Pastores dabo vobis DE 60

II. Das Umfeld der Priesterausbildung


60 Die Notwendigkeit des Priesterseminars - und analog des Ordenshauses - für die Ausbildung der Priesteramtskandidaten, die vom II. Vatikanischen Konzil (188) mit Nachdruck bekräftigt wurde, ist nun von der Synode mit folgenden Worten aufs neue beteuert worden: "Die Einrichtung des Priesterseminars als der beste Ausbildungsort muß sich wieder durchsetzen als normaler, auch materieller Raum eines kommunitären und hierarchischen Lebens, ja als das eigentliche Haus für die Ausbildung der Priesteramtskandidaten, mit Oberen, die sich mit ganzer Kraft dieser Aufgabe widmen. Diese Einrichtung hat im Laufe der Jahrhunderte sehr viele Früchte gebracht und erbringt sie weiterhin in der ganzen Welt" (189).

Das Seminar stellt eine Zeitstrecke und einen Lebensraum dar; vor allem aber stellt es sich vor als eineErziehungsgemeinschaft, die auf dem Weg ist: Diese Gemeinschaft wird vom Bischof gefördert, um dem, der vom Herrn gerufen wird, zu dienen wie die Apostel, die Möglichkeit zu bieten, die Ausbildungserfahrung, die der Herr den Zwölfen vorbehalten hat, wiederzuerleben. Tatsächlich wird in den Evangelien eine lange, innige Gewohnheit, mit Jesus zu leben, als notwendige Voraussetzung für den apostolischen Dienst hingestellt. Sie verlangt von den Zwölf, auf besonders deutliche und eigenartige Weise die - irgendwie allen Jüngern empfohlene - Loslösung vom gewohnten Milieu, von der bisherigen Arbeit, selbst von den liebsten Neigungen (vgl. Mk
Mc 1,16-20 Mc 10,28 Lc 9,23 Lc 9,57-62 Lc 14,25-27). Wir haben schon mehrmals die Überlieferung des Markus angeführt, der die tiefen Bande hervorhebt, die die Apostel mit Christus und untereinander verbinden: Ehe sie ausgesandt werden, um zu predigten und zu hellen, will Jesus "sie bei sich haben" (Mc 3,14).

Die ureigene Identität des Seminars besteht darin, daß es auf seine Weise in der Kirche eine Fortsetzung der engen apostolischen Gemeinschaft rund um Jesus ist, die auf sein Wort hört, die auf dem Weg zur Erfahrung von Ostern ist, in Erwartung des Geistes als Geschenk zur Sendung.

Eine solche Identität stellt das maßgebende Ideal dar, das das Seminar in den verschiedenen Gestalten und in den vielfältigen Wechselfällen, die es als menschliche Einrichtung in der Geschichte zu verzeichnen hat, dazu anspornt, eine konkrete Realisierung zu finden, die den Werten des Evangeliums entspricht, an denen es sich inspiriert und von denen her es in der Lage ist, auf Situation und Erfordernisse in der jeweiligen Zeit zu antworten.

Das Seminar ist an sich eine Ur-Erfahrung des Lebens der Kirche: In ihm ist der Bischof gegenwärtig durch das Amt des Rektors und den von ihm beseelten Dienst der Mitverantwortung und Gemeinschaft mit den anderen Erziehern für das apostolische und pastorale Wachstum der Alumnen. Die verschiedenen Mitglieder der Seminargemeinschaft, die vom Geist zu einer einzigen Bruderschaft vereint werden, wirken, jeder seiner Gabe entsprechend, zum Wachstum aller im Glauben und in der Liebe zusammen, damit sie sich in angemessener Weise auf das Priestertum und somit darauf vorbereiten, die heilbringende Gegenwart Jesu Christi, des Guten Hirten, in der Kirche und in der Geschichte fortzuleben.

Bereits unter einem menschlichen Gesichtspunkt muß das Priesterseminar bestrebt sein, "eine Kommunität zu werden, die aus einer tiefen Freundschaft und Liebe lebt, so daß sie wahrhaft als Familie angesehen werden kann, in der die Freude vorherrscht (190). Unter dem christlichen Gesichtspunkt muß das Seminar - so die Synodenväter weiter - als "kirchliche Gemeinschaft", als "Gemeinschaft der jünger des Herrn, in der die Liturgie gefeiert wird (was das Leben mit dem Geist des Gebets durchdringt), Gestalt annehmen, jeden Tag geformt durch die Lesung und Betrachtung des Gotteswortes und durch das Sakrament der Eucharistie und in der Übung der brüderlichen Liebe und Gerechtigkeit, eine Kommunität, in der im Fortschritt des Gemeinschaftslebens und im Leben jedes einzelnen Mitgliedes der Geist Christi und die Liebe zur Kirche erstrahlen" (191). Zur Bestätigung und konkreten Entfaltung der kirchlichen Grunddimension des Seminars schreiben die Synodenväter weiter: "Als kirchliche Gemeinschaft - sei sie diözesan, überdiözesan oder vom Ordensleben geprägt - nährt das Seminar den Sinn der Kandidaten für die Verbundenheit mit ihrem Bischof- und mit ihrem Presbyterium, so daß sie an ihren Hoffnungen und an ihren Ängsten teilnehmen und diese Öffnung auf die Bedürfnisse der Gesamtkirche auszuweiten wissen" (192). Wesentlich für die Ausbildung der Kandidaten zum Priesteramt und zum priesterlichen Dienst, der seinem Wesen nach kirchlich ist, ist es, daß das Seminar nicht als etwas Äußerliches und Oberflächliches, das heißt lediglich als ein Wohn- und Studienplatz, empfunden wird, sondern verinnerlicht und tiefer gesehen wird: als eine spezifisch kirchliche Gemeinschaft, eine Kommunität, die die Gruppenerfahrung der um Jesus vereinten Zwölf wiedererlebt (193).


61 Das Seminar ist also eine kirchliche Erziehungsgemeinschaft, ja eine erziehende Gemeinschaft besonderer Art. Und es ist das besondere Ziel, ihre Physognomie zu bestimmen: Dabei geht es um die helfende Wegbegleitung der künftigen Priester beim Erkennen der Berufung, es müssen Hilfen geboten werden, ihr zu entsprechen; wichtig ist schließlich die Vorbereitung auf den Empfang des Weihesakramentes mit den ihm eigenen Gnaden und Verantwortlichkeiten, durch die der Priester Jesus Christus, dem Haupt und Hirten, gleichgestaltet und befähigt und verpflichtet wird, an seiner Heilssendung in Kirche und Welt teilzunehmen.

Als Erziehungsgemeinschaft ist das ganze Leben des Seminars mit seinen verschiedenen Ausdrucksformen in der menschlichen, geistlichen, intellektuellen und pastoralen Ausbildung der künftigen Priester engagiert: Es ist eine Ausbildung, die zwar viele gemeinsame Aspekte mit der menschlichen und christlichen Ausbildung aller Glieder der Kirche, aber doch Inhalte, Bedingungen und Wesensmerkmale aufweist, die sich in spezifischer Weise von dem gesetzten Ziel herleiten, auf das Priestertum vorzubereiten.

Die Inhalte und Formen dieser Erziehungstätigkeit erfordern also, daß das Seminar seine eigene gewissenhafte Planung hat, das heißt ein Lebensprogramm, das gekennzeichnet ist sowohl durch seine Geschlossenheit und Einheitlichkeit als auch durch seine Abstimmung bzw. Übereinstimmung mit dem einzigen Ziel, das die Existenz des Seminars rechtfertigt: die Ausbildung der künftigen Priester.

In diesem Sinne schreiben die Synodenväter: Als Erziehungsgemeinschaft muß [das Seminar] einem klar definierten Programm dienen, das als charakteristisches Merkmal eine einheitliche Leitung in der Person des Rektors und seiner Mitarbeiter aufweist. Es braucht weiterhin den Zusammenhang der Lebensordnung mit der Bildungstätigkeit und den Grundforderungen eines Gemeinschaftslebens, das die zentralen Ausbildungsverpflichtungen umfaßt. Dieses Programm muß ohne Zögern und Unentschiedenheit der besonderen Zielsetzung dienen, die allein die Existenz des Seminars rechtfertigt, nämlich die Ausbildung der künftigen Priester zu Hirten der Kirche" (194). Damit die Planung wirklich passend und wirksam ist, müssen die großen inhaltlichen Linien durch einige Sonderbestimmungen, die das Gemeinschaftsleben regeln sollen und dabei auch geeignete Mittel und zeitliche Perspektiven benennen, konkreter ins Detail umgesetzt werden.

Hier gilt es, noch einen anderen Gesichtspunkt hervorzuheben: Die Erziehungsarbeit ist ihrer Natur nach die Begleitung der konkreten geschichtlichen Personen, die auf dem Weg sind, bestimmte Lebensideale zu wählen und ihnen treu zu bleiben. Gerade deshalb muß es die Erziehungsarbeit fertigbringen, die klare Orientierung auf das Berufsziel hin, die Notwendigkeit, ernsthaft auf dieses Ziel zuzugehen, die sorgfältige Betreuung des "Wanderers", das heißt des konkreten Menschen, der sich auf diese Herausforderung und damit auf eine Reihe von Situationen, Problemen, Schwierigkeiten und ganz unterschiedliche Wegerfahrungen und Wachstumsphasen einläßt, harmonisch in Einklang zu bringen. Das erfordert kluge Flexibilität, die keineswegs falsche Kompromisse bedeutet, weder hinsichtlich der Werte noch des bewußt und frei gelebten Verpflichtungscharakters der priesterlichen Lebensform. Solche Flexibilität bedeutet vielmehr wahre Liebe und aufrichtigen Respekt für den, der sich in seiner ganz persönlichen Lage auf dem Weg zum Priestertum befindet. Das gilt nicht nur in bezug auf die einzelne Person, sondern auch in bezug auf die verschiedenen sozialen und kulturellen Umfelder, innerhalb derer die Seminare leben, und auf ihre jeweils unterschiedliche Geschichte. In diesem Sinne verlangt die Erziehungsarbeit eine ständige Erneuerung. Die Synodenväter haben auch bezüglich der Gestaltung des Seminarlebens mit Nachdruck festgestellt: "Abgesehen von der Gültigkeit der klassischen Formen des Seminars wünscht die Synode, daß die Konsultationsarbeit der Bischofskonferenzen über die heutigen Erfordernisse der Ausbildung so fortgeführt wird, wie es im Dekret Optatam totius (Nr. 1) und auf der Synode von 1967 festgelegt wurde. Entsprechend sollen die Ausbildungsordnungen der einzelnen Nationen oder Riten revidiert werden, sei es auf Ersuchen der Bischofskonferenzen, sei es bei apostolischen Visitationen in den Seminaren der verschiedenen Nationen. Dadurch soll es möglich werden, verschiedene Ausbildungsformen einzubringen, die sich bewährt haben und den Bedürfnissen der eingeborenen Völker und ihrer Kultur, der Berufungen von Erwachsenen, der Missionsberufe usw. entsprechen müssen" (195).


62 Die Zielsetzung des Priesterseminars und die ihm eigene Ausbildungsordnung erfordern es, daß die Priesteramtskandidaten, die dort eintreten, schon eine gewisse Vorbereitung hinter sich haben. Eine solche Vorbereitung warf - zumindest bis vor einigen Jahrzehnten - keine besonderen Probleme auf, als nämlich die Priesteramtskandidaten für gewöhnlich aus den "Kleinen Seminaren" hervorgingen und das christliche Leben der Gemeinden mit Leichtigkeit allen ohne Unterschied eine recht ordentliche christliche Unterweisung und Erziehung bot.

Die Situation hat sich vielerorts geändert. Es besteht eine starke Diskrepanz zwischen dem Lebensstil und der elementaren Formung der Kinder, Heranwachsenden und jugendlichen einerseits, auch wenn diese Christen - und mitunter engagiert - im Leben der Kirche sind, und dem ganz anderen Lebensstil des Seminars und seiner erzieherischen Erfordernisse andererseits. In diesem Zusammenhang stelle ich - gemeinsam mit den Synodenvätern -die Frage, ob es eine angemessene Zeit der Vorbereitung geben solle, die der Seminarausbildung vorausgeht: "Es ist von Nutzen, daß es eine menschliche, christliche, intellektuelle und geistliche Vorbereitungsphase für die Kandidaten gebe, die sich für den Eintritt in das Priesterseminar bewerben. Die Kandidaten müssen ihrerseits bestimmte Eigenschaften aufweisen: die rechte Absicht, einen genügenden Grad menschlicher Reife, eine möglichst umfassende Kenntnis der Glaubenslehre, eine gewisse Vertrautheit mit den Gebetsweisen und dem Brauchtum, das der christlichen Tradition entspricht. Sie sollen auch die ihrem Lebensraum gemäßen Einstellungen mitbringen, durch die das Bemühen um die Suche nach Gott und die Suche nach dem Glauben seinen Ausdruck findet (vgl. Evangelii nuntiandi
EN 48)" (196).

"Eine möglichst umfassende Kenntnis der Glaubenslehre", von der die Synodenväter sprechen, ist schon vor Beginn des Theologiestudiums erforderlich: eine intelligentia fidel läßt sich nicht entfalten, wenn man die fides in ihren Inhalten nicht kennt. Eine solche Lücke wird künftig durch den neuen Weltkatechismus leichter geschlossen werden können.

Während die Überzeugung von der Notwendigkeit solch einer dem Priesterseminar vorausliegenden Vorbereitung allgemein geteilt wird, ist die Beurteilung ihrer Inhalte und Charakteristika bzw. ihrer vorrangigen Zielsetzung unterschiedlich: ob es sich mehr um eine geistliche Formung zur Unterscheidung einer Berufung oder um eine intellektuelle und kulturelle Ausbildung handeln solle. Andererseits können die zahlreichen und tiefgreifenden Unterschiede nicht außer acht gelassen werden, die nicht nur in bezug auf die einzelnen Kandidaten bestehen, sondern auch in bezug auf die verschiedenen Regionen und Länder. Dies legt noch eine Phase weiterer Überlegungen und Sammlung von Erfahrungen nahe, damit die verschiedenen Elemente dieser vorgängigen Vorbereitung oder "propädeutischen Phase" in angemessenerer und klarerer Weise umrissen werden können: Dauer, Ort und Themen einer solchen Zeitphase, die überdies auf die folgenden Ausbildungsjahre im Seminar abgestimmt werden muß.

In diesem Sinne nehme ich die von den Synodenvätern formulierte Frage auf und lege sie der Kongregation für das Katholische Bildungswesen erneut vor: "Die Synode bittet darum, daß die Kongregation für das Katholische Bildungswesen alle Informationen über die anfänglich schon gemachten oder derzeitigen Erfahrungen sammeln möge. Zu gegebener Zeit möge die Kongregation den Bischofskonferenzen die Informationen zu diesem Thema zuleiten'' (197).


63 Nach dem Zeugnis einer breiten Erfahrung äußert sich die Berufung zum Priester in einem anfänglichen Moment oftmals in den Jahren der Präadoleszenz oder den allerersten Jahren der Jugend. Und auch bei denjenigen, die sich zum Eintritt ins Seminar erst nach Ablauf einer längeren Zeit entscheiden, kann nicht selten festgestellt werden, daß der Ruf Gottes bereits in weit zurückliegenden Lebensabschnitten gegenwärtig war. Die Kirchengeschichte bezeugt durchgängig die Existenz von Berufungen, die der Herr an Menschen in frühem Kindesalter richtet. Der heilige Thomas erklärt beispielsweise die Vorliebe Jesu für den Apostel Johannes mit dessen "zartem Alter" und zieht daraus folgenden Schluß: "Dies läßt uns verstehen, daß Gott diejenigen auf besondere Weise liebt, die sich seinem Dienst von frühester Jugend auf ergeben" (198).

Die Kirche nimmt sich durch die Einrichtung der Kleinen Seminare dieser Samenkörner der Berufung an, die ins Herz der Kinder gelegt sind und läßt ihnen eine aufmerksame, wenngleich anfängliche vernünftige Begleitung angedeihen. In verschiedenen Teilen der Welt leisten die Kleinen Seminare nach wie vor eine wertvolle erzieherische Arbeit, die auf die Wahrung und Entfaltung der Berufung zum Priester gerichtet ist, damit die Alumnen sie leichter wahrnehmen können und besser in der Lage sind, ihr zu entsprechen. Ihr Erziehungsangebot zielt darauf, in maßvoller und gestufter Weise jene menschliche, kulturelle und geistliche Bildung zu fördern, die den jungen Menschen hinführt, den Weg im Priesterseminar auf angemessener und solider Grundlage aufzunehmen.

"Dazu angeleitet werden, Christus dem Erlöser mit großherzigem Sinn und reinem Herzen nachzufolgen": dies ist das Ziel des Kleinen Seminars, wie es im Dekret Optatam totius angegeben ist, das die erzieherische Grundgestalt dieser Einrichtung folgendermaßen umreißt: Die Alumnen sollen "unter der väterlichen Leitung der Oberen und durch entsprechende Mitarbeit der Eltern ... ein Leben führen, wie es zu Alter, Sinnesart und Entwicklung der jungen Menschen paßt und mit den Grundsätzen einer gesunden Psychologie in Einklang steht. Eine hinreichende Lebenserfahrung und der Umgang mit der eigenen Familie dürfen nicht fehlen" (199).

Das Kleine Seminar wird in der Diözese auch ein Bezugspunkt für die Berufungspastoral sein können, mit geeigneten Formen offener Annahme und Informationsangeboten für diejenigen jugendlichen, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind oder die sich bereits entschieden haben, dieser Berufung zu folgen, aber aus verschiedenen Umständen - familiären oder schulischen - den Eintritt ins Seminar aufschieben müssen.


64 Dort, wo keine Möglichkeit zur Einrichtung eines Kleinen Seminars, das "in vielen Regionen notwendig und sehr hilfreich zu sein scheint", gefunden werden kann, ist die Errichtung anderer Institutionen vorzusehen, wie es etwa die "geistlichen Gruppen" für Heranwachsende und jugendliche sein könnten (200). Obwohl sie keine festen Einrichtungen sind, vermögen diese Gruppen in einem gemeinschaftlichen Rahmen eine systematische Anleitung zu bieten für die Prüfung und das Wachsen einer Berufung. Obwohl die betreffenden Kinder und jugendlichen in ihrer Familie leben und in ihrer Gemeinde Umgang pflegen, die ihnen auf ihrem Entscheidungsweg zur Seite steht, dürfen sie nicht alleingelassen werden. Sie brauchen eine bestimmte Gruppe oder eine Bezugsgemeinschaft, der sie sich anschließen, um jenen spezifischen Weg der Berufung zu vollenden, den die Gabe des Geistes in ihnen begonnen hat.

Wie es in der Kirchengeschichte stets vorgekommen ist, und mit einer bestimmten Charakteristik von ermutigender Neuheit und Häufigkeit auch unter den gegenwärtigen Bedingungen der Fall ist, läßt sich das Phänomen von Priesterberufungen im Erwachsenenalter feststellen, nach einer mehr oder weniger langen Erfahrung christlichen Lebens im Laienstand und beruflicher Tätigkeit. Es ist nicht immer möglich - und oft auch nicht geraten -, Erwachsene aufzufordern, den Ausbildungsgang im Priesterseminar zu durchlaufen. Vielmehr muß man - nach einer sorgfältigen Unterscheidung der Echtheit dieser Berufungen - für die Ausgestaltung eines spezifischen Typs von Ausbildungsbegleitung Sorge tragen, um so - vermittels Zweckmäßiger Anpassungen - die notwendige geistliche und geistige Ausbildung sicherzustellen (201). Eine rechte Beziehung zu den anderen Priesteramtskandidaten und Zeiten der Anwesenheit in der Seminargemeinschaft vermögen die volle Eingliederung dieser Berufungen in das eine Presbyterium und ihre innige und herzliche Gemeinschaft mit ihm zu gewährleisten.

III. Die Träger der Priesterausbildung


65 Weil die Ausbildung der Priesteramtskandidaten zur Sorge der Kirche um Berufungen gehört, ist zu sagen, daß die ganze Kirche als solche das gemeinschaftliche Subjekt ist, welches die Gnade und die Verantwortung hat, diejenigen zu begleiten, die der Herr ruft, seine Diener im Priesteramt zu werden.

In diesem Sinn hilft uns der Blick auf das Mysterium der Kirche, den Standort und die Aufgabe besser zu bestimmen, die ihren Gliedern - sei es als einzelnen, sei es als Gliedern eines Leibes - in der Ausbildung der Priesteramtskandidaten zukommt.

Nun ist die Kirche ihrem tiefsten Wesen nach das "Gedächtnis", das "Sakrament" der Gegenwart und des Handelns Jesu Christi mitten unter uns und für uns. Seiner Heilsgegenwart ist der Ruf zum Priestertum zu verdanken: nicht allein der Ruf, sondern auch die Begleitung, damit der Gerufene die Gnade des Herrn besser zu erkennen und ihr in Freiheit und Liebe zu antworten vermöge. Der Geist Jesu ist es, der bei der Unterscheidung und auf dem Weg der Berufung erleuchtet und stärkt. Es geschieht also kein eigentliches Werk der Ausbildung zum Priestertum ohne den Einfluß des Geistes Christi. Jeder menschliche Ausbilder muß sich dessen voll bewußt sein. Denn wie wäre es möglich, eine so vollkommen geschenkte und radikal wirksame Kraftquelle zu übersehen, die ihr entscheidendes" Gewicht" im Engagement für die Ausbildung auf das Priestertum hin hat! Und wie wäre es möglich, sich nicht über jeden menschlichen Ausbilder freuen zu können, der - in gewissem Sinne - für den Priesteramtskandidaten einen sichtbaren Stellvertreter Christi darstellt? Wenn die Priesterausbildung wesentlich die Hinführung des künftigen "Hirten" zum Bild des Guten Hirten Jesus Christi ist -wer kann dann außer Jesus selbst, kraft der Ausgießung seines Geistes, jene pastorale Liebe schenken und zur Reife bringen, die Er bis zur totalen Selbsthingabe gelebt hat (vgl. Joh
Jn 15,13 Jn 10,11) und von der er will, daß sie entsprechend auch von allen Priestern wiederbelebt wird?

Erster Repräsentant Christi in der Priesterausbildung ist der Bischof. Man könnte vom Bischof - von jedem Bischof - sagen, was der Evangelist Markus uns in dem schon mehrfach zitierten Text sagt: "Und er rief die zu sich, die er erwählt hatte, und sie kamen zu ihm. Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte . . ." (Mc 3,13-14). In der Tat bedarf der innere Ruf des Geistes der Anerkennung seiner Authentizität durch den Bischof. Wenn alle zum Bischof "kommen" können, insofern er Hirt und Vater aller ist, können dies in einer besonderen Weise seine Priester aufgrund der gemeinsamen Teilhabe am selben Priestertum und Amt: Der Bischof - sagt das Konzil - muß sie als "Brüder und Freunde" betrachten und behandeln (202). Und dies läßt sich analog auch von denen sagen, die sich auf das Priestertum vorbereiten. Was das "bei sich haben wollen" anbelangt, also den Wunsch, mit dem Bischof zu sein, folgt daraus bereits als höchst bedeutungsvoll für seine Verantwortlichkeit im Hinblick auf die Ausbildung der Priesteramtskandidaten, daß der Bischof sie häufig besuchen und auf bestimmte Weise bei ihnen "sein" sollte.

Die Anwesenheit des Bischofs hat einen ganz besonderen Wert, nicht nur weil es der Seminargemeinschaft hilft, ihr Hineingenommensein in die Ortskirche und ihre Gemeinschaft mit dem Oberhirten, der sie leitet, zu leben, sondern auch, weil es eben jenes seelsorgliche Ziel beglaubigt und fördert, die das Spezifikum der gesamten Ausbildung der Priesteramtskandidaten ausmacht. Vor allen Dingen bietet der Bischof durch seine Anwesenheit und die Gemeinsamkeit mit den Priesteramtskandidaten in allem, was den pastoralen Weg der Ortskirche angeht, einen wesentlichen Beitrag zur Formung des "sensus Ecclesiae", diesem für die Ausübung des Priesteramtes zentralen geistlichen und seelsorglichen Wert.


66 Die Erziehungsgemeinschaft des Seminars bildet sich um verschiedene Ausbilder herum: den Rektor, den Spiritual, die Oberen und die Professoren.All diese müssen sich mit dem Bischof zutiefst verbunden fühlen, den sie auf unterschiedlicher Basis und in mannigfaltiger Weise repräsentieren, und sie müssen untereinander überzeugte und herzliche Gemeinschaft und Zusammenarbeit pflegen: Diese Einheit der Erzieher ermöglicht nicht nur eine angemessene Verwirklichung des Erziehungsprogramms, sondern bietet den Priesteramtskandidaten auch und vor allem ein bezeichnendes Beispiel sowie die konkrete Einführung in jene kirchliche Gemeinschaft, die einen Grundwert christlichen Lebens und seelsorglichen Dienstes bildet.

Offensichtlich hängt die Wirksamkeit der Ausbildung zum großen Teil von der - nach allgemein menschlichem Maßstab und nach dem des Evangeliums - reifen und starken Persönlichkeit der Ausbilder ab. Besonders wichtig wird daher die sorgfältige Auswahl der Ausbilder einerseits sowie deren Bemühen, sich selbst immer besser zur Erfüllung der ihnen anvertrauten Aufgabe zu befähigen, andererseits. Im Bewußtsein, daß gerade die Auswahl und Ausbildung der Verantwortlichen für die Priesterausbildung zentrales Gewicht in der Vorbereitung der Priesteramtskandidaten hat, haben die Synodenväter sich intensiv mit der Profilbeschreibung der Ausbilder beschäftigt. Im einzelnen haben sie geschrieben: "Die Aufgabe der Ausbildung der Priesteramtskandidaten erfordert gewiß nicht nur eine bestimmte besondere Vorbereitung seitens der Ausbilder, die wirklich technisch, pädagogisch, geistlich, menschlich und theologisch sein soll, sondern auch Gemeinschaftssinn und den Geist einmütiger Zusammenarbeit bei der Entfaltung des Ausbildungsprogramms, so daß die Einheit im pastoralen Wirken des Seminars unter der Leitung des Rektors stets gewahrt bleibt. Die Gruppe der Ausbilder soll Zeugnis eines wirklichen Lebens nach dem Evangelium und totaler Hingabe an den Herrn sein. Es ist zweckmäßig, daß sie eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweist und daß ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort in der Seminargemeinschaft sei. Sie soll innigst verbunden sein mit dem Bischof als dem Erstverantwortlichen in der Priesterausbildung" (203).

Zuerst und vor allem müssen sich die Bischöfe ihrer großen Verantwortung um die Ausbildung derer bewußt sein, die mit der Erziehung der künftigen Priester beauftragt werden sollen. Für dieses Amt müssen Priester mit beispielhaftem Lebenswandel gewählt werden, die im Besitz verschiedener Eigenschaften sind: "menschliche und geistliche Reife, seelsorgliche Erfahrung, berufliche Kompetenz, Festigkeit in der eigenen Berufung, Kooperationsfähigkeit, ihrem Amt entsprechende Kenntnisse in den Humanwissenschaften (besonders der Psychologie), Kenntnisse über die Formen von Gruppenarbeit" (204).

Unter Wahrung der Unterscheidung von forum internum und forum externum, der erforderlichen Freiheit bei der Wahl der Beichtväter und der Klugheit und Diskretion, die für die Aufgabe des Spirituals notwendig sind, soll sich die priesterliche Gemeinschaft der Ausbilder solidarisch fühlen in der Verantwortung bei der Erziehung der Priesteramtskandidaten. Ihr kommt an erster Stelle, doch stets mit Bezug auf die maßgebliche zusammenfassende Beurteilung durch den Bischof und den Rektor, die Aufgabe zu, die Eignung der Kandidaten zu fördern und festzustellen, was ihre geistliche, menschliche und geistige Befähigung angeht, vor allem bezüglich des Geistes des Gebetes, der profunden Aneignung der Glaubenslehre, der Fähigkeit zu wahrer Brüderlichkeit und des Charismas des Zölibats (205).

Vergegenwärtigt man sich - wie die Synodenväter es auch getan haben - die Hinweise des Nachsynodalen Schreibens Christifideles Laici und des Apostolischen Schreibens Mulieris dignitatem, (206) die den Nutzen und den gesunden Einfluß der Spiritualität der Laien und des weiblichen Charismas auf jeden Erziehungsvorgang hervorheben, so ist es zweckmäßig, in klugem und den verschiedenen kulturellen Kontexten angepaßtem Maß auch die Mitarbeit von Laien - Männern und Frauen - in die Ausbildungstätigkeit an den künftigen Priestern einzubeziehen. Diese sind mit Sorgfalt auszuwählen, im Rahmen der kirchlichen Gesetzgebung und gemäß ihren besonderen Begabungen sowie ihren nachgewiesenen Fähigkeiten. Es ist statthaft, von ihrer Mitarbeit, die zweckmäßigerweise auf die vorrangige erzieherische Verantwortung der Ausbilder in der Priestererziehung hingeordnet und ihr eingegliedert ist, gute Früchte für ein ausgewogenes Wachsen des "sensus Ecclesiae" und für eine genauere Wahrnehmung der eigenen priesterlichen Identität seitens der Priesteramtskandidaten zu erwarten (207).


67 Diejenigen, die die künftigen Priester in die heilige Lehre einführen und sie mit ihrem Unterricht in der Theologie begleiten, haben eine besondere erzieherische Verantwortung, die erfahrungsgemäß oft kaum weniger entscheidend für die Entfaltung der priesterlichen Persönlichkeit ist als die der anderen Erzieher.

Die Verantwortung der Theologiedozenten liegt - noch vor dem Lehr-Verhältnis, das sie mit den Priesteramtskandidaten aufzubauen haben - in der Konzeption, die sie selbst vom Wesen der Theologie und des Priesteramtes haben müssen, sowie in dem Geist und dem Stil, dem gemäß sie ihr theologisches Lehren entfalten. In diesem Sinn haben die Synodenväter zurecht bekräftigt, daß "sich der Theologe bewußt bleiben muß, bei seinem Lehren keine aus sich selbst stammende Ermächtigung zu haben, sondern daß er die Glaubenseinsicht letztlich im Namen des Herrn und der Kirche erschließt und weitergibt. Auf diese Weise übt der Theologe, ungeachtet des Gebrauchs aller wissenschaftlichen Möglichkeiten, sein Amt im Auftrag der Kirche aus und arbeitet bei seinem Lehrauftrag mit dem Bischof zusammen. Deshalb stehen die Theologen und die Bischöfe im Dienst der Kirche selbst bei der Vertiefung des Glaubens, sie sollen wechselseitiges Vertrauen entfalten und pflegen und in diesem Geist auch die Spannungen und Konflikte überwinden (vgl. dazu ausführlicher die Instruktion der Glaubenskongregation über Die kirchliche Berufung des Theologen)" (208).

Der Theologiedozent muß - wie jeder andere Erzieher auch - in Gemeinschaft mit all den anderen Personen bleiben, die an der Ausbildung der künftigen Priester beteiligt sind, und herzlich mit ihnen zusammenarbeiten und so mit wissenschaftlicher Genauigkeit, Großherzigkeit, Demut und Eifer seinen ihm eigenen qualifizierten Beitrag leisten. Dieser besteht nicht allein in der Vermittlung einer bloßen Lehre - auch wenn es sich dabei um die heilige Lehre handelt -, sondern vor allem in einer Darlegung der Grundperspektive, die im göttlichen Plan alles menschliche Wissen und die verschiedenen Lebensformen umfaßt.

Insbesondere bemessen sich die Eigentümlichkeit und der Ausbildungsbeitrag der Theologiedozenten nach dem Maß, in dein sie zuerst und vor allem "Männer des Glaubens sind und erfüllt von der Liebe zur Kirche; überzeugt davon, daß die Kirche als solche das Subjekt ist, das der Kenntnis des christlichen Mysteriums entspricht, und insofern überzeugt davon, daß ihr Lehrauftrag ein wirkliches kirchliches Amt ist; reich an seelsorglichern Gespür für die Unterscheidung nicht nur der Inhalte, sondern auch der angemessenen Formen für ihre Amtsausübung. Insbesondere ist von dem Dozenten volle Treue zum Lehramt verlangt. Sie lehren ja im Namen der Kirche und sind deshalb Zeugen des Glaubens" (209).


68 Die Heimatgemeinden, aus denen ein Priesteramtskandidat stammt, üben - trotz der notwendigen Trennung, die die Berufswahl mit sich bringt -weiterhin einen Einfluß auf die Ausbildung des künftigen Priesters aus, der keineswegs gleichgültig ist. Sie müssen sich daher der ihr zukommenden Mitverantwortung bewußt sein.

Vor allem ist hier an die Familie zu erinnern: Die christlichen Eltern, wie auch die Geschwister und die anderen Glieder des engeren Kreises der Familie, werden niemals versuchen, den künftigen Priester auf die engen Grenzen einer allzu menschlichen - wenn nicht gar äußerlich-weltlichen - Logik festzulegen, selbst wenn sie dabei von aufrichtiger Empfindung geleitet sind (vgl. Mk
Mc 3,20-21 Mk Mc 3,31-35). Von eben jenem Vorsatz geleitet", den Willen Gottes zu erfüllen", werden sie vielmehr den Ausbildungsweg mit dem Gebet, mit Hochachtung, mit gutem Beispiel in den häuslichen Tugenden und geistlicher wie materieller Unterstützung - vor allem in schwierigen Momenten -zu begleiten wissen. Die Erfahrung zeigt, daß in vielen Fällen diese mannigfaltige Unterstützung sich als entscheidend für den Priesteramtskandidaten erwiesen hat. Auch wenn die Eltern und Familien der Berufswahl gleichgültig oder ablehnend gegenüberstehen, kann die klare und ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrer Ansicht und der Ansporn, der hieraus erwächst, eine große Hilfe sein, die priesterliche Berufung in bewußterer und entschiedenerer Weise zur Reife zu führen.

Ein grundlegender Zusammenhang besteht zwischen den Familien und der Pfarrgemeinde, und die eine wie die andere passen sich in das Gefüge der Glaubenserziehung ein; oft spielt dann die Pfarrgemeinde - mit einer besonderen Jugendseelsorge und Berufungspastoral - eine die Aufgabe der Familie ergänzende Rolle. Vor allem leistet die Gemeinde einen ihr eigenen und besonders wertvollen Beitrag zur Ausbildung des künftigen Priesters, insofern sie die unmittelbarste ortsgebundene Verwirklichung des Mysteriums der Kirche ist. Die Pfarrgemeinde soll den jungen Mann auf dem Weg zum Priestertum weiterhin als lebendigen Teil ihrer selbst empfinden, sie soll ihn mit dem Gebet begleiten, ihn in den Zeiten der Ferien herzlich aufnehmen, ihn anerkennen und bei der Ausformung seiner priesterlichen Identität fördern, indem sie ihm zweckmäßige Möglichkeiten und starke Anreize bietet, seine Berufung zum priesterlichen Leben zu erproben.

Auch die geistlichen Gemeinschaften und Jugendverbände, Zeichen und Bestätigung der Lebendigkeit, die der Geist der Kirche zusichert, können und sollen zur Ausbildung der Priesteramtskandidaten beitragen, insbesondere jener, die aus der christlichen, geistlichen und apostolischen Erfahrung solcher Gruppierungen hervorgehen. Die jugendlichen, die ihre grundlegende Formung in solchen Gruppierungen erhalten haben und die sich in ihrer Erfahrung von Kirche auf sie beziehen, sollten sich nicht genötigt fühlen, sich von ihrer Vergangenheit zu lösen und die Beziehungen zu der Umgebung abzubrechen, die zur Festigung ihrer Berufung beigetragen hat. Sie sollten ebensowenig die typischen Züge der Spiritualität tilgen, die sie dort erlernt und gelebt haben, mit all dem Guten, Auferbauenden und Bereichernden, das diese enthalten (210) . So bleibt auch für sie diese ursprüngliche Umgebung eine Quelle der Hilfe und Unterstützung auf dem Ausbildungsweg hin zum Priestertum.

Die Gelegenheit zur Glaubenserziehung und zu christlichem und kirchlichem Wachstum, die der Geist so vielen jugendlichen durch mannigfache Arten von Gruppierungen, Bewegungen und Gemeinschaften unterschiedlicher, am Evangelium orientierter Sinneshaltungen schenkt, sollen als inspirierende Gabe innerhalb der institutionellen Struktur und im Dienst an ihr wahrgenommen und gelebt werden. Eine Bewegung oder eine bestimmte Spiritualität ist ja "keine Alternativstruktur zur kirchlichen Institution. Sie ist hingegen Quelle einer Präsenz, die ihre existentielle und geschichtliche Authentizität ständig erneuert. Der Priester soll also in einer Bewegung Licht und Wärme finden, die ihn zur Treue gegenüber seinem Bischof befähigt, die ihn bereit macht für die Aufträge der Institution und die ihn die kirchliche Disziplin beachten läßt, so daß der Schwung seines Glaubens und die Freude an seiner Treue fruchtbarer werden" (211).

Es ist deshalb erforderlich, daß die jugendlichen, die aus geistlichen Gemeinschaften und kirchlichen Verbänden kommen, in der neuen Kommunität des Seminars, in der sie vom Bischof zusammengeführt worden sind, "den Respekt vor den anderen geistlichen Wegen sowie den Geist des Dialogs und der Zusammenarbeit" lernen und daß sie sich zustimmend und aus vollem Herzen an den Ausbildungsvorgaben des Bischofs wie an den Erziehern im Seminar orientieren und sich ihrer Leitung wie ihrer Beurteilung mit aufrichtigem Vertrauen überlassen (212). Diese Einstellung bereitet ja die genuine priesterliche Lebensentscheidung zum Dienst inmitten des Gottesvolkes, in der brüderlichen Gemeinschaft des Presbyteriums und in Gehorsam gegenüber dem Bischof vor und nimmt sie gewissermaßen vorweg.

Die Teilhabe des Seminaristen und des Diözesanpriesters an bestimmten Formen von Spiritualität oder bestimmten kirchlichen Gruppierungen ist sicherlich als solche ein förderliches Element des Wachstums und der priesterlichen Mitbrüderlichkeit. Aber diese Teilhabe darf die Ausübung des Amtes und das geistliche Leben, wie sie dem Diözesanpriester eigentümlich sind, nicht beeinträchtigen, sondern muß sie vielmehr unterstützen. Er "ist und bleibt der Hirte der Gesamtheit. Er ist nicht nur der Vollamtliche, für alle erreichbar, sondern er steht auch der Versammlung vor - namentlich an der Spitze der Pfarren -, damit alle den Zugang zur Gemeinschaft und zur sie verbindenden Eucharistie finden, den sie zurecht erwarten, welches immer ihr religiöses Empfinden oder ihr apostolisches Engagement sei" (213).


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