Ecclesia de Eucharistia DE


ENZYKLIKA


ECCLESIA DE EUCHARISTIA


VON PAPST

JOHANNES PAUL II.
AN DIE BISCHÖFE
AN DIE PRIESTER UND DIAKONE
AN DIE GEWEIHTEN PERSONEN
UND AN ALLE CHRISTGLÄUBIGEN
ÜBER DIE EUCHARISTIE
IN IHRER BEZIEHUNG ZUR KIRCHE


EINLEITUNG


1 Die Kirche lebt von der Eucharistie. Diese Wahrheit drückt nicht nur eine alltägliche Glaubenserfahrung aus, sondern enthält zusammenfassend den Kern des Mysteriums der Kirche. Mit Freude erfährt sie unaufhörlich, daß sich auf vielfältige Weise die Verheißung erfüllt: »Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20). In einzigartiger Intensität erfreut sie sich dieser Gegenwart jedoch in der heiligen Eucharistie, bei der Brot und Wein in Christi Leib und Blut verwandelt werden. Seitdem die Kirche, das Volk des Neuen Bundes, am Pfingsttag ihren Pilgerweg zur himmlischen Heimat begonnen hat, prägt dieses göttliche Sakrament unaufhörlich ihre Tage und erfüllt sie mit vertrauensvoller Hoffnung.

Mit Recht hat das Zweite Vatikanische Konzil verkündet, daß das eucharistische Opfer »Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens«1 ist. »Die heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben«.2 Deshalb ist der Blick der Kirche fortwährend auf den Herrn gerichtet, der gegenwärtig ist im Sakrament des Altares, in dem sie den vollkommenen Ausdruck seiner unendlichen Liebe entdeckt.


2 Während des Großen Jubiläums des Jahres 2000 durfte ich die Eucharistie im Abendmahlssaal in Jerusalem feiern, dort, wo sie nach der Überlieferung zum erstenmal von Christus selbst vollzogen wurde. Der Abendmahlssaal ist der Ort der Einsetzung dieses heiligsten Sakramentes. Dort nahm Christus das Brot in seine Hände, brach es und gab es seinen Jüngern mit den Worten: »Nehmet und esset alle davon: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird« (vgl. Mt 26,26 Lc 22,19 1Co 11,24). Dann nahm er den Kelch mit Wein in seine Hände und sagte zu ihnen: »Nehmet und trinket alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden« (vgl. Mc 14,24 Lc 22,20 1Co 11,25). Ich bin dem Herrn Jesus dankbar, daß ich an diesem Ort in Gehorsam gegenüber seinem Auftrag »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« (Lc 22,19) die Worte wiederholen durfte, die er vor zweitausend Jahren gesprochen hat.

Haben die Apostel, die beim Letzten Abendmahl teilnahmen, den Sinn der Worte aus dem Mund Christi verstanden? Wahrscheinlich nicht. Diese Worte sollten erst am Ende des Triduum sacrum, des Zeitraums vom Donnerstagabend bis zum Sonntagmorgen, ganz klar werden. In diese Tage ist das mysterium paschale eingeschrieben, in sie ist auch das mysterium eucharisticum eingeschrieben.


3 Aus dem Ostermysterium geht die Kirche hervor. Genau deshalb steht die Eucharistie als Sakrament des Ostermysteriums schlechthin im Mittelpunkt des kirchlichen Lebens. Das sieht man bereits an den ersten Bildern für die Kirche, die uns in der Apostelgeschichte überliefert werden: »Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten« (Ac 2,42). Im »Brechen des Brotes« ist die Eucharistie angedeutet. Nach zweitausend Jahren verwirklichen wir noch immer dieses ursprüngliche Bild für die Kirche. Und während wir dies in der Eucharistiefeier tun, richten sich die Augen unserer Seele auf das österliche Triduum: auf das, was sich während des Letzten Abendmahls am Gründonnerstag ereignete, und was danach folgte. Die Einsetzung der Eucharistie nahm in der Tat auf sakramentale Weise die Ereignisse vorweg, die sich, beginnend mit der Todesangst in Getsemani, kurz darauf zutragen sollten. Wiederum sehen wir Jesus, der den Abendmahlssaal verläßt und mit seinen Jüngern in das Tal hinabsteigt, um den Bach Kidron zu überqueren und zum Garten am Ölberg zu gelangen. In diesem Garten sind noch heute einige uralte Olivenbäume. Vielleicht waren sie Zeugen der Ereignisse, die sich an jenem Abend in ihrem Schatten zugetragen haben, als Christus im Gebet von Todesangst ergriffen und sein Schweiß »wie Blut« wurde, »das auf die Erde tropfte« (Lc 22,44). Das Blut, das er kurz zuvor im Sakrament der Eucharistie der Kirche als Trank des Heiles übergeben hatte, begann vergossen zu werden. Das Vergießen seines Blutes sollte sich dann auf Golgota vollenden, um das Werkzeug unserer Erlösung zu werden: »Christus [...] ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; [...] er ist ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt« (He 9,11-12).


4 Die Stunde unserer Erlösung. Obgleich unsagbar geprüft, flieht Jesus nicht vor seiner »Stunde«: »Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen!« (Jn 12,27). Er möchte, daß die Jünger bei ihm bleiben, muß aber Einsamkeit und Verlassenheit erfahren: »Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet« (Mt 26,40-41). Nur Johannes bleibt mit Maria und den frommen Frauen unter dem Kreuz. Die Todesangst in Getsemani hat die Todesangst des Kreuzes am Karfreitag eingeleitet: die heilige Stunde, die Stunde der Erlösung der Welt. Wenn man die Eucharistie am Grab Jesu in Jerusalem feiert, kehrt man in fast greifbarer Weise zu seiner »Stunde« zurück, zur Stunde des Kreuzes und der Verherrlichung. An diesen Ort und in diese Stunde kehrt in geistlicher Weise jeder Priester zurück, der die heilige Messe feiert, und mit ihm die christliche Gemeinde, die daran teilnimmt.

»Gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten«. Die Worte des Glaubensbekenntnisses finden ein Echo in den Worten der Betrachtung und der Verkündigung: »Ecce lignum crucis in quo salus mundi pependit. Venite adoremus«. Diese Einladung richtet die Kirche am Nachmittag des Karfreitags an alle Menschen. Während der Osterzeit nimmt sie ihren Gesang wieder auf und verkündet: »Surrexit Dominus de sepulcro qui pro nobis pependit in ligno. Alleluia«.


5 »Mysterium fidei! – Geheimnis des Glaubens!«. Auf diese Worte, die vom Priester gesprochen oder gesungen werden, antworten die Mitfeiernden: »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit«.

Mit diesen oder ähnlichen Worten weist die Kirche auf Christus im Geheimnis seines Leidens hin und offenbart darin auch ihr eigenes Mysterium: Ecclesia de Eucharistia. Wenn die Kirche mit der pfingstlichen Gabe des Heiligen Geistes ans Licht tritt und sich auf die Straßen der Welt begibt, so ist ein entscheidender Moment ihrer Entstehung sicherlich die Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal. Ihr Fundament und ihre Quelle ist das gesamte Triduum paschale. Dieses aber ist in der eucharistischen Gabe gewissermaßen gesammelt, vorweggenommen und für immer »konzentriert«. In dieser Gabe übereignete Jesus Christus der Kirche die immerwährende Vergegenwärtigung des Ostermysteriums. Mit ihr stiftete er eine geheimnisvolle »Gleichzeitigkeit« zwischen jenem Triduum und dem Gang aller Jahrhunderte.

Dieser Gedanke weckt in uns ein großes und dankbares Staunen. Im Ostergeschehen und in der Eucharistie, die es durch die Jahrhunderte hindurch gegenwärtig macht, liegt ein enormes »Potential«, in dem die ganze Geschichte als Adressat der Erlösungsgnade enthalten ist. Dieses Staunen muß die Kirche immer ergreifen, wenn sie sich zur Feier der Eucharistie versammelt. Aber in besonderer Weise muß es den Spender der Eucharistie begleiten. Dank der Gnade, die ihm durch das Sakrament der Priesterweihe verliehen wurde, kann er die Wandlung vollziehen. Er spricht mit der Vollmacht, die ihm von Christus aus dem Abendmahlssaal zukommt: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird... Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch vergossen wird...«. Der Priester spricht diese Worte und stellt seinen Mund und seine Stimme jenem zur Verfügung, der diese Worte im Abendmahlssaal gesprochen hat, und der wollte, daß sie von Generation zu Generation von all denen wiederholt werden, die in der Kirche durch die Weihe an seinem Priestertum teilhaben.


6 Dieses »Staunen« über die Eucharistie möchte ich mit der vorliegenden Enzyklika neu wecken, und zwar in Fortführung jenes Erbes des Jubiläums, das ich der Kirche mit dem Apostolischen Schreiben Novo millennio ineunte und mit seiner marianischen Krönung Rosarium Virginis Mariae übergeben wollte. Das Antlitz Christi betrachten und es mit Maria betrachten, ist das »Programm«, auf das ich die Kirche am Beginn des dritten Jahrtausends hingewiesen habe und mit dem ich sie einlade, mit Enthusiasmus für die Neuevangelisierung auf das Meer der Geschichte hinauszufahren. Christus betrachten bedeutet ihn erkennen, wo immer er sich zeigt, in den vielfältigen Formen seiner Gegenwart, vor allem aber im lebendigen Sakrament seines Leibes und seines Blutes. Die Kirche lebt vom eucharistischen Christus. Von ihm wird sie genährt, von ihm wird sie erleuchtet. Die Eucharistie ist Geheimnis des Glaubens und zugleich »Geheimnis des Lichtes«.3 Jedesmal, wenn die Kirche sie feiert, können die Gläubigen in gewisser Weise die Erfahrung der beiden Emmausjünger machen: »Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn« (Lc 24,31).


7 Seit Beginn meines Dienstes als Nachfolger Petri habe ich dem Gründonnerstag, dem Tag der Eucharistie und des Priestertums, immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt und ein Schreiben an alle Priester der Welt gerichtet. In diesem fünfundzwanzigsten Jahr meines Pontifikates möchte ich die gesamte Kirche in vertiefter Weise an dieser eucharistischen Betrachtung teilhaben lassen. Dabei möchte ich dem Herrn auch für das Geschenk der Eucharistie und des Priestertums danken: »Geschenk und Geheimnis«.4 Wenn ich mit der Ausrufung des Rosenkranzjahres dieses fünfundzwanzigste Jahr meines Pontifikates unter das Zeichen der Betrachtung Christi in der Schule Mariens stellen wollte, kann ich diesen Gründonnerstag 2003 nicht verstreichen lassen, ohne vor dem »eucharistischen Antlitz« Christi zu verharren und die Kirche mit neuer Kraft auf die zentrale Bedeutung der Eucharistie hinzuweisen. Aus ihr lebt die Kirche. Von diesem »lebendigen Brot« nährt sie sich. Wie sollte man da nicht die Notwendigkeit verspüren, alle aufzufordern, diese Erfahrung stets neu zu machen?


8 Wenn ich an die Eucharistie denke und dabei auf mein Leben als Priester, Bischof und Nachfolger Petri blicke, erinnere ich mich spontan an die vielen Gelegenheiten und die vielen Orte, an denen ich sie feiern konnte. Ich erinnere mich an die Pfarrkirche von Niegowic, wo ich meine erste pastorale Aufgabe erfüllte, an die Kollegiatskirche des heiligen Florian in Krakau, an die Kathedrale auf dem Wawel, an die Peterskirche und an die vielen Basiliken und Kirchen in Rom und in der ganzen Welt. Ich konnte die heilige Messe in Kapellen feiern, die sich an Gebirgspfaden, an Seeufern, an Meeresküsten befinden; ich feierte sie auf Altären, die in Stadien oder auf den Plätzen der Städte errichtet waren... Dieser so vielfältige Rahmen meiner Eucharistiefeiern läßt mich deutlich erfahren, wie universal und gleichsam kosmisch die heilige Messe ist. Ja, kosmisch! Denn auch dann, wenn man die Eucharistie auf dem kleinen Altar einer Dorfkirche feiert, feiert man sie immer in einem gewissen Sinn auf dem Altar der Welt. Sie verbindet Himmel und Erde. Sie umfaßt und erfüllt alles Geschaffene. Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um alles Geschaffene in einem höchsten Akt des Lobes dem zurückzuerstatten, der es aus dem Nichts geschaffen hat. Indem der ewige Hohepriester durch das Blut seines Kreuzes in das ewige Heiligtum eintritt, erstattet er dem Schöpfer und Vater die ganze erlöste Schöpfung zurück. Das tut er durch das priesterliche Dienstamt der Kirche zur Ehre der heiligsten Dreifaltigkeit. Dies ist das mysterium fidei, das in der Eucharistie gegenwärtig wird: die Welt, die aus den Händen des Schöpfergottes hervorgegangen ist, kehrt als von Christus erlöste Welt zu Gott zurück.


9 Die Eucharistie ist die heilbringende Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft der Gläubigen und ihre geistliche Nahrung, sie ist das wertvollste Gut, das die Kirche auf ihrem Weg durch die Geschichte haben kann. So erklärt sich die besondere Aufmerksamkeit, die sie dem eucharistischen Mysterium immer entgegengebracht hat; eine Aufmerksamkeit, die in verbindlicher Form in den Werken der Konzilien und der Päpste sichtbar wird. Wie könnte man nicht die lehramtlichen Darlegungen in den Dekreten über die heiligste Eucharistie und über das heilige Meßopfer bewundern, die das Konzil von Trient promulgiert hat? Diese Dekrete haben in den nachfolgenden Jahrhunderten sowohl die Theologie als auch die Katechese geleitet und sind noch immer dogmatischer Bezugspunkt für die fortwährende Erneuerung und für das Wachstum des Volkes Gottes im Glauben und in der Liebe zur Eucharistie. Aus jüngerer Zeit sind drei Enzykliken zu nennen: die Enzyklika Mirae Caritatis (28. Mai 1902)5 von Leo XIII., die Enzyklika Mediator Dei (20. November 1947)6 von Pius XII. und die Enzyklika Mysterium Fidei (3. September 1965)7 von Paul VI.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat zwar kein eigenes Dokument über das eucharistische Mysterium veröffentlicht. Es hat aber dessen verschiedene Aspekte innerhalb des gesamten Bogens seiner Dokumente beleuchtet, besonders in der dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen gentium und in der Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium.

Ich selbst habe in den ersten Jahren meines apostolischen Dienstes auf dem Stuhl Petri mit dem Apostolischen Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980)8 einige Aspekte des eucharistischen Mysteriums und seiner Bedeutung im Leben derer behandelt, die seine Diener sind. Heute greife ich dieses Thema wieder auf mit einem Herzen, das noch tiefer ergriffen und von Dankbarkeit erfüllt ist und gleichsam die Worte des Psalmisten widerhallen läßt: »Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat. Ich will den Kelch des Heils erheben und anrufen den Namen des Herrn« (
Ps 116,12-13).


10 Dieser Verkündigung durch das Lehramt entspricht das innere Wachstum der christlichen Gemeinschaft. Ohne Zweifel war die Liturgiereform des Konzils von großem Gewinn für eine bewußtere, tätigere und fruchtbarere Teilnahme der Gläubigen am heiligen Opfer des Altares. An vielen Orten findet die Anbetung des heiligsten Sakramentes täglich einen weiten Raum und wird so zu einer unerschöpflichen Quelle der Heiligkeit. Die andächtige Teilnahme der Gläubigen an der eucharistischen Prozession am Hochfest des Leibes und Blutes Christi ist eine Gnade des Herrn, welche die teilnehmenden Gläubigen jedes Jahr mit Freude erfüllt. Man könnte noch andere positive Zeichen des Glaubens und der Liebe zur Eucharistie erwähnen.

Leider fehlt es neben diesen Lichtstrahlen nicht an Schatten. Es gibt Orte, an denen der Kult der eucharistischen Anbetung fast völlig aufgegeben wurde. In dem einen oder anderen Bereich der Kirche kommen Mißbräuche hinzu, die zur Schmälerung des rechten Glaubens und der katholischen Lehre über dieses wunderbare Sakrament beitragen. Bisweilen wird ein stark verkürzendes Verständnis des eucharistischen Mysteriums sichtbar. Es wird seines Opfercharakters beraubt und in einer Weise vollzogen, als ob es den Sinn und den Wert einer brüderlichen Mahlgemeinschaft nicht übersteigen würde. Darüber hinaus wird manchmal die Notwendigkeit des Amtspriestertums, das in der apostolischen Sukzession gründet, verdunkelt, und die Sakramentalität der Eucharistie allein auf die Wirksamkeit in der Verkündigung reduziert. Von da aus gibt es hier und da ökumenische Initiativen, die zwar gut gemeint sind, aber zu eucharistischen Praktiken verleiten, die der Disziplin widersprechen, mit der die Kirche ihren Glauben zum Ausdruck bringt. Wie sollte man nicht über all dies tiefen Schmerz empfinden? Die Eucharistie ist ein zu großes Gut, um Zweideutigkeiten und Verkürzungen zu dulden.

Ich vertraue darauf, daß diese Enzyklika wirksam dazu beitragen kann, die Schatten nicht annehmbarer Lehren und Praktiken zu vertreiben, damit das Mysterium der Eucharistie weiterhin in seinem vollen Glanz erstrahle.



I. KAPITEL

GEHEIMNIS DES GLAUBENS


11 »In der Nacht, da er ausgeliefert wurde« (1Co 11,23), hat der Herr Jesus das eucharistische Opfer seines Leibes und seines Blutes gestiftet. Die Worte des Apostels Paulus erinnern uns an die dramatischen Umstände, in denen die Eucharistie entstanden ist. Das Ereignis des Leidens und des Todes des Herrn ist unauslöschlich in sie eingeschrieben. Die Eucharistie ist nicht nur eine Erinnerung an dieses Ereignis, sondern seine sakramentale Vergegenwärtigung. Sie ist das Kreuzesopfer, das durch die Jahrhunderte fortdauert.9 Diese Wahrheit kommt treffend in den Worten zum Ausdruck, mit denen das Volk im lateinischen Ritus auf den Ruf des Priesters »Geheimnis des Glaubens« antwortet: »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir!«.

Die Kirche hat die Eucharistie von Christus, ihrem Herrn, nicht als eine kostbare Gabe unter vielen anderen erhalten, sondern als die Gabe schlechthin, da es die Gabe seiner selbst ist, seiner Person in seiner heiligen Menschheit wie auch seines Erlösungswerkes. Dieses beschränkt sich nicht auf die Vergangenheit, denn »alles, was Christus ist, und alles, was er für alle Menschen getan und gelitten hat, nimmt an der Ewigkeit Gottes teil, steht somit über allen Zeiten und wird ihnen gegenwärtig«.10

Wenn die Kirche die heilige Eucharistie, das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung ihres Herrn, feiert, wird dieses zentrale Mysterium des Heils wirklich gegenwärtig und »vollzieht sich das Werk unserer Erlösung«.11 Dieses Opfer ist für die Erlösung des Menschengeschlechts so entscheidend, daß Jesus Christus es vollbrachte und erst dann zum Vater zurückkehrte, nachdem er uns das Mittel hinterlassen hatte, damit wir so daran teilnehmen können, als ob wir selbst dabei gewesen wären. Jeder Gläubige kann auf diese Weise am Opfer Christi teilnehmen und seine Früchte in unerschöpflichem Maß erlangen. Das ist der Glaube, aus dem die christlichen Generationen im Laufe der Jahrhunderte gelebt haben. Diesen Glauben hat das Lehramt der Kirche unaufhörlich mit freudiger Dankbarkeit für das unschätzbare Geschenk bekräftigt.12 Ich möchte noch einmal an diese Wahrheit erinnern und mich mit euch, meine lieben Brüder und Schwestern, in Anbetung vor dieses Mysterium begeben: das große Geheimnis, das Geheimnis der Barmherzigkeit. Was hätte Jesus noch mehr für uns tun können? In der Eucharistie zeigt er uns wirklich eine Liebe, die »bis zur Vollendung« (Jn 13,1) geht, eine Liebe, die kein Maß kennt.


12 Dieser Aspekt universaler Liebe des eucharistischen Sakramentes gründet in den Worten des Retters selbst. Bei der Einsetzung der Eucharistie beschränkte er sich nicht darauf zu sagen: »Das ist mein Leib…, das ist mein Blut«, sondern fügte hinzu: »der für euch hingegeben wird…, das für euch vergossen wird« (Lc 22,19-20). Er bekräftigte nicht nur, daß das, was er ihnen zu essen und zu trinken gab, sein Leib und sein Blut war, sondern brachte auch dessen Opfercharakter zum Ausdruck und ließ damit sein Opfer, das einige Stunden später am Kreuz für das Heil aller dargebracht werden sollte, auf sakramentale Weise gegenwärtig werden. »Die Messe ist zugleich und untrennbar das Opfergedächtnis, in welchem das Kreuzesopfer für immer fortlebt, und das heilige Mahl der Kommunion mit dem Leib und dem Blut des Herrn«.13

Die Kirche lebt unaufhörlich vom Erlösungsopfer. Ihm nähert sie sich nicht nur durch ein gläubiges Gedenken, sie tritt mit ihm auch wirklich in Kontakt. Denn dieses Opfer wird gegenwärtig und dauert auf sakramentale Weise in jeder Gemeinschaft fort, in der es durch die Hände des geweihten Priesters dargebracht wird. Auf diese Weise wendet die Eucharistie den Menschen von heute die Versöhnung zu, die Christus ein für allemal für die Menschen aller Zeiten erworben hat. In der Tat: »Das Opfer Christi und das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer«.14 Das sagte kraftvoll bereits der heilige Johannes Chrysostomus: »Wir opfern immer das gleiche Lamm, und nicht heute das eine und morgen ein anderes, sondern immer dasselbe. Aus diesem Grund ist das Opfer immer nur eines. [...] Auch heute bringen wir jenes Opferlamm dar, das damals geopfert worden ist und das sich niemals verzehren wird«.15

Die Messe macht das Opfer des Kreuzes gegenwärtig, sie fügt ihm nichts hinzu und vervielfältigt es auch nicht.16 Was sich wiederholt, ist die Gedächtnisfeier, seine »gedenkende Darstellung« (memorialis demonstratio),17 durch die das einzige und endgültige Erlösungsopfer Christi in der Zeit gegenwärtig wird. Der Opfercharakter des eucharistischen Mysteriums kann deswegen nicht als etwas in sich Stehendes verstanden werden, unabhängig vom Kreuz oder nur mit einem indirekten Bezug zum Opfer von Kalvaria.


13 Kraft ihrer innigen Beziehung mit dem Opfer von Golgota ist die Eucharistie Opfer im eigentlichen Sinn, und nicht nur in einem allgemeinen Sinn, als ob es sich um eine bloße Hingabe Christi als geistliche Speise an die Gläubigen handelte. Das Geschenk seiner Liebe und seines Gehorsams bis zur Vollendung des Lebens (vgl. Jn 10,17-18) ist in erster Linie eine Gabe an seinen Vater. Natürlich ist es Gabe für uns, ja für die ganze Menschheit (vgl. Mt 26,28 Mc 14,24 Lc 22,20 Jn 10,15), aber dennoch vor allem Gabe an den Vater: »ein Opfer, das der Vater angenommen hat, indem er für die Ganzhingabe seines Sohnes, der "gehorsam wurde bis zum Tod" (Ph 2,8), die ihm als Vater eigene Gabe zurückschenkte, d.h. ein neues, ewiges Leben in der Auferstehung«.18

Indem Christus der Kirche sein Opfer schenkte, wollte er sich auch das geistliche Opfer der Kirche zu eigen machen, die berufen ist, mit dem Opfer Christi auch sich selbst darzubringen. Das lehrt uns das Zweite Vatikanische Konzil im Hinblick auf alle Gläubigen: »In der Teilnahme am eucharistischen Opfer, der Quelle und dem Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens, bringen sie das göttliche Opferlamm Gott dar und sich selbst mit ihm«.19


14 Das Pascha Christi umfaßt mit dem Leiden und dem Tod auch seine Auferstehung. Daran erinnert die Akklamation des Volkes nach der Wandlung: »Deine Auferstehung preisen wir«. Tatsächlich macht das eucharistische Opfer nicht nur das Mysterium vom Leiden und Tod des Erlösers gegenwärtig, sondern auch das Mysterium der Auferstehung, in der das Opfer seine Vollendung findet. Weil Christus lebt und auferstanden ist, kann er sich in der Eucharistie zum »Brot des Lebens« (Jn 6,35 Jn 6,48), zum »lebendigen Brot« (Jn 6,51) machen. Daran erinnerte der heilige Ambrosius die Neugetauften und wandte das Ereignis der Auferstehung auf ihr Leben an: »Wenn heute Christus dein ist, so steht er für dich jeden Tag von den Toten auf«.20 Der heilige Cyrill von Alexandrien unterstrich seinerseits, daß die Teilnahme an den heiligen Mysterien »ein wahres Bekenntnis und ein wahres Gedächtnis daran sind, daß der Herr gestorben und zum Leben zurückgekehrt ist für uns und für unser Heil«.21


15 Die sakramentale Vergegenwärtigung des durch die Auferstehung vollendeten Opfers Christi in der heiligen Messe beinhaltet eine ganz besondere Gegenwartsweise, die – um die Worte von Paul VI. aufzugreifen – »"wirklich" genannt wird, nicht im ausschließlichen Sinn, als ob die anderen Gegenwartsweisen nicht "wirklich" wären, sondern hervorhebend, weil sie substantiell ist und infolgedessen den ganzen und vollständigen Christus, den Gottmenschen, gegenwärtig macht«.22 So wird die immer gültige Lehre des Konzils von Trient bekräftigt: »Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung genannt«.23 Die Eucharistie ist wirklich mysterium fidei, ein Geheimnis, das unser Denken übersteigt und das nur im Glauben erfaßt werden kann. Daran erinnern die Kirchenväter oft in ihren Katechesen über dieses göttliche Sakrament: Der heilige Cyrill von Jerusalem mahnt: »Schau in Brot und Wein nicht nur die natürlichen Elemente an, denn der Herr hat ausdrücklich gesagt, daß sie sein Leib und sein Blut sind: Der Glaube versichert es dir, auch wenn die Sinne dir anderes einreden«.24

»Adoro te devote, latens Deitas«, singen wir immerfort mit dem heiligen Thomas von Aquin. Angesichts dieses Geheimnisses der Liebe wird die ganze Begrenztheit der menschlichen Vernunft erfahrbar. Man versteht, wie diese Wahrheit im Laufe der Jahrhunderte die Theologie angeregt hat, durch harte Anstrengungen in ihr Verständnis einzudringen.

Diese Anstrengungen sind lobenswert und um so nützlicher und fruchtbarer, je mehr sie den kritischen Einsatz des Denkens mit dem »gelebten Glauben« der Kirche zu verbinden vermögen, der sich besonders zeigt im »sicheren Charisma der Wahrheit« des Lehramtes und in der »inneren Einsicht […] aus geistlicher Erfahrung«,25 die vor allem die Heiligen erlangen. Paul VI. hat auf die Grenze hingewiesen, die bestehen bleibt: »Jede theologische Erklärung, die sich um das Verständnis dieses Geheimnisses bemüht, muß, um mit unserem Glauben übereinstimmen zu können, daran festhalten, daß Brot und Wein der Substanz nach, unabhängig von unserem Denken, nach der Konsekration zu bestehen aufgehört haben, so daß nunmehr der anbetungswürdige Leib und das anbetungswürdige Blut unseres Herrn vor uns gegenwärtig sind unter den sakramentalen Gestalten von Brot und Wein«.26


16 In Fülle verwirklicht sich die heilbringende Wirkung des Opfers, wenn wir in der Kommunion den Leib und das Blut des Herrn empfangen. Das eucharistische Opfer ist in sich auf die innige Gemeinschaft von uns Gläubigen mit Christus in der Kommunion ausgerichtet: Wir empfangen ihn selbst, der sich für uns hingegeben hat, seinen Leib, den er für uns am Kreuz dargebracht hat, sein Blut, das er »für viele« vergossen hat »zur Vergebung der Sünden« (Mt 26,28). Erinnern wir uns an seine Worte: »Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich ißt, durch mich leben« (Jn 6,57). Jesus selbst versichert uns, daß eine derartige Vereinigung, die er in eine Analogie zur Einheit des dreifaltigen Gottes setzt, sich wahrhaft verwirklicht. Die Eucharistie ist ein wahres Mahl, in dem sich Christus als Nahrung darbietet. Als Jesus zum erstenmal diese Speise ankündigte, waren die Zuhörer erstaunt und verwirrt und zwangen den Meister, die objektive Wahrheit seiner Worte zu unterstreichen: »Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch« (Jn 6,53). Es handelt sich nicht um eine Speise in einem bildhaften Sinn: »Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank« (Jn 6,55).


17 Durch die Teilhabe an seinem Leib und an seinem Blut teilt Christus uns auch seinen Geist mit. Der heilige Ephräm schreibt: »Er nannte das Brot seinen lebendigen Leib, er erfüllte es mit sich selbst und mit seinem Geist. [...] Und der, der es mit Glauben ißt, ißt Feuer und Geist. [...] Nehmt davon, eßt alle davon und eßt mit ihm den Heiligen Geist. Es ist wirklich mein Leib und der, der ihn ißt, wird ewig leben«.27 Die Kirche erbittet diese göttliche Gabe, die die Wurzel aller anderen Gaben ist, in der eucharistischen Epiklese. In der Göttlichen Liturgie des heiligen Johannes Chrysostomus heißt es zum Beispiel: »Wir rufen dich an, wir bitten dich und wir flehen dich an: Sende deinen Heiligen Geist über uns alle und über diese Gaben, [...] damit alle, die daran teilhaben, Reinigung der Seele, Vergebung der Sünden, Gemeinschaft des Heiligen Geistes erlangen mögen«.28 Und im Römischen Meßbuch betet der Priester: »Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus«.29 So läßt Christus durch die Gabe seines Leibes und seines Blutes in uns die Gabe seines Geistes wachsen, der uns schon in der Taufe eingegossen und im Sakrament der Firmung als »Siegel« geschenkt wurde.


18 Die Akklamation des Volkes nach der Wandlung endet treffend mit dem Bekenntnis der eschatologischen Perspektive, welche die Eucharistiefeier auszeichnet (vgl. 1Co 11,26): »... bis du kommst in Herrlichkeit«. Die Eucharistie bedeutet Spannung auf das Ziel hin, Vorgeschmack der vollkommenen Freude, die Christus versprochen hat (vgl. Jn 15,11); in gewisser Weise ist sie Vorwegnahme des Paradieses, »Unterpfand der künftigen Herrlichkeit«.30 In der Eucharistie drückt alles die vertrauensvolle Erwartung aus, daß »wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten«.31 Wer sich von Christus in der Eucharistie nährt, muß nicht das Jenseits erwarten, um das ewige Leben zu erlangen: Er besitzt es schon auf Erden als Erstlingsgabe der künftigen Fülle, die den ganzen Menschen betreffen wird. In der Eucharistie empfangen wir tatsächlich auch die Garantie der leiblichen Auferstehung am Ende der Welt: »Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag« (Jn 6,54). Diese Garantie der künftigen Auferstehung kommt aus der Tatsache, daß das Fleisch des Menschensohnes, das uns zur Speise gereicht wird, sein Leib im verherrlichten Zustand des Auferstandenen ist. Mit der Eucharistie nehmen wir sozusagen das »Geheimnis« der Auferstehung in uns auf. Deshalb definierte der heilige Ignatius von Antiochien das eucharistische Brot zu Recht als »Medizin der Unsterblichkeit, Gegengift gegen den Tod«.32


19 Die eschatologische Spannung, die durch die Eucharistie wachgerufen wird, drückt die Gemeinschaft mit der himmlischen Kirche aus und stärkt sie. Es ist kein Zufall, daß die orientalischen Anaphoren und die eucharistischen Hochgebete des lateinischen Ritus das ehrfürchtige Gedenken Mariens, der allzeit jungfräulichen Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus, der Engel, der heiligen Apostel, der ruhmreichen Märtyrer und aller Heiligen enthalten. Dies ist ein Aspekt der Eucharistie, der es verdient, hervorgehoben zu werden: Während wir das Opfer des Lammes feiern, vereinen wir uns mit der himmlischen Liturgie und gesellen uns zu jener gewaltigen Schar, die ruft: »Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm!« (Ap 7,10). Die Eucharistie ist wirklich ein Aufbrechen des Himmels, der sich über der Erde öffnet. Sie ist ein Strahl der Herrlichkeit des himmlischen Jerusalem, der die Wolken unserer Geschichte durchdringt und Licht auf unseren Weg wirft.


20 Eine bedeutsame Konsequenz der eschatologischen Spannung, die in die Eucharistie eingeschrieben ist, besteht auch darin, daß sie uns auf dem Weg durch die Geschichte einen Impuls gibt und in die tägliche Arbeit und Pflicht eines jeden einen Samen lebendiger Hoffnung legt. Wenn die christliche Sichtweise nämlich dazu führt, auf »einen neuen Himmel« und »eine neue Erde« zu blicken (vgl. Ap 21,1), so schwächt dies nicht, sondern fördert unseren Verantwortungssinn für die gegenwärtige Welt.33 Ich möchte dies mit Nachdruck am Beginn des neuen Jahrtausends bekräftigen, damit die Christen sich mehr denn je angespornt fühlen, ihre Pflichten als Bürger dieser Erde nicht zu vernachlässigen. Es ist ihre Aufgabe, mit dem Licht des Evangeliums zum Aufbau einer menschenwürdigen Welt im vollkommenen Einklang mit dem Plan Gottes beizutragen.

Viele Probleme verdunkeln den Horizont unserer Zeit. Es mag genügen, an die Dringlichkeit zu erinnern, für den Frieden zu arbeiten, solide und in Gerechtigkeit und Solidarität verankerte Voraussetzungen für die Beziehungen zwischen den Völkern zu schaffen, das menschliche Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu verteidigen. Und was soll man zu den tausend Widersprüchen einer »globalisierten« Welt sagen, in der die Schwächsten, die Kleinsten und die Ärmsten scheinbar wenig zu erhoffen haben? Gerade in dieser Welt muß die christliche Hoffnung aufstrahlen! Auch deshalb wollte der Herr in der Eucharistie bei uns bleiben; in seine Gegenwart im Opfer und im Gastmahl ist die Verheißung einer Menschheit eingeschrieben, die durch seine Liebe erneuert ist. Es ist bedeutungsvoll, daß das Johannesevangelium dort, wo die synoptischen Evangelien die Einsetzung der Eucharistie überliefern, den Bericht über die »Fußwaschung« enthält, in der Jesus sich zum Meister der Gemeinschaft und des Dienstes macht (vgl. Jn 13,1-20), um so die tiefe Bedeutung der Eucharistie zu erläutern. Der Apostel Paulus wertet seinerseits die Teilnahme der christlichen Gemeinde am Herrenmahl als »unwürdig«, wenn es in ihr Spaltungen gibt und sie den Armen gegenüber gleichgültig ist (vgl. 1Co 11,17-22 1Co 11,27-34).34

Den Tod des Herrn verkünden, »bis er kommt« (1Co 11,26), bringt für alle, die an der Eucharistie teilnehmen, den Auftrag mit sich, das Leben zu »verwandeln«, damit es in gewisser Weise ganz »eucharistisch« werde. Genau diese Frucht der Verwandlung der Existenz wie auch der Auftrag, die Welt nach dem Evangelium umzugestalten, lassen die eschatologische Spannung der Eucharistiefeier und des ganzen christlichen Lebens aufleuchten: »Komm, Herr Jesus!« (Ap 22,20).

1 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, LG 11.
2 II. Vatikanisches Konzil, Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum ordinis, PO 5.
3 Vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Rosarium Virginis Mariae (16. Oktober 2002), RVM 21: AAS 95 (2003), 19.
4 Diesen Titel wollte ich einem autobiographischen Zeugnis geben, das ich aus Anlaß meines fünfzigjährigen Priesterjubiläums veröffentlicht habe.
5 Leonis XIII Acta XXII (1903), 115-136.
6 AAS39 (1947), 521-595.
7 AAS57 (1965), 753-774.
8 AAS72 (1980), 113-148.
9 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, SC 47: »Salvator noster [...] Sacrificium Eucharisticum Corporis et Sanguinis sui instituit, quo Sacrificium Crucis saecula, donec veniret, perpetuaret«.
10 Katechismus der Katholischen Kirche, CEC 1085.
11 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, LG 3.
12 Vgl. Paul VI., Credo des Gottesvolkes (30. Juni 1968), 24: AAS 60 (1968), 442; Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dominicae Cenae (24. Februar 1980), 12: AAS 72 (1980), 142.
13 Katechismus der Katholischen Kirche, CEC 1382.
14 Ebd., CEC 1367.
15 Hl. Johannes Chrysostomus, In Epistolam ad Hebraeos homiliae, 17, 3: PG 63, 131.
16 Vgl.Konzil von Trient, 22. Sitzung, Lehre über das Meßopfer, Kap. 2: DS 1743: »Denn die Opfergabe ist ein und dieselbe; derselbe, der sich damals am Kreuze opferte, opfert sich jetzt durch den Dienst des Priesters; allein die Weise des Opferns ist verschieden«.
17 Vgl. Pius XII., Enzyklika Mediator Dei (20. November 1947): AAS 39 (1947), 548.
18 Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis (15. März 1979), RH 20: AAS 71 (1979), 310.
19 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, LG 11.
20 Hl. Ambrosius, De sacramentis, V, 4, 26: CSEL 73, 70.
21 Hl. Cyrill von Alexandrien, In Ioannis Evangelium, XII, 20: PG 74, 726.
22 Paul VI., Enzyklika Mysterium Fidei (3. September 1965): AAS 57 (1965), MF 764.
23 Konzil von Trient, 13. Sitzung, Dekret über das Sakrament der Eucharistie, Kap. 4: DS 1642.
24 Hl. Cyrill von Jerusalem, Mystagogische Katechesen, IV, 6: SCh 126, 138.
25 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei Verbum, DV 8.
26 Paul VI., Credo des Gottesvolkes (30. Juni 1968), 24: AAS 60 (1968), 442-443.
27 Hl.Ephräm, Sermo IV in Hebdomadam Sanctam: CSCO 413 / Syr. 182, 55.
28 Anaphora.
29 Drittes eucharistisches Hochgebet.
30 Breviarium Romanum,Antiphon zum Magnificat der 2. Vesper vom Hochfest des Leibes und Blutes Christi.
31 Missale Romanum, Embolismus nach dem Vater unser.
32 Hl. Ignatius von Antiochien, Epistula ad Ephesios, 20: PG 5, 661.
33 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heuteGaudium et spes, GS 39.
34 »Willst du den Leib des Herrn ehren? Vernachlässige ihn nicht, wenn er unbekleidet ist. Ehre ihn nicht hier im Heiligtum mit Seidenstoffen, um ihn dann draußen zu vernachlässigen, wo er Kälte und Nacktheit erleidet. Jener, der gesagt hat: "Dies ist mein Leib", ist der gleiche, der gesagt hat: "Ihr habt mich hungrig gesehen und mir nichts zu essen gegeben", und "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." [...] Was nützt es, wenn der eucharistische Tisch überreich mit goldenen Kelchen bedeckt ist, während er Hunger leidet? Beginne damit, den Hungrigen zu sättigen, dann verziere den Altar mit dem, was übrigbleibt«: Hl. Johannes Chrysostomus, In Evangelium S. Matthaei homiliae, 50, 34: PG 58, 508-509; vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo rei socialis (30. Dezember 1987), SRS 31: AAS 80 (1988), 553-556.


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