ANSPRACHE 2008 Januar 2008 168

AN DIE TEILNEHMER AM INTERNATIONALEN KONGRESS DER ÄBTE, PRIORE UND ÄBTISSINNEN DER BENEDIKTINISCHEN KONFÖDERATION

Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Samstag, 20. September 2008



Liebe Äbte,
liebe Äbtissinnen!

Mit großer Freude empfange und begrüße ich euch anläßlich des internationalen Kongresses, der alle vier Jahre die Äbte eurer Konföderation und die Oberen der unabhängigen Priorate in Rom zusammenführt, um über die Möglichkeiten nachzudenken und zu beraten, wie das benediktinische Charisma im heutigen sozialen und kulturellen Umfeld konkret verwirklicht werden soll und wie auf die immer neuen Herausforderungen, vor die es das Zeugnis für das Evangelium stellt, geantwortet werden kann. Ich begrüße allen voran Abtprimas Notker Wolf, dem ich für die Worte danke, die er im Namen aller an mich gerichtet hat. Des weiteren geht mein Gruß an die Gruppe der Äbtissinnen, die in Vertretung der »Communio Internationalis Benedictinarum« gekommen sind, sowie an die orthodoxen Vertreter.

In einer entsakralisierten Welt und in einer Zeit, die von einer besorgniserregenden Kultur der Leere und des »Sinnlosen« gekennzeichnet ist, seid ihr aufgerufen, kompromißlos den Primat Gottes zu verkünden und Vorschläge für mögliche neue Wege der Glaubensverkündigung zu unterbreiten. Euer Streben nach persönlicher und gemeinschaftlicher Heiligung sowie das von euch gepflegte liturgische Gebet befähigen euch zu einem Zeugnis von besonderer Wirksamkeit. In euren Klöstern erneuert und vertieft ihr zuallererst täglich die Begegnung mit der Person Christi, den ihr als Gast, Freund und Gefährten immer bei euch habt. Darum sind eure Klöster Orte, zu denen Männer und Frauen auch in der heutigen Zeit kommen, um Gott zu suchen und zu lernen, die Zeichen der Gegenwart Christi, seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit zu erkennen. Werdet nicht müde, in demütigem Vertrauen mit allen, die um eure geistliche Fürsorge bitten, den Reichtum der Botschaft des Evangeliums zu teilen, die zusammengefaßt ist in der Botschaft von der Liebe des barmherzigen Vaters, der bereit ist, in Christus jeden Menschen zu umarmen! So werdet ihr weiterhin euren wertvollen Beitrag zur Lebendigkeit und Heiligung des Gottesvolkes nach dem besonderen Charisma des hl. Benedikt von Nursia leisten.

Liebe Äbte und Äbtissinnen, ihr seid Hüter des Erbes einer Spiritualität, die radikal im Evangelium verankert ist. »Per ducatum evangelii pergamus itinera eius - Gehen wir unter der Führung des Evangeliums seine Wege«, sagt der hl. Benedikt im Prolog der Regel. Gerade dies verpflichtet euch, den anderen die Früchte eurer inneren Erfahrung mitzuteilen und zu schenken. Ich kenne und schätze sehr die großzügige und sachkundige Kultur- und Bildungsarbeit, die viele eurer Klöster besonders für die jungen Generationen vollbringen, wobei sie eine Atmosphäre brüderlicher Aufnahme schaffen, die eine einzigartige Erfahrung von Kirche begünstigt. Es ist in der Tat von vordringlicher Wichtigkeit, die jungen Menschen darauf vorzubereiten, sich unter ständiger Bezugnahme auf die immer aktuelle, unerschöpfliche und belebende Botschaft des Evangeliums ihrer Zukunft zu stellen und sich mit den vielfältigen Herausforderungen der Gesellschaft zu messen. Widmet euch daher mit neuem apostolischen Eifer den Jugendlichen, die die Zukunft der Kirche und der Menschheit sind! Um ein »neues« Europa aufzubauen, muß man nämlich bei den neuen Generationen beginnen und ihnen die Möglichkeit bieten, sich den geistlichen Schätzen der Liturgie, der Meditation und der Lectio divina innerlich anzunähern.

169 Diese Seelsorge- und Bildungstätigkeit ist in Wirklichkeit für die ganze Menschheitsfamilie notwendiger denn je. In so vielen Teilen der Welt, besonders in Asien und Afrika, besteht großer Bedarf an lebendigen Orten zur Begegnung mit dem Herrn, an denen durch das Gebet und die Betrachtung die Gelassenheit und der Friede mit sich selbst und mit den anderen wiedergewonnen werden. Jedem Menschen in Liebe dienen Versäumt es daher nicht, mit offenem Herzen den Erwartungen all derer, auch außerhalb Europas, entgegenzukommen, die den lebhaften Wunsch nach eurer Präsenz und eurem Apostolat äußern, um aus dem Reichtum der benediktinischen Spiritualität schöpfen zu können! Laßt euch von dem tiefen Wunsch leiten, jedem Menschen ohne Unterschied der Rasse und Religion in Liebe zu dienen! Seid in prophetischer Freiheit und weiser Unterscheidung überall dort maßgeblich präsent, wohin euch die Vorsehung ruft, um neue Niederlassungen zu gründen, wobei ihr euch stets durch die für euren Lebensstil kennzeichnende harmonische Ausgewogenheit von Gebet und Arbeit auszeichnen sollt.

Und was könnte man nicht alles zur berühmten benediktinischen Gastfreundschaft sagen? Sie ist die euch eigene, besondere Berufung, eine voll und ganz spirituelle, menschliche und kulturelle Erfahrung. Auch hier soll es Ausgewogenheit geben: Das Herz der Kommunität soll weit offenstehen, aber die Zeiten und Formen der Aufnahme sollen angemessen sein. So werdet ihr den Männern und Frauen unserer Zeit die Möglichkeit anbieten können, durch die Pflege der inneren Stille in der Verbundenheit des heilstiftenden Wortes den Sinn des Daseins vor dem unendlichen Horizont der christlichen Hoffnung zu vertiefen. Eine zu echtem brüderlichen Leben fähige Kommunität, die eifrig im liturgischen Gebet, im Studium, in der Arbeit, in der freundlichen Verfügbarkeit für den nach Gott dürstenden Nächsten ist, stellt den besten Impuls dazu dar, in den Herzen besonders der jungen Menschen die Berufung zum monastischen Leben und überhaupt zu einem fruchtbaren Glaubensweg entstehen zu lassen.

Ein besonderes Wort möchte ich an die Vertreterinnen der benediktinischen Nonnen und Schwestern richten. Liebe Schwestern, wie andere Ordensfamilien leidet auch ihr vor allem in manchen Ländern unter dem Mangel an neuen Berufungen. Laßt euch nicht entmutigen, sondern stellt euch dieser schmerzlichen Krisensituation mit Gelassenheit und im Bewußtsein, daß von jedem einzelnen nicht so sehr der Erfolg als die Verpflichtung zur Treue verlangt wird. Was absolut vermieden werden muß, ist ein Nachlassen der geistlichen Verbundenheit mit dem Herrn und mit der eigenen Berufung und Sendung. Hingegen bekennt man, wenn man treu an ihr festhält, mit großer Wirksamkeit auch der Welt gegenüber das eigene feste Vertrauen in den Herrn der Geschichte, in dessen Händen die Zeiten und die Schicksale der Menschen, der Institutionen und der Völker liegen; und ihm vertrauen wir uns auch hinsichtlich der geschichtlichen Umsetzung seiner Gaben an. Macht euch die geistliche Haltung der Jungfrau Maria zu eigen, die in totaler Verfügbarkeit für den Willen des himmlischen Vaters zufrieden war, »ancilla Domini«, Magd des Herrn, zu sein.

Liebe Mönche, Nonnen und Schwestern, habt Dank für diesen willkommenen Besuch! Ich begleite euch mit meinem Gebet, auf daß ihr bei euren Begegnungen in diesen Tagen des Kongresses die geeignetsten Möglichkeiten unterscheiden könnt, um sichtbar und klar in Lebensweise, Arbeit und Gebet von dem engagierten Bemühen um eine radikale Nachfolge des Herrn Zeugnis zu geben. Die allerseligste Jungfrau Maria unterstütze jeden eurer guten Pläne, sie helfe euch, stets vor allem anderen Gott vor Augen zu haben, und begleite euch mütterlich auf eurem Weg. Während ich reiche himmlische Gaben zur Unterstützung jedes eurer hochherzigen Vorhaben erflehe, erteile ich euch und der ganzen benediktinischen Familie von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.



AN DIE NEUERNANNTEN BISCHÖFE IM RAHMEN EINES VON DER KONGREGATION FÜR DIE EVANGELISIERUNG DER VÖLKER VERANSTALTETEN FORTBILDUNGSKURSES

Apostolischer Palast von Castelgandolfo

Samstag, 20. September 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Mit Freude empfange ich euch im Rahmen des von der Kongregation für die Evangelisierung der Völker veranstalteten Fortbildungsseminars. Ich danke aufrichtig für das brüderliche Grußwort, das der Präfekt, Kardinal Ivan Dias, in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Der Kongreß, an dem ihr teilnehmt, findet innerhalb des Paulusjahres statt, das wir in der ganzen Kirche feiern - in der Absicht, die Kenntnis des missionarischen Geistes und der charismatischen Persönlichkeit des hl. Paulus zu vertiefen, der von allen als der große Völkerapostel angesehen wird.

Ich bin gewiß, daß der Geist dieses »Lehrers der Völker im Glauben und in der Wahrheit« (vgl. 1Tm 2,7 2Tm 1,11) in eurem Gebet, in euren Reflexionen und Gesprächen zugegen war und euren Hirten- und Bischofsdienst stets erleuchten und bereichern wird. In der Predigt zur Eröffnung des Paulusjahres habe ich den Ausdruck »Lehrer der Völker« kommentiert und gesagt, daß dieses Wort sich in die Zukunft hinein öffnet und das Herz des Apostels auf alle Völker und Generationen hin ausrichtet. Paulus ist für uns nicht nur eine Gestalt der Vergangenheit, derer wir achtungsvoll gedenken. Er ist auch unser Lehrer, er ist auch für uns Apostel und Verkünder Jesu Christi. Ja, er ist unser Lehrer, und von ihm müssen wir lernen, die Völker, zu denen wir gesandt sind, mit Wohlwollen zu betrachten. Von ihm müssen wir auch lernen, in Christus das Licht und die Gnade zu suchen, um heute die Frohe Botschaft zu verkünden; ihn müssen wir uns zum Vorbild nehmen, um unermüdlich die menschlichen und geographischen Wege der heutigen Welt zu durchschreiten und Christus zu denen zu bringen, die ihm bereits das Herz geöffnet haben, und auch zu denen, die ihn noch nicht kennen.

Euer Leben als Hirten ist dem des Apostels Paulus in vielerlei Hinsicht ähnlich. Das Spektrum eurer pastoralen Tätigkeit ist oft sehr breit und äußerst schwierig und komplex. Geographisch betrachtet sind eure Diözesen meist sehr weitläufig, und nicht selten fehlt es in ihnen an Wegen und Mitteln zur Kommunikation. So können die Gläubigen, die fern vom Mittelpunkt eurer Diözesangemeinschaften leben, nur schwer erreicht werden. Darüber hinaus geht der Sturm der Entchristlichung, der religiösen Gleichgültigkeit, der Säkularisierung und der Relativierung der Werte immer stärker auf eure ebenso wie auf andere Gesellschaften nieder. Dadurch entsteht ein Umfeld, gegen das die Waffen der Verkündigung, wie bei Paulus in Athen, machtlos erscheinen können. In vielen Gegenden sind die Katholiken eine Minderheit, manchmal sogar eine sehr schwache Minderheit. Das verpflichtet euch zur Begegnung mit anderen, sehr viel stärkeren und euch nicht immer freundlich gesinnten Religionen. Und letztlich gibt es auch Situationen, in denen ihr als Hirten eure Gläubigen angesichts von Verfolgungen und gewalttätigen Angriffen verteidigen müßt.

Habt keine Angst und laßt euch von all diesen manchmal sehr schwierigen Bedrängnissen nicht entmutigen, sondern holt euch Rat und Orientierung beim hl. Paulus. Er mußte aus eben diesen Gründen viel erleiden, wie wir aus seinem Zweiten Brief an die Korinther wissen. Er erlitt auf seinen Reisen zu Wasser und zu Land Verfolgungen, wurde ausgepeitscht und sogar gesteinigt, nahm die Gefahren der Reisen auf sich, ertrug Hunger und Durst, häufiges Fasten, Kälte und Blöße. Er arbeitete unermüdlich und war aufgezehrt von der Sorge um alle Gemeinden (vgl. 2Co 11,24ff.). Er ging den Schwierigkeiten und Leiden nicht aus dem Weg, denn er war sich sehr wohl bewußt, daß sie zu dem Kreuz gehören, das wir als Christen tagtäglich zu tragen haben. Er verstand die Lage, in die der Ruf Christi den Jünger versetzt, bis ins Tiefste: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach« (Mt 16,24). Daher legte er seinem geistlichen Sohn und Jünger Timotheus ans Herz: »Leide mit mir für das Evangelium« (2Tm 1,8). Auf diese Weise wies er darauf hin, daß die Evangelisierung und ihr Erfolg über das Kreuz und das Leiden führen. Und diese Worte legt er einem jeden von uns ans Herz. Das Leiden vereint mit Christus und mit den Brüdern und bringt die Fülle der Liebe zum Ausdruck, deren Quelle und höchster Beweis das Kreuz Christi ist.

170 Paulus war durch die Erfahrung der Verfolgungen, denen er bei der Verkündigung des Evangeliums ausgesetzt war, zu dieser Überzeugung gekommen; aber auf diesem Weg hatte er den Reichtum der Liebe Christi und die Wahrheit seiner Sendung als Apostel entdeckt. In der Predigt zur Eröffnung des Paulusjahres habe ich diesbezüglich gesagt: »Die Wahrheit, die er in der Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren hatte, war ihm des Streites, der Verfolgung, des Leidens wert. Aber was ihn zuinnerst trieb, war das Geliebtsein von Jesus Christus und das Weitergeben dieser Liebe.« Ja, Paulus war ein von der Liebe Christi »ergriffener« (Ph 3,12) Mann, und all sein Wirken und Leiden erklärt sich nur aus dieser Mitte heraus.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt! Ihr steht am Beginn eures bischöflichen Dienstes. Zögert nicht, euch diesem mächtigen Lehrer der Evangelisierung zuzuwenden und von ihm zu lernen, wie ihr Christus lieben und euch im Dienst am Nächsten hingeben könnt, wie ihr euch mit den Völkern, bei denen ihr zur Verkündigung des Evangeliums berufen seid, identifizieren und die Gegenwart des Auferstandenen verkündigen und bezeugen könnt. Um dies zu lernen, muß man inständig die Hilfe der Gnade Christi anrufen. Auf diese Gnade beruft sich Paulus immer wieder in seinen Briefen. Ihr, die ihr als Nachfolger der Apostel die Sendung des Paulus weiterführt und den Völkern das Evangelium bringt, sollt nach seinem Vorbild eure Berufung in enger Abhängigkeit vom Licht des Geistes Christi verstehen. Er wird euch auf den oft unwegsamen, aber stets begeisternden Wegen der Neuevangelisierung führen. Ich begleite euch in eurer Hirtensendung mit meinem Gebet und mit einem herzlichen Apostolischen Segen, den ich jedem von euch und allen Gläubigen eurer christlichen Gemeinschaften erteile.



AN DIE NEUERNANNTEN BISCHÖFE, DIE AM KONGRESS DER KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE UND FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN TEILNEHMEN

Apostolischer Palast, Castelgandolfo

Montag, 22. September 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich freue mich, euch zu Beginn eures bischöflichen Dienstes zu empfangen, und ich begrüße euch sehr herzlich im Bewußtsein der untrennbaren kollegialen Verbindung, die den Papst mit den Bischöfen im Band der Einheit, der Liebe und des Friedens vereint. Diese Tage, die ihr in Rom verbringt, um die Aufgaben, die euch erwarten, zu vertiefen und am Grab des hl. Petrus das Bekenntnis eures Glaubens zu erneuern, müssen auch eine einzigartige Erfahrung der Kollegialität sein. Sie »gründet zugleich auf der Bischofsweihe und auf der hierarchischen Gemeinschaft; daher berührt sie die Tiefe des Seins eines jeden Bischofs und gehört zur Struktur der Kirche, wie sie dem Willen Jesu Christi entspricht« (Apostolisches Schreiben Pastores gregis ). Diese Erfahrung der Brüderlichkeit, des Gebets und des Studiums beim Sitz des Petrus möge in jedem von euch das Bewußtsein der Gemeinschaft mit dem Papst und mit euren Mitbrüdern nähren und euch zur Fürsorge für die ganze Kirche hin öffnen. Ich danke Herrn Kardinal Giovanni Battista Re für die freundlichen Worte, mit denen er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Mein besonderer Gruß gilt Herrn Kardinal Leonardo Sandri, dem Präfekten der Kongregation für die Orientalischen Kirchen. Durch euch sende ich einen herzlichen Gruß an alle Gläubigen, die eurer Hirtensorge anvertraut sind.

Unsere Begegnung findet im Paulusjahr und am Vorabend der XII. Generalversammlung der Bischofssynode über das Wort Gottes statt: zwei bedeutsame Augenblicke des kirchlichen Lebens, die uns helfen, einige Aspekte der Spiritualität und der Sendung des Bischofs genauer zu beleuchten. Ich möchte kurz etwas zur Gestalt der hl. Paulus sagen. Er ist ein Lehrer und ein Vorbild vor allem für die Bischöfe! Der hl. Gregor der Große bezeichnet ihn als den »größten aller Hirten« (Regula pastoralis 1,8). Als Bischöfe müssen wir von diesem Apostel vor allem eine große Liebe zu Jesus Christus lernen. Von dem Augenblick an, als er dem göttlichen Meister auf der Straße nach Damaskus begegnete, war sein ganzes Leben ein Weg innerer und apostolischer Angleichung an ihn, in Verfolgungen und Leiden (vgl. 2Tm 3,11). Der hl. Paulus selbst bezeichnet sich als einen Mann, der »von Christus ergriffen« ist (vgl. Ph 3,12) - so sehr, daß er sagen kann: »Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Ga 2,20). Er sagt auch: »Ich bin mit Christus gekreuzigt worden. … Soweit ich aber jetzt noch in der Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat« (Ga 2,19-20). Die Liebe des Paulus zu Christus berührt uns durch ihre Intensität. Seine Liebe war so stark und so lebendig, daß sie ihn sagen ließ: »Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen« (Ph 3,8). Das Vorbild des großen Apostels ruft uns Bischöfe auf, jeden Tag in der Heiligkeit des Lebens zu wachsen, um so gesinnt zu sein, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht (vgl. Ph 2,5). Im Apostolischen Schreiben Pastores gregis heißt es an der Stelle, wo vom geistlichen Einsatz des Bischofs die Rede ist, daß er vor allem ein »Mann Gottes« sein muß, denn es ist nicht möglich, den Menschen zu dienen, ohne vorher »Diener Gottes« zu sein (vgl. ).

Der geistliche und apostolische Einsatz des Bischofs muß also in erster Linie der sein, auf dem Weg der Vollkommenheit des Evangeliums voranzuschreiten. Wie der Apostel Paulus muß er überzeugt sein: »Unsere Befähigung stammt … von Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein« (2Co 3,5-6). Zu den Mitteln, die ihm helfen, im geistlichen Leben voranzuschreiten, gehört vor allem das Wort Gottes, das im Leben und in der Sendung des Bischofs eine unbestrittene Zentralität besitzen muß. Das Apostolische Schreiben Pastores gregis ruft in Erinnerung, daß »der Bischof, noch bevor er Vermittler des Wortes ist, zusammen mit seinen Priestern und wie jeder Gläubige … Hörer des Wortes sein« muß, und fügt hinzu: »Es gibt in der Tat keinen Primat der Heiligkeit ohne das Hören auf das Wort Gottes, das Leitbild und Nahrung der Heiligkeit ist« (). Ich fordere euch daher auf, liebe Bischöfe, euch jeden Tag dem Wort Gottes anzuvertrauen, um Lehrer des Glaubens und wahre Erzieher eurer Gläubigen zu sein - nicht wie jene, die mit dem Wort Gottes ein Geschäft machen, sondern wie jene, die es aufrichtig und in Christus, von Gott her und vor Gott verkünden (vgl. 2Co 2,17).

Liebe Bischöfe, um der großen Herausforderung des Säkularismus in der gegenwärtigen Gesellschaft zu begegnen, ist es notwendig, daß der Bischof das Wort jeden Tag im Gebet innerlich vertieft, um es wirksam zu verkündigen, als wahrer Lehrer zu erläutern und zu verteidigen und als erleuchteter und weiser Meister weiterzugeben. Zum bevorstehenden Beginn der Arbeiten der kommenden Generalversammlung der Bischofssynode vertraue ich euch der Kraft des Wortes des Herrn an, damit ihr den Versprechen treu bleibt, die ihr vor Gott und der Kirche am Tag eurer Bischofsweihe abgelegt habt, und damit ihr in der Erfüllung des euch anvertrauten Dienstes verharrt, das Erbe des Glaubens stets rein und unversehrt bewahrt und zusammen mit dem ganzen Episkopat in der kirchlichen Gemeinschaft verwurzelt bleibt. Wir müssen uns stets bewußt sein, daß das Wort Gottes die göttliche Gegenwart in jedem von uns gewährleistet, gemäß dem Wort des Herrn: »Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen« (Jn 14,23).

Als euch am Tag eurer Bischofsweihe die Mitra überreicht wurde, wurde zu euch gesagt: »Der Glanz der Heiligkeit sei dein Schmuck«. Der Apostel Paulus ermahnt uns durch seine Lehre und durch sein persönliches Zeugnis, in der Tugend vor Gott und vor den Menschen zu wachsen. Der Weg der Vollkommenheit des Bischofs muß an den Zügen ausgerichtet sein, die den guten Hirten kennzeichnen, damit die Gläubigen in seinem Antlitz und in seinem Handeln die menschlichen und christlichen Tugenden betrachten können, die jeden Bischof auszeichnen müssen (vgl. Pastores gregis ). Wenn ihr auf dem Weg der Heiligkeit voranschreitet, werdet ihr jene unentbehrliche moralische Autorität und jene kluge Weisheit ausstrahlen, die von dem gefordert wird, der als Haupt der Familie Gottes eingesetzt ist. Diese Autorität ist heute mehr denn je notwendig. Euer Dienst wird nur dann pastorale Früchte tragen, wenn er sich auf die Heiligkeit eures Lebens stützt: Die Autorität des Bischofs - so heißt es im Apostolischen Schreiben Pastores gregis - geht aus dem Zeugnis hervor, ohne das die Gläubigen im Bischof kaum den Ausdruck der wirksamen Gegenwart Christi in seiner Kirche erblicken können (vgl. ).

Durch die Bischofsweihe und die kanonische Sendung wurde euch das Hirtenamt anvertraut, also die beständige und tägliche Sorge für eure Diözesen. Mit den bekannten Worten an Timotheus weist euch der Apostel Paulus den Weg, gute und angesehene Hirten eurer Teilkirchen zu sein: »Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht; weise zurecht, tadle, ermahne, in unermüdlicher und geduldiger Belehrung … sei in allem nüchtern« (2Tm 4,2 2Tm 4,5). Im Lichte dieser Worte des Apostels sollt ihr nicht nachlassen, euch »durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht« (Lumen gentium LG 27) dafür einzusetzen, daß die euch anvertraute Herde in der Heiligkeit und in der Wahrheit voranschreitet. Auf diese Weise übt der Bischof seine Vaterschaft gegenüber den Gläubigen angemessen und in Fülle aus. Tragt insbesondere Sorge für die Priester, eure ersten und unersetzlichen Mitarbeiter im Dienst, und für die jungen Menschen.

171 Seid den Priestern nahe, und schenkt ihnen viel Aufmerksamkeit. Scheut keine Mühen, um alle Initiativen in die Tat umzusetzen, auch die einer konkreten Lebensgemeinschaft wie sie das Zweite Vatikanische Konzil aufgezeigt hat, die den Priestern helfen soll, in der Hingabe an Christus und in der Treue zum priesterlichen Dienst zu wachsen. Versucht, eine wahre Brüderlichkeit unter den Priestern zu fördern, die dazu beiträgt, Isolierung und Einsamkeit zu überwinden, indem sie die gegenseitige Unterstützung fördert. Es ist wichtig, daß alle Priester die väterliche Nähe und die Freundschaft des Bischofs spüren.

Um die Zukunft eurer Teilkirchen aufzubauen, müßt ihr auch den Jugendlichen Anregungen geben und sie führen. Der Weltjugendtag, der vor kurzem in Sydney stattgefunden hat, hat noch einmal deutlich gemacht, daß viele junge Menschen vom Evangelium angezogen werden und bereit sind, sich in der Kirche einzusetzen. Die Priester, Lehrer und Erzieher müssen in der Lage sein, den jungen Menschen die Begeisterung für das Geschenk des Lebens und die Liebe zu Jesus Christus und zu seiner Kirche weiterzugeben. Unter den jungen Menschen müßt ihr mit besonderer Fürsorge die Seminaristen ermutigen, im Bewußtsein, daß das Seminar das Herz der Diözese ist. Versäumt nicht, den jungen Menschen die Entscheidung für eine Ganzhingabe an Christus im priesterlichen Leben und im Ordensleben vorzuschlagen. Macht die Familien, die Pfarrgemeinden und die Erziehungs- und Bildungseinrichtungen dafür empfänglich, den jungen Generationen zu helfen, den Plan Gottes für ihr Leben zu suchen und zu entdecken.

Ich rufe euch noch einmal das Wort des hl. Paulus an Timotheus ins Gedächtnis: »Sei den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit« (
1Tm 4,12). Indem ich die Hilfe Gottes auf euren bischöflichen Dienst herabrufe, erteile ich euch und euren Diözesen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.

AN DAS STUDIENZENTRUM ZUR FÖRDERUNG DER KATHOLISCHEN SCHULEN

Apostolischer Palast in Castelgandolfo - Saal der Schweizer

Donnerstag, 25. September 2008


Liebe Brüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Die heutige Begegnung erfolgt aus Anlaß des zehnten Jahrestages der Gründung des »Centro Studi per la Scuola Cattolica« (CSSC - Studienzentrum zur Förderung der Katholischen Schule), das von der Italienischen Bischofskonferenz als Ausdruck der Verantwortlichkeit der Bischöfe gegenüber der katholischen Schule - einschließlich der Bildungszentren christlicher Ausrichtung - eingerichtet wurde. Das bietet mir die glückliche Gelegenheit, erneut meine Wertschätzung und meine Ermutigung für das zum Ausdruck zu bringen, was in diesem wichtigen Bereich des zivilen und des kirchlichen Lebens bislang geleistet worden ist. Mein herzliches Willkommen gilt Euch, liebe Brüder und Schwestern, die Ihr hier in gewisser Weise alle diejenigen vertretet, die auf jeder Ebene - Italienische Bischofskonferenz, Union der Ordensoberinnen Italiens, Italienische Konferenz der Ordensoberinnen, kirchliche Institute, die erzieherische Aufgaben wahrnehmen, Universitäten, Verbände, Vereinigungen, Laienbewegungen und andere Organisationen - im Dienst der katholischen Schule in Italien stehen. An jeden von ihnen richtet sich mein herzlicher Gruß und der Dank der Kirche für den wertvollen Dienst, der über die katholische Schule für die Evangelisierung der Jugend und der Welt der Kultur geleistet wird.

Einen besonderen Gruß richte ich an Msgr. Agostino Superbo, den Vizepräsidenten der Italienischen Bischofskonferenz, an die Bischöfe, die der Bischöflichen Kommission für die Katholische Erziehung, der Schule und der Universität als Mitglieder angehören, sowie vor allem an deren Präsidenten, Msgr. Diego Coletti, der Eure gemeinsamen Empfindungen hier zum Ausdruck gebracht hat. Seine Worte haben mir erlaubt, die erreichten Ziele und die Projekte des »Centro Studi per la Scuola Cattolica« besser kennenzulernen. Mein Gruß richtet sich auch an die Teilnehmer des Kongresses, der eigens in Erinnerung an diesen Jahrestag veranstaltet wird und dessen Thema lautet: »Über den Erziehungsnotstand hinaus - die katholische Schule im Dienst der Jugend«.

Meine verehrten Vorgänger haben mehrfach in verschiedenen Ansprachen, die in wichtige Dokumente der Bischofskonferenz aufgenommen worden sind, darauf hingewiesen, wie wichtig der Auftrag der katholischen Schule ist. Im Dokument der Italienischen Bischofskonferenz mit dem Titel: »Die katholische Schule im heutigen Italien« heißt es etwa, daß sich der Heilsauftrag der Kirche in der engen Verbindung der Verkündigung des Glaubens und der Förderung des Menschen erfüllt und daß er daher in dem privilegierten Werkzeug der katholischen Schule, die auf die Ausbildung des gesamten Menschen ausgerichtet ist (vgl. Nr. 11), besondere Unterstützung findet. Gleich danach heißt es, daß »die katholische Schule ein Ausdruck des Rechts aller Bürger auf Bildungsfreiheit darstellt, sowie der dem entsprechenden Pflicht, solidarisch an der Gestaltung des bürgerlichen Zusammenlebens mitzuwirken« (Nr. 12). Die italienischen Bischöfe haben also in dieser Absicht, sowohl das kirchliche als auch bürgerliche Bewußtsein gemeinsam zu festigen, vor nunmehr zehn Jahren die Notwendigkeit verspürt, ein Studienzentrum zu gründen, das sich mit der katholischen Schule befaßt. Damit man sich für die katholische Schule entscheidet und sie schätzt, muß ihr pädagogisches Ziel bekannt sein; es bedarf eines reifen Bewußtseins nicht nur in Bezug auf ihre kirchliche Identität und ihre kulturellen Absichten, sondern auch auf ihre soziale Bedeutung, die nicht nur als einseitiger Interessenschutz betrachtet werden darf, sondern als wertvoller Beitrag zum Aufbau des Allgemeinwohls der gesamten italienischen Gesellschaft angesehen werden muß.

Euer Studienzentrum hat der Kirche und der italienischen Gesellschaft im ersten Jahrzehnt seiner Tätigkeit einen wirklich wertvollen Dienst geleistet. Dies ist der fruchtbaren Zusammenarbeit zu verdanken, die sich zwischen der Italienischen Bischofskonferenz und ihren Amtsstellen, den Verbänden und Vereinigungen der katholischen Schule, der Pädagogischen Fakultät an der Päpstlichen Universität der Salesianer, dem Bildungsministerium, dem technisch-wissenschaftlichen Komitee, in welchem die Katholische Universität »Sacro Cuore« und die »Libera Università Maria Ss. Assunta« (LUMSA) vertreten sind, sowie allen Personen, die sich in irgendeiner Form an den Aktivitäten beteiligt haben, entwickelt hat.

172 Dank dieser fortwährenden Verständigung ist es dem Studienzentrum gelungen, die Situation der katholischen Schule in Italien aufmerksam zu untersuchen und dabei mit besonderem Interesse die Frage der Gleichheit und der Reform der Schule in Italien zu verfolgen. Diesbezüglich ist darauf hingewiesen worden, daß der Besuch katholischer Schulen in einigen Gebieten Italiens im Vergleich zum vorhergehenden Jahrzehnt angestiegen ist, auch wenn schwierige und teilweise sogar kritische Zustände weiterhin anhalten. Gerade im Zusammenhang mit der Erneuerung, welche diejenigen befürworten sollten, denen das Wohl der Jugendlichen und des Landes am Herzen liegt, sollte die tatsächliche Gleichheit zwischen staatlichen und privaten, staatlich anerkannten Schulen, begünstigt werden, die den Eltern die angebrachte Wahlfreiheit im Hinblick auf die zu frequentierende Schule läßt.

Liebe Brüder und Schwestern, der Jahrestag, den Ihr begeht, ist sicher eine gute Gelegenheit, um mit erneuertem Enthusiasmus den Dienst weiterhin zu verrichten, den Ihr so erfolgreich verseht. Besonders ermutige ich Euch, Euer Bemühen - wie Ihr bereits beabsichtigt - den folgenden fünf Bereichen zu widmen: die Verbreitung einer Kultur, die darauf ausgerichtet ist, die Pädagogik der katholischen Schule auf das Ziel einer christlichen Erziehung hin zu qualifizieren; die Untersuchung der Qualität und die Sammlung von Daten über den Zustand der katholischen Schule; die Anbahnung neuer Untersuchungen, um die heute dringenden Notstände im Bereich der Erziehung, der Kultur und der Organisation genauer zu erforschen; die Vertiefung der Kultur der Gleichheit, die nicht immer gewürdigt und teilweise sogar mißverständlich interpretiert wird; die Zunahme der fruchtbaren Zusammenarbeit mit den Verbänden/Vereinigungen der katholischen Schule, unter Beachtung der entsprechenden Kompetenzen und Ziele.

Ich vertraue Eure Aktivitäten und künftigen Projekte der mütterlichen Fürsprache Marias, Königin der Familien und Sitz der Weisheit, an. Ich danke Euch für Euren Besuch und segne Euch alle von Herzen.


AN DIE BISCHÖFE AUS URUGUAY ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Freitag, 26. September 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich freue mich, euch zu dieser Begegnung zu empfangen. Sie gestattet es mir, euch zum Abschluß eures »Ad-limina«-Besuchs alle gemeinsam zu begrüßen und euch zur Hoffnung zu ermutigen, die so notwendig ist für den Dienst, den ihr in euren jeweiligen Teilkirchen großherzig ausübt. Ich danke dem Bischof von Mercedes und Vorsitzenden der Bischofskonferenz von Uruguay, Carlos María Collazzi Irazábal, sehr herzlich für seine Worte, mit denen er eure gemeinsamen Empfindungen enger Verbundenheit mit dem Sitz Petri zum Ausdruck gebracht hat, ebenso wie die Wünsche und Sorgen, die ihr in eurem Hirtenherzen tragt, denn als Hirten wollt ihr den Erwartungen entsprechen, die das Volk Gottes hat.

Der Besuch an den Gräbern des hl. Petrus und des hl. Paulus ist eine günstige Gelegenheit, um den Ursprung und Sinn des Dienstes der Nachfolger der Apostel tiefer zu ergründen. Sie sind die treuen Ableger des Samenkorns, das die Apostel gepflanzt haben (vgl. Lumen gentium LG 20). Er gibt insbesondere auch Gelegenheit, die Bande der wirklichen und spürbaren Einheit des Bischofskollegiums zu festigen, das höchster Ausdruck des Ideals sein muß, »ein Herz und eine Seele« zu sein (Ac 4,32), das die kirchliche Gemeinschaft von Anfang an ausgezeichnet hat. Das Bischofskollegium muß auch ein sichtbares Vorbild sein, um den Geist der Brüderlichkeit und der Eintracht zu fördern - bei euren Gläubigen und auch in der gegenwärtigen Gesellschaft, in der oft Individualismus und überhöhtes Konkurrenzdenken vorherrschen.

Diese Gemeinschaft zeigt sich auch in der Aufgabe, die Pastoralpläne, die ihr für die nächsten fünf Jahre ausgearbeitet habt, konkret umzusetzen. Sie sind eingefügt in den eindrucksvollen Rahmen der Begegnung des auferstandenen Jesus mit den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. In der Tat ist der Meister, der die Seinen begleitet, mit ihnen spricht und ihnen die Schrift erschließt, ein Vorbild, dem man folgen muß, wenn man den Geist und das Herz des Menschen darauf vorbereiten will, Christus zu entdecken und ihm persönlich zu begegnen. Die Kenntnis und die Betrachtung der Heiligen Schrift zu fördern, sie in der Verkündigung und der Katechese treu zu erläutern und in der Schule zu lehren, ist daher notwendig, damit die christliche Berufung bewußter, tiefer und überzeugter gelebt werden kann. Ich ermutige euch in diesem Bemühen, durch das ihr eure Gläubigen und kirchlichen Gemeinschaften an dem Impuls zur Evangelisierung und zur Mission teilhaben lassen wollt, der von der 5. Generalversammlung des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik, die in Aparecida abgehalten wurde, ausgeht.

Das Wort Gottes ist auch die Quelle und der unverzichtbare Inhalt eures Dienstes als »Glaubensboten, die Christus neue Jünger zuführen« (Lumen gentium LG 25). Dieser Dienst ist notwendiger denn je in einer Zeit, in der viele andere Stimmen versuchen, Gott im persönlichen und gesellschaftlichen Leben zum Schweigen zu bringen, indem sie die Menschen auf Wege führen, die die wahre Hoffnung untergraben und auf denen die fest gegründete Wahrheit, in der das Herz des Menschen Ruhe findet, nicht von Interesse ist. Lehrt also den unversehrten Glauben der Kirche, mit dem Mut und der Überzeugung derer, die aus ihm und für ihn leben, und unterlaßt es nicht, die sittlichen Werte der katholischen Lehre mit Nachdruck zu verkündigen, die in Politik, Kultur und den sozialen Kommunikationsmitteln manchmal in Frage gestellt werden - wie jene, die die Familie, die Sexualität und das Leben betreffen. Ich weiß um eure Bemühungen, das menschliche Leben von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende zu verteidigen, und ich bitte Gott, daß sie Früchte tragen mögen: Jedem Uruguayer mögen sie ein klares Bewußtsein für die unveräußerliche Würde jeder Person schenken und den festen Entschluß, sie vorbehaltlos zu achten und zu schützen.

Bei dieser Aufgabe könnt ihr auf die unschätzbare Mitarbeit der Priester zählen. Sie müssen stets ermutigt werden, wahre Jünger und Missionare Christi zu sein, die, ohne sich dieser Welt anzugleichen (vgl. Rm 12,2), mit großem Eifer seine Heilsbotschaft den Pfarrgemeinden, Gemeinschaften, Familien und allen Menschen bringen. Mehr als nach rein menschlichen Weisheiten sehnen diese sich vor allem nach Worten, die vom Heiligen Geist kommen (vgl. 1Co 2,6). Die ständige Nähe der Hirten zu jenen, die sich auf das Priestertum vorbereiten, kann sehr entscheidend sein für eine Ausbildung, bei der das den Vorrang hat, was einen Diener der Kirche in erster Linie auszeichnen muß: die Liebe zu Christus, ein fundiertes theologisches Wissen in voller Übereinstimmung mit dem Lehramt und der Überlieferung der Kirche, die ständige persönliche Reflexion über die Heilssendung und ein untadeliges Leben, das in Einklang steht mit dem Dienst am Volk Gottes. So können sie ein treues Zeugnis geben von dem, was sie verkündigen, und ihren Brüdern helfen, eine oberflächliche Religiosität zu vermeiden, die kaum Niederschlag findet in den ethischen Verpflichtungen, die der Glaube mit sich bringt, um von Christus zu lernen, »in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit« (Ep 4,24) zu leben.

In dieser Hinsicht darf man auch viel von den geweihten Personen erwarten sowie von den Mitgliedern der verschiedenen Bewegungen und Vereinigungen, die auf besondere Weise an der Sendung der Kirche teilhaben. Sie sind berufen, freudig Zeugnis davon zu geben, daß man die Fülle des Lebens erlangt, wenn man es vorzieht, besser zu sein anstatt mehr zu haben. Sie müssen die wahren Werte aufscheinen lassen und die unvergleichliche Freude, Christus begegnet zu sein und sich ihm bedingungslos hinzugeben.


ANSPRACHE 2008 Januar 2008 168