Generalaudienz 2003 34


Mittwoch, 7. Mai 2003



Liebe Brüder und Schwestern!

1. Heute möchte ich über die Apostolische Reise sprechen, die mich am vergangenen Samstag und Sonntag nach Spanien geführt hat und deren Leitspruch war: »Seréis mis testigos - Ihr werdet meine Zeugen sein.«

Ich danke dem Herrn, der es mir ermöglicht hat, diese edle und geliebte Nation zum fünften Mal zu besuchen, und ich danke erneut dem Kardinal-Erzbischof von Madrid, den Oberhirten und der ganzen Kirche von Spanien, Ihren Majestäten dem König und der Königin sowie dem Regierungschef und den weiteren Obrigkeiten, die mich mit soviel Aufmerksamkeit und Zuneigung aufgenommen haben. Bereits bei meiner Ankunft hatte ich Gelegenheit, die Wertschätzung des Nachfolgers Petri für diesen Teil des Volkes Gottes zum Ausdruck zu bringen.

35 Seit fast 2000 Jahren ist es in Spanien auf dem Pilgerweg und hat eine entscheidende Rolle in der Evangelisierung Europas und der Welt gespielt. Zugleich wollte ich meine Hochschätzung für die sozialen Fortschritte des Landes bekunden und dazu auffordern, sie immer auf die wahren und ewigen Werte zu gründen, die das wertvolle Erbe des ganzen europäischen Kontinents bilden. Zwei große Ereignisse

2. Diese pastorale Pilgerreise hatte zwei Höhepunkte: das große Treffen mit den Jugendlichen am Samstagnachmittag und die heilige Messe mit der Heiligsprechung von fünf Seligen am Sonntagvormittag.

Auf dem Flugstützpunkt »Cuatros Vientos« in Madrid fand die Gebetswache der Jugendlichen statt, die dem Rosenkranzgebet gewidmet war. Dabei bot sich mir die Gelegenheit, die Botschaft des Apostolischen Schreibens Rosarium Virginis Mariae und des Jahres des Rosenkranzes, das wir jetzt feiern, kurz darzulegen. Ich habe die Jugendlichen eingeladen, immer mehr zu Menschen mit einer tiefen Innerlichkeit zu werden und mit Maria oft Christus und seine Mysterien zu betrachten. Gerade das ist das wirksamste Mittel gegen die Gefahren des Konsumverhaltens, denen der Mensch von heute ausgesetzt ist. Den Eindrücken der vergänglichen Werte der sichtbaren Welt, die ein bestimmter Typ der medialen Kommunikation anbietet, sind notwendigerweise die dauerhaften Werte des Geistes entgegenzusetzen, die nur erlangt werden können, wenn man durch Kontemplation und Gebet in die eigene Innerlichkeit zurückfindet.

Ich konnte mit Freude feststellen, daß die Jugendlichen ihren Altersgenossen gegenüber immer entschlossener zu Protagonisten der Neuevangelisierung werden, die bereit sind, ihre Kräfte für Christus und sein Reich einzusetzen. Ich habe der allerseligsten Jungfrau die Jugendlichen von Madrid und ganz Spanien anvertraut, denn sie sind die Zukunft und die Hoffnung der Kirche und der Gesellschaft dieser großen Nation.

3. Am darauffolgenden Tag fand die Eucharistiefeier auf der Plaza de Colón im Stadtzentrum statt. In Anwesenheit der Königlichen Familie, des Episkopats und der Obrigkeiten des Landes sowie vor einer riesigen Versammlung von Vertretern aller kirchlichen Gruppen hatte ich die Freude, zwei Söhne und drei Töchter Spaniens heiligzusprechen: den Priester und Märtyrer Pedro Poveda Castroverde, den Priester José María Rubio y Peralta und die Ordensfrauen Genoveva Torres Morales, Angela de la Cruz und María Maravillas de Jesús.

Diese wahren Jünger Christi und Zeugen seiner Auferstehung sind ein Vorbild für die Christen in der ganzen Welt. Indem sie aus dem Gebet die notwendige Kraft schöpften, verstanden sie es, die ihnen von Gott übertragenen Aufgaben zu erfüllen, und zwar im kontemplativen Leben, im pastoralen Dienst, im Bildungsbereich, im Apostolat der geistlichen Exerzitien und in der Nächstenliebe gegenüber den Armen. Sie sind besonders vorbildlich für die Gläubigen und die kirchlichen Gemeinschaften in Spanien, damit dieses von Gott gesegnete Land auch in unseren Tagen reiche Früchte der evangeliumsgemäßen Vollkommenheit hervorbringt.

Zu diesem Zweck habe ich die Christen Spaniens aufgerufen, dem Evangelium treu zu bleiben, die Einheit der Familie zu schützen und zu fördern und die katholische Identität weiterhin zu bewahren und zu erneuern. Durch die ewigen Werte seiner Tradition wird dieses edle Land seinen wirksamen Beitrag zum Aufbau des neuen Europas leisten können.

4. Die fünfte Apostolische Reise nach Spanien hat in mir eine tiefe Überzeugung bekräftigt: Die älteren Nationen Europas bewahren eine christliche Gesinnung, die mit dem »Genius« und der Geschichte des jeweiligen Volkes eine Einheit bildet. Der Säkularismus bedroht leider ihre Grundwerte, aber die Kirche bemüht sich, diese geistliche und kulturelle Tradition weiterhin zu erhalten.

Indem ich an das edle Herz Spaniens appelliere, das nach soliden humanen und christlichen Prinzipien geformt ist, wollte ich besonders an die Jugendlichen das Wort Christi richten: »Ihr werdet meine Zeugen sein.« Diese Worte wiederhole ich heute und versichere die Kirche und das spanische Volk sowie alle Anwesenden meines Gebetes, das von einem besonderen Apostolischen Segen begleitet wird.

„Ihr werdet meine Zeugen sein!" (
Ac 1,8) - Unter diesem Leitwort stand meine Pastoralreise nach Spanien, die ich heute noch einmal Revue passieren lassen möchte. Zum fünften Mal durfte ich die Kirche in dieser großen Nation besuchen, die eine so wichtige Rolle bei der Evangelisierung Europas und anderer Teile der Welt gespielt hat.

Besonders den jungen Menschen wollte ich erneut die Betrachtung der Geheimnisse Christi in der Schule Marias ans Herz legen: Im Gebet und in der Meditation gelangen wir zu einer echten Innerlichkeit, die uns zu Boten der wahren Werte macht, die die Welt von uns Christen erwarten kann!
***


36 Freundlich begrüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern, heute ganz besonders die Eltern, Angehörigen und Freunde der Päpstlichen Schweizergarde, die zur Vereidigung der neuen Rekruten nach Rom gepilgert sind. Ebenso herzlich heiße ich die Teilnehmer an der Diözesanwallfahrt des Bistums Osnabrück mit ihrem Bischof willkommen. „Dient dem Herrn mit Freude!" (Ps 100,2). Im Dienst Gottes erfüllt sich unsere Berufung. Ihn wollen wir noch inniger lieben. Sein Segen begleite euch allezeit!




Mittwoch, 14. Mai 2003



Lesung: Buch Daniel\i 3,26-27.29.34-41

26 Gepriesen und gelobt bist du, Herr, Gott unserer Väter; herrlich ist dein Name in alle Ewigkeit. 27 Denn du bist gerecht in allem, was du getan hast. All deine Taten sind richtig, deine Wege gerade. Alle deine Urteile sind wahr.
29 Denn wir haben gesündigt und durch Treubruch gefrevelt und haben in allem gefehlt.
34 Um deines Namens willen verwirf uns nicht für immer; löse deinen Bund nicht auf!
35 Versag uns nicht dein Erbarmen, deinem Freund Abraham zuliebe, deinem Knecht Isaak und Israel, deinem Heiligen,
36 denen du Nachkommen verheißen hast so zahlreich wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres.
37 Ach, Herr, wir sind geringer geworden als alle Völker. In aller Welt sind wir heute wegen unserer Sünden erniedrigt.
38 Wir haben in dieser Zeit weder Vorsteher noch Propheten und keinen, der uns anführt, weder Brandopfer noch Schlachtopfer, weder Speiseopfer noch Räucherwerk, noch einen Ort, um dir die Erstlingsgaben darzubringen und um Erbarmen zu finden bei dir.
39 Du aber nimm uns an! Wir kommen mit zerknirschtem Herzen und demütigem Sinn.
37 40 Wie Brandopfer von Widdern und Stieren, wie Tausende fetter Lämmer, so gelte heute unser Opfer vor dir und verschaffe uns bei dir Sühne. Denn wer dir vertraut, wird nicht beschämt.
41 Wir folgen dir jetzt von ganzem Herzen, fürchten dich und suchen dein Angesicht.



Liebe Brüder und Schwestern!

1. Das soeben gesungene Canticum gehört zum griechischen Text des Buches Daniel und stellt eine an den Herrn gerichtete leidenschaftliche und flehentliche Bitte dar. Es ist die Stimme des Volkes Israel, das das harte Schicksal des Exils und der Zerstreuung unter den Völkern erfährt. In der Tat ist es ein Jude, Asarja, der, in den babylonischen Horizont der Zeit des israelitischen Exils eingebunden, nach der Zerstörung Jerusalems durch König Nebukadnezzar dieses Gebet anstimmt.

Asarja ist mit zwei weiteren gläubigen Juden »mitten im Feuer« (
Da 3,25) wie ein Märtyrer bereit, in den Tod zu gehen, um sein Gewissen und seinen Glauben nicht zu verraten. Er wurde zum Tod verurteilt, weil er sich geweigert hatte, die Statue des Königs anzubeten. Reinigung des sündigen Volkes

2. Die Verfolgung wird von diesem Canticum als gerechte Strafe verstanden, durch die Gott das sündige Volk reinigt: »Ja, nach Wahrheit und Recht hast du all dies wegen unserer Sünden herbeigeführt«, bekennt Asarja (V. 28). Wir haben also ein Reuegebet vor uns, das nicht in Entmutigung oder Angst, sondern in Hoffnung übergeht.

Gewiß, der Ausgangspunkt ist bitter, die Trostlosigkeit ist groß, die Prüfung ist schwer, das göttliche Urteil über die Sünde des Volkes ist streng: »Wir haben in dieser Zeit weder Vorsteher noch Propheten und keinen, der uns anführt, weder Brandopfer noch Schlachtopfer, weder Speiseopfer noch Räucherwerk, noch einen Ort, um dir die Erstlingsgaben darzubringen und um Erbarmen zu finden bei dir« (V. 38). Der Tempel von Zion ist zerstört, und der Herr scheint nicht mehr unter seinem Volk zu wohnen.

3. In der gegenwärtigen tragischen Situation sucht die Hoffnung ihre Wurzeln in der Vergangenheit, das heißt in den Verheißungen, die den Vätern gemacht worden waren. Man geht also auf Abraham, Isaak und Jakob zurück (vgl. V. 35), denen Gott Segen und Fruchtbarkeit, Land und Reichtum, Wohlergehen und Frieden verheißen hatte. Gott ist treu und wird seine Versprechungen nicht zurücknehmen. Obwohl es die Gerechtigkeit erfordert, daß Israel für seine Sünden bestraft wird, bleibt die Gewißheit, daß die Barmherzigkeit und die Vergebung das letzte Wort haben. Schon der Prophet Ezechiel hat die Worte des Herrn zitiert: »Habe ich etwa Gefallen am Tod des Schuldigen und nicht vielmehr daran, daß er seine bösen Wege verläßt und so am Leben bleibt? … Ich habe doch kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muß« (Ez 18,23 Ez 18,32). Ja, jetzt ist die Zeit der Demütigung: »Ach, Herr, wir sind geringer geworden als alle Völker. In aller Welt sind wir heute wegen unserer Sünden erniedrigt« (Da 3,37). Aber nach der Läuterung wird nicht der Tod, sondern ein neues Leben erwartet.

4. Der Beter tritt vor den Herrn und bringt ihm das wertvollste und wohlgefälligste Opfer dar: das »zerknirschte Herz« und den »demütigen Sinn« (V. 39; vgl. Ps 50,19). Es ist das durch die Prüfung geläuterte Ich, der Kern des Daseins, das Gott dargebracht wird, damit er es zum Zeichen der Umkehr und der Weihe an das Gute annimmt.

Durch diese innere Haltung vergeht die Furcht, Verwirrung und Scham schwinden (vgl. Dan Da 3,40), und der Sinn öffnet sich dem Vertrauen auf eine bessere Zukunft, wenn sich die an die Väter gerichteten Verheißungen erfüllen werden.

Der letzte Satz des Gebets von Asarja, so wie es von der Liturgie vorgestellt wird, ist von starker emotionaler Wirkung und besonderer geistlicher Tiefe: »Wir folgen dir jetzt von ganzem Herzen, fürchten dich und suchen dein Angesicht« (V. 41). Er ist der Widerhall eines anderen Psalms: »Mein Herz denkt an dein Wort: ›Sucht mein Angesicht!‹ Dein Angesicht, Herr, will ich suchen« (Ps 27,8).

38 Nun ist der Augenblick gekommen, wo unser Weg die krummen Pfade des Bösen und dessen Straßen, die in die Irre führen, verläßt (vgl. Spr Pr 2,15). Wir stellen uns in die Nachfolge des Herrn, bewogen von der Sehnsucht, sein Antlitz zu schauen, und es ist nicht zornig, sondern voller Liebe, wie es sich in dem Vater gezeigt hat, der mit dem verlorenen Sohn Mitleid hatte (vgl. Lc 15,11-32).

5. Wir beenden unsere Betrachtung über das Canticum des Asarja mit dem Gebet, das vom hl. Maximus dem Bekenner in seiner asketischen Rede (37-39) verfaßt wurde, zu dem er sich gerade durch den Text des Propheten Daniel anregen ließ: »Um deines Namens willen, Herr, verwirf uns nicht für immer; löse deinen Bund nicht auf! Versag uns nicht dein Erbarmen (vgl. Dan Da 3,34-35), Vater unser, der du bist im Himmel, um deiner Barmherzigkeit willen, um des Mitleids deines eingeborenen Sohnes willen und um des Erbarmens deines Heiligen Geistes willen … Herr, verschmähe nicht unsere Bitte und verwirf uns nicht für immer.

Wir vertrauen nicht auf unsere gerechten Werke, sondern auf dein Mitleid, durch das du unser Menschengeschlecht erhältst … Verabscheue nicht unsere Würdelosigkeit, sondern hab Mitleid mit uns, nach deiner großen Huld und nach der Fülle deines Erbarmens lösch unsere Sünden aus, damit wir ohne Verdammnis vor dein heiliges Angesicht in Herrlichkeit treten und des Schutzes deines eingeborenen Sohnes würdig werden.«

Der hl. Maximus schließt mit den Worten: »Ja, Herr, allmächtiger Herrscher, erhöre unser Flehen, damit wir niemand anderen als dich erkennen « (Umanità e divinità di Cristo , Rom, Rm 1979, SS. 51-52).

Im Buch Daniel des Alten Testamentes begegnet uns das Gebet des Asarja, der das harte Los des Volkes Israel im babylonischen Exil vor Gott bringt. „Mitten im Feuer" betet Asarja zum Herrn. Vor Gottes Angesicht bekennt er die Sünde seines Volkes: „Wir haben in allem gefehlt" (Dn 3, 29). Doch weiß sich der Beter der Treue Jahwes sicher: Gott ist barmherzig. Er wendet sich nicht ab. Das demütige Herz des Sünders nimmt er als wohlgefällige Gabe entgegen.

Das Erbarmen Gottes hat sich endgültig in Jesus offenbart. Wir Christen machen uns daher gerne das alte Gebet zu eigen: „Gepriesen und gelobt bist du, Herr unser Gott, herrlich ist dein Name in alle Ewigkeit!" (Dn 3, 26).
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Von Herzen heiße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Mein besonderer Gruß gilt heute einer Pilgergruppe der Roma-Seelsorge in Deutschland. Geht Christus entgegen! Er will bei euch wohnen und eure guten Taten mit seiner Gnade vollenden. Der Friede des auferstandenen Herrn sei mit euch!




Mittwoch, 21. Mai 2003



Lesung: Psalm 144,1-4.9-10

1 Danklied auf das Glück des Gottesvolkes
39 [Von David] Gelobt sei der Herr, der mein Fels ist, der meine Hände den Kampf gelehrt hat, meine Finger den Krieg.
2 Du bist meine Huld und Burg, meine Festung, mein Retter, mein Schild, dem ich vertraue. Er macht mir Völker untertan.
3 Herr, was ist der Mensch, daß du dich um ihn kümmerst, des Menschen Kind, daß du es beachtest?
4 Der Mensch gleicht einem Hauch, seine Tage sind wie ein flüchtiger Schatten.
9 Ein neues Lied will ich, o Gott, dir singen, auf der zehnsaitigen Harfe will ich dir spielen,
10 der du den Königen den Sieg verleihst und David, deinen Knecht, errettest.
Vor dem bösen Schwert errette mich, entreiß mich der Hand der Fremden!
Alles, was ihr Mund sagt, ist Lüge, Meineide schwört ihre Rechte.

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Wir haben soeben den ersten Teil von Psalm 144 gehört. Er besitzt die Merkmale eines königlichen Hymnus, in den andere biblische Texte eingeflochten sind, so daß ein neues Gebet entstanden ist (vgl.
Ps 8,5 18,8-15; 33,2-3; 39,6-7). Es ist König David selbst, der spricht und den göttlichen Ursprung seiner Erfolge anerkennt.

Der Herr wird symbolisch nach altem Brauch als Krieger dargestellt. Denn er wird als Lehrer im Kampf (vgl. Ps 144,1), als uneinnehmbare Festung, als schützendes Schild, als Sieger (vgl. V. 2) betrachtet. Auf diese Weise soll die Persönlichkeit Gottes hervorgehoben werden, der das Böse in der Geschichte bekämpft. Er ist keine verborgene Macht, keine Art blindes Schicksal, auch kein gleichmütiger Herrscher, den das menschliche Los kalt läßt. Die Zitate und Tonarten dieses Gottesdienstes sind von Davids Dankgebet beeinflußt, das in Psalm 18 und im 22. Kapitel des 2. Buches Samuel festgehalten ist.

40 2. Der göttlichen Macht gegenüber bekennt der jüdische König, daß er wie alle Menschen schwach und zerbrechlich ist. Um dieses Gefühl zum Ausdruck zu bringen, nimmt der betende König zwei Sätze aus Psalm 8 und Psalm 39 zu Hilfe, verflicht sie miteinander und verleiht ihnen neuen und verstärkten Nachdruck: »Herr, was ist der Mensch, daß du dich um ihn kümmerst, des Menschen Kind, daß du es beachtest? Der Mensch gleicht einem Hauch, seine Tage sind wie ein flüchtiger Schatten« (V. 3-4). Hier zeigt sich die feste Überzeugung, daß wir unbeständig sind und einem Windhauch gleichen, wenn der Schöpfer uns nicht am Leben erhält, er, in dessen Hand - wie Ijob sagt - »die Seele allen Lebens und jeden Menschenleibes Geist ruht« (12,10).

Wir können nur mit göttlicher Hilfe die Gefahren und Schwierigkeiten überwinden, mit denen jeder Tag unseres Lebens übersät ist. Nur wenn wir auf die Hilfe des Himmels zählen, werden wir uns wie der frühere König Israels von jeder Unterdrückung befreien können.

3. Das göttliche Eingreifen wird in den traditionellen kosmischen und historischen Bildern geschildert, um die Gottesherrschaft über das Universum und über das Schicksal der Menschen zu beschreiben. Darum also rauchende Berge durch plötzliche Vulkanausbrüche (vgl.
Ps 144,5), ebenso Blitze wie scheinbar vom Herrn abgeschossene Pfeile, bereit, das Böse zu vernichten (vgl. V. 6). Schließlich die »gewaltigen Wasser«, die im biblischen Sprachgebrauch das Chaos andeuten, das Böse und das Nichts, mit einem Wort die negativen Realitäten in der Geschichte (vgl. V. 7). Zu diesen kosmischen Bildern gesellen sich andere geschichtliche: »die Feinde« (vgl. V. 6), die »Fremden« (vgl. V. 7), die Lügner, die Meineidigen, das heißt die Götzendiener (vgl. V. 8).

Das ist eine sehr konkrete, im Orient übliche Methode, um die Bosheit, Abartigkeit, Unterdrückung und Ungerechtigkeit darzustellen. Eine erschreckende Realität, von der uns der Herr befreit, während wir in der Welt vorangehen.

4. Psalm 144, den uns die Liturgie der Laudes vorstellt, endet mit einem kurzen Dankhymnus (vgl. V. 9-10). Dieser erwächst aus der Gewißheit, daß uns Gott im Kampf gegen das Böse nicht allein läßt. Deshalb stimmt der Beter ein Lied an und begleitet es auf seiner zehnsaitigen Harfe, wobei er sicher ist, daß der Herr »den Gesalbten den Sieg verleiht und David, seinen Knecht, errettet« (vgl. V. 9-10).

Das Wort »Gesalbter« in Hebräisch bedeutet »Messias«. Wir haben also einen königlichen Psalm vor uns, der sich im liturgischen Gebrauch in Israel schon sehr früh in einen messianischen Gesang verwandelt. Wir Christen wiederholen ihn und schauen auf Christus, der uns vom Bösen befreit und uns im Kampf gegen die verborgenen bösen Mächte unterstützt. »Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs« (Ep 6,12).

5. Wir schließen mit einer Betrachtung, die uns vom hl. Johannes Cassian, dem Mönch aus dem 4./5. Jahrhundert, empfohlen wird. In seinem Werk Die Menschwerdung des Herrn sieht er, ausgehend vom 5. Vers unseres Psalms: »Herr, neig deinen Himmel, und steig herab«, in diesen Worten die Erwartung auf den Eintritt Christi in die Welt.

Und er sagt weiter: »Der Psalmist bat, der Herr möge sich im Fleisch offenbaren, in der Welt sichtbar erscheinen und in die Herrlichkeit sichtbar aufgenommen werden (vgl. 1Tm 3,16). So könnten die Heiligen endlich mit den Augen des Leibes alles schauen, was im Geist von ihnen vorhergesehen wurde« (L’Incarnazione del Signore, V,13, Roma 12991, SS. 208-209). Gerade das bezeugt jeder Getaufte in der Freude des Glaubens.

Um Gott und den Menschen kreisen die Gedanken des Beters in Psalm 144. „Der Mensch gleicht einem flüchtigen Schatten" (Ps 144,4), und doch „kümmert sich" Gott um ihn! Diese Glück schenkende Erkenntnis inspiriert den Psalmisten: „Du bist meine Festung und mein Retter!" (vgl. Ps 144,2).

Gott ist wahrhaftig keine ferne Macht, der das Los des Menschen gleichgültig wäre. Er setzt sich dem Bösen in der Geschichte entgegen und stiftet neues Leben. Nur mit seiner Hilfe können wir den Kampf bestehen und für das Gute den Sieg erringen! Deshalb rufen wir mit dem Psalm Davids: „Ein neues Lied will ich, o Gott, dir singen, denn du verleihst den Sieg" (vgl. Ps 144, 9-10).
***


41 Einen frohen Gruß richte ich an die Pilger und Besucher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, besonders an die vielen Jugendlichen. Seid mir herzlich willkommen hier auf dem Petersplatz! Gott führt uns im Kampf gegen die Mächte des Bösen. Nur mit ihm gelingt der Sieg des Guten - in uns selbst und in der Welt, in der wir leben. Vertraut seiner Macht und laßt seine Gnade wirken! Der Herr behüte euch!




Mittwoch, 28. Mai 2003



Lesung: Psalm 108,1-7

1 Gott, Hilfe und Schutz seines Volkes [Ein Lied. Ein Psalm Davids.]
2 Mein Herz ist bereit, o Gott, / mein Herz ist bereit, ich will dir singen und spielen. Wach auf, meine Seele! /
3 Wacht auf, Harfe und Saitenspiel! Ich will das Morgenrot wecken.
4 Ich will dich vor den Völkern preisen, Herr, dir vor den Nationen lobsingen.
5 Denn deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, deine Treue, so weit die Wolken ziehn.
6 Erheb dich über die Himmel, o Gott! Deine Herrlichkeit erscheine über der ganzen Erde.
7 Hilf mit deiner Rechten, erhöre uns, damit die gerettet werden, die du so sehr liebst.

Liebe Brüder und Schwestern!

42 1. Der uns soeben vorgesungene Psalm 108 gehört zur Psalmensequenz der Liturgie der Laudes, die Gegenstand unserer Katechesen ist. Er hat eine auf den ersten Blick überraschende Eigenschaft. Dieser Text ist nichts anderes als die Verschmelzung zweier bereits bestehender Psalmfragmente, von denen eines Psalm 57 (V. 8-12) und das andere Psalm 60 (V. 7-14) entnommen ist. Das erste Fragment klingt wie ein Hymnus, das zweite wie eine flehentliche Bitte, ergänzt durch einen Spruch des Herrn, der dem Beter Gelassenheit und Zuversicht gibt.

Aus dieser Verschmelzung entsteht ein neues Gebet, und diese Tatsache wird für uns beispielhaft. Denn auch die christliche Liturgie fügt oft verschiedene biblische Passagen zusammen, so daß sie in einen neuen Text verwandelt werden, der völlig neue Situationen erhellen soll. Dennoch bleibt der Bezug zum ursprünglichen Text erhalten. Psalm 108 zeigt praktisch (aber nicht er allein; siehe zum Beispiel auch Psalm 144), daß schon das Volk Israel im Alten Testament das offenbarte Wort Gottes wiederverwendet und aktualisiert hat.

2. Der aus dieser Kombination entstandene Psalm ist also mehr als die bloße Aneinanderreihung oder Nebeneinanderstellung zweier bereits existierender Stücke. Anstatt mit einer einfachen Bitte wie in Psalm 57: »Sei mir gnädig, o Gott, sei mir gnädig« (V. 2) zu beginnen, verkündet der neue Psalm entschieden das Lob Gottes: »Mein Herz ist bereit, ich will dir singen und spielen« (
Ps 108,2). Dieser Lobpreis tritt an die Stelle der Klage, die den Beginn des anderen Psalms gebildet hat (vgl. Ps 60,1-6), und wird so zur Grundlage des darauffolgenden Spruches des Herrn (Ps 60,8-10 = Ps 108,8-10) und der Bitte, die ihn einrahmt (Ps 60,7 Ps 60, = Ps 108,7 Ps 108, .

Hoffnung und Bedrängnis verschmelzen miteinander und bilden den Stoff für ein neues Gebet, das ganz darauf ausgerichtet ist, Zuversicht zu verbreiten, auch in der Zeit der Prüfung, die die ganze Gemeinschaft durchlebt.

3. Der Psalm beginnt also mit einem frohen Lobgesang. Es ist ein Morgenlied, das von Harfe und Saitenspiel begleitet wird (vgl. Ps 108,3). Die Botschaft ist klar und dreht sich um die »Güte« und die »Treue« Gottes (vgl. V. 5): Im Hebräischen sind hésed und ’emèt typische Wörter, um die liebevolle Treue des Herrn gegenüber dem Bund mit seinem Volk auszudrücken. Aufgrund dieser Treue hat das Volk die Gewißheit, daß Gott es nie dem Zufall des Nichts und der Verzweiflung überlassen wird.

Die christliche Neuauslegung dieses Psalms beeindruckt sehr. Im 6. Vers rühmt der Psalmist die transzendente Herrlichkeit Gottes: »Erheb dich (d.h. ›sei gepriesen‹) über die Himmel, o Gott!« In seinem Kommentar zu diesem Psalm verweist der bekannte christliche Schriftsteller Origines aus dem 3. Jahrhundert auf Jesu Worte: »Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen« (Jn 12,32), die sich auf die Kreuzigung beziehen. Aus diesen Worten ergibt sich das, was der nachfolgende Vers bekräftigt: »Damit die gerettet werden, die du so sehr liebst« (Ps 108,7). Origines folgert daraus: »Welch wunderbare Bedeutung! Der Grund, weshalb der Herr gekreuzigt und erhöht wird, ist, daß die, die er so sehr liebt, gerettet werden … Worum wir gebeten haben, ist geschehen: Er wurde erhöht, und wir wurden gerettet« (Origines-Hieronymus, 74 omelie sul libro dei Salmi, Milano 1993, S. 367).

4. Gehen wir jetzt über zum zweiten Teil des Psalms 108, zu dem, wie wir sagten, aus Psalm 59 zitierten Teil. In der Furcht des Volkes Israel, das meint, Gott sei abwesend und weit entfernt (»Gott, hast denn du uns verworfen?«: V. 12), erhebt sich die Stimme des Spruches des Herrn, die im Tempel erklingt (vgl. V. 8-10). In dieser Offenbarung stellt sich Gott als Schiedsrichter und Herr über das ganze Heilige Land vor, von der Stadt Sichem bis zum transjordanischen Tal Sukkot, von den östlichen Regionen Galaad und Manasse bis zu den mittleren und südlichen Regionen Efraïm und Juda und dann noch bis zu den fremden Vasallengebieten Moab, Edom und dem Land der Philister.

In militärisch oder rechtlich gefärbten Bildern wird die göttliche Oberherrschaft über das verheißene Land verkündet. Wenn der Herr herrscht, braucht man sich nicht zu fürchten: Man wird nicht hin und hergeworfen von dunklen Mächten des Schicksals oder des Chaos. Es gibt immer, auch in den dunkelsten Augenblicken, einen höheren Plan, der die Geschichte lenkt.

5. Dieser Glaube entzündet die Flamme der Hoffnung. Gott wird auf alle Fälle einen Ausweg zeigen, das heißt eine »befestigte Stadt«, die in der Region Idumäa liegt. Das heißt, daß Gott trotz der Prüfung und des Schweigens sich wieder offenbaren und sein Volk stützen und leiten wird. Nur von ihm und nicht von äußeren Militärbündnissen kann die entscheidende Hilfe kommen (vgl. V. 13). Und nur durch ihn wird man die Freiheit erlangen und »Großes« vollbringen (vgl. V. 14) können.

Mit den Worten des hl. Hieronymus verdeutlichen wir die letzte Lektion des Psalmisten, wie sie in christlicher Weise entschlüsselt wird: »Niemand darf an diesem Leben verzweifeln. Du hast Christus und fürchtest dich? Er wird unsere Stärke sein, er wird unser Brot, unser Führer sein« (Breviarium in Psalmos, Ps CVII: PL 26,1224).

Voll Vertrauen schaut das Volk Gottes auf zum Herrn. Der Beter in Psalm 108 ruft stellvertretend für alle: „Erheb dich über die Himmel, o Gott. Deine Herrlichkeit erscheine über der ganzen Erde!" (V. 6). In diesem Gebet vereinen sich freudiges Lob und flehentliche Bitte. Gerade in der Bedrängnis rechnet der Gläubige mit Gottes Treue und dankt für die empfangenen Gaben. Denn Gottes höherer Plan waltet in der Geschichte. Sein Triumph hat den Weg des Leidens nicht gescheut: Christus wurde am Holz des Kreuzes erhöht. Durch seinen bitteren Opfertod und seine glorreiche Auferstehung hat er uns von Sünde und Tod befreit. Seine lebendige Nähe stärkt uns auf allen Wegen: „Mit Gott werden wir Großes vollbringen" (Ps 108,14).
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43 Sehr herzlich grüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern, unter ihnen Studenten aus dem Collegium Ambrosianum in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Stellt euch jeden Tag neu unter die Führung Gottes, der uns in Jesus Christus ganz nahe ist: Er erhalte euch und leite euch bei euren Unternehmungen! Der Friede Christi sei mit euch allen!



Juni 2003


JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 4. Juni 2003

Liebe Brüder und Schwestern!


1. Vor 40 Jahren starb der liebe und verehrungswürdige Papst Johannes XXIII., den ich zusammen mit Pius IX. am 3. September 2000 zu meiner großen Freude seliggesprochen habe.

Die Gedanken gehen unwillkürlich zurück zum 3. Juni 1963, zu jenem Montagnachmittag, an dem Tausende von Römern und Pilgern zum Petersplatz strömten, um dem geliebten Vater und Hirten so nahe wie möglich zu sein, als er nach langer schwerer Krankheit aus dieser Welt schied.

Der Pro-Vikar von Rom, Kardinal Luigi Traglia, begann um 19 Uhr vor der Petersbasilika die heilige Messe zu feiern, während Johannes XXIII. von seinem Krankenbett aus, das zum Altar geworden war, sein geistliches Opfer, das Opfer seines Lebens, darbrachte.

Vom überfüllten Petersplatz aus stieg das einmütige Gebet der Kirche zum Himmel auf. Man meint, diese Augenblicke tiefster innerer Bewegung noch einmal zu erleben: Die Augen der ganzen Menschheit waren auf das Fenster im dritten Stock des Apostolischen Palastes gerichtet. Das Ende dieser Messe fiel mit dem Tod des guten Papstes zusammen.

2 . »Dieses Krankenbett ist ein Altar; der Altar erfordert ein Opfer. Ja, ich bin bereit. Ich opfere mein Leben für die Kirche, für die Fortsetzung des Ökumenischen Konzils, für den Frieden der Welt, für die Einheit der Christen« (Discorsi, Messaggi, Colloqui del Santo Padre Giovanni XXIII, V, S. 618).

»Ecce adsum! - Hier bin ich!« Papst Johannes hatte sein ganzes Leben lang mit Gelassenheit an den Tod gedacht und blickte in der Stunde des Abschieds in die Zukunft und auf die Erwartungen des Volkes Gottes und der Welt. Mit bewegter Stimme bekräftigte er, daß das Geheimnis seines Priestertums der Gekreuzigte, das Kreuz, war, das immer, sorgsam gehütet, gegenüber seinem Bett stand. »In den langen und häufigen nächtlichen Zwiegesprächen«, sagte er, »schien mir der Gedanke der Erlösung der Welt dringender denn je.« »Diese ausgebreiteten Arme« - so fügte er hinzu - »sagen uns, daß er für alle gestorben ist, für alle; niemand ist von seiner Liebe, seiner Vergebung ausgeschlossen« (ebd., 618).

Es ist nicht schwer, in diesen wenigen Worten den Sinn seines priesterlichen Dienstes zu erfassen, der ganz darauf ausgerichtet war, »das, was im Leben am meisten zählt, zu bekennen und zu lieben: Jesus Christus, seine Kirche, sein Evangelium « (ebd., 612). Bis zum letzten Herzschlag war er erfüllt von diesem Bestreben. »Mein Leben auf Erden geht zu Ende, sagte der selige Johannes XXIII., aber Christus lebt, und die Kirche setzt seinen Auftrag fort; die Menschen, die Menschen: ut unum sint, ut unum sint …« (ebd., 619).

44 3. Knapp zwei Monate vorher, am 11. April, hatte Johannes XXIII. das berühmteste Dokument seines Lehramtes veröffentlicht: die Enzyklika Pacem in terris, an die ich in diesem Jahr mehrmals erinnern konnte. Das ganze Leben des unvergeßlichen Papstes war ein Zeugnis des Friedens. Sein Pontifikat wurde zur höchsten Prophetie des Friedens, das in Pacem in terris, gleichsam in einem öffentlichen und universalen Testament, seinen vollendeten Ausdruck gefunden hat.

»Für alle, die sich zu Christus bekennen, ziemt es sich besonders, in die menschliche Gesellschaft Licht und Liebe zu tragen, wie Sauerteig in der Masse zu wirken. Dies wird umso mehr der Fall sein, je mehr sich das Herz eines jeden an Gott bindet. Denn es wird rechtmäßig kein Friede in der menschlichen Gesellschaft herrschen, wenn er nicht zuerst im Herzen jedes einzelnen Wohnung nimmt« (ebd., Kap. V).

Um Licht auszustrahlen, muß man ständig mit Gott verbunden sein. Mein verehrungswürdiger Vorgänger, der in der Geschichte ein Zeichen gesetzt hat, erinnert auch die Menschen des dritten Jahrtausends daran, daß das Geheimnis des Friedens und der Freude in der tiefen und dauerhaften Gemeinschaft mit Gott besteht. Das Herz des Erlösers ist die Quelle der Liebe und des Friedens, der Hoffnung und der Freude.

So wird unser Gedenken an den lieben Papst Johannes zum Gebet: Er möge im Himmel für uns eintreten, damit auch wir, so wie er, am Ende unseres Lebens bekennen dürfen, daß wir nichts anderes als Christus und sein Evangelium gesucht haben.

Maria, die er gerne mit dem schönen Stoßgebet »Mater mea, fiducia mea!« anrief, helfe uns durch ihr Wort und Beispiel in dem Bemühen, den Frieden zu bezeugen, um zum Aufbau der Zivilisation der Liebe beizutragen.

Gestern jährte sich zum vierzigsten Mal der Todestag meines verehrten Vorgängers, Papst Johannes XXIII., den ich im Jahr des großen Jubiläums seligsprechen konnte.

Besonders in seinem letzten Lebensabschnitt, der von Krankheit und Leid gezeichnet war, wurde dieser Selige zum leuchtenden Vorbild eines selbstlosen Opfers für die Menschheit. Christus, der Gekreuzigte, zeigte ihm den Weg: Auf dem Altar seines Krankenlagers wollte er sein Leben für die Kirche, für die Einheit der Christen und für den Frieden hinschenken. Schon in seiner bedeutenden Enzyklika Pacem in terris hatte er empfohlen: „Jeder Gläubige hat in die Gesellschaft Licht und Liebe zu tragen. Dies wird umso mehr der Fall sein, je enger sich sein Herz an Gott bindet."
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Einen glaubensfrohen Gruß richte ich an die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Macht Gottes Erbarmen allen Menschen sichtbar! Dazu möge der Heilige Geist die göttliche Liebe in eure Herzen eingießen. Euch allen wünsche ich ein gesegnetes, frohes Pfingstfest!




Generalaudienz 2003 34