Redemptoris missio 60


Kapitel VI

Die Verantwortlichen und Mitarbeiter der Seelsorge in den Missionen


61 Es gibt kein Zeugnis ohne Zeugen und keine Mission ohne Missionare. Jesus hat Menschen als seine Zeugen und Apostel auserwählt und ausgesandt, damit sie an seiner Mission mitwirkten und sein Heilswerk fortsetzten: »Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde« (Ac 1,8).

Die Zwölf sind die ersten Arbeiter der universalen Mission: Die Apostel stellen ein »kollegiales Subjekt« der Mission dar; sie sind von Jesus erwählt, bei ihm zu bleiben, und »zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel« (Mt 10,6) gesandt. Diese Kollegialität verhindert nicht, daß in der Gruppe einzelne Persönlichkeiten hervorragen, wie etwa Jakobus, Johannes und vor allem Petrus, dessen Person von solcher Bedeutung ist, daß sie den Ausdruck »Petrus und die anderen Apostel« rechtfertigt (Ac 2,14 Ac 2,37). Dank ihm öffnet sich der Horizont für die universale Mission, in der im weiteren Paulus hervorragt, der nach dem Willen Gottes zur Mission unter den Heiden gerufen und gesandt wurde (vgl. Ga 1,15-16).

In der ersten Phase des missionarischen Aufbruchs finden wir neben den Aposteln andere, demütige Mitwirkende, die nicht vergessen werden dürfen; es sind die Personen, Gruppen und Gemeinden. Ein typisches Beispiel einer Ortskirche ist die Gemeinde von Antiochien, die das Evangelium annimmt und es weiterträgt, indem sie ihre Missionare zu den Heiden sendet (vgl. Ac 13,2-3). Die Urkirche lebt die Mission als gemeinsame und gemeinschaftliche Aufgabe, kennt aber »besondere Gesandte« oder »Missionare, geweiht für die Heiden«, wie Paulus und Barnabas.
62 Was von den Anfängen des Christentums an für die universale Mission unternommen wurde, behält seine Gültigkeit und Dringlichkeit bis zum heutigen Tag. Die Kirche ist ihrer Natur nach missionarisch, da der Auftrag Christi nicht bedingt und äußerlich ist, sondern das Herz der Kirche betrifft. Daraus folgt, daß die gesamte und jede einzelne Kirche zu den Völkern gesandt ist. »Damit der missionarische Eifer unter ihren Landsleuten gedeihe«, sollen sie daran teilhaben, daß die jungen Kirchen selber »möglichst bald tatsächlich an der universalen Mission der Kirche teilnehmen und Missionare aussenden, die in aller Welt das Evangelium verkünden, selbst wenn sie im eigenen Bereich noch unter Priestermangel leiden«.117 Viele handeln schon danach, und ich ermutige sie lebhaft zum Weitermachen.

In dieser wesentlichen Verbundenheit der Gesamtkirche mit den Teilkirchen entfaltet sich die wahre und volle Missionstätigkeit. »In einer Welt, die durch schrumpfende Entfernungen immer kleiner wird, müssen sich die kirchlichen Gemeinschaften untereinander zusammenschließen, Energie und Mittel austauschen und sich gemeinsam einsetzen für die eine und gemeinsame Aufgabe, das Evangelium zu verkünden und zu leben... Die sogenannten jungen Kirchen ... brauchen die Kraft der alten während diese das Zeugnis und die Energie der jüngeren nötig haben, sodaß die einzelnen Kirchen aus dem Reichtum der anderen Kirchen schöpfen können«.118


Die Erstverantwortlichen der Missionsarbeit

63 Wie der auferstandene Herr dem Apostelkollegium mit Petrus an der Spitze den Auftrag zur Weltmission übertragen hat, so liegt diese Verantwortung vor allem auf dem Kollegium der Bischöfe mit dem Nachfolger Petri an deren Spitze.119 Im Bewußtsein dieser Verantwortung sehe ich es in den Begegnungen mit den Bischöfen als meine Pflicht an, sowohl in bezug auf die Neuevangelisierung als auch auf die Weltmission, sie mit ihnen zu teilen. Ich habe mich über die Straßen der Welt auf den Weg gemacht, »um das Evangelium zu verkünden, um "die Brüder im Glauben zu stärken", um die Kirche zu trösten, um dem Menschen zu begegnen. Es sind Reisen des Glaubens... Es sind darüber hinaus Gelegenheiten zu einer Wanderkatechese, zur Verkündigung der frohen Botschaft und des apostolischen Lehramtes im vollen Umfang, auf allen Ebenen und rund um den ganzen Erdkeis«.120

Die Mitbrüder im Bischöflichen Amt sind mit mir unmittelbar für die Evangelisierung der Welt verantwortlich, sei es als Mitglieder des Bischofskollegiums, sei es als Hirten ihrer Ortskirchen. Dazu erklärt das Konzil: »Die Sorge, das Evangelium überall auf Erden zu verkündigen, geht die ganze Körperschaft der Hirten an. Ihnen allen zusammen hat Christus den Auftrag gegeben«.121 Es betont auch, daß die Bischöfe »nicht nur für die bestimmte Diözese, sondern für das Heil der ganzen Welt die Weihe empfangen« haben.122 Diese kollegiale Verantwortung hat praktische Auswirkungen. So muß »die Bischofsynode... unter den Obliegenheiten von allgemeiner Bedeutung der Missionstätigkeit als der wichtigsten und heiligsten Aufgabe der Kirche besondere Aufmerksamkeit schenken«.123 Die gleiche Verantwortung spiegelt sich - in verschiedenem Maß - in den Bischofskonferenzen und in deren Einrichtungen auf kontinentaler Ebene wider. Deshalb haben sie einen eigenen Beitrag zum Missionseinsatz anzubieten.124

Auch die Pflicht zur Mission eines jeden Bischofs als Oberhirte einer Ortskirche ist groß. Ihm fällt die Aufgabe zu, »als Haupt und einigendes Zentrum des diözesanen Apostolates die Missionstätigkeit voranzutreiben, zu lenken und zu koordinieren ... Überdies möge er Sorge tragen, daß die apostolische Tätigkeit nicht auf die schon Bekehrten beschränkt bleibe, sondern daß ein angemessener Anteil der Mitarbeiter und der Mittel für die Evangelisierung der Nichtchristen bestimmt werde«.125

64 Jede Ortskirche muß sich großzügig den Bedürfnissen der anderen öffnen. Die Zusammenarbeit der Kirchen in echter Gegenseitigkeit, die sie bereit macht zu geben und zu empfangen, ist auch eine Quelle der Bereicherung für alle und betrifft die verschiedenen Bereiche des kirchlichen Lebens. In dieser Hinsicht bleibt die Erklärung der Bischöfe von Puebla vorbildlich: »Endlich ist die Stunde für Lateinamerika gekommen ... sich über seine Grenzen hinaus ad gentes zu wenden. Gewiß, wir selbst haben noch Bedarf an Missionaren, aber wir müssen etwas von unserer Armut geben«.126

Mit diesem Geist lade ich die Bischöfe und die Bischofskonferenzen ein, großzügig zu verwirklichen, was in den »Richtlinien« vorgesehen ist, die die Kongregation für den Klerus für die Zusammenarbeit der Ortskirchen und für eine bessere Verteilung des Klerus in der Welt erstellt hat.127

Die Sendung der Kirche ist umfassender als die »Communio zwischen den Kirchen«; sie muß sich über die Hilfe für die Neuevangelisierung hinaus auch und vor allem von ihrem ausgesprochenen Missionscharakter bestimmen lassen. Ich appelliere an alle Kirchen, an die jungen und die alten, daß sie diese meine Sorge teilen, indem sie sich um eine Zunahme der Missionsberufe und die Überwindung der verschiedenen Schwierigkeiten bemühen.


Missionare und Institute ad gentes

65 Unter den Arbeitern in der Missionspastoral nehmen - wie in der Vergangenheit - immer noch jene Menschen und Institutionen einen Platz von grundlegender Bedeutung ein, denen das Dekret Ad gentes ein besonderes Kapitel mit dem Titel »Die Missionare« widmet.128 Diesbezüglich drängt sich eine gründliche Reflexion auf, die vor allem die Missionare selbst betrifft. Sie könnten durch die Veränderungen in den Missionen dazu verleitet sein, den Sinn ihrer eigenen Berufung nicht mehr zu verstehen und nicht mehr zu wissen, was die Kirche heute von ihnen eigentlich erwartet.

Bezugspunkt sind jene Worte des Konzils: »Obwohl jedem Jünger Christi die Pflicht obliegt, nach seinem Teil den Glauben auszusäen, beruft Christus der Herr aus der Schar der Jünger immer wieder solche, die er selbst will, damit sie bei ihm seien und er sie zur Verkündigung bei den Völkern aussende. Deshalb regt er durch den Heiligen Geist, der seine Gnadengaben, wie er will, zum allgemeinen Nutzen austeilt, im Herzen einzelner die Berufung zum Missionar an und erweckt gleichzeitig im Herzen der Kirche Institute, welche die Pflicht der Verkündigung des Evangeliums, die der gesamten Kirche obliegt, auf sich nehmen«.129

Es handelt sich also um eine »besondere Be- rufung«, die nach dem Beispiel der Apostel geformt ist. Sie zeigt sich in der Ganzheit des Einsatzes für den Dienst der Evangelisierung: es ist ein Einsatz, der die ganze Person und das Leben des Missionars einbezieht und von ihm eine grenzenlose Hingabe der Kräfte und der Zeit verlangt. Die mit einer solchen Berufung beschenkt sind, »gehen, von der rechtmäßigen Autorität gesandt, in gläubigem Gehorsam zu jenen, die fern von Christus sind, und sie widmen sich ausschließlich dem Werk, das sie als Diener des Evangeliums übernommen haben«.130 Die Missionare sollen stets darüber nachdenken, wie sie der ihnen geschenkten Gabe entsprechen können und ihre theologische und apostolische Weiterbildung pflegen.
66 Weiters müssen die Missions-Institute alle notwendigen Hilfsquellen nützen, indem sie ihre Erfahrung und Kreativität in Treue zu ihrem ursprünglichen Charisma zur Entfaltung bringen, um die Kandidaten angemessen vorzubereiten und sicherzustellen, daß ihre Mitglieder ihre geistlichen, moralischen und physischen Energien erneuern.131 Sie sollen sich als lebendiger Teil der kirchlichen Gemeinschaft fühlen und mit ihr geeint arbeiten. Denn, »jedes Institut ist für die Kirche geboren und dazu angehalten, diese mit seinen eigenen Merkmalen, entsprechend einem besonderen Geist und einer besonderen Sendung zu bereichern«. Über diese Treue zum ursprünglichen Charisma haben die Bischöfe selbst zu wachen.132

Die Missions-Institute sind im allgemeinen aus den Kirchen mit alter Tradition hervorgegangen und sind - historisch betrachtet - Werkzeuge der Kongregation Propaganda Fide zur Ausbreitung des Glaubens und zur Gründung neuer Kirchen gewesen. Sie nehmen heute in steigender Zahl Kandidaten aus den jungen Kirchen auf, die sie selber gegründet haben, während neue Institute gerade in den Ländern entstanden sind, die früher nur Missionare erhalten haben, heute aber solche aussenden. Diese doppelte Tendenz ist zu begrüßen. Sie erweist die Gültigkeit und die Aktualität der spezifischen Berufung zur Mission dieser Institute, die noch immer »absolut notwendig« sind:133 nicht nur wegen des missionarischen Wirkens ad gentes aus ihrer Tradition heraus, sondern auch wegen der Belebung der Mission sowohl in den Kirchen des alten Christentums als auch in jenen viel jüngeren.

Die besondere Berufung der Missionare auf Lebenszeit behält ihre volle Gültigkeit: Sie verkörpert das Beispiel des missionarischen Einsatzes der Kirche, die immer auf die radikale und ganzheitliche Hingabe angewiesen ist, auf neue und kühne Impulse. Die Missionare und die Missionarinnen, die ihr ganzes Leben dem Zeugnis des Auferstandenen unter den Völkern geweiht haben, sollen sich deshalb nicht von Zweifeln, von Unverständnis, Zurückweisung und Verfolgung einschüchtern lassen. Sie sollen die Gnade ihres besonderen Charismas wachrufen und ihren Weg mit Mut wieder aufnehmen, in dem sie die niedrigsten und schwierigsten Posten im Geist des Glaubens, des Gehorsams und in Gemeinschaft mit den eigenen Hirten bevorzugen.



Diözesanpriester für die Weltmission

67 Als Mitarbeiter des Bischofs sind die Priester kraft des Weihesakramentes aufgerufen, die Sorge für die Mission mit ihm zu teilen. »Die geistliche Gabe, die die Priester in der Weihe empfangen haben, bereitet sie nicht auf eine begrenzte und enge Sendung vor, sondern auf eine umfassende und allgemeine Heilssendung im weitesten Sinn, "bis an die äußersten Grenzen der Erde"; denn jeder priesterliche Dienst hat an der weltumfassenden Sendung Anteil, die Christus den Aposteln anvertraut hat.«134 Infolgedessen muß schon die Ausbildung der Kandidaten für das Priestertum das Ziel haben, ihnen »jenen wahrhaft katholischen Geist zu vermitteln, der sie daran gewöhnt, über die Grenzen der eigenen Diözese, der Nation oder des Ritus hinauszuschauen, um so auf die Bedürfnisse der Weltmission einzugehen und überall für die Verkündigung des Evangeliums bereit zu sein«.135 Alle Priester müssen ein missionarisches Herz und eine missionarische Mentalität haben. Sie müssen offen sein für die Bedürfnisse der Kirche und der Welt; sie müssen auch die Fernstehenden beachten und vor allem die nichtchristlichen Gruppen in ihrer eigenen Umgebung. Im Gebet und besonders im eucharistischen Opfer mögen sie die Sorge der ganzen Kirche für die ganze Menschheit mittragen.

Besonders die Priester, die sich in Gebieten einer christlichen Minderheit befinden, sollten von einzigartigem Eifer und missionarischem Engagement bewegt sein: der Herr vertraut ihnen nicht bloß die Seelsorge für die christliche Gemeinde an, sondern auch und vor allem die Evangelisierung jener Mitbürger, die nicht zu seiner Herde gehören. Sie »werden sich dem Heiligen Geist und dem Bischof ganz konkret zur Verfügung zu stellen versuchen, um zur Verkündigung des Evangeliums jenseits der Grenzen ihres Landes ausgesandt zu werden. Das erfordert von ihnen nicht bloß eine ausgereifte Berufung, sondern auch eine ungewöhnliche Fähigkeit, sich vom eigenen Vaterland, dem eigenen Volk und der eigenen Familie loszulösen, sowie eine besondere Eignung, sich mit Klugheit und Ehrfurcht in die Kulturen einzuleben«.136
68 In der Enzyklika Fidei Donum hat Papst Pius XII. mit prophetischer Sicht die Bischöfe ermutigt, einige ihrer Priester für einen zeitweiligen Dienst den Kirchen Afrikas freizustellen, indem er die schon vorhandenen Initiativen approbierte. 25 Jahre später wollte ich die große Neuerung dieses Dokumentes unterstreichen, »das die territoriale Dimension des priesterlichen Dienstes überwinden und ihn der ganzen Kirche zuzuweisen half«.137 Heute bestätigen sich die Gültigkeit und die Fruchtbarkeit dieser Erfahrung: in der Tat, die sogenannten Fidei-Donum-Priester machen in einzigartiger Weise das Band der Einheit zwischen den Kirchen offenbar. Sie leisten für die bedürftigen kirchlichen Gemeinden einen kostbaren Beitrag und erfahren ihrerseits von ihnen Frische und Lebendigkeit des Glaubens. Freilich ist es nötig, daß der Missionsdienst des Diözesanpriesters gewissen Kriterien und Bedingungen entspricht. Man sollte Priester schicken, die aus den Besten ausgewählt wurden und die für die besondere Arbeit, die sie erwartet, geeignet und richtig vorbereitet sind.138 Sie müssen sich in die neue Umgebung der Kirche, die sie aufnimmt, mit offenem und brüderlichem Geist einfügen und unter der Autorität des Bischofs mit den Ortspriestern ein einziges Presbyterium bilden.139 Ich wünsche mir, daß der Geist des Dienstes bei den Priestern der alten Kirche wachse und auch bei denen der jüngeren Kirchen weiter gefördert werde.


Die missionarische Fruchtbarkeit der Weihe

69 Die Berufungen der Institute des geweihten Lebens gehören zum unerschöpflichen und vielfältigen Reichtum des Geistes. Ihre Mitglieder sind von dem Augenblick an, wo sie sich kraft ihrer Weihe dem Dienst der Kirche anbieten, zum Auftrag verpflichtet, ihre Arbeit in besonderer Weise als Missionsarbeit zu leisten, in einem dem Institut entsprechenden Stile.140 Die Geschichte bestätigt die großen Verdienste der Ordensfamilien bei der Ausbreitung des Glaubens und der Bildung neuer Kirchen: von den alten monastischen Einrichtungen zu den mittelalterlichen Orden bis zu den neuzeitlichen Kongregationen.

a) Dem Konzil folgend, lade ich die Institute des kontemplativen Lebens ein, Kommunitäten bei den jungen Kirchen zu errichten, um »unter den Nicht-Christen ein herrliches Zeugnis der Majestät und der Liebe Gottes wie auch der Einheit in Christus zu geben«.141 Diese Anwesenheit in der nichtchristlichen Welt ist überall wohltuend, besonders in jenen Gegenden, wo die Religionen das kontemplative Leben in der Askese und bei der Suche des Absoluten besonders hochschätzen.

b) Die Institute des aktiven Lebens verweise ich auf das überaus weite Feld der tätigen Liebe, der Verkündigung des Evangeliums, der christlichen Erziehung, der Kultur und der Solidarität mit den Armen und Benachteiligten, mit den Randgruppen und Unterdrückten. Diese Institute mögen sich - unabhängig davon, ob sie einen direkt missionarischen Zweck anstreben oder nicht - nach ihren Möglichkeiten und ihrer Verfügbarkeit fragen, ihr eigene Arbeit auszuweiten auf die Verbreitung des Reiches Gottes hin. Dieses Anliegen wurde in jüngster Zeit von nicht wenigen Instituten aufgegriffen. Aber ich möchte, daß es um eines authentischen Dienstes willen noch besser beachtet und verwirklicht werde. Die Kirche muß die großen Werte des Evangeliums, deren Trägerin sie ist, bekannt machen. Niemand bezeugt diese Werte wirksamer als der, der ein geweihtes Leben in Keuschheit, Armut und Gehorsam, in der Ganzhingabe an Gott und in voller Verfügbarkeit gelobt, um den Menschen und der Gesellschaft nach dem Beispiel Christi zu dienen.142

70 Ein besonderes Wort der Anerkennung richte an die Missionsschwestern, deren jungfräuliches Leben für das Reich Gottes vielfältige Früchte einer geistlichen Mutterschaft trägt. Gerade die Sendung ad gentes bietet ihnen ein überaus weites Feld, »sich aus Liebe voll und ungeteilt hinzugeben«.143 Das Beispiel und der Arbeitseifer einer ehelos gebliebenen Frau, die ihr Leben der Liebe zu Gott und dem Nächsten, insbesondere dem Ärmsten geweiht hat, ist als Zeichen des Evangeliums für jene Völker und Kulturen unentbehrlich, wo die Frau noch einen weiten Weg bezüglich ihrer menschlichen Förderung und Befreiung zurücklegen muß. Ich wünsche mir, daß viele junge, christliche Frauen es anziehend finden, sich Christus großzügig anzubieten und daß sie aus ihrer Weihe die Kraft und die Freude schöpfen, ihn unter jenen Völkern zu bezeugen, die ihn noch nicht kennen.


Alle Laien sind Kraft der Taufe Missionare

71 Die Päpste der jüngeren Zeit haben die Bedeutung der Rolle der Laien in der Missionsarbeit sehr hervorgehoben.144 In der Apostolischen Exhorte Christifideles laici habe auch ich »die ständige Sendungsaufgabe, das Evangelium denen zu verkünden, die Christus, den Erlöser des Menschen, noch nicht kennen - und das sind Millionen und Abermillionen von Männern und Frauen« sowie die entsprechende Verpflichtung der gläubigen Laien ausdrücklich behandelt.145 Es ist die Sendung des ganzen Volkes Gottes; auch wenn die Gründung einer neuen Kirche die Eucharistie und daher den priesterlichen Dienst erfordert, ist die Mission, die sich ja in verschiedenen Formen entfaltet, durchaus eine Aufgabe aller Gläubigen.

Die Teilnahme der Laien an der Ausbreitung des Glaubens seit den ersten Zeiten des Christentums steht sowohl auf der Ebene der einzelnen Gläubigen und Familien als auch auf der ganzen Gemeindeebene eindeutig fest. Schon Papst Pius XII. rief dies in Erinnerung, als er in seiner ersten Missionsenzyklika auf die bewegte Geschichte der Laienmission aufmerksam machte.146 In der Neuzeit hat es nicht an der aktiven Mitarbeit von Laien-Missionaren gefehlt.

Wie könnten wir die wichtige Rolle vergessen, die diese gespielt haben? Wie ihre Arbeit in den Familien, in den Schulen, im politischen, sozialen, kulturellen Leben und vor allem ihren Unterweisung in der christlichen Lehre? Im Gegenteil, wir müssen - zu ihrer großen Ehre - anerkennen, daß eine Reihe von Kirchen nur dank des Wirkens der Laien-Missionare und -Missionarinnen entstehen konnte.

Das Zweite Vatikanum hat diese Tradition bestätigt. Es hat den missionarischen Charakter des ganzen Volkes Gottes erläutert, besonders das Apostolat der Laien.147 Und es hat den besonderen Beitrag unterstrichen, den sie in der Missionsarbeit zu leisten berufen sind.148 Daß alle Gläubigen diese Verantwortung mittragen, ist nicht nur eine Frage der apostolischen Wirksamkeit, sondern ist eine Pflicht und ein Recht, das in der Taufwürde gründet, wodurch »die gläubigen Laien ihren bestimmten Anteil haben an dem dreifachen Amt Jesu Christi - dem priesterlichen, prophetischen und königlichen«.149 Sie sind daher »allgemein verpflichtet und haben das Recht, sich sowohl als Einzelne als auch in Vereinigungen dafür einzusetzen, daß die Heilsverkündigung von jedem Menschen an jedem Ort erkannt und angenommen werde; diese Verpflichtung bindet sie noch mehr in jenen Situationen, in denen die Menschen das Evangelium nicht hören und Christus nicht kennen können, es sei denn durch ihre Vermittlung«.150

Außerdem haben sie wegen ihres ihnen eigenen weltlichen Charakters die besondere Berufung, »das Reich Gottes zu suchen, indem sie sich mit den zeitlichen Dingen befassen und sie auf Gott hin ausrichten«.151
72 Die Bereiche missionarischer Präsenz und Wirksamkeit der Laien sind sehr breit gestreut. »Das erste Feld... ist die weite und komplizierte Welt der Politik, der sozialen Wirklichkeit, der Wirtschaft...«152 auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Innerhalb der Kirche bieten sich verschiedene Arten des Dienstes, der Funktionen, der Ämter und Formen der Hinführung zum christlichen Leben an. Ich denke dabei an eine Neuheit in der jüngsten Zeit in nicht wenigen Kirchen: an die große Entfaltung von »kirchlichen Bewegungen«, die von einer starken missionarischen Kraft geprägt sind. Wenn sie sich in Demut in das Leben der Ortskirchen einfügen und von Bischöfen und Priestern herzlich in die Diözesan- und Pfarrstrukturen aufgenommen werden, bilden diese Bewegungen ein wahres Gottesgeschenk für die Neuevangelisierung und die Missionsarbeit im eigentlichen Sinn des Wortes. Ich empfehle daher, sie zu propagieren und einzubeziehen, um vor allem unter den Jugendlichen dem christlichen Leben und der Evangelisierung aus einer pluralistischen Sicht der Vereins- und Ausdrucksformen wieder neue Kraft zu verleihen.

In der Missionstätigkeit müssen die verschiedenen Formen des Laientums aufgewertet und deren Natur und Zielrichtung beachtet werden: missionarische Laienvereinigungen, christliche Organe des internationalen freiwilligen Dienstes, kirchliche Bewegungen, Gruppen und Vereine verschiedener Art, sie alle seien in der Mission ad gentes und in der Zusammenarbeit mit den Ortskirchen engagiert. Auf diese Weise wird das Wachstum »jenes reifen und verantwortlichen Laientums« begünstigt, dessen »Formung in den jungen Kirchen als wesentliches und unverzichtbares Element der Plantatio Ecclesiae angesehen wird«.153

Die Arbeit der Katecheten und die Verschiedenheit der Ämter

73 Zu den Laien, die Verkündiger werden, zählen vorrangig die Katecheten. Das Missions-Dekret definiert sie als »jene lobwürdige Schar, die sich um das Missionswerk unter den Völkern sehr verdient gemacht hat ... Von apostolischem Geist bewegt, leisten sie unter großen Opfern einen einzigartigen und unersetzbaren Beitrag zur Ausbreitung des Glaubens und der Kirche«.154 Nicht ohne Grund haben die Kirchen von altersher die Zahl der Katecheten vermehrt und die Katechese intensiviert, wenn sie eine neue Evangelisierung begannen. »Es sind die Katecheten in den Missionsgebieten, die in ganz besonderer Weise diesen Titel "Katecheten" verdienen. Heute blühende Kirchen hätten ohne sie nicht aufgebaut werden können«.155

Auch bei der Vermehrung der kirchlichen und außerkirchlichen Dienste bleibt das Katecheten-Amt mit seinem ihm eigenen Charakter immer wichtig: die Katecheten sind spezialisierte Arbeiter, direkte Zeugen, unersetzbare Verkündiger. Sie bilden die Grundkraft der christlichen Gemeinden, besonders in den jungen Kirchen. Ich habe dies auf meinen Missionsreisen schon öfters gesagt und festgestellt. Der neue Kodex des Kirchenrechts anerkennt ihre Aufgaben, Qualitäten und Erfordernisse.156

Man darf jedoch nicht vergessen, daß die Arbeit der Katecheten wegen der gegenwärtigen kirchlichen und kulturellen Veränderungen immer schwieriger und anspruchsvoller wird. Deshalb gilt weiterhin, was schon das Konzil angeregt hat: es braucht eine sorgfältigere theoretische und pädagogische Vorbereitung, die ständige spirituelle und apostolische Erneuerung, und es ist notwendig, den Katecheten »einen angemessenen Lebensstandard und eine soziale Sicherheit zu garantieren«.157 Es ist auch wichtig, die Errichtung und Stärkung von regionalen, nationalen und internationalen - von den Bischofskonferenzen approbierten - Katecheten-Schulen zu fördern, die offiziell von letzteren anerkannte Titel verleihen können.158
74 Neben den Katecheten sind die anderen Formen des Dienstes für das Leben der Kirche und für die Mission zu erwähnen und die übrigen Personengruppen: die Förderer des Gebets, des Gesanges und der Liturgie, die Leiter kirchlicher Basisgemeinden und Bibelrunden, die Beauftragten der Caritas, die Verwalter der Kirchen-Einkünfte, die Leiter verschiedener apostolischer Vereinigungen, die Religionslehrer in den Schulen. Alle gläubigen Laien sollen der Kirche einen Teil ihrer Zeit widmen, indem sie ein überzeugtes Glaubensleben führen.


Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker und die übrigen Strukturen der Missionstätigkeit

75 Die Verantwortlichen und die Mitarbeiter der Missionspastoral sollen sich in der Gemeinschaft vereint fühlen, die den mystischen Leib kennzeichnet. Dafür hat Christus beim Letzten Abendmahl gebetet: »Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so seien auch sie in uns eins, damit die Welt glaube, daß du mich gesandt hast« (Jn 17,21). Der Grund der Fruchtbarkeit der Mission besteht genau darin.

Aber die Kirche ist auch eine sichtbare und organische Gemeinschaft; deshalb macht die Mission auch eine äußere und geordnete Einheit mit verschiedener Verantwortung und Ämtern erforderlich, in der Weise, daß alle Glieder »in voller Einmütigkeit ihre Kräfte auf den Aufbau der Kirche richten«.159

»Es ist Aufgabe der Missions-Kongregation, in der ganzen Welt das Werk der Evangelisierung der Völker und der Zusammenarbeit in der Mission zu leiten und zu koordinieren, unter Wahrung des Rechts der Kongregation für die orientalischen Kirchen«.160 Das heißt, »es ist ihre Aufgabe, sich um Missionare zu bemühen und sie entsprechend der Vordringlichkeit der Bedürfnisse zu verteilen ..., einen organischen Aktionsplan auszuarbeiten, Leitlinien und entsprechende Prinzipien für die Evangelisierung zu erlassen und den Anfangsimpuls zu setzen«.161 Ich kann diese weisen Bestimmungen nur bestätigen: um die Mission ad gentes neu zu beleben, ist ein Animations-, Leitungs- und Koordinierungs-Zentrum nötig, d.i. die Kongregation für die Evangelisierung. Ich lade die Bischofskonferenzen und ihre Organe, die Höheren Ordensoberen, die Kongregationen und Institute, die Laien-Organe, also alle, die in der Missionsarbeit engagiert sind, ein, mit der genannten Kongregation verlässlich zusammenzuarbeiten. Sie besitzt die nötige Autorität, um die Missionsarbeit und Zusammenarbeit auf Weltebene zu programmieren und zu leiten.

Eben diese Kongregation, die eine lange und ruhmreiche Geschichte hat, soll auch eine Hauptrolle einnehmen auf der Ebene der Reflexion und der Aktionsprogramme, derer die Kirche bedarf, um sich der Mission in ihren verschiedenen Formen entschiedener zuzuwenden. Zu diesem Zweck muß die Kongregation enge Beziehungen zu den anderen Ämtern des Heiligen Stuhls, zu den Ortskirchen und den Missionswerken pflegen. In einer Ekklesiologie der Gemeinschaft ist die ganze Kirche missionarisch; gleichzeitig erweisen sich aber besondere Berufungen und Institutionen für die Arbeit ad gentes als unverzichtbar. Die Führungs- und Koordinierungsrolle der Missionskongregation bleibt sehr wichtig, um gemeinsam die großen Fragen von allgemeinem Interesse anzugehen, unter Wahrung der eigenen Zuständigkeiten jeder Autorität und Struktur.
76 Für die Ausrichtung und Koordinierung der Missionstätigkeit auf nationaler und regionaler Ebene haben die Bischofskonferenzen und ihre verschiedenen Gruppierungen große Bedeutung. Von ihnen verlangt das Konzil, daß sie »schwerwiegendere Fragen und dringende Probleme in gemeinsamer Beratung behandeln, ohne jedoch die örtlich gegebenen Unterschiede zu vernachlässigen«.162 Das gilt auch für das komplizierte Problem der Inkulturation. Tatsächlich gibt es schon eine große und regelrechte Aktion auf diesem Gebiet und die Früchte sind sichtbar. Es ist eine Aktion, die intensiviert und mit der anderer Organe derselben Konferenzen besser abgestimmt werden muß, damit die Sorge für die Mission nicht auf einen bestimmten Sektor oder eine Gruppe begrenzt bleibe, sondern von allen gemeinsam wahrgenommen werde.

Alle betroffenen Organe und Institutionen, die sich um die Missionsarbeit kümmern, sollen ihre Anstrengungen und Initiativen sinnvollerweise verbinden. Ebenso mögen sich die Konferenzen der Höheren Oberen in ihrem Bereich bemühen, in Kontakt mit den Bischofskonferenzen, entsprechend den festgelegten Weisungen und Normen163 und indem sie auch auf gemischte Kommissionen zurückgreifen.164 Schließlich sind auch Treffen und Formen der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Missionsinstituten in bezug auf die Ausbildung und das Studium165 oder auf die Durchführung einer apostolischen Aktion wünschenswert.


Kapitel VII

Die Zusammenarbeit in der Missionstätigkeit


77 Als Glieder der Kirche aufgrund der Taufe sind alle Christen für die Missionstätigkeit mitverantwortlich. Die Teilnahme der Gemeinden und der einzelnen Gläubigen an diesem Recht und dieser Pflicht bezeichnen wir als »Zusammenarbeit in der Mission«.

Eine solche Zusammenarbeit hat ihre Wurzeln und lebt aus der persönlichen Einheit mit Christus. Nur wenn alle mit ihm eins sind wie die Reben mit dem Weinstock (vgl.
Jn 15,5), können gute Früchte hervorgebracht werden. Ein heilig geführtes Leben ermöglicht es jedem Christen, in der Mission der Kirche fruchtbar zu sein: »Das Heilige Konzil lädt alle zu einer tiefen, inneren Erneuerung ein, auf daß sie, aufgrund eines lebendigen Bewußtseins der eigenen Verantwortlichkeit für die Verbreitung des Evangeliums, ihren Anteil an der Missionstätigkeit ad gentes übernehmen«.166

Die Teilnahme an der Weltmission beschränkt sich daher nicht auf einige wenige Aktivitäten, sondern ist das Zeichen des gereiften Glaubens und eines christlichen Lebens, das Früchte trägt. So weitet der Gläubige die Grenzen seiner Liebe aus und kümmert sich um die, die weit weg sind ebenso wie um die, die nahe sind: er betet für die Missionen und um Missionsberufe, er unterstützt die Missionare und verfolgt ihre Arbeit mit Interesse; und wenn sie zurückkehren, nimmt er sie mit jener Freude auf, mit der die ersten christlichen Gemeinden von den Aposteln die Wundertaten erfuhren, die Gott durch ihre Predigt gewirkt hatte (vgl. Ac 14,27).


Gebet und Opfer für die Missionare

78 Unter den Formen der Teilnahme kommt der geistlichen Zusammenarbeit der erste Platz zu: Gebet, Opfer, Zeugnis des christlichen Lebens. Das Gebet muß den Weg der Missionare begleiten, damit die Verkündigung des Wortes durch die göttliche Gnade wirksam werde. Der hl. Paulus bittet in seinen Briefen die Gläubigen oft um ihr Gebet für ihn, damit er das Evangelium mit Vertrauen und Freimut zu verkünden in der Lage sei.

Mit dem Gebet muß notwendigerweise das Opfer verbunden werden. Der heilbringende Wert jedes angenommenen und Gott in Liebe aufgeopferten Leidens hat seinen Ursprung im Opfer Christi, der die Glieder seines mystischen Leibes aufruft, sich mit seinem Leiden zu vereinigen und sie im eigenen Fleisch zu vollenden (vgl.
Col 1,24). Das Opfer des Missionars muß von jenem aller Gläubigen geteilt und unterstützt werden.

Deshalb lege ich denen, die ihren pastoralen Dienst unter Kranken leisten, ans Herz, diese über den Wert des Leides zu unterweisen und sie zu ermutigen, es Gott für die Missionare aufzuopfern. Mit einem solchen Opfer werden auch die Kranken selber zu Missionaren, wie einige unter ihnen und für sie entstandene Bewegungen unterstreichen. Auch die Feier des Pfingstfestes - des Beginnes der Missionskirche - wird in manchen Gemeinden als »Tag des Leidens für die Missionen« gefeiert.



Redemptoris missio 60