Generalaudienzen 2005-2013 30111

Mittwoch, 30. November 2011

30111


Liebe Brüder und Schwestern!

In den letzten Katechesen haben wir über einige Beispiele für das Gebet im Alten Testament nachgedacht. Heute möchte ich beginnen, auf Jesus zu blicken, auf sein Gebet, das sein ganzes Leben durchzieht, wie ein verborgener Kanal, der das Leben, die Beziehungen, das Handeln bewässert und ihn mit immer größerer Entschlossenheit zur völligen Selbsthingabe führt, gemäß dem Liebesplan Gottes, des Vaters. Jesus ist der Lehrmeister auch für unser Gebet, und er stützt auf wirksame und brüderliche Weise unsere Hinwendung zum Vater. Ein Titel des Kompendiums des Katechismus der Katholischen Kirche faßt es so zusammen: »In Jesus wird das Gebet vollständig offenbart und verwirklicht« (). Auf ihn wollen wir in den nächsten Katechesen blicken.

Ein besonders bedeutender Augenblick seines Weges ist das Gebet, das auf die Taufe folgt, der er sich im Jordan unterzieht. Der Evangelist Lukas sagt, daß Jesus, nachdem er zusammen mit dem ganzen Volk durch die Hand Johannes des Täufers die Taufe empfangen hat, in ein sehr persönliches und langes Gebet eintritt: »Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam … auf ihn herab« (). Gerade dieses »Beten«, dieses Verharren im Gespräch mit dem Vater erleuchtet die Tat, die er vollzogen hat, zusammen mit vielen Menschen seines Volkes, die an das Ufer des Jordan hinausgezogen sind. Durch das Gebet verleiht er seiner Geste, der Taufe, einen ausschließlichen und persönlichen Zug.

Der Täufer hatte einen eindringlichen Aufruf an das Volk gerichtet, wirklich wie »Kinder Abrahams« zu leben, sich zum Guten zu bekehren und Früchte hervorzubringen, die dieser Umkehr würdig sind (vgl. ). Und eine große Zahl von Israeliten hatte sich aufgemacht, wie der Evangelist Markus in Erinnerung ruft, der schreibt: »Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm [Johannes] hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen« (
Mc 1,5). Der Täufer brachte etwas wirklich Neues: Sich der Taufe zu unterziehen sollte eine entscheidende Wende darstellen, man sollte ein neues Leben beginnen. Auch Jesus nimmt diese Einladung an und begibt sich unter die graue Schar der Sünder, die am Ufer des Jordan warten. Aber wie bei den ersten Christen kommt auch in uns die Frage auf: Warum unterzieht sich Jesus freiwillig dieser Taufe der Buße und der Umkehr? Er hat keine Sünden zu bekennen, er war ohne Sünde, daher brauchte er auch nicht umzukehren. Warum also diese Geste? Der Evangelist Matthäus berichtet, daß der Täufer erstaunt sagt: »Ich müßte von dir getauft werden, und du kommst zu mir?« (Mt 3,14), und Jesus antwortet: »Laß es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen« (V. 15). Das Wort »Gerechtigkeit« bedeutet in der biblischen Welt, den Willen Gottes völlig anzunehmen.

Jesus zeigt seine Nähe zu jenem Teil seines Volkes, das in der Nachfolge des Täufers erkennt, daß es nicht ausreicht, sich einfach nur als Kinder Abrahams zu betrachten, sondern das den Willen Gottes erfüllen und sich bemühen will, durch das eigene Verhalten eine treue Antwort auf den Bund zu geben, den Gott in Abraham angeboten hat. Indem er in den Jordan hinabsteigt, macht Jesus, der ohne Sünde ist, seine Solidarität mit jenen sichtbar, die ihre Sünden bekennen, sie bereuen und ihr Leben ändern wollen. Er gibt zu verstehen: Zum Volk Gottes zu gehören bedeutet, in die Perspektive der Neuheit des Lebens, eines gottgefälligen Lebens einzutreten. Durch diese Geste nimmt Jesus das Kreuz vorweg. Er beginnt sein Wirken damit, daß er den Platz der Sünder einnimmt, die Last der Schuld der gesamten Menschheit auf sich nimmt und so den Willen des Vaters erfüllt. Indem er sich im Gebet sammelt, zeigt Jesus die innige Verbindung mit dem Vater im Himmel, erfährt seine Vaterschaft, erfaßt die anspruchsvolle Schönheit seiner Liebe; und im Gespräch mit dem Vater empfängt er die Bestätigung seiner Sendung. In den Worten, die aus dem Himmel ertönen (vgl. Lc 3,22), liegt vorausnehmend der Hinweis auf das Ostergeheimnis, auf das Kreuz und auf die Auferstehung. Die göttliche Stimme bezeichnet ihn als »mein geliebter Sohn« und erinnert damit an Isaak, den geliebten Sohn, den der Vater Abraham zu opfern bereit war, auf Gottes Geheiß (vgl. Gen 111,1–14). Jesus ist nicht nur der »Sohn Davids«, der Messias königlicher Abstammung, oder der gottgefällige »Knecht«, sondern er ist auch – wie Isaak – »der einzige Sohn, der geliebte«, den Gott, der Vater, für das Heil der Welt hingibt. In dem Augenblick, in dem Jesus durch das Gebet die eigene Sohnschaft und die Erfahrung der Vaterschaft Gottes zutiefst erlebt (vgl. Lc 3,22), kommt der Heilige Geist herab (vgl. Lc 3,22), der ihn in seiner Sendung leitet und den er ausgießen wird, nachdem er am Kreuz erhöht worden ist (vgl. ), damit er das Wirken der Kirche erleuchtet. Im Gebet lebt Jesus ununterbrochen in Berührung mit dem Vater, um den Liebesplan für die Menschen bis ins Letzte zu verwirklichen.

Vor dem Hintergrund dieses außerordentlichen Gebets steht das ganze Leben Jesu, das er in einer Familie verbrachte, die zutiefst mit der religiösen Tradition des Volkes Israel verbunden war. Das zeigen die Hinweise, die wir in den Evangelien finden: seine Beschneidung (vgl. Lc 2,21) und seine Darstellung im Tempel (vgl. ) ebenso wie seine Erziehung und Ausbildung in Nazaret, im heiligen Haus (vgl. und ). Es handelt sich um »etwa 30 Jahre« (Lc 3,23), eine lange Zeit des verborgenen alltäglichen Lebens, wenngleich unter Teilnahme an Augenblicken gemeinschaftlicher religiöser Erfahrungen, wie an den Pilgerreisen nach Jerusalem (vgl. Lc 2,41). Durch die Übermittlung der Episode des zwölfjährigen Jesus im Tempel, der mitten unter den Lehrern sitzt (vgl. ), läßt der Evangelist Lukas uns erkennen, daß für Jesus, der nach der Taufe im Jordan betet, das innige Gebet zu Gott, dem Vater, eine langgepflegte Gewohnheit ist, verwurzelt in den Traditionen, im Stil seiner Familie, in den entscheidenden Erfahrungen, die er in ihr erlebt. Die Antwort, die der Zwölfjährige Maria und Josef gibt, weist bereits auf die göttliche Sohnschaft hin, die die himmlische Stimme nach der Taufe offenbart: »Warum habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört?« (Lc 2,49). Nachdem er dem Wasser des Jordan entstiegen ist, beginnt Jesus nicht mit seinem Gebet, sondern setzt seine beständige, gewohnte Beziehung zum Vater fort; und in dieser innigen Vereinigung mit ihm findet sein Übergang vom verborgenen Leben in Nazaret zu seinem öffentlichen Wirken statt.

Die Lehre Jesu über das Gebet entspringt gewiß seiner Art zu beten, die er in der Familie erworben hat; sie hat jedoch ihren tiefen und wesentlichen Ursprung in seiner göttlichen Sohnschaft, in seiner einzigartigen Beziehung zu Gott, dem Vater. Das Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche antwortet auf die Frage: »Von wem hat Jesus beten gelernt?«, so: »In seinem menschlichen Herzen hat Jesus von seiner Mutter und von der jüdischen Tradition beten gelernt. Sein Gebet entspringt aber auch einer anderen verborgenen Quelle: Er ist der ewige Sohn Gottes, der in seiner heiligen Menschheit das vollkommene kindliche Gebet an den Vater richtet« (541).

Im Evangeliumsbericht ist das Gebet Jesu stets am Schnittpunkt zwischen der Einbindung in die Überlieferung seines Volkes und der Neuheit einer einzigartigen persönlichen Beziehung zu Gott verortet. »Der einsame Ort« (vgl. Mc 1,35 Lc 5,16), an den er sich oft zurückzieht, »der Berg«, auf den er steigt, um zu beten (vgl. Lc 6,12 Lc 9,28), »die Nacht«, die ihm die Einsamkeit erlaubt (vgl. Mc 1,35), rufen Augenblicke des Weges der Offenbarung Gottes im Alten Testament in Erinnerung und weisen auf die Kontinuität seines Heilsplans hin. Gleichzeitig jedoch stellen sie Augenblicke dar, die besonders wichtig sind für Jesus, der sich bewußt in diesen Plan einfügt und dem Willen des Vaters vollkommen treu ist.

Auch in unserem Gebet müssen wir immer mehr lernen, in diese Heilsgeschichte einzutreten, deren Höhepunkt Jesus ist, vor Gott unsere persönliche Entscheidung erneuern, uns seinem Willen zu öffnen, ihn um die Kraft bitten, unseren Willen dem seinen anzupassen, in unserem ganzen Leben, im Gehorsam gegenüber seinem Liebesplan für uns.

Das Gebet Jesu berührt alle Phasen seines Wirkens und alle seine Tage. Die Mühsal bringt es nicht zum Halt. Die Evangelien lassen sogar erkennen, daß Jesus die Gewohnheit hatte, einen Teil der Nacht im Gebet zu verbringen. Der Evangelist Markus berichtet von einer solchen Nacht, nach dem anstrengenden Tag der Brotvermehrung, und schreibt: »Gleich darauf forderte er seine Jünger auf, ins Boot zu steigen und ans andere Ufer nach Betsaida vorauszufahren. Er selbst wollte inzwischen die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sich von ihnen verabschiedet hatte, ging er auf einen Berg, um zu beten. Spät am Abend war das Boot mitten auf dem See, er aber war allein an Land« (). Wenn die Entscheidungen dringend und schwierig werden, wird sein Gebet länger und tiefer. Bei der unmittelbar bevorstehenden Wahl der zwölf Apostel zum Beispiel hebt Lukas hervor, daß das vorbereitende Gebet Jesu die ganze Nacht andauerte: »In diesen Tagen ging er auf einen Berg, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch Apostel« ().

Wenn wir auf das Gebet Jesu blicken, muß in uns eine Frage aufkommen: Wie bete ich? Wie beten wir? Welche Zeit widme ich der Beziehung zu Gott? Findet heute eine ausreichende Erziehung und Heranbildung zum Gebet statt? Und wer kann der Lehrmeister sein? Im Apostolischen Schreiben Verbum Domini habe ich über die Bedeutung des betenden Lesens der Heiligen Schrift gesprochen. Indem ich das aufgegriffen habe, was aus der Versammlung der Bischofssynode hervorgegangen war, habe ich besonderen Nachdruck auf die spezifische Form der »Lectio divina« gelegt. Hören, nachdenken, schweigen vor dem Herrn, der spricht, ist eine Kunst, die man lernt, indem man sie mit Beständigkeit ausübt. Gewiß ist das Gebet ein Geschenk, es muß jedoch angenommen werden; es ist das Werk Gottes, aber es verlangt Bemühen und Kontinuität unsererseits; vor allem Kontinuität und Beständigkeit sind wichtig. Gerade die beispielhafte Erfahrung Jesu zeigt, daß sein Gebet, das von der Vaterschaft Gottes und von der Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist beseelt war, sich durch lange und treue Übung vertieft hat, bis hin zum Ölberg und zum Kreuz. Heute sind die Christen aufgerufen, Zeugen des Gebets zu sein, gerade weil unsere Welt oft verschlossen ist gegenüber der göttlichen Dimension und der Hoffnung, die die Begegnung mit Gott bringt. In der tiefen Freundschaft mit Jesus und indem wir in ihm und mit ihm durch unser treues und beständiges Gebet die kindliche Beziehung zum Vater leben, können wir Fenster zum Himmel Gottes öffnen. Ja, indem wir den Weg des Gebets beschreiten, ohne auf menschliche Belange zu schauen, können wir anderen helfen, ihn zu beschreiten. Auch für das christliche Gebet gilt: Beim Gehen öffnen sich die Wege.

Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen uns zu einer tiefen Beziehung zu Gott erziehen, zu einem Gebet, das nicht sporadisch ist, sondern beständig, voll Vertrauen, das unser Leben erleuchten kann, wie Jesus uns lehrt. Und wir wollen ihn bitten, daß wir den Menschen, die uns nahestehen, denen wir auf unserem Weg begegnen, die Freude über die Begegnung mit dem Herrn vermitteln können, Licht für unser Leben. Danke.

* * *

Mit Freude grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Auch wir sind als Kinder Gottes gerufen, durch das Gebet in die vertrauensvolle Beziehung zu Gott, unserem Vater zu treten. Seine Liebe schenkt uns die wahre Freude, die wir unseren Mitmenschen weitergeben dürfen. Euch allen wünsche ich eine gesegnete Adventszeit.





Audienzhalle

Mittwoch, 7. Dezember 2011: Das Juwel des Jubelrufs

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Liebe Brüder und Schwestern!

Die Evangelisten Matthäus und Lukas (vgl. und ) haben uns ein »Juwel« im Beten Jesu überliefert, das oft als »Jubelruf « oder »messianischer Jubelruf« bezeichnet wird. Wie wir gehört haben, handelt es sich um ein Dankgebet und einen Lobpreis. Im griechischen Original der Evangelien lautet das Verb, mit dem dieser Lobpreis beginnt und das die Haltung Jesu bei seiner Hinwendung zum Vater zum Ausdruck bringt, »exomologoumai«, was oft übersetzt wird mit »ich preise« (vgl.
Mt 11,25 und Lc 10,21). In den Schriften des Neuen Testaments bezeichnet dieses Verb jedoch hauptsächlich zwei Dinge: erstens »bis ins Letzte erkennen« – zum Beispiel verlangte Johannes der Täufer von jenen, die sich von ihm taufen ließen, die eigenen Sünden bis ins Letzte zu erkennen (vgl. Mt 3,6) – und zweitens »übereinstimmen«. Der Ausdruck, mit dem Jesus sein Gebet beginnt, enthält also sein »tiefstes Erkennen«, seine vollkommene Erkenntnis des Handelns Gottes, des Vaters, und gleichzeitig sein »völliges, bewußtes und freudiges Übereinstimmen« mit diesem Handeln, mit dem Plan des Vaters. Der Jubelruf ist der Höhepunkt eines Weges des Gebets, in dem die tiefe und innige Gemeinschaft Jesu mit dem Leben des Vaters im Heiligen Geist deutlich zutage tritt und seine Gottessohnschaft offenbar wird.

Jesus wendet sich an Gott und nennt ihn »Vater«. Dieser Begriff bringt das Bewußtsein und die Gewißheit Jesu zum Ausdruck, »der Sohn« zu sein, in inniger und ständiger Gemeinschaft mit ihm, und das ist der Mittelpunkt und die Quelle allen Betens Jesu. Das sehen wir deutlich im letzten Teil des Lobpreises, der den gesamten Text erleuchtet. Jesus sagt: »Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand weiß, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand weiß, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will« (Lc 10,22). Jesus sagt also, daß nur »der Sohn« den Vater wirklich erkennt. Jedes Erkennen zwischen Personen – das erfahren wir alle in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen – bringt ein Eingebundensein mit sich, eine innere Verbindung zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten, auf mehr oder weniger tiefer Ebene: Man kann nicht erkennen ohne eine Seinsgemeinschaft. Im Jubelruf, wie in all seinem Beten, zeigt Jesus, daß die wahre Erkenntnis Gottes die Gemeinschaft mit ihm voraussetzt: Nur wenn ich mit dem anderen in Gemeinschaft stehe, beginne ich zu erkennen. Und so auch mit Gott: Nur wenn ich einen echten Kontakt habe, wenn ich in Gemeinschaft stehe, kann ich ihn auch erkennen. Die wahre Erkenntnis ist also dem »Sohn« vorbehalten, dem Einzigen, der seit jeher am Herzen des Vaters ruht (vgl. Jn 1,18), in vollkommener Gemeinschaft mit ihm. Nur der Sohn erkennt Gott wirklich, da er in enger Seinsgemeinschaft mit ihm steht; nur der Sohn kann offenbaren, wer Gott wirklich ist. Auf den Namen »Vater« folgt ein weiterer Titel: »Herr des Himmels und der Erde«. Mit diesem Ausdruck faßt Jesus den Schöpfungsglauben zusammen und läßt die ersten Worte der Heiligen Schrift anklingen: »Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde« (Gn 1,1). Im Gebet ruft er die große biblische Erzählung der Geschichte der Liebe Gottes zum Menschen in Erinnerung, die mit dem Schöpfungsakt beginnt. Jesus fügt sich in diese Geschichte der Liebe ein, er ist ihr Höhepunkt und ihre Erfüllung. In seiner Gebetserfahrung wird die Heilige Schrift erleuchtet und lebt in ihrer ganzen Fülle auf: Verkündigung des Geheimnisses Gottes und Antwort des verwandelten Menschen. Aber der Ausdruck »Herr des Himmels und der Erde« läßt uns auch erkennen, daß in Jesus, dem Offenbarer des Vaters, dem Menschen wieder die Möglichkeit eröffnet wird, zu Gott zu gelangen.

Stellen wir uns jetzt die Frage. Wem will der Sohn die Geheimnisse Gottes offenbaren? Zu Beginn des Lobpreises bringt Jesus seine Freude darüber zum Ausdruck, daß es der Wille des Vaters ist, all das den Klugen und Weisen zu verbergen, den Unmündigen aber zu offenbaren (vgl. Lc 10,21). In diesem Ausdruck seines Gebets offenbart Jesus seine Gemeinschaft mit der Entscheidung des Vaters, der seine Geheimnisse jenen enthüllt, die ein einfaches Herz haben: Der Wille des Sohnes ist eins mit dem des Vaters. Die göttliche Offenbarung geschieht nicht nach der irdischen Logik, für die es die gescheiten und mächtigen Leute sind, die die wichtigen Erkenntnisse besitzen und sie den einfacheren Menschen, den Kleinen vermitteln. Gott hat einen ganz anderen Stil angewandt: Die Empfänger seiner Mitteilung waren gerade die »Kleinen«. Das ist der Wille des Vaters, und der Sohn teilt ihn voll Freude. Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: »In seinem Jubelruf ›Ja, Vater‹, äußert sich die Tiefe seines Herzens: das Einverständnis mit dem, was dem Vater gefällt. Es klingt das Fiat der Mutter Jesu bei seiner Empfängnis nach. Der Ausruf Christi ist wie ein Vorspiel zu dem Ja, das er dem Vater vor seinem Tod sagen wird. Das ganze Gebet Jesu hat seinen Platz in dieser liebenden Zustimmung seines menschlichen Herzens gegenüber dem Vater und dem ›Geheimnis seines Willens‹ (Ep 1,9)« (CEC 2603).

Hier entspringt die Bitte, die wir im Vaterunser an Gott richten: »Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden«: Gemeinsam mit Christus und in Christus bitten auch wir, mit dem Willen des Vaters in Übereinstimmung zu treten, und so werden auch wir seine Kinder. In diesem Jubelruf bringt Jesus also den Willen zum Ausdruck, in seine Erkenntnis, die er als Sohn von Gott hat, all jene einzubeziehen, die der Vater daran teilhaben lassen will; und jene, die dieses Geschenk annehmen, sind die »Kleinen«. Was aber bedeutet es, »klein zu sein«, einfach zu sein? Was ist »die Kleinheit«, die den Menschen zur kindlichen Vertrautheit mit Gott und zur Annahme seines Willens hin öffnet? Was muß die Grundhaltung unseres Gebets sein? Blicken wir auf die »Bergpredigt«, wo Jesus sagt: »Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen« (Mt 5,8). Die Reinheit des Herzens gestattet es, das Antlitz Gottes in Jesus Christus zu erkennen; es bedeutet, ein einfaches Herz zu haben, wie das der Kinder, ohne die Anmaßung dessen, der sich in sich selbst verschließt und meint, niemanden zu brauchen, auch nicht Gott.

Interessant ist auch zu sehen, bei welcher Gelegenheit Jesus in diesen Jubelruf zum Vater ausbricht. Im Evangeliumsbericht des Matthäus ist es die Freude darüber, daß es trotz Widerstand und Ablehnung »Kleine« gibt, die sein Wort annehmen und sich dem Geschenk des Glaubens an ihn öffnen. Denn vor dem Jubelruf steht der Gegensatz zwischen dem Lob Johannes des Täufers – einer der »Kleinen«, die das Wirken Gottes in Christus Jesus erkannt haben (vgl. ) – und den Vorwürfen aufgrund der Ungläubigkeit der galiläischen Städte, »in denen er die meisten Wunder getan hatte« (vgl. ). Matthäus sieht den Jubel also in Beziehung zu den Worten, mit denen Jesus die Wirksamkeit seines Wortes und seines Handelns feststellt: »Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt« ().

Auch der hl. Lukas stellt den Jubelruf in Zusammenhang mit einem Augenblick der Entwicklung in der Verkündigung des Evangeliums. Jesus hat die »72 Jünger« ausgesandt (vgl. Lc 10,1), und sie sind aufgebrochen mit dem ängstlichen Gefühl, daß ihre Sendung möglicherweise mißlingen könnte. Auch Lukas hebt die Ablehnung hervor, denen sie in den Städten begegnen, in denen der Herr gepredigt und wunderbare Zeichen getan hat. Aber die 72 Jünger kehren voll Freude zurück, weil ihre Sendung Erfolg hatte; sie haben festgestellt, daß durch die Kraft des Wortes Jesu die Übel des Menschen überwunden werden. Und Jesus teilt ihre Zufriedenheit: »In dieser Stunde«, in diesem Augenblick jubelt er voll Freude.

Noch zwei weitere Elemente möchte ich hervorheben. Der Evangelist Lukas leitet das Gebet mit der Bemerkung ein, daß Jesus »vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude« (Lc 10,21) jubelte. Jesus freut sich aus seinem Innersten, seinem Tiefsten heraus: aus der einzigartigen Gemeinschaft der Erkenntnis und der Liebe mit dem Vater, der Fülle des Heiligen Geistes. Indem er uns in seine Sohnschaft einbezieht, lädt Jesus auch uns ein, uns dem Licht des Heiligen Geistes zu öffnen, denn – wie der Apostel Paulus sagt – »wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können … so, wie Gott es will« () und offenbart uns die Liebe des Vaters. Im Evangelium nach Matthäus finden wir nach dem Jubelruf einen der ergreifendsten Aufrufe Jesu: »Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen« (Mt 11,28). Jesus sagt, daß wir zu ihm gehen sollen, der die wahre Weisheit ist, zu ihm, der »gütig und von Herzen demütig« ist; er bietet »sein Joch« an, den Weg der Weisheit des Evangeliums. Dieser Weg ist keine Lehre, die man lernt, und auch kein ethisches Angebot, sondern eine Person, der man nachfolgen soll: er selbst, der einzige Sohn, in vollkommener Gemeinschaft mit dem Vater. Liebe Brüder und Schwestern, wir haben für einen Augenblick den Reichtum dieses Gebets Jesu gekostet. Auch wir können uns mit der Gabe seines Geistes an Gott wenden, im Gebet, mit kindlichem Vertrauen und ihn als Vater anrufen, »Abba«. Aber wir müssen das Herz der Kleinen haben, derer, »die arm sind vor Gott«, um zu erkennen, daß wir uns nicht selbst genügen, daß wir unser Leben nicht allein aufbauen können, sondern daß wir Gott brauchen, daß wir ihm begegnen, ihm zuhören, mit ihm sprechen müssen. Das Gebet öffnet uns, die Gabe Gottes zu empfangen, seine Weisheit, die Jesus selbst ist, um den Willen des Vaters für unser Leben zu tun und so Ruhe zu finden in den Mühen unseres Weges. Danke.

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Herzlich willkommen sage ich allen Pilgern und Besuchern aus den Ländern deutscher Sprache. In Christus dürfen wir mit kindlichem Vertrauen, wie er gesagt hat, Gott den Vater nennen. Im Gebet wollen wir unser Herz einfach machen, offen werden für Gottes Gaben und bereit, den Willen Gottes zu erfüllen, und so auch dann die innere Ruhe, die Freude finden. Nutzen wir dazu diese Zeit des Advents! Der Herr möge euch alle segnen, gesegneten Advent euch schenken!





Audienzhalle

Mittwoch, 14. Dezember 2011

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Liebe Brüder und Schwestern!

Heute möchte ich mit euch über das Gebet Jesu nachdenken, das mit seinen wunderbaren Heilungen verbunden ist. In den Evangelien werden verschiedene Situationen aufgezeigt, in denen Jesus angesichts des segensreichen und heilenden Wirkens Gottes, des Vaters, der durch ihn wirkt, betet. Dieses Gebet offenbart noch einmal die einzigartige Beziehung der Erkenntnis und der Gemeinschaft mit dem Vater, während Jesus große menschliche Anteilnahme am Leiden seiner Freunde zeigt, zum Beispiel des Lazarus und seiner Familie oder der vielen Armen und Kranken, denen er konkret helfen will.

Ein bedeutsamer Fall ist die Heilung des Taubstummen (vgl. ). Der Bericht des Evangelisten Markus – den wir soeben gehört haben – zeigt, daß das Heilungswirken Jesu mit seiner tiefen Beziehung zum Nächsten, dem Kranken, und auch zum Vater verbunden ist. Das Wunder wird eingehend beschrieben: »Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!« (). Jesus will, daß die Heilung »beiseite, von der Menge weg« stattfindet. Der Grund dafür scheint nicht nur in der Tatsache zu liegen, daß das Wunder vor den Menschen verborgen gehalten werden soll, um zu vermeiden, daß sich über die Person Jesu einschränkende oder verzerrte Urteile bilden. Durch die Entscheidung, den Kranken beiseite zu nehmen, sind Jesus und der Taubstumme im Augenblick der Heilung allein, stehen in besonders naher Beziehung zueinander. Mit einer Geste berührt der Herr die Ohren und die Zunge des Kranken, also die besonderen Stellen seiner Krankheit. Die tiefe Fürsorge Jesu zeigt sich auch in den ungewöhnlichen Umständen der Heilung: Er benutzt die eigenen Finger und sogar den eigenen Speichel. Auch die Tatsache, daß der Evangelist das ursprüngliche Wort wiedergibt, das vom Herrn gesprochen wurde – »Effata!, das heißt: Öffne dich!« –, hebt die Einzigartigkeit der Szene hervor.

Aber der zentrale Punkt dieser Episode ist die Tatsache, daß Jesus in dem Augenblick, in dem er die Heilung vornimmt, die direkte Beziehung zum Vater sucht. Denn im Bericht heißt es: Er »blickte … zum Himmel auf, seufzte« (v. 34). Die Aufmerksamkeit gegenüber dem Kranken, Jesu Fürsorge für ihn, sind mit einer tiefen Gebetshaltung gegenüber Gott verbunden. Und das Ausstoßen des Seufzers wird mit einem Verb umschrieben, das im Neuen Testament das Verlangen nach etwas Gutem anzeigt, das noch fehlt (vgl. Röm
Rm 8,23). Der ganze Bericht zeigt also, daß das menschliche Mitgefühl mit dem Kranken Jesus zum Beten bringt. Wiederum wird seine einzigartige Beziehung zum Vater deutlich, seine Identität als der einzige Sohn. In ihm, durch seine Person tritt das heilende und segensreiche Wirken Gottes zutage. Es ist kein Zufall, daß das, was die Menschen abschließend über das Wunder sagen, das Urteil über die Schöpfung am Anfang der Genesis in Erinnerung ruft: »Er hat alles gut gemacht« (Mc 7,37). Zum Heilungswirken Jesu gehört ganz klar das Gebet mit seinem Aufblicken zum Himmel. Die Kraft, die den Taubstummen geheilt hat, wird gewiß vom Mitleid mit ihm hervorgerufen, kommt aber aus dem Gebet zum Vater. Es begegnen sich diese beiden Beziehungen: die menschliche Beziehung des Mitleids mit dem Menschen, die in Beziehung zu Gott tritt und so zur Heilung wird.

Im johanneischen Bericht von der Auferweckung des Lazarus wird dieselbe Dynamik mit noch größerer Deutlichkeit bezeugt (vgl. ). Auch hier werden auf der einen Seite die Verbindung Jesu mit einem Freund und mit seinem Leiden und auf der anderen Seite seine Sohnesbeziehung zum Vater miteinander verknüpft. Die menschliche Anteilnahme Jesu an der Geschichte des Lazarus hat besondere Züge. Im ganzen Bericht wird wiederholt die Freundschaft mit ihm sowie mit seinen Schwestern Marta und Maria in Erinnerung gerufen. Jesus selbst sagt: »Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken« (Jn 11,11).

Die aufrichtige Liebe zu dem Freund wird auch von den Schwestern des Lazarus hervorgehoben, ebenso wie von den Juden (vgl. 11,3; 11,36); sie zeigt sich in der tiefen Erschütterung Jesu beim Anblick des Schmerzes von Marta und Maria und aller Freunde des Lazarus und mündet in das – zutiefst menschliche – Weinen bei der Annäherung an das Grab: »Als Jesus sah, wie sie [Marta] weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie antworteten ihm: Herr, komm und sieh! Da weinte Jesus« (). Dieses Freundschaftsband, die Anteilnahme und die Erschütterung Jesu angesichts des Schmerzes der Verwandten und Bekannten des Lazarus sind im ganzen Bericht mit einer ständigen tiefen Beziehung zum Vater verknüpft. Von Anfang an setzt Jesus das Ereignis in Beziehung zu seiner eigenen Identität und Sendung sowie zur Verherrlichung, die ihn erwartet. Denn als er von der Krankheit des Lazarus erfährt, sagt er: »Diese Krankheit wird nicht zum Tod führen, sondern dient der Verherrlichung Gottes: Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden« (Jn 11,4). Auch die Nachricht vom Tod des Freundes wird von Jesus mit tiefem menschlichem Schmerz aufgenommen, aber stets deutlich in Zusammenhang gestellt mit der Beziehung zu Gott und mit der Sendung, die er ihm anvertraut hat.

Er sagt: »Lazarus ist gestorben. Und ich freue mich für euch, daß ich nicht dort war; denn ich will, daß ihr glaubt« (). Der Augenblick, in dem Jesus vor dem Grab ausdrücklich zum Vater betet, ist das natürliche Ziel des ganzen Ereignisses, das im zweifachen Spannungsfeld zwischen der Freundschaft mit Lazarus und der Sohnesbeziehung zu Gott steht. Auch hier gehören die beiden Formen der Beziehung zusammen. »Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast« (Jn 11,41): Es ist eine Danksagung, eine Eucharistie. Der Satz zeigt, daß Jesus keinen Augenblick lang nachgelassen hat, für das Leben des Lazarus zu beten. Dieses unablässige Gebet hat das Band mit dem Freund sogar noch gestärkt und gleichzeitig die Entscheidung Jesu bestätigt, in Gemeinschaft mit dem Willen des Vaters zu bleiben, mit seinem Liebesplan, in dem die Krankheit und der Tod des Lazarus als ein Ort betrachtet werden, an dem die Herrlichkeit Gottes offenbar wird.

Liebe Brüder und Schwestern, wenn wir diese Erzählung lesen, ist jeder von uns aufgerufen zu verstehen, daß wir beim Gebet zum Herrn nicht die unmittelbare Erfüllung dessen erwarten dürfen, worum wir bitten, sondern uns vielmehr dem Willen des Vaters anvertrauen und jedes Ereignis im Hinblick auf seine Herrlichkeit, auf seinen Liebesplan verstehen müssen, der in unseren Augen oft geheimnisvoll ist. Daher müssen in unserem Gebet immer Bitte, Lob und Danksagung in eins gehen, auch wenn Gott nicht auf unsere konkreten Erwartungen zu antworten scheint. Die Hingabe an die Liebe Gottes, die uns vorausgeht und uns immer begleitet, ist eine der Grundhaltungen in unserem Gespräch mit ihm. Der Katechismus der Katholischen Kirche kommentiert das Gebet Jesu im Bericht der Auferweckung des Lazarus so: »Das Gebet Jesu, das von Danksagung getragen ist, offenbart uns, wie wir bitten sollen: Schon bevor die Gabe geschenkt wird, stimmt Jesus Gott zu, der gibt und der sich selbst in seinen Gaben schenkt. Der Geber ist wertvoller als die gewährte Gabe. Er ist der Schatz, und bei ihm ist das Herz seines Sohnes. Die Gabe selbst wird dazugegeben (vgl. Mt 6,21 Mt 6,33)« (CEC 2604). Das scheint mir sehr wichtig: bevor die Gabe gewährt wird, dem zuzustimmen, der gibt; der Geber ist wertvoller als die Gabe. Über all das hinaus, was Gott uns gibt, wenn wir ihn bitten, ist die größte Gabe, die er uns geben kann, seine Freundschaft, seine Gegenwart, seine Liebe. Er ist der kostbare Schatz, um den wir bitten und den wir stets bewahren müssen.

Das Gebet, das Jesus spricht, als der Stein vom Eingang des Grabes des Lazarus weggenommen wird, nimmt außerdem eine einzigartige und unerwartete Wendung. Denn nachdem er Gott, dem Vater, gedankt hat, fügt er hinzu: »Ich wußte, daß du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herum steht, habe ich es gesagt; denn sie sollen glauben, daß du mich gesandt hast« (Jn 11,42). Mit seinem Gebet will Jesus zum Glauben führen, zum völligen Vertrauen auf Gott und auf seinen Willen, und will zeigen, daß dieser Gott, der den Menschen und die Welt so sehr geliebt hat, daß er seinen einzigen Sohn sandte (vgl. Jn 3,16), der Gott des Lebens ist, der Gott, der Hoffnung bringt und in der Lage ist, menschlich unmögliche Situationen umzukehren. Das vertrauensvolle Gebet eines Gläubigen ist also ein lebendiges Zeugnis für die Gegenwart Gottes in der Welt, seine Fürsorge für den Menschen, sein Wirken zur Umsetzung seines Heilsplans.

Die beiden soeben betrachteten Gebete Jesu, die die Heilung des Taubstummen und die Auferweckung des Lazarus begleiten, zeigen, daß die tiefe Verbindung zwischen Gottesliebe und Nächstenliebe auch in unser Gebet eintreten muß. Die Fürsorge gegenüber dem anderen, besonders dann, wenn er arm und leidtragend ist, die Erschütterung angesichts des Schmerzes einer befreundeten Familie bringen Jesus dazu, sich an den Vater zu wenden, in jener grundlegenden Beziehung, die sein ganzes Leben leitet. Aber auch umgekehrt: Die Gemeinschaft mit dem Vater, das ständige Gespräch mit ihm, spornen Jesus an, auf einzigartige Weise Sorge zu tragen für die konkreten Situationen des Menschen, um dorthin den Trost und die Liebe Gottes zu bringen. Die Beziehung zum Menschen führt uns zur Beziehung zu Gott, und die Beziehung zu Gott führt uns wieder zum Nächsten.

Liebe Brüder und Schwestern, unser Gebet öffnet die Tür für Gott, der uns lehrt, ständig aus uns herauszukommen, um in der Lage zu sein, auf die anderen zuzugehen, besonders in Zeiten der Prüfung, um ihnen Trost, Hoffnung und Licht zu bringen. Der Herr schenke uns die Fähigkeit zu einem immer tieferen Gebet, um unsere persönliche Beziehung zu Gott, dem Vater, zu stärken, unser Herz zu öffnen gegenüber den Nöten derer, die uns nahe sind, und die Schönheit zu spüren, »Söhne im Sohn« zu sein, zusammen mit vielen Brüdern. Danke.



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Einen frohen Gruß richte ich an alle deutschsprachigen Pilger und Gäste. Auch durch unser Leben soll Gottes Herrlichkeit sichtbar werden. Wir wollen Christus bitten, daß er unsere persönliche Beziehung zu Gott stärkt, daß er uns das Herz zugleich weit macht für die Bedürfnisse und Nöte dieser Welt und der Menschen. Euch allen schenke der Herr einen gesegneten Advent.





Audienzhalle

Mittwoch, 21. Dezember 2011


Generalaudienzen 2005-2013 30111