Pastores dabo vobis DE 36


36 Die Geschichte jeder Berufung zum Priester, wie übrigens auch jeder Berufung zum Christen, ist die Geschichte eines unvergleichlichen Dialogs zwischen Gott und dem Menschen, zwischen der Liebe Gottes, der den Menschen ruft, und der Freiheit des Menschen, der in der Liebe Gott antwortet. Diese beiden voneinander untrennbaren Seiten der Berufung, das unverdiente Geschenk Gottes und die verantwortliche Freiheit des Menschen, ergeben sich für uns sehr treffend und wirkungsvoll aus den knappen Worten, mit denen der Evangelist Markus die Berufung der Zwölf schildert: Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm (Mc 3,13). Wichtig ist einerseits der absolut freie Entschluß Jesu, aber genauso das "Kommen" der Zwölf zu Jesus, das heißt, daß sie "ihm folgen".

Das ist das bleibende Modell, der unverzichtbare Ausgangspunkt für jede Berufung: für die Berufung der Propheten, der Apostel, der Priester, der Ordensleute, der gläubigen Laien, jedes Menschen.

Aber ganz und gar vorrangig, ja entscheidend ist das freie und unverdiente Eingreifen Gottes, der den Menschen ruft. Es ist seine Initiative, uns zu rufen. Das ist zum Beispiel die Erfahrung des Propheten Jeremia: "Das Wort des Herrn erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt" (Jr 1,4-5). Dieselbe Wahrheit legt der Apostel Paulus vor, nämlich daß jede Berufung in der ewigen Erwählung in Christus wurzelt, die "vor der Erschaffung der Welt" und nach seinem gnädigen Willen" erfolg ist (vgl. Ep 1,4-5). Der absolute Vorrang der Gnade bei der Berufung findet seine vollkommene Erklärung in dem Wort Jesu: "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, daß ihr euch aufmacht und Frucht bringt und daß eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet" (Jn 15,16).

Wenn die Berufung zum Priester in unmißverständlicher Weise den Vorrang der Gnade bezeugt, dann verlangt die freie und souveräne Entscheidung Gottes, den Menschen zu rufen, absolute Anerkennung; sie kann überhaupt nicht von irgendeinem menschlichen Anspruch erzwungen, durch irgendeine menschliche Entscheidung ersetzt werden.

Die Berufung ist ein Geschenk der göttlichen Gnade und niemals ein Recht des Menschen; deshalb "kann das Priesterleben niemals als ein rein menschliches Unternehmen und die Sendung des Dieners nicht als ein bloß menschliches Vorhaben betrachtet werden" (101). Somit ist im Grunde jeder Stolz und jede Anmaßung von seiten der Berufenen unangebracht (vgl. He 5,4 ff.). Der ganze geistliche Raum ihres Herzens ist erfüllt von staunender, ergriffener Dankbarkeit, von unerschöpflichem Vertrauen und Hoffnung, weil die Berufenen wissen, daß sie sich nicht auf ihre eigenen Kräfte stützen, sondern auf die unbedingte Treue Gottes, der sie ruft. "Er rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm" (Mc 3,13). Dieses "Zu-ihm-Kommen", was heißt, daß sie Jesus "folgten", drückt die freie Antwort der Zwölf auf den Anruf des Meisters aus. So war es bei Petrus und Andreas- "Da sagte ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischer machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm" (Mt 4,19-20). Die gleiche Erfahrung machten Jakobus und Johannes (vgl. Mt 4,21-22). So geschieht es immer: In der Berufung leuchten zugleich die unverdiente Liebe Gottes und die höchstmögliche Wertschätzung der menschlichen Freiheit auf, einer Freiheit, dem Anruf Gottes zuzustimmen und sich ihm anzuvertrauen.

Tatsächlich stehen Gnade und Freiheit nicht im Gegensatz zueinander. Im Gegenteil, die Gnade beseelt und trägt die menschliche Freiheit, indem sie diese von der Knechtschaft der Sünde befreit (vgl. Jn 8,34-36), sie heilt und wird in ihrer Fähigkeit zur Öffnung und Annahme des Gottesgeschenkes bestärkt. Und wenn es nicht angeht, die absolut unverdiente Initiative Gottes, der den Menschen ruft, abzuschwächen, so darf man auch nicht die äußerste Ernsthaftigkeit herunterspielen, mit welcher der Mensch in seiner Freiheit herausgefordert wird. So erteilt der reiche Jüngling der Aufforderung Jesu "Komm und folge mir nach!" eine abschlägige Antwort - ein wenn auch negatives Zeichen seiner Freiheit: "Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen" (Mc 10,22).

Die Freiheit gehört also wesentlich zur Berufung, eine Freiheit, die sich in der positiven Antwort als tiefe persönliche Verbundenheit, als Sich-Verschenken aus Liebe oder, besser, als Sich-Wiederverschenken an den Spender, das heißt an Gott, der uns ruft, als Selbsthingabe darstellt. "Die Berufung", sagte Paul IV., "wird mit der Antwort verglichen. Es kann nur freie Berufungen geben; das heißt nur Berufungen, die spontane, bewußte, selbstlose und totale Angebote der eigenen Person sind ... Darbringung, Hingabe. Hier liegt praktisch das eigentliche Problem ... Es ist die bescheidene und eindringliche Stimme Christi, die heute wie gestern, ja heute mehr als gestern, sagt: Komm! Damit sieht sich die Freiheit vor ihr größtes Wagnis gestellt: das Wagnis der Hingabe, der Selbstlosigkeit, des Opfers (102).

Die freie Hingabe, die den innersten und wertvollsten Kern der Antwort des Menschen an den ihn rufenden Gott darstellt, findet ihr unvergleichliches Vorbild, ja ihren lebendigen Urgrund in der freien Hingabe Jesu Christi, des Erstberufenen, an den Willen des Vaters: "Darum spricht Christus bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, doch einen Leib hast du mir geschaffen ... Da sagte ich: Ja, ich komme..., um deinen Willen, Gott, zu tun" (He 10,5-7).

In inniger Gemeinschaft mit Christus war Maria, die Jungfrau und Mutter, das Geschöpf, das mehr als alle die volle Wahrheit der Berufung erlebt hat, denn kein Mensch hat wie sie mit einer so großen Liebe auf die unermeßliche Liebe Gottes geantwortet (103).


37 "Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen" (Mc 10,22). Der reiche Jüngling aus dem Evangelium, der dem Ruf Jesu nicht folgt, erinnert uns an die Hindernisse, die die freie Antwort des Menschen blockieren oder unterbinden können: Nicht nur die materiellen Güter können das menschliche Herz den Werten des Geistes und den radikalen Forderungen des Reiches Gottes verschließen, sondern auch manche sozialen und kulturellen Gegebenheiten unserer Zeit können mannigfache Bedrohungen darstellen und den Menschen verzerrte, falsche Ansichten über das wahre Wesen der Berufung aufzwingen und so deren Annahme und Verständnis erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.

Viele haben eine derart unklare und verworrene Vorstellung von Gott, daß sie in Formen einer Religiosität ohne Gott abgleiten, wo der Wille Gottes zu einem unabänderlichen und unvermeidbaren Schicksal degeneriert, dem sich der Mensch anpassen und mit dem er sich völlig passiv abfinden muß. Aber das ist nicht das Antlitz Gottes, das uns zu offenbaren Jesus Christus in die Welt gekommen ist: In Wirklichkeit ist Gott der Vater, der mit ewiger und zuvorkommender Liebe den Menschen ruft und einen wunderbaren, ständigen Dialog mit ihm aufnimmt, indem er ihn einlädt, als Kind Gottes teilzuhaben an seinem göttlichen Leben. Mit einer falschen Gottesvorstellung vermag der Mensch natürlich auch die Wahrheit über sich selbst nicht zu erkennen, so daß die Berufung weder in ihrem echten Wert begriffen noch gelebt werden kann: Sie kann nur als eine auferlegte und unerträgliche Last empfunden werden.

Auch manche verzerrten Vorstellungen über den Menschen, die häufig als angeblich philosophische oder "wissenschaftliche" Argumente vertreten werden, verleiten den Menschen mitunter zu der Erklärung, seine Existenz und seine Freiheit seien zur Gänze von äußeren Faktoren aus Erziehung, Psychologie, Kultur und Milieu bestimmt und bedingt. Dann wieder wird die Freiheit als absolute Autonomie verstanden, die Anspruch darauf erhebt, die einzige unanfechtbare Quelle der persönlichen Entscheidungen zu sein und sich als Selbstbestätigung um jeden Preis definiert. Auf diese Weise versperrt sie sich aber den Weg, die Berufung als freien Dialog der Liebe zu begreifen und zu leben, der aus der Selbstmitteilung Gottes an den Menschen erwächst und in die aufrichtige Selbsthingabe des Menschen einmündet.

Im Umfeld der heutigen Zeit gibt es auch die Tendenz, über das Verhältnis des Menschen zu Gott sehr individualistisch und intimistisch zu denken, so als würde der Anruf Gottes den einzelnen Menschen direkt, ohne irgendeine gemeinschaftliche Vermittlung, erreichen und hätte persönlich einen Vorteil für den einzelnen Gerufenen oder lediglich dessen eigenes Heil zum Ziel und nicht die totale Hingabe an Gott im Dienst der Gemeinschaft. Wir begegnen hier also einer weiteren tiefgreifenden und zugleich subtilen Bedrohung, die es unmöglich macht, die kirchliche Dimension zu erkennen und freudig anzunehmen, die jeder christlichen Berufung und insbesondere der des Priesters von allem Anfang an eigen ist: In der Tat gewinnt das Weihepriestertum des Dienstes - wie uns das Konzil in Erinnerung ruft - seine wahre Bedeutung und verwirklicht seine volle Wahrheit über sich selbst nur dadurch, daß es als Dienst verstanden wird und zum Wachstum der christlichen Gemeinschaft und des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen beiträgt (104).

Der hier angedeutete kulturelle Zusammenhang, dessen Einfluß unter den Christen und besonders unter den jungen Menschen durchaus vorhanden ist, hilft uns, die Ausweitung der Krise der Priesterberufe zu verstehen, die von radikalen Glaubenskrisen verursacht und begleitet wird. Das haben die Synodenväter ausdrücklich mit der Feststellung erklärt, daß die Krise der Berufungen zum Priestertum tief im kulturellen Milieu und in der Gesinnung und Praxis der Christen verwurzelt ist (105).

Daraus ergibt sich die Dringlichkeit, daß die Berufungspastoral der Kirche entschieden und vorrangig auf die Wiederherstellung der "christlichen Gesinnung" abzielt, wie sie vom Glauben hervorgebracht und getragen wird. Notwendiger denn je bedarf es einer Evangelisierung, die nicht müde wird, das wahre Antlitz Gottes, den Vater, der in Jesus Christus jeden von uns ruft, und den wahren Sinn der menschlichen Freiheit als Ursprung und Kraft zur verantwortlichen Selbsthingabe darzustellen. Nur so werden die unerläßlichen Grundlagen dafür gelegt werden, daß jede Berufung, einschließlich der zum Priestertum, in ihrer Wahrheit erfaßt, in ihrer Schönheit geliebt und mit völliger Hingabe und tiefer Freude gelebt werden kann.


38 Die Berufung ist gewiß ein unerforschliches Geheimnis, das die Beziehung miteinschließt, die Gott zum Menschen in seiner Einzigartigkeit und Unwiederholbarkeit herstellt, ein Geheimnis, das als ein Anruf wahrgenommen und empfunden wird, der im Innern des Gewissens, in jenem "Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist" (106), eine Antwort erwartet. Aber das hebt die gemeinschaftliche und insbesondere die kirchliche Dimension der Berufung nicht auf: Auch die Kirche ist bei der Berufung jedes Christen präsent und beteiligt.

Im Dienst an der Berufung des Priesters und seinem Werdegang, das heißt an der Entstehung, am Erkennen und an der Begleitung der Berufung, kann die Kirche in Andreas, einem der ersten beiden jünger, die sich in die Nachfolge Jesu begeben, ein Modell finden. Er selbst erzählt seinem Bruder, was ihm widerfahren ist: "Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus)" (
Jn 1,41). Und der Bericht von dieser "Entdeckung" eröffnet den Weg zur Begegnung: "Er führte ihn zu Jesus" (Jn 1,42). An der absolut freien Initiative und souveränen Entscheidung Jesu besteht kein Zweifel. Jesus ruft Simon und gibt ihm einen neuen Namen: Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus)" (ebd.). Aber auch Andreas war an dieser Initiative beteiligt: Er hat die Begegnung seines Bruders mit Jesus angeregt.

"Und er führte ihn zu Jesus." Hierin liegt gewissermaßen das Herz der ganzen Berufungspastoral der Kirche, mit der sie sich beim Entstehen und Wachsen der Berufungen engagiert, wobei sie von den Gaben und Verantwortlichkeiten, den Charismen und dem von Christus und seinem Geist empfangenen Dienstamt Gebrauch macht. Die Kirche ist als priesterliches, prophetisches und königliches Volk dazu verpflichtet, das Entstehen und Heranreifen der Priesterberufe durch das Gebet und durch das sakramentale Leben, durch die Verkündigung des Wortes und durch die Glaubenserziehung, durch die Leitung und das Zeugnis der Liebe zu fördern.

In ihrer Würde und Verantwortung als priesterliches Volk verfügt die Kirche im Gebet und in der Feier der Liturgie über die wesentlichen und wichtigsten Elemente der Berufungspastoral. Denn das christliche Gebet, das sich vom Wort Gottes nährt, schafft den Idealraum, damit ein jeder die Wahrheit über sein Dasein und die Identität des persönlichen und unwiederholbaren Lebensplanes, den Gott ihm anvertraut, entdecken kann. Es gilt daher im besonderen, die Kinder und jugendlichen dahin zu erziehen, daß sie am Gebet und an der Betrachtung des Wortes Gottes treu festhalten: Im Schweigen und im Zuhören sollen sie den Ruf des Herrn zum Priestertum wahrnehmen und ihm bereitwillig und selbstlos folgen können.

Die Kirche muß jeden Tag die überzeugende und anspruchsvolle Einladung Jesu annehmen, der uns auffordert: "Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden" (Mt 9,38). Mit dem Gehorsam gegenüber dem Gebot Christi vollzieht die Kirche vor allem ein demütiges Glaubensbekenntnis: Damit, daß sie für die Berufe betet, deren ganze Dringlichkeit für ihr Leben und ihre Sendung sie spürt, anerkennt sie, daß die Berufe ein Gottesgeschenk sind und daß man sie in unaufhörlichem und vertrauensvollem Gebet inständig bitten muß. Dieses Gebet, das der Angelpunkt der ganzen Berufungspastoral ist, darf jedoch nicht nur die einzelnen Gläubigen verpflichten, sondern muß die kirchlichen Gemeinschaften insgesamt engagieren. Niemand zweifelt an der Wichtigkeit der einzelnen Gebetsinitativen, der besonderen Gelegenheiten, die dieser Bitte vorbehalten sind, angefangen vom jährlichen Weltgebetstag für die geistlichen Berufe, und am ausdrücklichen Einsatz von Personen und Gruppen, die für das Problem der Priesterberufe besonders empfänglich sind. Aber heute muß aus dem betenden Warten auf neue Berufe zunehmend eine ständige Haltung werden, die in der ganzen christlichen Gemeinschaft und in jedem kirchlichen Umfeld weithin geteilt wird. Auf diese Weise wird die Erfahrung der Apostel im Abendmahlssaal fortleben können, die zusammen mit Maria im Gebet auf die Ausgießung des Geistes warteten (vgl. Ac 1,14), der es nicht versäumen wird, im Volk Gottes weiterhin "Menschen zu berufen, die dem Altar dienen und die Frohe Botschaft mit Festigkeit und Güte verkünden" (107).

Als Höhepunkt und Quelle des Lebens der Kirche (108) und besonders jedes christlichen Gebetes hat die Liturgie eine unerläßliche Rolle und einen bevorzugten Einfluß in der Berufungspastoral. Sie stellt in der Tat eine lebendige Erfahrung des Geschenkes Gottes und eine großartige Schule für die Antwort auf seinen Ruf dar. Jede liturgische Feier, vor allem die der Eucharistie, enthüllt uns das wahre Antlitz Gottes, vermittelt uns das Ostergeheimnis, das heißt die "Stunde", für die Jesus in die Welt gekommen ist und auf die er, dem Ruf des Vaters gehorchend, frei und bereitwillig zugegangen ist (vgl. Jn 13,1). Weiterhin offenbart uns die Liturgie das Antlitz der Kirche als eines priesterlichen Volkes und einer in der Vielfalt und Komplementarität der Charismen und Berufungen gut gefügten Gemeinschaft. Das Erlösungsopfer Christi, das die Kirche in dem Mysterium feiert, verleiht dem in der Verbundenheit mit dem Herrn Jesus erlebten Leiden einen besonders kostbaren Wert. Die Synodenväter haben uns dazu angehalten, niemals zu vergessen, daß "durch das Aufopfern der im menschlichen Leben so häufigen Leiden der kranke Christ sich selbst Gott als Opfer darbringt, nach dem Vorbild Christi, der sich für uns alle geheiligt hat (vgl. Jn 17,19), und daß das Aufopfern der Leiden mit dieser Intention von großem Nutzen für die Förderung der Berufe ist" (109).


39 Bei der Ausübung ihrer prophetischen Sendung erfährt die Kirche es als eine sie verpflichtende und unverzichtbare Aufgabe, den christlichen Sinngehalt der Berufung, wir könnten auch sagen "das Evangelium der Berufung", zu verkünden und zu bezeugen. Dabei wird sie auch der Dringlichkeit des Apostelwortes gewahr: "Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!" (1Co 9,16). Diese Warnung gilt zunächst für uns Bischöfe und geht, zusammen mit uns, alle Erzieher in der Kirche an. Predigt und Katechese müssen immer die ihnen innewohnende Dimension der Berufung zum Ausdruck bringen: Das Wort Gottes erleuchtet die Gläubigen, ihr Leben als Antwort auf den Anruf Gottes zu bewerten, und begleitet sie, wenn sie das Geschenk der persönlichen Berufung im Glauben annehmen.

Aber das alles, so wichtig und wesentlich es auch ist, genügt nicht: Es bedarf unbedingt einer "direkten Verkündigung über das Geheimnis der Berufung in der Kirche, über den Wert des priesterlichen Dienstamtes, über seine dringende Notwendigkeit für das Volk Gottes" (110). Nicht nur daß eine organische und allen Gliedern der Kirche angebotene Katechese Zweifel zerstreut und einseitigen oder falschen Vorstellungen über das Priesteramt entgegentritt, sie öffnet auch die Herzen der Gläubigen für die Erwartung des Geschenkes und schafft günstige Bedingungen für die Entstehung neuer Berufungen. Es ist der Zeitpunkt gekommen, mutig und beherzt vom Leben des Priesters als einem unschätzbaren Wert und einer herrlichen und bevorzugten Weise christlichen Lebens zu sprechen. Die Erzieher und besonders die Priester sollen sich nicht fürchten, die Berufung zum Priestertum klar und nachdrücklich als eine reale Möglichkeit für jene jungen Männer vorzuschlagen, bei denen sich zeigt, daß sie die entsprechenden Gaben und Anlagen besitzen. Man braucht keine Angst zu haben, daß man sie dadurch abhängig macht oder ihre Freiheit einschränkt; im Gegenteil, ein klarer Vorschlag im richtigen Augenblick kann entscheidend sein, um bei den jungen Menschen eine freie und glaubwürdige Antwort auszulösen. Im übrigen beweist die Geschichte der Kirche ebenso wie die vieler Priesterberufungen, die bereits in frühester Jugend entstanden sind, in großem Umfang, wie nützlich die Nähe und das Wort eines Priesters sind. Wichtig ist dabei nicht nur das Wort, sondern gerade auch die Nähe, das heißt ein konkretes und freudiges Zeugnis, das Fragen entstehen läßt und auch endgültige Entscheidungen herbeizuführen vermag.


40 Als königliches Volk sieht sich die Kirche in dem "Gesetz des Geistes, der lebendig macht" (Rm 8,2) verwurzelt und von ihm beseelt; es ist im wesentlichen das königliche Gesetz der Liebe (vgl. Jc 2,8) oder "das vollkommene Gesetz der Freiheit (Jc 1,25). Sie erfüllt daher ihre Sendung, wenn siejeden Gläubigen leitet, seine Berufung in der Freiheit zu entdecken und zu leben und sie in der Liebe zur Erfüllung zu bringen.

Bei ihrer Erziehungsaufgabe zielt die Kirche mit besonderer Aufmerksamkeit darauf ab, in den Kindern und jugendlichen den Wunsch und den Willen zu einer vollen und engagierten Nachfolge Jesu Christi zu wecken. Die erzieherische Tätigkeit, die auch die christliche Gemeinde betrifft, muß sich an den einzelnen Menschen wenden: Denn Gott erreicht mit seinem Ruf das Herz jedes Menschen, und der Geist, der im Innersten jedes Jüngers wohnt (vgl. 1Jn 3,24), verschenkt sich an jeden Christen mit verschiedenen Gnadengaben und besonderen Offenbarungen. jedem soll also geholfen werden, das Geschenk zu erfassen, das gerade ihm, als einmaliger und unwiederholbarer Person, anvertraut wird und die Worte zu hören, die der Geist Gottes besonders an ihn richtet.

Aus dieser Sicht wird die Sorge um die Berufungen zum Priestertum auch in einem entschlossenen und überzeugenden Angebot geistlicher Führung Ausdruck finden können. Es gilt, die großartige Tradition der persönlichen geistlichen Begleitung wiederzuentdecken, die im Leben der Kirche stets so viele und kostbare Früchte getragen hat: Sie kann in bestimmten Fällen und unter klaren Bedingungen zwar unterstützt, aber niemals durch Formen psychologischer Analyse oder Hilfe ersetzt werden (111). Kinder und jugendliche sollen eingeladen werden, das Geschenk der geistlichen Führung zu entdecken und zu schätzen, es zu prüfen und zu erproben und ihre Erzieher im Glauben mit vertrauensvoller Beharrlichkeit darum zu bitten. Die Priester ihrerseits sollen als erste Zeit und Kraft auf diese Arbeit der Erziehung und der persönlichen geistlichen Hilfe verwenden: Sie sollen nie bedauern, viele andere, selbst schöne und nützliche Dinge vernachlässigt oder hintangestellt zu haben, wenn sich das nicht vermeiden ließ, um ihrem Dienst als Mitarbeiter des Geistes bei der Erleuchtung und Führung der Berufenen treu zu bleiben.

Ziel der Erziehung des Christen ist es, unter dem Einfluß des Geistes dahin zu gelangen, daß er "Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellt" (Ep 4,13) Das tritt dann ein, wenn er durch sein Nachahmen und Teilhaben an der Liebe Christi sein ganzes Leben zu einem Dienst an dieser Liebe macht (vgl. Jn 13,14-15), indem er Gott einen ihm gefälligen Gottesdienst darbringt (vgl. Rm 12,1) und sich an die Mitmenschen verschenkt. Der Dienst an der Liebe ist der grundlegende Sinn jeder Berufung, die in der Berufung des Priesters eine besondere Verwirklichung findet: Denn er ist dazu berufen, die Hirtenliebe Jesu, das heißt die Liebe des guten Hirten, der "sein Leben hingibt für die Schafe" (Jn 10,11), weiterzuleben.

Darum wird eine glaubwürdige Berufungspastoral niemals müde werden, Kinder und jugendliche zu Einsatzfreude, zum Geist des unentgeltlichen Dienens, zu Opfersinn und zu bedingungsloser Selbsthingabe zu erziehen. Als besonders nützlich erweist sich dabei die Erfahrung des freiwilligen Dienstes, wofür die Empfänglichkeit bei vielen jungen Menschen zunimmt: Wenn es sich dabei um einen vom Evangelium motivierten freiwilligen Dienst handelt, der zur Unterscheidung der Bedürfnisse zu erziehen vermag, der jeden Tag treu und hingebungsvoll gelebt wird, offen für die Möglichkeit einer endgültigen Verpflichtung im geweihten Leben und genährt durch das Gebet, wird er mit größerer Sicherheit ein Leben in selbstlosem und unentgeltlichem Einsatz unterstützen und den, der sich ihm widmet, empfänglicher für die Stimme Gottes machen können, die ihn möglicherweise zum Priestertum ruft. Zum Unterschied vom reichen Jüngling könnte der Freiwillige die Einladung, die Jesus voll Liebe an ihn richtet, annehmen (vgl. Mc 10,2 Mc 1); und er könnte sie annehmen, weil sein einziges Vermögen bereits darin besteht, sich für die anderen hinzugeben und sein Leben " zu verlieren".


41 Die Berufung zum Priester ist ein Gottesgeschenk, das für dessen Erstempfänger sicher ein großes Gut darstellt. Aber sie ist auch ein Geschenk für die ganze Kirche, ein Gut für ihr Leben und ihre Sendung. Die Kirche ist daher gerufen, dieses Geschenk zu hüten, es hochzuschätzen und zu lieben: Sie ist verantwortlich für das Entstehen und Heranreifen der Priesterberufe. Infolgedessen ist das handelnde Subjekt, der Hauptakteur der Berufungspastoral, die kirchliche Gemeinschaft als solche in ihren verschiedenen Ausdrucksformen: von der Universalkirche bis zur Teilkirche und, analog, von dieser bis zur Pfarre und zu allen Mitgliedern des Gottesvolkes.

Um so dringender ist es vor allem heute, da sich die Überzeugung verbreitet und Wurzeln schlägt, daßalle Glieder der Kirche, ohne Ausnahme, die Gnade und die Verantwortung der Sorge um die Berufungen haben. Das II. Vatikanische Konzil hat mit äußerster Klarheit bekräftigt, daß "die Verpflichtung zum Fördern von Priesterberufungen Aufgabe der gesamten christlichen Gemeinschaft ist. Sie erfüllt sie vor allem durch ein wirklich christliches Leben" (112). Nur aufgrund dieser Überzeugung wird es der Berufungspastoral möglich sein, ihr wahrhaft kirchliches Gesicht zu zeigen und ein einmütiges Handeln zu entfalten, wobei sie sich auch spezifischer Organe und angemessener Hilfsmittel im Bereich von Gemeinschaft und Mitverantwortung bedient.

Die Erstverantwortung für die den Priesterberufen geltende Pastoral liegt beim Bischof, (113) der gerufen ist, sie als erster zu leben, auch wenn vielfältige Formen der Mitarbeit entstehen können und sollen. Er ist Vater und Freund in seinem Presbyterium, und seine Sorge ist es vor allem, dem Charisma und dem priesterlichen Dienstamt dadurch " Beständigkeit zu geben", daß er durch das Auflegen der Hände immer neue Kräfte hinzufügt. Er wird dafür sorgen, daß das Anliegen der Berufungspastoral im Gesamtbereich der ordentlichen Seelsorge stets präsent ist, ja voll in sie integriert und gleichsam mit ihr identifiziert wird. Ihm obliegt die Aufgabe, die verschiedenen Berufungsinitiativen zu fördern und zu koordinieren (114).

Der Bischof weiß, daß er vor allem auf die Mitarbeit seiner Priesterschaft zählen kann. Alle Priester sind mit ihm solidarisch und mitverantwortlich bei der Suche und Förderung von Priesterberufen. Denn, wie das Konzil sagt, "obliegt es den Priestern als Erziehern im Glauben, selbst oder durch andere dafür zu sorgen, daß jeder Gläubige im Heiligen Geist angeleitet wird zur Entfaltung seiner persönlichen Berufung" (115). "Diese Pflicht gehört in der Tat mit zur priesterlichen Sendung, durch die der Priester teilhat an der Sorge für die ganze Kirche, damit im Gottesvolk hier auf Erden nie die Arbeiter fehlen" (116). Das Leben der Priester, ihre bedingungslose Hingabe an Gottes Herde, ihr Zeugnis des liebevollen Dienstes für den Herrn und seine Kirche - ein Zeugnis, das gekennzeichnet ist von der Annahme des in der Hoffnung und österlichen Freude getragenen Kreuzes -, ihre brüderliche Eintracht und ihr Eifer für die Evangelisierung der Welt sind der wichtigste und überzeugendste Faktor für die Fruchtbarkeit ihrer Berufung (117).

Eine besondere Verantwortung ist der christlichen Familie aufgetragen, die aufgrund des Ehesakramentes in ganz eigener Weise am Erziehungsauftrag der Kirche, der Lehrmeisterin und Mutter, teilhat. Wie die Synodenväter schrieben, "hat die christliche Familie, die wirklich, eine Art Hauskirche (Lumen gentium
LG 11) ist, schon immer günstige Voraussetzungen für das Entstehen von geistlichen Berufen geboten und bietet sie auch weiterhin. Da heute die Vorstellung von der christlichen Familie gefährdet ist, muß der Familienpastoral große Bedeutung beigemessen werden, so daß die Familien dadurch, daß sie das Geschenk des menschlichen Lebens großzügig annehmen gleichsam das erste Seminar (Optatam totius OT 2) darstellen, in dem die Kinder von Anfang an den Geist der Frömmigkeit und des Gebets und die Liebe zur Kirche erwerben können" (118). In Kontinuität und Einklang mit dem Bemühen der Eltern und der Familie muß die Schule stehen, deren Auftrag es ist, ihre Identität als "Erziehungsgemeinschaft" auch mit einem kulturellen Angebot zu verbinden, das imstande ist, die jungen Menschen über die Dimension der Berufung als angestammten Grundwertes der menschlichen Person aufzuklären. In diesem Sinne kann die Schule, wenn sie in passender Weise durch christlichen Geist bereichert wird (sowohl durch eine gewichtige kirchliche Präsenz in der staatlichen Schule - was von der nationalen Ordnung des jeweiligen Landes abhängt-, als vor allem im Fall der katholischen Schule), "den Kindern und jugendlichen den Wunsch" einflößen, "den Willen Gottes in dem Lebensstand zu erfüllen, der für einen jeden am geeignetsten ist, ohne dabei je die Berufung zum priesterlichen Dienst auszuschließen" (119).

Auch die gläubigen Laien, insbesondere die mit der Katechese Beauftragten, die Lehrer und Lehrerinnen, die im pädagogischen Bereich Tätigen sowie alle, die Jugendseelsorge anregen und in Schwung halten, erfüllen mit den je eigenen Mitteln und Möglichkeiten eine wichtige Rolle in der Berufungspastoral: je mehr sie den Geist ihrer eigenen Berufung und Sendung in der Kirche vertiefen, desto klarer werden sie die Bedeutung und die Unersetzlichkeit der Berufung und Sendung des Priesters erkennen können.

Im Rahmen der Gemeinschaften auf Diözesan- und Pfarrebene sollen jene Gruppen geschätzt und gefördert werden, deren Mitglieder ihren Beitrag an Gebet und Leiden für die Priester und Ordensberufe einsetzen sowie moralische und materielle Unterstützung leisten.

Hier sind auch die zahlreichen Gruppen, Bewegungen und Vereinigungen gläubiger Laien zu erwähnen, die der Heilige Geist in der Kirche entstehen und wachsen läßt, um eine stärker missionarisch geprägte christliche Präsenz in der Welt zu gewährleisten. Diese verschiedenen Zusammenschlüsse von Laien erweisen sich als ein besonders fruchtbares Feld für das Entstehen geistlicher Berufe, als echte Stätten des Angebots und Wachsens von Berufungen. In der Tat haben viele jugendliche gerade innerhalb und dank dieser Vereinigungen den Ruf des Herrn wahrgenommen, ihm auf dem Weg des Priestertums zu folgen, und mit ermutigender Selbstlosigkeit auf diesen Ruf geantwortet (120).

Die verschiedenen Gruppen und Mitglieder der Kirche, die in der Berufungspastoral engagiert sind, werden ihre Aufgabe um so wirksamer erfüllen, je mehr sie der kirchlichen Gemeinschaft als ganzer, angefangen bei der Pfarre, das Gespür und die Einsicht dafür vermitteln können, daß das Problem der Priesterberufe keineswegs einigen "Beauftragten" (den Priestern im allgemeinen und speziell den im Priesterseminar Tätigen) überlassen werden kann; denn als "ein zentrales Anliegen der Kirche selbst" (121) muß es im Zentrum der Liebe jedes Christen zu seiner Kirche stehen.

KAPITEL V


ER SETZTE ZWÖLF EIN, DIE ER BEI SICH HABEN WOLLTE


Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten


In der Nachfolge Christi leben wie die Apostel


42 Jesus stieg auf einen Berg und rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben" (Mc 3,13-15).

"Die er bei sich haben wollte": Aus diesen Worten läßt sich unschwer die mit der Berufung zusammenhängende Begleitung der Apostel durch Jesus herauslesen. Nachdem er sie gerufen hatte und ehe er sie aussandte, ja ehe er sie zum Predigen aussenden konnte, verlangt Jesus von ihnen eine "Zeit" der Ausbildung, in der sich ein Verhältnis tiefer Verbundenheit und Freundschaft zwischen dem Herrn und ihnen herausbilden sollte. Für sie hat er eine gründlichere Unterweisung vorgesehen als für das Volk (vgl. Mt 13,11) und er will, daß sie Zeugen seines stillen Gebetes zum Vater sind (vgl. Jn 17,1-26 Lc 22,39-45).

In ihrer Sorge um die Priesterberufe nimmt die Kirche aller Zeiten Maß am Vorbild Christi. Die konkreten Formen, mit denen sich die Kirche in der Berufungspastoral engagiert, die die Berufungen zum Priestertum nicht nur erkennen, sondern auch "begleiten" soll, waren und sind zum Teil noch immer sehr verschieden. Aber der Geist, der sie beseelen und stärken muß, bleibt derselbe: Es geht darum, nur diejenigen zum Priestertum zu führen, die berufen sind, und sie erst nach angemessener Ausbildung zuzulassen. Diese zielt bei den Kandidaten auf eine bewußte und freie Antwort der Zustimmung und des Sich-ergreifen-Lassens der ganzen Person von Jesus Christus, der zur innigen Vertrautheit mit ihm und zur Teilnahme an seiner Heilssendung ruft. In diesem Sinne stellt das "Seminar" in seinen verschiedenen Gestalten und ähnlich das "Ausbildungshaus" der Ordenspriester nicht zuerst einen materiellen Ort oder Raum dar, sondern einen geistlichen Raum, eine Lebensstrecke, eine Atmosphäre, die einen Ausbildungsprozeß begünstigt und gewährleistet, so daß der von Gott zum Priestertum Berufene durch das Weihesakrament zu einem lebendigen Bild Jesu Christi, des Hauptes und Hirten der Kirche, werden kann. Die Synodenväter haben in ihrer Schlußbotschaft unmittelbar und gründlich die grundlegende und kennzeichnende Bedeutung der Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfaßt, wenn sie sagen: "Das Leben im Seminar, der Schule des Evangeliums, ist ein Leben in der Nachfolge Christi, wie es die Apostel vorgelebt haben; von ihm lassen sich die Kandidaten einführen in den Dienst am Vater und an den Menschen unter der Führung des Heiligen Geistes; sie lassen sich Christus, dem Guten Hirten, gleichgestalten für einen besseren priesterlichen Dienst in Kirche und Welt. Sich für das Priestertum ausbilden lassen heißt, eine persönliche Antwort auf die entscheidende Frage Christi zu geben: ,Liebst du mich?. Für den künftigen Priester kann die Antwort nur die Ganzhingabe seines Lebens sein" (122).

Es geht darum, diesen Geist, der in der Kirche niemals verschwinden darf, unter den sozialen, psychologischen, politischen und kulturellen Gegebenheiten der heutigen Welt weiterzugeben, die allerdings nicht nur kompliziert, sondern auch ganz unterschiedlich sind, wovon die Synodenväter in bezug auf die verschiedenen Teilkirchen Zeugnis ablegten. Desgleichen konnten die Synodenväter mit nachdenklicher Sorge, aber auch mit großer Hoffnung von dem in allen ihren Kirchen vorhandenen Bemühen erfahren, die Methoden der Ausbildung der Priesterkandidaten zu untersuchen und sie auf den heutigen Stand zu bringen, und sie haben lange und ausgiebig darüber nachgedacht.

Das vorliegende Apostolische Schreiben will den Ertrag der Synodenarbeiten zusammenfassen, indem es an einige gewonnene Gesichtspunkte anknüpft, einige unverzichtbare Ziele aufzeigt und die Fülle an Erfahrungen und bereits positiv bewährten Ausbildungswegen allen zur Verfügung stellt. In diesem Schreiben wird zwischen der Grundausbildung und der ständigen Weiterbildung klar unterschieden, ohne freilich je das tiefe Band zu vergessen, das sie verbindet und das aus beiden einen einzigen organischen Weg christlichen und priesterlichen Lebens machen soll. Dieses Schreiben befaßt sich mit den verschiedenen Dimensionen der Ausbildung - der menschlichen, geistlichen, intellektuellen und pastoralen - sowie auch mit dem Milieu und mit den Verantwortlichen der Ausbildung der Priesteramtskandidaten.


Pastores dabo vobis DE 36