Vita consecrata DE 94

Im Hören auf das Wort Gottes


94 Das Wort Gottes ist die erste Quelle jeder christlichen Spiritualität. Es nährt eine persönliche Beziehung zum lebendigen Gott und zu seinem heilwirkenden und heiligenden Willen. Deshalb ist seit dem Entstehen der Institute des geweihten Lebens, insbesondere im Mönchtum der lectio divina höchste Achtung entgegengebracht worden. Dank dieser wird das Gotteswort ins Leben übertragen, auf das es das Licht der Weisheit wirft, die die Gabe des Geistes ist. Obwohl die ganze Heilige Schrift »nützlich zur Belehrung« (2Tm 3,16) und »reiner, unversieglicher Quell des geistlichen Lebens« ist,verdienen die Schriften des Neuen Testamentes, vor allem die Evangelien, die »das Herzstück aller Schriften«sind, besondere Verehrung. Es wird deshalb für die Personen des geweihten Lebens von Nutzen sein, die Texte der Evangelien und die anderen neutestamentlichen Schriften zum Thema ihrer beharrlichen Betrachtung zu machen, die die Worte und die Beispiele Christi und der Jungfrau Maria sowie die apostolica vivendi forma darstellen. Die Stifter und Stifterinnen haben sich bei der Annahme der Berufung sowie beim Erkennen des Charismas und der Sendung ihres Institutes ständig darauf bezogen.Von grobem Wert ist diegemeinschaftliche Bibelbetrachtung. Wenn diese den Möglichkeiten und den Umständen des gemeinschaftlichen Lebens entsprechend geschieht, führt sie zum freudigen Teilen der aus dem Wort Gottes geschöpften Reichtümer, durch die Brüder und Schwestern gemeinsam wachsen und einander helfen, im geistlichen Leben Fortschritte zu machen. Diese Praxis mub aber auch den anderen Mitgliedern des Gottesvolkes, den Priestern und Laien nahegebracht werden, so dab sie jeweils in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Charisma Schulen des Gebets, Schulen für Spiritualität und zur Lesung der Heiligen Schrift fördern, in der Gott »die Menschen wie Freunde« anredet (vgl. Ex Ex 33,11 Jn 15,14-15), »und mit ihnen verkehrt (vgl. Bar Ba 3,28), um sie in seine Gemeinschaft einzuladen«.us der Meditation des Wortes Gottes, und besonders der Geheimnisse Christi erwachsen, so lehrt die geistliche Tradition, die Intensität der Kontemplation und der Eifer der apostolischen Tätigkeit. Sowohl im kontemplativen als auch im apostolischen Ordensleben hat es immer Männer und Frauen des Gebets gegeben, die als glaubwürdige Interpreten und Vollzieher des göttlichen Willens grobe Werke vollbracht haben. Aus dem häufigen Umgang mit dem Wort Gottes haben sie die notwendige Erleuchtung für jene individuelle und gemeinschaftliche Unterscheidung geschöpft, die ihnen geholfen hat, in den Zeichen der Zeit die Wege des Herrn zu suchen. Auf diese Weise haben sie eine Art von übernatürlichem Instinkt erworben, der es ermöglicht hat, sich nicht dem Geist der Welt anzugleichen, sondern den eigenen Verstand zu erneuern, damit sie prüfen und erkennen können, »was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist« (Rm 12,2).

In Gemeinschaft mit Christus


95 Wesentliche Mittel für eine wirksame Förderung der Gemeinschaft mit dem Herrn ist zweifellos die heilige Liturgie, insbesondere die Feier der Eucharistie und das Stundengebet.Vor allem die »Eucharistie enthält das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Osterlamm und das lebendige Brot. Durch sein Fleisch, das durch den Heiligen Geist lebt und Leben schafft, spendet er den Menschen das Leben«.Wie für das kirchliche Leben, ist die Eucharistie auch Herzstück für das geweihte Leben. Wie könnte die Person, die berufen ist, durch das Gelübde der evangelischen Räte Christus als den einzigen Sinn ihres Daseins zu wählen, nicht wünschen, mit ihm eine immer tiefere Gemeinschaft herzustellen durch die tägliche Teilnahme am Sakrament, das ihn im Opfer gegenwärtig werden läbt, wenn es das Liebesgeschenk auf Golgota aktuell macht, im Gastmahl, das das pilgernde Volk Gottes nährt und schützt. Die Eucharistie steht aufgrund ihrer Natur im Zentrum des geweihten Lebens, des persönlichen und des kommunitären. Sie ist tägliche Wegzehrung sowie Quelle der Spiritualität für den einzelnen und für das Institut. Jede Person des geweihten Lebens ist berufen, das Ostergeheimnis Christi zu leben, indem sie sich mit ihm in der Hingabe des eigenen Lebens an den Vater durch den Geist vereint. Die eifrige und lange Anbetung Christi, der in der Eucharistie anwesend ist, ermöglicht in gewisser Weise, die Erfahrung des Petrus in der Verklärung neu zu erleben: »Es ist gut, dab wir hier sind«. Und in der Feier des Geheimnisses des Leibes und Blutes des Herrn festigt sich und wächst die Einheit und die Liebe derer, die Gott ihr Leben geweiht haben.Neben der Eucharistie und in enger Beziehung zu ihr wird das Stundengebet entsprechend dem Charakter jedes einzelnen Instituts gemeinschaftlich oder persönlich, in Gemeinschaft mit dem Gebet der Kirche gefeiert. Es ist Ausdruck der den Personen des geweihten Lebens eigenen Berufung zum Lobpreis und zur Fürbitte.In tiefer Beziehung zur Eucharistie steht die Verpflichtung zu ständiger Umkehr und notwendiger Läuterung, die die Personen des geweihten Lebens im Sakrament der Versöhnungentfalten. Dadurch, dab sie häufig der Barmherzigkeit Gottes begegnen, reinigen und erneuern sie ihr Herz und machen durch das demütige Bekenntnis der Sünden ihre Beziehung zu ihm transparent; die freudige Erfahrung der sakramentalen Vergebung auf dem mit den Brüdern und Schwestern gemeinsam gegangenen Weg macht das Herz fügsam und gibt dem Bemühen um wachsende Treue Auftrieb.Um auf dem Weg des Evangeliums, besonders während der Ausbildungszeit und in bestimmten Augenblicken des Lebens, Fortschritte zu machen, ist die vertrauensvolle, demütige Inanspruchnahme der geistlichen Führung sehr hilfreich; durch sie wird dem Menschen geholfen, auf die Motivationsanstöbe des Geistes hochherzig einzugehen und sich entschlossen nach der Heiligkeit auszurichten.Schlieblich ermahne ich alle Personen des geweihten Lebens, ihren jeweiligen Traditionen gemäb täglich die geistliche Gemeinschaft mit der Jungfrau Maria zu erneuern, indem sie besonders durch das Beten des heiligen Rosenkranzes immer wieder mit ihr über die Geheimnisse des Sohnes nachdenken.


III. EINIGE SCHAUPLÄTZE DER SENDUNG

Präsenz in der Welt der Erziehung


96 Die Kirche hat seit jeher die Erziehung als ein wesentliches Element ihrer Sendungverstanden. Ihr innerer Lehrmeister ist der Heilige Geist, der die unzugänglichsten Tiefen des Herzens jedes Menschen durchdringt und den geheimnisvollen Dynamismus der Geschichte kennt. Die ganze Kirche wird vom Geist beseelt und vollbringt durch ihn ihre erzieherische Aufgabe. Innerhalb der Kirche obliegt jedoch eine besondere Aufgabe in diesem Bereich den Personen des geweihten Lebens, die berufen sind, das radikale Zeugnis der Güter des Reiches, die jedem Menschen in Erwartung der endgültigen Begegnung mit dem Herrn der Geschichte angeboten werden, in den Erziehungshorizont einzubringen. Durch ihre besondere Weihe, durch die ihnen eigene Erfahrung der Gaben des Geistes, durch das sorgfältige Hören des Wortes und die Übung der Unterscheidung, durch das im Laufe der Zeit vom eigenen Institut gesammelte reiche Erbe an Traditionen, die die Erziehung betreffen, durch die vertiefte Erkenntnis der geistlichen Wahrheit (vgl. Eph Ep 1,17) sind die Personen des geweihten Lebens in der Lage, eine besonders wirksame Erziehungstätigkeit zu entfalten und so einen spezifischen Beitrag zu den Initiativen der anderen Erzieher und Erzieherinnen zu leisten.Da sie mit diesem Charisma ausgestattet sind, können sie Erziehungsräume schaffen, die vom Geist der Freiheit und der Liebe des Evangeliums durchdrungen sind und in denen die jungen Menschen Hilfe erhalten sollen, um unter der Führung des Geistes an Menschlichkeit zu wachsen.Auf diese Weise wird die Erziehungsgemeinschaft Erfahrung von Gemeinschaft und zum Ort der Gnade, wo das pädagogische Vorhaben dazu beiträgt, das Göttliche und das Menschliche, das Evangelium und die Kultur, den Glauben und das Leben zu einer harmonischen Synthese zu vereinen.Die Kirchengeschichte von der Antike bis in unsere Tage ist reich an bewundernswürdigen Beispielen von Personen des geweihten Lebens, die das Streben nach Heiligkeit durch das pädagogische Engagement gelebt haben und leben, wobei sie gleichzeitig die Heiligkeit als Erziehungsziel angeben. Tatsächlich haben viele von ihnen die Vollkommenheit der Liebe durch Erziehung verwirklicht. Das ist eines der wertvollsten Geschenke, die die Personen des geweihten Lebens auch heute der Jugend anzubieten haben, indem sie diese zum Objekt eines liebevollen erzieherischen Dienstes machen, wie der hl. Johannes Bosco weise bemerkte: »Die Jugendlichen sollen nicht nur geliebt werden, sondern sie sollen auch wissen, dab sie geliebt sind«.

Notwendigkeit eines erneuten Engagements im Erziehungsbereich


97 Mit feinfühliger Ehrfurcht und mit missionarischem Mut sollen Personen des geweihten Lebens deutlich machen, dab der Glaube an Jesus Christus den ganzen Erziehungsbereich erleuchtet, indem dieser die menschlichen Werte nicht beeinträchtigt, sondern sie vielmehr bestätigt und erhöht. Auf diese Weise werden sie zu Zeugen und Werkzeugen der Kraft der Menschwerdung und der Stärke des Geistes. Diese ihre Aufgabe ist eine der bedeutsamsten Ausdrucksweisen jener Mutterschaft, die die Kirche nach dem Vorbild Mariens gegenüber allen ihren Kindern ausübt.eshalb hat die Synode die Personen des geweihten Lebens eindringlich aufgefordert, wo immer es nur möglich ist, den Erziehungsauftrag an Schulen jeglicher Art und jeglichen Grades, an Universitäten und Hochschulen mit neuem Engagement wahrzunehmen.Indem ich mir die Weisung der Synode zu eigen mache, lade ich die Mitglieder der Institute ein, die sich der Erziehung widmen, ihrem ursprünglichen Charisma und ihren Traditionen treu zu bleiben. Sie sollen dies in dem Bewubtsein tun, dab die Liebe, die den Armen vorzugsweise zuteil wird, ihre besondere Anwendung in der Wahl geeigneter Mittel findet, um die Menschen von jener schweren Form des Elends zu befreien, das der Mangel an kultureller und religiöser Bildung darstellt.Angesichts der Bedeutung, die die katholischen und kirchlichen Universitäten und Fakultäten im Bereich der Erziehung und der Evangelisierung haben, müssen sich die mit deren Leitung betrauten Institute ihrer Verantwortung bewubt sein und sicherstellen, dab, während der aktive Dialog in ihnen mit dem gegenwärtigen kulturellen Umfeld gepflegt wird, der eigentliche katholische Charakter in voller Treue zum Lehramt der Kirche bewahrt werde. Auberdem sollen die Mitglieder dieser Institute und Gesellschaften je nach den Umständen bereit sein, in den staatlichen Erziehungsstrukturen Fub zu fassen. Zu dieser Art der Beteiligung sind auf Grund ihrer spezifischen Berufung in besonderer Weise die Mitglieder der Säkularinstitute gerufen.

Evangelisierung der Kultur


98 Die Institute des geweihten Lebens haben stets groben Einflub auf die Bildung und Weitergabe der Kultur gehabt. Das war im Mittelalter der Fall, als die Klöster Zugangsstätten zu den Kulturschätzen der Vergangenheit wurden und sich in ihnen eine neue humanistische und christliche Kultur herausbildete. Das ereignete sich jedesmal, wenn das Licht des Evangeliums neue Völker erreichte. Viele Personen des geweihten Lebens haben die Kultur gefördert und oft die autochthonen Kulturen erforscht und verteidigt. Die Notwendigkeit, zur Förderung der Kultur, zum Dialog zwischen Kultur und Glauben beizutragen, wird heutzutage in der Kirche besonders wahrgenommen.ie Personen des geweihten Lebens müssen sich von dieser dringenden Notwendigkeit besonders angesprochen fühlen. Auch sie sind aufgerufen, bei der Verkündigung des Wortes Gottes Methoden zu finden, die den Bedürfnissen der verschiedenen menschlichen Gruppen und der vielfältigen Berufsbereiche angemessener sind, damit das Licht Christi in jeden menschlichen Bereich eindringe und der Sauerteig des Heils von innen her das soziale Leben umwandle, indem dieses dafür sorgt, dab sich eine von evangelischen Werten durchdrungene Kultur behaupte.Auch durch diesen Einsatz wird das geweihte Leben an der Schwelle des dritten christlichen Jahrtausends sein Entsprechen gegenüber dem Willen Gottes erneuern können, der allen Menschen entgegenkommt, die bewubt oder unbewubt tastend nach der Wahrheit und nach dem Leben suchen (vgl. Apg Ac 17,27).Doch auber dem Dienst an den anderen ist auch innerhalb des geweihten Lebens die Erneuerung der Liebe zum kulturellen Engagement nötig, die Widmung zum Studium als Mittel zur ganzheitlichen Bildung und — angesichts der Verschiedenheit der Kulturen — als auberordentlich aktueller asketischer Weg. Eine Verminderung der Pflicht zum Studium kann auch für das Apostolat schwerwiegende Folgen haben, weil dadurch Aubenseiter- und Minderwertigkeitsgefühle ausgelöst oder Oberflächlichkeit und Unbesonnenheit bei den Initiativen begünstigt werden.Bei der Vielfalt der Charismen und der realen Möglichkeiten der einzelnen Institute kann sich die Pflicht zum Studium nicht auf die Anfangsausbildung oder auf das Erlangen akademischer Titel und beruflicher Fachkenntnisse beschränken. Es ist vielmehr Ausdruck des nie erfüllten Verlangens, Gott, den Abgrund des Lichts und die Quelle jeder menschlichen Wahrheit, immer tiefer kennenzulernen. Daher isoliert diese Verpflichtung die Person des geweihten Lebens nicht in einen abstrakten Intellektualismus und schliebt sie nicht in das Um-sich-Kreisen eines erdrückenden Narzismus ein; hingegen spornt es zum Dialog und zur Teilnahme an, bildet die Urteilsfähigkeit, regt an zur Kontemplation und zum Gebet in der ständigen Suche nach Gott und seinem Wirken in der komplexen Realität der modernen Welt.Die Person des geweihten Lebens, die sich vom Geist umwandeln läbt, wird fähig, den engen Horizont der menschlichen Wünsche zu erweitern und gleichzeitig die tiefen Dimensionen jedes Individuums und seiner Geschichte jenseits auffälliger, aber oft nebensächlicher Aspekte zu erfassen. Zahllos sind heutzutage die von den verschiedenen Kulturen ausgehenden Herausforderungen: neue oder traditionell besetzte Bereiche des geweihten Lebens, zu denen unbedingt fruchtbare Beziehungen unterhalten werden sollen in der Haltung eines wachen kritischen Geistes, aber auch vertrauensvollen Verständnisses dem gegenüber, der sich den typischen Schwierigkeiten der intellektuellen Arbeit stellt, besonders wenn es angesichts der unbekannten Probleme unserer Zeit nötig ist, sich mit neuen Analysen und Synthesen zu befassen.Eine ernsthafte und wirksame Evangelisierung der neuen Bereiche, wo die Kultur aufgebaut und weitergegeben wird, kann ohne eine aktive Zusammenarbeit mit den dort beschäftigten Laien nicht durchgeführt werden.

Präsenz in der Welt der sozialen Kommunikation


99 Wie die Personen des geweihten Lebens in der Vergangenheit imstande waren, sich mit jedem Mittel in den Dienst der Evangelisierung zu stellen und sich dabei genial mit den Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, so sind sie heute auf neue Weise gefordert, das Evangelium durch die sozialen Kommunikationsmittel zu bezeugen. Diese Medien haben durch äuberst leistungsfähige Technologien, die jeden Winkel der Erde zu erreichen vermögen, kosmische Ausstrahlungskapazität erlangt. Die Personen des geweihten Lebens sind vor allem verpflichtet, wenn sie auf Grund des Charismas ihres Instituts auf diesem Gebiet tätig sind, solide Kenntnisse des den Medien eigenen Sprachgebrauchs zu erwerben, um zum Menschen von heute wirksam von Christus zu sprechen, indem sie dessen »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst«darstellen, und so zum Aufbau einer Gesellschaft beizutragen, in der sich alle als Brüder und Schwestern auf dem Weg zu Gott fühlen sollen.Wegen der auberordentlichen Überzeugungskraft, über die diese Medien verfügen, gilt es jedoch gegenüber ihrem unvorsichtigen Gebrauch wachsam zu sein. Es ist gut, die Probleme nicht zu verhehlen, die daraus für das geweihte Leben selbst erwachsen können; vielmehr wird man ihnen mit klarem Urteilsvermögen begegnen müssen.Die Antwort der Kirche ist vor allem erzieherischer Natur: sie zielt darauf ab, eine Haltung des richtigen Verstehens der zugrundeliegenden dynamischen Kräfte und eine sorgfältige ethische Bewertung der Programmgestaltung ebenso zu fördern wie die Annahme gesunder Gewohnheiten bei ihrem Gebrauch.Bei dieser Erziehungsaufgabe, die der Ausbildung weiser Medienempfänger und -experten gilt, sind die Personen des geweihten Lebens gefordert, ihr besonderes Zeugnis über die Bedingtheit sämtlicher sichtbarer Wirklichkeiten dadurch anzubieten, dab sie den Brüdern und Schwestern helfen, sie gemäb dem Plan Gottes zu bewerten, aber auch sich von der Zwangsvereinnahmung der Bühne dieser vergänglichen Welt zu befreien (vgl. 1Co 7,31).Jede Anstrengung auf diesem wichtigen und neuen apostolischen Gebiet mub ermutigt werden, damit das Evangelium Christi auch über diese modernen Medien vernehmbar wird. Die verschiedenen Institute sollen durch Bereitstellung von Kräften, Mitteln und Personen zur Zusammenarbeit bereit sein, um gemeinsame Pläne in den verschiedenen Bereichen der sozialen Kommunikation zu verwirklichen. Auberdem sollen die Personen des geweihten Lebens, insbesondere die Mitglieder der Säkularinstitute, je nach den pastoralen Zweckmäbigkeiten ihren Dienst zur religiösen Bildung der Verantwortlichen und der Mitarbeiter des öffentlichen oder privaten Medienwesens leisten, um einerseits die vom Mibbrauch der Medien hervorgerufenen Schäden abzuwenden und andererseits eine höhere Qualität der Sendungen mit Botschaften zu fördern, die das Moralgesetz achten und an menschlichen und christlichen Werten reich sind.


IV. ENGAGIERT IM DIALOG MIT ALLEN

Im Dienst an der Einheit der Christen


100 Das Gebet Christi zum Vater vor seinem Leiden, dab seine Jünger eins bleiben mögen (vgl. Jn 17,21-23), setzt sich im Beten und Wirken der Kirche fort. Wie könnten sich da die Personen des geweihten Lebens nicht miteinbezogen fühlen? Die Wunde der noch immer bestehenden Trennung unter den Christgläubigen und die Dringlichkeit, für die Förderung der Einheit aller Christen zu beten und zu arbeiten, wurden auf der Synode besonders stark empfunden. Die Sensibilität der Personen des geweihten Lebens für die Ökumene ist auch durch das Bewubtsein wiederbelebt, dab sich in anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften das Mönchtum erhält und blüht, wie es in den orientalischen Kirchen der Fall ist, oder dab das Bekenntnis zu den evangelischen Räten eine Erneuerung erfährt, wie in der anglikanischen Gemeinschaft und in den aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften.Die Synode hat den tiefen Zusammenhang des geweihten Lebens mit dem Anliegen der Ökumene und die Dringlichkeit eines intensiveren Zeugnisses auf diesem Gebiet herausgestellt. Wenn nämlich die Seele der Ökumene das Gebet und die Umkehrsind, besteht kein Zweifel, dab die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens eine besondere Verpflichtung haben, sich dieser Aufgabe zu widmen. Es ist also dringend geboten, im Leben der Personen des geweihten Lebens dem ökumenischen Gebet und dem glaubwürdigen Zeugnis des Evangeliums mehr Raum zugeben, damit die Mauern der Trennungen und der Vorurteile zwischen den Christen durch die Kraft des Heiligen Geistes niedergerissen werden können.

Formen des ökumenischen Dialogs


101 Die gemeinsame Teilnahme an der lectio divina bei der Suche nach der Wahrheit, die Beteiligung am gemeinsamen Gebet, bei dem der Herr seine Gegenwart zusichert (vgl. Mt Mt 18,20), der Dialog der Freundschaft und der Liebe, der spüren läbt, wie gut und schön es ist, wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen (vgl. Ps Ps 133 [132]), die herzliche Gastfreundschaft, die gegenüber den Brüdern und Schwestern der verschiedenen christlichen Konfessionen gepflegt wird, das gegenseitige Kennenlernen und der Austausch der Gaben, die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Initiativen des Dienstes und des Zeugnisses: dies alles sind ebenfalls Formen des ökumenischen Dialogs, dem gemeinsamen Vater wohlgefällige Äuberungen und Zeichen des Willens, gemeinsam auf dem Weg der Wahrheit und der Liebe auf die vollkommene Einheit hin zu gehen.Auch das Kennenlernen der Geschichte, der Lehre, der Liturgie sowie der karitativen und apostolischen Tätigkeit der anderen Christen wird einem erfolgreicheren ökumenischen Wirken von Nutzen sein.ch möchte jene Institute ermutigen, die auf Grund ihres ursprünglichen Charakters oder durch darauffolgende Berufung sich der Förderung der Einheit der Christen widmen und dafür Initiativen für Studien und für konkrete Tätigkeiten durchführen. Tatsächlich darf sich kein Institut des geweihten Lebens von der Arbeit für dieses Anliegen entbunden fühlen. Meine Gedanken gehen darüber hinaus zu den katholischen orientalischen Kirchen mit dem Wunsch, dab sie auch über das männliche und weibliche Mönchswesen, dessen Blüte Gnade ist, die ständig erfleht werden mub, zur Einheit mit den orthodoxen Kirchen beitragen mögen durch den Dialog der Liebe und des Teilhabens an der gemeinsamen Spiritualität, dem Erbe der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends.In besonderer Weise vertraue ich die geistliche Ökumene des Gebets, der Umkehr des Herzens und der Liebe den Klöstern des beschaulichen Lebens an. Zu diesem Zweck ermutige ich sie, dort präsent zu sein, wo christliche Gemeinschaften verschiedener Konfessionen leben, damit ihre Ganzhingabe an das »einzig Notwendige« (vgl. Lk Lc 10,42), an die Verehrung Gottes und an die Fürbitte um das Heil der Welt, zusammen mit ihrem Zeugnis des Lebens nach dem Evangelium entsprechend ihren Charismen, für alle ein Ansporn sei, nach dem Abbild der Dreifaltigkeit in jener Einheit zu leben, die Jesus gewollt und für alle seine Jünger vom Vater erfleht hat.

Der interreligiöse Dialog


102 Da »der interreligiöse Dialog Teil der Sendung der Kirche zur Verkündigung des Evangeliums ist«,können sich die Institute des geweihten Lebens nicht der Verpflichtung entziehen, sich auch auf diesem Gebiet zu engagieren, ein jedes gemäb seinem Charisma und nach den Weisungen der kirchlichen Autorität. Die erste Form der Evangelisierung im Hinblick auf die Brüder und Schwestern einer anderen Religion wird das Zeugnis eines armen, demütigen und keuschen Lebens sein, das von geschwisterlicher Liebe zu allen durchdrungen ist. Zugleich wird die Freiheit des Geistes, die dem geweihten Leben eigen ist, jenen »Dialog des Lebens«begünstigen, in dem sich ein Grundmodell der Mission und der Verkündigung des Evangeliums Christi verwirklicht. Um das gegenseitige Kennenlernen, die Achtung voreinander und die Liebe zu fördern, werden die Ordensinstitute auberdem mit den monastischen Kreisen anderer Religionen zweckmäbige Dialogformen pflegen können, die von herzlicher Freundschaft und gegenseitiger Aufrichtigkeit durchdrungen sind.Einen weiteren Bereich der Zusammenarbeit mit Männern und Frauen unterschiedlicher religiöser Tradition stellt die gemeinsame Sorge um das menschliche Leben dar, die vom Mitleid wegen physischen und geistigen Leides bis zum Einsatz für die Gerechtigkeit, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung reicht. Auf diesen Gebieten werden vor allem die Institute des tätigen Lebens die Verständigung mit den Mitgliedern anderer Religionen in jenem »Dialog der Werke«suchen, der den Weg zu einem intensiveren Miteinander vorbereitet.Ein eigenes Gebiet reger Begegnung mit Personen anderer religiöser Traditionen ist jenes der Ermittlung und Förderung der Würde der Frau. Aus der Sicht der Gleichheit und richtigen Gegenseitigkeit zwischen Mann und Frau kann vor allem von den Frauen des geweihten Lebens ein wertvoller Dienst geleistet werden.iese und andere Aufgaben der Personen des geweihten Lebens im Dienst des interreligiösen Dialogs erfordern eine angemessene Vorbereitung bei der Anfangsausbildung und bei der ständigen Weiterbildung sowie im Studium und in der Forschung,da in diesem nicht einfachen Bereich eine gründliche Kenntnis des Christentums und der anderen Religionen erforderlich ist, die von einem gefestigten Glauben sowie von geistlicher und menschlicher Reife begleitet ist.

Eine Antwort der Spiritualität auf die Suche nach dem Heiligen und auf die Sehnsucht nach Gott


103 Alle Männer und Frauen, die sich dem geweihten Leben widmen, sind auf Grund des Wesens ihrer Entscheidung gleichsam bevorzugte Gesprächspartner für jene Suche nach Gott, die seit jeher das Herz des Menschen bewegt und ihn zu vielfältigen Formen der Askese und der Spiritualität hinführt. Diese Suche tritt heute in vielen Gegenden eindringlich als beherrschende Antwort auf Kulturen auf, die dazu tendieren, die religiöse Dimension des Daseins zwar nicht immer zu leugnen, doch sicherlich an den Rand zu drängen.Die Personen des geweihten Lebens, die die frei übernommenen Verpflichtungen konsequent und vollständig leben, können eine Antwort auf die Sehnsucht ihrer Zeitgenossen anbieten, wenn sie diese von zumeist trügerischen und häufig die heilbringende Menschwerdung Christi leugnenden Lösungen (vgl. 1Jn 4,2-3), wie diese z. B. von den Sekten vorgeschlagen werden, befreien. Durch das Praktizieren einer persönlichen und gemeinschaftlichen Askese, die die ganze Existenz läutert und verklärt, bezeugen sie gegen die Versuchung des Egozentrismus und der Sinnlichkeit die Wesensmerkmale der authentischen Gottsuche und warnen davor, sie mit der subtilen Suche ihrer selbst oder mit der Flucht in die Gnosis zu verwechseln. Jeder, der sein Leben Gott geweiht hat, ist verpflichtet, den inneren Menschen zu bilden, der sich weder von der Geschichte fernhält noch sich auf sich selbst zurückzieht. Wenn er in gehorsamem Hören des Wortes lebt, dessen Hüter und Dolmetscher die Kirche ist, weist er im besonders geliebten Christus und im trinitarischen Geheimnis hin auf das Objekt der tiefen Sehnsucht des menschlichen Herzens und auf das Ziel jedes für die Transzendenz aufrichtig offenen religiösen Weges.Darum haben die Personen des geweihten Lebens die Pflicht, all jenen grobzügig Aufnahme und geistliche Begleitung anzubieten, die sich vom Durst nach Gott bewegt und mit dem Wunsch, die Anforderungen des Glaubens zu leben, an sie wenden.

SCHLUSS


Das Übermab an Unentgeltlichkeit


104 Nicht wenige fragen sich heutzutage ratlos: Wozu soll das geweihte Leben gut sein? Warum lassen sich Menschen auf diese Lebensform ein, wo es doch im Bereich der Nächstenliebe und selbst der Evangelisierung so viele dringende Notwendigkeiten gibt, auf die man auch antworten kann, ohne die besonderen Verpflichtungen des geweihten Lebens zu übernehmen? Ist das geweihte Leben nicht vielleicht so etwas wie eine »Verschwendung« menschlicher Kräfte, die, würde man einem Wirksamkeitskriterium folgen, für ein gröberes Gut zum Vorteil der Menschheit und der Kirche nutzbar wären?Fragen dieser Art sind in unserer Zeit häufiger anzutreffen, weil sie von einer utilitaristischen und technokratischen Kultur angeregt werden, die dazu neigt, die Bedeutung der Dinge und selbst der Personen in bezug auf ihre unmittelbare »Zweckdienlichkeit« zu werten. Doch solche Fragen hat es immer gegeben, wie die Episode der Salbung in Betanien aus dem Evangelium anschaulich beweist: »Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Fübe und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt« (Jn 12,3). Als Judas unter dem Vorwand der Not der Armen diese Verschwendung beklagte, antwortete ihm Jesus: »Lab sie gewähren!« (Jn 12,7).Das ist die noch immer gültige Antwort auf die Frage, die sich, und sei es auch in gutem Glauben, so viele in bezug auf die Aktualität des geweihten Lebens stellen: Könnte man nicht sein Leben wirksamer und rationeller für die Verbesserung der Gesellschaft einsetzen?«. Darauf lautet die Antwort Jesu: »Lab sie gewähren«.Wem das unschätzbare Geschenk gewährt wird, dem Herrn Jesus mehr aus der Nähe zu folgen, dem erscheint es klar, dab er mit ungeteiltem Herzen geliebt werden kann und mub, dab man ihm das ganze Leben und nicht nur einige Gesten, einige Momente oder einige Aktivitäten widmen kann. Das kostbare Salböl, das als reiner Akt von Liebe und daher fern jeder »utilitaristischen« Überlegung vergossen wurde, ist Zeichen von Übermab an Unentgeltlichkeit, wie es in einem Leben zum Ausdruck kommt, das hingegeben wird, um den Herrn zu lieben und ihm zu dienen, um sich seiner Person und seinem mystischen Leib zu widmen. Aber von diesem »verschwendeten« Leben verbreitet sich ein Duft, der das ganze Haus erfüllt. Das Haus Gottes, die Kirche, ist durch das Vorhandensein des geweihten Lebens heute nicht weniger geschmückt und bereichert als gestern.Was in den Augen der Menschen als Verschwendung erscheinen mag, ist für den in seinem innersten Herzen von der Schönheit und der Güte des Herrn angezogenen Menschen eine klare Antwort der Liebe und eine überschwengliche Dankbarkeit dafür, auf ganz besondere Weise zum Kennenlernen des Sohnes und zur Teilhabe an seiner göttlichen Sendung in der Welt zugelassen worden zu sein.»Wenn ein Kind Gottes die göttliche Liebe kennenlernte und kostete, den ungeschaffenen Gott, den menschgewordenen Gott, den Gott, der Leiden und Tod erlitten hat, Gott, der das höchste Gut ist, würde er sich ihm ganz hingeben, sich nicht nur den anderen Geschöpfen, sondern sogar sich selbst entziehen und würde mit seinem ganzen Selbst diesen Gott der Liebe lieben, bis er sich ganz zu dem Gott-Menschen wandelt, der der Höchstgeliebte ist«.

Das geweihte Leben im Dienst des Gottesreiches


105 »Was würde aus der Welt, wenn es die Ordensleute nicht gäbe?«.Jenseits der oberflächlichen Zweckeinschätzungen ist das geweihte Leben gerade in seinem Übermab an Unentgeltlichkeit und Liebe von Bedeutung, und das um so mehr in einer Welt, die Gefahr läuft, im Strudel des Vergänglichen zu ersticken. »Ohne dieses konkrete Zeichen würde die Liebe, die die ganze Kirche beseelt, Gefahr laufen zu erkalten, das Paradoxon heilwirkender Kraft des Evangeliums sich abschwächen, das ‘Salz' des Glaubens in einer Welt zunehmender Säkularisierung schal werden«.Das Leben der Kirche und der Gesellschaft hat Menschen nötig, die fähig sind, sich ganz Gott und aus Liebe zu Gott den anderen zu widmen.Die Kirche kann absolut nicht auf das geweihte Leben verzichten, weil es auf anschauliche Weise ihr inneres »bräutliches« Wesen zum Ausdruck bringt. In ihm findet die Verkündigung des Evangeliums auf der ganzen Welt neuen Schwung und neue Kraft. In der Tat, es bedarf solcher Menschen, die das väterliche Antlitz Gottes und das mütterliche Antlitz der Kirche zeigen, die das eigene Leben aufs Spiel setzen, damit andere Leben und Hoffnung haben. Die Kirche braucht Personen des geweihten Lebens, die, noch ehe sie sich dem Dienst an der einen oder anderen edlen Sache widmen, sich von der Gnade Gottes verwandeln lassen und dem Evangelium vollständig gleichförmig werden.Die ganze Kirche findet diese grobe Gabe in ihren Händen und widmet sich in Dankbarkeit ihrer Förderung durch Wertschätzung, Gebet und durch die ausdrückliche Aufforderung zu ihrer Annahme. Wichtig ist, dab die von der evangeliumsgemäben Vorzüglichkeit dieser Lebensform überzeugten Bischöfe, Priester und Diakone sich bemühen, durch die Verkündigung, die Unterscheidungsgabe und eine weise geistliche Begleitung die Keime der Berufung zu entdecken und zu stützen. Alle Gläubigen werden um ständiges Gebet für die Personen des geweihten Lebens ersucht, damit deren Eifer und Fähigkeit zur Liebe unablässig zunehmen und sie damit zur Verbreitung des Wohlgeruches Christi in der heutigen Gesellschaft beitragen. Die gesamte christliche Gemeinschaft — Seelsorger, Laien und Personen des geweihten Lebens — ist für das geweihte Leben, für seine Annahme und für den den Neuberufenen angebotenen Beistand verantwortlich.


Vita consecrata DE 94