Predigten 1978-2005 95


PASTORALBESUCH IN ÖSTERREICH

HL. MESSE FÜR DIE ARBEITER VON LINZ UND ST. PÖLTEN


Enns-Lorch - Samstag, 25. Juni 1988





Liebe Brüder und Schwestern im Glauben!

1. Euch allen ein herzliches ”Grüß Gott“, die ihr aus Stadt und Land, vor allem aus den Diözesen Linz und St. Pölten hierher gekommen seid. Hier in Lorch, dem alten Lauriacum, empfinden wir besonders deutlich die Verbundenheit mit der langen christlichen Geschichte dieses Landes; hier erinnern wir uns an die großen Heiligen Florian und Severin, beide Zeugen des Glaubens, in deren Gefolgschaft wir heute unser Ja zum Glauben und damit unser Ja zum Leben sprechen. Wir verneigen uns vor ihnen und vor allen anderen, die seither bis in unsere Tage als Glaubenszeugen, als Anwälte der Armen und als Friedensstifter in diesem Land gewirkt haben.

Zum ersten Mal in der Geschichte der beiden Diözesen versammeln sich Gläubige aus beiden Gebieten mit dem Nachfolger des Petrus an einem Ort, geeint in der Freude und Dankbarkeit darüber, Glieder der einen Kirche Christi zu sein. Die hellen und die dunkleren Wirklichkeiten in eurem Leben habt ihr im Herzen mitgebracht. In bedrängender Weise haben Sprecher aus beiden Bistümern geschildert, was euch besonders bewegt. Ebenso wissen wir um die vielfältigen Überlegungen und neuen Versuche, die ihr in den Pfarren, in apostolischen Gruppen und auf Diözesanebene unternommen habt, um euren Glauben lebendig zu erhalten und auch eurem Leben in der Gesellschaft und in der Welt der Arbeit Perspektiven der Hoffnung zu geben.

96 2. Unsere heutige Begegnung gilt allen Gläubigen in euren Diözesen, in einer besonderen Weise den von euch als christlichen Arbeitern und Bauern hier vertretenen Anliegen. Wie eure Bischöfe schon betont haben, ist die Kirche euch auch in eurem sozialen und wirtschaftlichen Sorgen nahe. Durch ihre Soziallehre, darunter die großen Sozialenzykliken der Päpste, zeigt sie Mittel und Wege, um die sich stellenden Schwierigkeiten auf gerechte und menschenwürdige Weise zu lösen. Mit ihren vielfältigen pastoralen Initiativen steht sie immer solidarisch und hilfsbereit an eurer Seite. Darüber hinaus aber will die Kirche euch entsprechend ihrer religiösen Sendung vor allem helfen, auch in der Welt der Arbeit – auch inmitten zahlreicher und großen konkreter Schwierigkeiten – als wahre Christen im Geist des Evangeliums zu leben. Sie erschließt uns aus der Heiligen Schrift den tieferen Sinn unserer täglichen Mühe und Arbeit und deutet sie uns im Licht unserer christlichen Berufung.

In diesem Sinn ermahnt uns als Jünger Christi der Apostel Petrus in der heutigen Lesung aus dem Kolosserbrief: ”Tut eure Arbeit gern, als wäre sie für den Herrn getan und nicht für Menschen; ihr wißt, daß ihr vom Herrn euer Erbe als Lohn empfangen werdet“. Etwas früher sagt er noch grundsätzlicher: ”Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater!“.

Jesus selbst nimmt sich im Evangelium auf vielfältige Weise der leiblichen Nöte des Menschen an. Er führt sie jedoch zugleich immer darüber hinaus zu dem eigentlich Notwendigen, zum Anbruch des Reiches Gottes in unserer Mitte. So sehen wir zum Beispiel, wie der Herr, von Mitleid ergriffen, den Vielen, die ihm gefolgt waren, das nötige Brot gab. Dabei blieb er aber nicht stehen: Er sättigt die Hungernden und führt sie zugleich weiter zum wahren Brot des Lebens, das er selber ist. Beides ist nötig: hinreichende Speise für das irdische Leben und das Brot der Eucharistie auf unserer Pilgerschaft zum ewigen Leben. Ja, Christus fordert uns sogar auf, zuerst das Reich Gottes zu suchen; alles andere werde uns dann hinzugegeben werden. Was auch immer wir sind und tun, wir sollen zuerst und vor allem wahre Jünger Christi sein!

3. Im Johannesevangelium sagt Jesus von sich selbst: ”Ich bin das Brot des Lebens“. So spricht er, unser Bruder, der zugleich der Sohn Gottes ist. Christus ist mehr als nur ”ein Mensch für andere“. Er ist mehr als ein sozialer Wohltäter, mehr als ein Revolutionär, der die bestehende Ordnung verändern will. Er ist wahrer Sohn Gottes. Die erste Pflicht des Papstes ist es, in Gemeinschaft mit den Bischöfen der ganzen Welt diesen Glauben zu verkünden. Das ist die Wurzel und der Prüfstein für das ganze Volk Gottes: zu bezeugen, daß unsere Kirche auf Jesus Christus, den ewigen Sohn Gottes, gegründet ist. Dieser Glaube ist der Lebensatem eurer Pfarreien und der entscheidende Maßstab für jede kirchliche Organisation und für das Leben eines jeden Christen.

”Ich bin das Brot des Lebens!“ – So verkünden wir Christus in einer Welt, die sich mit Recht Sorgen macht, wie sie morgen leben kann. Wir rufen es aus in einer Zeit, in der unzählige Menschen hungern und daran sterben, während andere im Überfluß leben. Wir betonen es gerade heute wieder, da viele Menschen erneut nach dem Geheimnis und der Hoffnung ihres Lebens fragen. Wir rufen es aus voll Zuversicht, daß der Herr auch uns aussendet, wie er seine Jünger mit dem Brot zu den Tausenden sandte und alle satt wurden.

Wenn wir mit Sorge fragen, wovon wir leben sollen, dann fragen wir dabei auch, in welcher Hoffnung wir einmal sterben können. Sucht eure täglichen Sorgen und irdischen Hoffnungen auch mit diesem Maß zu messen: Wohin bin ich unterwegs? Was zählt mein Leben vor Gott? Die Antwort gibt uns wieder der Herr: Ich bin das Brot für das Leben der Welt! Dieses Brot ist die heilige Gestalt unserer Hoffnung auf Gott, auf seine Treue, auf das Glück seiner Ewigkeit. Christus sagt sogar: ”Wenn jemand davon ißt, wird er nicht sterben“.

4. Dieses Brot des Lebens bereitet uns heute die Kirche: sie selbst wird Brot für die Welt. In der Kirche finden wir den Herrn; er ist ja ihr innerstes Geheimnis, ihr Haupt. Wir finden ihn im Wort der Heiligen Schrift, in der Speise der Eucharistie, in der Gemeinschaft der Gläubigen.

Diese Kirche Christi hat einige unentbehrliche Kennzeichen: den wahren Glauben an Christus, die volle Einheit unter der Leitung der beauftragten Hirten, den gemeinsamen Willen, seinen Geboten treu zu bleiben.

Nur die Kirche im wahren und vollen Glauben an Christus gibt Brot des Lebens. Der Glaube aber kommt vom Verkünden und Hören. Ich grüße mit Dankbarkeit alle, die sich von der Kirche in verschiedenen Weisen der Sendung haben beauftragen lassen, von Christus zu reden, ihn anderen bekannt zu machen: Priester, Diakone, Religionslehrer, Pastoralassistenten und viele andere. Ihr habt eine hoher Verantwortung. Vertieft euch in seine Botschaft, bildet euch weiter. Werdet selbst zu seiner Botschaft. Hört die Fragen der Menschen, die euch anvertraut sind. Die wesentliche Frage eurer Mitmenschen lautet: Seid ihr selbst Zeugen Christi? Folgt ihr seinem Beispiel, der trotz rastloser Beanspruchung die Zeit der Stille, des Gebetes, der Einsamkeit im Beisammensein mit Gott gesucht hat?

Der vorrangige und tiefste Vollzug unseres Glaubens ist die Feier der Eucharistie und der anderen Sakramente. Wendet alle Sorgfalt dafür auf; gebt ihnen jene Würde und zugleich jene Wärme, die ihnen zukommen. Vor allem aber beherzigt, was ich auch euren Bischöfen im vergangenen Jahr gesagt habe: Die Messe ”erhält ihre Größe nicht durch Gestaltungen, sondern durch das, was sie ist“.

Nur eine Kirche in voller Einheit ist ferner wahrhaft Brot für die Welt. Der Herr selbst wußte sich in treuer und liebender Einheit mit dem Vater im Himmel. Aus ihm ist er hervorgegangen; aus ihm lebt er. Mit seinem Gehorsam vereinen wir uns in der Kirche. Es ist aber unmöglich, die Einheit mit dem Vater zu finden und dabei an den vom Herrn bestellten Aposteln und ihren Nachfolgern, den Bischöfen, vorbeizugehen. Mangel an Einheit und Vertrauen, eine verletzende Anklage, aggressive Kritik: all das zeigt einen Mangel an Christi Gegenwart unter euch. Wenn in der Kirche Worte der Feindschaft gesagt und geschrieben werden, dann ist nicht mehr von Christus die Rede. Wer solche Worte immer neu wiederholt und sich auf sie festlegt, verhärtet sein Herz und reicht anderen Steine statt Brot. Beherzigen wir darum die Einladung, die der Apostel Paulus heute an uns richte: ”Vor allem... liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht. In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes“.

97 Nur eine Kirche in voller Einheit und treuer Bereitschaft, den Willen des Herrn in seinen Geboten zu erfüllen, ist der Gabe seines Brotes würdig. Das Evangelium sagt uns, daß wir zuerst unser Leben ändern müssen, wenn wir am Altar opfern wollen. Ich komme aus Rom mit Gräbern von Märtyrern der ersten Zeit; ich komme nach Lorch, wo das Martyrium in euren Ländern bezeugt ist. Nicht weit von hier ist Mauthausen, wo Christen, Juden und andere auch um ihres Glaubens willen gelitten haben. Mit ihrem Leiden haben sie alle die Welt beschenkt. Für sie gilt Jesu Wort: Das Weizenkorn muß in die Erde fallen; dann erst bringt es reiche Frucht.

Der Herr hat die Erlösung durch die Hingabe seines Lebens am Kreuz gewirkt. Wir sind hier in der Mitte Europas, wo vor vielen Jahrhunderten das Kreuz des Glaubens aufgerichtet worden ist. Von diesem Kontinent, der sich in weiten Bereichen der Freiheit und eines gewissen Wohlstandes erfreuen darf, muß eine neue Saat der Liebe im Namen Christi aufgehen, kraftvoller als das Unkraut der Selbstsucht und des Neides, des Hochmuts und der Verschwendung, der Trägheit der Herzen und der Zerstörung des Lebens. Alle Gebote Gottes und der Kirche münden in das höchste Gebot der Liebe. Sie ist die Sprache Gottes und führt zum wahren Wohl des Menschen. Liebe aber wird konkret in der Erfüllung der Gebote. So sagt es der Herr: ”Wer meine Gebote hat und sie behält, der ist es, der mich liebt“.

5. Liebe Brüder und Schwestern! Das Brot des Lebens gibt uns eine Kraft, die alles übersteigt, was wir an naturgegebenen Kräften in uns vermuten. Das Alte Testament erzählt von Elija, der, vom Brot gestärkt, das Gott ihm gab, 40 Tage und Nächte lang bis zum Berg des Herrn wandern konnte. Beim Letzten Abendmahl gibt der Herr seinen Jüngern sich selbst zur Speise, und so immer wieder bis in unsere Tage. Kein Brot wird so oft auf der Erde gereicht und empfangen. Von ihm gestärkt, können wir zuversichtlich in die Zukunft aufbrechen.

In manchen Gesellschaften, im Herzen vieler Menschen scheinen heute oft Mißmut und Niedergeschlagenheit vorzuherrschen. Wir Christen können jedoch mutig aufbrechen, weil wir an das Wachsen des Reiches Gottes glauben. Das Ziel unserer Tage ist ja nicht ein Ende, sondern ein Anfang, ist nicht Tod, sondern Leben, nicht Erschöpfung, sondern Erkennen und Lieben beim ewigen Gastmahl Gottes.

Im Hinblick auf diesen christlichen Mut zur Zukunft rufe ich euch zu: Habt Freude an euren Kindern, nehmt das Geschenk eines neu entstandenen Lebens an, weigert euch, Leben abzubrechen! Geht mit ihm vom ersten Augenblick an voll Liebe und Ehrfurcht um! Kinder sind nicht Anschaffungen, die man nur finanziell kalkuliert und eventuell abstoßen könnte.

Habt ein Herz auch für die Jugendlichen. Sie stellen uns neue, scheinbar lästige Fragen und sind oft ungestüm und ungeduldig. Aber auch sie brauchen Ausrüstung und Hoffnung für ihre Zukunft; sie selbst sind ja unsere Hoffnung und Zukunft.

6. Wozu stärkt uns noch das Brot des Lebens? Mit seiner Kraft können wir dem Bösen standhalten.

Manchmal scheint uns die Stunde der Finsternis gekommen zu sein: Kriege, Unterdrückung, Rechtlosigkeit, Katastrophen beherrschen die Tagesnachrichten. Persönliche Schmerzen, oft einsam erlitten und ertragen, bedrücken den einzelnen nicht weniger. Nichts davon ist unwichtig: In allem liegt ein Anruf Gottes, nach Kräften der Heilung und der Befreiung zu suchen, zunächst jeder bei sich selbst, dann aber auch in solidarischer Einheit. Gewiß müssen auch neue strukturelle Lösungen gesucht werden von Politikern und Wirtschaftsführern, von Wissenschaftlern und Fachleuten, möglichst unter Mitbeteiligung aller Betroffenen. Ebenso aber braucht es immer wieder die persönliche Umkehr. Beides hängt zusammen, das eine stützt das andere.

Entdeckt wieder, Brüder und Schwestern, wie unersetzlich eigentlich das Sakrament der Buße ist. Es ist unersetzlich für die persönliche Würde des Menschen. Was er persönlich zu verantworten hat, muß er auch selber vor Gott bekennen dürfen. Die Beichte ist zugleich unersetzlich für die Zukunft des Glaubens in euren Ortskirchen. Denn nur dann kann ich wahrhaft an Gott als eine Person glauben, wenn ich weiß, daß ich vor ihm persönlich verantwortlich bin, daß ich zu ihm, dem barmherzigen Vater, heimkehren kann, weil Christus in seinem Kreuz die Ordnung der Liebe und der Versöhnung neu gegründet hat.

7. Eure beiden Diözesen haben beispielhafte Leistungen erbracht um Hunger und Ungerechtigkeit auf der Welt zu lindern. Ich denke an die vielen Entwicklungshelfer, an die Werke der Caritas, an die Unterstützung der Mission. Jede Solidarität aber braucht ein Herz: die persönliche Bereitschaft, Christus darin ähnlich zu werden, ihm, der uns die Treue hält bis zum Kreuz.

Die verzweigte Organisation eurer Seelsorge bekommt vor allem dadurch innere Dynamik und Fruchtbarkeit, daß z. B. Eheleute bei euch bereit sind, miteinander treu auf dem Weg zu bleiben und miteinander zu reifen, bis der Tod sie scheidet; daß hochherzige Menschen freiwillig neben Mühseligen, Armen, Unangenehmen aushalten; daß junge und auch ältere Menschen den Mut haben, die besondere Nachfolge als Priester oder Ordensleute anzutreten; daß Menschen ihr eigenes Schicksal von Krankheit und Enttäuschung im Namen Christi, des Gekreuzigten, annehmen wollen, auch unter Tränen und mit Zeiten der Dunkelheit.

98 Bei dieser Gelegenheit möchte ich an das kostbare Erbe und die großartigen Werke der Ordensgemeinschaften und Klöster in eurem Lande erinnern. Sie haben dem Glauben vor vielen Jahrhunderten die Wege bereitet. Ihnen ist auch heute die Berufung gemeinsam, prophetische Zeichen der Anwesenheit Gottes zu sein. Dazu brauchen sie gewiß ständige Erneuerung und Vertiefung, von der die ganze Kirche lebt und die auch Kräfte freisetzt für die Gesellschaft, wenn sie die Herausforderungen der Gegenwart bestehen will.

8. Die Jünger haben den Herrn beim Brechen des Brotes erkannt. Er teilt das Brot, teilt sich selbst, damit wir eins werden. Die Situation der heutigen Welt ist eine einzige Aufforderung zum Teilen. Teilen überwindet Spaltung. Die Zukunft braucht solche Solidarität; diese aber verlangt Rücksicht, Selbstbescheidung, und Offenheit. Von wem sollte die Welt das lernen, wenn nicht von denen, die an Christus glauben und immer wieder seinen ”Leib für das Leben der Welt“ empfangen! Wenn wir uns vor allem am Sonntag um den Altar versammeln, dann ist dies der große Tag des gedeckten Tisches, auf daß wir teilen können. Hütet den Sonntag und die Feiertage zum Heil für euch selbst und für euer Land! Gebt dem ganzen Tag eine Atmosphäre der Freiheit des Herzens, damit ihr aufmerksam und dankbar mit der Gabe Christi umgeht und sein Antlitz in vielen Mitmenschen an eurer Seite entdeckt.

Im Geist solcher Solidarität müßt ihr als Christen auch euren Beitrag zur Lösung der Schwierigkeiten in der Welt der Arbeit, in Industrie und Landwirtschaft, leisten. Setzt euch ein für eine gerechte Verteilung der vorhandenen Arbeit und für die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten. Ohne Opfer und Kompromisse aller Beteiligten kann die Arbeitslosigkeit kaum wirksam bekämpft werden. Tut alles, was an euch selbst liegt, damit am konkreten Ort eurer Arbeit das Licht der Wahrheit und der Liebe Gottes aufleuchtet. Wo du stehst und wirkst, sollen Ungerechtigkeit, Verleumdung oder Demütigung des Menschen nicht zum Zuge kommen. Um seines Glaubens willen ist der Christ ehrlich und sorgfältig bei der Arbeit, wenn andere sich ihrer Schlauheit rühmen; er achtet den Staat und seine Gesetze, wenn andere meinen, ihn ausnehmen zu dürfen; er ist hilfsbereit und arbeitet je nach Begabung in sozialen und gewerkschaftlichen Gremien mit, wenn andere die Tür hinter ihrem Egoismus zuschlagen. Ja, es gibt um Grunde keine unwichtigen Lebensorte, keine belanglose Arbeitsstelle, von wo aus das Reich Gottes nicht auch wachsen könnte.

So möge jeder den Platz, auf den ihn Gott geführt hat, in Dankbarkeit für seine Berufung ausfüllen: Wir alle sind ja Glieder an dem einem Leib Christi, ob Mann oder Frau, Arbeiter oder Bauer, Vater oder Mutter, Alleinstehender, Priester oder Ordenschrist. In Liebe wollen wir einer des anderen Last tragen, uns gegenseitig zur Lebensfreude verhelfen, und dies alles in Ehrfurcht vor der Eigenart und der Berufung des anderen. Fördert mit aller Kraft vor allem neue, Priester- und Ordensberufungen in euren Diözesen! Sie sind ein untrügliches Zeichen für die innere Gesundheit der Kirche eines Landes.

9. Laßt uns so gemeinsam Sorge tragen für eine lebendige und vielfältige Kirche, voll des Glaubens, in untrennbarer Einheit und in der Kraft der Liebe, die von Christus kommt!

Wir bitten dazu um die Fürsprache der Heiligen:

Heilige Severin und Florian, ihr seid Väter der Kirche, die sich in diesem Land so reich und weit entfaltet hat: Erbittet uns die Gnade einer treuen Liebe zu ihr, dem Leib Christi!

Unsere Mutter Maria, du hast auf den Ruf Gottes mit einem reinen Ja geantwortet: Erbitte uns in diesem dir geweihten Jahr die Gnade, die Botschaft des ewigen Gottes mit Herz und Verstand anzunehmen, seinen Geist zu empfangen und Christus nachzufolgen in einer wahrhaft christlichen Lebensgestaltung!

So können wir inmitten eures schönen Landes, an geheiligter Stätte, in der Gemeinschaft des Volkes Gottes ausrufen:

Wir sagen ja zu unserem Glauben, der uns vom Herrn übergeben ist. Wir sagen ja zum Leben, zu unserem Leben von heute und morgen in der Freiheit von Kindern Gottes, im Licht des Heiligen Geistes.

Wir sagen ja zur Zukunft, wenn wir glauben und bekennen: Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche! Sie bewahrt das Brot Christi; sie ist das Brot Christi, damit die Welt leben kann! Amen.

PASTORALBESUCH IN ÖSTERREICH

EUCHARISTIEFEIER FÜR DIE GLÄUBIGEN

DER DIÖZESEN GURK UND GRAZ-SECKAU


99

Gurk - Samstag, 25. Juni 1988



Liebe Brüder und Schwestern!

1. ”Ich freute mich, als man mir sagte: ”Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern““.

In der Tat, es ist für mich eine große Freude, im jetzigen Marianischen Jahr vor der Wende zum dritten christlichen Jahrtausend zusammen mit euch als Pilger zu diesem ehrwürdigen Dom zu Gurk zu kommen, der seit seiner Erbauung vor 800 Jahren dem besonderen Gedenken der Gottesmutter geweiht ist. Wir haben uns hier versammelt, um gemeinsam in Verehrung der heiligen Hemma zu gedenken, die gegen Ende des ersten Jahrtausendes in diesem Land segensreich gewirkt hat und hier, in der Krypta des Domes, bestattet ist.

Ja, ich freue mich, euer Land zu besuchen und die Schönheiten seiner Natur bewundern zu können: der Berge und Täler, der Wälder, Bäche und Wiesen. Wenn wir vor diesem erhebenden Hintergrund heute mit dem Psalmisten beten: ”Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem“ dann scheint sich die Natur selbst mit all ihrer Schönheit wie ”ein Tor“ zu öffnen, um uns in das tiefe Geheimnis der Welt eintreten zu lassen, Sie ist das ”Tor“, das uns den Zugang auf Gott hin, den Herrn der ganzen Schöpfung, erschließt. Darum gedenken wir an diesem Ort auch aller jener Generationen, die in diesem Land vor uns den Namen des Herrn gepriesen haben und so zum ewigen Jerusalem gepilgert sind: zum Ort der ewigen Gegenwart Gottes, wo sie ihn nun schauen ”von Angesicht zu Angesicht“.

2. In dieser Freude des Psalmisten grüße ich euch alle, die ihr bei dieser Eucharistiefeier zugegen seid oder durch Radio und Fernsehen daran teilnehmt: die Gläubigen der Diözese Gurk/Klagenfurt und Graz mit ihren Bischöfen Egon Kapellari und Johann Weber; ebenso auch die Pilger aus der slowenischen Kirchenprovinz und aus der Erzdiözese Udine, die sich mit ihren Oberhirten, Priestern und Ordensleuten zur sechsten Dreiländerwallfahrt hier eingefunden haben. Ihr alle gebt dadurch Zeugnis von der Kraft des christlichen Glaubens, Grenzen zu überwinden: Grenzen des Herzens, Grenzen der Sprache und Kulturen. Aus mehreren Völkern kommend, sprecht ihr als das eine Volk Gottes die eine Sprache des gemeinsamen Glaubens.

Auf diesem Boden Europas treffen verschiedene Kulturen zusammen: die deutsche, die romanische und die slawische; sie bereichern und durchdringen sich. Sie alle sind vom christlichen Glauben tief geprägt; das war bis heute so und soll auch in Zukunft so bleiben. In der Verbundenheit unseres gemeinsamen Bekenntnisses zu Christus möchte ich heute and diesem Pilgerort meines jetzigen Pastoralbesuches auch mit euch das zweifache Ja sprechen: ”Ja zum Glauben - Ja zum Leben“.

3. Wie uns der Psalmist zum Hause Gottes einlädt, so sagt Christus von sich selbst: ”Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten tragt“. Ja, er selbst ist das wahre Zelt Gottes unter den Menschen. In ihm, dem ewigen Wort des Vaters, das Mensch geworden ist, hat sich Gott den Menschen vollkommen offenbart. Denn, so bekennt Jesus, ihm ist alles von seinem Vater übergeben worden, und ”niemand kennt den Vater als nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“.

Kommt zu mir, ruft Christus auch uns heute zu. Und darum sind wir hier. Wir sind gekommen und haben uns versammelt unter dem Wort Gottes als die jetzige Generation seines Volkes, das durch den Glauben in die Tore Jerusalems eingetreten ist. Deshalb ruft uns der Apostel in der heutigen Liturgie zu: ”Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch“. Diesen Reichtum finden wir in der Kirche, wenn sie vor uns ”den Tisch des Wortes Gottes“ bereitet. Entscheidend ist jedoch, daß wir die Schriftlesungen in der Liturgie nicht bloß anhören. Das Wort Gottes soll vielmehr in uns ”Wohnung nehmen“, auf daß wir durch einen lebendigen und bewußten Glauben einer göttlichen Erkenntnis teilhaftig werden, mit der der Vater den Sohn und der Sohn den Vater kennt. Um diese Erkenntnis zu erlangen, fordert uns der Apostel heute auf: ”Belehrt und ermahnt einander in aller Weisheit! Singt Gott in unserem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder“.

4. Liebe Brüder und Schwestern! Unsere Vorfahren und die Völker Europas sind schon vor vielen Jahrhunderten der Einladung Christi gefolgt und sind zu ihm gekommen. Unzählige Menschen haben sich seinem Wort geöffnet und ihr Leben und Sterben nach dem Evangelium ausgerichtet. Jedes unserer Völker hat Heilige hervorgebracht: Männer und Frauen, die sich ohne Vorbehalt von Christus haben erfassen und von seinem Licht durchdringen lassen.

Die Geschichte des christlichen Glaubens in Europa ist aber auch gekennzeichnet von Glaubenskrisen, durch Widerstand und Abfall vom Evangelium. Das gilt auch heute. Viele Türen haben sich für Christus geschlossen. Darum braucht Europa, wie ich wiederholt gesagt habe, dringend eine neue Evangelisierung, sowohl in den großen Städten als auch in den ländlichen Regionen. Auch die Kirche in euren Diözesen und Ländern muß in verstärktem Maße wieder missionarisch werden. Wenn die Christen ihren Glauben nicht mehr durch das Beispiel ihres Lebens und durch das Wort bezeugen, dann wird das Licht von ihnen genommen. Andere werden kommen und den Platz in Anspruch nehmen, den die Christen nicht mehr ausfüllen.

100 Beherzigen wir darum wieder neu den Aufruf des Apostels: ”Belehrt und ermahnt einander in aller Weisheit!“ Beginnt wieder, über den Glauben zu sprechen, den Glauben zu vermitteln im Gespräch der Generationen, der Ehepartner, der Arbeitskollegen und der Freunde. Wenn die Jünger Christi stumm werden, werden die Steine reden: die Steine verlassener und verfallener Kirchen. Ihr tut gut daran, eure schönen alten Kirchen zu erhalten. Noch wichtiger ist es aber diese Kirchen Sonntag für Sonntag mit Leben zu erfüllen. Noch wichtiger ist es, selbst Kirche zu sein: ein Bauwerk aus lebendigen Steinen. Deshalb hat die außerordentliche Bischofssynode 1985 gefordert: ”Alle Laien sollen ihr Amt in der Kirche und im täglichen Leben... erfüllen, damit sie so die Welt mit dem Licht und Leben Christi durchdringen und umgestalten“.

5. Der Auftrag zu ”belehren“ und zu ”ermahnen“ ist im Volke Gottes darüber hinaus in einer besonderen Weise den von Gott bestellten Hirten, den Bischöfen und Priestern, anvertraut. Sie sind die berufenen Boten, durch die Christus heute an die Menschen die Einladung richtet, zu ihm zu kommen. Sie sind zu ihnen gesandt, auf daß sein Wort mit seinem ganzen Reichtum in ihnen wohne. Darum braucht das Volk Gottes diese Hirten jederzeit und besonders auch heute.

Wir haben heute die Freude, die Neupriester der Diözesen Graz und Gurk in unserer Mitte zu haben. Wir beglückwünschen euch, liebe junge Brüder, zur Gnade eurer Berufung und empfehlen euch und euer künftiges priesterliches Wirken der besonderen Fürsprache der Gottesmutter. Bleibt immer Hörende, Horchende und Gehorchende auf Gottes Wort hin, wie Maria es gewesen ist. Dann werdet ihr auch überzeugte und überzeugende Boten Jesu Christi in euren kommenden Gemeinden sein können.

Mein besonderer brüderlicher Gruß gilt auch den anwesenden Priesterjubilaren, vor allem denjenigen, die vor 50 Jahren hier im Dom von Gurk ihre Weihe empfangen haben. Ich danke euch und allen betagten Priestern in Österreich für die Treue zu ihrer Berufung in so langer und bewegter Zeit. Es wird euch gewiß nicht erspart worden sein, ganz persönlich zu erfahren, daß zur Jüngerschaft auch das Mittragen am Kreuz Christi gehört, so wie der Herr es uns vorhergesagt hat. Ebenso aber werdet ihr auch der österlichen Freude teilhaftig geworden sein, die uns unsere priesterliche Nähe zum auferstandenen Herrn schenkt.

6. Die Kirche in Österreich ist reich beschenkt durch Männer und Frauen, die bereit sind, das Leben und Wirken der Pfarrgemeinden aktiv mitzutragen. Sie hat auch den wertvollen Dienst der ständigen Diakone. Was aber die Kirche von der Stiftung durch den Herrn her zu allen Zeiten und an allen Orten besonders braucht, sind jene Männer, die ihr Leben ganz und vorbehaltlos Christus und seinem Heilswerk zur Verfügung stellen. Von ihnen sagt das II. Vatikanische Konzil: ”Durch die Weihe und die vom Bischof empfangene Sendung werden die Priester zum Dienst für Christus, den Lehrer, Priester und König, bestellt. Sie nehmen teil an dessen Amt, durch das die Kirche hier auf Erden ununterbrochen zum Volk Gottes, zum Leib Christi und zum Tempel des heiligen Geistes auferbaut wird“.

Der Dienst des Priesters, der durch das Sakrament der Priesterweihe übertragen wird, gehört zum Wesen der Kirche. Er ist unverzichtbar und nicht durch andere Dienste zu ersetzen. Durch ein besonderes Prägemal dem Ewigen Hohenpriester Christus gleichförmig, handelt der Priester in dessen Person. In der Feier der heiligen Eucharistie steht der Priester für Christus am Altar, er repräsentiert Christus, wie der heilige Thomas sagt. Bei der Spendung des Bußsakramentes spricht er im Namen Christi das Wort der Sündenvergebung. ”Wer euch hört, hört mich“, sagt Jesus von ihrer Glaubensverkündigung.

Der Mangel an Priestern, von dem auch die Kirche in Österreich und in den Nachbarländern betroffen ist, bedeutet eine große Herausforderung an alle Christen. Sie sollen ihre Mitverantwortung für die Kirche und das Leben in ihren Gemeinden erkennen und anerkennen. Durch seine Aufforderung, den Herrn der Ernte um Arbeiter zu bitten, sagt Jesus deutlich, daß die Berufung zum Dienst des Hirten eine Gabe Gottes ist, um die gebetet werden muß. Geistliche Berufe wachsen aus dem Gebet und aus dem Opfer, das in der Kirche zu ihrer Weckung und Entfaltung verrichtet wird. Jeder einzelne Gläubige ist hier angesprochen und gefordert – auch die Priester, die dazu durch ihr froh und erfüllt gelebtes Priestertum selbst zu der überzeugendsten Einladung für neue Priester – und Ordensberufe werden.

Ein herzliches Wort der Verbundenheit und brüderlicher Ermutigung richte ich von hier aus an alle Priester und Ordenschristen. Viele von euch, liebe Mitbrüder, tragen große Lasten. Aber die Existenz der Jünger Christi war schon immer geprägt durch den Ruf, die Herausforderung zu einer Lebensform, die dem natürlichen Menschenverstand oft als zu schwierig und unzumutbar erscheint. Und doch hat Jesus gesagt: ”Mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht“. Dieses Wort Christi haben wir soeben in der Eucharistiefeier gehört. Nur wer dieses Wort in der Haltung Marias annimmt, wird seine Wahrheit erfahren und es auch in seinem eigenen Priesterleben bestätigt finden.

7. Liebe Brüder und Schwestern! Wir gedenken durch unsere Pilgerfahrt an diesem Ort heute besonders der heiligen Hemma. Ihr gilt das Lob aus dem biblischen Buch der Sprüche: ”Eine starke Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert... Sie öffnet ihre Hand für den Bedürftigen und reicht ihre Hände den Armen“. Hemma hat den Segen einer Ehe und Familie erfahren. Durch den gewaltsamen Tod ihrer nächsten Angehörigen wurde sie hart geprüft. Dennoch wuchs aus ihrem Leid weder Verzweiflung noch Haß. Der christliche Glaube hat ihr Leid in Mitleid, in Hilfe für die Armen verwandelt. Hemma hat Kirchen erbaut und Klöster gestiftet. Sie hat auch Häuser für notleidende Menschen errichtet.

Wenn wir uns in Dankbarkeit an eine solche Frau erinnern, dann verbinden wir damit das Gedenken an Unzählbares, das der Kirche durch Frauen geschenkt wurde und heute geschenkt wird. Wir denken an den Beitrag der Frauen zur Verkündigung des Glaubens und besonders zur Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation. Wir denken auch an den Beitrag der Frauen im Dienst am Menschen und zur gesamten Lebenskultur.

Herzlich grüße ich die hier anwesenden Ordensfrauen und alle Ordensfrauen in Österreich. Die von euch, liebe Schwestern, hochherzig angenommene und gelebte Berufung zu den evangelischen Räten ist ein großes Geschenk Gottes an die Kirche und an die ganze menschliche Gemeinschaft. Ich danke euch für euer Zeugnis und für euren Dienst.

101 8. Nun möchte ich ein besonderes Wort in ihrer jeweiligen Muttersprache an die hier anwesenden slowenischen Gläubigen mit ihren Bischöfen und an die Pilger aus Italien – vor allem aus Friaul – mit ihren Oberhirten richten.

Venerati Pastori! Cari Fratelli e Sorelle!

Avete voluto oltrepassare i confini della vostra nazione per vedere il Papa e per incontrarvi qui con i vostri fratelli nella fede dell’Austria e della Slovenia in Jugoslavia, con i quali siete uniti da una lunga storia di fede. Infatti da Aquileia i messaggeri della fede portarono il Vangelo alle popolazioni del Friuli, della Carinzia e della Slovenia. Il Patriarcato di Aquileia, attraverso i secoli, ha collegato le tre regioni sul piano ecclesiale e culturale.

Purtroppo le antiche radici della fede sono oggi in Europa, e anche nelle vostre regioni, minacciate in diversi modi. I cristiani perciò devono reagire come comunità a questa sfida. Essi devono unirsi di più e stare più strettamente insieme. Questo pellegrinaggio di tre nazioni giova molto a tale scopo e ne è un grande aiuto.

Siete venuti al Santuario della Madre di Dio e di Santa Emma di Gurk per ricevere una nuova forza per la vostra vita di ogni giorno. Conservate e rafforzate la vostra fede, guardate a Maria, alla quale Santa Elisabetta ha detto: “Sei beata, perché hai creduto”.

9. Liebe Brüder und Schwestern! Bei unseren gemeinsamen Überlegungen führt uns heute der Segenswunsch des Apostels Paulus, daß das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum in unseren Herzen wohne. Die Bischöfe eures Landes greifen das gleiche Anliegen durch das Leitwort meines Pastoralbesuches auf. Sie laden euch zu einem zweifachen Ja ein: ”Ja zum Glauben - Ja zum Leben“. Aus dem Reichtum des Wortes Christi, das in unserem Geist und Herzen wohnt, erwächst auch der Reichtum des göttlichen Lebens in den Menschen. Dieser erst gibt dem Menschen die endgültige Sicht der Werte, die ”die Welt nicht gehen kann“. Die Werteskala des Menschen ist vielleicht in Unordnung geraten, weil er die Beziehung zum endgültigen Wert, der Gott ist, verloren hat. Die tiefe Sehnsucht nach Glück, die nur in Gott ihre wahre Erfüllung finden kann, sucht der Mensch durch vordergründige, allzu vergängliche Werte zu befriedigen. Die Sehnsucht nach Glück wird so zur Sucht nach immer leichterem und flüchtigerem Genuß. Statt der erhofften Fülle erwartet den Menschen am Ende gähnende innere Leer und Verdruß im Leben.

Öffnen wir deshalb wieder neu unsere Herzen für die Frohe Botschaft von Jesus Christus, der allein der richtige Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Seit vielen Jahrhunderten bereitet die Kirche auf dieser schönen Erde den Tisch des Wortes Gottes und den Tisch des eucharistischen Brotes: jenes Brotes, das zum Leib und Blut des Erlösers für das Heil der Welt wird. Christus ruft uns zu: ”Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele“.

Christus lädt uns ein, an seinem Ostergeheimnis teilzunehmen: am Geheimnis des Kreuzes. Dies ist sein ”Joch“: das ”Joch für die Erlösung der Welt“. Er hat es auf sich genommen und nach Golgota getragen und sich dort selbst zum Opfer hingegeben. ”Er gab“, seinen Leib und sein Blut. Er hat diese eingesetzt als Sakrament des Neuen und Ewigen Bundes Gottes mit den Menschen und sie als Eucharistie für seine Kirche gestiftet. Fortan sagt er zu uns: ”Nehmt und esset, nehmt und trinkt davon“. ”Nehmen“ heißt, daran wahrhaft Anteil erhalten. Wir dürfen nicht bloß äußerlich der Messe beiwohnen, wir sollen voll und ganz daran teilnehmen. Deshalb lädt uns Christus ein: Kommt mit eurem ganzen Leben, mit eurem Kreuz. Lernt von mir. Lernt mich kennen, und ihr werdet euch selber finden; ihr werdet euch selbst erkennen; euer wahres Menschsein.

Die Eucharistie ist Opfer – und das Opfer wird Kommunion, innige Lebensgemeinschaft. Kommunion bedeutet ein gegenseitiges Sich-schenken. Nehmt das Geschenk meines Lebens – jenes, das sich im österlichen Geheimnis voll offenbart hat – und gebt mir das Geschenk eures Lebens: so wie es ist, sagt uns der Herr. Und ihr werdet ”Ruhe finden für eure Seelen“. Denn unruhig ist das Herz des Menschen, bis es ruhet in Gott. Amen!

Predigten 1978-2005 95