Predigten 1978-2005 332

HEILIGJAHRFEIER DER STAATSVERANTWORTLICHEN


5. November 2000






1. "Höre Israel!" (Dt 6,3 Dt 6,4).

Das Wort Gottes hat soeben in feierlicher und zugleich liebevoller Weise an uns die Einladung zum "Hören" gerichtet. Wir sollen hören "heute" und "jetzt". Wir sollen es nicht jeder für sich privat tun, sondern gemeinsam: "Höre, Israel!"

Dieser Aufruf geht an diesem Morgen besonders an Euch, die Regierenden, Abgeordneten, Politiker und in der Verwaltung Tätigen. Ihr seid nach Rom gekommen, um Euer Jubiläum zu feiern. Alle grüße ich herzlich, besonders die Staatsoberhäupter, die unter uns sind.

In der liturgischen Feier wird hier und jetzt das Ereignis des Bundes mit Gott gegenwärtig. Welche Antwort erwartet sich Gott von uns? Die Anweisung, die wir soeben in der Verkündigung des Evangeliums gehört haben, ist deutlich: Man muß vor allem bereit sein zu hören. Dabei geht es nicht um ein passives und unbeteiligtes Hören. Die Israeliten verstanden gut, daß Gott von ihnen eine aktive und überlegte Antwort erwartete. Deshalb versprach er dem Mose: "Berichte uns alles, was der Herr, unser Gott, dir gesagt hat, und wir werden es hören und halten" (Dt 5,27).

Als sie diesen Auftrag annahmen, wußten sie, daß sie es mit einem Gott zu tun hatten, dem sie vertrauen konnten. Gott liebte sein Volk und wollte, daß es glücklich sei. Als Gegengabe wünschte Er Liebe. Im "Höre Israel", das wir in der ersten Lesung gehört haben, ist neben der Bitte um den Glauben an den einzigen Gott das Grundgebot ausgedrückt, die Gottesliebe: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft" (Dt 6,5).

2. Die Beziehung des Menschen mit Gott ist nicht von Angst, Sklaverei oder Unterdrückung bestimmt. Im Gegenteil: Sie zeichnet sich durch gelassenes Vertrauen aus, das einer freien Entscheidung aus Liebe entspringt. Die Liebe, die Gott von einem Volk erwartet, ist die Antwort auf jene treue und fürsorgliche Liebe, die Gott ihm zuerst gezeigt hat auf den verschiedenen Etappen der Heilsgeschichte.

Gerade deshalb wurden die Gebote, bevor sie als Gesetzeskatalog und rechtliches Regelwerk begriffen wurden, vom auserwählten Volk als Ereignis der Gnade verstanden, als ein Zeichen dafür, in ganz besonderer Weise dem Herrn zu gehören. Es spricht für sich, daß Israel niemals vom Gesetz als auferlegte Bürde redet, sondern als wohlwollendes Geschenk. Der Prophet ruft daher aus: "Glücklich sind wir, das Volk Israel; denn wir wissen, was Gott gefällt" (Ba 4,4).

Das Volk weiß, daß der Dekalog ein bindender Auftrag ist, aber es weiß auch, daß es die Bedingung ist zum Leben. Hiermit lege ich dir, spricht der Herr, das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor; ich trage dir auf, meine Gebote zu beachten, damit du das Leben hast (vgl. Dt 30,15). Mit seinem Gesetz möchte Gott den Willen des Menschen nicht einzwängen, sondern von all dem befreien, was seine wahre Würde und volle Verwirklichung beeinträchtigen kann.

3. Ich habe dargelegt, verehrte Regierende, Abgeordnete und Politiker, was den Sinn und den Wert des göttlichen Gesetzes ausmacht, da dies ein Thema ist, das Euch persönlich angeht. Besteht nicht eure tägliche Beschäftigung darin, gerechte Gesetze auszuarbeiten, ihnen Akzeptanz zu verschaffen und sie zur Anwendung zu bringen? Ihr tut das aus der Überzeugung heraus, damit einen wichtigen Dienst zu leisten für den Menschen, die Gesellschaft und die Freiheit selbst. Zu Recht seid ihr davon überzeugt! Denn wenn das menschliche Gesetz gerecht ist, dann ist es niemals gegen die Freiheit, sondern steht im Dienst der Freiheit. Das hat schon der weise Heide erfaßt, als er feststellte: "Legum servi sumus, ut liberi esse possimus". - "Wir sind Diener der Gesetze, um frei zu sein" (Cicero, De legibus, II,13).

333 Die Freiheit, auf die sich Cicero bezieht, ist freilich vorallem auf der Ebene der äußeren Beziehungen unter Bürgern anzusiedeln. Als solche läuft sie Gefahr, sich auf einen angemessenen Ausgleich jeweiliger Interessen, vielleicht sogar gegensätzlicher Egoismen zu beschränken. Die Freiheit, auf die das Wort Gottes sich beruft, wurzelt indes im Herzen des Menschen, in einem Herzen, das Gott vom Egoismus befreien und fähig machen kann, sich der uneigennützigen Liebe zu öffnen.

Es ist kein Zufall, daß Jesus in dem soeben vernommenen Abschnitt aus dem Evangelium dem Schriftgelehrten, der ihn nach dem ersten aller Gebote fragt, mit dem "Höre Israel" antwortet: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft" (
Mc 12,30). Der Akzent liegt auf "ganz": Die Gottesliebe muß "ganzheitlich" sein. Doch Gott allein kann das menschliche Herz vom Egoismus reinigen und ihn dazu befreien, daß er voll und ganz lieben kann.

Ein Mensch, der ein so "gereinigtes und gutes" Herz hat, kann sich dem Mitmenschen öffnen und sich mit der derselben Umsicht um ihn kümmern, wie er sich um sich selbst sorgt. Deshalb fügt Jesus an: "Als zweites (Gebot) kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mc 12,31). Wer Gott aus ganzem Herzen liebt, wer ihn als "einzigen Gott" und damit als Vater aller anerkennt, der muß alle, denen er auf seinem Weg begegnet, ebenso als seine Brüder ansehen.

4. Den Nächsten lieben wie sich selbst. Dieses Wort trifft sicher auf ein Echo in Eurem Inneren, liebe Regierende, Abgeordnete, Politiker und in der Verwaltung Tätige. Es stellt heute im Rahmen Eures Jubiläums an jeden von Euch eine zentrale Frage: In welcher Weise könnt Ihr in Eurem delikaten und fordernden Dienst am Staat und an den Bürgern dieses Gebot erfüllen? Die Antwort ist klar: indem Ihr den politischen Auftrag als Dienst lebt. Was ist das für eine leuchtende und anspruchsvolle Perspektive! Man kann sie in der Tat nicht auf eine allgemeine Bestätigung von Prinzipien oder auf eine Erklärung guter Absichten reduzieren. Der politische Dienst vollzieht sich in einem klar umrissenen täglichen Einsatz, der hohe Kompetenz bei der Erfüllung der eigenen Pflicht und ein bewährtes Ethos in der uneigennützigen und transparenten Machtausübung erfordert.

Anderseits muß sich die Stimmigkeit der Politikerpersönlichkeit auch in einem richtigen Verständnis des gesellschaftlichen und politischen Lebens ausdrücken, dem er zu dienen berufen ist. In dieser Hinsicht muß sich der christliche Politiker stets auf jene Grundsätze zurückbeziehen, die die Soziallehre der Kirche im Lauf der Zeit entwickelt hat. Diese stellen bekanntlich keine "Ideologie" und auch kein "politisches Programm" dar, sondern bieten die grundlegenden Linien, um den Menschen und die Gesellschaft im Lichte des allgemeinen Sittengesetzes zu begreifen, das im Herzen eines jeden Menschen gegenwärtig ist und von der Offenbarung des Evangeliums vertieft wird (vgl. Sollicitudo rei socialis SRS 41). Es liegt an Euch, liebe Brüder und Schwestern in der Politik, daß Ihr zu überzeugten und tatkräftigen Übersetzern dieser Botschaft werdet.

Wenn es darum geht, diese Grundsätze in der komplizierten politischen Wirklichkeit anzuwenden, wird es gewiß oft unvermeidlich sein, mit Umfeldern, Problemen und Umständen in Berührung zu kommen, die berechtigterweise unterschiedliche konkrete Wertungen zulassen können. Gleichzeitig darf man aber keinen Pragmatismus rechtfertigen, der auch im Hinblick auf wesentliche und grundlegende Werte des gesellschaftlichen Lebens die Politik reduziert auf reine Interessensvermittlung oder, was noch schlimmer ist, auf eine Frage der Demagogie oder Wahltaktik. Wenn auch das Recht nicht das gesamte Feld des moralischen Gesetzes abdecken kann und darf, muß man daran erinnern, daß das Recht nicht "gegen" das moralische Gesetz stehen darf.

5. Das bekommt eine besondere Bedeutung in dieser Phase großer Umwälzungen, die eine neue Dimension der Politik heraufziehen sieht. Der Untergang der Ideologien wird von einer Krise der Parteiena begleitet, die dazu drängt, die politische Vertretung und die Rolle der Institutionen neu zu überdenken. Man muß neu entdecken, was Teilnahme bedeutet und noch mehr die Bürger einbeziehen, wenn es darum geht, geeignete Wege zu suchen, um im Hinblick auf eine immer zufriedenstellendere Verwirklichung des Allgemeinwohls voranzukommen.

Bei diesem Unterfangen wird sich der Christ davor hüten, der Versuchung zum gewaltsamen Widerstand nachzugeben, der oft Quelle großer Leiden für die Gemeinschaft ist. Der Dialog bleibt das unersetzliche Instrument für jeden konstruktiven Vergleich. Das gilt für das Innere der Staaten ebenso wie für die internationalen Beziehungen. Wer könnte diese "Mühe" des Dialogs besser auf sich nehmen als der christliche Politiker, der sich tagtäglich an dem messen lassen muß, was Christus als "erstes" Gebot qualifiziert hat, d.h. am Gebot der Liebe?

6. Verehrte Regierende, Abgeordnete, Politiker und in der Verwaltung Tätige! Zahlreich und anspruchsvoll sind die Aufgaben, die am Anfang des neuen Jahrhunderts und des neuen Jahrtausends auf die Verantwortlichen des öffentlichen Lebens warten. Gerade im Hinblick darauf wollte ich Euch, wie Ihr wißt, im Rahmen des Großen Jubiläums den Halt eines besonderen Patrons anbieten: des heiligen Märtyrers Thomas Morus.

Seine Gestalt ist wahrhaft beispielgebend für jeden, der berufen ist, dem Menschen und der Gesellschaft im bürgerlichen und politischen Umfeld zu dienen. Das sprechende Zeugnis, das er abgelegt hat, ist mehr denn je aktuell in einem historischen Augenblick, der das Gewissen dessen, der in der Staatsführung direkte Verantwortung trägt, vor entscheidende Herausforderungen stellt. Als Staatsmann stellte er sich immer in den Dienst der Person, besonders der Schwachen und Armen. Ehrentitel und Reichtum betörten ihn nicht, da er sich von einem ausgeprägten Sinn für Unparteilichkeit leiten ließ. Vor allem jedoch hat er sich nie zu Kompromissen im Hinblick auf sein Gewissen eingelassen. So ist er bis zum höchsten Opfer gelangt, einfach weil er die Gewissensstimme nicht mißachten wollte. Ruft ihn an, folgt ihm und ahmt ihn nach! Seine Fürsprache wird Euch auch in den heikelsten Situationen Stärke, Heiterkeit, Geduld und Ausdauer schenken.

Das ist der Wunsch, den wir mit der Kraft des eucharistischen Opfers untermauern wollen. In diesem Opfer wird Jesus Christus erneut Nahrung und Richtung für unser Leben. Der Herr mache Euch zu Politikern nach Seinem Herzen, die dem heiligen Thomas Morus nacheifern, dem mutigen Zeugen Christi und untadeligen Diener des Staates.



ÖKUMENISCHER GOTTESDIENST MIT DEM ARMENISCHEN KATHOLIKOS KAREKIN II.


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Freitag, 10. November 2000

»Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe« (Jn 10,11).


1. Im Jahr 2001 begeht die armenische Kirche die 1700-Jahr-Feier der Taufe Armeniens durch den Dienst des hl. Gregorios des Erleuchters. Wie der gute Hirt gab der hl. Gregorios sein Leben für die Schafe. Wegen seines Glaubens an Christus wurde er auf Anordnung des Königs Tiridate viele Jahre in einem tiefen Brunnen gefangen gehalten. Erst nachdem er viele Grausamkeiten erlitten hatte, wurde Gregorios freigelassen und konnte öffentlich Zeugnis geben von seiner Taufe. Er konnte ungehindert den Männern und Frauen seiner Zeit das Evangelium verkünden.

Der Lebensweg des hl. Gregorios war eine Weissagung des Weges der armenischen Kirche durch die Jahrhunderte. Wie oft wurde sie in die Dunkelheit der Verfolgung, der Gewalt und Vergessenheit gestürzt! Wie oft haben ihre Söhne und Töchter im finsteren Kerker die Worte des Propheten Micha wiederholt: »Ich aber schaue aus nach dem Herrn, ich warte voll Vertrauen auf Gott, meinen Retter. Mein Gott wird mich erhören. Freu dich nicht über mich, meine Feindin! Zwar liege ich am Boden, doch ich stehe wieder auf. Zwar sitze ich in der Finsternis, aber der Herr ist mein Licht« (7,7–8). Und das geschah nicht nur in ferner Vergangenheit. Auch das 20. Jahrhundert gehört zu den dunkelsten Zeiten der Geschichte der armenischen Kirche, weil sie alle nur möglichen schweren Schicksalsschläge erlitten hat. Gott sei Dank, jetzt gibt es klare Anzeichen für einen neuen Frühling.

2. Es ist mir eine Freude, Eurer Heiligkeit heute bei diesem Gottesdienst eine Reliquie des hl. Gregor des Erleuchters zurückzugeben, die im Kloster »San Gregorio Armeno« in Neapel aufbewahrt und dort seit Jahrhunderten verehrt wurde. Sie wird nun in der noch im Bau befindlichen Kathedrale in Jerevan als Zeichen der Hoffnung und Sendung der Kirche in Armenien nach so vielen Jahren der Unterdrückung und des Schweigens aufgestellt werden. Ein Ort, an dem Gott gepriesen, die Heilige Schrift gehört und die Eucharistie gefeiert wird, ist im Herzen einer aufstrebenden Stadt ein notwendiger Faktor der Evangelisierung. Ich bete darum, daß der Heilige Geist diesen geweihten Ort mit seiner heilbringenden Gegenwart, seinem hellen Licht und seiner heiligmachenden Gnade erfüllen möge. Ich hoffe, daß die neue Kathedrale noch mehr zur Schönheit der Braut Christi in Armenien beitragen wird, wo das Volk Gottes Jahrhunderte hindurch im Schatten des Araratgebirges gelebt hat. Mögen die armenischen Gläubigen auf die Fürsprache der Mutter Gottes und des hl. Gregorios des Erleuchters aus ihrer Bischofskirche neuen Mut und neue Zuversicht schöpfen. Mögen die Pilger, die von überallher kommen, auf ihrem weiteren Glaubensweg die Kraft des göttlichen Lichtes spüren, das von diesem heiligen Ort ausstrahlt.

3. In der Kathedrale von Jerevan wird sich wie in den anderen Bischofskirchen der Altar der Eucharistie und der Thronsessel des Patriarchen befinden. Thron und Altar zeigen schon die zwischen uns bestehende Gemeinschaft an. Das II. Vatikanische Konzil erklärte dazu: »Es ist allgemein bekannt, mit welcher Liebe die orientalischen Christen die liturgischen Feiern begehen, besonders die Eucharistiefeier, die Quelle des Lebens der Kirche und das Unterpfand der kommenden Herrlichkeit, bei der die Gläubigen, mit ihrem Bischof geeint, Zutritt zu Gott dem Vater haben durch den Sohn, das fleischgewordene Wort, der gelitten hat und verherrlicht wurde, in der Ausgießung des Heiligen Geistes.« Die Konzilsväter bekräftigten außerdem, daß die orientalischen Kirchen »trotz ihrer Trennung wahre Sakramente besitzen, vor allem aber in der Kraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eucharistie, wodurch sie in ganz enger Verwandtschaft bis heute mit uns verbunden sind« (Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio UR 15).

Im Laufe der Geschichte gab es viele Kontakte zwischen der katholischen Kirche und der armenisch-apostolischen Kirche sowie wiederholte Versuche, die volle Gemeinschaft wiederherzustellen. Jetzt müssen wir eifrig beten und dahin wirken, daß bald der Tag kommt, an dem unsere Sitze und die Bischöfe wieder in voller Gemeinschaft sein werden. Dann können wir gemeinsam an demselben Altar die Eucharistie feiern, das erhabenste Zeichen und die Quelle der Einheit in Christus. Bis zu diesem Tag leidet jede unserer Eucharistiefeiern unter der Abwesenheit des Bruders, der noch nicht da ist.

4. Lieber, ehrwürdiger Bruder in Christus! Der Apostel Paulus spricht zu uns mit den Worten, die wir aus der Apostelgeschichte gehört haben: »Gebt acht auf euch und die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Bischöfen bestellt hat, damit ihr als Hirten für die Kirche Gottes sorgt, die er sich durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat« (20,28). Wir haben eine schwere Verantwortung. Christus hat unserer Hirtensorge das anvertraut, was ihm auf Erden das Teuerste ist: »die Kirche, die er sich durch sein Blut erworben hat

Ich bitte den Herrn, daß er auf die Fürsprache des hl. Gregorios des Erleuchters reichen Segen auf Sie, auf Ihre Mitbrüder im Bischofsamt und auf alle Hirten der armenisch-apostolischen Kirche ausgießen möge. Der Heilige Geist erleuchte Sie und leite Sie in Ihrem Hirtendienst am armenischen Volk in seiner angestammten Heimat und in aller Welt. Ihrem brüderlichen Gebet empfehle ich mein Amt des Bischofs von Rom: daß ich dieses Amt so weit wie möglich als »einen von den einen und anderen anerkannten Dienst der Liebe zu verwirklichen vermag« (Enzylika Ut unum sint UUS 95), damit wir endlich alle eins sind (vgl. Jn 17,21).

5. Erlauben Sie mir, daß ich mit der inständigen Bitte schließe, die ich vor dreizehn Jahren im Marianischen Jahr an die Gottesmutter gerichtet habe und die auch heute aus meinem Herzen kommt.

»Heilige Mutter Gottes,…wende deinen Blick auf die Erde Armeniens, auf seine Gebirge, in denen ungezählte Scharen von heiligen und weisen Mönchen lebten; auf seine Kirchen, Festungen, die sich aus dem Felsen erheben, durchdrungen vom Lichtstrahl der Dreifaltigkeit; auf seine Steinkreuze, Erinnerungen an deinen Sohn, dessen Leiden sich in dem der Märtyrer fortsetzt; auf seine Söhne und seine Töchter…in aller Welt; sporne die Wünsche und Hoffnungen der Jugend an, damit sie den Stolz auf ihren Ursprung hochhalten. Gib, daß, wohin immer sie gehen, sie auf ihr armenisches Herz hören, aus dessen Tiefe stets ein Gebet zu ihrem Herrn aufsteige, und daß ihr Herzschlag eine Hingabe an dich sei, die du deinen Schutzmantel um sie breitest. O süße Jungfrau Maria, Mutter Christi und unsere Mutter!« (Predigt bei der Göttlichen Liturgie im armenischen Ritus, 21. November 1987)

Amen.



HEILIGJAHRFEIER DER IN DER LANDWIRTSCHAFT TÄTIGEN

335

Sonntag, 12. November 2000



1. »Der Herr […] hält ewig die Treue« (Ps 146,6).

Um diese Treue des Herrn zu besingen, von der soeben im Antwortpsalm die Rede war, meine lieben Brüder und Schwestern, seid ihr zu eurer Heiligjahrfeier heute hier. Ich freue mich über dieses schöne Zeugnis, wie Bischof Fernando Charrier es vorhin in Worte gefaßt hat; ich danke ihm von Herzen. Mein ehrerbietiger Gruß gilt auch den Persönlichkeiten, die in Vertretung verschiedener Staaten und vor allem der Organisationen und Organismen der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft ihre Teilnahme haben erweisen wollen.

Mein Gedanke geht sodann zu den Leitern und Mitgliedern der »Coldiretti« [italienischer Verband selbständiger Landwirte] und der anderen hier vertretenen Landwirteorganisationen wie auch zu den Mitgliedern der Bäckerverbände, der Agrargenossenschaften und der »Unione Forestale d’Italia« [italienischer Forstverband]. Eure zahlreiche Anwesenheit, liebe Brüder und Schwestern, läßt uns lebendig die Einheit der Menschheitsfamilie und die universale Dimension unseres Gebets zu dem einen Gott, dem Schöpfer des Universums, der dem Menschen die Treue hält, verspüren.

2. Die Treue Gottes! Für euch, Männer und Frauen der Welt der Landwirtschaft, ist sie eine täglich gemachte, beim Beobachten der Natur ständig wiederkehrende Erfahrung. Ihr kennt die Sprache der Schollen und der Samen, des Grases und der Bäume, der Früchte und der Blumen. In den verschiedensten Landschaften, von der rauhen Bergwelt bis zu den reichbewässerten Ebenen, und unter den verschiedensten Himmeln hat diese Sprache ihre Faszination, die euch so vertraut ist. In dieser Sprache vernehmt ihr die Treue Gottes zu den Worten, die er am dritten Schöpfungstag sprach: »Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die […] Früchte bringen« (Gn 1,11). Im ruhigen, stillen Lauf der Natur schwingt das ursprüngliche Wohlgefallen des Schöpfers mit: »Gott sah, daß es gut war« (Gn 1,12).

Ja, der Herr hält ewig die Treue. Und ihr, die ihr in dieser – alten und stets neuen – Sprache der Treue erfahren seid, seid auf natürliche Weise Männer und Frauen des Dankes. Euer fortgesetzter Kontakt mit dem Wunder der Früchte der Erde läßt sie euch als unerschöpfliches Geschenk der göttlichen Vorsehung empfinden. Deshalb ist das für euch sprichwörtliche Fest im Jahr das »Erntedankfest «. In diesem Jahr erhält es zudem einen höheren geistlichen Wert, da es sich in das Jubiläum der 2000-Jahrfeier der Geburt Christi einfügt. Ihr seid gekommen, um für die Früchte der Erde zu danken, vor allem aber seid ihr gekommen, um in »Ihm« den Schöpfer und zugleich die schönste Frucht dieser unserer Erde anzuerkennen, die »Frucht« des Schoßes Marias, den Retter der Menschheit und in gewissem Sinn des ganzen »Kosmos«. Denn Paulus sagt, daß die Schöpfung »seufzt und in Geburtswehen liegt« und die Hoffnung trägt, daß sie »von der Sklaverei und Verlorenheit« befreit werden soll ().

3. Das »Seufzen« der Erde bringt uns mit dem Gedanken zu eurer Arbeit, liebe Männer und Frauen der Landwirtschaft, einer so wichtigen Arbeit, wenn auch nicht ohne Beschwernisse und Härten. In dem Abschnitt aus dem Buch der Könige, den wir vernommen haben, wird gerade eine typische Leidenssituation geschildert, wie sie von der Dürre verursacht wird. Der Prophet Elija, von Hunger und Durst geplagt, ist Ausführender und zugleich Nutznießer eines Wunders der Freigebigkeit. Eine arme Witwe trifft es, ihm zu helfen und die letzte Handvoll Mehl und den letzten Rest ihres Öls mit ihm zu teilen; ihre Freigebigkeit öffnet das Herz Gottes bis zu dem Punkt, daß der Prophet verkünden kann: »Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet« (1R 17,14).

Die Kultur der Welt der Landwirtschaft ist seit jeher von der Gefahr gekennzeichnet, die die Ernte aufgrund der unvorhersehbaren Unbill des Wetters bedroht. Heute aber kommen zu den traditionellen Lasten oft noch weitere hinzu, die Versäumnissen des Menschen zuzuschreiben sind. Die landwirtschaftliche Tätigkeit unserer Zeit mußte es mit den Folgen der Industrialisierung und der nicht immer geordneten Entwicklung der Stadtgebiete aufnehmen, mit dem Phänomen der Luftverschmutzung und der Zerstörung der Umwelt, mit Halden von Giftmüll und der Abholzung der Wälder. Wenn er auch stets auf die Hilfe der Vorsehung vertraut, kann der Christ nicht umhin, verantwortliche Initiativen zu ergreifen, die zum Ziel haben, daß der Wert des Landes respektiert und gefördert wird. Es ist notwendig, daß die Landarbeit immer besser organisiert und durch Sozialmaßnahmen unterstützt wird, die vollen Ausgleich schaffen für die Mühe, die sie mit sich bringt, und die wirklich große Nützlichkeit, die sie auszeichnet. Wenn die Welt hochentwickelter Technik nicht mit der schlichten Sprache der Natur in ein gesundes Gleichgewicht gebracht wird, entstehen immer größere Gefahren für das Leben des Menschen, wofür wir schon jetzt besorgniserregende Anzeichen sehen.

4. Seid daher, liebe Brüder und Schwestern, dem Herrn dankbar, zugleich aber stolz auf die Aufgabe, die eure Arbeit euch zuteilt.Handelt so, daß ihr den Verlockungen einer Produktivität und eines Gewinnes, die zu Lasten des Respekts vor der Natur gehen, widersteht. Die Erde wurde dem Menschen von Gott anvertraut, »damit er sie bebaue und hüte« (vgl. Gn 2,15). Wenn man diesen Grundsatz vergißt und zum Tyrann über die Natur wird, statt zu ihrem Hüter, wird diese sich früher oder später auflehnen.

Doch ihr versteht wohl, meine Lieben, daß dieser Grundsatz der Ordnung, der für die Landarbeit gilt wie für jeden anderen Bereich der menschlichen Tätigkeit, im Herzen des Menschen wurzelt. Gerade das »Herz« ist also der erste Boden, der bearbeitet werden muß. Nicht zufällig gebraucht Jesus, der das Wirken des Wortes Gottes erklären will, im Gleichnis vom Sämann ein aussagekräftiges Beispiel, das der Welt der Landwirtschaft entnommen ist. Das Wort Gottes ist der Same, der bestimmt ist, reiche Frucht zu bringen; leider aber fällt er oft auf einen wenig geeigneten Boden, wo Steine, Unkraut oder Dornen – vielfache Ausdrücke für unsere Sünde – verhindern, daß er Wurzeln faßt und sich entfaltet (vgl. parr.). Daher richtet ein Kirchenvater die folgende Ermahnung gerade an einen Landbesitzer: »Wenn du also auf dem Feld bist und deinen Gutsbesitz betrachtest, so bedenke, daß auch du selbst Feld Christi bist, und achte so wie auf dein Feld auch auf dich. Dieselbe Schönheit, die du forderst, daß dein Landarbeiter sie deinem Feld verleiht, erweise sie auch du Gott, dem Herrn, in der Bearbeitung deines Herzens …« (vgl. Paulinus von Nola, Brief 39,3 an Aper und Amanda).

In Funktion dieser »Bearbeitung des Geistes« seid ihr heute hier, um eure Heiligjahrfeier zu begehen. Ihr bringt dem Herrn – noch vor eurer beruflichen Anstrengung – die tägliche Arbeit der Reinigung eures Herzens dar: eine anspruchsvolle Aufgabe, die wir niemals allein zustande bringen könnten. Unsere Kraft ist Christus, der, wie uns der Hebräerbrief eben in Erinnerung brachte, »am Ende der Zeiten [erschienen]« ist, um »durch sein Opfer die Sünde zu tilgen« (He 9,26).

336 5. Dieses Opfer, ein für allemal auf Golgota vollbracht, wird für uns wirksam gegenwärtig, jedesmal wenn wir die Eucharistie feiern. Hier wird Christus mit seinem Leib und seinem Blut anwesend, um für uns Nahrung zu sein.

Wie bedeutungsvoll muß es für euch Männer und Frauen der Welt der Landwirtschaft sein, auf dem Altar dieses Wunder zu betrachten, das die Wunder der Natur krönt und erhebt. Ist es nicht ein tägliches Wunder, wenn der Same zur Ähre wird und aus dieser viele Weizenkörner reifen, um gemahlen und zu Brot gebacken zu werden? Ist nicht ein Wunder der Natur die vom Rebzweig herabhängende Traube? Schon all das trägt geheimnishaft das Zeichen Christi an sich, denn: »Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist« (
Jn 1,3). Noch größer aber ist das Ereignis der Gnade, durch die das Wort und der Geist Gottes das Brot und den Wein, »Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit«, zum Leib und Blut des Erlösers machen. Die Gnade des Heiligen Jahres, die zu erbitten ihr gekommen seid, ist nichts anderes als die überströmende Fülle eucharistischer Gnade, eine Kraft, die uns wiederaufrichtet und aus dem Innersten heraus heil macht, indem sie uns in Christus einfügt.

6. Die Haltung, die wir gegenüber dieser Gnade einnehmen sollen, wird uns vom Evangelium am Beispiel der armen Witwe gezeigt, die nur wenige kleine Münzen in den Opferkasten wirft, in Wirklichkeit aber mehr als alle anderen gibt, da sie nicht von ihrem Überfluß gibt, sondern »ihren ganzen Lebensunterhalt« (Mc 12,44). Diese unbekannte Frau tritt somit in die Spur der Witwe von Sarepta, die Elija ihr Haus geöffnet und ihren Tisch bereitet hatte. Beide Frauen sind vom Vertrauen in den Herrn getragen; beide nehmen aus dem Glauben die Kraft zur heroischen Liebe.

Sie laden uns ein, unsere Feier den Horizonten der Liebe zu öffnen und unseren Blick auf alle Armen und Notleidenden der Welt zu richten. Was wir dem Geringsten von ihnen getan haben werden, das werden wir Christus getan haben (vgl. Mt 25,40).

Und wie sollte man vergessen, daß gerade der Bereich der Landarbeit menschliche Situationen kennt, die zutiefst an unser Gewissen appellieren? Ganze Völker, die vor allem von der Landarbeit in den wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Weltgegenden leben, versinken im Elend. Weite Landstriche werden von häufigen Naturkatastrophen verwüstet. Und bisweilen kommen zu solchem Unheil noch die Folgen von Kriegen hinzu, die nicht nur Opfer fordern, sondern auch Zerstörung säen, fruchtbare Gebiete entvölkern und sie womöglich von Sprengkörpern und Schadstoffen verseucht zurücklassen.

7. Das Jubeljahr entstand in Israel als eine besondere Zeit der Versöhnung und der Neuverteilung der Güter. Diese Botschaft heute aufzunehmen kann freilich nicht bedeuten, sich auf ein kleines Almosen zu beschränken. Es ist nötig, einen Beitrag zu leisten zu einer Kultur der Solidarität, die auch auf der politischen und wirtschaftlichen, nationalen wie internationalen Ebene großherzige und wirksame Initiativen entstehen läßt zu Gunsten der weniger glücklichen Völker.

All dieser Brüder und Schwestern wollen wir heute in unserem Gebet gedenken und uns vornehmen, unsere Liebe zu ihnen in tatkräftige Solidarität umzusetzen, damit alle ohne Ausnahme die Früchte der »Mutter Erde« genießen und ein Gotteskindern würdiges Leben leben können.



GEDENKMESSE FÜR DIE IM JUBILÄUMSJAHR VERSTORBENEN KARDINÄLE, ERZBISCHÖFE UND BISCHÖFE


Dienstag, 14. November 2000

»Doch ich, ich weiß: mein Erlöser lebt« (Jb 19,25).


1. Diese Worte aus dem Buch Ijob führen uns in das geistliche Klima der heutigen Feier ein, zu der wir uns in ergriffenem Gedenken an die Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe versammelt haben, die in diesem zu Ende gehenden Jahr verstorben sind. Für uns ist dies eine gebührende Geste des Gebets und der geistlichen Anteilnahme gegenüber unseren Brüdern, die den Dienst am Evangelium und an der Kirche zum Maßstab ihrer Existenz gesetzt haben. Für sie gilt heute nochmals das tröstliche Versprechen des Herrn: »Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren« (Jn 12,26). Wer sich treu den Anliegen des Evangeliums gewidmet hat, wird in Gott den ewigen Lohn erhalten. Der Dienst an der Gemeinschaft wird nach der Logik Christi zum Grund der Herrlichkeit und des Lebens ohne Ende. Derjenige, der während der irdischen Pilgerschaft seine Kräfte für das Reich Gottes eingesetzt hat, wird von Ihm, dem Lebendigen, der den Tod besiegt hat und nun zur Rechten des Vaters sitzt, aufgenommen.

2. Während wir nun gemeinsam um den Altar versammelt sind, auf dem das Opfer gegenwärtig wird, das den Sieg des Lebens über den Tod verkündet, den Sieg der Gnade über die Sünde und des Paradieses über die Hölle, geht unser Dank an Gott, der uns diese Brüder geschenkt hat. Ich denke besonders an die Mitglieder des Kardinalskollegiums, die in den vergangenen Monaten verstorben sind: die Kardinäle Paolo Dezza, Ignatius Kung Pinmei, Antony Padiyara, Bernadino Echeverría Ruiz, John Joseph O’Connor, Vincentas Sladkevicius, Paul Zoungrana, Augusto Vargas Alzamora, Vincenzo Fagiolo, Paul Gouyon, Egano Righi-Lambertini und Pietro Palazzini. Wir wollen ihrer und aller verstorbenen Erzbischöfe und Bischöfe gedenken. Während ihrer Existenz haben sie das Evangelium verkündet, die Kirche aufgebaut, die Gnadengaben der Sakramente gespendet und Gutes gewirkt. Dankbaren Herzens überantworten wir sie dem Herrn, der für die guten Werke und die positiven Beispiele, die sie uns hinterlassen haben, seinen großzügigen Lohn bereithält. Zudem vertrauen wir sie der unendlichen Barmherzigkeit Gottes an und bitten um die Rechtfertigung von jedweder Spur menschlicher Unzulänglichkeit.

337 Diese unsere Brüder haben fest an Christus geglaubt. Sie haben diesen Glauben zum Fundament ihres gesamten Lebens gemacht. Der Mensch kann nicht aus sich selbst heraus zur beseligenden Schau gelangen, denn sie ist ein Geschenk, das jenen vorbehalten bleibt, die glauben. Daher verkündet der Glaubende mit festem Vertrauen: »Doch ich, ich weiß: mein Erlöser lebt« (Jb 19,25). Wir wissen, daß am Ende Christus, unser Heiland, kommen wird, um uns aufzunehmen, und wir werden für immer bei ihm sein.

3. Liebe Brüder und Schwestern! Unser christlicher Glaube beruht auf dem Wort Christi, der uns im soeben verkündeten Evangelium sagt: »Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben« (Jn 5,24). Unermüdlich verkündet die Kirche dies einem jeden Menschen, damit sich alle auf den Glauben hin öffnen und so die ewige Glückseligkeit als Erbteil erhalten können. Wie wichtig ist daher unsere irdische Pilgerreise!

Es ist eine mehr oder weniger lange Zeit, die uns zur Verfügung steht, um Christus zu erkennen und in der Gemeinschaft mit ihm zu wachsen. Wer an den menschgewordenen Sohn glaubt, wird in Ewigkeit leben; wer ihn liebt, braucht keine Schwierigkeiten zu fürchten; vor keinem Hindernis muß derjenige stehenbleiben, der sich auf ihn stützt. Christus wird zum einzigen Grund seines Daseins. Er glaubt, er gewinnt Vertrauen, er überantwortet sich Ihm vertrauensvoll: Somit tritt er in das Geheimnis seiner Liebe ein, die rettet und das Herz mit Freude erfüllt.

Welch großer Schatz ist der Glaube, und wie wichtig ist es, den Glauben all jenen zu verkünden, die seiner noch entbehren! Man muß dem Menschen, der nach Wahrheit und Liebe dürstet, das Wort vermitteln, das erklärt, beruhigt und den Weg weist. Das heilende Wort. Dieses Wort ist das ewige Wort, das aus dem Vater hervorgegangen ist, damit wir das Leben haben. Es ist Christus, unser Erlöser, den wir während des Jubiläums unablässig anbeten. Wer sein Wort hört, wird leben (vgl. Jn 5,25). Selig sind, die es verkünden! Selig sind, die ihm dienen und hierauf ihr Leben bauen!

4. Liebe Schwestern und Brüder, die Gewißheit, daß Christus unser Retter ist und daß er für uns gestorben und auferstanden ist, tröstet und erhält uns, während wir auf dem Weg zur himmlischen Heimat sind. Im Verlauf der Tage und Jahreszeiten hören wir das Wort Gottes widerhallen: »Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« (He 13,8). Diese Wahrheit hat uns durch das ganze Jubiläumsjahr begleitet und unserem Fürbittgebet Hoffnung verliehen. Dies ist der Glaube der Kirche. Dies ist unser Glaube.

Diesen Glauben wollen wir bekräftigen, wenn wir für die verstorbenen Hirten beten, derer wir heute gedenken. Es ist ein Gedenken voller Zuneigung und Dankbarkeit, das sich der tröstlichen Gewißheit öffnet, eines Tages mit ihnen vereint zu sein, um in Ewigkeit den Herrn des Erbarmens und Lebens zu lobpreisen.

So erneuern wir unsere Treue zu Christus, während wir dem höchsten Hirten unsere Brüder im Priesteramt, die er zu sich gerufen hat, anvertrauen. Wir verbinden hiermit die Hoffnung, daß es auch uns einst gegeben sein wird, seine tröstliche Stimme zu vernehmen, die spricht: Komm, mein guter und treuer Diener, nimm Teil an der Freude deines Herrn (vgl. Mt 25,21).

Maria, der Mutter der Hoffnung, vertrauen wir diese ihre Kinder an, damit sie sie in das Reich der ewigen Seligkeit geleite.

In Christus, »requiescant in pace«! [In Christus mögen sie in Frieden ruhen.] Amen.






Predigten 1978-2005 332