ANSPRACHE 2008 Januar 2008 25

AN DIE BISCHÖFE AUS COSTA RICA ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Clementina-Saal

Freitag, 8. Februar 2008

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Liebe Mitbrüder im Bischofamt!


1. Ich freue mich sehr, euch zum Abschluß eures »Ad-limina«-Besuchs zu empfangen. Es gibt mir Gelegenheit, euch alle gemeinsam zu begrüßen und euch in der Hoffnung zu bestärken, die so notwendig ist für den Dienst, der euch anvertraut ist und den ihr mit Großherzigkeit verseht. Ich danke dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof José Francisco Ulloa Rojas, für seine Worte, durch die er die Herausforderungen und Hoffnungen, denen ihr in eurer pastoralen Tätigkeit gegenübersteht, ebenso wie eure Nähe zum Bischof von Rom, »wo der Primat des Apostolischen Stuhls seit jeher seinen Sitz hat« (Augustinus, Ep 43,3,7), und eure enge Gemeinschaft mit ihm zum Ausdruck gebracht hat.

Diese Begegnung ist in gewisser Weise neu für einige von euch, die erst seit kurzer Zeit dem Bischofskollegium angehören, für andere sind die Teilkirchen neu, die sie in ihrem Herzen tragen, und für alle ist auch das Gesicht des Nachfolgers Petri neu. Diese Neuheit kann dazu beitragen, auch den Zielen dieses Besuchs an den Gräbern des hl. Petrus und des hl. Paulus größeren Nachdruck zu verleihen, vor allem der Erneuerung des Glaubens an Jesus Christus, der von den Aposteln überliefert wurde und den zu bewahren euch als ihren Nachfolgern obliegt. Gleichzeitig soll der Besuch dazu beitragen, eure »Sorge für die Gesamtkirche« (Lumen gentium
LG 23) neu zu beleben und so das Herz aller Gläubigen durch die universale Sichtweise weit zu machen, die der christlichen Botschaft zu eigen ist.

2. Vor euch liegt die Aufgabe, neue Wege zu suchen, um Christus zu verkündigen, inmitten von raschen und oft tiefgreifenden Veränderungen, unter Betonung des missionarischen Charakters jeder pastoralen Tätigkeit. In diesem Sinne hat die im vergangenen Jahr in Aparecida abgehaltene Generalkonferenz des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik hervorgehoben, daß jede Person und jede Generation die Botschaft des Evangeliums für sich annehmen und sich zu eigen machen muß, in den verschiedenen Umständen und Phasen ihres Lebens.

Auch das costaricanische Volk muß seine alten und tiefen christlichen Wurzeln, seine kraftvolle Volksfrömmigkeit und seine aus dem Herzen kommende Marienverehrung stets neu beleben, damit sie Früchte tragen durch ein Leben, das den Jüngern Christi würdig ist und das genährt wird durch das Gebet und die Sakramente, durch eine Übereinstimmung des täglichen Lebens mit dem Glauben, den man bekennt, und durch eine Verpflichtung, sich aktiv an der Sendung zu beteiligen, »uns und die Welt zu öffnen für das Hereintreten Gottes: der Wahrheit, der Liebe, des Guten« (vgl. Spe salvi ).

3. Der Herr hat seine Ernte in Costa Rica reich gesegnet mit einer guten Zahl von Priestern, die die vorrangigen Mitarbeiter des Bischofs in seinem pastoralen Dienst sind. Sie benötigen daher, außer klaren Richtlinien und Kriterien, eine ständige Aus- und Weiterbildung und Unterstützung bei der Ausübung ihres Dienstes, ein persönliches Umfeld von »Söhnen und Freunden« (Lumen gentium LG 28), das ihnen am Herzen liegt, sie in ihren Bemühungen ermutigt, ihnen bei Schwierigkeiten hilft und, wenn es nötig ist, eventuelle Situationen, die das Bild des Priestertums und der Kirche verdunkeln, korrigiert und hier Abhilfe schafft.

Dieser große Schatz der ganzen Teilkirche wird bewahrt und bereichert durch eine sorgfältige Aufmerksamkeit gegenüber den Seminaristen, deren Eignung einer strengen Entscheidungsfindung bedarf und für die eine abstrakte und formale Ausbildung nicht ausreicht, denn sie bereiten sich darauf vor, jene Worte des Apostels selbst zu leben: »Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Wir aber haben Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus« (1Jn 1,3). Außerdem kann diese Perspektive bei den jungen Männern die Begeisterung für Jesus und seine Heilssendung wecken und in ihrem Herzen den Wunsch entstehen lassen, als Priester und Geweihte an ihr teilzuhaben.

4. Liebe Bischöfe, ihr wißt sehr gut, welche Gefahren ein schwaches und oberflächliches Glaubensleben mit sich bringt, wenn es Verlockungen ausgesetzt ist wie dem Proselytismus der Sekten und pseudoreligiösen Gruppierungen, der Vielzahl von Versprechungen, auf einfache und unmittelbare Weise zu Wohlstand zu gelangen, die jedoch in Ernüchterung und Enttäuschung enden, oder der Verbreitung von Ideologien, die verkünden, den Menschen zu erhöhen, ihn aber in Wirklichkeit banalisieren. In einer solchen Situation ist die Verkündigung »der wahren, der großen und durch alle Brüche hindurch tragenden Hoffnung des Menschen, die nur Gott sein kann - der Gott, der uns geliebt hat und liebt« (vgl. Spe salvi ), von unschätzbarem Wert.

Ein lebendiges Zeugnis dieser Hoffnung, die die Seele erhebt und Kraft gibt in den Sorgen des menschlichen Lebens, kommt insbesondere den Ordensmännern, Ordensfrauen und geweihten Personen zu, die vor allem dazu berufen sind, Zeichen zu sein des »Geheimnisses des Gottesreiches, das bereits in der Geschichte wirksam ist« (vgl. Vita consecrata VC 1). Daher sind sie ein kostbares Geschenk für die Kirche »als entscheidendes Element für ihre Sendung, da es ›das innerste Wesen der christlichen Berufung offenbart und darstellt‹« (vgl. ebd., 3). Man muß deshalb dem Herrn für ihre Anwesenheit in jeder Teilkirche danken.

Es kommt auch den gläubigen Laien zu, ihrer besonderen Berufung entsprechend an dieser Sendung teilzuhaben, und es ist schön, sie tatkräftig mitwirken zu sehen an der Bewahrung und Verbreitung der Flamme des Glaubens durch die Katechese und die Mitarbeit in den Pfarreien und in den verschiedenen pastoralen Organisationen der Diözesen. Sie verdienen zweifellos den Dank, die Ermutigung und die ständige Aufmerksamkeit ihrer Hirten, damit sie stets und auf systematische Weise eine solide christliche Ausbildung erhalten, auch in Anbetracht der Tatsache, daß sie berufen sind, die christlichen Werte in die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft, in die Welt der Arbeit, des zivilen Zusammenlebens und der Politik einzubringen. In der Tat obliegt ihnen die Sorge für die zeitliche Ordnung (vgl. Apostolicam actuositatem AA 7), und es ist ihre Aufgabe, »das gesellschaftliche Leben in rechter Weise zu gestalten, indem sie dessen legitime Eigenständigkeit respektieren und mit den anderen Bürgern gemäß ihren jeweiligen Kompetenzen und in eigener Verantwortung zusammenarbeiten« (Deus caritas est ).

In bezug auf die Katecheten und die Animatoren der Gemeinden sollte insbesondere daran erinnert werden, daß sie die Weitergabe der rechten Lehre verbinden müssen mit dem persönlichen Zeugnis, mit dem festen Vorsatz, nach den Geboten des Herrn zu leben, und mit der lebendigen Erfahrung, treue und aktive Mitglieder der Kirche zu sein. Dieses Lebensvorbild ist in der Tat notwendig, damit ihre Unterweisung keine bloße Weitergabe theoretischer Kenntnisse über die Geheimnisse Gottes bleibt, sondern zur Annahme eines christlichen Lebenswandels führt. Das war bereits in der Alten Kirche entscheidend, wo am Ende geprüft wurde, ob die Katechumenen »ihr Katechumenat richtig gelebt, die Witwen geehrt, die Kranken besucht und gute Werke vollbracht haben« (Traditio Apostolica, 20).

5. Zu Recht seid ihr besorgt über den zunehmenden Verfall der Institution der Familie, was schwerwiegende Auswirkungen sowohl auf das Gesellschaftsgefüge als auch auf das kirchliche Leben hat. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, das Wohl der Familie zu fördern, ihre Rechte bei den entsprechenden Stellen zu verteidigen und eine pastorale Fürsorge zu entwickeln, die sie schützt und ihr bei Schwierigkeiten direkte Hilfe leistet. Dafür ist eine gute Ehevorbereitung von größter Bedeutung, ebenso wie ein tägliches Umfeld, das Ermutigung in jedes Heim bringt und hier den Gruß Jesu hörbar macht: »Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden« (Lc 19,9). Auch dürfen die Gruppen von Eheleuten und Familien nicht vergessen werden, in denen diese sich gegenseitig unterstützen bei der Erfüllung ihrer hohen und unverzichtbaren Berufung, ebensowenig wie die besonderen Dienste zur Linderung leidvoller Situationen, die hervorgerufen werden durch das Verlassen der ehelichen Gemeinschaft, durch wirtschaftliche Not oder häusliche Gewalt, deren Opfer besonders die Frauen sind.

6. Zum Abschluß dieser Begegnung möchte ich euch meiner besonderen Nähe versichern, verbunden mit meinem Gebet zum Herrn für euren Dienst. Ich bitte euch, euren Gläubigen meine Zuneigung zu übermitteln, insbesondere den Priestern, den Ordensgemeinschaften und den geweihten Personen sowie den Katecheten und allen, die in die wunderbare Aufgabe eingebunden sind, das Licht Christi in das gesegnete Land Costa Rica zu tragen und es lebendig zu erhalten.

Ich bitte die allerseligste Jungfrau Maria, die die Costaricaner unter dem Titel »Nuestra Señora de los Ángeles« so sehr verehren, ihre Kinder in dieser geliebten Nation zu schützen und sie mit zärtlicher Fürsorge dahin zu führen, ihren göttlichen Sohn immer besser kennenzulernen und immer mehr zu lieben. Ihnen und euch erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.

AN DIE TEILNEHMER DES INTERNATIONALEN KONGRESSES "FRAU UND MANN - DAS HUMANUM IN SEINER GANZHEIT"

Samstag, 9. Februar 2008



Liebe Brüder und Schwestern!

27 Mit aufrichtiger Freude empfange und begrüße ich euch alle, die ihr an dem internationalen Kongreß über das Thema »Frau und Mann - das ›Humanum‹ in seiner Ganzheit« teilnehmt, der aus Anlaß des 20. Jahrestages der Veröffentlichung des Apostolischen Schreibens Mulieris dignitatem ausgerichtet wurde. Ich begrüße Herrn Kardinal Stanislaw Rylko, Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien, und danke ihm, daß er die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße den Sekretär, Bischof Josef Clemens, sowie die Mitglieder und Mitarbeiter des Dikasteriums. Mein ganz besonderer Gruß geht an die Frauen, die die große Mehrzahl der Anwesenden ausmachen und die mit ihrer Erfahrung und Kompetenz die Arbeiten des Kongresses bereichert haben.

Das Thema, über das ihr nachdenkt, ist von großer Aktualität: Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute hat die Bewegung für die Aufwertung der Frau in den verschiedenen Bereichen des sozialen Lebens unzählige Überlegungen und Debatten ausgelöst und die Vervielfachung so vieler Initiativen erlebt, die die katholische Kirche mit aufmerksamem Interesse verfolgt und oft auch begleitet hat. Das Verhältnis von Mann und Frau in ihrer jeweiligen Besonderheit und Komplementarität stellt ganz sicher einen zentralen Punkt der »anthropologischen Frage« dar, die in der heutigen Kultur und letzten Endes für jede Kultur so vorrangig ist. Zahlreiche päpstliche Beiträge und Dokumente haben die aufkommende Realität der Frauenfrage aufgegriffen. Ich beschränke mich darauf, Dokumente meines geliebten Vorgängers Johannes Paul II. zu erwähnen, der im Juni 1995 einen Brief an die Frauen geschrieben hat und der am 15. August 1988, also vor fast genau zwanzig Jahren, das Apostolische Schreiben Mulieris dignitatem veröffentlichte. Dieser in theologischer, spiritueller und kultureller Hinsicht sehr reiche Text über die Berufung und Würde der Frau hat seinerseits das Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre »An die Bischöfe der katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt« inspiriert.

In Mulieris dignitatem wollte Johannes Paul II. die anthropologischen Grundwahrheiten über Mann und Frau, ihre Gleichheit in der Würde und die Einheit der zwei, die radikale und tiefe Verschiedenheit zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen und ihre Berufung zu Gegenseitigkeit und Komplementarität, zu Zusammenarbeit und Gemeinschaft vertiefen (vgl.
MD 6). Diese Einheit in der Zweiheit von Mann und Frau beruht auf dem Fundament der Würde jedes Menschen, erschaffen nach dem Bild und Gleichnis Gottes, der »sie als Mann und Frau schuf« (Gn 1,27) und dadurch eine unterschiedslose Einförmigkeit und flache, nivellierende Gleichheit ebenso wie einen abgrundtiefen und konfliktbeladenen Unterschied vermieden hat (vgl. Johannes Paul II., Brief an die Frauen, 8). Diese Einheit der zwei bringt die in die Körper und Seelen eingeschriebene Beziehung zum anderen, die Liebe zum anderen, die zwischenmenschliche Gemeinschaft mit sich, die darauf hinweist, daß »zur Erschaffung des Menschen auch eine gewisse Ähnlichkeit mit der göttlichen Gemeinschaft gehört« (Mulieris dignitatem MD 7). Wenn also der Mann oder die Frau autonom und völlig unabhängig zu sein behaupten, laufen sie Gefahr, in einer Selbstverwirklichung gefangen zu bleiben, die die Überwindung jeder natürlichen, sozialen oder religiösen Bindung als Errungenschaft der Freiheit betrachtet, in Wirklichkeit aber die Freiheit auf eine beklemmende Einsamkeit einschränkt. Um der wirklichen Förderung der Frau und des Mannes den Weg zu ebnen und sie zu unterstützen, muß man dieser Wirklichkeit Rechnung tragen.

Sicher braucht man eine neue anthropologische Forschung, die auf der Grundlage der großen christlichen Tradition die neuen Fortschritte der Wissenschaft und das Faktum der heutigen kulturellen Sensibilitäten mit einbezieht und auf diese Weise zur tieferen Erkenntnis nicht nur der Identität der Frau, sondern auch der des Mannes beiträgt, die ebenfalls gar nicht selten Gegenstand einseitiger und ideologischer Überlegungen ist. Angesichts kultureller und politischer Strömungen, die versuchen, die in die menschliche Natur eingeschriebene Verschiedenheit der Geschlechter zu eliminieren oder zumindest zu trüben und zu verwischen und sie als kulturelles Konstrukt betrachten, ist es notwendig, an den Plan Gottes zu erinnern, der den Menschen als Mann und Frau erschaffen hat, als eine Einheit und zugleich mit einer ursprünglichen und komplementären Verschiedenheit. Die menschliche Natur und die kulturelle Dimension ergänzen sich in einem weitläufigen und komplexen Prozeß, der die Formung der eigenen Identität bewirkt, wo sich beide Dimensionen, die weibliche und die männliche, entsprechen und ergänzen.

Bei der Eröffnung der Arbeiten der V. Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik im Mai vorigen Jahres in Brasilien habe ich daran erinnert, daß noch immer eine chauvinistische Gesinnung fortbesteht, die die neue Botschaft des Christentums ignoriert, das für die Frau die gleiche Würde und Verantwortung anerkennt und verkündet wie für den Mann. Es gibt Orte und Kulturen, wo die Frau aus dem einzigen Grund, weil sie Frau ist, diskriminiert oder unterschätzt wird, wo sogar religiöse Gründe vorgeschoben und familiärer, sozialer und kultureller Druck ausgeübt werden, um an der Ungleichheit der Geschlechter festzuhalten, wo Akte der Gewalt gegenüber der Frau verübt werden, indem man sie mißhandelt und zum Objekt der Ausbeutung in der Werbungs-, Konsum- und Vergnügungsindustrie macht. Angesichts derart schwerwiegender und andauernder Vorkommnisse erscheint der Einsatz der Christen noch dringender, damit sie überall zu Förderern einer Kultur werden, die der Frau im Recht und in der Realität der Fakten die ihr zustehende Würde zuerkennt.

Gott vertraut der Frau und dem Mann entsprechend den ihnen eigenen Besonderheiten eine bestimmte Berufung und Sendung in der Kirche und in der Welt an. Ich denke hier an die Familie als für das Leben offene Liebesgemeinschaft und Grundzelle der Gesellschaft. In ihr entfalten die Frau und der Mann dank des Geschenks der Elternschaft gemeinsam eine unersetzliche Rolle gegenüber dem Leben. Die Kinder haben von ihrer Empfängnis an das Recht, auf den Vater und die Mutter zählen zu können, die sich um sie kümmern und sie in ihrem Heranwachsen begleiten sollen. Der Staat muß seinerseits durch entsprechende sozialpolitische Maßnahmen alles unterstützen, was den Bestand und die Einheit der Ehe, die Würde und Verantwortung der Ehegatten, ihr Recht und ihre unersetzliche Aufgabe als Erzieher der Kinder fördert. Zudem muß es auch der Frau ermöglicht werden, durch den Einsatz ihres typisch »fraulichen Geistes« am Aufbau der Gesellschaft mitzuwirken.

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch noch einmal für euren Besuch und, während ich den Arbeiten des Kongresses vollen Erfolg wünsche, versichere ich euch meines Gedenkens im Gebet. Ich erbitte hierzu die mütterliche Fürsprache Mariens, damit sie den Frauen unserer Zeit helfe, ihre Berufung und ihre Sendung in der kirchlichen und weltlichen Gemeinschaft zu verwirklichen. Mit diesen Wünschen erteile ich euch, die ihr hier anwesend seid, und euren Lieben einen besonderen Apostolischen Segen.

AN DIE ITALIENISCHE VEREINIGUNG FÜR EXERZITIEN

Samstag, 9. Februar 2008

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Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und im priesterlichen Dienst,
liebe Schwestern und Brüder!

Es ist mir eine Freude, euch am Ende der nationalen Versammlung der Italienischen Vereinigung für Exerzitien (Federazione Italiana Esercizi Spirituali; »FIES«) zu empfangen. Ich grüße den Vorsitzenden, Kardinal Salvatore De Giorgi, und danke ihm für die freundlichen Worte, mit denen er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Ich danke für euer Gebet und euren Gesang. Ich grüße die beauftragten Bischöfe der regionalen Bischofskonferenzen, die Mitglieder des Präsidiums und des Nationalen Rates, die Beauftragten der Diözesen und Regionen, die Leiter einiger Häuser für Geistliche Exerzitien und die Gruppe der Animatoren von Exerzitien für Jugendliche. Das Thema eurer Versammlung: »Für eine wahrhaft christliche Spiritualität« habt ihr meiner Einladung entnommen, die ich an alle Hirten der Kirche am Ende des nachsynodalen Apostolischen Schreibens Sacramentum caritatis (vgl. Nr. 94) gerichtet habe, das im Mittelpunkt vieler Vorträge und Studiengruppen gestanden ist. Die Wahl dieses Themas zeigt, wie sehr es euch am Herzen liegt, das Lehramt des Papstes im Geist des Glaubens aufzunehmen, um es in die Initiativen des Studiums einzubeziehen und in der pastoralen Praxis recht umzusetzen. Aus demselben Grund seid ihr auf die beiden Enzykliken Deus caritas est und Spe salvi eingegangen. Danke für dieses Bemühen.

Die Statuten der »FIES« bekräftigen klar, daß es ihre Zielsetzung ist, »die geistlichen Übungen in jeder möglichen Weise und unter Achtung der kanonischen Normen bekannt zu machen und zu fördern; sie sind als eine intensive Erfahrung Gottes in einer Atmosphäre des Hörens des Wortes Gottes im Hinblick auf eine neue Umkehr und Hingabe an Christus und an die Kirche zu verstehen« (Art. 2). Der Verband »vereinigt deshalb in Italien durch freiwillige Zugehörigkeit alle, die sich im Zusammenhang mit der Pastoral der Zeiten des Heiligen Geistes mit Exerzitien befassen« (ebd.). Er will also die Spiritualität als Grundlage und Wesenskern der ganzen Pastoral fördern. Er entstand und entfaltete sich, indem er die Lehrschreiben von meinen verehrten Vorgängern, den Dienern Gottes Paul VI., Johannes Paul I. und Johannes Paul II., über die Notwendigkeit des Gebets und über den Primat des geistlichen Lebens beherzigte. Indem ich ihren Weg fortsetzte, wollte auch ich in der Enzyklika Deus caritas est »angesichts des Aktivismus und des drohenden Säkularismus vieler in der karitativen Arbeit beschäftigter Christen die Bedeutung des Gebets erneut bekräftigen« (). In der Enzyklika Spe salvi habe ich das Gebet an erster Stelle unter die »Lern- und Übungsorte der Hoffnung« eingereiht (). Die aktuelle und dringende Notwendigkeit des Gebets soll deshalb immer hervorgehoben werden.

Während in Italien glücklicherweise vielfältige spirituelle Initiativen vor allem unter den Jugendlichen entstehen und sich verbreiten, scheint hingegen die Zahl derer abzunehmen, die an wirklichen Exerzitienkursen teilnehmen, und das gilt auch für die Priester und die Mitglieder der Institute des geweihten Lebens. Deshalb ist es der Mühe wert daran zu erinnern, daß die »Exerzitien« eine geistliche Erfahrung mit eigenem und besonderem Charakter sind, den ihr in Worten zusammenfaßt, die ich gern in Erinnerung rufen möchte: »Eine intensive Erfahrung Gottes, hervorgerufen durch das Hören seines Wortes, verstanden und aufgenommen im persönlichen Leben unter dem Wirken des Heiligen Geistes, der in einer Atmosphäre der Stille, des Gebets und durch die Vermittlung eines geistlichen Führers die Fähigkeit zur Unterscheidung im Bezug auf die Läuterung des Herzens, die Umkehr des Lebens, die Nachfolge Christi für die Erfüllung der eigenen Sendung in der Kirche und Welt verleiht«. Neben anderen auch lobenswerten Formen der geistlichen Einkehr ist es gut, daß die Teilnahme an den geistlichen Übungen nicht nachläßt, die von vollständiger und tiefer Stille gekennzeichnet sind, die die persönliche und gemeinschaftliche Begegnung mit Gott und die Kontemplation des Antlitzes Christi fördert. Dieses Erfordernis, auf das meine Vorgänger und ich selbst mehrmals hingewiesen haben, kann nicht genug betont werden.

In einer Zeit, in der die Säkularisierung immer mehr Einfluß gewinnt, man anderseits aber ein verbreitetes Bedürfnis nach der Begegnung mit Gott spürt, darf die Möglichkeit nicht fehlen, Räume für das intensive Hören des Wortes Gottes in der Stille und im Gebet anzubieten. Bevorzugte Orte für eine solche geistliche Erfahrung sind vor allem die Exerzitienhäuser, die zu diesem Zweck materiell unterstützt und mit angemessenem Personal ausgestattet werden müssen. Ich ermutige die Hirten der einzelnen Gemeinschaften, dafür zu sorgen, daß es in den Exerzitienhäusern nicht an gut ausgebildeten Leitern sowie an bereitwilligen und gebildeten männlichen und weiblichen Betreuern fehlt, die über entsprechendes Wissen und geistliche Eigenschaften verfügen, die sie zu wahren geistlichen Lehrern, Experten und leidenschaftlichen Verkündern des Wortes Gottes machen, und die dem Lehramt der Kirche treu sind. Ein guter Exerzitienkurs trägt dazu bei, daß in den Teilnehmern die Freude und der Geschmack an der Liturgie erneuert wird, insbesondere an einem würdevollen Stundengebet und an der Eucharistie; er hilft, die Bedeutung des Bußsakraments, von dem der Weg der Umkehr ausgeht und das ein Geschenk der Versöhnung ist, sowie den Wert und die Bedeutung der eucharistischen Anbetung wieder zu entdecken. Während der Exerzitien ist es auch möglich, den wahren und vollen Sinn des Rosenkranzgebets und der Kreuzwegandacht zu erfahren.

Liebe Schwestern und Brüder, ich danke euch für den wertvollen Dienst, den ihr für die Kirche verrichtet, und für eure Bemühungen, damit in Italien das »Netz« der Exerzitien verdichtet und gefestigt wird. Ich meinerseits versichere euch eines Gebets zum Herrn, während ich unter Anrufung der Fürsprache der Gottesmutter Maria euch allen und euren Mitarbeitern den Apostolischen Segen erteile.



ABSCHLUSS DER EXERZITIEN DER RÖMISCHEN KURIE

Kapelle "Redemptoris Mater"

Samstag, 16. Februar 2008

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Liebe Mitbrüder,

am Ende dieser Exerzitientage möchte ich Ihnen von ganzem Herzen danken, Eminenz, für ihre geistliche Führung, die Sie uns mit großer theologischer Kompetenz und ebenso großer geistlicher Tiefe geboten haben. Von meinem Blickwinkel aus hatte ich immer das Bild Jesu vor Augen, der vor Petrus kniet, um ihm die Füße zu waschen. Durch Ihre Meditationen hat dieses Bild zu mir gesprochen. Ich habe gesehen, daß sich gerade hier, in dieser Verhaltensweise, in diesem Akt äußerster Demut, das neue Priestertum Jesu verwirklicht. Und es verwirklicht sich in eben diesem Akt der Solidarität mit uns, mit unseren Schwächen, unserem Leiden, unseren Prüfungen, bis hin zum Tod. So habe ich auch mit neuen Augen das rote Gewand Jesu gesehen, das von seinem Blut zu uns spricht. Sie, Herr Kardinal, haben uns gelehrt, wie das Blut Jesu durch sein Gebet mit dem »Sauerstoff« des Heiligen Geistes gesättigt war. Und so ist es zur Kraft der Auferstehung und Quelle des Lebens für uns geworden.

Aber ich konnte nicht umhin, auch die Gestalt des hl. Petrus zu betrachten, der mit dem Finger auf seine Stirn weist. Es ist der Moment, in dem er den Herrn bittet, ihm nicht nur die Füße zu waschen, sondern auch den Kopf und die Hände. Mir scheint dies - über diesen Moment hinaus - ein Ausdruck der Schwierigkeit des hl. Petrus und aller Jünger Jesu zu sein, die überraschende Neuheit des Priestertums Jesu zu verstehen, dieses Priestertums, das Hinabsteigen, Solidarität mit uns ist und uns so den Zugang zum wahren Heiligtum öffnet, dem auferstandenen Leib Jesu.

Während der gesamten Zeit seiner Jüngerschaft und, so scheint mir, bis zu seiner eigenen Kreuzigung mußte der hl. Petrus immer neu auf Jesus hören, um tiefer in das Geheimnis seines Priestertums einzutreten, des Priestertums Christi, das den Aposteln und ihren Nachfolgern übertragen worden ist.


In dieser Hinsicht scheint mir die Gestalt des Petrus für uns alle in diesen Tagen zu stehen. Sie, Eminenz, haben uns geholfen, die Stimme des Herrn zu hören und so von neuem zu lernen, was sein und unser Priestertum ist. Sie haben uns geholfen, in die Teilhabe am Priestertum Christi einzutreten und so auch das neue Herz zu empfangen, das Herz Jesu als Mittelpunkt des Geheimnisses des Neuen Bundes.

Vielen Dank für dies alles, Eminenz. Ihre Worte und ihre Meditationen werden uns in dieser Fastenzeit auf unserem Weg zum Pascha des Herrn begleiten. In diesem Sinne wünsche ich euch allen, liebe Mitbrüder, eine gute, geistlich fruchtbare Fastenzeit, damit wir wirklich durch Ostern zu einer immer tieferen Teilhabe am Priestertum unseres Herrn gelangen können.

AN DIE MITGLIEDER DES RATES FÜR DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER KONGREGATION FÜR DIE INSTITUTE DES GEWEIHTEN LEBENS

UND DIE GESELLSCHAFTEN DES APOSTOLISCHEN LEBENS UND DER INTERNATIONALEN UNIONEN DER GENERALOBEREN UND GENERALOBERINNEN

Montag, 18. Februar 2008



Liebe Brüder und Schwestern!

Zum Abschluß dieser gemeinsamen Überlegungen heute vormittag über einige besonders aktuelle und wichtige Aspekte des geweihten Lebens in unserer Zeit möchte ich vor allem dem Herrn danken, der uns diesen Moment gewährt hat, der für alle sehr fruchtbar war. Wir hatten Gelegenheit, zusammen die Möglichkeiten und Erwartungen, die Hoffnungen und Schwierigkeiten zu untersuchen, denen die Institute des geweihten Lebens heute begegnen. Ich habe mit großer Aufmerksamkeit und Interesse eure Zeugnisse, eure Erfahrungen angehört und mir eure Fragen vorgemerkt. Wir spüren alle, daß es in der modernen, globalisierten Gesellschaft immer schwerer wird, das Evangelium zu verkünden und zu bezeugen. Wenn das für alle Getauften gilt, um so mehr gilt es für die Menschen, die Jesus durch die Ordensweihe in besonderer Weise in seine Nachfolge beruft. So verschont der fortschreitende Prozeß der Säkularisierung in der zeitgenössischen Kultur leider auch die Ordensgemeinschaften nicht.

Aber man darf nicht den Mut verlieren. Es zeigen sich einerseits, wie schon erwähnt, am Horizont des Ordenslebens viele Wolken; anderseits werden zunehmend Zeichen eines glücklichen Erwachens sichtbar, das Grund zu tröstlicher Hoffnung bietet. Der Heilige Geist weht überall in der Kirche kräftig und weckt einen neuen Einsatz für die Treue in den althergebrachten Instituten sowie neue Formen der Weihe entsprechend den Erfordernissen unserer Zeit. Es fehlt heute wie in jeder Epoche nicht an großmütigen Menschen, die bereit sind, für Christus und sein Evangelium alle und alles zu verlassen und ihr Leben seinem Dienst in einer Gemeinschaft zu weihen, die sich durch Begeisterung, Hochherzigkeit und Freude auszeichnet. Diese neuen Erfahrungen des geweihten Lebens sind geprägt von dem gemeinsamen und mit voller Zustimmung geteilten Wunsch nach Armut, die entsprechend dem Evangelium auf radikale Weise gelebt wird, nach treuer Liebe zur Kirche, großmütiger Hingabe an den Nächsten in Not unter besonderer Berücksichtigung jener geistlichen Armut, welche die heutige Zeit deutlich kennzeichnet.

Wie meine verehrten Vorgänger wollte auch ich mehrmals betonen, daß die Menschen von heute ein starkes religiöses und geistliches Bedürfnis haben; sie sind aber nur bereit, den zu hören und dem zu folgen, der die eigene Treue zu Christus konsequent bezeugt. Und es ist interessant festzustellen, daß den meisten Zulauf an Berufungen gerade solche Institute haben, die eine Lebenshaltung bewahrt oder gewählt haben, die äußerst streng und dem Evangelium treu ist, das »sine glossa« gelebt wird. Ich denke an die vielen treuen Gemeinschaften und an die neuen Erfahrungen des geweihten Lebens, die ihr gut kennt; ich denke an die Missionstätigkeit vieler kirchlicher Gruppen und Bewegungen, aus denen nicht wenige Priester- und Ordensberufe hervorgehen; ich denke an die jungen Frauen und Männer, die alles verlassen, um in Klöster und Klausurkonvente einzutreten. Es ist wahr - das können wir mit Freude sagen -, daß der Herr auch heute Arbeiter in seinen Weinberg sendet und sein Volk mit vielen und heiligen Berufungen bereichert. Dafür danken wir ihm, und wir bitten ihn, daß der Begeisterung der anfänglichen Entscheidung - denn viele junge Menschen beschreiten den Weg der dem Evangelium entsprechenden Vollkommenheit und beginnen neue Formen des geweihten Lebens nach einer bewegenden inneren Umkehr -, daß, wie ich sagte, der Begeisterung der anfänglichen Entscheidung das standhafte Bemühen auf einem echten Weg asketischer und geistlicher Vollkommenheit folgt, d. h. ein Weg wahrer Heiligkeit.

In bezug auf die Ordensgemeinschaften und die Kongregationen mit langer Tradition in der Kirche ist festzustellen, wie ihr selbst betont habt, daß alle weiblichen und männlichen Gemeinschaften in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund der Überalterung ihrer Mitglieder, einer mehr oder weniger spürbaren Verringerung der Berufungen und manchmal auch aufgrund einer geistlichen und charismatischen »Ermüdung« eine schwere Krise durchgemacht haben. Diese Krise wurde in manchen Fällen sogar besorgniserregend. Aber neben schwierigen Situationen, die mit Mut und Wahrhaftigkeit zu sehen sind, kann man Zeichen eines positiven Aufschwungs erkennen, besonders wenn sich die Gemeinschaften dazu entschlossen haben, zu den Anfängen zurückzukehren, um in übereinstimmenderer Weise den Geist des Gründers zu leben. Auf fast allen Generalkapiteln der Ordensinstitute der letzten Zeit wurde immer wieder als Thema das Wiederentdecken des Gründungscharismas gewählt, das in der heutigen Zeit in neuer Weise zu verwirklichen und zu leben ist. Den Geist der Anfänge wiederzuentdecken, die Kenntnis des Gründers oder der Gründerin zu vertiefen: das hat den Instituten geholfen und einen neuen, verheißungsvollen, asketischen, apostolischen und missionarischen Impuls gegeben. Weltliche Werke und Tätigkeiten erhielten so neue Lebenskraft, und neue Initiativen zur wahren Verwirklichung des Charismas der Gründer sind entstanden. Auf diesem Weg gilt es, weiterzugehen und den Herrn zu bitten, er möge das von ihm begonnene Werk vollenden.

Zu Beginn des dritten Jahrtausends hat mein verehrter Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., die ganze kirchliche Gemeinschaft eingeladen, neu bei Christus anzufangen (vgl. Apost. Schreiben Novo millennio ineunte NM 29 ff.). Ja! Auch die Institute des geweihten Lebens müssen ständig »neu anfangen bei Christus«. Er ist der feste Fels, auf dem ihr eure Gemeinschaften und alle eure Pläne gemeinschaftlicher und apostolischer Erneuerung errichten müßt. Liebe Brüder und Schwestern, herzlichen Dank für die Sorgfalt, mit der ihr euren schweren Leitungsdienst in euren Ordensfamilien verrichtet. Der Papst steht euch bei, er ermutigt euch und versichert euch, täglich eurer Gemeinschaften im Gebet zu gedenken. Am Ende unserer Begegnung möchte ich noch einmal mit Zuneigung den Kardinalstaatssekretär und Kardinal Franc Rodé sowie jeden von euch grüßen. Ich bitte euch ebenfalls, allen euren Mitbrüdern und Mitschwestern meinen Gruß zu übermitteln mit einem besonderen Gedenken für die alten Brüder und Schwestern, die euren Instituten lange Zeit gedient haben, die Kranken, die durch ihr Leiden zum Werk der Erlösung beitragen, und die jungen Menschen, die die Hoffnung eurer Ordensfamilien und der Kirche sind. Ich vertraue euch alle dem mütterlichen Schutz Mariens an, dem herausragenden Vorbild des geweihten Lebens, und segne euch von Herzen.

AN HERRN VLADETA JANKOVIC, NEUER BOTSCHAFTER DER SERBISCHEN REPUBLIK BEIM HL. STUHL

Donnerstag, 21. Februar 2008

Exzellenz!



ANSPRACHE 2008 Januar 2008 25