Vita consecrata DE 16


I. ZUM LOB DER DREIFALTIGKEIT

A Patre ad Patrem: die Initiative Gottes


17 Den Personen des geweihten Lebens enthüllt die kontemplative Anschauung der Herrlichkeit des Herrn Jesus im Bild der Verklärung vor allem den Vater, Schöpfer und Spender alles Guten, der sein Geschöpf mit einer besonderen Liebe und im Hinblick auf eine spezielle Sendung an sich zieht (vgl. Joh Jn 6,44). »Das ist mein geliebter Sohn: auf ihn sollt ihr hören!« ( Mt Mt 17,5). Indem sie diesem Ruf, der von einer innigen Anziehung begleitet ist, folgt, vertraut die berufene Person sich der Liebe Gottes an, der sie in seinen ausschlieblichen Dienst beruft, und weiht sich vollständig ihm und seinem Heilsplan (vgl. 1Co 7,32-34).Hier liegt der Sinn der Berufung zum geweihten Leben: eine ganz und gar vom Vater ausgehende Initiative (vgl. Joh Jn 15,16), die von denen, die er erwählt hat, die Antwort einer ausschlieblichen Ganzhingabe fordert.Die Erfahrung dieser unentgeltlichen Liebe Gottes ist dermaben tief und stark, dab der Betreffende spürt, mit der bedingungslosen Hingabe seines Lebens antworten zu müssen, indem er alles, Gegenwart und Zukunft, in seine Hände hinein opfert. Auf Grund dessen kann man, im Sinne des hl. Thomas, die Identität der geweihten Personen von der Totalität ihrer Hingabe her begreifen, die mit wahrer Selbstaufopferung vergleichbar ist.

Per Filium: in den Fubstapfen Christi


18 Der Sohn, der Weg, der zum Vater führt (vgl. Joh Jn 14,6), ruft alle, die ihm der Vater gegeben hat (vgl. Joh Jn 17,9), in eine Nachfolge, die für ihr Dasein richtungweisend ist. Von einigen aber — eben den Personen des geweihten Lebens — verlangt er eine totale Verpflichtung, die damit verbunden ist, dab sie alles verlassen (vgl. Mt Mt 19,27), um in innigem Vertrauen mit ihm zu lebenund ihm überallhin zu folgen (vgl. Offb Ap 14,4).Im Blick Jesu (vgl. Mk Mc 10,21), »Ebenbild des unsichtbaren Gottes« (Col 1,15), Abglanz der Herrlichkeit des Vaters (vgl. Hebr He 1,3), ist die Tiefe einer ewigen und unermeblichen Liebe wahrzunehmen, die an die Wurzeln des Seins rührt.Wer sich davon ergreifen läbt, mub alles verlassen und ihm folgen (vgl. Mk Mc 1,16-20 Mc 2,14 Mc 10,21 Mc 10,28). Wie Paulus, sieht er alles übrige »als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu alles übertrifft«, und zögert nicht, verglichen mit ihm alles »für Unrat« zu halten, »um Christus zu gewinnen« (Ph 3,8). Seine Sehnsucht geht dahin, sich in ihn hineinzudenken, indem er seine Gefühle und seine Lebensform annimmt. Dab also einer alles verläbt und dem Herrn folgt (vgl. Lk Lc 18,28), stellt ein für alle Berufenen und für alle Zeiten gültiges Programm dar.Die evangelischen Räte, durch die Christus einige dazu einlädt, seine Erfahrung der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams zu teilen, erfordern bei dem, der sie annimmt, das ausdrückliche Verlangen nach vollständiger Gleichförmigkeit mit ihm und lassen dieses Verlangen klar zutage treten. Durch ein Leben »in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit«bekennen die Personen des geweihten Lebens, dab Jesus das Vorbild ist, in dem jede Tugend zur Vollkommenheit gelangt. Seine Lebensform in Keuschheit, Armut und Gehorsam erscheint in der Tat als die radikalste Weise, das Evangelium auf dieser Erde zu leben, eine sozusagen göttliche Lebensform, weil sie von ihm, dem Gottmenschen, als Ausdruck seiner Beziehung als des eingeborenen Sohnes zum Vater und zum Heiligen Geist angenommen wurde. Das ist der Grund, warum in der christlichen Überlieferung immer von der objektiven Vollkommenheit des geweihten Lebens gesprochen wurde.Darüber hinaus läbt sich nicht bestreiten, dab die Übung der Räte eine besonders tiefe und fruchtbare Weise darstellt, auch an der Sendung Christi teilzunehmen, nach dem Vorbild Mariens von Nazaret, der ersten Jüngerin, die es annahm, sich durch die Ganzhingabe ihrer selbst in den Dienst des göttlichen Heilsplanes zu stellen. Jede Sendung beginnt mit derselben Haltung, wie sie von Maria bei der Verkündigung zum Ausdruck gebracht worden ist: »Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lc 1,38).

In Spiritu: vom Heiligen Geist geweiht


19 »Eine leuchtende Wolke warf ihren Schatten auf sie« (Mt 17,5). Eine bedeutende geistliche Interpretation der Verklärung sieht in dieser Wolke das Bild des Heiligen Geistes.ie die ganze christliche Existenz, so steht auch die Berufung zum geweihten Leben in enger Beziehung zum Wirken des Heiligen Geistes. Er ist es, der im Laufe der Jahrtausende immer aufs neue Menschen dafür empfänglich macht, das Faszinierende einer derart verpflichtenden Entscheidung wahrzunehmen. Unter seinem Wirken erleben sie gewissermaben wieder die Erfahrung des Propheten Jeremia: »Du hast mich betört, o Herr, und ich lieb mich betören« (20,7). Der Geist ist es, der das Verlangen nach einer vollkommenen Antwort weckt; er leitet das Wachstum dieses Verlangens, indem er die positive Antwort heranreifen läbt und dann ihre getreue Ausführung unterstützt; er formt und bildet die Seele der Berufenen, indem er sie nach dem keuschen, armen und gehorsamen Christus gestaltet und sie anspornt, sich seine Sendung zu eigen zu machen. Während sie sich auf einem Weg unablässiger Läuterung vom Geist leiten lassen, werden sie immer mehr zu Personen, die mit Christus gleichförmig sind, zur Verlängerung einer besonderen Gegenwart des auferstandenen Herrn in die Geschichte hinein.Mit treffender Intuition haben die Kirchenväter diesen geistlichen Weg als filocalia bezeichnet, das heibt Liebe zur göttlichen Schönheit, die Ausstrahlung der göttlichen Güte ist. Wer von der Macht des Heiligen Geistes stufenweise zur vollkommenen Gleichgestaltung mit Christus geführt wird, spiegelt in sich einen Strahl des unerreichbaren Lichtes wider und geht auf seinem irdischen Pilgerweg bis zur unerschöpflichen Quelle des Lichtes. So wird das geweihte Leben zu einem besonders tiefen Ausdruck für die Kirche als Braut, die, vom Geist geführt, in sich die Wesenszüge des Bräutigams wiederzugeben, »herrlich, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler, heilig und makellos« vor ihm erscheint (Ep 5,27).Weit davon entfernt, diejenigen, die der Vater berufen hat, der Menschheitsgeschichte vorzuenthalten, stellt sie derselbe Geist sodann, je nach den Bestimmungen ihres Lebensstandes, in den Dienst der Brüder und Schwestern und leitet sie an, in Bezug auf die Bedürfnisse von Kirche und Welt durch die den verschiedenen Instituten eigenen Charismen besondere Aufgaben zu erfüllen. Daraus erklärt sich das Entstehen so vielfältiger Formen geweihten Lebens, durch die die Kirche »mit den mannigfachen Gnadengaben ihrer Kinder wie eine Braut für ihren Mann geschmückt dasteht (vgl. Offb Ap 21,2)«und durch jedes Mittel bereichert wird, um ihre Sendung in der Welt zu erfüllen.

Die evangelischen Räte, Geschenk der Dreifaltigkeit


20 Die evangelischen Räte sind also vor allem eine Gnadengabe der Heiligsten Dreifaltigkeit.Das geweihte Leben ist Ankündigung dessen, was der Vater durch den Sohn im Geist aus seiner Liebe, seiner Güte und seiner Schönheit vollbringt. Denn »der Ordensstand [...] macht die Erhabenheit des Gottesreiches gegenüber allem Irdischen und seine höchsten Ansprüche in besonderer Weise offenkundig. Er zeigt auch allen Menschen die überragende Gröbe der Herrscherkraft Christi und die wunderbare, unbegrenzte Macht des Heiligen Geistes in der Kirche auf«.orrangige Aufgabe des geweihten Lebens ist das Sichtbarmachen der Wunder, die Gott in der schwachen Menschlichkeit derer wirkt, die er berufen hat. Mehr als mit Worten bezeugen sie diese Wunder mit der beredten Sprache einer verklärten Existenz, die in der Lage ist, die Welt zu überraschen. Zum Staunen der Menschen antworten sie mit der Ankündigung der Wunder der Gnade, die der Herr in denen wirkt, die er liebt. In dem Mabe, in dem sich der geweihte Mensch vom Geist zu den Höhen der Vollkommenheit führen läbt, kann er ausrufen: »Ich sehe die Schönheit deiner Gnade und versenke mich in ihr Licht; ich betrachte voll Staunen diesen unsagbaren Glanz; ich bin auber mir, während ich doch über mich selber nachdenke: was ich war und was ich geworden bin. O Wunder! Ich bin aufmerksam, erfüllt von heiligem Respekt vor mir selbst, von Ehrfurcht, von Angst, als stünde ich vor dir, und weib nicht, was ich tun soll, denn mich hat die Angst ergriffen; ich weib nicht, wo ich mich niederlassen, wohin ich mich wenden soll, wohin diese Glieder legen, die deine sind; für welche Taten, für welche Werke sie verwenden, diese überraschenden göttlichen Wunder«.So wird das geweihte Leben zu einer der konkreten Spuren, die die Dreifaltigkeit in der Geschichte hinterläbt, damit die Menschen das Faszinierende der göttlichen Schönheit und die Sehnsucht nach ihr wahrnehmen können.

Der Abglanz des trinitarischen Lebens in den Räten


21 Der Bezug der evangelischen Räte auf die Heilige und heiligende Dreifaltigkeit offenbart ihren tiefsten Sinn. Sie sind nämlich Ausdruck der Liebe, die der Sohn dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes entgegenbringt. Durch ihr Befolgen erlebt derjenige, der sich Gott geweiht hat, besonders intensiv den trinitarischen und christologischen Charakter, der das ganze christliche Leben kennzeichnet.Die Keuschheit der unverheirateten Männer und der Jungfrauen als Bekundung der ungeteilten Hingabe an Gott (vgl. 1Co 7,32-34) stellt einen Abglanz dergrenzenlosen Liebe dar, die die drei göttlichen Personen in der geheimnisvollen Tiefe des trinitarischen Lebens verbindet; der Liebe, die von dem fleischgewordenen Wort bis zur Hingabe seines Lebens bezeugt wird; der Liebe, die vom Heiligen Geist »in unsere Herzen ausgegossen« wurde (Rm 5,5), die zu einer Antwort totaler Liebe zu Gott und zu den Brüdern und Schwestern anspornt.Die Armut bekennt, dab Gott der einzige wahre Reichtum des Menschen ist. Nach dem Beispiel Christi gelebt, der, obwohl er »reich war, arm wurde« (2Co 8,9), wird die Armut Ausdruck jener Ganzhingabe, zu der sich die drei göttlichen Personen gegenseitig machen. Es ist die Hingabe, die in die Schöpfung überströmt und sich voll in der Menschwerdung des Wortes und in seinem erlösenden Tod offenbart.Der Gehorsam, der in der Nachahmung Christi geübt wird, dessen Speise es war, den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh Jn 4,34), stellt die befreiende Schönheit einer von Verantwortungsgefühl erfüllten und von gegenseitigem Vertrauen beseeltenkindlichen und nicht sklavischen Abhängigkeit dar, die Abglanz der liebevollen Gegenseitigkeitder drei göttlichen Personen in der Geschichte ist.Das geweihte Leben ist daher berufen, die Gabe der evangelischen Räte mit einer immer aufrichtigeren und stärkeren Liebe in trinitarischerDimension beständig zu vertiefen: Liebe zu Christus, der in seinem Vertrauen ruft; zum Heiligen Geist, der die Seele bereit macht für die Aufnahme seiner Eingebungen; zum Vater, Ursprung und höchstes Ziel des geweihten Lebens.So wird es zum Bekenntnis und Zeichen der Dreifaltigkeit, deren Geheimnis der Kirche als Vorbild und Quelle jeder christlichen Lebensform hingestellt wird.Gerade das geschwisterliche Leben, kraft dessen sich die Personen des geweihten Lebens bemühen, in Christus zu leben und »ein Herz und eine Seele« zu sein (Ac 4,32), stellt sich als beredtes Bekenntnis zur Dreifaltigkeit dar. Es bekennt den Vater, der aus allen Menschen eine einzige Familie machen will; es bekennt den menschgewordenen Sohn, der die Erlösten in der Einheit versammelt und ihnen mit seinem Beispiel, mit seinem Gebet, mit seinen Worten und vor allem mit seinem Tod, der Quelle der Versöhnung für die entzweiten und zerstreuten Menschen, den Weg zeigt; es bekennt den Heiligen Geist als Prinzip der Einheit in der Kirche, wo er nicht aufhört, geistliche Familien und brüderliche Gemeinschaften ins Leben zu rufen.

Für das Reich Gottes geweiht wie Christus


22 Das geweihte Leben ahmt auf Anregung des Heiligen Geistes die Lebensform »ausdrücklicher nach und bringt sie in der Kirche ständig zur Darstellung«,die Jesus, der höchste Geweihte und Gesandte des Vaters für sein Reich, annahm und für die Jünger, die ihm folgten, bestimmt hat (vgl. Mt Mt 4,18-22 Mc 1,16-20 Lc 5,10-11 Jn 15,16). Im Lichte der Weihe Jesu kann man in der Initiative des Vaters, der Quelle aller Heiligkeit, die ursprüngliche Quelle des geweihten Lebens entdecken. Denn Jesus selbst ist derjenige, den »Gott gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft« (Ac 10,38), »den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat« (Jn 10,36). Der Sohn, der die Weihe durch den Vater empfängt, weiht sich ihm seinerseits für die Menschen (vgl. Joh Jn 17,19): sein Leben in Keuschheit, Gehorsam und Armut ist Ausdruck seiner kindlichen und vollständigen Zustimmung zum Plan des Vaters (vgl. Joh Jn 10,30 Jn 14,11). Seine vollkommene Hingabe verleiht allen Begebenheiten seines irdischen Daseins eine Bedeutung von heiligender Weihe.Er ist der Gehorsame schlechthin , der vom Himmel herabgekommen ist, nicht um seinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der ihn gesandt hat (vgl. Joh Jn 6,38 He 10,5 He 10,7). Er legt seine Lebens- und Handlungsweise zurück in die Hände des Vaters (vgl. Lk Lc 2,49). In kindlichem Gehorsam nimmt er den Stand eines Sklaven an: »Er entäuberte sich und wurde wie ein Sklave [...], und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz« (Ph 2,7-8). In dieser Gehorsamshaltung gegenüber dem Vater nimmt Christus, obwohl er die Würde und Heiligkeit des ehelichen Lebens anerkennt und verteidigt, die jungfräuliche Lebensform an und enthüllt auf diese Weise den hohen Wert und die geheimnisvolle geistliche Fruchtbarkeit der Jungfräulichkeit . Seine volle Zustimmung zum Plan des Vaters offenbart sich auch in der Loslösung von den irdischen Gütern: »Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen« (2Co 8,9). Die Tiefgründigkeit seiner Armut erweist sich in der vollkommenen Aufopferung alles dessen an Gott, was sein ist.Das geweihte Leben stellt wahrhaftig lebendige Erinnerung an die Lebens- und Handlungsweise Jesu als fleischgewordenes Wort gegenüber dem Vater und gegenüber den Brüdern und Schwestern dar. Es ist lebendige Überlieferung des Lebens und der Botschaft des Erlösers.


II. ZWISCHEN OSTERN UND VOLLENDUNG

Vom Tabor auf den Kalvarienberg


23 Das strahlende Ereignis der Verklärung bereitet jenes dramatische, doch nicht weniger glorreiche Geschehen auf dem Kalvarienberg vor. Petrus, Jakobus und Johannes sehen den Herrn Jesus zusammen mit Mose und Elija, mit denen er — nach dem Evangelisten Lukas — »von seinem Ende (spricht), das sich in Jerusalem erfüllen sollte« (9,31). Die Augen der Jünger sind also auf Jesus gerichtet, der an das Kreuz denkt (vgl. Lk Lc 9,43-45). Dort wird seine jungfräuliche Liebe zum Vater und zu allen Menschen ihren höchsten Ausdruck erreichen; seine Armut wird zur völligen Entäuberung gelangen; sein Gehorsam bis zur Hingabe des Lebens.Die Jünger sind eingeladen, den am Kreuz erhöhten Jesus zu betrachten, an dem Kreuz, von dem her »das Wort, das aus dem Schweigen hervorgegangen war«,in seinem Schweigen und seiner Einsamkeit prophetisch die absolute Transzendenz Gottes über alle geschaffenen Güter bestätigt, in seinem Fleisch unsere Sünde besiegt, jeden Mann und jede Frau an sich zieht und jedem das neue Leben der Auferstehung schenkt (vgl. Joh Jn 12,32 Jn 19,34 Jn 19,37). In der Betrachtung des gekreuzigten Christus finden alle Berufungen Erleuchtung; von ihr nehmen alle Gnadengaben und insbesondere die Gabe des geweihten Lebens mit der grundlegenden Gabe des Geistes ihren Ausgang.Nach Maria, der Mutter Jesu, empfängt Johannes diese Gnadengabe, der Jünger, den Jesus liebte, der Zeuge, der zusammen mit Maria unter dem Kreuz stand (vgl. Joh Jn 19,26-27). Seine Entscheidung zur Ganzhingabe ist Frucht der göttlichen Liebe, die ihn umhüllt, ihn trägt und sein Herz erfüllt. Johannes gehört neben Maria zu den ersten in der langen Reihe von Männern und Frauen, die von den Anfängen der Kirche bis zu ihrem Ende von der Liebe Gottes erfabt werden und sich gerufen fühlen, dem Lamm, das geopfert wurde und lebt, zu folgen, wohin es geht (vgl. Offb Ap 14,1-5).

Österliche Dimension des geweihten Lebens


24 Der Mensch, der sich Gott geweiht hat, macht in den verschiedenen Lebensformen, die vom Heiligen Geist im Laufe der Geschichte eingegeben wurden, die Erfahrung der Wahrheit über den Gott der Liebe um so unmittelbarer und intensiver, je mehr er sich unter das Kreuz Christi stellt. Er, der in seinem Tod den menschlichen Augen so entstellt und unschön erscheint, dab die Anwesenden vor ihm das Gesicht verhüllen (vgl. Jes Is 53,2-3), offenbart gerade am Kreuz die Schönheit und die Macht der Liebe Gottes in Fülle. Der hl. Augustinus besingt ihn so: »Schön ist Gott, das Wort bei Gott [...] Schön im Himmel, schön auf Erden; schön im Schob, schön in den Armen der Eltern; schön in den Wundern, schön in den Todesqualen; schön, wenn er zum Leben einlädt, schön, wenn man sich nicht um den Tod kümmert, schön im Verlassen des Lebens und schön, wenn er dieses Leben wieder nimmt; schön am Kreuz, schön im Grab, schön im Himmel. Hört den Gesang mit Klugheit und die Schwachheit des Fleisches möge eure Augen nicht vom Glanz seiner Schönheit ablenken«.iesen Glanz der Liebe spiegelt das geweihte Leben wider, weil es mit seiner Treue zum Kreuzesgeheimnis bekennt, an die Liebe des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu glauben und aus ihr zu leben. Auf diese Weise trägt es dazu bei, in der Kirche das Bewubtsein lebendig zu erhalten, dab das Kreuz der Überflub der Liebe Gottes ist, die auf diese Welt überströmt , das grobartige Zeichen der Heilsgegenwart Christi. Und dies besonders bei Schwierigkeiten und Heimsuchungen. Das alles wird mit zutiefst bewunderswertem Mut von einer groben Anzahl geweihter Personen fortwährend bezeugt, die oft in schwierigen Situationen, bis hin zu Verfolgung und Martyrium ausharren. Ihre Treue zur einzigen Liebe zeigt und stärkt sich in der Demut eines verborgenen Lebens, in der Annahme von Leiden, um in ihrem Leben, im schweigenden Opfer, in der Hingabe an den heiligen Willen Gottes, in Treue auch angesichts des Schwindens der Kräfte und des eigenen Ansehens »das zu ergänzen, was an den Leiden Christi noch fehlt« (Col 1,24). Aus der Treue zu Gott erwächst auch die Hingabe an den Nächsten, die die Personen des geweihten Lebens in der ständigen Fürbitte für die Nöte der Brüder und Schwestern, im hochherzigen Dienst an den Armen und Kranken, im Teilen und Mittragen der Schwierigkeiten anderer, in der eifrigen Teilnahme an den Sorgen und Heimsuchungen der Kirche nicht ohne Opfer leben.

Zeugen Christi in der Welt


25 Aus dem Ostergeheimnis entspringt auch der missionarische Charakter, eine das gesamte kirchliche Leben kennzeichnende Dimension. Sie findet eine besondere Verwirklichung im geweihten Leben. Denn auch unabhängig von den Charismen jener Institute, die sich der Missionad gentes widmen oder apostolische Aktivitäten im eigentlichen Sinne des Wortes ausüben, kann man sagen, dab der missionarische oder Sendungscharakter jeder Form des geweihten Lebens zutiefst innewohnt. In dem Mabe, in dem der Geweihte ein Leben lebt, das ausschlieblich dem Vater gewidmet (vgl. Lk Lc 2,49 Jn 4,34), von Christus ergriffen (vgl. Joh Jn 15,16 Ga 1,15-16), und vom Geist beseelt ist (vgl. Lk Lc 24,49 Ac 1,8 Ac 2,4), arbeitet er wirksam mit an der Sendung des Herrn Jesus (vgl. Joh Jn 20,21) und trägt in besonders intensiver Weise zur Erneuerung der Welt bei.Die erste missionarische Aufgabe haben die Personen des geweihten Lebens gegenüber sich selbst und sie erfüllen sie dadurch, dab sie ihr Herz dem Wirken des Geistes Christi öffnen. Ihr Zeugnis hilft der ganzen Kirche, sich daran zu erinnern, dab an erster Stelle der unentgeltliche Dienst an Gott steht, der durch Christi Gnade ermöglicht wird, die dem Gläubigen durch das Geschenk des Geistes mitgeteilt wird. So wird der Welt der Friede verkündet, der vom Vater herkommt, die Hingabe, die vom Sohn bezeugt wird, und die Freude, die Frucht des Heiligen Geistes ist.Die Personen des geweihten Lebens werden vor allem dann missionarisch sein, wenn sie unablässig das Bewubtsein vertiefen, von Gott berufen und erwählt worden zu sein, dem sie daher ihr ganzes Leben zuwenden und alles, was sie sind und haben, darbringen und sich von den Hindernissen befreien müssen, die die Vollkommenheit der aus der Liebe kommenden Antwort verzögern könnten. Auf diese Weise werden sie zu einem echten Zeichen Christi in der Weltwerden können. Auch ihr Lebensstil mub das Ideal, zu dem sie sich bekennen, sichtbar werden lassen und sich als lebendiges Zeichen Gottes und als beredte, wenn auch oft schweigende Verkündigung des Evangeliums darstellen. Immer, aber besonders in der heutigen, oft so säkularisierten Kultur, die aber trotzdem für die Sprache der Zeichen empfänglich ist, mub sich die Kirche bemühen, ihre Anwesenheit im Alltagsleben sichtbar zu machen.Einen bedeutsamen Beitrag in diesem Sinne erwartet sie sich zu Recht von den Personen des geweihten Lebens, die berufen sind, in jeder Situation konkret von ihrer Zugehörigkeit zu Christus Zeugnis abzulegen. Da das Ordensgewand Zeichen der Weihe, der Armut und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ordensfamilie ist, empfehle ich zusammen mit den Synodenvätern den Ordensleuten nachdrücklich, ihr den Umständen von Zeit und Ort entsprechend angepabtes Gewand zu tragen.Wo entsprechende apostolische Erfordernisse es verlangen, können sie der Tradition und den Normen ihres Instituts gemäb auch gewöhnliche, aber geziemende Kleidung tragen mit einem geeigneten Symbol, das ihre Weihe erkennbar macht.Die Institute, die ursprünglich bzw. durch Verfügung ihrer Konstitutionen kein eigenes Gewand vorsehen, sollen dafür sorgen, dab die Kleidung der Brüder und Schwestern durch Würde und Schlichtheit der Natur ihrer Berufung entspreche.

Eschatologische Dimension des geweihten Lebens


26 Da sich heute die apostolischen Sorgen als immer dringender erweisen und das Engagement für die Dinge dieser Welt die Menschen immer mehr in Anspruch zu nehmen droht, ist es besonders geboten, die Aufmerksamkeit auf die eschatologische Natur des geweihten Lebens zu lenken.»Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz« (Mt 6,21): der einzige Schatz des Gottesreiches ruft das Verlangen, die Erwartung, den Einsatz und das Zeugnis hervor. In der Urkirche wurde die Erwartung der Wiederkunft des Herrn besonders intensiv gelebt. Die Kirche hat jedoch während all der Jahrhunderte nicht aufgehört, diese Hoffnungshaltung zu pflegen: sie hat immer wieder die Gläubigen eingeladen, nach dem Heil Ausschau zu halten, das schon bald offenbar werden wird, »denn die Gestalt dieser Welt vergeht« (1Co 7,31 vgl. 1P 1,3-6).or diesem Hintergrund ist die Rolle des endzeitlichen Zeichens gerade des geweihten Lebens besser zu verstehen. Denn unveränderlich ist die Lehre, die sie als Vorwegnahme des zukünftigen Reiches darstellt. Das II. Vatikanische Konzil greift diese Lehre wieder auf, wenn es sagt, »der Ordensstand [...] kündigt die zukünftige Auferstehung und die Herrlichkeit des Himmelreiches an«.Das geschieht vor allem durch die Entscheidung für die Jungfräulichkeit, die von der Überlieferung immer als eine Vorwegnahme der endgültigen Welt verstanden wurde, die schon jetzt am Werk ist und den Menschen in seiner Ganzheit verwandelt.Die Menschen, die ihr Leben Christus geweiht haben, müssen in der Sehnsucht leben, ihm zu begegnen, um endlich und für immer bei ihm zu sein. Daher die brennende Erwartung, daher das Verlangen, »einzutauchen in das Feuer der Liebe, das in ihnen brennt und das nichts anderes ist als der Heilige Geist«,Erwartung und Sehnsucht, gestärkt von den Gaben, die der Herr freigiebig denen gewährt, die nach dem streben, was im Himmel ist (vgl. Kol Col 3,1).Die Person des geweihten Lebens, die in den Dingen des Herrn feststeht, erinnert sich, dab »wir hier keine Stadt haben, die bestehenbleibt« (He 13,14), denn »unsere Heimat ist im Himmel« (Ph 3,20). Es kommt allein darauf an, nach dem »Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit« zu suchen (Mt 6,33) mit der unaufhörlichen Bitte um das Kommen des Herrn.

Eine tätige Erwartung: Einsatz und Wachsamkeit


27 «Komm, Herr Jesus!« (Ap 22,20). Diese Erwartung ist alles andere als untätig: auch wenn sie sich dem künftigen Reich zuwendet, setzt sie sich in Arbeit und Mission um, damit durch das Erwecken des Geistes der Seligpreisungen, der auch in der menschlichen Gesellschaft wirksame Forderungen nach Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität und Vergebung zu stellen vermag, das Reich schon jetzt gegenwärtig werde.Das wird von der Geschichte des geweihten Lebens, das immer reiche Früchte auch für die Welt hervorgebracht hat, ausführlich bewiesen. Mit ihren Gnadengaben werden die Personen des geweihten Lebens zu einem Zeichen des Geistes für eine neue, vom Glauben und von der christlichen Hoffnung erleuchtete Zukunft hin. Die Endzeitstimmung setzt sich in Sendung um, damit das Reich hier und jetzt in steigendem Mabe Wirklichkeit werde. An die Bitte: »Komm, Herr Jesus!« schliebt sich die andere inständige Bitte an: »Dein Reich komme!« (Mt 6,10).Wer wachsam die Erfüllung der Verheibungen Christi erwartet, ist imstande, auch bei seinen im Hinblick auf die Zukunft oft mibtrauischen und pessimistischen Brüdern und Schwestern Hoffnung zu wecken. Seine Hoffnung gründet sich auf die Verheibung Gottes, die im Wort der Offenbarung enthalten ist: die Geschichte der Menschen geht auf den »neuen Himmel und die neue Erde« zu (Ap 21,1), wo der Herr »alle Tränen von ihren Augen abwischen wird: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen« (Ap 21,4).Das geweihte Leben steht im Dienst dieser endgültigen Ausstrahlung der göttlichen Herrlichkeit, wenn alle Menschen das Heil sehen werden, das von Gott kommt (vgl. Lk Lc 3,6 Is 40,5). Der christliche Orient stellt diese Dimension heraus, wenn er die Mönche als Engel Gottes auf Erden betrachtet, die die Erneuerung der Welt in Christus verkünden. Im Abendland ist das Mönchtum feierliches Gedenken und Vigil: Gedenken der von Gott vollbrachten Wunder,Vigil der letzten Erfüllung der Hoffnung. Die Botschaft des Mönchtums und des kontemplativen Lebens wiederholt unablässig, dab der Vorrang Gottes für die menschliche Existenz Fülle von Bedeutung und Freude ist, weil der Mensch für Gott geschaffen und unruhig ist, bis er in ihm Frieden findet.

Die Jungfrau Maria, Modell der Weihe und Nachfolge


28 Von ihrer unbefleckten Empfängnis an spiegelt Maria am vollkommensten die göttliche Schönheit wider. »Ganz und gar Schöne« ist der Titel, mit dem die Kirche sie anruft. »Die Beziehung zur seligsten Jungfrau Maria, die jeder Gläubige wegen seiner Verbundenheit mit Christus hat, ist im Leben der Ordensleute besonders ausgeprägt... Alle [Institute des geweihten Lebens] sind davon überzeugt, dab die Gegenwart Mariens eine grundlegende Bedeutung hat sowohl für das geistliche Leben jeder geweihten Person als auch für die Beständigkeit, die Einheit und den Fortschritt der ganzen Gemeinschaft«.aria ist in der Tat das höchste Vorbild vollkommener Weihe in der vollen Zugehörigkeit und Ganzhingabe an Gott. Vom Herrn erwählt, der in ihr das Geheimnis der Menschwerdung vollzogen hat, erinnert sie die Personen des geweihten Lebens an den Vorrang der Initiative Gottes . Gleichzeitig stellt sich Maria, die dem göttlichen Wort, das in ihr Fleisch geworden ist, ihre Zustimmung gegeben hat, als Modell des Gnadenempfanges seitens der menschlichen Kreatur dar.Die Jungfrau, die während des verborgenen Lebens in Nazaret zusammen mit Josef Christus nahe und in den entscheidenden Augenblicken seines öffentlichen Lebens neben dem Sohn zugegen war, ist Lehrmeisterin bedingungsloser Nachfolge und beständigen Dienstes. In ihr, dem »Heiligtum des Heiligen Geistes«,erstrahlt so der ganze Glanz der neuen Schöpfung. Das geweihte Leben blickt auf sie als höchstes Modell der Weihe an den Vater, der Einheit mit dem Sohn und der Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist in dem Bewubtsein, dab das Befolgen »der jungfräulichen und armen Lebensweise«Christi bedeutet, sich auch die Lebensweise Mariens zu eigen zu machen.In der Jungfrau begegnet die geweihte Person auberdem einer Mutter mit ganz besonderem Anrecht. Denn auch wenn die am Kalvarienberg Maria übertragene neue Mutterschaft ein Geschenk an alle Christen ist, hat sie für denjenigen, der sein Leben vollständig Christus geweiht hat, eine besondere Bedeutung. »Siehe, deine Mutter« (Jn 19,27): Jesu Worte an den Jünger, »den er liebte« (Jn 19,26), gewinnen im Leben der geweihten Person eine besondere Tiefe. Denn sie ist mit Johannes aufgerufen, Maria zu sich zu nehmen (vgl. Joh Jn 19,27), wobei sie diese mit der Radikalität seiner Berufung liebt und nachahmt und, als Erwiderung, eine besondere mütterliche Zärtlichkeit erfährt. Die Jungfrau vermittelt ihr jene Liebe, die sie jeden Tag das Leben für Christus darbringen läbt, indem er mit ihr für die Rettung der Welt wirkt. Darum stellt die kindliche Beziehung zu Maria den bevorzugten Weg für die Treue zu der empfangenen Berufung und eine äuberst wirksame Hilfe dar, um in dieser Berufung voranzukommen und sie in Fülle zu leben.


III. IN DER KIRCHE UND FÜR DIE KIRCHE

»Es ist gut, dab wir hier sind«: das geweihte Leben im Geheimnis der Kirche


29 Beim Anblick der Verklärung spricht Petrus im Namen der anderen Apostel: »Es ist gut, dab wir hier sind« (Mt 17,4). Die Erfahrung der Herrlichkeit Christi, die ihm sogar den Verstand und das Herz berauscht, isoliert ihn nicht, sondern bindet ihn im Gegenteil noch enger an das »wir« der Jünger.Diese Dimension des »wir« läbt uns den Stellenwert betrachten, den das geweihte Leben im Geheimnis der Kirche innehat. Die theologische Reflexion über das Wesen des geweihten Lebens hat in diesen Jahren die aus der Lehre des II. Vatikanischen Konzils hervorgegangenen neuen Sichtweisen vertieft. So hat man in ihrem Licht erkannt, dab das Bekenntnis zu den evangelischen Räten unerschütterlich zum Leben und zur Heiligkeit der Kirche gehört.Das bedeutet, dab das von Anfang an vorhandene geweihte Leben in der Kirche als ein für sie unverzichtbares und kennzeichnendes Element nie wird fehlen können, weil es Ausdruck ihres eigentlichen Wesens ist.Dies geht klar daraus hervor, dab das Bekenntnis zu den evangelischen Räten zutiefst mit dem Geheimnis Christi verbunden ist, da es die Aufgabe hat, so gut wie möglich die Lebensform darzustellen, die er für sich wählte, und sie als absoluten und eschatologischen Wert aufzuzeigen. Jesus selbst hat durch die Berufung einiger Personen, die er aufforderte, alles zu verlassen und ihm zu folgen, diese Lebensform eingeführt, die sich unter der Wirkung des Geistes im Laufe der Jahrhunderte allmählich in den verschiedenen Formen des geweihten Lebens entfalten wird. Die Vorstellung von einer Kirche, die einzig aus geweihten Amtsinhabern und aus Laien zusammengesetzt ist, entspricht deswegen nicht den Absichten ihres göttlichen Gründers, wie sie uns aus den Evangelien und den neutestamentlichen Schriften ersichtlich sind.

Die neue und besondere Weihe


30 In der Tradition der Kirche wird die Ordensprofeb als eine einzigartige und fruchtbare Vertiefung der Taufweihe betrachtet, da sich durch sie die bereits mit der Taufe eingeleitete innige Verbindung mit Christus in dem Geschenk einer durch das Bekenntnis zu den evangelischen Räten vollkommener zum Ausdruck gebrachten und verwirklichten Anpassung an ihn entfaltet.iese weitere Weihe weist dennoch ihre Eigenart im Vergleich zur ersten auf, insofern sie nicht eine notwendige Folge daraus ist.Tatsächlich ist jeder, der in Christus zu neuem Leben erweckt wurde, berufen, mit der aus der Gabe des Geistes stammenden Kraft seinem Lebensstand gemäb die Keuschheit, den Gehorsam gegenüber Gott und der Kirche und eine vernünftige Loslösung von den materiellen Gütern zu leben, weil alle zur Heiligkeit berufen sind, die in der Vollkommenheit der Liebe besteht.Aber die Taufe ist an und für sich nicht mit der Berufung zum Zölibat oder zur Jungfräulichkeit, mit dem Verzicht auf Besitz von Gütern und mit dem Gehorsam gegenüber einem Oberen in der eigentlichen Form der evangelischen Räte verbunden. Deshalb setzt das Bekenntnis zu diesen evangelischen Räten ein besonderes, nicht allen gewährtes Geschenk Gottes voraus, wie Jesus selber für den Fall des freiwilligen Zölibats hervorhebt (vgl. Mt Mt 19,10-12).Dieser Berufung entspricht allerdings eine spezifische Gabe des Heiligen Geistes , damit derjenige, der sich Gott weiht, seiner Berufung und seiner Sendung zu entsprechen vermag. Wie die Liturgie im Orient und im Abendland bezeugt, ruft deshalb die Kirche beim Ritus der Ablegung des Ordensgelübdes und bei der Jungfrauenweihe auf die erwählten Personen die Gabe des Heiligen Geistes herab und verbindet ihre Selbsthingabe mit dem Opfer Christi.as Bekenntnis zu den evangelischen Räten istauch eine Entfaltung der Gnade des Sakramentes der Firmung, geht aber über die normalen Ansprüche der Chrisam-Weihe hinaus, kraft einer besonderen Gabe des Geistes, die, wie die Geschichte des geweihten Lebens beweist, neue Möglichkeiten und Früchte der Heiligkeit und des Apostolats eröffnet.Was die Priester betrifft, die das Gelübde der evangelischen Räte ablegen, zeigt die Erfahrung, dab das Weihesakrament in dieser Weihe zu einer besonderen Fruchtbarkeit gelangt, da sie die Anforderung einer engeren Zugehörigkeit zum Herrn stellt und begünstigt. Der Priester, der das Gelübde der evangelischen Räte ablegt, ist auch dank der je eigenen Spiritualität seines Instituts und der apostolischen Dimension des zugehörigen Charismas in besonderer Weise dafür ausgestattet, die Fülle des Geheimnisses Christi in sich neu zu beleben. Im Priester laufen nämlich die Berufung zum Priestertum und zum geweihten Leben in tiefer, dynamischer Einheit zusammen.Von unermeblichem Wert ist auch der Beitrag, der von den Ordenspriestern zum Leben der Kirche geleistet wird, die sich gänzlich der Kontemplation widmen. In der Eucharistiefeier vollziehen sie insbesondere eine Handlung der Kirche und für die Kirche, mit der sie ihre Selbsthingabe verbinden in Gemeinschaft mit Christus, der sich für das Heil der ganzen Welt dem Vater hingibt.


Vita consecrata DE 16