Generalaudienz 2002 74


74

Mittwoch, 20. November 2002


Lesung: Jesaja 40, 10-11. 13. 17
10 Seht, Gott der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her.
11 Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam.
13 Wer bestimmt den Geist des Herrn? Wer kann sein Berater sein und ihn unterrichten?
17 Alle Völker sind vor Gott wie ein Nichts, für ihn sind sie wertlos und nichtig.



Liebe Brüder und Schwestern!

1. Im Buch des großen Propheten Jesaja, der im 8. Jahrhundert v.Chr. gelebt hat, sind auch die Stimmen anderer Propheten enthalten, die seine Jünger waren und sein Werk fortgesetzt haben. Das ist der Fall bei dem zweiten Jesaja - wie er von den Bibelwissenschaftlern genannt wird -, dem Propheten der Heimkehr Israels aus dem babylonischen Exil im 6. Jahrhundert v.Chr. Sein Werk umfaßt die Kapitel 40-55 des Buches Jesaja, und dem ersten Kapitel ist das soeben erklungene Canticum entnommen, das in die Liturgie der Laudes eingefügt wurde.

Das Canticum besteht aus zwei Teilen: Die ersten beiden Verse stammen vom Ende eines schönen Trostspruches, der die Heimkehr der Verbannten unter der Führung Gottes nach Jerusalem ankündigt (vgl. Is 40,1-11). Die nachfolgenden Verse sind der Anfang einer apologetischen Rede, die Gottes Allwissenheit und Allmacht preist und andererseits die Hersteller von Götzenbildern scharf kritisiert.

2. Am Anfang des liturgischen Textes erscheint also die mächtige Gestalt Gottes - ihm voraus die Trophäen -, der nach Jerusalem heimkehrt, so wie Jakob mit den ihm vorausziehenden Herden ins Heilige Land zurückgekehrt ist (vgl. Gn 31,17 Gn 32,17). Gottes Trophäen sind die verbannten Juden, die er der Hand ihrer Eroberer entrissen hat. Gott wird also »wie ein Hirt« dargestellt (Is 40,11). Dieses in der Bibel und in anderen alten Traditionen enthaltene Bild erinnert an den Gedanken der Führung und Herrschaft, aber hier sind die Züge voll Zärtlichkeit und Liebe, denn der Hirt ist auch Wegbegleiter seiner Schafe (vgl. Ps 22). Er sorgt für die Herde, das heißt, er ernährt sie und sammelt sie, damit sie nicht zerstreut wird, er achtet besonders auf die Lämmer und die Mutterschafe (vgl. Is 40,11).

3. Nach der Beschreibung des Einzugs des Herrn als König und Hirt folgt die Reflexion über sein Handeln als Schöpfer des Universums. Niemand ist ihm gleich in diesem großartigen und kolossalen Werk: der Mensch nicht und noch weniger die Götzen, die tote und machtlose Wesen sind. Der Prophet stellt dann eine Reihe rhetorischer Fragen, in denen schon die Antwort enthalten ist. Sie werden in der Art einer Gerichtsverhandlung gestellt:

75 Niemand ist imstande, das ganze Ausmaß des von Gott geschaffenen Universums zu ermessen. Der Prophet gibt zu verstehen, daß die menschlichen Mittel für diese Aufgabe unzureichend, ja geradezu lächerlich sind. Anderseits ist Gott ein einsamer Baumeister; niemand kann ihm helfen oder ihn beraten bei einem so umfassenden Plan wie dem der kosmischen Schöpfung (vgl. V. 13-14). Niemand kann mit Gott rivalisieren und sich seiner gewaltigen Macht oder seiner unbegrenzten Weisheit rühmen.

Cyrill von Jerusalem stützt sich in seiner 18. Taufkatechese auf unser Canticum und lädt dazu ein, Gott nicht mit dem Metermaß unserer menschlichen Begrenztheit zu messen: »Für dich, der du ein winzig kleiner und schwacher Mensch bist, ist Indien weit von Gothien und Spanien weit von Persien entfernt. Für Gott aber, der die ganze Erde in seiner Hand hält, ist alles nahe« (in: Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 41, München/Kempten, 1922, S. 338)

4. Nach dem Lobpreis auf die Allmacht Gottes in der Schöpfung beschreibt der Prophet dessen Herrschaft über die Geschichte, das heißt über die Nationen, über die Menschheit, die die Erde bevölkert. Die Bewohner bekannter Gebiete, aber auch die aus fernen Regionen, die die Bibel weit entfernte »Inseln« nennt, sind in Wirklichkeit winzig klein gegenüber der unendlichen Größe des Herrn. Die Bilder haben eine starke Leuchtkraft und Ausstrahlung. Die Völker sind »wie ein Tropfen am Eimer«, wie »ein Stäubchen auf der Waage«, wie »ein Sandkorn« (
Is 40,15).

Niemand wäre in der Lage, ein Dankopfer herzurichten, das dieses großartigen Herrn und Königs würdig ist. Die Tiere der Erde und die Zedernwälder des Libanon reichten nicht aus, um das Feuer für dieses Opfer zu entfachen. Der Prophet weist den Menschen in seine Schranken zurück angesichts der unendlichen Größe und der souveränen Allmacht Gottes. Das Schlußwort ist lapidar: »Alle Völker sind vor Gott wie ein Nichts, für ihn sind sie wertlos und nichtig« (V. 17).

5. Der Gläubige wird deshalb von Tagesbeginn an zur Anbetung des allmächtigen Herrn eingeladen. Gregor von Nyssa, Kirchenvater von Kapadozien (4. Jahrhundert), dachte über die Worte des Canticum von Jesaja nach: »Wenn wir das Wort ›allmächtig‹ hören, denken wir an die Tatsache, daß Gott alles im Dasein erhält, sowohl die intelligiblen Lebewesen als auch diejenigen, die zur materiellen Schöpfung gehören. In der Tat, darum hält er den Erdkreis, darum hält er die Enden der Erde, darum umfaßt er den Himmel mit seiner Faust, darum mißt er das Wasser mit der Hand, darum ist die ganze geisterfüllte Schöpfung in ihm enthalten: Denn alles bleibt im Dasein, alles wird mit Macht von der Macht gehalten, die es umfängt« (Teologia trinitaria, Milano 1994, S. 625).

Hieronymus seinerseits verweilt staunend vor einer anderen überraschenden Wahrheit:die Wahrheit, daß Christus, »obwohl er Gott gleich war, … sich entäußerte und wie ein Sklave und den Menschen gleich wurde« (vgl. Ph 2,6-7). Dieser unendliche und allmächtige Gott - so schreibt Hieronymus - hat sich klein und hilflos gemacht. Hieronymus betrachtet ihn im Stall von Betlehem und ruft aus: »Er, der die ganze Welt in seiner Hand trägt, läßt sich in die enge Krippe legen« (Brief 22, 39; in: Bibliothek der Kirchenväter, Bd. 16, München/Kempten 1936, S. 113).

Gott ist allwissend, allmächtig und allgegenwärtig. Er ist der alleinige Schöpfer des Kosmos und sein Erhalter. Seine Weisheit ist unvergleichlich. Daher stellt das Canticum im 40. Kapitel des Prophetenbuches Jesaja die rhetorische Frage: „Wer kann ihn beraten oder unterrichten?" (vgl. Jes. Is 40,13). Tatsächlich müssen vor der Größe dessen, der Herr über Himmel und Erde ist, „alle Völker wie ein Nichts" erscheinen (Is 40,17).

Die Bibel zeigt uns, daß der erhabene Gott zugleich der nahe und treue Begleiter seines Volkes ist: Als der gute Hirt (vgl. Ps. Ps 23) fügt er Menschen aus allen Nationen zu seiner heiligen Kirche zusammen; er trägt und führt uns behutsam dem Ziel unseres Lebens entgegen (vgl. Jes. Is 40,11).
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Sehr herzlich grüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern. Insbesondere heiße ich heute die Teilnehmer an der Studienreise der Katholischen Akademie Hamburg willkommen. Der gute Hirte ist zugleich der Herr des Kosmos. Macht seine Größe und Weisheit unter den Menschen bekannt! Dient Gott mit Freude und betet ihn an!




Mittwoch, 27. November 2002


76 Lesung aus Psalm 99:

1 Der heilige Gott auf dem Zion
Der Herr ist König: Es zittern die Völker.
Er thront auf den Kerubim: Es wankt die Erde.
2 Groß ist der Herr auf Zion, über alle Völker erhaben.
3 Preisen sollen sie deinen großen, majestätischen Namen. Denn er ist heilig.
4 Stark ist der König, er liebt das Recht.
Du hast die Weltordnung fest begründet, hast Recht und Gerechtigkeit in Jakob geschaffen.
5 Rühmt den Herrn, unseren Gott; werft euch am Schemel seiner Füße nieder! Denn er ist heilig.
6 Mose und Aaron sind unter seinen Priestern,
Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen; sie riefen zum Herrn, und er hat sie erhört.
77 7 Aus der Wolkensäule sprach er zu ihnen;/seine Gebote hielten sie, die Satzung, die er ihnen gab. 8 Herr, unser Gott, du hast sie erhört;
du warst ihnen ein verzeihender Gott, aber du hast ihre Frevel vergolten.
9 Rühmt den Herrn, unsern Gott, werft euch nieder an seinem heiligen Berge!
Denn heilig ist der Herr, unser Gott.

Liebe Brüder und Schwestern!

1. »Der Herr ist König.« Dieser Zuruf, , mit dem der soeben gehörte Psalm 99 beginnt, offenbart dessen Grundthema und kennzeichnende literarische Gattung. Es ist ein Canticum, das vom Volk Gottes zum Herrn aufsteigt, der als höchster transzendenter Herrscher die Welt und die Geschichte regiert. Es knüpft an andere ähnliche Gesänge wie die Psalmen 96-98 an, die in der Liturgie der Laudes als ideales Morgengebet angeboten werden und über die wir schon nachgedacht haben.

In der Tat weiß der Gläubige zu Tagesbeginn, daß er nicht einem blinden ungewissen Zufall ausgeliefert ist, daß er nicht seiner unsicheren Freiheit überlassen noch den Entscheidungen Dritter anvertraut oder den Wechselfällen der Geschichte unterworfen ist. Er weiß, daß über jeder irdischen Wirklichkeit der Schöpfer und Erlöser in seiner Größe, Heiligkeit und Barmherzigkeit steht.

2. Verschieden sind die von den Bibelwissenschaftlern vorgebrachten Hypothesen über die Verwendung dieses Psalms in der Liturgie des Tempels von Zion. Der Psalm trägt jedenfalls die Merkmale eines kontemplativen Lobes, das zum Herrn aufsteigt, der in der himmlischen Herrlichkeit vor allen Völkern der Erde thront (vgl. V. 1). Aber Gott macht sich in einem Raum und inmitten einer Gemeinde, das heißt in Jerusalem (vgl. V. 2), gegenwärtig, indem er zeigt, daß er der »Gott mit uns« ist. .

Sieben hohe Titel werden Gott schon in den ersten Versen vom Psalmisten zuerkannt: Er ist König, groß, erhaben, majestätisch, heilig, stark und gerecht (vgl. V. 1-4). Im weiteren wird Gott auch als »verzeihend« (V. 8) beschrieben. Besonders betont wird die Heiligkeit Gottes: Denn dreimal wird - gleichsam als Antiphon - wiederholt, daß »er heilig ist« (V. 3.5.9). Am Schluß wird in der biblischen Sprache die göttliche Transzendenz besonders hervorgehoben. Gott übersteigt uns und steht unendlich höher als alle seine Geschöpfe. Aber diese Transzendenz macht ihn nicht zu einem gleichgültigen und fernstehenden Herrscher:Wenn er angerufen wird, antwortet er (vgl. V. 6). Gott ist derjenige, der retten kann, der einzige, der die Menschheit vom Bösen und vom Tod befreien kann. Denn »er liebt das Recht«, und er »hat Recht und Gerechtigkeit in Jakob geschaffen« (V. 4).

3. Über das Thema der Heiligkeit Gottes haben die Kirchenväter zahllose Betrachtungen angestellt und die göttliche Unzugänglichkeit gerühmt. Aber dieser transzendente und heilige Gott hat sich dem Menschen genähert. Ja, er hat sich, wie der hl. Irenäus sagt, schon im Alten Testament an den Menschen »gewöhnt«, indem er sich durch Erscheinungen geoffenbart und durch die Propheten gesprochen hat, während der Mensch sich an Gott »gewöhnt hat« und gelernt hat, ihm zu folgen und zu gehorchen. Der hl. Ephraim betont sogar in einer seiner Hymnen, daß durch die Menschwerdung »der Heilige seine Wohnung im Leib [Mariens] in körperlicher Weise genommen hat, jetzt nimmt er in geistlicher Weise im Denken seine Wohnung« (Inni sulla Natività, 4, 130). Aufgrund des Geschenkes der Eucharistie und in Analogie zur Menschwerdung »ist das Heilmittel des Lebens aus der Höhe herabgekommen, um unter denen zu wohnen, die seiner würdig sind. Nachdem er eingetreten war, hat er mit uns Wohnung genommen, so daß wir uns in ihm heiligen« (Inni conservati in armeno, 47, 27.30).

4. Diese enge Verbindung zwischen der »Heiligkeit« und der Nähe Gottes wird auch in Psalm 99 entfaltet. Nachdem er die absolute Vollkommenheit des Herrn betrachtet hat, erinnert der Psalmist daran, daß Gott durch Mose und Aaron, seine Vermittler, wie auch durch Samuel, seinen Propheten, in ständigem Kontakt mit seinem Volk gestanden ist. Er hat gesprochen und ist gehört worden, er hat die Übeltaten bestraft, aber er hat die Verbrechen wieder verziehen.

78 Zeichen seiner Gegenwart unter dem Volk war »der Schemel seiner Füße«, das heißt der Thron der Bundeslade des Tempels von Zion (V. 5-8). Der heilige und unsichtbare Gott machte sich also bereit für sein Volk durch Mose, den Gesetzgeber, durch Aaron, den Priester, durch Samuel, den Propheten. Er offenbarte sich in heilbringenden Worten und Handlungen und urteilte gerecht, und er war durch die Feier des Gottesdienstes im Tempel auf Zion schon gegenwärtig.

5. Wir könnten also sagen, daß Psalm 99 sich heute in der Kirche, dem Sitz der Gegenwart des heiligen und transzendenten Gottes, verwirklicht. Der Herr hat sich nicht in den unerreichbaren Raum seines Geheimnisses zurückgezogen. Er »richtet den Erdkreis gerecht, die Nationen so, wie es recht ist « (
Ps 98,9).

Gott ist vor allem in seinem Sohn zu uns gekommen, der einer von uns wurde, um sein Leben und seine Heiligkeit in uns einzugießen. Deshalb treten wir jetzt nicht mit Furcht, sondern mit Vertrauen vor Gott hin. Denn wir haben in Christus den Hohenpriester, der heilig, unschuldig und makellos ist. Er kann »auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten« (He 7,25). Unser Gesang ist darum voll Zuversicht und Freude und rühmt den König, den Herrn, der in unserer Mitte wohnt und alle Tränen von unseren Augen abwischt (vgl. Ap 21,3-4).

„Groß ist der Herr auf Zion!" ruft der Beter in Psalm 99 freudig aus (V. 2). Jahwe ist der Heilige. Er erhebt sich über die ganze Schöpfung. Zugleich ist er den Menschen heilsam nahe. Der König des Alls nimmt Wohnung unter den Menschen, um ein Reich des Rechtes und der Gerechtigkeit aufzurichten (vgl. Ps. Ps 99,4).

Dieses Reich hat in der Kirche Gestalt angenommen. Sie ist der Ort der Gegenwart Gottes. Die Kirchenväter deuten das Psalmwort auf Jesus hin: Gottes Heiligkeit und Nähe teilen sich uns in Christus mit. Er wurde einer von uns, um uns mit seinem Leben zu erfüllen. Darum will er dauerhaft in unseren Herzen wohnen.
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Freundlich heiße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Besonders grüße ich heute die Teilnehmer am Benefizlauf zugunsten der Kinderkrebshilfe aus der Steiermark. Gott, der Heilige schlechthin, will, daß auch wir heilig sind. Gebt mit eurer Liebe Zeugnis von dieser hohen Berufung! Zeigt den Menschen, daß der Herr unter uns ist!



Dezember 2002


Mittwoch, 4. Dezember 2002

Lesung: Ps 51, 3. 12-13. 15-16 - Bitte um Vergebung und Neuschaffung

79 Ps 50,3 Ps 50,12-13 Ps 50 Ps 15-16

3 Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen!
12 Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist!
13 Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir!
15 Dann lehre ich Abtrünnige deine Wege, und die Sünder kehren um zu dir.
16 Befrei mich von Blutschuld, Herr, du Gott meines Heiles, dann wird meine Zunge jubeln über deine Gerechtigkeit.

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Die Liturgie der Laudes bietet uns allwöchentlich den 51. Psalm, das berühmte »Miserere«, an. Wir haben ihn in Auszügen schon betrachtet. Auch jetzt beschäftigen wir uns mit einem Abschnitt dieser großartigen Bitte um Vergebung, nämlich mit den Versen 12-16.

Es ist von besonderer Bedeutung, daß im hebräischen Original dreimal das Wort »Geist« vorkommt; er wird von Gott als Geschenk erbeten und vom Geschöpf, das die eigenen Sünden bereut, empfangen: »Gib mir einen neuen, beständigen Geist … nimm deinen heiligen Geist nicht von mir … mit einem willigen Geist rüste mich aus!« (V. 12.13.14). Wir könnten in der liturgischen Fachsprache gewissermaßen von einer »Epiklese« sprechen, das heißt von einer dreifachen Anrufung des göttlichen Geistes, der bei der Erschaffung der Welt über dem Wasser schwebte (vgl. Gn 1,2), aber jetzt in die Seele des Gläubigen eingeht, ihr neues Leben einflößt und sie aus dem Reich der Sünde in das himmlische Reich der Gnade erhebt.

2. Die Kirchenväter sehen in dem vom Psalmisten erbetenen »Geist« die wirksame Gegenwart des Heiligen Geistes. So ist Ambrosius überzeugt, daß es sich um den einen Heiligen Geist handelt, »der in den Propheten feurig entbrannte, [von Christus] in die Apostel eingeflößt wurde und im Sakrament der Taufe mit dem Vater und dem Sohn eins wurde« (Lo Spirito Santo I, 4, 55: SAEMO 16, S. 95). Dieselbe Überzeugung haben auch andere Kirchenväter wie Didymos der Blinde von Alexandrien in Ägypten und Basilius von Cäsarea in ihren jeweiligen Traktaten über den Heiligen Geist zum Ausdruck gebracht (Didymos der Blinde, Lo Spirito Santo, Roma, 1990, S. 59; Basilius von Cäsarea, Lo Spirito Santo, IX, 22, Roma, 1993, S. 117 f.).

Als Ambrosius feststellt, daß der Psalmist von jener Freude spricht, von der die Seele durchströmt wird, wenn sie einmal den großmütigen und machtvollen Geist Gottes empfangen hat, kommentiert er: »Die Fröhlichkeit und die Freude sind Früchte des Heiligen Geistes, und der Höchste Geist ist das, worauf wir vor allem gründen. Wer also durch den Höchsten Geist gestärkt wird, unterliegt nicht der Knechtschaft, kann nicht Sklave der Sünde sein, kann nicht unentschlossen sein; er irrt nicht umher und ist in den Entscheidungen nicht unsicher, sondern er ist auf Felsen gebaut und steht auf festen Füßen« (Apologia del profeta David a Teodosio Augusto, 15, 72: SAEMO 5, 129).

3. Mit dieser dreifachen Anrufung des »Geistes« entfaltet der 51. Psalm, nachdem er in den vorhergehenden Versen das finstere Gefängnis der Sünde beschrieben hat, das leuchtende Reich der Gnade. Es ist eine große Wende, vergleichbar mit einer neuen Schöpfung: Wie Gott in den Anfängen seinen Geist in die Materie eingehaucht und die menschliche Person erschaffen hat (vgl. Gn 2,7), so erschafft (vgl. Ps 51,12), erneuert, verwandelt und verändert derselbe Geist den reumütigen Sünder; er nimmt ihn wieder auf (vgl. V. 13) und läßt ihn wieder an der Freude über das Heil teilhaben (vgl. V. 14). Der Mensch, nunmehr vom göttlichen Geist beseelt, wandelt auf dem Pfad der Gerechtigkeit und Liebe, wie es in einem anderen Psalm heißt: »Lehre mich, deinen Willen zu tun; denn du bist mein Gott. Dein guter Geist leite mich auf ebenem Pfad« (Ps 143,10).

80 4. Der Bittende, der die innere Wiedergeburt erfahren hat, wird nun zum Zeugen. Er verspricht Gott, »die Abtrünnigen die Wege des Guten zu lehren« (vgl. Ps 51,15), damit sie wie der verlorene Sohn zum Haus des Vaters zurückkehren können. In der gleichen Weise hatte Augustinus, nachdem er die finsteren Wege der Sünde gegangen war, dann das Bedürfnis gehabt, in seinen Bekenntnissen die Freiheit und Freude der Erlösung zu bezeugen.

Wer die barmherzige Liebe Gottes erfahren hat, der wird ein eifriger Zeuge, vor allem gegenüber all jenen, die noch in die Fänge der Sünden verstrickt sind. Wir denken an Paulus, der, von Christus auf der Straße nach Damaskus geblendet, ein unermüdlicher Verkünder der göttlichen Gnade geworden ist.

5. Ein letztes Mal blickt der Beter auf seine dunkle Vergangenheit zurück und ruft zu Gott: »Befrei mich von Blutschuld, Herr, du Gott meines Heiles« (V. 16). Die »Blutschuld«, auf die er hinweist, wird in der Heiligen Schrift verschieden ausgelegt. Die dem König David in den Mund gelegte Anspielung bezieht sich auf den Mord an Uria, dem Gatten von Betsabea, jener Frau, die die Leidenschaft des Herrschers entfacht hatte. Im erweiterten Sinn zeigt die Anrufung das Verlangen nach Reinigung vom Bösen, von der Gewalt, vom Haß, die im menschlichen Herzen immer präsent sind durch die finstere Macht des Bösen. Jetzt aber singen die von der Sünde gereinigten Lippen des Gläubigen das Lob des Herrn.

Und der Abschnitt des 51. Psalms, den wir heute kommentiert haben, endet gerade mit der Verpflichtung, die »Gerechtigkeit« Gottes zu verkünden. Das Wort »Gerechtigkeit« beschreibt eigentlich nicht, wie es so oft in der Bibelsprache vorkommt, die Bestrafung des Bösen durch Gott, sondern es weist vielmehr auf die Wiederherstellung des Sünders hin, weil Gott seine Gerechtigkeit dadurch kundtut, daß er die Sünder gerecht macht (vgl. Rm 3,26). Gott freut sich nicht über den Tod des Sünders, sondern daß er seine bösen Wege verläßt und am Leben bleibt (vgl. Ez 18,23).

Der Mensch trägt ein tiefes Verlangen nach Heil und Geborgenheit in sich. Diese Sehnsucht spricht der Beter in Psalm 51 aus. Er bittet um Erbarmen, Gnade und Erneuerung: „Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir" (Ps 51,13). In der Gegenwart des Leben schaffenden Gottes findet der Suchende Halt.

Der Heilige Geist erneuert, verklärt und verwandelt den reumütigen Sünder. Er läßt ihn teilhaben an der Freude des Heils. Er macht den Beter zu seinem Zeugen. So kann dieser ausrufen: „Dann lehre ich Abtrünnige deine Wege. " (Ps 51,15). Schließlich vollendet sich die Bitte des Gebeugten im Lobpreis des Bekenners.
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Ganz herzlich grüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern. Besonders heiße ich heute die Mitglieder der Schönstatt-Familie aus verschiedenen deutschen Diözesen willkommen. Kündet allen in der Welt den erbarmungsreichen Gott, der unser Verlangen nach Heil erfüllt. Die Gnade und die Freude des Heiligen Geistes helfe und begleite Euch!




Mittwoch, 11. Dezember 2002

Lesung: Jeremia 14, 17-21


17 Du sollst zu ihnen dieses Wort sagen: Meine Augen fließen über von Tränen bei Tag und bei Nacht und finden keine Ruhe. Denn großes Verderben brach herein über die Jungfrau, die Tochter, mein Volk, eine unheilbare Wunde.
81 18 Gehe ich aufs Feld hinaus - seht, vom Schwert Durchbohrte! Komme ich in die Stadt - seht, vom Hunger Gequälte! Ja, auch Propheten und Priester werden verschleppt in ein Land, das sie nicht kennen.
19 Die Klage des Volkes: Hast du denn Juda ganz verworfen, wurde dir Zion zum Abscheu? Warum hast du uns so geschlagen, daß es für uns keine Heilung mehr gibt? Wir hofften auf Heil, doch kommt nichts Gutes, auf die Zeit der Heilung, doch ach, nur Schrecken!
20 Wir erkennen, Herr, unser Unrecht, die Schuld unsrer Väter: Ja, wir haben gegen dich gesündigt.
21 Um deines Namens willen verschmäh nicht, verstoß nicht den Thron deiner Herrlichkeit!Gedenke deines Bundes mit uns, und löse ihn nicht!

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Das Canticum, das der Prophet Jeremia aus seinem geschichtlichen Horizont zum Himmel erhebt (14, 17-21), ist bitter und leidvoll. Wir haben es soeben als Anrufung gehört, wobei die Liturgie der Laudes es am Freitag anführt, dem Tag, an dem sie des Todes des Herrn gedenkt. Der Kontext, aus dem diese Klage aufsteigt, ist durch eine Plage gekennzeichnet, die die Länder des Nahen Ostens oft trifft: die Dürre. Aber mit diesem dramatischen Naturereignis verknüpft der Prophet die nicht weniger schreckliche Tragödie des Krieges: »Gehe ich aufs Feld hinaus - seht, vom Schwert Durchbohrte! Komme ich in die Stadt - seht, vom Hunger Gequälte!« (V. 18). Die Beschreibung trifft leider auf viele Regionen unseres Planeten zu.

2. Jeremia tritt mit tränenüberströmtem Gesicht in Erscheinung. Er weint ununterbrochen um »die Tochter seines Volkes«, das heißt um Jerusalem. Denn einem sehr bekannten biblischen Symbol zufolge ist die Stadt weiblich und wird als »Tochter Zion« dargestellt. Der Prophet nimmt innerlich Anteil am »Verderben« und an der »unheilbaren Wunde« seines Volkes (V. 17). Oft sind seine Worte von Schmerz und Tränen gezeichnet, weil sich Israel von der geheimnisvollen Botschaft, die das Leiden mit sich bringt, nicht angesprochen fühlt. Jeremia ruft an einer anderen Stelle aus: »Wenn ihr aber darauf nicht hört, so muß ich im Verborgenen weinen über den Hochmut, und mein Auge muß ohne Unterlaß Tränen vergießen, da die Herde des Herrn weggeführt wird« (13, 17).

3. Der Grund dieser herzzerreißenden Klage des Propheten ist, wie gesagt, in zwei tragischen Ereignissen zu suchen: im Schwert und im Hunger, das heißt im Krieg und in der Hungersnot (vgl. Jer
Jr 14,18). Es handelt sich um eine schmerzliche geschichtliche Situation; bezeichnend dafür ist das Bild des Propheten und des Priesters, die Hüter des Wortes Gottes sind und »in ein unbekanntes Land verschleppt werden« (ebd.).

Der zweite Teil des Canticum (vgl. V. 19-21) ist keine persönliche, in erster Person erhobene Klage mehr, sondern ein gemeinsam an Gott gerichteter Anruf: »Warum hast du uns so geschlagen, daß es für uns keine Heilung mehr gibt?« (V. 19). Denn es gibt neben dem Schwert und dem Hunger eine noch größere Tragödie, nämlich die des Schweigens Gottes, der sich nicht mehr offenbart und sich scheinbar in seinem Himmel eingeschlossen hat, so als sei er des menschlichen Tuns überdrüssig. Die an ihn gerichteten Fragen sind deshalb im eigentlich religiösen Sinn deutlich und gespannt: »Hast du denn Juda ganz verworfen, wurde dir Zion zum Abscheu?« (V. 19). Man fühlt sich jetzt allein gelassen, ohne Frieden, ohne Heilung, ohne Hoffnung. Das sich selbst überlassene Volk fühlt sich verloren und von Furcht ergriffen.

Liegt nicht der eigentliche Grund von soviel Unzufriedenheit, die wir heute antreffen, in dieser existentiellen Vereinsamung? Die häufige Verunsicherung und die vielen unüberlegten Reaktionen kommen daher, daß man sich von Gott, dem heilbringenden Felsen, abgekehrt hat.

Zum Schluß verwendet der Prophet zwei grundlegende Begriffe: »Gedenken« und »Bund« (V. 21). Gott wird von seinem Volk aufgefordert, an es »zu denken«, das heißt, den Faden seiner großherzigen Güte wieder aufzunehmen, die in der Vergangenheit so oft durch sein entscheidendes Eingreifen zur Rettung Israels offenbar wurde. Gott wird eingeladen, sich daran zu erinnern, daß er sich durch einen Bund der Treue und Liebe an sein Volk gebunden hat. Gerade wegen dieses Bundes kann das Volk darauf vertrauen, daß der Herr kommen wird, um es zu befreien und zu retten. Die von ihm übernommene Verpflichtung, die Ehre seines »Namens«, die Tatsache seiner Gegenwart im Tempel und »der Thron seiner Herrlichkeit« drängen Gott - nach dem Urteil über die Sünde und dem Schweigen - dazu, seinem Volk wieder nahe zu sein, um ihm Leben, Frieden und Freude zu schenken.

82 5. Abschließend können wir neben die Bitte Jeremias eine rührende Mahnung stellen, die der hl. Cyprian im 3. Jahrhundert an die Christen von Karthago als ihr Bischof gerichtet hat. Cyprian ruft seine Gläubigen auf, in der Zeit der Verfolgung den Herrn anzuflehen. Dieser Bittruf ist nicht gleichzusetzen mit dem Gebet des Propheten, denn er enthält kein Sündenbekenntnis, weil die Verfolgung keine Strafe für die Sünden, sondern eine Teilhabe am Leiden Christi ist. Dennoch handelt es sich um eine ebenso inständige Bitte wie die des Jeremia. »Wir wollen« - sagt Cyprian - »in unermüdlichem Bitten und voll Vertrauen auf unsere Erhörung in Einfalt und Einmütigkeit den Herrn anflehen, indem wir unter Seufzen und Weinen uns an ihn wenden, wie es sich eben für solche ziemt, die da weilen inmitten der Trümmer der Wehklagenden und der Überreste der Furchtsamen, inmitten des zahlreichen Haufens der Erschlafften und winzigen Schar der noch aufrecht Stehenden! Wir wollen darum bitten, daß der Friede recht bald wiederkehre, daß wir in unseren Nöten und Gefahren schleunigst Hilfe finden und daß wir all das sich erfüllen sehen, was der Herr seinen Dienern in Aussicht zu stellen geruht:die Wiederherstellung seiner Kirche, die Sicherheit unseres Heils, heiteren Himmel nach dem Regen, Licht nach der Finsternis, friedliche Ruhe nach Sturm und Wind, die gütige Hilfe der väterlichen Liebe und die gewohnten Wundertaten der göttlichen Majestät« (Epistula 11, 8 in: Bibliothek der Kirchenväter, München 1928, Bd. 60, S. 41).

Das Canticum im 14. Kapitel des Buches Jeremia thematisiert die Erniedrigung des alttestamentlichen Volkes Gottes und der heiligen Stadt Jerusalem. Als Anwalt der Gebeugten klagt der Prophet zu Gott: „Warum hast du uns so geschlagen? Wir hofften auf Heil, doch kommt nichts Gutes. " (
Jr 14,19). Schlimmer noch als Schwert und Hunger trifft den Beter das Schweigen Gottes.

In der Verlassenheit liegt der Samen des Neubeginns: Das Volk besinnt sich. Es erkennt im eigenen sündigen Verhalten den Grund für das göttliche Schweigen. Doch schließlich darf der erniedrigte Mensch wie ein Licht im Dunkel die Treue des Herrn erfahren: Gott gedenkt seines Bundes und löst ihn nicht (vgl. Jer Jr 14,21).
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Von Herzen heiße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Verkündet die Treue Gottes, der uns aus dem Abgrund der Sünde in das Heil führen will! In dieser Adventszeit gehen wir Christus entgegen. Er ist die Sonne der Gerechtigkeit, das Licht, das unser Leben erleuchtet. Seine Gnade begleite euch!




Mittwoch, 18. Dezember 2002



Liebe Brüder und Schwestern!

1. In der Adventszeit begleitet uns die Einladung des Propheten Jesaja: »Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, unser Gott wird kommen und uns erretten!« (Is 35,4). Sie wird vor dem Weihnachtsfest noch eindringlicher und ist mit der Aufforderung verbunden, die Herzen für die Aufnahme des Messias vorzubereiten. Der von den Völkern Erwartete kommt ganz gewiß, und seine Rettung ist für alle Menschen bestimmt.

In der Heiligen Nacht rufen wir seine Geburt zu Betlehem in Erinnerung, wir können in gewisser Weise die Gefühle der Hirten, ihre Freude und ihr Staunen miterleben. Wir betrachten mit Maria und Josef die Herrlichkeit des göttlichen Wortes, das zu unserem Heil Fleisch geworden ist. Wir bitten, daß alle Menschen das neue Leben aufnehmen, das der Sohn Gottes in die Welt gebracht hat, indem er unsere menschliche Natur annahm.

2. Die Liturgie der Adventszeit, die von ständigen Hinweisen auf die frohe Erwartung des Messias durchdrungen ist, hilft uns, die Bedeutung und den Sinn des Weihnachtsgeheimnisses voll zu erfassen. Es geht nicht nur um das Gedenken an ein geschichtliches Ereignis, das sich vor mehr als 2000 Jahren in einem kleinen Ort in Judäa vollzogen hat. Es ist vielmehr notwendig, zu verstehen, daß unser ganzes Leben ein Advent sein soll, eine wachsame Erwartung der endgültigen Ankunft Christi. Wenn wir unser Herz bereit machen für die Aufnahme des Herrn, der - wie wir im Credo bekennen - eines Tages kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten, müssen wir lernen, ihn in den Ereignissen des täglichen Lebens zu erkennen, in denen er gegenwärtig ist. Der Advent wird dann sozusagen ein gutes Training, das uns zweifellos auf den ausrichtet, der schon gekommen ist, der kommen wird und der ständig im Kommen ist.

3. Mit diesen Empfindungen bereitet sich die Kirche darauf vor, nächste Woche - von Staunen erfüllt - das Geheimnis der Menschwerdung zu betrachten. Das Evangelium berichtet über die Empfängnis und die Geburt Jesu und erzählt die providentiellen Umstände, die diesem wundersamen Geschehen vorausgegangen sind und es begleitet haben:die Verkündigung des Engels an Maria, die Geburt des Täufers, der Chor der Engel in Betlehem, die Ankunft der Magier aus dem Orient, die Traumvisionen des hl. Josef. Sie alle sind Zeichen und Zeugnisse, die die Gottheit dieses Kindes hervorheben. In Betlehem wird der Immanuel, der »Gott mit uns«, geboren.

83 In der Liturgie dieser Tage stellt die Kirche uns drei einzigartige »Führer« vor, die uns die Haltung zeigen, die wir einnehmen sollen, wenn wir diesem göttlichen »Gast«der Menschheit entgegengehen.

4. Vor allem Jesaja, der Prophet der Tröstung und der Hoffnung. Er verkündet dem Volk Israel im Babylonischen Exil eine wahrhaft frohe Botschaft und ruft dazu auf, zu wachen und zu beten, um »die Zeichen« der Ankunft des Messias zu erkennen.

Dann kommt Johannes der Täufer, der Vorläufer des Messias, der sich als »Stimme, die in der Wüste ruft« vorstellt und »Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden« predigt (vgl. Mk
Mc 1,4). Es ist die einzige Bedingung, um den nun in der Welt gegenwärtigen Messias zu erkennen.

Und schließlich Maria, die uns in dieser Novene der Vorbereitung auf Weihnachten nach Betlehem führt. Maria ist die Frau des »Ja«, die sich, im Unterschied zu Eva, den Plan Gottes vorbehaltlos zu eigen macht. Sie wird dadurch ein Licht, das unsere Schritte erhellt, und das höchste Vorbild, das uns inspirieren soll.

Liebe Brüder und Schwestern, gehen wir in Begleitung der Jungfrau dem Herrn, der kommt, entgegen, »wachsam im Gebet und im frohen Lobpreis«.

Ich wünsche allen eine gute Vorbereitung auf das bevorstehende Weihnachtsfest.

„Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet Euch nicht! Gott wird kommen und euch erretten. " (Is 35,4). Dieser Ruf des Propheten Jesaja erfüllt den Advent, die Zeit der Erwartung des Messias. Gott will in unseren Herzen wohnen. Unser ganzes Leben soll ein „Advent" sein, damit wir das Geheimnis der Menschwerdung immer tiefer erfahren.

Auf diesem Weg stellt die Kirche den Christen drei einzigartige Leitbilder zur Seite: Jesaja mahnt uns, im Gebet zu wachen. Der Täufer Johannes predigt die Umkehr zur Vergebung der Sünden (vgl. Mc 1,4), damit wir den Heiland erkennen, der schon unter uns ist. Wir schauen im Advent besonders auf Maria, die zu Gottes Heilsplan ganz »Ja« gesagt hat. Ihr hohes Vorbild leitet uns; ihre Fürsprache hilft uns.
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Mit frohen adventlichen Grüßen heiße ich die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachgebiet willkommen. Mein besonderer Gruß gilt dem Jugendkammerorchester „Maria Stern" aus Augsburg. Laßt euch alle von Maria zu Jesus führen! Seid wachsam und eifrig in der Liebe!











Generalaudienz 2002 74