Generalaudienz 1998 15


Mittwoch, 17. Juni 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In den Mittelpunkt meiner Katechese habe ich heute den Heiligen Geist gestellt, der am Pfingstfest auf die Urgemeinde herabgekommen ist.

In zwei Tagen werde ich meinen dritten Pastoralbesuch in Österreich beginnen, der unter dem Thema steht: Komm Schöpfer Geist. Schon heute richte ich einen herzlichen Gruß an die Bevölkerung dieses Landes. In der Geschichte haben seine Christen viel für die Evangelisierung in Europa und in der Welt beigetragen.

Die letzten Jahre waren für die Kirche in Österreich aber auch eine Zeit großer Leiden. Der Papst und die Bischöfe möchten helfen, die Schwierigkeiten zu überwinden. Sie wollen die Gläubigen ermutigen, auch weiterhin am Aufbau des Reiches Gottes mitzuwirken, das schon mitten unter uns ist, aber noch nicht ganz (vgl. Lumen gentium LG 5). Auch das Leiden kann geistlich fruchtbar werden.

16 Ich freue mich auf die Seligsprechung dreier beispielhafter Christen in Wien, die ein Zeichen der Lebendigkeit der Kirche in Österreich sind.

In der Hoffnung, daß mein Besuch eine Hilfe zur Einheit der Kirche in Wahrheit und Liebe sei, rufe ich allen Österreichern aus ganzem Herzen zu: "Grüß Gott!"

Gleichzeitig grüße ich auch alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die vielen Schüler- und Jugendgruppen willkommen, darunter den Chor des Johann- Michael-Fischer-Gymnasiums Burglengenfeld. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 24. Juni 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Am Wochenende habe ich Österreich zum dritten Mal besucht, und ich danke Gott, dem Geber alles Guten, für diese intensiven Tage geistlicher Begegnungen. Ich danke allen Österreichern für die viele Mühe vor und während meines Aufenthaltes und für den herzlichen Empfang.

Anlaß und Höhepunkt dieser Reise war die Seligsprechung von drei Österreichern auf dem Heldenplatz in Wien. Die “Helden der Kirche” sind nicht unbedingt diejenigen, die in den Augen der Welt Geschichte geschrieben haben. In den Augen der Menschen mögen sie klein erscheinen, bei Gott aber sind ihre Namen groß geschrieben.

Besonders hat mich gefreut, daß so viele Jugendlichen dabei waren, und begeistert mitgefeiert haben. Meine Pastoralreise ist vorbei. Gebe Gott, daß sie eine neue Etappe auf dem Pilgerweg sei, den das Volk Gottes von Österreich geht.

Gott segne das Land und die Kirche von Österreich auf der Suche nach Wahrheit und Liebe!
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders die Pilgergruppen aus Basel willkommen, die aus Anlaß der Zweihundertjahrfeier der Errichtung der ersten katholischen Kirche nach der Reformation nach Rom gekommen sind. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



17

Juli 1998


Mittwoch, 1. Juli 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die im Abendmahlssaal versammelten Apostel haben an Pfingsten die Ausgießung des Heiligen Geistes über sich erfahren und “begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab” (Ac 2,4). Man kann also sagen, daß die Kirche von Anfang an vom Heiligen Geist die Fähigkeit erhält, “Gottes große Taten zu verkünden” (Ac 2,11) und die Völker zu evangelisieren.

Diese Tatsache macht ein grundlegendes Gesetz der Heilsgeschichte deutlich: Es kann keine Evangelisierung, keine Prophetie und keine Verkündigung geben und man kann überhaupt nicht über den Herrn oder gar im Namen des Herrn sprechen, wenn nicht die Gnade und die Vollmacht des Heiligen Geistes gegeben ist. Mit einem Bild aus dem Bereich der Biologie können wir sagen: Wie das menschliche Wort vom Atem des Menschen übertragen wird, so wird das göttliche Wort vom Hauch Gottes, das ist vom Heiligen Geist, übermittelt.

Der Heilige Geist treibt die Kirche an, die Einheit zu verkündigen und die Einheit zu verwirklichen. Da es nur den einen Heiligen Geist gibt, sind alle Christen aufgefordert, an der Schwelle zum dritten Jahrtausend große Anstrengungen auf dem Weg zur vollen Einheit zu unternehmen.
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Mit dieser Hoffnung grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die vielen Schüler und Schülerinnen willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen wünsche ich einen schönen Sommer und erteile von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 8. Juli 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Heute wollen wir über den mystischen Leib Christi, das heißt über die Kirche sprechen, insofern sie vom Heiligen Geist belebt und beseelt wird. Denn die Kirche ist von Anfang an dem Heiligen Geist anvertraut, der sie durch sein Wirken wachsen läßt. Seiner Gegenwart verdanken die einzelnen Christen ihr Leben in der Gemeinschaft der Kirche, das mit der Taufe beginnt: ”Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen” (1Co 12,13).

18 Der Heilige Geist, der der Kirche innewohnt, ist also nicht ein fremder Gast, sondern die Seele, die die Gemeinschaft zu einem ”heiligen Tempel Gottes” formt. Der einzelne Christ wird durch seine persönliche Umkehr vom Heiligen Geist auf dem Weg der Heiligung geführt.

So können wir den Heiligen Geist als Seele unserer Seele und als Geheimnis unserer Heiligung bezeichnen. Lassen wir zu, daß seine starke Gegenwart in uns innewohnt und wirkt und uns auf liebende Weise immer mehr nach seinem Willen formt.
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Mit diesen Gedanken grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die Gläubigen der Pfarreien Langenlois und Stinatz sowie die Jugendlichen willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 22. Juli 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung der Katechese über den Heiligen Geist spreche ich heute über den Heiligen Geist als Prinzip der Heiligung.

Der Auferstandene sagt am Osterabend den Jüngern: “Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert” (Jn 20,22-23). Unmittelbar auf die Mitteilung des Geistes der Heiligkeit folgt die Vergebung der Sünden.

Indem der Geist des Herrn die Sünde zerstört, macht er den Menschen heilig. Der Apostel Paulus sagt: “Gott hat euch als Erstlingsgabe dazu auserwählt, aufgrund der Heiligung durch den Geist und eures Glaubens an die Wahrheit gerettet zu werden” (2 Tess 2,13).

Die Gegenwart des Heiligen Geistes wandelt den Menschen in seinem innersten Wesen um: Er teilt die heiligmachende Gnade mit. Dadurch wird unser Tun und Handeln, unser menschliches Sein erhöht. Durch ihn werden wir fähig, in der Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott zu leben.
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19 Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 29. Juli 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Der Heilige Geist führt die Gläubigen zu einer Gemeinschaft zusammen. Mit der pfingstlichen Ausgießung des Heiligen Geistes werden die Fundamente der neuen Stadt Jerusalem gelegt, die auf die Liebe gebaut ist. Diese Liebe schafft die brüderliche Zusammengehörigkeit. Im neu-testamentlichen Bericht der Apostelgeschichte wird dies eindrucksvoll geschildert.

Es gibt zwei Wege, die der Geist Gottes dabei wählen kann: die direkte und unmittelbare Weise oder der Weg der Vermittlung durch die sichtbare Kirche. Beide Möglichkeiten kommen vom Heiligen Geist und können sich nicht widersprechen. Ziel ist es, die Einheit im Glauben zu bewahren. Dazu gehört, daß wir innerhalb der katholischen Kirche in der brüderlichen Liebe wachsen, damit dadurch die Einheit unter allen Christen gefördert werde. Die Einheit als Geschenk des Heiligen Geistes drückt sich in der einen Liebe aus.
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Mit diesen Gedanken grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen wünsche ich einen schönen Sommer und erteile von Herzen den Apostolischen Segen.



                                                                              August 1998

Mittwoch, 5. August 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung der Katechese über den Heiligen Geist spreche ich heute über die Charismen als Gaben des Heiligen Geistes.

20 In der Gemeinde von Antiochien gibt es von Anfang an verschiedene Charismen und Ämter. Insbesondere werden die Propheten, die nach den Wegen des Herrn suchen und sie verkünden, und die Lehrer, die die christliche Lehre vertiefen und erklären, hervorgehoben.

Die Lehre über die Charismen wird besonders vom Apostel Paulus in den Kapiteln 12-14. des ersten Korintherbriefes entwickelt. Paulus betont hier die Verschiedenheit der Charismen und zugleich die Einheit deren Ursprungs.

Liebe Schwestern und Brüder! Ein jeder von uns hat sein eigenes Charisma. Wir sollen diese Gabe des Heiligen Geistes mit Dankbarkeit hinnehmen und in den Dienst der Gemeinschaft stellen.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich die Gruppe der jungen Redemptoristen aus Bayern besonders willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 12. August 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In den vorausgehenden Katechesen haben wir gesehen, wie der Heilige Geist sich im Leben Jesu Christi, an Pfingsten und im Leben der einzelnen Christen sich kundtut. Ab heute wollen wir unseren Blick auf die gesamte Welt und auf die Menschheitsgeschichte richten. Denn der Heilige Geist wirkt über die sichtbaren Grenzen der Kirche hinaus.

Das Zweite Vatikanische Konzil stellt deshalb fest, daß das Handeln des Geistes Gottes nicht auf den institutionellen Bereich der Kirche begrenzt werden kann (GS 22 LG 16). Er ist gegenwärtig bei der Erschaffung der Welt und wirkt durch alle Zeiten der Heilsgeschichte. Durch Jesus Christus hat Gott Vater den Heiligen Geist der Kirche und der gesamten Menschheit mitgeteilt. So lenkt der Geist alles auf das definitive Ereignis der Menschwerdung des Wortes hin und zeigt dem Menschen direkt oder indirekt den Weg zum Heil.
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Mit großer Freude begrüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die Ministanten aus Wilpoldsried willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen zu Hause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen wünsche ich einen schönen Sommer und erteile von Herzen den Apostolischen Segen.



21

Mittwoch, 19. August 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Gott hat einen Plan mit dem Menschen, der nach Seinem Bild und Gleichnis geschaffen ist.

Der Mensch soll seine Freiheit in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes leben und so die Unordnung überwinden, die durch die Sünde in sein persönliches Leben und in die Welt gekommen ist. Dazu braucht er das Geschenk des Heiligen Geistes. Schon die Propheten des Alten Testamentes wußten davon. Später wird der heilige Paulus nicht müde, diesen Gedanken zu unterstreichen: "Denn wir wissen, daß die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir (...) seufzen in unserem Herzen und warten darauf, daß wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden" (Rm 8,22-23).

Dank des Heiligen Geistes bekommt die Welt eine ganz neue Qualität: sie wird zu einem Raum wahrer Geschwisterlichkeit; die Menschen begegnen einander als Brüder und Schwestern; es wächst ein Friede, der alle umfaßt.

Wie gut, daß der Mensch, erfüllt vom Heiligen Geist, am Schöpfungswerk Gottes mitwirken darf! Dabei kommt es darauf an, daß der Mensch seine Freiheit nicht egoistisch verspielt, sondern sie im Sinne Gottes nützt: "Alles gehört euch. Ihr aber gehört Christus, und Christus gehört Gott" (1Co 3,23).
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Ich grüße alle deutschsprachigen Pilger und Besucher sehr herzlich und wünsche Euch, daß Ihr das Geschenk des Heiligen Geistes entdeckt, der in Euch und in der Schöpfung gegenwärtig ist. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 26. August 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung der Katechese über den Heiligen Geist spreche ich heute über die Begegnung Gottes mit dem Menschen im Heiligen Geist.

22 Gott der Vater möchte durch das fleischwordene Wort jeden an seinem Leben teilhaben lassen. Er will sich endgültig offenbaren. Diese göttliche Selbstmitteilung geschieht im Heiligen Geist.

Die Heilsgeschichte ist die fortschreitende Offenbarung Gottes gegenüber der Menschheit. Ihren Höhepunkt erreicht sie in Jesus Christus. Diese vollständige und endgültige Begegnung Gottes mit dem Menschen wurde lange Zeit von den Patriarchen und Propheten erhofft und vorbereitet. Jesus Christus, der wahre Gott vom wahren Gott, der neue Adam, “macht eben in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung” (
GS 22).

Der Heilige Geist, der in der Kirche wirkt, ermöglicht es, daß der Mensch sich durch die Selbstmitteilung wiederfindet.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich den Schützen- und Musikverein der Pfarrei Sankt Georg in Strücklingen und die Gruppe der Seminaristen aus München besonders willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



September 1998


Mittwoch, 2. September 1998

Liebe Schwestern und Brüder!

Die vom Heiligen Geist geschenkte Freiheit treibt die Gläubigen an, sich der Brüder und Schwestern anzunehmen. Gerade weil Jesus Christus mich mit seiner Liebe befreit und mir seinen Geist anvertraut hat, kann und soll auch ich mich freiwillig aus Liebe dem Nächsten zuwenden.

Diese tiefe Wahrheit drückt der erste Brief des Apostels Johannes so aus: “Daran haben wir die Liebe erkannt, daß Er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben” (1Jn 3,16).

Ohne den Beistand des Heiligen Geistes kann kein Mensch diesen Gipfel der Liebe erreichen, so wie es Jesus uns vorgelebt hat. Maria hat als erste in Freiheit ihr Sein und Leben ganz und gar Gott in die Hände gegeben. Möge sie uns beistehen und führen, damit wir den Heiligen Geist als Quelle wahrer Freiheit entdecken können.
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23 Mit dieser kurzen Betrachtung grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die vielen Schüler und Schülerinnen willkommen sowie die Stipendiatinnen und Stipendiaten des Katholischen Akademischen Ausländerdienstes der Deutschen Bischofskonferenz. Euch allen und Euren Angehörigen daheim sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 9. September 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Am Anfang meines Pontifikates habe ich an eine Wahrheit erinnert, die schon den Kirchenvätern bewußt war: In den verschiedenen Religionen gibt es "Keime des Wortes", gleichsam Reflexe einer einzigen Wahrheit. Sie bezeugen, daß das tiefste Streben des menschlichen Geistes nur eine einzige Richtung kennt, auch wenn es sich auf verschiedene Wege begibt. Das haben wir auf dem Weltgebetstag für den Frieden vor fast zwölf Jahren in Assisi eindrucksvoll erlebt (vgl. Redemptor hominis RH 11).

Das gemeinsame Streben nach Gott ist ein Geschenk des Heiligen Geistes. Es gibt zahlreiche Strahlen der göttlichen Weisheit: die vielfältigen Formen des Gebetes; das Leben nach den Geboten, die dem Moralgesetz entsprechen; das wahrhaftige Gespür für das Religiöse und viele andere mehr.

Dem entspricht die Haltung, die von der Kirche und jedem Christen gegenüber Anhängern anderer Religionen verlangt wird: gegenseitiger Respekt, tiefe Sympathie und - wenn möglich - auch herzliche Zusammenarbeit. Dadurch wird aber die Mission nicht überflüssig. Denn als Christen dürfen wir nicht vergessen: Jesus Christus ist der einzige Mittler und Erlöser der Menschheit.
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Einen herzlichen Gruß richte ich an alle Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern. Besonders heiße ich die vielen Schüler- und Jugendgruppen willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen zuhause sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 16. September 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In Fortsetzung der Katechese über den Heiligen Geist spreche ich heute über seine Gegenwart in den “Samen der Wahrheit”.

24 Die Fülle der Wahrheit, die in Jesus Christus Wirklichkeit wurde, ist schon im Alten Testament vorausverkündet worden. Sie bezieht sich nicht nur auf die Gläubigen, sondern, in geheimnisvoller Weise, auf alle, die zwar das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennen, aber Gott aus ehrlichem Herzen suchen. Sie sind bestrebt, den Willen, den sie im Gewissen vernehmen, unter dem Einfluß der Gnade in die Tat umzusetzen (vgl. LG LG 16).

Darum kann es die Kirche nur schätzen, wenn der Mensch in seinen Gedanken wahrhaftig nach der Wahrheit sucht und dabei auch das Erbe würdigt, das die verschiedenen Kulturen hervorgebracht haben. Darin drückt sich der Reichtum der menschlichen Schöpfungskraft aus, die unter der Leitung des Heiligen Geistes nach der Fülle der Wahrheit strebt.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich die Pilgergruppe der Behindertenseelsorge im Bistum Mainz und die Leser der Trierer Kirchenzeitung Paulinus besonders willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 23. September 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

“Es wird darauf ankommen, den Geist als den wiederzuentdecken, der im Lauf der Geschichte das Reich Gottes aufbaut und seine volle Offenbarwerdung in Jesus Christus dadurch vorbereitet, daß er die Menschen innerlich anregt und im menschlichen Erleben die Keime der endgültigen Rettung, die am Ende der Zeiten eintreten wird, aufgehen läßt”, so formulierte ich im Apostolischen Schreiben Tertio millenio adveniente.

Wenn wir die Geschichte im Glauben betrachten, so sehen wir sie voll und ganz von der Gegenwart des Heiligen Geistes durchdrungen. So ist es verständich, daß die Kirche immer aufgerufen ist, die Zeichen der Gegenwart Gottes in der Geschichte der Menschen zu erkennen.

Um dies zu erfüllen, muß die Kirche immer tiefer und auf lebendige Weise entdecken, daß Jesus Christus, der gekreuzigte und auferstandene Herr, der “Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte ist” (GS 10).
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Mit dieser kurzen Betrachtung grüße ich alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich die Behinderten mit ihren Angehörigen aus dem Bistum Mainz sowie die vielen Schüler und Schülerinnen willkommen. Euch allen und Euren Angehörigen daheim sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



25                                                                                September 1998

                                                                       

Mittwoch, 30. September 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Im Sakrament der Firmung wird der Getaufte innerlich mit der Salbung Christi verbunden. Diese Salbung kommt in der Namensgebung “Christ” zum Ausdruck. “Christus” - ist ursprünglich ein griechisches Wort. Es bedeutet soviel wie: der Gesalbte. Der griechische Begriff geht wiederum auf das Hebräische zurück: Messias. Christus ist der Messias, der Gesalbte Gottes. Wir Christen werden uns im Sakrament der Firmung des Namens bewußt, den wir tragen. Bezeichnet mit dem Siegel des Heiligen Geistes entdecken wir die Sendung, die uns in Kirche und Welt übertragen wurde.

Ein intensives Erleben dessen, was die Salbung des Heiligen Geistes bewirkt, begleite uns bei den Vorbereitungen auf dem Weg zum großen Jubiläum. Mögen wir dadurch in der Ausübung der Missionsarbeit gestärkt werden!
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich die Teilnehmer an der 19. Pilgerfahrt „Rom im Rollstuhl”, die Katholische Kaufmanns-Vereinigung aus Bamberg sowie die zahlreichen Jugendlichen besonders willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



                                                                                 Oktober 1998

Mittwoch, 7. Oktober 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

26 Zum zweiten Mal konnte ich das Land Kroatien besuchen. Das Thema des Pastoralbesuches waren die Worte des Auferstandenen an seine Jünger: “Ihr werdet meine Zeugen sein” (Ac 1,8). So stand diese Reise nach Salona, Zagreb und Split ganz im Zeichen des Zeugnis-Gebens. Herausragendes Ereignis dieser drei Tage war die Seligsprechung des Kardinals von Zagreb, Alois Stepinac, der bis zum Martertod standhaft zu Christus und seiner Kirche gehalten hat.
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Es ist ein glücklicher Umstand, daß heute unter uns die fratres minores dieses großen Kardinals unter uns sind: die Diakone aus dem Collegium Germanicum et Hungaricum, wo sich einst auch Alois Stepinac auf das Priestertum vorbereitet hat. Ihr werdet am Samstag zu Priestern geweiht: Das Beispiel des neuen Seligen stehe Euch in Eurem Dienst an Gott und den Menschen immer vor Augen. Gott segne Euch!

Herzlich begrüße ich auch die große Schar der Ministranten aus dem Erzbistum Köln, die eine Wallfahrt nach Rom anläßlich der Heilig-sprechung von Edith Stein unternehmen. Gott schenke Euch viel Freude an Eurem wichtigen Dienst für eine würdige Feier der Liturgie.

Auch grüße ich alle anwesenden Jugendlichen, die Chöre, alle, die aus der Schweiz, dem Fürstentum Liechtenstein, der Provinz Bozen und aus Deutschland nach Rom gekommen sind. Euch allen und Euren Ange-hörigen daheim sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 14. Oktober 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die Firmung steht heute im Mittelpunkt unserer Katechese. In diesem Sakrament wird uns durch die Salbung das Siegel des Heiligen Geistes aufgedrückt.

Es entspricht der Botschaft der Heiligen Schrift und der Tradition der Kirche seit ihren Anfängen, daß dieses Siegel das Kennzeichen des gefirmten Christen ist. Dieses Merkmal macht seinen "Charakter" aus. Der Christ ist sich bewußt, daß die Firmung das in der Taufe empfangene Geschenk vollendet. Gleichzeitig weiß er, daß Christus ihn durch die Besiegelung mit dem Heiligen Geist in die Pflicht nimmt.

Wir heißen ja nicht nur Christen. Wir sind es auch durch unser Lebenszeugnis, das einige herausragende Gestalten abgelegt haben bis zum Tod. Wir sollen seine Zeugen sein, "Christi Wohlgeruch" (2Co 2,15) für die Welt, damit die Menschen im Heiligen Geist Atem holen können.
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27 Mit dem Bild von "Christi Wohlgeruch" entbiete ich einen herz-lichen Gruß den Pilgern und Besuchern aus dem deutschen Sprachraum. Besonders erwähnen möchte ich die Ordensfrauen aus verschiedenen Kongregationen in La Storta und die Schwestern der Christlichen Liebe in Rom, die Tage der geistlichen Erneuerung erleben. Mit Freude heiße ich die vielen Jugend- und Schülergruppen willkommen. Seid "Christi Wohlgeruch" in Eurer Heimat! Euch allen, Euren Lieben daheim sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich gern den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 21. Oktober 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

In unserer Katechesenreihe spreche ich heute über das Leben im Heiligen Geist. Das gesamte Dasein des Christen ist eine Existenz im Geist, weil er zutiefst durch den Glauben und die Sakramente an Jesus Christus gebunden ist. Deswegen wird der Getaufte sich auch vom Heiligen Geist vertrauensvoll führen lassen. Dabei weiß er, daß er sich nicht selbst aus eigener Kraft erlösen und vervollkommnen kann. Das heißt aber nicht, die christliche Spiritualität müsse das Materielle überwinden, als ob der Christ als "fleischloser" und "geschichtsloser" Mensch die weltlichen Belange verachte. Im Gegenteil: Der Heilige Geist durchdringt unsere Denkkraft, unseren Willen, unser Gefühlsvermögen und unsere Körperlichkeit, damit wir unserer Mitwelt in Raum und Zeit die Botschaft des Evangeliums verkünden und vorleben.
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Herzlich begrüße ich alle anwesenden Jugendlichen, die vielen Schülerinnen und Schüler, die Ministranten und alle, die aus Österreich, der Schweiz und aus Deutschland nach Rom gekommen sind. Euch allen und Euren Angehörigen daheim sowie den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 28. Oktober 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Der Heilige Geist ist der Spender des Lebens. Diese Wahrheit ist dem auserwählten Volk im Laufe der Geschichte immer deutlicher bewußt geworden. Was in der Schöpfung angedeutet ist, übersteigt schließlich die irdische Existenz: Es ist das ewige Leben, die Gemeinschaft mit Gott, die der Heilige Geist schenkt.

Christus selbst hat gesagt: "Ich bin die Auferstehung und das Leben" (Jn 11,25). Er hat das Duell zwischen Leben und Tod entschieden: Das Leben ist stärker als der Tod.

Das Leben nach dem Tod beginnt nicht erst mit der Auferstehung am Ende der Tage. Gegen die lebendige Beziehung zu Christus kommt sogar der Tod nicht auf. Jesus Christus verspricht uns: "Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt" (Jn 11,25). In Dankbarkeit gegenüber dem Heiligen Geist, der Leben schafft, verehren wir die Heiligen und ehren unsere Toten.
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28 Heute begrüße ich ganz besonders die Vertreter der Freiwilligen Feuerwehren aus Oberösterreich, begleitet vom Herrn Landeshauptmann Josef Pühringer und von ihrem Landsmann in Rom, Herrn Erzbischof Alois Wagner. Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, daß heute der Feuerwehr des Vatikanstaates ein neues Löschfahrzeug überreicht werden kann.

Außerdem heiße ich die Wallfahrer der Diözese Rottenburg- Stuttgart willkommen, die von ihrem Bischof Walter Kasper begleitet werden. Der Herr stärke Euch in der Stadt der Apostelfürsten Petrus und Paulus.

Schließlich grüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Euch allen, Euren Lieben daheim und den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



                                                                                November 1998

Mittwoch, 4. November 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Die Heilige Schrift und die Tradition verkünden uns, daß die Toten am Ende der Zeiten auferstehen und daß es ein ewiges Leben gibt. Mit der Menschwerdung des Wortes hat Gott menschliches Fleisch angenommen. Durch seinen Tod und seine Auferstehung hat er es für den Menschen möglich gemacht, an seiner Herrlichkeit teilzuhaben. Durch die Gaben des Geistes und durch den verherrlichten Leib Christi in der Eucharistie erfüllt Gott der Vater die ganze menschliche Existenz und gewissermaßen auch den Kosmos, der diesem Ziel zustrebt.

“Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes…, und soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.” (vgl. Rm 8,19-21).
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders willkommen: die Behindertengruppen des Malteser-Hilfsdienstes aus Landshut und Leverkusen sowie die Ehepaare aus Forchheim und Bamberg, die ihre Silberhochzeit feiern. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 11. November 1998


29 Liebe Schwestern und Brüder!

Die Hoffnung, die Gott durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgießt, hat einen Namen und ein Gesicht: Jesus Christus. Er ist "unsere Hoffnung" (
1Tm 1,1) in Person.

Besonders unsere Zeit braucht die Kunde von der christlichen Hoffnung. Viele Menschen, darunter auch viele Christen, sind hin- und hergerissen zwischen dem Mythos der Selbsterlösung und der Versuchung zum Pessimismus. Die Frage nach dem Sinn des Lebens und das Rätsel von Krankheit und Tod pochen an die Türen vieler Herzen. Sie warten auf eine Antwort.

Die Hoffnung, die uns vor zweitausend Jahren in Jesus Christus geschenkt wurde, können wir nicht für uns behalten. Sie gehört nicht nur in die Innerlichkeit der einzelnen Herzen und Gewissen. Wir sind aufgerufen, miteinander die Schwelle der Hoffnung zu überschreiten. Denn es gilt: "Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist" (Ep 4,4).
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Herzlich begrüße ich die Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache, die bei dieser Audienz anwesend sind. Einen besonderen Gruß richte ich an die Teilnehmer der Studienreise der Katholischen Akademie Hamburg. Bringt in Eure Stadt die Hoffnung, die Christus heißt! Gern erteile ich Euch allen, Euren Angehörigen daheim und den über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbundenen Gläubigen den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 18. November 1998


Liebe Schwestern und Brüder!

Wir Christen sind aufgerufen, uns auf das Große Jubiläum zu Beginn des dritten Jahrtausends vorzubereiten. Das geschieht dadurch, daß wir unsere Hoffnung auf die endgültige Ankunft des Reiches Gottes erneuern.

Es gibt viele Anzeichen der Hoffnung, die trotz der Schatten, die sie oft vor unseren Augen verbergen, in diesem letzten Abschnitt des Jahrhunderts vorhanden sind: die von Wissenschaft, Technik und Medizin im Dienst am menschlichen Leben erzielten Fortschritte, die wachsende Sensibilität gegenüber der Umwelt, der Wille zu Versöhnung und Solidarität zwischen den verschiedenen Völkern auf der ganzen Erde.

Auch auf kirchlichem Gebiet gibt es Hoffnungszeichen: Immer mehr Laien hören auf die Stimme des Heiligen Geistes und entdecken ihre Charismen. Das Anliegen der Einheit der Christen bewegt viele. Die Kirche ist im Dialog mit den Religionen und mit der modernen Kultur.

30 Erneuern wir diese Hoffnung Tag für Tag in unserem Herzen, sowohl in der christlichen Gemeinschaft, der wir angehören, als auch in dem sozialen Umfeld, in das wir hineingestellt sind.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Unter ihnen heiße ich besonders die Gruppe der Liebfrauenschule der Schönstätter Marienschwestern willkommen. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.





Generalaudienz 1998 15