ANSPRACHE 2008 Januar 2008 161

EUCHARISTISCHE PROZESSION

MEDITATION VON BENEDIKT XVI.

14. September 2008

Lourdes, Prairie,

162
Herr Jesus, Du bist hier zugegen!


Und Ihr, meine Brüder, meine Schwestern, meine Freunde,
auch Ihr seid mit mir hier vor Ihm zugegen!

Herr, vor zweitausend Jahren warst Du bereit, auf ein Schmähkreuz zu steigen, um dann aufzuerstehen und immer bei uns zu bleiben, bei Deinen Brüdern und Deinen Schwestern.

Und Ihr, meine Brüder, meine Schwestern, meine Freunde,
Ihr seid bereit, Euch von Ihm ergreifen zu lassen.

Wir betrachten Ihn.
Wir beten Ihn an.
Wir lieben Ihn und streben danach, Ihn mehr zu lieben.

Wir betrachten Den, der im Laufe des Paschamahles seinen Leib und sein Blut den Jüngern gegeben hat, um bei ihnen zu sein „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (
Mt 28,20).

Wir beten Den an, der am Anfang und am Ende unseres Glaubens steht. Jenen, ohne den wir an diesem Abend nicht hier wären. Jenen, ohne den wir überhaupt nicht existierten. Jenen, ohne den nichts wäre, nichts, absolut nichts! Er, durch den „alles geschaffen ist“ (Jn 1,3). Er, in dem wir geschaffen worden sind - für die Ewigkeit; Er, der uns seinen Leib und sein Blut gegeben hat, Er ist hier, an diesem Abend, vor uns, unseren Blicken dargeboten.

Wir lieben Ihn - und streben danach, Ihn mehr zu lieben - Ihn, der hier vor uns steht, unseren Blicken dargeboten, vielleicht auch unseren Fragen, unserer Liebe.

Sei es, daß wir gehen können oder an ein Bett der Schmerzen gefesselt sind, sei es, daß wir in der Freude wandeln oder uns in einer seelischen Wüste befinden (vgl. Nb 21,5), Herr, nimm uns alle in Deine Liebe hinein: in die unendliche Liebe, die ewig die Liebe des Vaters für den Sohn und des Sohnes für den Vater ist, jene des Vaters und des Sohnes für den Geist wie auch jene des Geistes für den Vater und für den Sohn.

Die Heilige Hostie, die vor unseren Augen ausgesetzt ist, spricht von dieser unendlichen Kraft der Liebe, die sich glorreich am Kreuz offenbart. Die Heilige Hostie erzählt uns vom unglaublichen Herabbeugen Dessen, der sich arm gemacht hat, um uns durch sich reich zu machen. Er, der bereit war, alles zu verlieren, um uns für seinen Vater zu gewinnen. Die Heilige Hostie ist das lebendige und wirkmächtige Sakrament der ewigen Gegenwart des Retters der Menschen für seine Kirche.

163 Liebe Brüder, liebe Schwestern, liebe Freunde,

seien wir bereit, seid bereit, Euch Ihm zur Verfügung zu stellen, - Ihm, der uns alles gegeben hat und der gekommen ist, nicht um die Welt zu richten, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde (vgl.
Jn 3,17)! Seid bereit, in Eurem Leben die aktive Präsenz von Ihm zu erkennen, der hier unseren Blicken ausgesetzt gegenwärtig ist! Seid bereit, Ihm Euer eigenes Leben darzubringen!

Maria, die selige Jungfrau, Maria, die Unbefleckte Empfängnis, war vor zweitausend Jahren bereit, alles zu geben, ihren Leib zur Verfügung zu stellen, um den Leib des Schöpfers aufzunehmen. Alles ist von Christus gekommen, auch Maria; alles ist mit Hilfe von Maria gekommen, auch Christus.

Maria, die selige Jungfrau, ist heute abend bei uns vor dem Leib ihres Sohnes, hundertfünfzig Jahre nachdem sie sich der kleinen Bernadette gezeigt hat.

Heilige Jungfrau, hilf uns zu betrachten, hilf uns anzubeten, hilf uns zu lieben, Den immer mehr zu lieben, der uns so sehr geliebt hat, auf daß wir ewig mit Ihm leben.

Eine gewaltige Schar von Zeugen ist neben uns unsichtbar zugegen, ganz nahe bei dieser gesegneten Grotte und vor dieser Kirche, die die Jungfrau Maria gewollt hat;

die Schar aller Männer und Frauen, welche die wirkliche Gegenwart Dessen betrachtet, verehrt und angebetet haben, der sich uns bis zum letzten Blutstropfen geschenkt hat;

die Schar aller Männer und Frauen, die Stunden in der Anbetung des Allerheiligsten Altarsakraments verbracht haben.

Heute abend sehen wir sie nicht, aber wir hören sie zueinander und zu uns sagen: „Komm, laß dich vom Meister rufen! Er ist hier und ruft dich! (vgl. Jn 11,28). Er will dein Leben, um es mit dem seinen zu vereinigen. Laß dich von Ihm ergreifen! Schau nicht mehr auf deine Wunden, schau auf seine. Schau nicht mehr auf das, was dich noch von Ihm und von den anderen trennt; betrachte den unendlichen Abstand, den Er überwunden hat, als Er dein Fleisch annahm, als Er auf das Kreuz gestiegen ist, das ihm die Menschen bereitet haben, und als Er sich in den Tod hat schicken lassen, um uns seine Liebe zu zeigen. In seine Wunden nimmt Er dich auf; in seinen Wunden birgt Er dich. Weise Seine Liebe nicht ab!“

Die gewaltige Schar der Zeugen, die sich von seiner Liebe hat ergreifen lassen, ist die Schar der Heiligen im Himmel, die nicht aufhören, für uns Fürbitte zu leisten. Sie waren Sünder, und das wußten sie auch, aber sie waren bereit, nicht ihre eigenen Sünden zu betrachten, überhaupt nichts zu betrachten als die Wunden ihres Herrn, um dort den Ruhm des Kreuzes und den Sieg des Lebens über den Tod zu finden. Der heilige Pierre-Julien Eymard sagt uns alles, wenn er ausruft: „Die heilige Eucharistie ist der vergangene, der gegenwärtige und der zukünftige Jesus Christus“ (Sermons et instructions paroissiales d’après 1856, 4-2,1. De la méditation).

Der vergangene Jesus Christus steht in der historischen Wahrheit des Letzten Abendmahls, in die uns jede Feier der heiligen Messe hineinführt.

164 Jesus Christus ist gegenwärtig, weil Er uns sagt: „Nehmet und esset alle davon, das ist mein Leib, das ist mein Blut“. Der Ausdruck „Das ist“ steht im Präsens, hier und jetzt, wie in allen „hier und jetzt“ der Menschheitsgeschichte. Reale Präsenz, Gegenwart, die unsere armen Lippen, unsere armen Herzen und unsere armen Gedanken übersteigt. Gegenwart, die unseren Blicken geschenkt ist wie heute abend hier bei der Grotte, wo sich Maria als Unbefleckte Empfängnis offenbart hat.

Die Eucharistie ist ebenso der zukünftige Jesus Christus, Jesus Christus, der kommen wird. Wenn wir die heilige Hostie betrachten, seinen verherrlichten Leib, der verklärt und auferstanden ist, dann betrachten wir das, was wir in der Ewigkeit schauen werden. Darin werden wir die ganze Welt erkennen können, die in jedem Augenblick von ihrem Schöpfer getragen wird. Jedes Mal, wenn wir Ihn essen, aber auch jedes Mal , wenn wir Ihn betrachten, verkünden wir Ihn, bis Er kommt in Herrlichkeit: „donec veniat“. Genau deshalb empfangen wir Ihn mit unendlicher Ehrfurcht.

Einige unter uns können Ihn nicht oder noch nicht im Sakrament empfangen, aber sie können Ihn in Glaube und Liebe betrachten und den Wunsch zum Ausdruck bringen, sich mit Ihm zu vereinen. Das ist ein Wunsch, der in den Augen Gottes einen großen Wert hat. Sie erwarten mit größerer Innigkeit seine Wiederkunft; sie erwarten Jesus Christus, der kommen soll.

Als eine Freundin von Bernadette sie am Tag nach ihrer ersten Kommunion fragte: „Worüber bist du glücklicher gewesen: über die erste Kommunion oder über die Erscheinungen“, antwortete Bernadette: „Das sind zwei Dinge, die zusammengehören, aber nicht miteinander verglichen werden können. - Ich bin bei beiden glücklich gewesen“ (Emmanuélite Estrade, 4. Juni 1858). Ihr Pfarrer bezeugte vor dem Bischof von Tarbes bezüglich ihrer ersten Kommunion: „Bernadette war sehr gesammelt, von einer Aufmerksamkeit, die nichts zu wünschen übrig ließ. … Sie schien von der heiligen Handlung, die sie vollzog, sehr durchdrungen. Alles entwickelte sich in ihr auf erstaunenswerte Weise.“

Mit Pierre-Julien Eymard und Bernadette rufen wir das Zeugnis vieler Heiliger an, die für die Eucharistie größte Liebe hegten. Nikolaus Kabasilas ruft aus und sagt uns heute abend: „Bleibt aber Christus in uns, was fehlt uns dann noch? Welches Gut könnte uns da noch entgehen? Und wenn wir in Christus bleiben, was gibt es da noch anderes zu begehren? Er ist uns Einwohner und Haus. Wie selig sind wir ob dieses Hauses, selig, daß wir für einen solchen Bewohner zur Wohnung geworden sind!“ (Das Leben in Christus, IV,6).

Der selige Charles de Foucauld wurde 1858 geboren, im selben Jahr der Erscheinungen von Lourdes. Unweit seines vom Tod erstarrten Körpers wurde - wie das Weizenkorn, das in die Erde geworfen wurde - die Lunula der Monstranz mit dem Allerheiligsten Sakrament gefunden, das Bruder Charles jeden Tag stundenlang anbetete. Pater de Foucauld hinterläßt uns das Gebet, das aus dem Innersten seines Herzens strömt, ein Gebet, das an unseren Vater gerichtet ist, das wir aber in voller Wahrheit mit Jesus zu unserem Gebet vor der heiligen Hostie machen können:

„»Mein Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.«

Das ist das letzte Gebet unseres Meisters, unseres Liebsten … Möge es unseres sein, und nicht nur das Gebet unseres letzen Augenblicks, sondern das aller unserer Augenblicke:

Mein Vater, ich lege mich in deine Hände; mein Vater, ich vertraue mich dir an. Mein Vater, ich überlasse mich dir; mein Vater, mach mit mir, was dir gefällt; was du auch mit mir tun magst, ich danke dir; danke für alles. Zu allem bin ich bereit, alles nehme ich an, für alles danke ich dir. Wenn nur dein Wille sich an mir erfüllt, mein Gott, und an allen deinen Geschöpfen, an allen deinen Kindern, an allen, die dein Herz liebt, so ersehne ich weiter nichts, mein Gott. In deine Hände lege ich meine Seele. Ich gebe sie dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe und weil diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben, mich in deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen. Denn du bist mein Vater“ (Méditation sur les Saintes Évangiles).

Geliebte Brüder und Schwestern, Pilger für einen Tag und Bewohner dieser Täler, Brüder im Bischofsamt, Priester, Diakone, Ordensleute, Ihr alle, die Ihr vor Euren Augen die unendliche Erniedrigung des Sohnes Gottes und die unendliche Herrlichkeit der Auferstehung seht, verharrt in Stille und betet Euren Herrn an, unseren Meister und Herrn Jesus Christus. Verharrt in Stille, dann sprecht und sagt der Welt: Wir können nicht mehr verschweigen, was wir wissen. Geht und verkündet der ganzen Welt die Wundertaten Gottes, der in jedem Augenblick unseres Lebens zugegen ist, an jedem Ort der Erde. Gott segne und beschütze uns, Er führe uns auf dem Weg zum ewigen Leben, Er, der das Leben ist, in alle Ewigkeit. Amen.


ABSCHIEDSZEREMONIE

Flughafen von Tarbes-Lourdes,

165

Montag, 15. September 2008



Sehr geehrter Herr Premierminister,
liebe Kardinäle und Bischöfe,
zivile und politische Autoritäten,
sehr geehrte Damen und Herren!

In dem Augenblick, in dem ich - nicht ohne Bedauern - den Boden Frankreichs verlasse, bin ich Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie gekommen sind, um mich zu verabschieden. Sie bieten mir so die Gelegenheit, erneut zu bekräftigen, wie sehr diese Reise in Ihr Land mein Herz erfreut hat. Durch Sie, Herr Premierminister, grüße ich auch den Herrn Präsidenten der Republik und alle Mitglieder der Regierung, wie auch die zivilen und militärischen Autoritäten, die keine Mühen gescheut haben, um zu einem guten Verlauf dieser gnadenvollen Tage beizutragen. Es ist mir ein Anliegen, meinen Mitbrüdern im Bischofsamt, besonders Kardinal Vingt-Trois und Bischof Perrier, wie auch allen Mitgliedern und den Mitarbeitern der französischen Bischofskonferenz meine aufrichtige Dankbarkeit zum Ausdruck bringen. Es tut gut, unter Brüdern zu sein. Ich danke auch den Bürgermeistern und den Stadträten von Paris und Lourdes. Nicht vergessen will ich die Ordnungskräfte und die unzähligen freiwilligen Helfer, die ihre Zeit und ihre Fähigkeiten zur Verfügung gestellt haben. Sie alle haben mit Hingabe und Eifer für ein gutes Gelingen meiner vier Tage in Ihrem Land gearbeitet. Herzlichen Dank!

Meine Reise ist wie ein Diptychon gewesen. Die erste Tafel stellt Paris dar, eine Stadt, die ich recht gut kenne und die der Ort vielfältiger bedeutender Begegnungen war. Ich habe die Gelegenheit gehabt, die Eucharistie auf der berühmten Esplanade des Invalides zu feiern. Dort habe ich ein Volk lebendiger Christen getroffen - stolz und stark in ihrem Glauben -, die ich anspornen wollte, weiterhin entschieden nach der Lehre Christi und seiner Kirche zu leben. Ich konnte auch die Vesper mit den Priestern, den Ordensleuten und den Seminaristen beten. Ich wollte sie in ihrer Berufung zum Dienst für Gott und an den Nächsten bestärken. Ich habe auch einen Moment, leider nur sehr kurz, aber wirklich intensiv, mit den Jugendlichen auf dem Vorplatz von Notre-Dame verbracht. Ihre Begeisterung und ihre Zuneigung haben mir Kraft gegeben. Wie könnte ich nicht an die wichtige Begegnung mit der Welt der Kultur im Institut de France und im Collège des Bernardins erinnern! Wie Sie wissen, betrachte ich die Kultur und ihre Vertreter als bevorzugte Vermittler im Dialog zwischen Glaube und Vernunft, zwischen Gott und dem Menschen.

Die zweite Tafel des Diptychons meiner Reise zeigt einen bedeutungsträchtigen Ort, der jeden Gläubigen anzieht und fasziniert. Lourdes ist wie ein Licht in der Dunkelheit, in der wir uns suchend zu Gott hintasten. Maria hat dort eine Tür zum Jenseits geöffnet, die uns zum Nachdenken anregt und uns anlockt. Maria, porta caeli. Ich habe mich in diesen drei Tagen in ihre Schule begeben. Der Papst hatte gleichsam die Pflicht, nach Lourdes zu kommen, um dort das hundertfünfzigjährige Jubiläum der Erscheinungen zu feiern. Vor der Grotte von Massabielle habe ich für Sie alle gebetet. Ich habe für die Kirche gebetet. Ich habe für Frankreich und für die Welt gebetet. Die beiden heiligen Messen, die ich in Lourdes gefeiert habe, erlaubten mir, mich mit den gläubigen Pilgern zu vereinen. Als einer von ihnen bin ich allen vier Etappen des Jubiläumsweges gefolgt und habe die Pfarrkirche, dann den cachot und die Grotte und schließlich die Kapelle des Hospizes besucht. Ich habe auch mit den Kranken und für die Kranken gebetet, die dort gesundheitliche Heilung und geistliche Hoffnung suchen. Gott wird sie nicht vergessen und ebenso wenig die Kirche. Wie jeder gläubige Pilger wollte ich an der Lichterprozession und an der eucharistischen Prozession teilnehmen. Sie lassen Bitten und Lobgesänge zu Gott aufsteigen. Lourdes ist auch der Ort, wo die Bischöfe Frankreichs regelmäßig zusammenkommen, um gemeinsam zu beten und die Eucharistie zu feiern, um über ihre Sendung als Hirten nachzudenken und sich darüber auszutauschen. Ich wollte mit ihnen meine Überzeugung teilen, daß die Zeit günstig ist für eine Rückkehr zu Gott.

Herr Premierminister, meine Mitbrüder im Bischofsamt und liebe Freunde, Gott segne Frankreich! Auf seinem Boden herrsche Harmonie und menschlicher Fortschritt und die Kirche sei hier wie ein Sauerteig, um, wie es ihr Auftrag ist, mit Weisheit und ohne Furcht zu zeigen, wer Gott ist. Nun kommt der Moment des Abschieds. Werde ich nochmals in Ihr schönes Land zurückkommen können? Ich wünschte es und vertraue diesen Wunsch Gott an. Von Rom aus werde ich Ihnen nahe bleiben, und wenn ich vor der Nachbildung der Lourdesgrotte innehalte, die sich seit über hundert Jahren in den Vatikanischen Gärten befindet, werde ich an Sie denken. Gott segne Sie!


AN FRAU JASNA KRIVOSIC-PRPIC, NEUE BOTSCHAFTERIN VON BOSNIEN UND HERZEGOWINA BEIM HL. STUHL


Castelgandolfo

Donnerstag, 18. September 2008



Exzellenz!

166 Es ist mir eine Freude, Sie heute zu begrüßen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin von Bosnien und Herzegowina beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Bei diesem bedeutsamen Anlaß möchte ich Sie bitten, den Mitgliedern des Staatspräsidiums und allen Bürgern Ihres Landes meine herzlichen Grüße zu übermitteln. Versichern Sie sie meiner inständigen Gebete für ihre laufenden Anstrengungen, um zur Versöhnung und zur Stärkung von Frieden und Stabilität zu gelangen.

Die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls bilden einen Teil seiner Sendung im Dienst an der internationalen Gemeinschaft. Sein Engagement in der Zivilgesellschaft ist in der Überzeugung verankert, daß die Aufgabe des Aufbaus einer gerechteren Welt die jedem Individuum eigene übernatürliche Berufung anerkennen muß. Die Kirche fördert daher ein Verständnis der menschlichen Person, die von Gott die Fähigkeit erhält, die individuellen Grenzen und gesellschaftlichen Zwänge hinter sich zu lassen, um die universalen Werte, die die Würde aller schützen und dem Gemeinwohl dienen, zu erkennen und hochzuhalten.

Frau Botschafterin, wie Sie sagten, ist Ihr flächenmäßig zwar kleines Land reich mit Naturschönheiten gesegnet. Diese Sichtbarkeit der Hand des Schöpfers erfreut die Herzen seiner Bewohner und hilft ihnen, ihre Gedanken zum Allmächtigen zu erheben. Als Spiegelbild seiner besonderen geographischen Lage umfaßt Bosnien und Herzegowina auch eine reiche Mischung von Kulturen und ein kostbares Erbe. Tragischerweise sind jedoch die kulturellen und ethnischen Verschiedenheiten im Laufe der Geschichte nicht selten zu einer Quelle von Mißverständnissen und Auseinandersetzungen geworden. Ja, sie waren - wie jedes der drei Völker, die Ihr Land bilden, nur allzu gut weiß - sogar Ursache von Konflikten und Kriegen. Kein Mensch wünscht den Krieg. Kein Vater, keine Mutter wünscht sich für die eigenen Kinder einen Konflikt. Keine zivile oder religiöse Gruppe sollte je zu Gewalt oder Unterdrückung greifen. Dennoch sind so viele Familien in Ihrem Land dem Leid ausgesetzt gewesen, das aus diesem Unheil herrührt. Trotzdem kann jeder einzelne, wenn er auf die Stimme der Vernunft hört und von der Hoffnung beseelt ist, die wir alle für uns selber und für die künftigen Generationen wünschen, die Kraft finden, um die Trennungen der Vergangenheit zu überwinden und tatsächlich Schwerter in Pflugscharen und Lanzen in Winzermesser umzuschmieden (vgl.
Is 2,4). In diesem Zusammenhang möchte ich den Fortschritt bei der Konsolidierung von Versöhnungsgesten anerkennen und die internationale Gemeinschaft zur Fortsetzung ihrer Anstrengungen ermuntern, um Bosnien und Herzegowina dabei zu unterstützen. Ich vertraue darauf, daß durch die Annahme der Fakten der Regionalgeschichte und der schwerwiegenden Lektionen aus den letzten Jahren der Mut dazu gefunden wird, eine Zukunft mit einem gesunden Solidaritätsgefühl aufzubauen.

Der Geist eines Staates wird auf vielen Ebenen geprägt. Das häuslich-familiäre Umfeld ist der Ort, wo die Kinder die wesentlichen Werte der Verantwortung und des harmonischen Zusammenlebens lernen. Aber es ist auch der Ort, wo Vorurteile erzeugt oder aufgehoben werden. Alle Eltern haben deshalb die ernstzunehmende Pflicht, ihren Kindern durch das Vorbild die Achtung vor der Würde beizubringen, die jeden Menschen unabhängig von seiner ethnischen, religiösen oder sozialen Zugehörigkeit kennzeichnet. Auf diese Weise kann der helle Schein eines anständigen, in Redlichkeit, Aufrichtigkeit und Mitgefühl geführten Lebens als nachahmenswertes Vorbild für die jungen Menschen, tatsächlich aber für alle, erstrahlen. Die Erziehung leistet auch einen großen Beitrag zur Seele der Nation. Ein guter Schulunterricht kümmert sich nicht nur um die Entwicklung der Erkenntnisfähigkeit der Kinder, sondern auch um ihre Formung in staatsbürgerlicher und geistlicher Hinsicht. Lehrer, die ihren edlen Beruf mit einer Leidenschaft für die Wahrheit ausüben, können viel dazu beitragen, anthropologische Vorstellungen, die den Keim der Feindseligkeit in sich tragen, unglaubwürdig zu machen (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2007, 10) und eine Anerkennung der kulturellen und religiösen Vielfalt im Leben eines Landes zu fördern. In diesem Sinn möchte ich auch ein Wort der Ermutigung an alle richten, die in den Medien arbeiten. Sie können viel zur Überwindung hartnäckiger Mißtrauenshaltungen beitragen, wenn sie gewährleisten, daß sie nicht Werkzeuge des Vorurteils sind, sondern vielmehr über Sonderinteressen hinausgehen, indem sie umfassende und alle einschließende zivile Ziele fördern und auf diese Weise zu Instrumenten im Dienst größerer Gerechtigkeit und Solidarität werden (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2008, 2).

Exzellenz, wie Sie wohl wissen, ist der Staat auch dazu aufgerufen, seine Verantwortung bei der Stärkung der Institutionen und Hochhaltung der Prinzipien, die allen Demokratien am Herzen liegen, mit Nachdruck wahrzunehmen. Das erfordert die unerschütterliche Verpflichtung zur Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit, die Ausmerzung der Korruption und anderer Formen der Kriminalität, die Unterstützung eines unabhängigen und unparteiischen Gerichtswesens und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin sicher, daß die Verfassungsreformen, an denen Ihre Regierung zur Zeit arbeitet, den berechtigten Erwartungen aller Bürger entsprechen werden, indem sie die Rechte der einzelnen und der sozialen Gruppen garantieren, während sie für den Erhalt der gemeinsamen moralischen und ethischen Werte sorgen, die alle Völker verbinden und die politischen Führer in die Verantwortung nehmen. Auf diese Weise können alle Kreise der Gesellschaft zur nationalen Planung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung beitragen und ebenso mithelfen, die für das wirtschaftliche Wachstum erforderlichen Investitionen zu erlangen, wodurch besonders euren Jugendlichen ermöglicht werden soll, eine befriedigende Beschäftigung zu finden und ihnen eine sichere Zukunft zu gewährleisten.

Die Kirche in Bosnien und Herzegowina wird ihrerseits weiterhin einen Beitrag zur Erreichung der Ziele Versöhnung, Frieden und Wohlergehen leisten. Durch ihre Pfarreien, Schulen, Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge und Programme zur gemeinschaftlichen Entwicklung erfüllt sie ihre Sendung der universalen Liebe in ihrer dreifachen Gestalt: materiell, geistig-intellektuell und geistlich. Ihre Teilnahme am ökumenischen und interreligiösen Dialog sollte als eine weitere Form des Dienstes an der gesamten Gesellschaft gesehen werden. Die Förderung der für die menschliche Vernunft erkennbaren geistlichen und moralischen Werte gehört nicht nur zur Weitergabe der religiösen Traditionen, sondern fördert auch die umfassendere Kultur, indem sie Männer und Frauen guten Willens dazu motiviert, die Bande der Solidarität zu stärken, und zu beweisen, daß aus einer Vielzahl von Völkern tatsächlich eine geeinte Gesellschaft entstehen kann.

Exzellenz, ich bin zuversichtlich, daß die diplomatische Mission, die Sie heute antreten, die zwischen Bosnien und Herzegowina und dem Heiligen Stuhl bestehenden Bande der Zusammenarbeit weiter festigen wird. Die Anwendung des kürzlich ratifizierten Abkommens erleichtert unter anderem das Recht auf Errichtung von Stätten für den Gottesdienst und das Betreiben kirchlicher Werke und stellt gleichzeitig ein positives Beispiel für die demokratischen Grundsätze dar, die in dem Land Wurzeln zu schlagen beginnen. Diesbezüglich bin ich zuversichtlich, daß die Gemischte Kommission schon bald ihre wichtige Arbeit aufnehmen wird. Während ich Ihnen die Unterstützung der verschiedenen Dienststellen der Römischen Kurie zusichere, rufe ich mit meinen aufrichtigen guten Wünschen auf Sie und Ihre Familie sowie auf alle Bürger von Bosnien und Herzegowina den Segen des allmächtigen Gottes herab.

AN DIE TEILNEHMER EINES SYMPOSIUMS DER "PAVE THE WAY FOUNDATION"

Apostolischer Palast Castelgandolfo - Saal der Schweizer

Donnerstag, 18. September 2008



Sehr geehrter Herr Krupp,
meine Damen und Herren!

167 Ich freue mich, Ihnen im Anschluß an das wichtige von der »Pave the Way Foundation« veranstaltete Symposium zu begegnen. Ich weiß, daß viele herausragende Gelehrte sich an den Überlegungen beteiligt haben, deren Gegenstand das vielfältige Wirken meines geschätzten Vorgängers - des Dieners Gottes Pius XII. - in der schwierigen Zeit um den Zweiten Weltkrieg war. Herzlich heiße ich jeden von Ihnen willkommen, insbesondere Herrn Gary Krupp, den Präsidenten der Stiftung, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet hat. Ich bin ihm dankbar, daß er mich darüber informiert hat, wie Sie bei Ihrem Symposium vorgegangen sind. Sie haben unvoreingenommen die geschichtlichen Fakten analysiert und sich nur mit der Suche nach der Wahrheit befaßt. Ich grüße auch all jene, die Sie bei diesem Besuch begleiten, sowie Ihre Familienangehörigen und Ihre Lieben zu Hause.

Im Mittelpunkt Ihrer Studien stand die Person und das unermüdliche pastorale und humanitäre Wirken Pius’ XII., des »Pastor Angelicus«. Fünfzig Jahre sind vergangen seit seinem frommen Tod, der sich hier in Castelgandolfo am Morgen des 9. Oktober 1958 nach einer entkräftenden Krankheit ereignete. Dieser Jahrestag ist eine wichtige Gelegenheit, unsere Kenntnis über ihn zu vertiefen, über seine umfassende Lehre nachzudenken und sein Wirken sorgfältig zu analysieren. In den vergangenen fünf Jahrzehnten ist sehr viel über ihn geschrieben und gesagt worden, und nicht alle authentischen Aspekte seines mannigfaltigen pastoralen Wirkens sind im rechten Licht untersucht worden. Die Absicht Ihres Symposiums bestand genau darin, einige dieser Lücken zu schließen durch eine sorgfältige und dokumentierte Untersuchung vieler seiner Stellungnahmen und Interventionen, insbesondere zugunsten der Juden, die in jenen Jahren in ganz Europa zur Zielscheibe wurden, dem kriminellen Plan derer entsprechend, die sie von der Erdoberfläche tilgen wollten. Nähert man sich diesem edlen Papst ohne ideologische Vorurteile, wird man nicht nur von seinem erhabenen spirituellen und menschlichen Charakter ergriffen, sondern darüber hinaus auch von der Vorbildlichkeit seines Lebens und dem außerordentlichen Reichtum seiner Lehre. So wird man auch die menschliche Weisheit und die tiefe Hirtensorge schätzen, die ihn in den langen Jahren seines Amtes geleitet haben und insbesondere bei der Organisation der Hilfe für das jüdische Volk.

Dank der großen Menge des von Ihnen gesammelten Dokumentationsmaterials und unterstützt durch zahlreiche maßgebliche Zeugnisse, ermöglicht Ihr Symposium der Öffentlichkeit, eine umfassendere Kenntnis von dem zu erhalten, was Papst Pius XII. für die durch Nationalsozialisten und faschistische Regime verfolgten Juden erreicht hat. Man erkennt so, daß er, wo immer es möglich war, keine Mühen gescheut hat, zu ihren Gunsten einzugreifen - entweder direkt oder mittels Anweisungen an Einzelpersonen oder Institutionen der katholischen Kirche. Im Verlauf Ihrer Tagung haben Sie Ihre Aufmerksamkeit auch auf die vielen Interventionen gerichtet, die im verborgenen und in aller Stille geschahen, weil es angesichts der konkreten Situation in diesem schwierigen historischen Augenblick nur auf diese Weise möglich war, das Schlimmste zu verhindern und eine größtmögliche Zahl von Juden zu retten. Dieses mutige und väterliche Engagement wurde während des schrecklichen weltweiten Konflikts und danach von den jüdischen Gemeinschaften und Einzelpersonen anerkannt und geschätzt, die ihre Dankbarkeit für das zum Ausdruck brachten, was der Papst getan hatte. Man braucht nur an die Begegnung Pius’ XII. mit 80 Delegierten von Überlebenden deutscher Konzentrationslager am 29. November 1945 zu erinnern, die während einer ihnen im Vatikan gewährten Sonderaudienz dem Papst persönlich danken wollten für seine Großherzigkeit ihnen gegenüber in der schrecklichen Zeit der nationalsozialistisch-faschistischen Verfolgung.

Meine Damen und Herren, Danke für Ihren Besuch und für die von Ihnen unternommene Forschungsarbeit. Ich danke auch der Stiftung »Pave the Way« für ihre beständigen Aktivitäten zur Förderung der Beziehungen zwischen den Religionen und des Dialogs unter ihnen als Zeugen des Friedens, der Nächstenliebe und der Versöhnung. Ich hege die große Hoffnung, daß dieses Jahr - in dem der 50. Jahrestag des Todes meines verehrten Vorgängers begangen wird - die Gelegenheit bieten möge, eingehende Studien verschiedener Aspekte seines Lebens und Wirkens zu fördern, um die historische Wahrheit kennenzulernen und alle verbliebenen Vorurteile zu überwinden. Mit diesen Gedanken rufe ich auf Sie und die Arbeiten Ihres Symposiums die Fülle des göttlichen Segens herab.



AN DIE BISCHÖFE VON PANAMA ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES


Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Freitag, 19. September 2008


Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

»Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken« (1Th 1,2). Diese Worte des hl. Paulus bringen meine Empfindungen bei dieser Begegnung mit euch zum Ausdruck. Sie findet im Rahmen eures »Ad-limina«-Besuchs statt, der die starken Bande aufzeigt, die eure jeweiligen Teilkirchen mit dem Nachfolger des Petrus, dem Haupt des Kollegiums der Bischöfe, vereinen (vgl. Lumen gentium LG 22).

Ich danke für die freundlichen Worte, die der Bischof von David und Vorsitzende der Bischofskonferenz, José Luis Lacunza Maestrojuán, im Namen aller an mich gerichtet hat und durch die er mich an den Freuden und Wünschen teilhaben ließ, die ihr im Herzen tragt, ebenso wie an den Herausforderungen, denen ihr gegenübersteht. Ihr sollt wissen, daß der Papst euch bei euren Aufgaben zur Seite steht. Wenn ihr in euer Land zurückkehrt, übermittelt daher bitte den emeritierten Bischöfen, den Priestern und Ordensgemeinschaften, den Seminaristen und Laien und besonders den Notleidenden meine geistliche Nähe und sagt ihnen, daß ich für sie bete und Gott darum bitte, daß sie nicht nachlassen mögen in ihrem Einsatz für das Evangelium. Sie sollen auch weiterhin mit Worten und durch ihr Leben alle Menschen aufrufen, ihr Glück darin zu finden, Christus nachzufolgen und mit dem Nächsten die Freude zu teilen, die aus dem Wissen kommt, daß er uns bis zur Vollendung liebt (vgl. Jn 13,1).

Anhand eurer Fünfjahresberichte und durch die Gespräche, die wir geführt haben, habe ich gesehen, wie sehr ihr die Initiativen unterstützt, die darauf ausgerichtet sind, das Wort Gottes in Fülle im Herzen der Panamaer auszusäen, um sie auf dem Weg ihres Heranreifens im Glauben zu begleiten und sie zu wahren Jüngern und Missionaren Jesu Christi zu machen. In diesem Sinne und mit Hilfe der Richtlinien, welche die in Aparecida abgehaltene V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik vorgegeben hat, intensiviert ihr eure pastoralen Aufgaben - auch mit Blick auf die Feierlichkeiten anläßlich des 500. Jahrestages der Evangelisierung des Landes im Jahre 2013, die ihr zur Zeit vorbereitet. Diese Arbeiten sind eine von der Vorsehung geschenkte Gelegenheit, um die kirchliche Gemeinschaft unter den Diözesen von Panama noch mehr zu festigen.

Ein Grund zur Freude ist die fruchtbare missionarische Tätigkeit der Priester, Ordensleute und Laien. Sie stellt sich der wachsenden Säkularisierung der Gesellschaft entgegen - einer Gestaltung der Welt und der Menschheit, die von jeglicher Transzendenz absieht. Sie dringt in alle Aspekte des täglichen Lebens ein und führt zur Entwicklung einer Mentalität, die Gott de facto aus dem Leben und aus dem menschlichen Bewußtsein ausschließt. Oft bedient sie sich der sozialen Kommunikationsmittel, um Individualismus und Hedonismus sowie Ideologien und Verhaltensweisen zu verbreiten, die die Grundlagen der Ehe, die Familie und die christliche Moral untergraben. Der Jünger Christi findet die Kraft, auf diese Herausforderungen zu antworten, in der tiefen Kenntnis des Herrn Jesus und in der aufrichtigen Liebe zu ihm, in der Betrachtung der Heiligen Schrift, in einer guten Unterweisung in der Lehre und im geistlichen Leben, im ständigen Gebet, im häufigen Empfang des Sakraments der Versöhnung, in der bewußten und aktiven Teilnahme an der heiligen Messe und in der Verrichtung der Werke der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit.

168 Das ist vor allem für die jungen Generationen wichtig. Die Erinnerung an meinen verehrten Vorgänger, den Diener Gottes Johannes Paul II. - in diesem Jahr begehen wir den 25. Jahrestag seines Besuchs in eurer geliebten Nation - kann als Ansporn dienen, um sich mit Eifer der Jugend- und Berufungspastoral zu widmen, damit es nicht an Priestern fehlt, die die Panamaer zu Christus bringen, der Quelle des Lebens in Fülle für alle, die ihm begegnen (vgl. Jn 10,10). Im Hinblick darauf lade ich euch ein, den »Herrn der Ernte« mit Vertrauen zu bitten, zahlreiche und heilige Berufungen zum Priestertum auszusenden (vgl. Lc 10,2). Wesentlich sind dafür auch eine korrekte Entscheidungsfindung der Priesteramtskandidaten sowie der apostolische Eifer und das Zeugnis der Gemeinschaft und Brüderlichkeit der Priester. Dieser Lebensstil muß sich ihnen bereits im Seminar einprägen, in dem das ernsthafte akademische Studium, Orte und Zeiten für das tägliche Gebet, die würdige Feier der Liturgie, eine angemessene geistliche Begleitung und die tiefe Pflege der menschlichen, christlichen und priesterlichen Tugenden an erster Stelle stehen müssen. Auf diese Weise, durch das Gebet und das Studium, können die Seminaristen innerlich erbaut und zu Männern Gottes werden. Die Gläubigen haben ein Recht darauf, im Priester den Mann Gottes zu sehen.

Die lobenswerte Arbeit zahlreicher Missionare und der großherzige Eifer der Ordensmänner und Ordensfrauen haben in der Geschichte Panamas tiefe Spuren hinterlassen. Mögen diese leuchtenden Vorbilder die geweihten Menschen von heute ermutigen, ihr Leben zu einem ständigen Ausdruck christlicher Nächstenliebe zu machen, der genährt wird durch den Wunsch, sich radikal mit Christus zu identifizieren und der Kirche treu zu dienen.

Viele Familien in eurer Heimat leben selbstlos das christliche Ideal inmitten nicht weniger Schwierigkeiten, die die Beständigkeit der ehelichen Liebe, die verantwortliche Elternschaft und die Harmonie und Stabilität der häuslichen Gemeinschaft bedrohen. Man kann sich niemals genug um die Entwicklung einer starken Familienpastoral bemühen, die die Menschen einlädt, die Schönheit der Berufung zur christlichen Ehe zu entdecken, das menschliche Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu verteidigen und ein Zuhause zu schaffen, in dem die Kinder in der Liebe zur Wahrheit des Evangeliums und in festgegründeten menschlichen Werten erzogen werden. Euer Land macht ebenso wie andere Länder schwierige und besorgniserregende Zeiten durch, aber es gibt auch Situationen, die große Hoffnung wecken. Im heutigen Kontext ist es besonders wichtig, daß die Kirche in Panama nicht nachläßt, das Licht anzubieten, das zur Lösung der dringenden menschlichen Probleme beiträgt, indem sie einen moralischen Konsens der Gesellschaft über die Grundwerte fördert.

In erster Linie muß daher das Kompendium der Soziallehre der Kirche Verbreitung finden. Es erleichtert eine vertiefte und systematische Kenntnis der kirchlichen Weisungen, die insbesondere die Laien im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich betreffen. Gleichzeitig fördert es ihre richtige Anwendung auf konkrete Situationen. So kann die christliche Hoffnung das Volk von Panama erleuchten, das nach der Kenntnis der Wahrheit über Gott und über den Menschen dürstet, inmitten von Armut, Jugendgewalt, mangelnder Erziehung, Bildung und Gesundheitsfürsorge, Wohnungsnot, zahllosen aufdringlichen Sekten, Korruption und anderen Phänomenen, die in unterschiedlichem Ausmaß das Leben erschweren und einer ganzheitlichen Entwicklung im Wege stehen. Zum Abschluß dieser Begegnung vertraue ich euch und alle Söhne und Töchter dieser edlen Nation der Fürbitte der Muttergottes »Santa María la Antigua« an. Möge ihre Mutterliebe stets über Panama leuchten und sie auf ihrem Weg trösten. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch von Herzen den Apostolischen Segen.


ANSPRACHE 2008 Januar 2008 161