Menti nostrae DE


PIUS XII.

MENTI NOSTRAE

APOSTOLISCHES MAHNWORT

ÜBER DIE HEILIGKEIT DES PRIESTERLEBENS

PIUS XII.

DURCH GOTTES VORSEHUNG PAPST

AN DEN KLERUS DER GESAMTEN KATHOLISCHEN WELT,

DER IN FRIEDEN UND GEMEINSCHAFT

MIT DEM APOSTOLISCHEN STUHL LEBT



Einleitung

1 Ehrwürdige Brüder und geliebte Söhne
Gruß und Apostolischen Segen

In Unserem Geiste hören wir immer wieder die Stimme des göttlichen Erlösers, wie er zu Petrus spricht: "Simon, Sohn des Jonas, liebst du mich mehr als diese?... Weide meine Lämmer, weide meine Schafe" (
Jn 21,15 Jn 21,17); und ferner das folgende Mahnwort, das der Apostelfürst an die Bischöfe und Priester, seiner Zeit richtete: "Weidet die Herde Gottes, die euch anvertraut ist.., als ein lauteres; Vorbild für die Herde" (1P 5,2-3).

In ernster Erwägung dieser Worte halten Wir es für eine vordringliche Aufgabe Unseres höchsten Amtes, nach allen Kräften anzustreben, dass die Bemühungen der Hirten und Priester, die das christliche Volk anleiten sollen, das Böse zu meiden, die Gefahren zu überwinden und nach Heiligkeit zu streben, von Tag zu Tag wirksamer werden. Das ist eine dringende Notwendigkeit gerade für unsere Zeit, in der die Völker immer noch unter der Auswirkung des letzten Weltkrieges mit großen Schwierigkeiten zu ringen haben und darüber hinaus aufs heftigste von einer Geistesverwirrung heimgesucht werden. Die Feinde der katholischen Kirche sind durch die gegenwärtige soziale Lage ermutigt und suchen mit Hass und versteckter List die Menschen von Gott und Jesus Christus zu trennen.

Die Notwendigkeit einer christlichen Erneuerung, die heute alle Gutgesinnten einsehen, treibt Uns, Sinn und Herz vor allem den Priestern des ganze Erdkreises zuzuwenden, da Wir wissen, dass die unscheinbare, wachsame, eifrige Tätigkeit der Priester, die mitten im Volke leben und mit seinen Entbehrungen und Leiden, körperlichen und seelischen Nöten vertraut sind, die allgemeine Sittlichkeit durch die Vorschriften des Evangeliums erneuern und Christi "Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens" (Praef. Miss. in festo Iesu Christi Regis) unerschütterlich fest auf Erden aufrichten kann.

Doch kann das Priesteramt seine volle Wirksamkeit, die ganz den Forderungen dieser unserer Zeit entspräche, nur dann entfalten, wenn die Priester ihrem Volk durch den Glanz hervorragender Heiligkeit voranleuchten; sie sollen würdige "Diener Christi" sein, treue "Verwalter der Geheimnisse Gottes" (vgl. 1Co 4,1), wirksame "Helfer Gottes" (vgl. 1Co 3,9) ausgerüstet zu jedem guten Werk (vgl. 2Tm 3,17).

Darum glauben Wir auf keine geeignetere Art dem gesamten Klerus - der zu Unserem goldenen Priesterjubiläum durch Aufopferung von Gebeten Uns seine Ergebenheit bezeugt hat - Unsere dankbare Gesinnung äußern zu können, als dass wir alle Kleriker in väterlicher Gesinnung auffordern, nach jener Heiligkeit zu streben, ohne die das ihnen anvertraute Amt nicht fruchtbar sein kann. Das Heilige Jahr, das Wir in der Hoffnung auf eine allgemeine Erneuerung der Sitten durch die Vorschriften des Evangeliums angekündigt haben, möge, so wünschen Wir, vor allem bewirken, dass die Leiter des christlichen Volkes freudiger dem Gipfel der Tugend zueilen und in dieser Gesinnung und Ausrüstung die ihnen anvertraute Herde im Geiste Christi erneuern.

Wenn die heute so großen Aufgaben der christlichen Gesellschaft von den Priestern dringender als sonst noch innere Vollkommenheit fordern, so bleibt doch zu beachten, dass sie schon allein durch die Eigenart des erhabenen, von Gott empfangenen Amtes gehalten sind, immer und überall mit allen Kräften nach Heiligkeit zu streben.

Wie Unsere Vorgänger, vor allem Pius X. und Pius XI. gelehrt und Wir selber in den EnzyklikenMystici Corporis und Mediator Dei angedeutet haben, ist das Priestertum das große Geschenk des göttlichen Erlösers, der das von ihm selbst am Kreuze vollbrachte Erlösungswerk bis an das Ende der Zeiten fortzuführen der Kirche übertrug, die nach seinem Willen Teilhaberin seines einen und ewigen Priestertums wurde. Der Priester ist gleichsam ein zweiter Christus, da er das unauslöschliche Zeichen trägt, durch das er zu einem lebendigen Abbild unseres Erlösers wird. Der Priester vertritt Christus, der gesagt hat: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch" (Jn 20,21). "Wer euch hört, der hört mich" (Lc 10,16). Wer von Gott berufen mit diesem erhabenen Amt betraut wurde, "hat die Menschen bei Gott zu vertreten, damit er Gaben und Opfer darbringe für ihre Sünden" (He 5,1). An ihn muss sich daher jeder wenden, der das Leben des göttlichen Erlösers führen und Kraft, Trost und Nahrung für seine Seele finden will. Von ihm soll jeder die nötigen Heilmittel erbitten, der aus der Sittenverderbnis zurückstrebt zum rechten Weg. Daher können mit vollem Recht alle Priester die Worte des Völkerapostels auf sich anwenden: "Gottes Mitarbeiter sind wir" (1Co 3,9).

Diese erhabene Würde fordert von den Priestern, ihrem verantwortungsvollen Amt mit größter Gewissenhaftigkeit nachzukommen. Da es ihre Pflicht ist, auf Erden Gottes Ehre zu fördern und der Pflege und dem Wachstum des mystischen Leibes Christi zu dienen, müssen sie unbedingt sich so durch Heiligkeit auszeichnen, dass durch sie "Christi Wohlgeruch" (2Co 2,15) sich überallhin verbreite.

Gerade an dem Tage, an dem ihr, geliebte Söhne, zur Würde des Priestertums erhoben wurdet, hat euch der Bischof feierlich im Namen Gottes die von euch zu erfüllende Aufgabe mit folgenden Worten angegeben: "Erkennet, was ihr tut, ahmet nach, was ihr in den Händen tragt, damit, wenn ihr das Geheimnis des Todes Christi feiert, eure Glieder abgetötet von allen Lastern und Begierden seien. Eure Lehre sei ein geistiges Heilmittel für das Volk Gottes; eure Lebensführung sei, die Freude der Kirche Christi, auf dass ihr durch Predigt und Beispiel das Haus erbauet, die Familie Gottes" (Pontificale Rom., De ord. presbyt.).

2 Frei von aller Sünde soll euer Leben, mehr als das der Christen aus dem Laienstande, verborgen sein mit Christus in Gott (Col 3,3); durch diese Tugend, die eure Würde verlangt, sollt ihr weiterarbeiten an der Vollendung der Erlösung der Menschheit, wozu euch die Priesterweihe bestimmt hat.

Das ist die Aufgabe, die ihr frei und freudig auf euch genommen habt: seid heilig wie euer Dienst heilig ist.


I. Teil

Heiligkeit des Lebens

Nach der Unterweisung des göttlichen Meisters (Mt 22,37 Mt 22,38 Mt 22,39) beruht die Vollkommenheit des christlichen Lebens vor allem auf der Liebe zu Gott und zu dem Nächsten, die stark, eifrig und tätig sein muss. Sie umfasst nämlich in dieser Form gleichsam alle Tugenden (vgl. 1Co 13,4f.) und kann so mit vollem Recht "das Band der Vollkommenheit" (Col 3,14) genannt werden. In allen Lebenslagen muss daher der Mensch sein Sinnen und Trachten auf dieses Ziel hin ausrichten.

Dazu ist aber vor allem der Priester verpflichtet, denn alle seine priesterlichen Handlungen müssen ihrer Natur nach dieses Ziel haben; gerade deshalb ist er von Gott berufen und mit einem göttlichen Amt und Charisma ausgezeichnet worden. Er soll mit Jesus Christus mitarbeiten, dem einen und ewigen Priester. Ihm muss er daher folgen, ihn nachahmen, der in der Zeit seines Erdenlebens nur das Eine kannte: dem Vater seine brennende Liebe zu bezeugen und die unerschöpflichen Schätze seines Herzens den Menschen zu schenken.


Nachfolge Christi

In der Seele des Priesters muss der höchste Beweggrund der sein, in engster Verbindung mit dem göttlichen Erlöser zu leben, die Vorschriften der christlichen Lehre unversehrt und mit williger Bereitschaft zu umfassen, für ihre Verwirklichung sich immer und überall so einzusetzen, dass all seinem Tun der katholische Glaube voranleuchtet und seine Handlungsweise den Glanz dieses Glaubens gleichsam widerspiegelt.

Dem Strahl dieser Tugend folgend soll er beständig seine Augen auf Christus richten; er komme auf das gewissenhafteste seinen Geboten, Handlungen und Beispielen nach und es sei seine feste Überzeugung, dass es nicht genüge, die Pflichten der Christgläubigen zu erfüllen, dass es vielmehr notwendig sei, von Tag zu Tag mit rascherem Schritt zu jener Vollkommenheit des Lebens zu eilen, die die erhabene Würde des Priesters fordert, der Vorschrift entsprechend: "Die Kleriker müssen äußerlich und innerlich ein heiligeres Leben führen als die Laien und ihnen durch Tugend und gute Werke als Beispiel vorangehen" (CIS 124).

Wie das priesterliche Leben von Christus ausgeht, so muss es jederzeit voll und ganz auf ihn gerichtet sein. Christus aber ist das Wort Gottes, das nicht verschmähte, die menschliche Natur anzunehmen; das hier auf Erden lebte im Gehorsam gegen den Willen des Ewigen Vaters; das um sich den Glanz der Liebe verbreitete; das in Armut lebte; "das umherzog Wohltaten spendend und alle heilend" (Ac 10,38); das sich zuletzt als Opfer für das Heil seiner Brüder darbot. Geliebte Söhne, diese Grundzüge jenes wunderbaren Lebens stehen vor euren Augen ; strebet mit allen Kräften, sie auf euch anzuwenden, eingedenk jener Ermahnung: "Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr tut, wie ich an euch getan habe" (Jn 13,15).

Der Anfang christlicher Vollkommenheit liegt in der Demut: "Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen" (Mt 11,29). Der Gedanke an die hohe Würde, zu der wir durch die Taufe und die Priesterweihe berufen wurden, und die Kenntnis unserer eigenen geistigen Unzulänglichkeit mögen uns jenes Wort Christi beherzigen lehren: "Ohne mich könnt ihr nichts tun" (Jn 15,5).

3 Der Priester vertraue nicht auf seine eigene Kraft, freue sich nicht zu sehr über seine Gaben, hasche nicht nach Achtung und Lob der Menschen; er strebe nicht gierig nach höheren Ämtern, sondern ahme Christus nach, "der nicht kam um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen" (Mt 20,28); nach der Vorschrift des Evangeliums verleugne er sich selber (vgl. Mt 16,24), hänge nicht zu sehr an den irdischen Gütern, um desto leichter und freier dein göttlichen Meister zu folgen. Was immer er sein Eigen nennt, was immer er ist, stammt aus Gottes Güte und Macht. Wenn er daher sich rühmen will, dann denke er an die Worte des Völkerapostels: "Meiner selbst will ich mich nicht rühmen, es sei denn meiner Schwachheiten" (2Co 12,5).

Das Streben nach dieser im Lichte des Glaubens erstrahlenden Demut führt den Menschen zur Aufopferung des eigenen Willens in schuldigem Gehorsam. Christus selbst hat in der von ihm gegründeten Gemeinschaft eine rechtmäßige Autorität eingesetzt, die seine eigene beständig weiterführt, daher gehorcht dem göttlichen Erlöser selber, wer den kirchlichen Vorgesetzten gehorcht.

In unserer Zeit, welche die Grundlagen der Autorität freventlich zu erschüttern sucht, ist es unbedingt notwendig, dass der Priester, der den Sinn fest auf die Gebote des Glaubens richtet, eben diese Autorität anerkennt und nach Gebühr ihr folgt, nicht nur als der notwendigen Sicherung der Religion und der Gesellschaft, sondern auch als der Grundlage seiner persönlichen Heiligung. Während die Feinde Gottes in verbrecherischer List Einzelne aufstacheln und sie zu einem Widerstand gegen die Weisungen ihrer heiligen Mutter, der Kirche, verführen, loben Wir die große Schar der Priester und ermuntern sie väterlich, ihren christlichen Gehorsam klar zu zeigen und die unbedingte Treue gegen Christus und gegen die von ihm eingesetzte Obrigkeit aufrecht zu erhalten, da sie "für würdig erfunden wurden, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden" (Ac 5,41), und nicht nur Schmach, sondern Verfolgungen, Kerker, ja selbst den Tod.

Der Priester wirkt im Bereiche des übernatürlichen Lebens, indem er es fördert und dem mystischen Leibe Christi mitteilt. Darum soll er den Dingen entsagen, die "der Welt angehören"‚ um nur an "die Sache des Herrn" (1Co 7,32 1Co 7,33) zu denken. Da der Priester von den weltlichen Sorgen frei sein und sich ganz dem göttlichen Dienste widmen soll, hat die Kirche das Gesetz des Zölibats eingeführt, damit immer mehr zutage trete, dass er Diener Gottes und Vater der Seelen sei. Durch dieses Gesetz des Zölibats verliert der Priester nicht schlechthin die Aufgabe und Würde der Vaterschaft. Im Gegenteil sie wird ins Unermessliche gesteigert, da er ja nicht für dieses vergängliche Leben Nachkommenschaft zeugt, sondern für das unvergängliche ewige Leben.

Je mehr aber die priesterliche Keuschheit erstrahlt, desto größer wird die Einigung des Spenders der göttlichen Geheimnisse mit Christus zu einer "reinen, heiligen, makellosen Opfergabe" (Missale Rom)

Damit wir aber diese Keuschheit als einen Schatz von unendlichem Wert mit aller Sorgfalt von jeder Beeinträchtigung bewahren, ist es angebracht und notwendig, gewissenhaft jene Ermahnung des Apostelfürsten zu befolgen, die wir täglich im Breviergebet wiederholen: "Seid nüchtern und wachet" (1P 5,8).

Wachet daher, geliebte Söhne, da ja eurer Keuschheit sich so viele Gefahren entgegenstellen, sei es wegen des Verfalls der öffentlichen Sitten, sei es wegen der Verlockungen der Laster, die heute so leicht auf euch lauern, oder endlich auch wegen jener heutzutage allzu zwanglos gewordenen Beziehung zwischen beiden Geschlechtern, die sich teilweise auch in die Ausübung des heiligen Amtes einzuschleichen wagt. "Wachet betet" (Mc 14,38); seid immer eingedenk, dass eure Hände die heiligsten Dinge berühren und vergesset ferner nicht, dass ihr Gott geweiht seid und Ihm allein dienen müsst. Schon das Kleid, das ihr tragt, ist wie eine Mahnung, nicht der Welt, sondern Gott zu leben. Bewirkt daher mit aller Anstrengung und allem Eifer, im Vertrauten auf den mütterlichen Schutz der Jungfrau und Gottesgebärerin Maria, dass ihr täglich "unbefleckt, makellos, rein und keusch seid, wie es sich geziemt für Christi Diener und Ausspender der Geheimnisse Gottes" (Pontificale Rom., In ordin. Diacon.)

Hier halten Wir es für angebracht, in besonderer Weise euch zu ermahnen, dass ihr euch in der Leitung weiblicher Genossenschaften und Vereine so benehmt, wie es Priestern geziemt; vermeidet jede Vertraulichkeit; wenn immer eure Dienste notwendig sind, leistet sie als gottgeweihte Priester. Und wahret in der Leitung dieser Genossenschaft die Grenzen, die euer priesterliches Amt fordert.

Doch sollt ihr euch nicht damit begnügen, durch Übung der Keuschheit der Fleischeslust zu entsagen und euch im Gehorsam euren Vorgesetzten willig zu unterwerfen, ihr sollt darüber hinaus euren Sinn täglich mehr dem Reichtum und den irdischen Dingen entfremden. Immer und immer wieder ermahnen Wir euch, geliebte Söhne, die unbeständigen und vergänglichen Dinge dieser Welt nicht zu sehr zu lieben; schauet voll Verehrung auf das Beispiel der Heiligen aus alter und neuer Zeit, die den notwendigen Verzicht auf die äußeren Güter und grenzenloses Vertrauen auf die Vorsehung Gottes mit dem glühendsten priesterlichen Eifer zu verbinden wussten und wirklich Wunderbares leisteten. Dies aber im Vertrauen auf Gott, der niemals die notwendige Hilfe verweigert. Auch die Priester, die nicht durch ein besonderes Gelübde der Armut gebunden sind; sollen sich dennoch von der Liebe zur Armut leiten lassen. Diese Liebe soll sich in Maß und Einfachheit der Lebensweise und in der Schlichtheit der Wohnung äußern. Ihren letzten Siegel soll sie aber in einer edelmütigen Wohltätigkeit gegen die Armen finden. Vor allem jedoch sollen sie sich jener wirtschaftlichen Unternehmungen enthalten, die sie von der Ausübung ihres heiligen Amtes abhalten und die, ihnen von den Gläubigen schuldige Achtung beeinträchtigen können. Der Priester muss, da er verpflichtet ist, auf alle Weise für das Heil der Seelen zu sorgen, das Wort des Apostels Paulus auf sich anwenden: "Ich suche flieht eure Güter, sondern euch" (2Co 12,14).

Wir hätten noch vieles zu sagen, was sich Unserem Geiste aufdrängt, wenn hier ausführlich von allen Tugenden zu sprechen wäre, durch die der Priester das göttliche Beispiel Jesu Christi in geeigneter Weise auf sich anwenden soll. Wir wollten euch aber nur einprägen, was in unserer Zeit vor allem notwendig zu sein scheint. Im übrigen möge es genügen, euch ins Gedächtnis zu rufen, was das goldene Büchlein der Nachfolge Christi sagt: "Der Priester muss geschmückt sein mit allen Tugenden und muss anderen das Beispiel eines tugendhaften Lebens geben. Er wandle daher nicht die gewöhnlichen und allgemeinen Menschenwege, sondern mit den Engeln im Himmel oder mit vollkommenen Männern auf Erden" (De imit. Christi, IV).


Notwendigkeit der Gnade für die Nachfolge Christi

4 Alle wissen, geliebte Söhne, dass es Christen und besonders Priestern nicht möglich ist, ohne Hilfe der göttlichen Gnade das bewundernswerte Beispiel des göttlichen Meisters im täglichen Leben nachzuahmen. Dabei müssen sie die von ihm selbst uns geschenkten Mittel der Gnade benützen und zwar um so notwendiger, je höher die Vollkommenheit ist, die erreicht werden soll und je größer die Schwierigkeiten, die aus der zum Bösen neigenden Natur entstehen. Aus diesem Grund halten Wir es für angebracht, zu jenen erhabenen und trostreichen Wahrheiten überzugehen, aus denen noch klarer hervorgeht, wie groß die Heiligkeit des Priesters sein muss und wie wirksam die von Jesus Christus uns geschenkten Mittel sind, um die Pläne der göttlichen Barmherzigkeit in uns verwirklichen zu können.

Wie das ganze Leben unseres Erlösers auf das Opfer seiner selbst hingeordnet war, so muss in gleicher Weise auch das Leben des Priesters, der Christi Bild in sich zur Darstellung bringen soll mit ihm, in ihm und durch ihn ein Gott wohlgefälliges Opfer werden.

Das Opfer, das der göttliche Erlöser am Kreuze auf dem Kalvarienberg darbrachte, war nicht nur die Darbringung seines eigenen Leibes, denn er gab sich zum Sühneopfer hin als Haupt des ganzen Menschengeschlechtes. Daher "empfiehlt er, indem er seinen Geist in die Hände des Vaters empfiehlt, als Mensch sich selber Gott, um alle Menschen Gott anheimzugeben" (Athanas,De incarnatione).

Genau das gleiche geschieht im Opfer des Altares, das eine unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers ist: Christus opfert sich dem Ewigen Vater auf zu seiner Verherrlichung und zu unserem Heil. Da er aber, zugleich Priester und Opfer, als Haupt der Kirche handelt, sind alle Christen und in gewissem Sinn auch alle Menschen seine Opfergabe (Vgl. Hl. Augustinus, De civitate Dei; 1).

Wenn nun aber dies schon für alle Christen gilt, dann um so mehr für die Priester. Sie sind Diener des göttlichen Erlösers vor allem um das Opfer des Altares darzubringen. In diesem eucharistischen Opfer vertreten sie Christi Person und konsekrieren Brot und Wein zu Christi Leib und Blut. Dadurch gewinnen sie aus den Quellen übernatürlichen Lebens Schätze des Heils und jede Gnadenhilfe, die für sie persönlich und zur Erfüllung ihres Amtes notwendig ist.

Indem der Priester in engster Verbindung mit den göttlichen Geheimnissen steht, dürstet er von selber nach der Gerechtigkeit (vgl.
Mt 5,6) und wird sich heftig angetrieben fühlen, sein Leben der hohen Würde, die er bekleidet, anzugleichen und zwar durch das Verlangen nach Hingabe, weil er ja gleichsam sich selber mit Christus aufopfert. Darum soll er das eucharistische Opfer nicht nur feiern, sondern auch gewissermaßen innerlich leben. So kann er nämlich jene übernatürliche Kraft schöpfen, die eine vollständige Umwandlung und eine Teilnahme an dem Sühneleben des göttlichen Heilandes selber bewirkt.

Der heilige Paulus spricht das Grundgesetz der christlichen Vollkommenheit in der Aufforderung aus: "Ziehet an den Herrn Jesus Christus" (Rm 13,14). Diese Worte sind zwar an alle Christen gerichtet, sie verpflichten aber in einer besonderen Weise die Priester. Nun bedeutet aber Christus anziehen nicht nur das Hören auf seine Lehre, sondern auch den Beginn eines neuen Lebens, das, wenn es im Glanz des Tabor erstrahlen soll, vor allem den Schmerzen und Qualen des auf Kalvaria leiden den Erlösers gleichförmig werden muss. Dies erfordert sicher eine große und dauernde Anstrengung, durch die unsere Seele gleichsam zum Opfer wird, um innerlich am Opfer Christi teilzunehmen. Diese schwere, dauernde Aufgabe wird nicht von einem schwachen Willen bewältigt, nicht von Sehnsüchten und Wünschen durchgeführt; sie fordert vielmehr eifriges, unermüdliches Tun, das zu einer fruchtbaren Erneuerung der Seele führt. Sie verlangt Übung der Frömmigkeit, die alles der Ehre Gottes unterordnet; sie erheischt tätige Buße, welche die ungeordneten Regungen der Seele lenkt und zügelt. Sie sei Liebestätigkeit, die unsere Gottes- und Nächstenliebe entzündet und uns zur Förderung jeder Art von Werken der Barmherzigkeit antreibt. Sie sei schließlich freudige Einsatzbereitschaft, die strebend und kämpfend Großes vollbringt.

Der Priester muss daher, was auf dem Altar geschieht, auf sich anzuwenden streben. Wie nämlich Jesus Christus sich selber aufopfert, so muss auch sein Diener mit ihm sich aufopfern; wie Jesus die Sünden der Menschen sühnt, so muss auch der Priester auf dem steilen Weg christlicher Aszese zur Läuterung seiner selbst und der Nächsten gelangen, wie ihn der hl. Petrus Chrysologus ermahnt: "Sei Opfer und Priester Gottes; verliere nicht, was dir die Macht Gottes gab und gewährte. Ziehe an das Kleid der Heiligkeit; wappne dich mit Keuschheit; Christus sei die Hülle deines Hauptes; deine Brust umgürte mit heiliger Wissenschaft; in dir brenne der Weihrauch des Gebetes; ergreife das Schwert des Geistes; mache dein Herz zum Altar und bringe so deinen Leib ohne Furcht Gott zum Opfer dar. Glaube, damit der Unglaube gestraft werde; faste, damit die Unmäßigkeit weiche; lege zu den Opfergaben die Keuschheit, damit die Wollust sterbe, die Frömmigkeit, damit die Gottlosigkeit abgetan werde. Rufe herbei die Barmherzigkeit, damit der Geiz entschwinde; damit die Torheit vernichtet werde, sollst du immerdar Heiligkeit aufopfern; so wird dein Leib zur Opfergabe, wenn er von keinem Sündenpfeil verwundet bleibt" (Sermo CVIII).

Was Wir allen Christen in der Enzyklika Mediator Dei zur Betrachtung vorgelegt haben, das wollen Wir hier in besonderer Weise für die Priester wiederholen: Christus ist Priester, aber Priester für uns und nicht für sich, indem er die Gebete und Verehrung des ganzen Menschengeschlechtes dem ewigen Vater darbringt. Er ist auch Opfer, aber für uns, indem er sich selbst an die Stelle des der Sünde verfallenen Menschen setzt. Nun fordert jenes Wort des Apostels "Seid so gesinnt wie Christus Jesus" von allen Christen, dass sie die Gesinnung des göttlichen Erlösers, die ihn beseelte, als er sich selbst aufopferte, zur eigenen Gesinnung machen, soweit das Menschen möglich ist; dass sie also der göttlichen Majestät demütige Unterwerfung, Anbetung, Ehre, Lob und Danksagung erweisen. Ferner fordert diese Gesinnung von ihnen, dass sie gleichsam den Zustand des Opfers annehmen, sich nach den Vorschriften des Evangeliums selber verleugnen, freiwillig und gern Buße üben, die begangenen Sünden verabscheuen und Sühne leisten. Sie fordert zuletzt, dass wir alle zusammen mit Christus den mystischen Tod am Kreuze erleiden, so dass wir die Worte des hl. Paulus auf uns anwenden können: "Mit Christus bin ich ans Kreuz geheftet".

Geliebte Söhne und Priester, einen großen Schatz tragen wir in unseren Händen, eine kostbare Perle, nämlich die unerschöpflichen Reichtümer des Blutes Jesu Christi. Lasst uns diesen Schatz auf das reichlichste benützen und zwar so, dass wir uns selbst zusammen mit Christus dem ewigen Vater ganz zum Opfer darbringen und so wahre Vermittler der Gerechtigkeit werden "in den Dingen, die Gott betreffen" (He 5,1), damit unsere Gebete Gehör finden und überreiche Gnade für die Kirche und für alle Seelen. Nur dann, wenn wir nämlich gleichsam eins geworden sind mit Christus in seinem und unserem Opfer, werden wir unsere Stimmen mit dem Chor der Bewohner des himmlischen Jerusalem vereinen, "illi canentes iugimur almae Sionis aemuli" (Brev. Rom., Hymn. pro off. Dedic. Eccl), nur dann werden wir, gestärkt durch die Kraft unseres Erlösers, von dem Gipfel der Heiligkeit, den wir erreicht haben werden, ohne Gefahr herabsteigen und werden allen Menschen durch unser priesterliches Amt Gottes überirdisches Licht und Leben spenden können.


Notwendigkeit des Gebetes und der geistlichen Führung

5 Vollkommene Heiligkeit fordert auch eine ständige Verbindung mit Gott. Damit aber diese Verbindung, die zwischen der Seele des Priesters und Gott bestehen soll, nicht im Ablauf der Tage und Stunden unterbrochen werde, hat die Kirche ihm die Pflicht des Stundengebetes auferlegt. Sie ist damit der Forderung des göttlichen Erlösers nachgekommen, der sagt: "Man muss allezeit beten und nicht nachlassen" (Lc 18,1).

Denn wie die Kirche niemals aufhört zu beten, so wünscht sie auch das gleiche von ihren Söhnen und hält ihnen die Worte des Apostels Paulus vor: "Durch Ihn wollen wir Gott beständig Lobopfer darbringen, die Spende der Lippen, die seinen Namen preisen" (He 13,15). Den Priestern aber hat sie diese besondere Aufgabe anvertraut, dass sie zusammen und auch im Namen des Volkes beten und den Ablauf der Zeiten und Ereignisse Gott weihen.

In der Erfüllung dieser Pflicht führt der Priester durch die Jahrhunderte das fort, was Christus tat, der "in den Tagen seines Erdenlebens Gebet und Flehen unter lautem Rufen und Weinen darbrachte und wegen seiner Gottesfurcht Erhörung fand" (He 5,7). Diese in Christi Namen verrichteten Gebete, "per Dominum nostrum Jesum Christum"‚ der unser Vermittler beim Vater ist und ihm ständig Genugtuung leistet durch seine Verdienste und den Preis seines kostbaren Blutes, haben ohne Zweifel eine besondere Wirksamkeit. Sie sind nämlich auf eine ganz besondere Weise "die Stimme Christi"‚ der "für uns betet als unser Priester, in uns betet als unser Haupt" (Hl. Aug., Enarr. in Ps. LXXXV, Nr. 1). Zugleich sind sie immer "die Stimme der Kirche"‚ welche die Bitten und Wünsche aller Christgläubigen zum Ausdruck bringt, die mit den Gebeten und dem Glauben des Priesters vereint, Jesus Christus lobpreisen, durch ihn dem ewigen Vater danken und von ihm täglich und stündlich die notwendige Hilfe erflehen. Was daher Moses einst tat, als er auf dem Berge die Arme zum Himmel erhob, mit Gott für sein bedrängtes Volk sprach und Barmherzigkeit erflehte, das erneuert sich gewissermaßen durch die Priester täglich.

Das Breviergebet trägt aber auch zur persönlichen Heiligung bei. Es erschöpft sieh nämlich nicht in der Rezitation fester Gebetsformeln oder in kunstvoll vorgetragenen Gesängen, auch nicht allein in der Einhaltung der Rubriken, noch in den äußeren Zeremonien des Gottesdienstes. Es geht dabei vor allem um einen Aufstieg von Geist und Seele zu Gott, damit wir uns den seligen Geistern anschließen, die ewig Gottes Lob singen (Vgl. Mediator Dei). Darum soll das kirchliche Stundengebet, wie es im Vorbereitungsgebet heißt, "würdig, aufmerksam und andächtig" verrichtet werden.

Der Priester muss diese Gebete in der Gesinnung des göttlichen Erlösers sprechen. Denn es ist gleichsam Christi Stimme, die durch seinen Priester vom gütigsten Vater die Wohltaten der Erlösung erfleht, es ist seine Stimme, der sich die Scharen der Engel und Heiligen im Himmel und die Menge der Christen auf Erden anschließen, um Gott gebührend zu lobpreisen. Es ist die Stimme Jesu Christi, unseres Fürsprechers, durch die wir die unerschöpflichen Schätze seiner Verdienste erlangen.

Überdenkt aufmerksam jene fruchtbaren Wahrheiten, die der Geist Gottes in der heiligen Schrift darbietet und von den Vätern und Kirchenlehrern erklärt werden. Bemüht euch bei der Lesung der von Gott geoffenbarten Worte nichts von diesem großen Schatz zu verlieren. Und damit euer Geist treu auf Gottes Stimme eingehe, verscheucht unermüdlich und mit Eifer all das, was eure Aufmerksamkeit ablenkt: seid innerlich gesammelt, damit ihr euch leichter und mit mehr Gewinn der Betrachtung der ewigen Dinge hingeben könnt.

In Unserer Enzyklika Mediator Dei haben Wir ausführlich dargetan, warum die Kirche im Kreislauf des liturgischen Jahres alle Geheimnisse des Lebens Jesus Christi ins Gedächtnis zurückruft und geordnet vor Augen stellt, und auch die Feste der Jungfrau Maria und der Heiligen feiern lässt. Diese Unterweisungen, die Wir allen Christen gegeben haben, weil sie für jeden von größtem Nutzen sind, müsst aber in besonderer Weise ihr Priester beherzigen, die ihr im liturgischen Jahresablauf durch das eucharistische Opfer und das Officium Divinum eine führende Rolle innehabt.

Um uns zu täglich größerem Eifer im Streben nach Heiligkeit anzuspornen, empfiehlt die Kirche außer dem eucharistischen Opfer und dem Breviergebet auch noch andere Übungen der Frömmigkeit. Davon möchten Wir hier einiges aufgreifen und euerer Beherzigung empfehlen.

Vor allem ermahnt sie uns zur Betrachtung, die den Geist auf auf das Überirdische und lässt an das Jenseits denken, entflammt zugleich aber in unserer Seele das Verlangen nach Gott und führt so zu Ihm hin. Diese heilige Betrachtung ist die beste Vorbereitung auf die Feier des hl. Messopfers und die daran anschließende Danksagung. Sie lässt uns die ganze Schönheit der Liturgie verkosten und die ewigen Wahrheiten und wunderbaren Beispiele und Vorschriften des Evangeliums betrachten. Diese Beispiele des Evangeliums und die Tugenden des göttlichen Erlösers müssen die Priester gewissenhaft anwenden.

Doch wie die körperliche Speise das Leben des Körpers nicht nährt, noch erhält und vermehrt, wenn sie nicht in unsere Substanz umgewandelt wird, so kann auch der Priester nicht die Herrschaft über sich selbst und seine Sinne gewinnen, noch seine Seele reinigen und nach Tugend streben, wie es seine Pflicht ist, auch nicht sein heiliges Amt treu, eifrig und ertragreich versehen, wenn er nicht die Geheimnisse des göttlichen Erlösers betrachtet. Er ist das höchste Vorbild der Vollkommenheit und die unerschöpfliche Quelle der Heiligkeit; sein Leben sollen wir nachleben.

Wir halten es daher für eine ernste Pflicht, euch in besonderer Weise zur Übung der täglichen Betrachtung zu ermahnen, eine Übung, die auch der Codex Iuris Canonici den Klerikern empfiehlt (Vgl. can. CIS 125,2). Denn wie die tägliche Betrachtung das Streben nach priesterlicher Vollkommenheit fördert, so entsteht aus ihrer Vernachlässigung jene Lauheit in religiösen Dingen, welche die Frömmigkeit mindert und erschlaffen lässt, die Antriebe zur Heiligkeit unterbricht oder verzögert und der Ausübung des heiligen Amtes schweren Schaden zufügt. Daher kann man mit vollem Recht behaupten, dass die besondere Wirksamkeit der Betrachtung durch nichts anderes erzielt und ihre tägliche Übung durch nichts anderes ersetzt werden kann.

6 Von der Betrachtung darf aber das mündliche Gebet nicht getrennt werden. Auch sollen nicht die übrigen Formen des Privatgebetes fehlen, die je nach den persönlichen Verhältnissen geeignet sind, die Verbindung der Seele mit Gott zu fördern. Doch ist dabei zu beachten: nicht die Häufung von Gebeten ist das Wichtigste, sondern Frömmigkeit und wahrer lebendiger Gebetseifer. Dieser Gebetseifer ist heute mehr denn je zuvor erforderlich, da der sogenannte Naturalismus in das Denken und Fühlen der Menschen eingedrungen und die Tugend von Gefahren aller Art bedroht ist, die zuweilen auch den Priestern in der Ausübung ihres Amtes entgegentreten. Was könnte besser vor diesen Fallstricken bewahren, was könnte geeigneter euren Geist zum Himmel erheben und euch zu einem Leben mit Gott anhalten, als das beständige Gebet zu Gott und das Flehen um seine Hilfe?

Da die Priester mit besonderer Berechtigung sich Söhne der Jungfrau Maria nennen können, müssen sie ihrer Mutter mit glühender Verehrung anhangen, sie mit großem Vertrauen anrufen und oft um ihren mächtigen Schutz flehen. Sie sollen sich daher bemühen, täglich den Rosenkranz zu beten, wie es die Kirche selbst empfiehlt (Vgl.
CIS 125,2). Im Rosenkranzgebet werden uns die Geheimnisse unseres göttlichen Erlösers vor Augen geführt, wir werden "durch Maria zu Jesus" geführt.

Außerdem soll der Priester, bevor er seine Tagesarbeit beschließt, Christus im Tabernakel besuchen und dort wenigstens für kurze Zeit verweilen, um Jesus in seinem Sakrament der Liebe anzubeten und die Undankbarkeit so vieler Menschen zu sühnen. Er wächst dabei in der Gottesliebe und wird selbst während der Nachtruhe, die an das Schweigen des Todes erinnert, gewissermaßen noch in der Gegenwart des heiligsten Herzens Jesu bleiben.

Auch unterlasse er nicht die tägliche Gewissenserforschung. Sie ist von größter Wichtigkeit als Rechenschaft über das geistige Leben des verflossenen Tages. Sie beseitigt die Hindernisse, die das Wachsen der Tugenden hemmen oder hindern und spendet Mittel, die priesterliche Tätigkeit fruchtbarer zu machen und Gottes Barmherzigkeit zu erflehen für so viele Armseligkeiten.

Barmherzigkeit und Verzeihung der Sünden werden uns besonders im Sakrament der Buße gewährt. Es ist ein Meisterwerk der göttlichem Güte, das unsere Schwachheit stärkt. Niemals möge es geschehen, geliebte Söhne, dass ein Spender dieses heilsamen Sakramentes sich ihm entziehe. Darüber ordnet, wie ihr wisst, die Kirche folgendes an : "Curent locorum Ordinarii, ut clerici omnes Paenitentiae Sacramento frequenter conscientiae maculas eluant" (Vgl. CIS 125,1) Denn auch als Diener Christi bleiben wir schwache Menschen. Wie können wir daher hinaufsteigen zu Gottes Altar und die heiligen Geheimnisse feiern, ohne danach zu trachten, uns oft von Sünden zu reinigen? Die häufige Beichte "fördert die rechte Selbsterkenntnis, vermehrt die christliche Demut, rottet die bösen Gewohnheiten aus, hilft der Nachlässigkeit und geistigen Lauheit widerstehen, reinigt das Gewissen und stärkt den Willen. Sie ermöglicht eine heilsame Seelenleitung und erhöht die Gnadenwirkung aus der Kraft des Sakraments selber" (Vgl. Mystici Corporis Christi).

Daher halten Wir es auch für angebracht, euch zu ermahnen, geliebte Söhne, im Beginn und in der Entfaltung des geistlichen Lebens nicht allzusehr auf euch selber zu vertrauen. Sucht vielmehr mit demütigem und gelehrigem Sinn Rat und Hilfe bei denen, die es verstehen, euch mit weiser Mäßigung zu leiten, auf kommende Gefahren aufmerksam zu machen und geeignete Mittel dagegen anzugeben; die euch in allen inneren und äußeren Schwierigkeiten den rechten Weg weisen und euch zu täglich wachsender Vollkommenheit anhalten, zu der die Beispiele der Heiligen und erprobte Lehrer der christlichen Aszese auffordern. Ohne solche erfahrenen Seelenführer ist es meist sehr schwer, den Eingebungen des Hl. Geistes und der göttlichen Gnade in rechter Weise zu entsprechen.

Zuletzt wollen Wir noch allen die Übung der hl. Exerzitien empfehlen. Wenn wir uns nämlich für einige Tage von der gewohnten Umgebung und Beschäftigung trennen und in Einsamkeit und Schweigen zurückziehen, dann hören wir sicher leichter auf Gott und seine Stimme kann tiefer in uns eindringen. Exerzitien fordern uns zu einer gewissenhaften Ausübung unseres Amtes und zur Betrachtung der Geheimnisse Jesu Christi auf, sie kräftigen unseren Willen, auf dass wir Gott "dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, alle Tage unseres Lebens" (Lc 1,74 Lc 1,75).

Menti nostrae DE