Generalaudienz 1999




1                                                                                 Januar 1999



Mittwoch, 13. Januar 1999


Liebe Schwestern und Brüder!

1. »Du hast uns auf dich hin geschaffen, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir« (Augustinus, Confessiones 1,1; deutsch in CEC 30). Dieser berühmte Satz, der die Bekenntnisse des hl. Augustinus eröffnet, faßt eindrucksvoll das ununterdrückbare Bedürfnis in Worte, das den Menschen antreibt, das Angesicht Gottes zu suchen. Eine solche Erfahrung findet sich von verschiedenen religiösen Traditionen bestätigt: »Von den ältesten Zeiten bis zu unseren Tagen findet sich bei den verschiedenen Völkern eine gewisse Wahrnehmung jener verborgenen Macht, die dem Lauf der Welt und den Ereignissen des menschlichen Lebens gegenwärtig ist, und nicht selten findet sich auch die Anerkenntnis einer höchsten Gottheit oder sogar eines Vaters« (Nostra aetate NAE 2).

In der Tat kommt in vielen Gebeten des weltweiten religiösen Schrifttums die Überzeugung zum Ausdruck, daß das höchste Wesen wahrgenommen und angerufen werden kann als Vater, zu dem man über die Erfahrung der liebevollen Sorge des irdischen Vaters gelangt. Gerade diese Beziehung hat in einigen Strömungen des heutigen Atheismus zu der Vermutung geführt, daß die Gottesvorstellung selbst eine Projektion des Vaterbildes sei. Der Verdacht ist in Wahrheit unbegründet.

Es trifft allerdings zu, daß der Mensch, von seiner Erfahrung ausgehend, bisweilen versucht ist, sich die Gottheit in anthropomorphischen Zügen vorzustellen, welche allzusehr die Menschenwelt widerspiegeln. Die Gottsuche geht somit durch »Ertasten« vor sich, wie Paulus in der Rede an die Athener sagte (vgl. Ac 17,27). Man muß sich demnach dieses Helldunkel der religiösen Erfahrung vor Augen halten in dem Bewußtsein, daß nur die volle Offenbarung, in der Gott sich selbst kundmacht, die Schatten und Mißverständnisse beseitigen und das Licht leuchten lassen kann.

2. Nach dem Vorbild des Paulus, der gerade in der Rede an die Athener einen Vers des Dichters Arat[os] über den göttlichen Ursprung des Menschen zitiert (vgl. Ac 17,28), blickt die Kirche mit Achtung auf die Versuche, welche die verschiedenen Religionen vorlegen, um das Angesicht Gottes zu erfassen; sie unterscheidet dabei das, was annehmbar ist in deren Glaubensvorstellungen, von dem, was mit der christlichen Offenbarung nicht vereinbar ist.

Auf dieser Linie muß als positive religiöse Intuition die Wahrnehmung Gottes als allumfassender Vater der Welt und der Menschen betrachtet werden. Nicht angenommen werden kann hingegen die Vorstellung von einer Gottheit, die von Willkür und Laune beherrscht ist. Bei den alten Griechen zum Beispiel wurde das Gute als höchstes und göttliches Wesen auch Vater genannt, doch der Gott Zeus bekundete seine Vaterschaft sowohl in Wohlwollen als auch in Zorn und Bosheit. In der Odyssee lesen wir: »Zeus Vater! Kein anderer ist grausamer als du unter den Göttern! Kein Erbarmen hast du mit den Männern, nachdem du sie selbst hast entstehen lassen, daß sie ins Elend geraten und in jammervolle Schmerzen« (XX, 201-203; in: Homer, Die Odyssee, dt. von Wolfgang Schadewaldt, Zürich u. Stuttgart 1966).

Dennoch ist das Bedürfnis nach einem über launische Willkür erhabenen Gott auch bei den alten Griechen vorhanden, wovon beispielsweise der »Zeushymnus« des Dichters Kleanthes zeugt. Die Vorstellung von einem göttlichen Vater, bereit zu großzügigem Geschenk von Leben und vorsehend im Spenden der zum Dasein nötigen Güter, aber auch streng und strafend - und das nicht immer aus ersichtlichem Grund -, ist in den antiken Gesellschaften mit der Einrichtung des Patriarchats verbunden und überträgt dessen geläufigste Sichtweise auf die religiöse Ebene.

3. In Israel geht die Erkenntnis der Vaterschaft Gottes schrittweise vor sich und ist ständig durch die Versuchung zum Götzendienst gefährdet, wogegen die Propheten kraftvoll ihr Wort erheben: »Sie sagen […] zum Holz: ›Du bist mein Vater‹, und zum Stein: ›Du hast mich geboren‹« (Jr 2,27). In Wirklichkeit ist für die biblische religiöse Erfahrung die Wahrnehmung Gottes als Vater weniger an seine Schöpfertätigkeit als vielmehr an sein historisch-heilswirksames Eingreifen gebunden, wodurch er mit Israel eine besondere Bundesbeziehung begründet. Oft bedauert Gott, daß seine väterliche Liebe nicht die angemessene Erwiderung gefunden hat: »Der Herr spricht: Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen« (Is 1,2).

Die Vaterschaft Gottes erscheint Israel solider als die der Menschen: »Wenn mich auch Vater und Mutter verlassen, der Herr nimmt mich auf« (Ps 27,10). Der Psalmist, der diese schmerzliche Erfahrung des Verlassenseins gemacht und in Gott einen sorgsameren Vater als seinen irdischen gefunden hat, zeigt uns den Weg, den er gegangen ist, um dieses Ziel zu erreichen: »Mein Herz denkt an dein Wort: ›Sucht mein Angesicht!‹ Dein Angesicht, Herr, will ich suchen« (Ps 27,8). Die Suche nach dem Angesicht Gottes ist ein notwendiger Weg, der mit aufrichtigem Herzen und beständigem Bemühen zu gehen ist. Nur das Herz des Gerechten vermag sich zu freuen bei der Suche nach dem Angesicht des Herrn (vgl. Ps 105,3 f.), so kann das väterliche Angesicht Gottes über ihm leuchten (vgl. Ps 119,135 vgl. auch Ps 31,17 Ps 67,2 Ps 80,4 Ps 80,8 Ps 80,20). Wer das göttliche Gesetz beachtet, genießt auch vollends den Schutz des Bundesgottes. Der Segen, mit dem Gott über die priesterliche Mittlerschaft Aarons sein Volk bedenkt, hat gerade dieses leuchtende Offenbarwerden des Angesichtes Gottes zum Thema: »Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil« (Nb 6,25f.).

2 4. Seit Jesus in die Welt gekommen ist, hat die Suche nach dem Angesicht von Gott-Vater eine noch bedeutsamere Dimension angenommen. In seiner Lehre hat Jesus, sich auf seine Erfahrung als Sohn berufend, die Auffassung von Gott als Vater bekräftigt, die sich schon im Alten Testament abzeichnete; ja, er hat ständig darauf Bezug genommen, in inniger, unaussprechlicher Weise danach gelebt und ein dementsprechendes Lebensprogramm für die angeboten, welche das Heil erlangen möchten.

Vor allem nimmt Jesus eine absolut einmalige Stellung gegenüber der göttlichen Vaterschaft ein dadurch, daß er sich als »Sohn« offenbart und sich als einziger Weg anbietet, um zum Vater zu gelangen. Dem Philippus, der ihn bittet: »Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns« (
Jn 14,8), antwortet er, daß ihn zu kennen bedeutet, den Vater zu kennen, denn der Vater wirkt durch ihn (vgl. Jn 14,8-11). Für den, der dem Vater begegnen will, ist es also notwendig, an den Sohn zu glauben: Durch ihn gewährt Gott uns nicht nur vorsehenden väterlichen Beistand, sondern teilt uns darüber hinaus sein eigenes Leben mit, indem er uns zu »Söhnen und Töchtern im Sohn« macht. Das betont mit ergriffener Dankbarkeit der Apostel Johannes: »Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es« (1Jn 3,1).

"Du hast uns auf dich hin erschaffen, o Herr. Und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir". Die Worte des heiligen Augustinus weisen uns auf die Ur-Sehnsucht des Menschen hin: Er sucht nach dem Antlitz Gottes des Vaters.

Sowohl die religiösen Traditionen der Völker als auch die Geschichte der alten Mythen spiegeln die Vorstellungen eines Vatergottes wider. Sie waren allerdings von oft allzu menschlichen Zügen geprägt.

Dagegen steht das Gottesbild, das sich im auserwählten Volk immer mehr herausgebildet hat. Gottes Väterlichkeit übersteigt alles, was sich Menschen von einem Vater wünschen können. Wenn Gott sein Volk segnet, dann wendet er sein Angesicht zu und läßt sein Antlitz leuchten.

In Jesus Christus bekommt Gottes Väterlichkeit noch eine besondere Dichte. Er ist nicht nur ein Sohn unter vielen anderen Kindern Gottes. Er ist der Sohn schlechthin. Denn der Vater selbst wirkt in ihm und durch ihn. So ist er der einzige Weg zum Vater. Alle, die zu Gott dem Vater gelangen wollen, sind deshalb "Söhne im Sohn".
* * * * *


Wir stehen in dem Jahr, das Gott dem Vater gewidmet ist. Mögen immer mehr Menschen entdecken, daß sie Söhne und Töchter des Einen Vaters sind. Mit diesem Wunsch grüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Zunge. Gern erteile ich Euch und Euren Lieben daheim sowie allen, die über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbunden sind, den Apostolischen Segen.



Mittwoch, 20. Januar 1999


Liebe Schwestern und Brüder!

1. Das Volk Israel hat - wie wir bereits in der letzten Katechese erwähnt haben - Gott als Vater erfahren. Gleich wie alle anderen Völker erahnte es an ihm die väterlichen Gefühle, die zur gewohnten irdischen Vatererfahrung gehören. Insbesondere hat es an Gott eine erst recht väterliche Haltung wahrgenommen, indem es von der direkten Kenntnis seines besonderen Heilswirkens ausging (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche CEC 238).

3 Unter dem ersten Gesichtspunkt, dem der allgemeinen menschlichen Erfahrung, erkannte Israel die göttliche Vaterschaft, ausgehend vom Staunen über die Schöpfung und das werdende neue Leben. Das Wunder eines Kindes, das im mütterlichen Schoß Gestalt annimmt, findet ohne das Handeln Gottes keine Erklärung. So sagt der Psalmist: »Du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter…« (Ps 139,13). Israel konnte in Gott einen Vater auch im Vergleich mit bestimmten Persönlichkeiten sehen, die ein öffentliches Amt, insbesondere ein religiöses, innehatten und als Väter angesehen wurden: etwa Priester (vgl. Jg 17,10 Jg 18,19 Gn 45,8) oder Propheten (vgl. 2R 2,12). Es läßt sich ferner leicht verstehen, wie die Achtung, welche die Gesellschaft Israels dem Vater und den Eltern gegenüber forderte, dazu führte, Gott als anspruchsvollen Vater zu sehen. Tatsächlich ist die mosaische Gesetzgebung sehr streng mit denen, die ihre Eltern nicht achten. Und sie sah für den, der seinen Vater oder seine Mutter schlägt oder auch nur verflucht, sogar die Todesstrafe vor (vgl. Ex 21,15 Ex 21,17).

2. Doch jenseits dieser auf menschliche Erfahrung zurückgehenden Vorstellung reift in Israel ein noch spezifischeres Bild von der göttlichen Vaterschaft, gegründet auf seinem rettenden Eingreifen. Durch die Befreiung aus der ägyptischen Knechtschaft beruft Gott Israel zu einer besonderen Bundesbeziehung mit ihm, es darf sich sogar als sein Erstgeborener betrachten. Gott zeigt so, daß er ihm auf einzigartige Weise Vater ist, wie aus den an Mose gerichteten Worten hervorgeht: »Dann sag zum Pharao: So spricht Jahwe : Israel ist mein erstgeborener Sohn« (Ex 4,22). In der Stunde der Verzweiflung darf dieses Sohnesvolk es sich erlauben, den himmlischen Vater mit demselben Vorzugstitel anzurufen, damit er das Exodus-Wunder wieder erneuere: »Hab Erbarmen mit dem Volk, das deinen Namen trägt, mit Israel, den du deinen Erstgeborenen nanntest« (Si 36,17). Aufgrund dieser Lage ist Israel gehalten, ein Gesetz zu befolgen, das es von den anderen Völkern unterscheidet, vor denen es die göttliche Vaterschaft bezeugen soll, deren es sich in besonderer Weise erfreut. Das betont das Deuteronomium im Zusammenhang mit den aus dem Bund erwachsenden Pflichten: »Ihr seid Kinder des Herrn, eures Gottes […]. Denn du bist ein Volk, das dem Herrn, deinem Gott heilig ist, und dich hat der Herr ausgewählt, damit du unter allen Völkern, die auf der Erde leben, das Volk wirst, das ihm persönlich gehört« (Dt 14,1f.).

Wenn Israel das Gesetz Gottes nicht befolgt, handelt es im Widerspruch zu seinem Sohn-Sein und zieht sich den Tadel des himmlischen Vaters zu: »An den Fels, der dich gezeugt hat, dachtest du nicht mehr, du vergaßest den Gott, der dich geboren hat« (Dt 32,18). Dieser Stand als Sohn erstreckt sich auf alle Mitglieder des Volkes Israel, findet aber in einmaliger Weise Anwendung auf den Nachkommen und Nachfolger Davids gemäß der berühmten Prophezeiung des Natan, worin Gott spricht: »Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein« (2S 7,14 1Ch 17,13). Gestützt auf diese Weissagung, vertritt die messianische Tradition die Gottessohnschaft des Messias. Zum messianischen König spricht Gott: »Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt« (Ps 2,7 vgl. Ps 110,3).

3. Die göttliche Vaterschaft an Israel ist gekennzeichnet von einer innigen, beständigen und mitleidsvollen Liebe. Trotz der Treulosigkeiten des Volkes und der daraus folgenden Androhungen von Strafe offenbart Gott sich außerstande, von seiner Liebe abzusehen. Und er bringt dies in Worten von tiefer Zärtlichkeit zum Ausdruck, selbst wenn er gezwungen ist, die mangelnde Erwiderung seitens seiner Kinder zu bedauern: »Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, daß ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die (Eltern), die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen. […] Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel? […] Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf« (Os 11,3 f. 8; vgl. Jr 31,20).

Sogar der Tadel wird zum Ausdruck einer vorzugsweisen Liebe, wie das Buch der Sprichwörter lehrt: »Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, widersetz dich nicht, wenn er dich zurechtweist. Wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat« (Pr 3,11-12).

4. Eine so göttliche - und in ihrer Ausdrucksweise zugleich so »menschliche« - Vaterschaft faßt in sich auch die Merkmale zusammen, die normalerweise der Mutterliebe zugeordnet werden. Wenn auch selten, so sind die Bilder des Alten Testaments, in denen Gott sich mit einer Mutter vergleicht, äußerst vielsagend. Wir lesen z.B. im Buch Jesaja: »Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen. Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst, wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht« (Is 49,14-15). Und weiter: »Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch« (Is 66,13).

Die göttliche Haltung gegenüber Israel zeigt sich somit auch in mütterlichen Zügen, welche die Zärtlichkeit und Nachsicht daran zum Ausdruck bringen (vgl. KKK CEC 239). Diese Liebe, die Gott in so reicher Fülle über sein Volk ausgießt, läßt den alten Tobit ausrufen: »Bekennt euch zu ihm vor allen Völkern, ihr Kinder Israels; denn er selbst hat uns unter die Völker zerstreut. Verkündet dort seine erhabene Größe, preist ihn laut vor allem, was lebt. Denn er ist unser Herr und Gott, er ist unser Vater in alle Ewigkeit« (Tb 13,3-4).

Das Volk Israel hat Gott als Vater entdeckt. Immer wieder im Laufe der Geschichte hat es seine Väterlichkeit erfahren dürfen. Das Wohlwollen Gottes gegenüber seiner Schöpfung und insbesondere sein Eingreifen in die Geschichte sind Zeichen seiner Zuneigung zu den Menschen. Besonders Israel fühlt sich als “erstgeborener Sohn Gottes” und als “auserwähltes Volk”.

Das Volk Israel unterscheidet sich dadurch von den anderen Nachbarvölkern, daß es sich einem besonderen Gesetz unterstellt, um auf diese Weise seine göttliche Vaterschaft zu bezeugen.

Gott, der Vater, läßt sein Volk nicht im Stich, auch wenn dieses das Gesetz übertritt und untreu wird. Seine Liebe ist leidenschaftlich und bisweilen auch zärtlich. Im Buch Jesaja entdecken wir auch mütterliche Züge Gottes: “Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch” (66,13). Seine Liebe zu den Menschen hört niemals auf.
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4 Am Vorabend meines Besuchs in Mexiko lade ich euch ein, eure Gebete zu U. Lb. Frau von Guadalupe zu erheben, daß sie die Schritte der Neuevangelisierung unter den geliebten Völkern hispani - scher Sprache und Kultur lenke. Sie möge euch stets schützen und begleiten.

Im Vertrauen auf eure geistliche Unterstützung hoffe ich, übermorgen nach dem amerikanischen Kontinent abzureisen, um seinen Christengemeinden die Frucht des bereits gegangenen Weges der Synodenversammlung anzuvertrauen; sie soll zur Anleitung und Ausrichtung beim Aufbau der nächsten Zukunft dienen.

Das Geschick des Friedens wird in vielen Teilen der Welt weiter bedroht. In diesen Tagen kommt es zu wiederholten Vorfällen von Grausamkeit und Erbarmungslosigkeit insbesondere in Kosovo und in Sierra Leone.

Laßt uns mit erneutem Vertrauen zu Gott beten, daß er dort, wo der Haß überhandnimmt, seine väterliche Barmherzigkeit überreich ausgießen und das Gewissen derer, welche die Geschicke der Völker leiten, wachrütteln und die Herzen aller zu einer friedfertigen Gesinnung bewegen möge.

Ein Gedanke besonderer Nähe und Solidarität gilt dem Erzbischof von Freetown, den Missionarinnen und Missionaren, die von den Kämpfern in Sierra Leone als Geiseln festgehalten werden, ungeachtet ihrer unermüdlichen Hingabe im Dienst an der Bevölkerung dieses afrikanischen Landes. Ich appelliere an die Verantwortlichen, sie baldmöglichst freizulassen, daß sie zurückkehren können in ihren Dienst der Evangelisierung und Nächstenliebe.

Wir stehen in der Woche des Gebetes für die Einheit der Kirche. Mögen alle Christen sich ernsthaft bemühen, den gemeinsamen Weg zum einen Gott, dem Vater aller, zu suchen und zu gehen. Mit diesem Wunsch grüße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. Gern erteile ich Euch und Euren Lieben daheim sowie allen, die über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbunden sind, den Apostolischen Segen.



Februar 1999

GRUßWORTE VON JOHANNES PAUL II. BEI DER GENERALAUDIENZ


Mittwoch, 3. Februar 1999


Eine jahreszeitlich bedingte Krankheit hat mich gezwungen, meine Tätigkeit in diesen Tagen zu unterbrechen. Doch heute kann ich es nicht unterlassen, mein Wort an euch zu richten, die ihr zum gewohnten Treffen am Mittwoch gekommen seid.

Meine lieben Brüder und Schwestern, ich grüße euch alle mit Zuneigung. Der Herr, den wir am gestrigen Fest als Licht, das den Heilsweg jedes Menschen erleuchtet, betrachtet haben, möge im Leben von jedem mit seinem Glanz erstrahlen und es mit seiner Freude und seinem Frieden erfüllen. Einen besonderen Gruß richte ich an die Diakone der Erzdiözese Mailand und an alle anwesenden Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen.

Sodann möchte ich einen herzlichen Gedanken all denen übermitteln, die am meisten unter der Kälte leiden, vor allem den Obdachlosen, den Erdbebengeschädigten, den Kranken, den Betagten und den Kindern. Möge für jeden die notwendige Hilfe dasein.

5 Ich hoffe, daß im Sinne des bekannten Sprichworts »Wenn’s an Lichtmeß stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit« bald wieder schöne und warme sonnige Tage kommen. Allen einen besonderen Segen.
* * *


Je salue les pèlerins de langue française, en particulier les élèves du Centre Madeleine Daniélou de Rueil et les autres jeunes. À tous, j’accorde la Bénédiction apostolique.

I greet the pilgrims from the United States, as well as all the English-speaking pilgrims and visitors from other countries. Upon you and your families I invoke the abundant blessings of Almighty God.

Saludo cordialmente a los peregrinos de lengua española.

Os invito a alimentar vuestra fe con la fortaleza de los mártires y la fidelidad de los Apóstoles. A todos os bendigo de corazón.



Mittwoch, 10. Februar 1999


Liebe Schwestern und Brüder!

1. Noch sind die Eindrücke von meiner jüngsten Pilgerreise nach Mexiko und in die Vereinigten Staaten lebendig in meiner Erinnerung. Darauf will ich heute zurückkommen.

Spontan steige Dank aus meinen Herzen zum Herrn empor: In seiner Vorsehung hat er gewollt, daß ich genau zwanzig Jahre nach meiner ersten internationalen Reise wiederum nach Amerika gehe, um zu Füßen U. Lb. Frau von Guadalupe die Sonderversammlung der Bischofssynode für Amerika abzuschließen, die Ende 1997 im Vatikan getagt hatte. Aus dieser Versammlung habe ich - wie schon für Afrika und noch ausstehend für Asien, Ozeanien und Europa - Analysen und Vorschläge aufgenommen und in einem Apostolischen Schreiben mit dem Titel Ecclesia in America gesammelt, das ich in Mexiko-Stadt den Adressaten offiziell übergeben habe.

Heute möchte ich erneut meinen lebhaften Dank gegenüber denen, die zum Gelingen dieser Pilgerreise beigetragen haben, zum Ausdruck bringen. An erster Stelle danke ich den Staatspräsidenten Mexikos und der Vereinigten Staaten, die mich mit großer Zuvorkommenheit empfangen haben; den Erzbischöfen von Mexiko-Stadt und von Saint Louis und den weiteren verehrten Mitbrüdern im Bischofsamt, die mir liebevolle Aufnahme bereitet haben, sei Dank gesagt. Ferner danke ich den Priestern, den Ordensmännern und Ordensfrauen sowie den unzähligen Brüdern und Schwestern, die mich während dieser Tage der Gnade mit so viel Glauben und Wärme umgeben haben. Miteinander haben wir die ergreifende Erfahrung einer »Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus, Weg der Umkehr, der Gemeinschaft und der Solidarität« gemacht.

6 2. Die Früchte der ersten gesamtamerikanischen Synode in der Geschichte habe ich Maria, U. Lb. Frau von Guadalupe, zu Füßen gelegt, unter deren mütterlichen Schutz die Evangelisierung der Neuen Welt sich ausgebreitet hat. Zu Recht wird sie heute als Leitstern der Neuevangelisierung Amerikas angerufen. Deshalb habe ich angeordnet, daß ihr liturgischer Gedenktag, der 12. Dezember, auf den ganzen amerikanischen Kontinent ausgedehnt als Fest gefeiert wird.

Nach dem Vorbild der Jungfrau Maria hat die Kirche in Amerika die Gute Nachricht des Evangeliums aufgenommen und im Lauf von fünf Jahrhunderten viele Völker für den Glauben gezeugt. Und wie das Motto des Mexikobesuchs sagte, »Ein Jahrtausend bricht an. Laßt uns den Glauben neu bekennen«, sind heute die Christengemeinschaften Nord-, Mittel- und Südamerikas und der Karibik gerufen, sich im Glauben zu erneuern, um eine immer stärkere Solidarität zu entwickeln. Sie sind eingeladen, im Rahmen von koordinierten Pastoralplänen zusammenzuarbeiten, wobei jede mit ihren besonderen geistlichen und materiellen Reichtümern zur gemeinsamen Aufgabe beitragen soll.

Dieser Geist der Zusammenarbeit ist natürlich auch auf der zivilen Ebene unerläßlich und erfordert daher eine gemeinsame Wertebasis, wie ich bei der Begegnung mit dem Diplomatischen Corps in Mexiko hervorheben konnte.

3. Die Christen sind die »Seele« und das »Licht« der Welt. Diese Wahrheit betonte ich vor der riesigen Menge, die zur sonntäglichen Eucharistiefeier auf die Autorennbahn der mexikanischen Hauptstadt gekommen war. An alle, besonders an die Jugendlichen, richtete ich den Aufruf, der im Großen Jubiläum enthalten ist: Sich bekehren und Christus nachfolgen. Die Mexikaner antworteten mit ihrer unvergleichlichen Begeisterung auf die Aufforderung des Papstes, und auf ihren Gesichtern, in ihrem brennenden Glauben, in ihrer überzeugten Bejahung des Evangeliums vom Leben gewahrte ich wiederum tröstliche Zeichen der Hoffnung für den großen amerikanischen Kontinent.

Ich wurde dieser Zeichen auch bei der Begegnung mit der Welt des Leidens gewiß, dort, wo Liebe und menschliche Solidarität die Kraft und sorgende Nähe des auferstandenen Christus in der Schwachheit gegenwärtig zu machen wis-sen.

In Mexiko-Stadt war das Aztekenstadion, berühmt für denkwürdige Sportveranstaltungen, Ort einer außergewöhnlichen Gebets- und Feierstunde mit Vertretern aller Generationen des zwanzigsten Jahrhunderts, von den Höchstbetagten bis zu den Allerjüngsten: ein wunderbares Zeugnis dafür, wie der Glaube imstande ist, Generationen zu verbinden und Antwort auf die Herausforderungen jeder Lebenssaison zu geben.

An diesem Jahrhundert- und Jahrtausendwechsel erblickt die Kirche in Amerika und auf der ganzen Welt in den jungen Christen die schönste und verheißungsvollste Frucht ihrer Arbeit und ihrer Leiden. Groß ist meine Freude, daß ich sowohl in Mexiko als auch in den Vereinigten Staaten eine große Zahl von Jugendlichen treffen konnte. Mit ihrer an Begeisterung reichen und zugleich gebannt-aufmerksamen Teilnahme, mit ihrem Beifall an den Stellen der Rede, an denen ich die anspruchsvollsten Gesichtspunkte des christlichen Angebots darlegte, haben sie gezeigt, daß sie die Hauptpersonen einer neuen Zeit mutigen Zeugnisses, tatkräftiger Solidarität und selbstlosen Einsatzes und Dienstes für das Evangelium sein wollen.

4. Es freut mich, hinzuzufügen, daß ich bei den amerikanischen Katholiken großes Gespür und Engagement für die Verteidigung des Lebens und der Familie angetroffen habe, untrennbare Werte, die eine große Herausforderung für die Gegenwart und Zukunft der Menschheit darstellen. Meine jüngste Reise war in gewissem Sinn ein großer Aufruf an Amerika, das Evangelium vom Leben und von der Familie anzunehmen sowie jeder Form von Gewalt gegen die Person des Menschen von ihrer Empfängnis bis zum natürlichen Tod abzuschwören und mit geistiger und moralischer Konsequenz entgegenzutreten. Nein zu Abtreibung und Euthanasie; Schluß mit der unnötigen Anwendung der Todesstrafe; nein zu Rassismus wie zu Gewalt gegen Kinder, Frauen und Indianer; stoppt die Spekulation mit Waffen und Drogen und die Zerstörung des Erbes der Umwelt!

Um diese Schlachten zu gewinnen, gilt es die Kultur des Lebens zu verbreiten, welche Freiheit und Wahrheit zusammenhält. Die Kirche arbeitet Tag für Tag dafür, indem sie Christus, die Wahrheit über Gott und die Wahrheit über den Menschen, verkündet. Sie ist vor allem in den Familien tätig, welche Heiligtümer des Lebens und Grundschulen für die Kultur des Lebens sind: Denn in der Familie lernt die Freiheit, auf soliden moralischen Grundlagen, und letztlich auf dem Gesetz Gottes, zu wachsen. Amerika wird seine wichtige Rolle in der Kirche und der Welt nur dann wahrnehmen können, wenn es das gewaltige geistliche und gesellschaftliche Erbe seiner Familien verteidigt und fördert.

5. Mexiko und die Vereinigten Staaten, zwei große Länder, welche den vielförmigen Reichtum des amerikanischen Kontinents, aber auch dessen Gegensätze gut repräsentieren. Tief verwurzelt im kulturellen und sozialen Geflecht, lädt die Kirche alle ein, Jesus Christus zu begegnen, der auch heute noch »Weg der Umkehr, der Gemeinschaft und der Solidarität« ist.

Diese Begegnung hat dank dem mütterlichen Wirken Marias, U. Lb. Frau von Guadalupe, die Geschichte Amerikas in unauslöschlicher Weise geprägt. Der Patronin dieses geliebten Kontinents vertraue ich den Wunsch an, daß die Begegnung mit Christus die Völker der Neuen Welt im nun anbrechenden neuen Jahrtausend weiterhin erleuchte.

7 Die vielen schönen Erlebnisse meiner letzten Pastoralreise in Mexiko und in den Vereinigten Staaten sind noch lebendig in meinem Herzen. Noch einmal spreche ich meinen Dank an den Herrn aus, der mich in seiner gütigen Vorsehung nach zwanzig Jahren wiederum zur Gottesmutter von Guadalupe geführt hat. Dort konnte ich die Apostolische Exhortation Ecclesia in America feierlich überreichen - die Frucht, die aus den Arbeiten der Generalsynode der amerikanischen Bischöfe vor über einem Jahr hervorgegangen ist.

Von Herzen danke ich allen, die zur Verwirklichung dieser Pastoralreise beigetragen haben. Mit Freude erinnere ich mich an die zahlreichen Gläubigen, die im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt mitgefeiert haben. Es war ein außerordentlich schöner Tag des gemeinsamen Gebetes mit Vertretern aller Generationen unseres Jahrhunderts. Ebenso gern denke ich an die gemeinsame Feier in St. Louis in den Vereinigten Staaten, wo vor allem die Jugendlichen ihre Begeisterung ausgedrückt haben.

Gott segne den amerikanischen Kontinent, damit er die Grundwerte der Familie und des Lebens ins dritte Jahrtausend weitertragen kann. Die Fürsprache der heiligen Gottesmutter, der Patronin Amerikas, bleibe stets auf diesem reichen Kontinent.
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Mit diesen Gedanken grüße ich die Pilger und Besucher, die aus den Ländern deutscher Sprache nach Rom gekommen sind. Euch allen, Euren lieben Angehörigen daheim und allen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.





Mittwoch, 17. Februar 1999


Liebe Schwestern und Brüder!

1. Heute beginnt mit der ernsten Zeremonie der Segnung und Austeilung der Asche der Bußweg der Fastenzeit. In diesem Jahr ist er besonders gekennzeichnet vom Bezug auf das göttliche Erbarmen: Wir befinden uns nämlich im Gottvater-Jahr, das uns unmittelbar auf das Große Jubiläum des Jahres 2000 vorbereitet.

»Vater, ich habe mich […] gegen dich versündigt« (Lc 15,18). Diese Worte haben in der Fastenzeit eine besonders ergreifende Wirkung, da es die Zeit ist, in der die kirchliche Gemeinschaft zu tiefer Bekehrung aufgerufen ist. Wenn die Sünde den Menschen gegenüber Gott verschließt, so öffnet hingegen das aufrichtige Bekenntnis der Sünden das Gewissen wieder für das regenerierende Wirken der göttlichen Gnade. Tatsächlich findet der Mensch nicht wieder zur Freundschaft mit Gott, solange nicht von seinen Lippen und aus seinem Herzen die Worte kommen: »Vater, ich habe gesündigt.« Dieses Bemühen erhält dann Wirksamkeit durch die Heilsbegegnung, die durch den Tod und die Auferstehung Christi stattfindet. Im österlichen Geheimnis, Herz der Kirche, erfährt der Büßende das Geschenk der Vergebung seiner Schuld und die Freude der Wiedergeburt zu unsterblichem Leben.

2. Im Licht dieser außerordentlichen geistlichen Wirklichkeit bekommt das Gleichnis vom verlorenen Sohn, durch das Jesus uns vom liebevollen Erbarmen des Vaters im Himmel sprechen wollte, unmittelbare Aussagekraft. Drei Schlüsselmomente gibt es in der Geschichte dieses jungen Mannes, mit dem jeder von uns sich identifiziert, wenn er der Versuchung erliegt und in Sünde fällt.

Erstes Moment: das Weggehen. Wir entfernen uns von Gott wie jener Sohn vom Vater, wenn wir vergessen, daß die Güter und Talente, die wir besitzen, uns von Gott als Aufgabe gegeben sind, und sie mit großer Leichtfertigkeit verschleudern. Sünde ist immer Vergeudung unserer Menschlichkeit, Vergeudung von überaus kostbaren Werten wie die Personenwürde und das Erbe der göttlichen Gnade.

8 Zweites Moment ist der Bekehrungsprozeß. Der Mensch, der sich durch die Sünde freiwillig vom väterlichen Haus entfernt hat, bringt durch die Erkenntnis dessen, was er verloren hat, den entscheidenden Schritt des In-sich-Gehens zur Reife: »Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen« (Lc 15,18). Die Gewißheit »Gott ist gut und liebt mich« ist stärker als Scham und Entmutigung: Sie erfüllt das Gefühl der Schuld und der eigenen Unwürdigkeit mit neuem Licht.

Schließlich kommt als drittes Moment die Heimkehr. Für den Vater ist nur eines wichtig: Sein Sohn ist heimgekehrt. Die Umarmung mit dem verlorenen Sohn wird zu einem Fest der Vergebung und der Freude. Ergreifend ist diese im Evangelium beschriebene Szene, die in allen Einzelheiten die Haltung des Vaters im Himmel beschreibt, der »voll Erbarmen ist« (vgl. Ep 2,4).

3. Wie viele Menschen aller Zeiten haben in diesem Gleichnis die Grundzüge ihrer persönlichen Geschichte wiedererkannt! Der Weg, der nach der bitteren Erfahrung der Sünde wieder zum Haus des Vaters führt, geht durch Gewissenserforschung, Reue und den festen Vorsatz der Umkehr hindurch. Es ist ein innerer Prozeß, der die Art, die Realität zu beurteilen, verändert, über die eigene Hinfälligkeit Gewißheit verschafft und den Gläubigen dazu führt, sich an die Arme Gottes anzulehnen. Wenn der Mensch mit Hilfe der Gnade in seinem geistigen Inneren diese Stationen durchläuft, wächst in ihm das lebendige Bedürfnis, sich selbst und seine Würde als Sohn in der Umarmung des Vaters wiederzufinden.

So bringt dieses der Tradition der Kirche wichtige Gleichnis auf einfache, aber tiefe Weise die Wirklichkeit der Bekehrung zum Ausdruck und bietet das konkreteste Zeugnis für das Wirken des göttlichen Erbarmens in der Welt des Menschen. Die erbarmende Liebe Gottes »wertet wieder auf, fördert und zieht aus allen Formen des Übels in der Welt und im Menschen das Gute … Sie stellt den Grundinhalt der messianischen Botschaft Christi dar und den eigentlichen Impuls seiner Mission« (vgl. Dives in misericordia DM 6).

4. Zu Beginn der Fastenzeit ist es wichtig, daß wir unseren Geist bereit machen, in Fülle das Geschenk des göttlichen Erbarmens zu empfangen. Das Wort Gottes ermahnt uns, uns zu bekehren und an das Evangelium zu glauben. Die Kirche zeigt uns dafür Gebet, Buße und Fasten sowie großherzige Hilfe an den Mitmenschen als Mittel, um uns in das Klima wahrer innerer wie auch gemeinschaftlicher Erneuerung zu begeben. Wir dürfen auf diese Weise die überbordende Fülle der Liebe des Vaters im Himmel erfahren, die im Ostergeheimnis der ganzen Menschheit in Fülle geschenkt ist. Man könnte sagen, daß die Fastenzeit die Zeit eines besonderen Entgegenkommens Gottes ist, unsere Sünden zu vergeben und zu verzeihen: die Zeit der Versöhnung. Sie ist daher eine besonders gnadenvolle Zeit, um mit Gewinn auf das Bußsakrament zuzugehen.

Liebe Brüder und Schwestern, im Bewußtsein, daß unsere Versöhnung mit Gott durch eine wahre Bekehrung geschieht, wollen wir den Pilgerweg der Fastenzeit gehen, indem wir den Blick fest auf Christus, unseren einzigen Erlöser, gerichtet halten.

Die Fastenzeit möge uns helfen, daß wir in uns gehen und mutig von allem ablassen, was uns daran hindert, dem Evangelium treu zu folgen. Wir wollen vor allem in diesen Tagen das Bild der Umarmung des Vaters mit dem nach Hause zurückgekehrten Sohn betrachten. Es symbolisiert gut das Thema dieses Einführungsjahres zum Großen Jubiläum des Jahres 2000. Die versöhnende Umarmung des Vaters mit der ganzen sündigen Menschheit geschah auf Golgota. Das Kreuz, Zeichen der Liebe Christi, der sich für unser Heil geopfert hat, möge im Herzen jedes Mannes und jeder Frau unserer Zeit eben dieses Vertrauen wecken, das den verlorenen Sohn sagen ließ: »Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen dich versündigt!« Er erhielt Vergebung und Freude als Geschenk.

Heute am Aschermittwoch beginnt die österliche Bußzeit. In diesem Jahr schauen wir besonders auf die Barmherzigkeit Gottes des Vaters

Die gesamte Kirche ist in der Fastenzeit eingeladen, sich zu bekehren und sich Gott zu öffnen. Die Sünde verschließt den Menschen, das Bekenntnis der Sünden macht ihn frei und führt ihn zu Gott. Wenn der Mensch aus der Tiefe seines Herzens spricht: “Vater, ich habe gesündigt”, dann kann daraus eine echte Freundschaft mit Gott entstehen. Das wird im dramatischen Gleichnis vom verlorenen Sohn eindrucksvoll bestätigt.

Auch wir sind aufgerufen, unseren Geist für das Geschenk der göttlichen Barmherzigkeit zu bereiten, indem wir auf das Wort Gottes hören und im Gebet antworten. Durch die Buße und das Fasten sowie in der Bereitschaft, dem anderen beizustehen, wird unsere innere Haltung und Gesinnung deutlich.
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9 Mit dieser Einladung zur Bekehrung am Beginn der Fastenzeit, heiße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Unter Euch grüße ich insbesondere die Seminaristen der Diözese Fulda in Begleitung ihres Bischofs Johannes Dyba sowie alle Studenten aus Deutschland und Südtirol. Mein herzlicher Gruß gilt den Ministranten von Windischgarsten. Gern erteile ich Euch und Euren Lieben daheim sowie allen, die über Radio Vatikan und das Fernsehen mit uns verbunden sind, den Apostolischen Segen.



                                                                                     März 1999



Generalaudienz 1999