Familiaris consortio DE 78

Konfessionsverschiedene Ehen


78 Die wachsende Zahl von Ehen zwischen Katholiken und anderen Getauften verlangt gleichfalls besondere pastorale Aufmerksamkeit, und zwar im Licht der Orientierungs- und Leitlinien, die im Laufe der letzten Jahre vom Heiligen Stuhl und von den Bischofskonferenzen herausgegeben wurden und in den verschiedenen Situationen konkrete Anwendung finden sollen.

Eheleuten verschiedener Konfession stellen sich besondere Forderungen, die sich in drei Punkten zusammenfassen lassen.

Man muß sich vor allem der Verpflichtungen bewußt sein, die dem katholischen Teil aus seinem Glauben erwachsen, nämlich diesen frei auszuüben und dementsprechend nach Kräften dafür Sorge zu tragen, daß die Kinder im katholischen Glauben getauft und erzogen werden (Vgl. Paul VI., Motu Proprio Matrimonia mixta, 4-5: AAS 62 (1970) 257 ff.; vgl. Johannes Paul II.,Ansprache an die Teilnehmer der Vollversammlung des Sekretariates für die Einheit der Christen (13.11.1981): "L'Osservatore Romano", 14.11.1981.).

In den Beziehungen zwischen Mann und Frau gilt es auch, die besonderen Schwierigkeiten zu sehen hinsichtlich der Achtung der religiösen Freiheit; diese kann durch ungebührlichen Druck in Richtung auf eine Änderung der religiösen Einstellungen des Partners verletzt werden oder durch Hindernisse, die man ihrem freien Vollzug in der religiösen Praxis in den Weg legt.

Was die liturgische und kanonische Form der Eheschließung angeht, so können die Ortsbischöfe großzügigen Gebrauch machen von den Vollmachten, die ihnen für die verschiedenen Erfordernisse gewährt wurden.

Hinsichtlich der genannten besonderen Forderungen ist auf folgendes zu achten:

15. Bei der Ehevorbereitung konfessionsverschiedener Partner soll jede vernünftige Anstrengung gemacht werden, um die katholische Lehre über die besonderen Eigenschaften und Verpflichtungen der Ehe gut verständlich zu machen sowie sicherzustellen, daß es nicht zu der erwähnten Druckausübung und Behinderung kommt.
16. Es ist von höchster Wichtigkeit, daß der katholische Teil unter Mitwirkung der Gemeinde in seinem Glauben gestärkt wird und positive Hilfen erfährt, daß er in dessen Verständnis und konkreter Ausübung reifen und so im Schoß der Familie ein glaubwürdiger Zeuge sein kann durch seinen ganzen Lebenswandel und durch die Art der Liebe, welche er dem Gatten und den Kindern schenkt.
Die Ehen zwischen Katholiken und anderen Getauften weisen jedoch, wenn auch in ihrer besonderen Eigenart, zahlreiche Elemente auf, die es zu schätzen und zu entfalten gilt, sei es wegen ihres inneren Wertes, sei es wegen des Beitrags, den sie in die ökumenische Bewegung einbringen können. Dies trifft insbesondere zu, wenn beide Ehepartner ihren religiösen Verpflichtungen nachkommen. Die gemeinsame Taufe und die dynamische Kraft der Gnade sind in diesen Ehen für die Gatten Grundlage und beständige Anregung, ihrer Einheit im Bereich der sittlichen und geistlichen Werte im Leben Gestalt zu geben.

Zu diesem Zweck und auch, um die ökumenische Bedeutung einer solchen konfessionsverschiedenen Ehe hervorzuheben, die voll aus dem Glauben der beiden christlichen Gatten gelebt wird, soll, auch wenn es nicht immer einfach ist, ein herzliches Zusammenwirken zwischen den katholischen und nichtkatholischen Geistlichen angestrebt werden, und zwar schon bei der Vorbereitung auf die Ehe und die Trauung.

Was die Teilnahme des nichtkatholischen Gatten am eucharistischen Mahl betrifft, so befolge man die vom Sekretariat für die Einheit der Christen erlassenen Weisungen (Instruktion In quibus rerum circumstantiis (15.6.1972): AAS 64 (1972) 518-525; Note vom 17.10.1973: AAS 65 (1973) 616-619).

In verschiedenen Teilen der Welt begegnet man heute einer wachsenden Zahl von Ehen zwischen Katholiken und Nichtgetauften. In vielen Fällen bekennt sich dabei der nichtgetaufte Ehepartner zu einer anderen Religion; seiner Überzeugung ist mit Achtung zu begegnen entsprechend den Grundsätzen der Erklärung Nostra aetate des II. Vatikanischen Konzils über die Beziehungen zu den nichtchristlichen Religionen. Aber in nicht wenigen anderen Fällen, vor allem in seiner säkularisierten Gesellschaft, bekennt sich der nichtgetaufte Partner zu überhaupt keiner Religion. Für diese Ehe sollen die Bischofskonferenzen und die einzelnen Bischöfe angemessene pastorale Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, daß der katholische Ehepartner in seinem Glauben verteidigt und in dessen freier Ausübung geschützt wird. Das gilt vor allem für seine Verpflichtung, alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit seine Kinder katholisch getauft und erzogen werden. Der katholische Partner muß ebenso in jeder Weise darin unterstützt werden, in seiner Familie das echte Glaubens- und Lebenszeugnis eines katholischen Christen zu geben.

Der pastorale Einsatz angesichts einiger irregulärer Situationen


79 In ihrer Sorge um den Schutz der Familie in all ihren Dimensionen und nicht nur in religiöser Hinsicht ist die Bischofssynode auch auf einige Situationen besonders eingegangen, die religiös und oft auch zivilrechtlich irregulär sind und sich infolge des heute so raschen kulturellen Wandels leider auch unter Katholiken ausbreiten zum nicht geringen Schaden der Institution der Familie als solcher sowie der menschlichen Gesellschaft, deren grundlegende Zelle sie ist.

a) Die Ehe auf Probe


80 Eine erste irreguläre Situation ist das, was man "Ehe auf Probe" nennt. Viele möchten sie heute rechtfertigen und ihr einen gewissen Wert beimessen. Aber schon die bloße menschliche Vernunft spricht gegen sie; zeigt sie doch, wie wenig überzeugend es ist, ein "Experiment" anzustellen, wo es um menschliche Personen geht, deren Würde verlangt, daß sie für immer und ausschließlich das Ziel liebender Hingabe sind, ohne jegliche zeitliche oder sonstige Begrenzung.

Die Kirche ihrerseits kann einem solchen Ehemodell aus weiteren, ihr eigenen Motiven nicht zustimmen, die sich aus ihrem Glauben herleiten. Die leibliche Hingabe in der geschlechtlichen Begegnung ist ja ein Realsymbol für die Hingabe der ganzen Person; eine solche Hingabe kann aber in der gegenwärtigen Heilsordnung nur aus der Kraft der übernatürlichen Liebe, wie Christus sie schenkt, wahrhaft verwirklicht werden. Ferner ist die Ehe zwischen zwei Getauften auch ein Realsymbol für die Einheit zwischen Christus und seiner Kirche, eine Einheit, die nicht zeitlich begrenzt ist oder nur "auf Probe" gilt, sondern ewige Treue bedeutet. Zwischen zwei Getauften kann es deshalb nur einen unauflöslichen Ehebund geben.

Die geschilderte Situation kann normalerweise nur überwunden werden, wenn die menschliche Person von Kindheit an mit der Hilfe der Gnade Christi und ohne Ängstlichkeit dazu erzogen wurde, die aufkeimende Begierde zu beherrschen und zu den Mitmenschen Beziehungen echter Liebe aufzunehmen. Dahin gelangt man nicht ohne wahre Erziehung zu solcher Liebe und zum rechten Gebrauch der Sexualität. Diese Erziehung muß so sein, daß sie die menschliche Person in all ihren Dimensionen und darum auch in ihrer Leiblichkeit einführt in die Fülle des Mysteriums Christi.

Es wird sehr nützlich sein, den Ursachen des Phänomens der Ehe auf Probe nachzugehen, auch in psychologischer und soziologischer Hinsicht, um eine angemessene Therapie zu finden.


b) Unioni libere di fatto

b) Freie Verbindungen


81 Hier handelt es sich um Verbindungen ohne jegliches öffentlich anerkanntes institutionelles Band, sei es zivilrechtlich oder religiös. Diese Erscheinung, der wir immer häufiger begegnen, muß gleichfalls die Aufmerksamkeit der Seelsorger auf sich ziehen, auch deshalb, weil ihr die verschiedensten Ursachen zugrundeliegen können und ein Einwirken auf diese die Folgen vielleicht zu begrenzen vermag.

Manche halten sich aus wirtschaftlichen, kulturellen oder religiösen Schwierigkeiten zu solchen freien Verbindungen gleichsam genötigt, weil sie bei Eingehen einer regulären Ehe Schaden zu befürchten hätten, den Verlust wirtschaftlicher Vorteile, Diskriminierungen usw. Bei anderen hingegen begegnet man einer Haltung der Verachtung, des Protestes oder der Ablehnung gegenüber der Gesellschaft, der Familie als Institution, der gesellschaftlich-politischen Ordnung oder einer Haltung, die nur auf Lebensgenuß ausgeht. Wieder andere werden dazu getrieben durch äußerste Unwissenheit und Armut, manchmal infolge wirklich ungerechter Verhältnisse oder auch durch eine gewisse seelische Unreife, die sie mit Unsicherheit und Furcht vor einer dauerhaften und endgültigen Bindung erfüllt. In einigen Ländern sehen überlieferte Sitten eine wirkliche Ehe erst nach einer Zeit gemeinsamen Lebens und nach der Geburt des ersten Kindes vor.

Jedes dieser Elemente stellt die Kirche vor schwierige pastorale Probleme, und zwar wegen der ernsten Folgen, die sich daraus ergeben sowohl in religiös-sittlicher Hinsicht (Verlust der religiösen Bedeutung der Ehe im Licht des Bundes Gottes mit seinem Volk, Fehlen der sakramentalen Gnade, schweres Ärgernis) als auch in sozialer Hinsicht (Zerstörung des Familienbegriffs, Schwächung des Sinnes für Treue auch gegenüber der Gesellschaft, mögliche seelische Schäden bei den Kindern, zunehmender Egoismus).

Seelsorger und kirchliche Gemeinschaft werden bemüht sein, solche Situationen und deren konkrete Ursachen Fall für Fall kennenzulernen; diskret und taktvoll mit denen, die zusammenleben, Kontakt aufzunehmen, mit geduldiger Aufklärung, liebevoller Ermahnung und dem Zeugnis christlich gelebter Familie darauf hinzuwirken, daß ihnen der Weg gebahnt werde, ihre Situation zu ordnen. Vor allem sollte man sich jedoch darum bemühen, solchen Erscheinungen vorzubeugen, indem man in der ganzen sittlichen und religiösen Erziehung der Jugend den Sinn für Treue pflegt, ihr die Bedingungen und Strukturen erklärt, welche einer solchen Treue förderlich sind, ohne die es keine wahre Freiheit gibt, und sie im geistlichen Reifen fördert sowie ihr die reiche menschliche und übernatürliche Wirklichkeit des Ehesakramentes erschließt.

Das Volk Gottes möge auch auf die Träger öffentlicher Verantwortung einwirken; sie sollen sich diesen Tendenzen mit ihren zersetzenden Wirkungen auf die Gesellschaft und ihren Schäden für die Würde, Sicherheit und das Wohl der einzelnen Bürger entschieden widersetzen; sie sollen sich bemühen, daß die öffentliche Meinung nicht zu einer Unterbewertung der Bedeutung der Institution von Ehe und Familie verleitet werde. Da in vielen Gegenden die jungen Menschen wegen äußerster Armut infolge ungerechter oder unzureichender sozio-ökonomischer Strukturen nicht heiraten können, wie es sich gebührt, müssen die Gesellschaften und jene, die öffentliche Verantwortung tragen, die legitime Ehe durch eine Reihe von sozialen und politischen Maßnahmen fördern, indem sie den familiengerechten Lohn sichern, Vorkehrungen für ein familiengerechtes Wohnen treffen und entsprechende Arbeits- und Lebensmöglichkeiten schaffen.


b) Freie Verbindungen

81. Hier handelt es sich um Verbindungen ohne jegliches öffentlich anerkanntes institutionelles Band, sei es zivilrechtlich oder religiös. Diese Erscheinung, der wir immer häufiger begegnen, muß gleichfalls die Aufmerksamkeit der Seelsorger auf sich ziehen, auch deshalb, weil ihr die verschiedensten Ursachen zugrundeliegen können und ein Einwirken auf diese die Folgen vielleicht zu begrenzen vermag.

Manche halten sich aus wirtschaftlichen, kulturellen oder religiösen Schwierigkeiten zu solchen freien Verbindungen gleichsam genötigt, weil sie bei Eingehen einer regulären Ehe Schaden zu befürchten hätten, den Verlust wirtschaftlicher Vorteile, Diskriminierungen usw. Bei anderen hingegen begegnet man einer Haltung der Verachtung, des Protestes oder der Ablehnung gegenüber der Gesellschaft, der Familie als Institution, der gesellschaftlich-politischen Ordnung oder einer Haltung, die nur auf Lebensgenuß ausgeht. Wieder andere werden dazu getrieben durch äußerste Unwissenheit und Armut, manchmal infolge wirklich ungerechter Verhältnisse oder auch durch eine gewisse seelische Unreife, die sie mit Unsicherheit und Furcht vor einer dauerhaften und endgültigen Bindung erfüllt. In einigen Ländern sehen überlieferte Sitten eine wirkliche Ehe erst nach einer Zeit gemeinsamen Lebens und nach der Geburt des ersten Kindes vor.

Jedes dieser Elemente stellt die Kirche vor schwierige pastorale Probleme, und zwar wegen der ernsten Folgen, die sich daraus ergeben sowohl in religiös-sittlicher Hinsicht (Verlust der religiösen Bedeutung der Ehe im Licht des Bundes Gottes mit seinem Volk, Fehlen der sakramentalen Gnade, schweres Ärgernis) als auch in sozialer Hinsicht (Zerstörung des Familienbegriffs, Schwächung des Sinnes für Treue auch gegenüber der Gesellschaft, mögliche seelische Schäden bei den Kindern, zunehmender Egoismus).

Seelsorger und kirchliche Gemeinschaft werden bemüht sein, solche Situationen und deren konkrete Ursachen Fall für Fall kennenzulernen; diskret und taktvoll mit denen, die zusammenleben, Kontakt aufzunehmen, mit geduldiger Aufklärung, liebevoller Ermahnung und dem Zeugnis christlich gelebter Familie darauf hinzuwirken, daß ihnen der Weg gebahnt werde, ihre Situation zu ordnen. Vor allem sollte man sich jedoch darum bemühen, solchen Erscheinungen vorzubeugen, indem man in der ganzen sittlichen und religiösen Erziehung der Jugend den Sinn für Treue pflegt, ihr die Bedingungen und Strukturen erklärt, welche einer solchen Treue förderlich sind, ohne die es keine wahre Freiheit gibt, und sie im geistlichen Reifen fördert sowie ihr die reiche menschliche und übernatürliche Wirklichkeit des Ehesakramentes erschließt.

Das Volk Gottes möge auch auf die Träger öffentlicher Verantwortung einwirken; sie sollen sich diesen Tendenzen mit ihren zersetzenden Wirkungen auf die Gesellschaft und ihren Schäden für die Würde, Sicherheit und das Wohl der einzelnen Bürger entschieden widersetzen; sie sollen sich bemühen, daß die öffentliche Meinung nicht zu einer Unterbewertung der Bedeutung der Institution von Ehe und Familie verleitet werde. Da in vielen Gegenden die jungen Menschen wegen äußerster Armut infolge ungerechter oder unzureichender sozio-ökonomischer Strukturen nicht heiraten können, wie es sich gebührt, müssen die Gesellschaften und jene, die öffentliche Verantwortung tragen, die legitime Ehe durch eine Reihe von sozialen und politischen Maßnahmen fördern, indem sie den familiengerechten Lohn sichern, Vorkehrungen für ein familiengerechtes Wohnen treffen und entsprechende Arbeits- und Lebensmöglichkeiten schaffen.

c) Katholiken, die nur zivil getraut sind


82 Immer häufiger gibt es Katholiken, die es aus weltanschaulichen oder praktischen Gründen vorziehen, nur eine Zivilehe einzugehen, während sie die kirchliche Eheschließung ablehnen oder wenigstens hinausschieben. Diese Situation kann nicht ohne weiteres mit der jener gleichgesetzt werden, die ohne jede offizielle Bindung zusammenleben; denn hier findet sich wenigstens eine bestimmte Verpflichtung zu einem fest umschriebenen und wahrscheinlich dauerhaften Lebensstand, wenn auch mit einem solchen Schritt oft der Blick auf eine eventuelle Scheidung verbunden ist. Indem solche Paare die öffentliche Anerkennung ihrer Bindung durch den Staat suchen, zeigen sie sich bereit, mit den Vorteilen auch die Verpflichtungen auf sich zu nehmen. Trotzdem ist auch diese Situation für die Kirche unannehmbar.

Die Pastoral wird die Notwendigkeit einer Übereinstimmung zwischen der Lebenswahl und dem Glauben, den man bekennt, verständlich zu machen suchen und möglichst bemüht sein, diese Menschen dahin zu bringen, ihre eigene Situation im Licht christlicher Grundsätze in Ordnung zu bringen. Obwohl man ihnen mit viel Liebe begegnen und sie zur Teilnahme am Leben ihrer Gemeinden einladen wird, können sie von den Hirten der Kirche leider nicht zu den Sakramenten zugelassen werden.

d) Getrennte und Geschiedene ohne Wiederheirat


83 Verschiedene Gründe wie gegenseitiges Unverständnis oder die Unfähigkeit, sich für personale Beziehungen zu öffnen, können zu der schmerzlichen Folge führen, daß in einer gültigen Ehe ein oft unheilbarer Bruch eintritt. Natürlich muß die Trennung als ein äußerstes Mittel angesehen werden, nachdem jeder andere vernünftige Versuch sich als vergeblich erwiesen hat.

Einsamkeit und andere Schwierigkeiten sind oft die Folge für den getrennten Gatten, zumal wenn er unschuldig ist. Solchen Menschen muß die kirchliche Gemeinschaft ganz besondere Fürsorge zuwenden und ihnen Wertschätzung, Solidarität, Verständnis und konkrete Hilfe entgegenbringen, damit es ihnen möglich ist, auch in ihrer schwierigen Situation die Treue zu bewahren. Man wird ihnen helfen, zu einer Haltung des Verzeihens zu finden, wie sie von der christlichen Liebe geboten ist, und zur Bereitschaft, die frühere eheliche Lebensgemeinschaft gegebenenfalls wieder aufzunehmen.

Ähnlich liegt der Fall eines Ehegatten, der geschieden wurde, aber sehr wohl um die Unauflöslichkeit des gültigen Ehebandes weiß und darum keine neue Verbindung eingeht, sondern sich einzig um die Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Familie und ein christliches Leben bemüht. Ein solches Beispiel der Treue und christlicher Konsequenz ist ein wertvolles Zeugnis vor der Welt und der Kirche. Um so notwendiger ist es, daß die Kirche solchen Menschen in Liebe und mit praktischer Hilfe unablässig beisteht, wobei es keinerlei Hindernis gibt, sie zu den Sakramenten zuzulassen.


e) Wiederverheiratete Geschiedene


84 Die tägliche Erfahrung zeigt leider, daß derjenige, der sich scheiden läßt, meist an eine neue Verbindung denkt, natürlich ohne katholische Trauung. Da es sich auch hier um eine weitverbreitete Fehlentwicklung handelt, die mehr und mehr auch katholische Bereiche erfaßt, muß dieses Problem unverzüglich aufgegriffen werden. Die Väter der Synode haben es ausdrücklich behandelt. Die Kirche, die dazu gesandt ist, um alle Menschen und insbesondere die Getauften zum Heil zu führen, kann diejenigen nicht sich selbst überlassen, die eine neue Verbindung gesucht haben, obwohl sie durch das sakramentale Eheband schon mit einem Partner verbunden sind. Darum wird sie unablässig bemüht sein, solchen Menschen ihre Heilsmittel anzubieten.

Die Hirten mögen beherzigen, daß sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob jemand trotz aufrichtigen Bemühens, die frühere Ehe zu retten, völlig zu Unrecht verlassen wurde oder ob jemand eine kirchlich gültige Ehe durch eigene schwere Schuld zerstört hat. Wieder andere sind eine neue Verbindung eingegangen im Hinblick auf die Erziehung der Kinder und haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, daß die frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war.

Zusammen mit der Synode möchte ich die Hirten und die ganze Gemeinschaft der Gläubigen herzlich ermahnen, den Geschiedenen in fürsorgender Liebe beizustehen, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, da sie als Getaufte an ihrem Leben teilnehmen können, ja dazu verpflichtet sind. Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Meßopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Initiativen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen. Die Kirche soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barmherzige Mutter erweisen und sie so im Glauben und in der Hoffnung stärken.

Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung.

Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, daß, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen - zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder - der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, "sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind" (Johannes Paul II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode (25.10.1980), 7: AAS 72 (1980) 1082).

Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe führen.

Durch diese Haltung bekennt die Kirche ihre eigene Treue zu Christus und seiner Wahrheit; zugleich wendet sie sich mit mütterlichem Herzen diesen ihren Söhnen und Töchtern zu, vor allem denen, die ohne ihre Schuld von ihrem rechtmäßigen Gatten verlassen wurden.

Die Kirche vertraut fest darauf; daß auch diejenigen, die sich vom Gebot des Herrn entfernt haben und noch in einer solchen Situation leben, von Gott die Gnade der Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben sind in Gebet, Buße und Liebe.


Menschen ohne Familie


85 Noch einer anderen Gruppe von Menschen möchte ich ein Wort widmen. Aufgrund ihrer konkreten Lebensverhältnisse, die sie sich vielfach nicht selbst ausgesucht haben, scheinen sie mir dem Herzen Christi besonders nahe und der Zuneigung und wirksamen Fürsorge von seiten der Kirche und ihrer Hirten besonders würdig zu sein.

Es gibt sehr viele Menschen in der Welt, die sich unglücklicherweise auf überhaupt keine Familie im eigentlichen Sinn dieses Wortes beziehen können. Weite Bereiche der Menschheit leben in größter Armut, wo das wahllose Zusammenleben der Geschlechter, die Wohnungsnot, die Unordnung und mangelnde Festigkeit in den Beziehungen zueinander sowie das Fehlen jeglicher Kultur es praktisch unmöglich machen, von einer wahren Familie zu reden. Sodann gibt es Menschen, die aus verschiedenen Gründen in der Welt allein geblieben sind. Doch gibt es auch für sie alle eine "Frohbotschaft der Familie". Für jene, die in äußerster Armut leben, habe ich bereits auf die dringende Notwendigkeit hingewiesen, sich mutig für Lösungen auch auf politischer Ebene einzusetzen, die den Betroffenen helfen können, solche unmenschliche und entwürdigende Situationen zu überwinden. Dies ist eine Aufgabe, die solidarisch die ganze Gesellschaft angeht, vor allem aber - wegen ihres Auftrags und ihrer entsprechenden Verantwortung - die Behörden, doch auch die Familien, die viel Verständnis und Hilfsbereitschaft zeigen müssen.

Denjenigen, die keine natürliche Familie haben, sollen die Pforten der großen Familie der Kirche um so weiter geöffnet werden, die ihnen konkret in der Diözesan- und Pfarrfamilie, in den kirchlichen Basisgemeinschaften und apostolischen Bewegungen begegnet. Niemand ist ohne Familie auf dieser Welt; die Kirche ist Haus und Familie für alle, besonders für jene, die sich plagen und schwere Lasten tragen (Vgl. Mt
Mt 11,28).

SCHLUSS



86 Am Ende dieses Apostolischen Schreibens wende ich mich in bewegter Sorge an euch, ihr Gatten, ihr Väter und Mütter;

an euch, ihr Jugendlichen, die ihr die hoffnungsvolle Zukunft von Kirche und Welt seid, die tragende Kraft der Familie im kommenden dritten Jahrtausend;

an euch, verehrte liebe Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt, und an euch, geliebte Brüder und Schwestern im Ordensstand, die ihr durch euer gottgeweihtes Leben den Eheleuten die tiefste Wirklichkeit der Liebe Gottes bezeugt;

und schließlich an euch alle, Menschen rechten Sinnes, die ihr wie auch immer für die Familie Sorge tragt.

Die Zukunft der Menschheit geht über die Familie!

Es ist darum unerläßlich und dringend, daß jeder Mensch guten Willens sich dafür einsetzt, die Werte und die Aufgaben der Familie zu erhalten und zu fördern.

Die Söhne und Töchter der Kirche meine ich, zu einem besonderen Einsatz in dieser Richtung auffordern zu müssen. Sie, die im Glauben den wunderbaren Plan Gottes in seiner Tiefe kennen, haben ja einen Grund mehr, sich mit ganzem Herzen der Wirklichkeit der Familie in dieser Zeit der Prüfung und Gnade anzunehmen.

Sie müssen der Familie eine besondere Liebe schenken. Das ist ein konkreter, verpflichtender Auftrag.

Liebe zur Familie bedeutet, ihre Werte und Möglichkeiten zu schätzen und stets zu fördern. Liebe zur Familie bedeutet, die ihr drohenden Gefahren und Übel wahrzunehmen und zu bekämpfen. Liebe zur Familie bedeutet ferner, an der Schaffung einer Umgebung mitzuwirken, die ihre Entfaltung begünstigt. In ganz besonderer Weise schließlich zeigt sich diese Liebe, wenn man der christlichen Familie von heute, die oft zu Mutlosigkeit versucht und durch die vermehrten Schwierigkeiten verängstigt ist, wieder Vertrauen zu sich selbst gibt, zu ihrem Reichtum von Natur und Gnade, zu der Sendung, die Gott ihr übertragen hat. "Die Familien unserer Zeit müssen neuen Elan bekommen! Den Weg Christi müssen sie gehen!" (Johannes Paul II., Brief Appropinquat iam (15.8.1980), 1: AAS 72 (1980) 791.).

Den Christen kommt es auch zu, die Frohe Botschaft von der Familie mit Freude und Überzeugung zu verkünden; denn es ist für die Familie unbedingt notwendig, jene authentischen Worte immer wieder neu zu hören und immer tiefer zu verstehen, die ihr die eigene Identität, ihre inneren Kraftquellen und die Bedeutung ihrer Sendung in der Stadt der Menschen und der Stadt Gottes gültig offenbaren.

Die Kirche kennt den Weg, auf dem die Familie zum Kern ihrer Wahrheit gelangen kann. Diesen Weg, den die Kirche in der Schule Christi und der im Licht des Heiligen Geistes gedeuteten Geschichte gelernt hat, zwingt die Kirche niemandem auf; sie fühlt sich aber unabweisbar dazu gedrängt, ihn ohne Furcht, ja sogar mit starkem und hoffnungsvollem Vertrauen allen anzubieten, wenn ihr auch bewußt ist, daß die Frohe Botschaft das Wort vom Kreuz enthält. Aber es ist gerade das Kreuz, das die Familie zur Fülle ihres Wesens und ihrer Liebe reifen läßt.

Ich möchte schließlich alle Christen einladen, beherzt und herzlich mit allen Menschen guten Willens zusammenzuarbeiten, die ihre Verantwortung für den Dienst an der Familie wahrnehmen. Wer sich im Bereich der Kirche, in ihrem Namen und in ihrem Geist, dem Wohl der Familie widmet, seien dies einzelne oder Gruppen, Bewegungen und Verbände, findet oft an seiner Seite Personen und Institutionen, die für dasselbe Ideal arbeiten. In Treue zu den Werten des Evangeliums und des Menschen und unter Beachtung einer berechtigten Vielfalt von Initiativen kann eine solche Zusammenarbeit zu einer rascheren und umfassenderen Förderung der Familie beitragen.

Und nun, zum Abschluß dieser pastoralen Botschaft, die aller Aufmerksamkeit für die ernsten und zugleich faszinierenden Aufgaben der christlichen Familie wecken will, möchte ich den Schutz der heiligen Familie von Nazaret erbitten.

Durch den geheimnisvollen Ratschluß Gottes hat in ihr für viele Jahre der Sohn Gottes verborgen gelebt. Sie ist deshalb Urbild und Beispiel für alle christlichen Familien. Diese Familie, einzig in der ganzen Welt, hat unerkannt und still in einer kleinen Ortschaft Palästinas gelebt; sie ist von Armut, Verfolgung und Verbannung heimgesucht worden, und sie hat auf unvergleichlich erhabene und lautere Weise Gott verherrlicht. Diese Familie wird den christlichen Familien ihre Hilfe nicht versagen, ja sie wird allen Familien in der Welt beistehen in der Treue zu ihren täglichen Pflichten, im Ertragen der Ängste und Bedrängnisse des Lebens, in der hochherzigen Zuwendung zu den Nöten der anderen, in der freudigen Erfüllung ihrer Berufung.

Möge der heilige Josef; der "Gerechte", der unermüdliche Arbeiter, der getreue Hüter des ihm anvertrauten doppelten Schatzes, sie stets behüten, schützen und erleuchten!

Möge die Jungfrau Maria, wie sie Mutter der Kirche ist, so auch die Mutter der "Hauskirche" sein! Möge dank ihrer mütterlichen Hilfe jede christliche Familie wahrhaft eine "Kirche im kleinen" werden, in der sich das Geheimnis der Kirche widerspiegelt und gelebt wird! Sie, die Magd des Herrn, sei das Beispiel für eine demütige und hochherzige Annahme von Gottes Willen; sie, die Schmerzhafte Mutter zu Füßen des Kreuzes, lindere die Schmerzen aller, die an den Schwierigkeiten ihrer Familien leiden, und trockne ihre Tränen.

Und Christus, der Herr, der König des Alls, der König der Familien, sei wie in Kana in jedem christlichen Heim zugegen als Quelle von Licht, Freude, froher Zuversicht und Kraft. Am Fest seines Königtums bitte ich ihn, daß jede Familie hochgemut das Ihre beitrage zur Ankunft seines Reiches in dieser Welt, "Reich der Wahrheit und des Lebens, der Heiligkeit und der Gnade, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens" (Präfation der Messe zum Christkönigsfest). Dieses Reich ist das Ziel der Geschichte.

Ihm, Maria und Josef überantworte ich jede Familie. In ihre Hände lege ich dieses Schreiben, ihrem Herzen vertraue ich es an; mögen sie es euch übergeben, ehrwürdige Brüder, liebe Söhne und Töchter; mögen sie eure Herzen öffnen für das Licht, das vom Evangelium her in jede Familie leuchtet!

Indem ich euch meines ständigen Gebetes versichere, erteile ich allen und jedem einzelnen von Herzen den Apostolischen Segen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, am Christkönigsfest, dem 22. November 1981, im vierten Jahr meines Pontifikates.

JOHANNES PAUL II.







Familiaris consortio DE 78