. Das ist noch dringender an den Orten, wo die staatliche Gesetzgebung eine freie Erziehung im Glauben nicht gestattet oder erschwert. (209) In diesen Fällen ist die »Hauskirche« (210) praktisch der einzige Bereich, wo die Kinder und die Jugendlichen eine echte Katechese erhalten können.

Die Ordensleute in der Katechese


228 Die Kirche beruft ganz besonders die Personen des geweihten Lebens zur katechetischen Tätigkeit und spricht den Wunsch aus, »daß die Ordensgemeinschaften alles, was sie an Fähigkeiten und Möglichkeiten besitzen, der spezifischen Aufgabe der Katechese widmen mögen«. (211)

Der besondere Beitrag der Ordensmänner, Ordensfrauen und der Mitglieder der Gesellschaften des apostolischen Lebens zur Katechese ergibt sich aus ihrem besonderen Stand. Das Gelübde der evangelischen Räte, das das Ordensleben bestimmt, stellt für die ganze christliche Gemeinschaft ein Geschenk dar. Im diözesanen katechetischen Wirken wird ihr eigentümlicher und besonderer Beitrag nie ersetzt werden können, weder durch Priester noch durch Laien. Dieser unvergleichliche Beitrag entsteht aus dem öffentlichen Zeugnis ihrer Weihe an Gott, die sie zum lebendigen Zeichen der Wirklichkeit des Gottesreiches macht: »Das Gelübde dieser Räte in einem von der Kirche anerkannten dauernden Lebensstand kennzeichnet das gottgeweihte Leben«. (212) Obwohl die Werte des Evangeliums von jedem Christen gelebt werden sollen, leben doch die Personen des geweihten Lebens in konkreter Weise »die Kirche, die danach trachtet, der Unbedingtheit der Seligpreisungen zu entsprechen«. (213) Das Zeugnis der Ordensleute im Verein mit dem Zeugnis der Laien zeigt das einzige Antlitz der Kirche, die Zeichen des Gottesreiches ist. (214)


229 »Viele Ordensgemeinschaften, weibliche und männliche, sind für die christliche Erziehung von Kindern und Jugendlichen, zumal der verlassensten, gegründet worden«. (215) Dieses Charisma der Stifter läßt viele Ordensmänner und Ordensfrauen heute in der diözesanen Erwachsenenkatechese mitarbeiten. Im Verlauf der Geschichte »haben viele von ihnen das katechetische Wirken der Kirche sehr engagiert mitgetragen«. (216)

Die Gnadengaben der Stifter (217) werden nicht links liegen gelassen, wenn die Ordensleute die katechetische Aufgabe auf sich nehmen. Während sie am Eigencharakter der Katechese festhalten, versehen die Charismen der verschiedenen Ordensgemeinschaften diese gemeinsame Aufgabe mit je eigenen Akzenten von oft großer religiöser, sozialer und pädagogischer Tiefe. Die Geschichte der Katechese beweist die Lebenskraft, die diese Charismen dem erzieherischen Wirken der Kirche gebracht haben.

Die Laienkatecheten


230 Auch die katechetische Betätigung der Laien hat einen besonderen Charakter, der auf ihren Stand in der Kirche zurückgeht: »Den Laien ist der Weltcharakter in besonderer Weise eigen«. (218) Die Laien üben die Katechese von ihrer Einbettung in die Welt her aus, indem sie alle Formen des Engagements mit den anderen Männern und Frauen teilen und der Übermittlung des Evangeliums besondere Sensibilität und Eigenart verleihen. »Diese Evangelisation, das heißt die Verkündigung der Botschaft Christi durch das Zeugnis des Lebens und das Wort, bekommt eine eigentümliche Prägung und besondere Wirksamkeit von da her, daß sie in den gewöhnlichen Verhältnissen der Welt erfüllt wird«. (219)

Da die Laienkatecheten die gleiche Lebensform haben wie die, die sie unterweisen, haben sie einen besonderen Sinn dafür, das Evangelium im konkreten Leben der Menschen zu inkarnieren. Die Katechumenen und die Glaubensschüler können in ihnen ein christliches Modell finden, in das sie ihre Zukunft als Glaubende projizieren können.


231 Die Berufung des Laien zur Katechese entspringt dem Sakrament der Taufe und wird durch die Firmung gestärkt, Sakramente, durch die der Laie teilhat am »priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi«. (220) Über die gemeinsame Berufung zum Apostolat hinaus fühlen sich einzelne Laien von Gott innerlich dazu berufen, die Katechetenaufgabe auf sich zu nehmen. Die Kirche weckt und prüft diese göttliche Berufung und erteilt die Sendung, im Glauben zu unterweisen. So lädt der Herr Jesus Männer und Frauen auf eine besondere Weise ein, ihm, dem Lehrer und Ausbilder der Jünger, zu folgen. Dieser persönliche Ruf Jesu Christi und die Beziehung zu ihm sind die wahre Triebkraft des Wirkens des Katecheten. »Diese liebende Erkenntnis Christi weckt das Verlangen, zu verkünden, zu evangelisieren und andere zum Ja des Glaubens an Jesus Christus zu führen«.(221)

Sich zum Katecheten berufen zu fühlen und der von der Kirche dazu erhaltene Auftrag kann, je nach der Eigenart eines jeden, zu verschiedenen Graden des Einsatzes führen. Bisweilen kann der Katechet für bloß eine gewisse Zeit seines Lebens am Dienst der Katechese mitarbeiten oder auch einfach gelegentlich; auch das bleibt stets ein Dienst und eine wertvolle Mitarbeit. Die Wichtigkeit des katechetischen Dienstes rät jedoch dazu, daß es in der Diözese eine gewisse Anzahl von Ordensleuten und Laien gibt, die sich großmütig auf Dauer der Katechese widmen und, öffentlich anerkannt, — in Gemeinschaft mit den Priestern und dem Bischof — dazu beitragen, diesem diözesanen Dienst das kirchliche Erscheinungsbild zu geben, das zu ihm gehört. (222)

Verschiedene Typen von Katecheten, die heute besonders gebraucht werden


232 Der Typus oder die Gestalt des Katcheten in der Kirche weist verschiedene Ausprägungen auf, da die Bedürfnisse der Katechese vielfältig sind.

– »Die Katechisten in den Missionsländern«,(223) auf die dieser Titel ganz besonders zutrifft. »Heute blühende Kirchen hätten ohne sie nicht aufgebaut werden können«. (224) Es gibt solche, »die die spezifische Aufgabe der Katechese haben«, (225) und solche, die »in den verschiedenen Apostolatsformen mitarbeiten«. (226)

– In so mancher von alters her bestehenden Kirche mit großem Priestermangel bedarf es einer Gestalt, welche der des Katechisten in den Missionsländern in gewisser Weise analog ist. Es gilt nämlich, dringenden Bedürfnissen nachzukommen: Belebung der Gemeinde einer kleinen ländlichen Bevölkerung, die die ständige Anwesenheit eines Priesters entbehren müssen; angemessene Form einer Präsenz und missionarischen Durchdringung der »dichtbesiedelten Quartiere von Großstädten«. (227)

– In den Situationen der traditionell christlichen Länder, die einer »Neu-Evangelisierung« (228) bedürfen, werden die Gestalt des Jugendkatecheten und die des Erwachsenenkatechetenunentbehrlich. Diese Katecheten müssen auch für die ständige Katechese sorgen. Bei solchen Aufgaben ist die Rolle des Priesters ebenfalls von entscheidender Bedeutung.

– Weiterhin grundlegend wichtig ist die Gestalt des Katecheten für Kleinkinder, Schulkinder und Heranwachsende, dem die heikle Sendung zukommt, »den ersten Katechismusunterricht und die Vorbereitung auf das Bußsakrament, die heilige Erstkommunion und die Firmung« zu erteilen. (229) Diese Aufgabe ist heute besonders dort wichtig, wo Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Gründen »daheim keine entsprechende religiöse Bildung erhalten«. (230)

– Ein Katechetentyp, der heranzubilden ist, ist der des Katecheten für die vorsakramentalen Begegnungen, (231) der für die Welt der Erwachsenen anläßlich der Taufe und der Erstkommunion ihrer Kinder oder des Empfanges des Ehesakraments bestimmt ist. Es ist eine ganz eigene Aufgabe, bei der die Aufnahme, die Erstverkündigung und die Gelegenheit, zum Wegbegleiter auf der Suche nach dem Glauben zu werden, in eins verschmelzen.

– Weitere Katechetentypen sind für besonders sensible Menschengruppen dringend erfordert: für die Menschen des dritten Lebensalters, (232) die eine ihren Verhältnissen angepaßte Darlegung des Evangeliums benötigen; für Personen mit Behinderungen, die außer ihrer vollen Eingliederung in die Gemeinde eine Spezialkatechese brauchen; (233) für die Migranten und die aus der modernen Entwicklung Ausgegrenzten.( 234)

– Es können noch weitere Katechetentypen anzuraten sein. Jede Teilkirche wird in einer Analyse ihrer kulturellen und religiösen Situation ihre eigenen Bedürfnisse entdecken und mit Wirklichkeitssinn jene Typen von Katecheten heranbilden, die sie benötigt. Der Moment, in dem man die Ausbildung der Katecheten in die Wege leiten und organisieren muß, ist eine entscheidend wichtige Aufgabe.


II. KAPITEL

Die Ausbildung

für den Dienst der Katechese

Die Pastoral der Katecheten in der Teilkirche


233 Damit der katechetische Dienst in der Teilkirche gut funktioniert, ist es sehr wichtig, daß man vor allem auf eine angemessene Pastoral der Katecheten zählen kann. Bei dieser ist verschiedenen Aspekten Rechnung zu tragen. Man muß versuchen:

– In den Pfarreien und den christlichen Gemeinschaften Berufungen für die Katechese zu wecken. Da es heute einer immer differenzierteren Katechese bedarf, sind verschiedene Typen von Katecheten heranbilden. »Es braucht spezialisierte Katecheten«. (235) Diesbezüglich sind Auswahlkriterien zu bestimmen.

– Eine gewisse Anzahl vollamtlicher Katecheten heranzubilden, die sich intensiver und dauernd der Katechese widmen können, (236) und dazu Teilzeitkatecheten, deren Zahl für gewöhnlich größer sein wird.

– In den Bereichen der Adressaten, die einer Katechese bedürfen, eine ausgewogenere Verteilung der Katecheten vorzunehmen. Das Wissen um die Notwendigkeit einer Jugend- und Erwachsenenkatechese wird zum Beispiel zur Herstellung eines größeren Gleichgewichtes zwischen ihrer und der Anzahl jener Katecheten führen, die sich der Kinder und der Heranwachsenden annehmen.

– Für das katechetische Wirken verantwortliche Leiter auszubilden, die auf diözesaner, regionaler oder Pfarreiebene Verantwortung übernehmen. (237)

– Die Bildung der Katecheten, sowohl die Grundausbildung als auch die Weiterbildung, angemessen zu organisieren.

– Den Katecheten und der Katechetengruppe als solcher persönliche und geistliche Aufmerksamkeit zu schenken. Das ist im Grunde vor allem Sache der Priester der betreffenden christlichen Gemeinden.

Die Katecheten in den christlichen Gemeinden mit den anderen Seelsorgern zu koordinieren,damit das vielschichtige evangelisierende Wirken nicht isoliert und dem Leben der Gemeinde fremd bleibt.

Bedeutung der Ausbildung der Katecheten


234 Alle diese Aufgaben ergeben sich aus der Überzeugung, daß jede pastorale Tätigkeit, die bei ihrer Verwirklichung nicht auf wirklich ausgebildete und gut vorbereitete Personen zählen kann, an Qualität einbüßt. Die Arbeitsinstrumente können nicht wahrhaft wirkungsvoll sein, wenn sie nicht von gut ausgebildeten Katecheten benützt werden. Darum darf die angemessene Ausbildung der Katecheten nicht zugunsten der Überarbeitung von Texten oder einer besseren Organisation der Katechese vernachlässigt werden.(238)

Infolgedessen muß die katechetische Pastoral auf Diözesanebene der Ausbildung vonLaienkatecheten abolute Priorität einräumen. Im Zusammenhang damit und als entscheidendes Element wird man der katechetischen Ausbildung der Priester Beachtung zu schenken haben, sowohl in den Studienplänen der Seminarausbildung als auch in der Zeit der Weiterbildung. Die Bischöfe sind gebeten, für diese Ausbildung höchst gewissenhaft zu sorgen.


Allgemeines Direktorium für die Katechese 211