(Contra Haereses) 421

21. Kapitel: Abraham und die Patriarchen als Typen des Neuen Bundes

421 1.

Daß aber auch in Abraham unser Glaube im voraus dargestellt wurde und der Patriarch unseres Glaubens und gleichsam Prophet war, hat der Apostel ganz deutlich im Briefe an die Galater ausgesprochen, indem er sagt: „Der also euch den Geist verleiht und Wunder unter euch wirkt,[88] aus den Werken des Gesetzes oder aus dem Anhören des Glaubens? Wie Abraham Gott glaubte, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit angerechnet. Erkennet also, daß die aus dem Glauben Söhne Abrahams sind! Indem aber die Schrift voraussah, daß aus dem Glauben Gott die Heiden rechtfertigt, verkündete sie dem Abraham, daß in ihm gesegnet werden sollen alle Völker, Die also aus dem Glauben sind, werden gesegnet mit dem gläubigen Abraham“ (Galt. 3,5 ff.). Deshalb nannte er ihn nicht nur einen Propheten des Glaubens, sondern den Vater derer, die aus den Heiden an Jesus Christus glauben; denn er und wir haben denselben Glauben: er glaubte an das Zukünftige, als wenn es schon eingetreten wäre, wegen der Verheißung Gottes; und ähnlich suchen auch wir durch den Glauben unsere Erbschaft, die im Himmelreiche ist, wegen der Verheißung Gottes.



2.

Ebenso ist Isaaks Geschichte nicht ohne Bedeutung. Im Briefe an die Römer sagt der Apostel: „Doch auch Rebekka, die aus einem Beischlaf mit Isaak, unserem Vater, empfangen hatte, erhielt von dem Worte die Antwort, damit gemäß der Erwählung der Ratschluß Gottes verbleibe; nicht aus den Werken, sondern aus dem, der da rief, wurde ihr gesagt: Zwei Völker in deinem Leibe, zwei Stämme in deinem Schoße, und ein Volk wird das andere überwinden, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen“ (
Rm 9,10 ff.). Somit ist es klar, daß nicht nur die Verheißungen der Patriarchen, sondern auch die Niederkunft der Rebekka auf zwei Völker hinwies, von denen das eine größer, das andere kleiner sein werde, das eine in Knechtschaft, das andere frei, obwohl beide von ein und demselben Vater stammten. So haben wir und jene ein und denselben Gott, der das Verborgene kennt und alles weiß, bevor es geschieht, und deswegen sagte er: „Den Jakob liebte ich, aber den Esau haßte ich“ (Ebd. 9,13).



3.

Durchforscht man aber die Taten Jakobs, so wird man finden, daß sie nicht inhaltlos, sondern voll Bedeutung sind. Schon bei der Geburt ergriff er die Ferse seines Bruders und wurde Jakob genannt, d. h. Beinsteller. Er wurde nicht gehalten, sondern hielt, er wurde nicht gebunden, sondern band die Füße, er kämpfte und errang den Sieg, er ergriff mit der Hand die Ferse des Gegners, d. h. den Sieg. Dazu wurde der Herr geboren, dessen Vorbild jene Geburt war, denn Johannes sagt von ihm in der Apokalypse: „Er ging hinaus siegend, um zu siegen“ (Ap 6,2). Dann erhielt er die Rechte der Erstgeburt, da sein Bruder sie geringschätzte; so nahm auch das jüngere Volk den erstgeborenen Christus auf, während ihn das ältere Volk verwarf, als es sprach: „Wir haben keinen König als den Cäsar“ (Jn 19,15)In Christus aber ist der ganze Segen, deswegen riß das spätere Volk die Segnungen des früheren Volkes vom Vater an sich, wie Jakob den Segen Isaaks davontrug. Deswegen ertrug der Bruder die Nachstellungen und Verfolgungen seines Bruders, wie auch die Kirche dasselbe von den Juden erleidet. In der Fremde wurden die zwölf Stämme, das Geschlecht Israels geboren, so wie auch Christus in der Fremde den zwölfsäuligen Grundstein seiner Kirche legen sollte. Verschiedene Schafe wurden dem Jakob als Lohn, und Christi Lohn wurden die Menschen, die aus den verschiedenen und entlegenen Völkern zu einer Schar des Glaubens sich zusammenfinden, wie ihm der Vater versprochen hat: „Fordere von mir, und ich werde dir geben die Heiden zu deinem Erbe and zu deinem Besitz die Grenzen der Erde“ (Ps 2,8). Und wie Jakob für die Menge der Söhne des Herrn Prophet wurde und notwendigerweise aus zwei Schwestern Söhne zeugte, so Christus aus den beiden Gesetzen ein und desselben Vaters, aber auch aus den Mägden, um anzuzeigen, daß Christus sowohl aus den dem Fleische nach Freien, wie aus den Sklaven Söhne Gottes erzeugt, indem er allen in gleicher Weise den Geist schenkt, der uns lebendig macht. All das aber tat er wegen der schönen Augen der jüngeren Rachel, welche die Kirche bedeutet, deretwegen Christus aushielt. Damals schon tat er durch seine Patriarchen und Propheten die Zukunft durch Bilder und Prophezeiungen kund, bereitete seinen Anteil für die Heilseinrichtungen Gottes vor, gewöhnte sein Erbe, Gott zu gehorchen, Fremdling in dieser Welt zu sein, dem Worte zu folgen, und die künftigen Dinge zu verkünden. Denn nichts ist bei Gott inhaltlos und ohne Bedeutung.





22. Kapitel: Typische Handlungen Christi

422 1.

In den letzten Zeiten aber, da die Fülle der Zeit der Freiheit kam, wusch das Wort persönlich den Schmutz der Tochter Sions ab (
Is 4,4) , indem es mit eigenen Händen seinen Jüngern die Füße wusch (Jn 13,5) . Denn das ist das Ende des menschlichen Geschlechtes, das Gott zum Erbe hat, daß, wie im Anfang wir durch die ersten Menschen alle in die Knechtschaft gebracht wurden durch die Schuld des Todes, so jetzt am Ende der Zeit durch den letzten Menschen alle, die von Anfang an seine Schüler waren, gereinigt und abgewaschen von der Todesschuld, in das Leben Gottes eintreten. Denn der den Jüngern die Füße wusch, reinigte den ganzen Körper und machte ihn sauber. Deshalb reichte er ihnen auch als sie bei Tische lagen (Lc 14,18) , Speise, um anzudeuten, daß er gekommen sei, um denen, die auf der Erde daniederlagen, das Leben zu bringen. So sagt Jeremias; „Es erinnerte sich der Herr, der Heilige Israels, seiner Toten, die vorher eingeschlafen waren im Land des Begrabens; und er stieg zu ihnen hinab, um ihnen sein Heil zu verkünden und sie zu retten“[89] . Deswegen waren auch die Augen der Jünger beschwert, als Christus zum Leiden kam (Mc 14,40) , und als der Herr sie schlafend fand, ließ er sie zunächst dabei (Mt 26,43 f.) , um die Geduld Gottes bei dem Schlaf der Menschen anzuzeigen; als er aber das zweitemal kam, weckte er sie (Mt 26,46) und richtete sie auf, um anzuzeigen, daß sein Leiden die Auferweckung der schlafenden Schüler ist, deretwegen er auch „hinabstieg in das Untere der Erde“ (Ep 4,9), um das Unfertige der Schöpfung mit seinen Augen zu sehen, wovon er auch zu seinen Jüngern sprach: „Viele Propheten und Gerechte wünschten zu sehen und zu hören, was ihr sehet und höret“ (Mt 13,17).



2.

Denn nicht allein wegen derjenigen, die zu der Zeit des Kaisers Tiberius an ihn glaubten, kam Christus, noch allein wegen der Menschen, die jetzt leben, traf der Vater seine Fürsorge, sondern wegen aller Menschen ohne Ausnahme, die von Anfang an, jeder gemäß seinen Kräften in seiner Art, Gott fürchteten und liebten, in Gerechtigkeit und Frömmigkeit gegen den Nächsten wandelten und begehrten, Christus zu sehen und seine Stimme zu hören. Deshalb wird er diese alle bei seiner zweiten Ankunft vom Schlafe auferwecken und sie aufrichten, ebenso wie die übrigen, die gerichtet werden sollen, und sie einsetzen in sein Reich. Denn der eine Gott, der die Patriarchen auf seine Heilsordnung führte, „rechtfertigte die Beschneidung aus dem Glauben und die Vorhaut durch den Glauben“ (Rm 8,30). Denn wie wir in den ersten im voraus dargestellt und verkündet wurden, so werden jene wieder in uns, d. h, in der Kirche, abgebildet und empfangen den Lohn für ihre Arbeit.





23. Kapitel: Die Propheten erleichterten den Aposteln die Arbeit

423 1.

Deswegen sprach der Herr zu seinen Jüngern: „Siehe, ich sage euch, erhebet eure Augen und sehet die Gegenden, daß sie weiß sind zur Ernte. Denn der Schnitter empfängt seinen Lohn und sammelt die Frucht zum ewigen Leben, damit Sämann und Schnitter zugleich sich freuen. Darin nämlich ist das Wort wahr, daß ein anderer sät, und ein anderer erntet. Ich sandte euch nämlich vor, zu ernten, was ihr nicht gearbeitet habt. Andere haben gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten“ (
Jn 4,35 ff.). Wer sind nun die Arbeiter, die den Anordnungen Gottes gedient haben? Offenbar die Patriarchen und Propheten, die unsern Glauben im voraus dargestellt haben und in die Erde hineinsäten, was und wie die Ankunft des Sohnes Gottes sein werde, damit die Menschen, die nach ihnen kommen würden, Gott fürchteten und, eingeführt von den Propheten, die Ankunft Christi leicht annähmen. Deshalb sagte der Engel im Schlafe zu Joseph, als dieser erkannt hatte, daß Maria schwanger war, und daran dachte, sie heimlich zu entlassen: „Fürchte dich nicht, zu dir zu nehmen Maria, dein Weib, denn was sie im Leibe hat, ist vom Heiligen Geiste. Sie wird aber einen Sohn gebären, und du wirst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird retten sein Volk von seinen Sünden“ (Mt 1,20 f.), Und ihm ratend fügte er hinzu: „Dies Ganze aber ist geschehen, damit erfüllt würde, was gesagt ist von dem Herrn durch den Propheten, der da spricht: Siehe, die Jungfrau wird im Mutterleib empfangen und einen Sohn gebären, und sein Name wird genannt werden Emmanuel“ (Ebd. 1,22 f.). So beruft er sich auf die Propheten und entschuldigt Maria, indem er zeigt, daß sie jene sei, die von dem Propheten als die Jungfrau verheißen war, die den Emmanuel gebären sollte. So war ohne Zweifel Joseph überzeugt und nahm Maria zu sich und leistete in der gesamten Erziehung Christi freudigen Gehorsam, indem er die Reise nach Ägypten auf sich nahm und, von dort zurückgekehrt, nach Nazareth übersiedelte. Doch die die Schrift und die Verheißung Gottes und die Anordnung Christi nicht kannten, nannten ihn den Vater des Knaben. Deshalb las auch der Herr in Kapharnaum die Prophezeiungen des Isaias; „Der Geist des Herrn ist über mir, deswegen hat er mich gesalbt; zu verkünden den Armen, schickte er mich; zu heilen, die betrübten Herzens; zu verkünden den Gefangenen Verzeihung und den Blinden das Gesicht“ (Lc 4,18). Dann zeigte er, daß in ihm diese Prophezeiung des Isaias erfüllt sei, indem er zu ihnen sprach: „Heute ist erfüllt diese Schrift in euren Ohren“ (Ebd. 4,21).



2.

Als daher Philippus den Eunuchen der Königin von Äthiopien bei dem Lesen der Stelle fand: „Wie ein Schaf ist er zum Schlachten geführt, und wie ein Lamm stumm vor dem, der es schert, so tat er seinen Mund nicht auf. In der Erniedrigung ist weggenommen sein Gericht“ (Is 53,7)und alles, was der Prophet weiter über sein Leiden, über seine Ankunft im Fleische, über die Schmach, die ihm zugefügt wurde von denen, die nicht an ihn glaubten, berichtet hat, da bewog er ihn leicht zu glauben, daß Jesus Christus derjenige ist, der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde und gelitten hat und was sonst der Prophet verkündigte, und daß er der Sohn Gottes ist, der den Menschen das ewige Leben gibt. Und sogleich, nachdem er ihn getauft hatte, verließ er ihn. Denn weiter fehlte dem nichts, der von den Propheten im voraus unterrichtet worden war. Gott Vater und seinen Umgang mit den Menschen kannte er, nur nicht die Ankunft des Sohnes Gottes; nachdem er diese in aller Kürze erfahren hatte, setzte er seinen Weg in Freuden fort als der künftige Herold der Ankunft Christi in Äthiopien. Deshalb gab sich Philippus mit ihm nicht große Mühe, da er von den Propheten in der Furcht Gottes erzogen war. Deswegen haben auch die Apostel, als sie die verlorenen Schafe aus dem Hause Israel sammelten, zu ihnen bloß von den Schriften gesprochen und ihnen gezeigt, daß der gekreuzigte Jesus Christus, der Sohn des lebendigen Gottes sei, und überzeugten eine große Menge, die ja schon die Furcht Gottes hatten, und an einem Tage wurden getauft dreitausend Menschen und dann vier- und fünftausend.





24. Kapitel: Die apostolische Arbeit bei den Heiden war schwieriger

424 1.

Deshalb sagt auch Paulus, der Apostel der Heiden: „Mehr als sie alle habe ich gearbeitet“ (
1Co 15,10). Denn bei jenen war der Unterricht leicht, da sie die Beweise aus den Schriften hatten; und die auf Moses und die Propheten hörten, nahmen auch leicht den Erstgeborenem von den Toten und den Urheber des göttlichen Lebens auf, der durch die Ausstreckung der Hände die Amalekiter vernichtete und den Menschen von dem Biß der Schlange durch den Glauben an ihn lebendig machte. Die Heiden aber mußte der Apostel, wie wir im vorigen Buche gezeigt haben, zuerst anleiten, von dem Aberglauben des Götzendienstes abzustehen und den einen Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde und Urheber der gesamten Schöpfung zu verehren, und sie lehren, daß sein Sohn das Wort sei, durch welches er alles erschaffen hat, daß dieser in der letzten Zeit Mensch unter den Menschen geworden sei, das Menschengeschlecht erneut und den Feind des Menschen niedergeworfen und besiegt habe und seinem Geschöpfe den Sieg gegen seinen Widersacher geschenkt habe.



2.

Und wenn auch die aus der Beschneidung nicht nach dem Worte Gottes lebten, weil sie es verachteten, so waren sie doch im voraus unterrichtet, nicht ehezubrechen, nicht zu huren, nicht zu stehlen, nicht zu betrügen, und daß alles, was dem Nächsten zum Nachteil gereicht, böse ist und ein Abscheu vor Gott. Deswegen waren sie auch leicht zu bewegen, sich davon zu enthalten, da sie es ja so gelernt hatten.



3.

Die aus den Heiden aber mußten eben dies erst lernen, daß derartige Handlungen böse, verwerflich, unnütz, ja schädlich seien für die, welche sie begehen. Deshalb arbeitete mehr, der das Apostolat für die Heiden empfangen hatte, als die, welche in der Beschneidung den Sohn Gottes verkündeten. Diesen kamen die Schriften zu Hilfe, die der Herr bestätigt und erfüllt hat, indem er so kam, wie er verkündigt war. Jene aber erhielten den fremden Unterricht und die neue Lehre, daß ihre Götter nicht nur nicht Götter waren, sondern lediglich Götzenbilder; daß nur ein Gott existiert, der da ist „über alle Hoheit und Herrschaft und Macht und über jedem Namen, der genannt wird“ (Ep 1,21); daß sein der Wesenheit nach unsichtbares Wort greifbar und sichtbar unter den Menschen geworden und „bis zum. Tode, zum Tode am Kreuze“ (Ph 2,9)hinabgestiegen ist; daß die, welche an ihn glauben, unverweslich und leidensunfähig sein und das Himmelreich erhalten werden. Diese Wahrheiten wurden den Heiden mündlich ohne die Schriften vorgetragen; deswegen mußten die, welche unter den Heiden predigten, auch mehr arbeiten. Aber darum ist auch offenbar der Glaube der Heiden wieder wertvoller, weil sie das Wort Gottes ohne die Unterweisung der Schriften annahmen.





25. Kapitel: Verhältnis der beiden Testamente zueinander

425 1.

So nämlich mußten die Söhne Abrahams, die ihm Gott aus den Steinen erweckt (
Mt 3,9) und geschaffen hat, ihm, dem Urheber und Verkündiger unseres Glaubens, beistehen. Er empfing auch den Bund der Beschneidung nach der Rechtfertigung, die in der Vorhaut des Glaubens gewesen war, damit in ihm beide Testamente im voraus abgebildet würden, und er der Vater aller würde, die dem Worte folgen und die Pilgerschaft auf dieser Erde aushalten sollten, d. h. der Gläubigen aus der Beschneidung und derer aus der Vorhaut. So ist auch „Christus der Haupteckstein“ (Ep 2,20), der alles trägt und in dem Glauben Abrahams die sammelt, die aus beiden Testamenten zum Bau Gottes geeignet sind. Doch der Glauben in der Vorhaut ist zum ersten und letzten geworden, wie er ja auch das Ende mit dem Anfang verbindet. Vor der Beschneidung nämlich war er in Abraham und den anderen Gerechten, die Gott gefielen, wie wir gezeigt haben. Und wiederum ist er in den letzten Zeiten in dem Menschengeschlechte durch die Ankunft des Herrn aufgegangen. Die Beschneidung aber und das Zeremonialgesetz nahmen die mittleren Zeiten ein.



2.

Dies wird durch vieles andere als auch besonders durch Thamar (Gn 38,28 ff.) , die Schwiegertochter des Judas, vorbildlich angezeigt. Denn als von ihren Zwillingen der eine zuerst die Hand vorstreckte und die Hebamme meinte, daß dies der Erstgeborene sei, band sie ihm ein rotes Zeichen um die Hand. Als aber dieser danach seine Hand zurückgezogen hatte, kam als erster sein Bruder Phares heraus und dann als zweiter der mit dem roten Zeichen, Zara. Wodurch die Schrift klar kundtut, dass das Volk mit dem roten Zeichen, d. h. der Glaube in der Vorhaut, sich zuerst in den Patriarchen gezeigt, und dann sich zurückgezogen habe, damit zuerst sein Bruder geboren werde. Darauf ist der erste an zweiter Stelle geboren und an dem roten Zeichen erkannt. Dieses bedeutet das Leiden des Gerechten. Es wurde im voraus dargestellt in Abel, beschrieben von den Propheten und vollzogen in den letzten Zeiten an dem Sohne Gottes.



3.

Es mußte aber einiges patriarchalisch von dem Patriarchen, anderes gesetzlich von den Propheten dargestellt werden, anderes wiederum mußte nach dem Bilde Christi abgebildet werden von denen, die an Kindesstatt angenommen waren. Alles aber offenbart sich in dem einen Gott. So stellte auch der eine Abraham in sich die beiden Testamente dar, in dem einen wurde gesät, in dem andern geerntet. „Denn darin“, heißt es, ,,ist das Wort wahr, daß ein anderes Volk sät, ein anderes erntet“ (Jn 4,37). Aber derselbe Gott gewährt jedem, was ihm dienlich, „Samen dem Säenden, Brot zum Essen dem Erntenden“ (Is 55,10). Einer pflanzt, ein anderer begießt, einer aber gibt Wachstum (1Co 3,7) , nämlich Gott. Das Wort von Christus säten aus die Patriarchen und Propheten, aber die Kirche erntete, d. h. sammelte die Frucht. Deshalb bitten auch jene, in ihr ein Zelt zu haben, wie Jeremias sagt: „Wer wird mir geben in der Wüste die letzte Wohnung?“ (Jr 9,2) So sollen der Säende wie der Erntende zusammen sich freuen im Reiche Christi, der für alle da ist, denen Gott von Anfang an wohl wollte, indem er ihnen sein Wort zu Hilfe sandte.





26. Kapitel: Von dem wahren Verständnis des Neuen Testamentes, von den falschen und den wahren Priestern

426 1.

Wenn also jemand die Schriften aufmerksam liest, so wird er in ihnen das Wort von Christus und die Vorbilder des Neuen Bundes finden. Das ist der im Acker, d. h. in dieser Welt, verborgene Schatz. Denn „der Acker ist die Welt“ (
Mt 13,44). Der in den Schriften verborgene Schatz aber ist Christus, da er durch die Vorbilder und Gleichnisse dargestellt wurde. Darum konnte man das über ihn als Mensch Ausgesagte nicht verstehen, bevor die völlige Erfüllung eingetreten war, d. h. die Ankunft Christi. Deshalb wurde zu dem Propheten Daniel gesagt: „Verschließ die Reden und versiegele das Buch bis zur Zeit der Erfüllung, bis daß viele lernen und die Erkenntnis erfüllt wird. Denn dann, wenn die Zerstreuung vollendet sein wird, werden sie dies alles erkennen“ (Da 12,4). Aber auch Jeremias sagt: „In den letzten Tagen werden sie dies einsehen“ (Jr 23,20). Denn jede Prophezeiung enthält für die Menschen Rätsel und strittige Punkte, ehedenn sie in Erfüllung gegangen ist. Wenn aber die Zeit gekommen und das Prophezeite eingetreten ist, dann haben die Prophezeiungen eine klare und einleuchtende Auslegung. Und deshalb ist das von den Juden anerkannte Gesetz, auf die Gegenwart bezogen, einem Mythos ähnlich; denn sie haben nicht die Erklärung von dem allen, die da besteht in der Niederkunft des Sohnes Gottes aus dem Himmel. Wird es aber von den Christen betrachtet, dann ist es der in dem Acker verborgene Schatz, der sich für sie erst am Kreuze enthüllte und erschloß, indem er den Verstand der Menschen bereicherte, die Weisheit Gottes ihnen zeigte, seine Heilsordnung hinsichtlich des Menschen offenbarte, im voraus das Reich Christi darstellte, die Erbschaft auf das heilige Jerusalem verhieß und verkündete, daß so weit der Gott liebende Mensch vorschreiten wird, daß er Gott sieht und sein Wort hört. Und nach dem Hören seines Wortes wird er so sehr verherrlicht werden, daß die anderen in das Angesicht seiner Herrlichkeit nicht schauen können, wie von Daniel gesagt worden ist: „Die Erkennenden werden leuchten wie die Klarheit des Firmaments und vor vielen Gerechten wie die Sterne in Ewigkeit (Da 12,3) und immerdar“. Man lese also, wie gesagt, die Schriften, wie der Herr nach seiner Auferstehung von den Toten mit seinen Jüngern sich unterredete und ihnen aus den Schriften zeigte, daß „Christus leiden und in seine Herrlichkeit eingehen mußte, und daß in seinem Namen Vergebung der Sünden auf der ganzen Welt gepredigt werde“ (Lc 24,26 Lc 47), so wird man ein vollkommener Schüler werden und „dem Hausvater ähnlich, der aus seinem Schatze Neues und Altes hervorbringt“ (Mt 13,52).



2.

Deswegen muß man auch den Priestern der Kirche gehorchen, die, wie wir gezeigt haben, Nachfolger der Apostel sind. Sie haben mit der Nachfolge des Episkopats das sichere Charisma der Wahrheit nach dem Wohlgefallen des Vaters empfangen. Die anderen aber, die der apostolischen Nachfolge fernstehen und irgendwo zusammenkommen, muß man als Häretiker oder Irrlehrer betrachten, die sich von der Kirche aus Stolz oder Eitelkeit trennen, oder als Heuchler, die sich um Geld oder eitlen Ruhmes wegen mühen. Sie alle sind von der Wahrheit abgefallen, und jene Häretiker, die fremdes Feuer, d. h. fremde Lehren, zum Altare Gottes bringen, werden vom himmlischen Feuer verzehrt werden wie Nadab und Abiud (Lv 10,1 f) . Die sich aber gegen die Wahrheit erheben und andere gegen die Kirche Gottes aufhetzen, die werden von dem Abgrund der Erde verschlungen und in der Hölle bleiben wie die mit Kore, Dathan und Abiron (Nb 16,33) . Die aber die Einheit der Kirche spalten und trennen, werden von Gott dieselbe Strafe empfangen wie Jeroboam (3 Kön. 14,10 ff.) .



3.

Die aber von vielen für Priester gehalten werden, obwohl sie ihren Lüsten dienen, Gott in ihren Herzen nicht fürchten, den übrigen Schmach antun, und aufgeblasen durch den ihnen anvertrauten Vorrang, im Verborgenen Böses tun und sprechen: „Niemand sieht uns“ (Da 13,20), die werden von dem Worte gerichtet werden, das nicht nach dem Ansehen urteilt, noch auf das Gesicht schaut, sondern auf das Herz (1R 16,7) . Sie werden die Worte des Propheten Daniel vernehmen: „Samen Davids und nicht Judas, der Schein hat dich betrogen, und die Begierde hat dein Herz verkehrt; du bist alt geworden in schlechten Tagen, Jetzt kommen heran deine Sünden, die du früher tatest, als du richtetest ungerechte Gerichte, indem du die Unschuldigen verurteiltest und die Schuldigen losließest, obwohl der Herr spricht: Den Unschuldigen und Gerechten sollst du nicht töten“ (Da 13,52 f.). Von solchen hat auch der Herr gesagt: „Wenn aber der schlechte Knecht in seinem Herzen spricht: Es zögert mein Herr, und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, zu essen und zu trinken und sich zu berauschen, so wird der Herr jenes Knechtes kommen an dem Tage, da er nicht weiß, und zu der Stunde, da er nicht hofft, und er wird ihn verteilen und ihm seinen Teil mit den Ungläubigen geben“ (Mt 24,48 ff.).



4.

Von all solchen Personen muß man sich fernhalten, anhängen aber jenen, welche, wie gesagt, die Lehre der Apostel bewahren und außer dem Range des Priesters eine gesunde Lehre und einen Wandel ohne Tadel aufweisen zur Stärkung oder Zurechtweisung der übrigen. So reinigte sich Moses, dem ein so großes Führeramt anvertraut war, im Vertrauen auf sein gutes Gewissen vor Gott, indem er sprach: „Nicht begehrte ich von dem Ihrigen irgend etwas oder habe es genommen, noch habe ich einem von ihnen Böses getan“ (Nb 16,15). So reinigte sich Samuel, nachdem er so viele Jahre das Volk gerichtet hatte und ohne irgend welchen Stolz die Herrschaft über Israel geführt hatte, am Ende mit den Worten: „Ich bin gewandelt in eurem Angesicht von meiner Jugend bis jetzt. Antwortet mir im Angesichte Gottes und im Angesichte seines Gesalbten: Wessen Kalb habe ich genommen oder wessen Esel, oder über wen von euch habe ich mich erhoben oder wen unterdrückt, oder wenn ich aus der Hand von irgendeinem als Geschenk auch nur einen Schuh angenommen habe, saget es gegen mich, und ich will es euch zurückgeben“ (1R 12,2 ff.). Als aber das Volk sprach: „Nicht hast du dich überhoben, noch uns bedrückt, noch irgend etwas aus der Hand eines genommen“, da rief er den Herrn zum Zeugen an und sprach: „Zeuge ist mir der Herr, und Zeuge ist mir sein Gesalbter an diesem Tage, daß ihr in meiner Hand nichts gefunden habt“, und sie sagten ihm: „Zeuge!“ So sprach auch Paulus guten Gewissens zu den Korinthern: „Nicht nämlich sind wir wie sehr viele, die das Wort Gottes fälschen, sondern in Einfalt, wie aus Gott, reden wir vor Gott in Christus (2Co 2,17) : Niemandem haben wir geschadet, niemand verführt, niemand überlistet“ (Ebd. 7,2).



5.

Solche Priester ernährt die Kirche, wie von ihnen der Prophet sagt: „Und ich will machen deine Vorsteher in Frieden und deine Aufseher in Gerechtigkeit“ (Is 60,17). Von ihnen sprach auch der Herr: „Wer also wird ein treuer Verwalter sein, ein guter und weiser, den der Herr über seine Familie stellt, um ihnen Speise zur Zeit zu geben? Selig jener Knecht, den der Herr so tun findet, wenn er kommt“ (Mt 24,45 f.). Wo man aber solche finden kann, lehrt Paulus mit den Worten: „In seiner Kirche stellte der Herr auf zuerst Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer“ (1Co 12,28). Wo also die Charismen des Herrn niedergelegt sind, da muß man die Wahrheit lernen, da ist die apostolische Nachfolge der Kirche, ein vernünftiger, untadeliger Wandel und offenbar die unversehrte, unverfälschte Lehre. Sie bewahren nämlich unseren Glauben an den einen Gott, der alles gemacht hat, und vermehren unsere Liebe zu dem Sohn Gottes, der unseretwegen so große Dinge getan hat, und legen ohne Gefahr uns die Schriften aus, sodaß wir weder Gott lästern, noch die Patriarchen verunehren, noch die Propheten verachten.





27. Kapitel: Jede Sünde wird nach dem Grade ihrer Schuld bestraft

427 1.

Von einem Priester, der es von Schülern und Hörern der Apostel gehört hatte, hörte ich, daß für die Alten wegen der Taten, die sie ohne den Rat des Geistes begangen hatten, die Strafe genüge, welche die Schriften androhen. Da „bei Gott kein Ansehen der Person gilt“ (
Rm 2,11), so verhängt er für die Taten, die nicht seinem Willen entsprechen, eine geziemende Strafe. Als David der Gerechtigkeit wegen von Saul Verfolgung erlitt und vor dem König Saul floh und sich an seinem Feinde nicht rächte und die Ankunft Christi besang und die Völker in Weisheit lehrte und alles nach dem Rat des Geistes tat, da gefiel er Gott. Als er aber wegen seiner Begierde Betsabee, das Weib des Urias, sich zur Frau nahm, da sagt die Schrift von ihm: „Nichtswürdig erschien die Tat, die David getan hatte, in den Augen des Herrn“ (2R 11,27). Und der Prophet Nathan wird zu ihm gesandt und zeigt ihm seine Sünde, auf daß er über sich selbst das Urteil finde und erkenne und so Barmherzigkeit und Verzeihung von Christus erhalte. Und er sprach zu ihm: „Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte sehr viele Herden von Schafen und Rindern, und der Arme nur ein einziges Schäflein, das er hielt und nährte, und das bei ihm gewesen war zugleich mit seinen Söhnen. Es aß von seinem Brote, und aus seinem Kelche trank es, und es war ihm wie eine Tochter. Und es kam ein Gast zu dem reichen Manne, und er scheute sich zu nehmen von der Herde seiner Schäfchen und von den Herden seiner Rinder und es zu machen dem Gaste, und es nahm das Schäflein des armen Mannes und setzte es dem Manne vor, der zu ihm gekommen war.“ Es erzürnte aber David sehr über jenen Menschen und sprach zu Nathan: „Der Herr lebt; ein Sohn des Todes ist jener Mensch, der dies getan hat; und das Schäflein wird er erstatten vierfach dafür, daß er getan hat diese Tat und des Armen nicht geschont hat.“ Und es sprach zu ihm Nathan: „Du bist der Mann, der dies getan hat“ usf. (Ebd. 21,1 ff.) . Und er machte ihm Vorwürfe und zählte ihm auf die Wohltaten Gottes gegen ihn und sagte ihm, daß der Herr erzürnt sei, daß er dies getan habe. Diese Tat gefalle dem Herrn nicht, sondern schwerer Zorn stehe seinem Hause bevor. Darauf wurde David zerknirscht und sprach: „Ich habe gesündigt vor dem Herrn“, und verfaßte nachher den Bußspalm und erwartete die Ankunft des Herrn, der den in die Sünde verstrickten Menschen abwaschen und reinigen sollte. Ähnlich auch Salomon. Solange er gerecht urteilte und Weisheit sprach und das Vorbild des wahren Tempels erbaute, die Ruhmestaten Gottes erklärte und den Völkern den herannahenden Frieden verkündete und das Reich Gottes im voraus darstellte und 3000 Gleichnisse auf die Ankunft des Herrn und 5000 Lieder Gott zum Lobe dichtete und die Weisheit Gottes naturwissenschaftlich nachwies aus jedem Holze und jedem Kraute und aus allen Vögeln und Vierfüßern und den Fischen und sagte: „Wird denn wirklich Gott, den die Himmel nicht fassen, über der Erde mit den Menschen wohnen?“ (3 Kön. 8,27) — da gefiel er Gott, und alle bewunderten ihn, und alle Könige der Erde suchten sein Angesicht, um seine Weisheit zu hören, die ihm Gott gegeben hatte, und die Königin des Südens kam von den Enden der Erde zu ihm, um die Weisheit, die in ihm war, kennen zu lernen. Von dieser sagt auch der Herr, daß sie im Gerichte aufstehen wird mit dem Volk derer, die seine Worte hören und nicht an ihn glauben, und sie aburteilen werde (Mt 12,42) . Denn sie unterwarf sich der Weisheit, die durch einen Knecht Gottes verkündet wurde; diese aber verachteten die Weisheit, die ihnen von dem Sohne Gottes gegeben wurde. Denn Salomon war nur ein Knecht, Christus aber der Sohn Gottes und Herr Salomons. Solange er also Gott ohne Makel diente und seinen Anordnungen nachkam, war er in Ehre; als er aber Weiber aus allen Heidenvölkern nahm und ihnen gestattete, Götzenbilder in Israel aufzurichten, da sagt die Schrift von ihm: „Und der König Salomon war ein Liebhaber der Weiber und nahm sich fremde Weiber, und es geschah in der Zeit des Greisenalters Salomons, nicht war sein Herz vollendet mit dem Herrn, seinem Gott. Und es wandten ab die fremden Weiber sein Herz zu fremden Göttern. Und es machte Salomon Bösartiges in dem Angesichte des Herrn, und er ging nicht hinter dem Herrn wie sein Vater David. Und es erzürnte der Herr gegen Salomon, denn nicht war sein Herz vollendet in dem Herrn nach dem Herzen Davids, seines Vaters“ (3 Kön. 11,1 ff.). Genugsam hat die Schrift ihn getadelt, sagt ein Priester, damit gar kein Fleisch sich rühme im Angesichte Gottes.



2.

Deswegen sei der Herr in die Unterwelt hinabgestiegen und habe jenen seine Ankunft verkündet, indem es Nachlassung der Sünden für die gab, die an ihn glaubten. Es glaubten aber an ihn alle, die auf ihn hofften, d. h. die seine Ankunft vorher verkündigten und seinen Anordnungen Folge leisteten, die Gerechten, die Patriarchen und Propheten. Ihnen erließ er ähnlich wie uns ihre Sünden, die wir ihnen nicht weiter anrechnen dürfen, wofern wir nicht die Gnade Gottes verachten. Denn wie jene uns nicht unsere Unenthaltsamkeit anrechneten, die wir begangen haben, bevor Christus in uns sich offenbarte, so dürfen auch wir gerechterweise ihnen das nicht anrechnen, was sie vor der Ankunft Christi sündigten. Denn „alle Menschen entbehren des Ruhmes Gottes“ (Rm 3,23); sie werden aber nicht durch sich selbst gerechtfertigt, sondern durch die Ankunft des Herrn, wenn sie auf sein Licht achten. Zu unserer Besserung aber seien ihre Taten aufgeschrieben, damit wir wüßten, daß erstlich ihr und unser Gott ein und derselbe ist, dem die Sünden nicht gefallen, auch wenn sie von Hochgestellten getan werden, und zweitens, daß wir uns von dem Bösen enthalten. Denn wenn schon die Alten, die uns in den Charismen vorausgingen, und wegen deren der Sohn Gottes noch nicht gelitten hatte, wofern sie irgendwie sündigten und den Lüsten des Fleisches dienten, so große Schmach erlitten haben, was werden dann die erdulden, die jetzt leben und die Ankunft des Herrn verachten und ihren Lüsten dienen? Für jene war der Tod des Herrn Heilung und Erlösung, für die aber, welche jetzt sündigen, wird „Christus schon nicht mehr sterben, denn der Tod wird schon nicht mehr über ihn herrschen“ (Rm 6,3), sondern es wird kommen der Sohn in der Herrlichkeit des Vaters und verlangen von seinen Verwaltern und Haushaltern das Geld, das er ihnen anvertraut hat, mit Zinsen (Mt 25,19 ff.) , und denen er sehr viel gegeben hat, von denen wird er auch viel verlangen (Lc 12,48) . Wir dürfen also nicht, sagt jener Ältere, hoffärtig sein, noch die Alten tadeln, sondern sollen uns fürchten, daß wir, wenn wir nach der Erkenntnis Christi etwas tun, was Gott nicht gefällt, fürder keine Nachlassung der Sünden erhalten, sondern ausgeschlossen werden vom Reiche Gottes. Deshalb habe auch Paulus gesagt: „Wenn er der natürlichen Zweige nicht geschont hat, so könnte er auch wohl deiner nicht schonen, der du, obwohl du ein wilder Ölbaum warst, eingepflanzt bist in das Fett der Olive und ein Genosse wurdest ihres Fettes“ (Rm 11,21 f.).



3.

Ähnlich sind auch, wie du siehst, die Übertretungen des Volkes niedergeschrieben, nicht wegen derer, die damals übertraten, sondern zu unserer Besserung, damit wir ein und denselben Gott erkennen, gegen den jene damals sündigten und jetzt manche von denen, die da sagen, daß sie gläubig seien. Auf diese habe der Apostel in dem Briefe an die Korinther auf das deutlichste hingewiesen, wenn er sagt: „Ich will euch nämlich nicht in Unkenntnis lassen, Brüder, daß unsere Väter alle unter der Wolke waren und daß alle in Moses getauft sind in der Wolke und in dem Meere, und alle tranken denselben geistigen Trank; sie tranken aber aus dem geistigen Felsen, der ihnen folgte, der Felsen aber war Christus. Aber an den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen, denn sie wurden in der Wüste niedergestreckt. Das ist zu unserem Vorbild gewesen, damit wir nicht nach dem Bösen trachteten, wie jene begehrt haben, noch Götzendiener, wie manche von ihnen, wie geschrieben ist: Es saß das Volk, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, zu spielen. Und daß wir nicht Unzucht treiben, wie manche von ihnen Unzucht getrieben haben, und es fielen an einem Tage 23000. Und daß wir Christus nicht versuchen, wie manche von ihnen versucht haben und von den Schlangen getötet wurden. Und daß ihr nicht murret, wie manche von ihnen gemurrt haben, und sie wurden von dem Würgengel getötet. Dies alles aber geschah ihnen im Vorbild; es ist geschrieben zu unserer Besserung, da an uns das Ende der Zeiten gekommen ist. Wer deshalb glaubt, er stehe, sehe, daß er nicht falle“ (1Co 10,1 f.).



4.

Ohne Zweifel also und ohne Widerspruch zeigt der Apostel, daß es ein und derselbe Gott ist, der jene Vorgänge gerichtet hat, und der die jetzigen erforscht. Und da er auch den Grund angibt, weswegen dies niedergeschrieben ist, so sind offenbar töricht, frech und unklug alle, die wegen der früheren Übertretungen und des vielfachen Ungehorsams sagen, jener Gott, der Weltschöpfer, sei ein anderer und geringerer als der von Christus verkündete Vater, den jeder von ihnen im Geiste empfangen hätte. Sie übersehen, daß, wie Gott dort an den vielen, die sündigten, kein Wohlgefallen hatte (Ebd. 10,5) , so auch jetzt „viele berufen, aber wenige auserwählt sind“ (Mt 20,16). Wie dort die Ungerechten, Götzendiener und Unzüchtigen das Leben verloren, so auch hier, da ja der Herr sagt, daß diese „ins ewige Feuer geworfen werden“ (Ebd. 25,41), und auch der Apostel spricht: „Oder wisset ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht erben werden? Lasset euch nicht verführen: Weder Unzüchtige, noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Lüstlinge, noch Knäbenschänder, noch Diebe, noch Geizige, noch Trunkenbolde, noch Flucher, noch Räuber werden das Reich Gottes besitzen“ (1Co 6,9 f.). Nicht zu denen, die außerhalb stehen, sagt er dies, sondern zu uns, damit wir nicht aus dem Reiche Gottes verstoßen werden, wenn wir etwas Derartiges tun. Deshalb fügt er hinzu: „Und dies also seid ihr gewesen, aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt im Namen des Herrn Jesu Christi und im Geiste unseres Gottes“ (1Co 6,9). Und wie dort verurteilt und verworfen wurden, welche Böses taten, und die übrigen verdarben, so wird in ähnlicher Weise auch hier das Auge ausgegraben, welches Ärgernis gibt, und der Fuß und die Hand, damit nicht der übrige Körper ebenso zugrunde gehe (Mt 18,8 f.) . Auch haben wir ein Gebot, „wenn sich Bruder nennt ein Unzüchtiger oder Geizhalz oder Götzendiener oder Verleumder oder Trinker oder Räuber, mit einem solchen nicht einmal Speise einzunehmen“ (1Co 5,14). Und abermals sagt der Apostel: „Niemand möge euch verführen mit eitlen Worten; wegen dieser nämlich kommt der Zorn Gottes auf die Söhne des Unglaubens. Werdet also nicht ihre Genossen“ (Ep 5,6 f.). Und wie dort die Verurteilung der Sünder auch die übrigen traf, weil sie ihnen gefielen und mit ihnen umgingen, so „verdirbt auch hier ein wenig Sauerteig die ganze Masse“ (1Co 5,6). Und wie dort gegen die Ungerechten der Zorn Gottes hinabstieg, so sagt hier ähnlich der Apostel: ,,Es wird sich nämlich der Zorn Gottes offenbaren vom Himmel über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit derjenigen Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit niederhalten“ (Rm 1,18). Und wie dort gegen die Ägypter, welche Israel ungerecht bestraften, von Gott Rache genommen wurde (Ez 14,28) , so sagt auch hier der Herr: „Wird aber Gott nicht Rache nehmen für seine Auserwählten, die immer zu ihm schreien Tag und Nacht? Freilich, sage ich euch, wird er für sie schnell Rache nehmen“ (Lc 18,7 f). Und der Apostel verkündet in dem Briefe an die Thessalonicher: „Allerdings ist es gerecht bei Gott, Vergeltung zu üben an denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Erquickung[90] mit uns, in der Offenbarung unseres Herrn Jesu Christi, vom Himmel mit den Engeln seiner Kraft und in der Flamme des Feuers, Rache zu bringen gegen die, welche Gott nicht kennen und gegen die, welche nicht gehorchen dem Evangelium unseres Herrn Jesu Christi, welche auch die ewigen Strafen des Verderbens zahlen werden vor dem Angesichte des Herrn and vor der Herrlichkeit seiner Kraft, wenn er kommen wird, sich groß zu zeigen in seinen Heiligen und bewunderungswert zu sein allen, die an ihn glauben“ (2Th 1,6 ff.).






(Contra Haereses) 421