ANSPRACHE 2008 Januar 2008 43

AN DIE BISCHÖFE VON HAITI ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Donnerstag, 13. März 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich heiße euch ganz herzlich willkommen anläßlich eures Besuchs »ad limina Apostolorum«, der euch die Gelegenheit gibt, eure Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus und unter euch zu stärken und mit der Römischen Kurie die Gründe für Freude und Hoffnung sowie die Anlässe zur Sorge zu teilen, die das eurer Hirtensorge anvertraute Volk Gottes erlebt. Ich möchte zuerst dem neuen Erzbischof von Cap-Haïtien und Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Louis Kébreau, für die Worte danken, die er in eurem Namen an mich gerichtet und dabei auf die Situation des Landes und die Tätigkeit der Kirche hingewiesen hat. Ich grüße besonders die Bischöfe, die ihren Hirtendienst vor kurzem beendet, und jene, die einen neuen angetreten haben. Meine Gedanken gelten auch euren Gläubigen sowie dem ganzen geliebten Volk von Haiti.

Ich möchte an die Reise erinnern, die mein Vorgänger Papst Johannes Paul II. vor 25 Jahren zum Abschluß des nationalen Eucharistischen Kongresses nach Haiti unternommen hat, sowie an das zentrale Thema jener Begegnung: »Hier muß sich etwas ändern.« Haben sich die Dinge geändert? Euer Land hat leidvolle Zeiten erlebt, die die Kirche aufmerksam verfolgt: Uneinigkeiten, Ungerechtigkeiten, Armut, Arbeitslosigkeit - Elemente, die Quelle tiefer Sorge und Beunruhigung für die Bevölkerung sind. Ich bitte den Herrn, daß er allen Haitianern, vor allem den Personen, die soziale Verantwortung tragen, den Mut ins Herz lege, den Wandel und die Versöhnung zu fördern, damit alle Bewohner des Landes würdige Lebensbedingungen erhalten und in einer immer größeren Solidarität die Güter des Landes genießen. Dabei dürfen all jene nicht vergessen werden, die gezwungen sind, in die Nachbarländer zu gehen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ich wünsche, daß die internationale Gemeinschaft ihre Hilfe für das haitische Volk fortsetzt und verstärkt, um ihm zu ermöglichen, seine Zukunft und seine Entwicklung zunehmend selbst in die Hand zu nehmen.

Zu den Sorgen, die ihr in euren Fünfjahresberichten ansprecht, gehört die Situation der Familie, deren Strukturen infolge der Krise, die das Land durchlebt, aber auch wegen der Entwicklung neuer Gewohnheiten und wegen des fortschreitenden Verlusts der Bedeutung von Ehe und Familie instabil geworden sind, insofern andere Lebens- und Partnerschaftsformen auf dieselbe Ebene gestellt werden. Die Gesellschaft und die Kirche entwickeln sich großenteils von der Familie ausgehend.

44 Eure aufmerksame Sorge um diesen Aspekt des pastoralen Lebens ist daher von fundamentaler Bedeutung, denn es geht um den ursprünglichen und wesentlichen Erziehungsraum der Jugend. »Daher soll die christliche Familie - entsteht sie doch aus der Ehe, die das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist - die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder« (Gaudium et spes GS 48). Ich ermuntere euch daher, die Eheleute und die jungen Familien durch eine immer angemessenere Begleitung und Bildung zu unterstützen; das schließt auch ein, sie die Achtung vor dem Leben zu lehren.

In eurem bischöflichen Dienst nehmen die Priester einen bevorzugten Platz ein. Sie sind eure wichtigsten Mitarbeiter. Wenn ihr auf ihre ständige Weiterbildung bedacht seid und brüderliche und vertrauensvolle Beziehungen zu ihnen pflegt, werdet ihr ihnen dadurch bei der fruchtbaren Ausübung ihres Amtes helfen, indem ihr sie auch auffordert, auf politisches Engagement zu verzichten. Wichtig ist, daß regelmäßig Treffen der Priester untereinander organisiert werden, so daß sie ihre Zugehörigkeit zum Presbyterium greifbar erfahren und sich gegenseitig durch das Gebet unterstützen. Überbringt allen euren Priestern meine herzlichen Grüße; ich weiß um die Treue und den Mut, die sie aufbringen müssen, um in oft schwierigen Situationen zu leben. Entscheidend ist, daß sie ihr Apostolat auf ihre Beziehung zu Christus gründen, auf das eucharistische Geheimnis, das uns daran erinnert, daß sich der Herr für das Heil der Welt vollständig hingegeben hat, auf das Sakrament der Vergebung, auf ihre Liebe zur Kirche, indem sie durch ihr rechtes, demütiges und armes Leben ein beredtes Zeugnis für ihren priesterlichen Einsatz geben.

Eure aufmerksame Sorge gilt der Pastoral für Berufungen und der Ausbildung der jungen Kandidaten, für die eine tiefgehende geistliche Unterscheidung durchgeführt werden muß. Zu diesem Zweck sucht ihr Gruppen von Ausbildern für eure Priesterseminare. Ich fordere euch auf, zusammen mit den Bischöfen anderer Länder die Bereitstellung erfahrener Ausbilder, die ein vorbildliches Priesterleben führen, ins Auge zu fassen, damit sie die künftigen Priester, die eure Diözesen dringend benötigen, während der verschiedenen Abschnitte ihrer menschlichen, moralischen, spirituellen und pastoralen Ausbildung begleiten. Davon hängt die Zukunft der Kirche in Haiti ab. Mögen die Ortskirchen diesen Appell hören und dazu bereit sein, ganz im Geist der Enzyklika Fidei donum Priester zu entsenden, um euch bei der Ausbildung der Seminaristen zu helfen! Das wird auch für diese Kirchen eine Öffnung, eine Bereicherung und eine Quelle zahlreicher Gnaden sein.

Die katholischen Schulen spielen trotz ihrer spärlichen finanziellen Mittel eine wichtige Rolle in Haiti; sie werden von den Autoritäten und von der Bevölkerung geschätzt. Ich danke für die Personen, die sich in der schönen Aufgabe der Jugenderziehung engagieren. Überbringt ihnen meine tiefempfundenen Grüße! Durch den Unterricht vollzieht sich - über die Anerkennung der wesentlichen Werte und über die Übung der Tugenden - die Formung und Reifung der Persönlichkeit; auch eine Auffassung vom Menschen und von der Gesellschaft wird weitergegeben. Die katholische Schule ist ein wichtiger Ort der Glaubensverkündigung durch das von den Erziehern gegebene Lebenszeugnis, durch die Entdeckung der Botschaft des Evangeliums oder durch die im Kreis der Erziehungsgemeinschaft erlebten Gottesdienste. Laßt die jungen Menschen in Haiti wissen, daß der Papst Vertrauen in sie hat, daß er um ihre Hochherzigkeit und ihren Wunsch nach einem gelungenen Leben weiß, daß Christus sie zu einem immer schöneren Leben bestimmt, wenn sie daran denken, daß er allein Träger der wahren Botschaft vom Glück ist und dem Leben seinen ganzen Sinn gibt. Ja, eure Jugendlichen sind für mich Grund zu Freude und Hoffnung. Ein Land, das sich entwickeln will, eine Kirche, die dynamischer sein will, müssen ihre Anstrengungen zuerst auf die Jugend konzentrieren. Eure Aufgabe ist es auch, die Bildung der erwachsenen Laien zu fördern, damit sie ihren christlichen Auftrag in der Welt und in der Kirche immer besser erfüllen können.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, zum Abschluß dieser Begegnung ist es mir ein Anliegen, nochmals meine geistliche Nähe zur Kirche in Haiti zum Ausdruck zu bringen, indem ich den Herrn bitte, ihr die Kraft für ihre Sendung zu geben. Es sei mir gestattet, auch die Arbeit der Ordensmänner, Ordensfrauen und freiwilligen Helfer zu würdigen, die sich häufig für die Ärmsten und Benachteiligten der Gesellschaft einsetzen und dabei zeigen, daß man im Kampf gegen die Armut auch gegen zahlreiche soziale Probleme kämpft, die mit der Armut zusammenhängen. Mögen sie bei ihrer Aufgabe von allen unterstützt werden! Einem jeden von euch sowie den Priestern, den Ordensleuten und allen gläubigen Laien eurer Diözesen erteile ich von ganzem Herzen meinen Apostolischen Segen.



AN HERRN CARLOS FEDERICO DE LA RIVA GUERRA, NEUER BOTSCHAFTER BOLIVIENS BEIM HL. STUHL

Freitag, 14. März 2008

Exzellenz!


1. Es ist für mich Anlaß zu besonderer Freude, Sie zu dieser Audienz zu empfangen, bei der Sie mir die Beglaubigungsschreiben überreichen, mit denen Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Während ich Sie herzlich willkommen heiße, möchte ich Ihnen für die aufmerksamen Worte danken, die Sie an mich gerichtet haben, und Ihnen fruchtbare Arbeit in der hohen Mission wünschen, die Ihnen übertragen worden ist. Desgleichen bitte ich Sie, allen Söhnen und Töchtern dieses geliebten Landes meine Nähe und meine Liebe und auch dem Herrn Präsidenten der Republik meinen ergebenen Gruß zu übermitteln.

2. Die tiefen christlichen Wurzeln Boliviens haben seine Völker gestützt, die Wechselfälle seiner Geschichte begleitet und das Gefühl gegenseitiger Achtung und Versöhnung gefördert, das in den schweren Zeiten, die diese Nation durchmachen mußte, dringend nötig ist. Besonders bedeutsam war in diesem Zusammenhang der massenhafte, warmherzige Empfang, den alle Bolivianer - aus den Städten und Dörfern, vom Hochland und von der Ostküste - meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. vor 20 Jahren während seines Besuchs in eurem Land bereitet haben und der die starke religiöse Prägung und den Geist der Gemeinschaft und Brüderlichkeit als Glaubensdemonstration eines ganzen Volkes offenkundig gemacht hat. An jenes Ereignis zu erinnern ist gerade zu einem Zeitpunkt wichtig, an dem eure Nation einen tiefgreifenden Umbruchprozeß erlebt, der schwierige und manchmal besorgniserregende Situationen hervorruft. Man kann in der Tat unmöglich gleichgültig bleiben, wenn die sozialen Spannungen zunehmen und sich ein Klima verbreitet, das für die Verständigung keineswegs förderlich ist. Ich glaube, wir teilen alle die Überzeugung, daß die mitunter angeheizten und mit Beifall bedachten gegensätzlichen Positionen den konstruktiven Dialog verhindern, der darauf abzielt, im Hinblick auf das Gemeinwohl wirtschaftlich angemessene und gerechte Lösungen besonders zugunsten all derer zu finden, die Schwierigkeiten haben, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Die Autoritäten, die die Geschicke des Volkes lenken, und ebenso die Verantwortlichen der politischen, sozialen und zivilen Organisationen brauchen die aus der Liebe zu den Menschen entspringende Besonnenheit und Weisheit, um in der gesamten Bevölkerung die notwendigen Voraussetzungen für den Dialog und die Verständigung zu fördern. Dieses lobenswerte Ziel wird Unterstützung erfahren, wenn alle Bolivianer von sich aus mit Offenheit und klugem Eifer, oft auch unter Entsagung und Opfern, ihr Bestes einbringen. Auf diese Weise trägt die ehrliche und selbstlose Zusammenarbeit von Personen und Institutionen zur Ausmerzung der Übel bei, die das edle bolivianische Volk plagen, das immer wieder auch von Naturkatastrophen heimgesucht wird, die wirksame Maßnahmen und Gefühle der Brüderlichkeit von allen verlangen, um gegen die schwerwiegenden Folgen solcher Katastrophen angehen zu können.

Das staatliche und gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Wiedererstehen erfordert immer selbstloses Engagement und großherzige Hingabe zugunsten eines Volkes, das materielle, moralische und geistliche Hilfe braucht. Die Erreichung des Friedens muß auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit sowie auch auf die wechselseitige Zusammenarbeit, Liebe und Versöhnung zwischen allen gegründet sein.

45 3. Die Kirche, die die Bedürfnisse und Hoffnungen des bolivianischen Volkes gut kennt, bietet die Verkündigung des Glaubens und ihre Erfahrung in Humanität an, um ihm zu helfen, geistig zu wachsen und zu seiner vollen menschlichen Verwirklichung zu gelangen. Getreu ihrer Sendung ist sie immer bereit, an der Befriedung und an der menschlichen und geistlichen Entwicklung des Landes dadurch mitzuwirken, daß sie ihre Lehre verkündet und ihre Meinung zu Fragen, die die Gesellschaftsordnung betreffen, auch öffentlich äußert. Zu diesem Zweck übernimmt sie - unter Anerkennung der spezifischen Zuständigkeiten des Staates - die ihr eigene verpflichtende Aufgabe, ihren Gläubigen eine Orientierung zu geben, indem sie ihnen und der ganzen Gesellschaft ans Herz legt, Rassenhaß, Vergeltung und Rache aufzugeben und schließlich, statt Haltungen zu vertreten, die zu Spaltungen führen, unter voller Respektierung der Verschiedenheiten den Weg der Solidarität und des gegenseitigen Vertrauens einzuschlagen.

Im Schlußdokument der V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida haben die Bischöfe die Zusammenarbeit mit den politischen und sozialen Instanzen als dringend erachtet, um neue Strukturen zu schaffen, die die soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung festigen, ein echtes menschliches Zusammenleben fördern, der Anmaßung gewisser Personen Einhalt gebieten und den ehrlichen und für die notwendigen sozialen Übereinkünfte konstruktiven brüderlichen Dialog erleichtern sollen (vgl. Nr. 384).

Dazu ist es notwendig, daß die Verteidigung und der Schutz der Menschenrechte, von ethischen Werten wie Gerechtigkeit und Streben nach Frieden, Ehrlichkeit und Transparenz sowie auch von wirklicher Solidarität entschlossen gestärkt werden, damit sich die ungerechten sozialen Mißverhältnisse bessern.

Deshalb ist die Lehre und Vermittlung des sittlich Guten, also dessen, was recht oder unrecht ist, ohne das sich keine Gesellschaft halten könnte, Aufgabe der Erziehung vom frühesten Kindesalter an. Bei dieser Aufgabe hat die Familie eine entscheidende Rolle, wobei sie auf die notwendigen Hilfen zählen können soll, um ihren Auftrag zu erfüllen und jene »wichtigste ›Agentur‹ des Friedens« zum Wohl aller zu sein (Botschaft zum Weltfriedenstag, 2008, 5).

4. Herr Botschafter, vor Beendigung dieser Begegnung möchte ich meine besten Wünsche für die gute Erfüllung Ihrer Mission wiederholen, damit sich die Bande des Dialogs zwischen Ihrem Land und dem Apostolischen Stuhl festigen.

Wir wünschen uns für Ihre Nation eine echte geistliche, materielle und zivile Wiedergeburt. Wir ersehnen von Herzen, daß in jedem Menschen das Bild seines Schöpfers und Herrn erstrahle und daß für jeden Sohn und jede Tochter des geliebten bolivianischen Landes die Liebe Jesu Christi die Quelle der Hoffnung sein möge. Ich bitte den Herrn, daß in Bolivien die Wahrheit siege, die den Respekt des anderen sucht, auch desjenigen, der nicht dieselben Ideen teilt, den Frieden, der sich mit der Gerechtigkeit verbrüdert und die Türen zur harmonischen und stabilen Entwicklung öffnet, die Besonnenheit, die sich darum bemüht, gerechte und vernünftige Lösungen für die Probleme zu finden, und die Eintracht, die die Wünsche und Vorstellungen bei der Überwindung der Widrigkeiten und bei der Erlangung des Gemeinwohls vereint.

Der mütterliche Schutz Unserer Lieben Frau von Copacabana (»Nuestra Señora de Copacabana«) begleite Eure Exzellenz, Ihre Familie, Ihre Mitarbeiter und alle geliebten Söhne und Töchter der edlen bolivianischen Nation!



AN HERRN MILTIADIS HISKAKIS, NEUER BOTSCHAFTER DER REPUBLIK GRIECHENLAND BEIM HL. STUHL

Samstag, 15. März 2008

Exzellenz!


Es ist mir eine Freude, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und die Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, die Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Griechenland beim Heiligen Stuhl akkreditieren. Ich danke Ihnen für die freundlichen Grüße, die Sie mir von Seiner Exzellenz Herrn Karolos Papoulias übermittelt haben, und ich bitte Sie, ihn sowie die Verantwortungsträger Ihres Landes und das griechische Volk meiner guten Wünsche und meines Gebets für ihr Wohlergehen und für den Frieden zu versichern.

In letzter Zeit wurden die Bande des guten Willens zwischen Griechenland und dem Heiligen Stuhl durch einige wichtige Begegnungen gefestigt. Im Anschluß an das Jubiläumsjahr 2000 besuchte mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. Ihr Land während seiner Pilgerreise auf den Spuren des hl. Paulus. Das führte zu gegenseitigen Besuchen der orthodoxen und der katholischen Delegationen in Rom und Athen. Im Jahr 2006 hatte ich die Freude, Ihren Präsidenten hier im Vatikan zu empfangen, und Seine Seligkeit Christodoulos, der vor kurzem verstorben ist und um den die Christen in Ihrem Land und in der ganzen Welt trauern, beehrte mich mit seinem Besuch. Ich bete zum Herrn, daß er diesem treuen Hirten Ruhe von seiner Mühsal gewähre und ihn für seinen unermüdlichen Einsatz zur Überwindung der Spaltung zwischen den Christen im Osten und im Westen segne. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch an den neuen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Seine Seligkeit Ieronymos, meinen aufrichtigen brüderlichen Gruß des Friedens richten, zusammen mit der Versicherung meines ständigen Gebets für einen fruchtbringenden Dienst und gute Gesundheit.

46 Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal meinen aufrichtigen Wunsch nach Zusammenarbeit auf unserem Weg zur Einheit der Christen zum Ausdruck bringen. In diesem Zusammenhang haben Sie, Exzellenz, die Zeichen der Hoffnung hervorgehoben, die aus den ökumenischen Begegnungen der letzten Jahrzehnte hervorgehen. Diese haben noch einmal das bekräftigt, was Katholiken und Orthodoxen bereits gemein ist, und darüber hinaus haben sie auch die Tore für eine Vertiefung der Gespräche über die genaue Bedeutung der Einheit der Kirche eröffnet. Zweifellos sind Aufrichtigkeit und Vertrauen von seiten aller Beteiligten notwendig, wenn die wichtigen Fragen, die dieser Dialog aufwirft, auch weiterhin in wirksamer Weise angegangen werden sollen. Der »neue Geist« der Freundschaft, der unsere Gespräche gekennzeichnet hat, macht uns Mut, und wir fordern alle Beteiligten zur Umkehr und zum Gebet ohne Unterlaß auf. Nur so kann gewährleistet werden, daß die Christen eines Tages die Einheit erlangen, für die Christus so inständig gebetet hat (vgl. Jn 17,21).

Das bevorstehende Jubiläumsjahr, das dem 2000. Jahrestag der Geburt des hl. Paulus gewidmet ist, wird ein besonders günstiger Anlaß zur Intensivierung unserer ökumenischen Bestrebungen sein, denn Paulus war ein Mann, der »sich vollkommen für die Einheit und Eintracht aller Christen aufgeopfert« hat (vgl. Predigt bei der Feier der Ersten Vesper vor dem Hochfest Peter und Paul, 28. Juni 2007; in O.R. dt., Nr. 27, vom 6.7.2007, S. 6). Dieser hervorragende »Apostel der Heiden« widmete seine Kräfte der Verkündigung der Weisheit des Kreuzes Christi unter dem griechischen Volk, das durch die hochentwickelte hellenistische Kultur geprägt war. Die Erinnerung an Paulus ist für immer in der griechischen Erde verwurzelt, und so wird Griechenland bei dieser Feier eine wichtige Rolle spielen. Ich bin zuversichtlich, daß die Pilger, die nach Griechenland kommen, um die heiligen Stätten zu verehren, die mit seinem Leben und seiner Lehre verbunden sind, im Geiste herzlicher Gastfreundschaft aufgenommen werden, für die Ihr Land berühmt ist.

Der lebendige Austausch zwischen der hellenistischen Kultur und dem Christentum erlaubte es, daß erstere durch die christliche Lehre verwandelt und letzteres durch die griechische Sprache und Philosophie bereichert wurde. So konnten die Christen das Evangelium konsequenter und überzeugender in der ganzen Welt verkünden. Auch heute noch können diejenigen, die Athen besuchen, über die Worte nachdenken, die Paulus den gebildeten Bürgern der »polis« verkündete und die heute an einem dem Areopag zugewandten Denkmal angebracht sind. Er sprach von dem einen Gott, in dem wir »leben, uns bewegen und sind« (vgl. Ac 17,16-34). Paulus’ machtvolle Verkündigung des Geheimnisses Christi an die Korinther, die ihr philosophisches Erbe hochschätzten (vgl. 1Co 2,5), öffnete ihre Kultur dem heilbringenden Einfluß des Wortes Gottes. Seine Worte sind noch heute in den Herzen der Männer und Frauen lebendig. Sie können unseren Zeitgenossen helfen, ihre Menschenwürde höher zu achten und so das Wohl der gesamten Menschheit zu fördern. Ich hoffe, daß das Paulus-Jahr zu einem Katalysator wird, der ein Nachdenken über die Geschichte Europas in Gang bringen und seine Einwohner dazu veranlassen wird, den unermeßlichen Schatz an Werten wiederzuentdecken, den sie von der unverkürzten Weisheit der hellenistischen Kultur und des Evangeliums geerbt haben.

Herr Botschafter, ich danke Ihnen für die Zusicherung der Entschlossenheit Ihrer Regierung, administrative Probleme in Angriff zu nehmen, die die katholische Kirche in Ihrer Nation betreffen. Darunter ist die Frage nach ihrem juridischen Status von besonderer Bedeutung. Auch wenn die Zahl der katholischen Gläubigen gering ist, so setzen diese doch ihre Hoffnung auf einen positiven Ausgang dieser Beratungen. Wenn nämlich die Religionsführer und die zivilen Obrigkeiten zusammenarbeiten, um eine gerechte Gesetzgebung für das Leben lokaler kirchlicher Gemeinschaften auszuarbeiten, dann verbessert dies das geistliche Wohlergehen der Gläubigen und das Wohl der ganzen Gesellschaft.

Auf internationaler Ebene möchte ich Griechenlands Einsatz zur Förderung des Friedens und der Versöhnung loben; dies betrifft besonders den Mittelmeerraum. Sein Einsatz zur Beseitigung von Spannungen und zur Auflösung der Nebel des Argwohns, die einem friedlichen Zusammenleben in dieser Region lange im Wege standen, werden dazu beitragen, den Geist des guten Willens zwischen einzelnen Menschen und Nationen wiederzuerwecken.

Abschließend, Herr Botschafter, muß ich noch einmal die Zerstörungen in Erinnerung rufen, welche durch die verheerenden Brände verursacht wurden, die im vergangenen Sommer in Griechenland wüteten. Ich gedenke auch weiterhin im Gebet all derer, die von dieser Katastrophe betroffen waren, und ich rufe Gottes Gnade und Kraft auf alle herab, die am Wiederaufbau beteiligt sind. Zur jetzigen Übernahme Ihrer Verantwortungen in der beim Heiligen Stuhl akkreditierten diplomatischen Gemeinschaft entbiete ich Ihnen meine guten Wünsche, verbunden mit meinem Gebet für den Erfolg Ihrer Sendung. Ich versichere Sie, daß die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie stets bereit sein werden, Sie bei Ihren Pflichten zu unterstützen. Von Herzen rufe ich auf Sie und auf das ganze geliebte Volk von Griechenland den reichen Segen des allmächtigen Gottes herab.



KREUZWEG AM KOLOSSEUM WORTE VON BENEDIKT XVI.

Palatin

Karfreitag, 21. März 2008


Liebe Brüder und Schwestern!

Auch in diesem Jahr haben wir wieder den Kreuzweg, die Via Crucis, zurückgelegt und dabei der Stationen der Passion Christi im Glauben gedacht. Unsere Augen haben wieder das Leiden und die Todesangst gesehen, die unser Erlöser in der Stunde des großen Schmerzes ertragen mußte, die den Höhepunkt seiner irdischen Sendung anzeigte. Jesus stirbt am Kreuz und ruht im Grab. Der Karfreitag, der so sehr von menschlicher Trauer und religiösem Schweigen erfüllt ist, endet in der Stille der Betrachtung und des Gebets. Wenn wir nach Hause gehen, wollen auch »wir uns an die Brust schlagen« wie diejenigen, die beim Opfertod Jesu zugegen waren, und über alles Vorgefallene nachdenken (vgl. Lc 23,48). Kann man etwa gleichgültig bleiben angesichts des Todes eines Gottes? Für uns, für unser Heil ist er Mensch geworden und am Kreuz gestorben.

Brüder und Schwestern, richten wir unsere Blicke, die oft von zerfahrenen und flüchtigen irdischen Interessen abgelenkt werden, heute auf Christus; halten wir inne, um uns in sein Kreuz zu versenken. Das Kreuz ist Quelle unsterblichen Lebens, es ist Schule der Gerechtigkeit und des Friedens, es ist universelles Erbe der Vergebung und des Erbarmens; es ist bleibender Beweis einer selbstlosen und unendlichen Liebe, die Gott dazu gedrängt hat, ein verwundbarer Mensch wie wir zu werden - bis zum Tod am Kreuz. Seine durchbohrten Arme öffnen sich für jeden Menschen und laden uns ein, uns ihm in der Gewißheit zu nähern, daß er uns aufnimmt und in einer Umarmung von unendlicher Zärtlichkeit an sich zieht: »Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen« (Jn 12,32), hatte er gesagt.

47 Durch den leidvollen Weg des Kreuzes sind die Menschen aller Zeiten, versöhnt und erlöst durch das Blut Christi, zu Freunden Gottes, zu Kindern des himmlischen Vaters geworden. »Freund!« nennt Jesus den Judas und richtet an ihn die letzte dramatische Aufforderung zur Umkehr; Freund nennt er jeden von uns, da er ein wahrer Freund aller ist. Leider sind die Menschen nicht immer dazu imstande, die Tiefe dieser grenzenlosen Liebe zu begreifen, die Gott für seine Geschöpfe hegt. Für ihn gibt es keinen Unterschied nach Rasse und Kultur. Jesus Christus ist gestorben, um die ganze Menschheit von der Unkenntnis Gottes, vom Kreis des Hasses und der Rache, von der Knechtschaft der Sünde zu befreien. Das Kreuz macht uns zu Geschwistern.

Wir fragen uns: Was aber haben wir mit dieser Gabe gemacht? Was haben wir mit der Offenbarung des Antlitzes Gottes in Christus, mit der Offenbarung der Liebe Gottes, die den Haß besiegt, gemacht? So viele auch in unserer Zeit kennen Gott nicht und können ihn nicht im gekreuzigten Christus finden; so viele sind auf der Suche nach einer Liebe und einer Freiheit, die Gott ausschließt; so viele glauben, Gott nicht zu brauchen. Liebe Freunde, nachdem wir miteinander das Leiden und Sterben Jesu erlebt haben, lassen wir heute Abend zu, daß sein Opfer am Kreuz uns anspricht; gestatten wir ihm, unsere menschlichen Gewißheiten in Frage zu stellen; öffnen wir ihm unser Herz: Jesus ist die Wahrheit, die uns frei macht zu lieben. Fürchten wir uns nicht! Durch sein Sterben hat der Herr die Sünder, also auch uns alle, gerettet. Der Apostel Petrus schreibt: Jesus »hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot seien für die Sünden und für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt« (
1P 2,24). Das ist die Wahrheit des Karfreitags: Am Kreuz hat uns der Erlöser die Würde zurückgegeben, die uns zukommt; er hat uns zu Adoptivkindern Gottes gemacht, der uns nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat. Verweilen wir daher in Anbetung vor dem Kreuz. O Christus, gekreuzigter König, schenk uns die wahre Kenntnis von dir, die Freude, nach der wir uns sehnen, die Liebe, die unser Herz, das nach dem Unendlichen dürstet, erfüllt. Darum bitten wir dich heute Abend, Jesus, Sohn Gottes, der du für uns am Kreuz gestorben und am dritten Tag auferstanden bist. Am


ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI. AN DIE TEILNEHMER DES GENERALKAPITELS DER

GESELLSCHAFT DER SALESIANER DES HL. JOHANNES BOSCO

Montag, 31. März 2008


Eminenz,
liebe Mitglieder des Generalkapitels
der Salesianischen Kongregation!

Ich freue mich, euch heute zu begegnen, während eure Kapitelarbeiten nunmehr auf ihre Schlußphase zugehen. Ich danke zunächst dem Großrektor, Don Pascual Chávez Villanueva, für die Empfindungen, die er in euer aller Namen zum Ausdruck gebracht und in denen er den Willen der Kongregation bekräftigt hat, stets mit der Kirche und für die Kirche zu wirken, in vollem Einklang mit dem Nachfolger Petri. Ich danke ihm auch für den großherzigen Dienst, den er in den letzten sechs Jahren getan hat, und entbiete ihm meine guten Wünsche für den Auftrag, der ihm jetzt erneuert wurde. Ich begrüße auch die Mitglieder des neuen Generalrats, die den Großrektor bei seiner Aufgabe der Animation und der Leitung eurer ganzen Kongregation unterstützen werden.

In der Botschaft, die ich zu Beginn eurer Arbeiten an den Großrektor und durch ihn an euch, die Kapitelväter, gerichtet habe, habe ich einige Erwartungen zum Ausdruck gebracht, die die Kirche in die Salesianer setzt. Außerdem habe ich euch einige Überlegungen zum Weg eurer Kongregation unterbreitet. Heute möchte ich einige dieser Anregungen noch einmal aufgreifen und vertiefen, auch im Licht der Arbeit, die ihr verrichtet. Euer 26. Generalkapitel findet in einer Zeit großer sozialer, wirtschaftlicher und politischer Veränderungen statt - in einer Zeit ausgeprägter ethischer, kultureller und umweltbezogener Probleme sowie ungelöster Konflikte zwischen Ethnien und Nationen. Andererseits gibt es in unserer Zeit eine verstärkte Kommunikation zwischen den Völkern, neue Möglichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen und für den Dialog und einen lebendigeren Austausch über die geistlichen Werte, die dem Dasein Sinn verleihen. Besonders die Anfragen, mit denen die jungen Menschen sich an uns wenden, vor allem ihre Fragen zu den grundlegenden Problemen, verweisen auf das tiefe Verlangen nach einem erfüllten Leben, nach wahrer Liebe und konstruktiver Freiheit, das sie hegen. Es sind Situationen, die die Kirche und ihre Fähigkeit, heute das Evangelium Christi mit seiner ganzen Kraft der Hoffnung zu verkünden, in aller Deutlichkeit auf den Plan rufen. Ich wünsche daher aufrichtig, daß die ganze Salesianische Kongregation auch dank der Ergebnisse eures Generalkapitels mit neuem Schwung und Eifer die Sendung leben kann, für die der Heilige Geist sie durch die mütterliche Fürsprache Mariens, Hilfe der Christen, in der Kirche erweckt hat. Ich möchte heute euch und alle Salesianer ermutigen, den Weg dieser Sendung fortzusetzen, in voller Treue zu eurem ursprünglichen Charisma und nunmehr im Kontext des bevorstehenden 200. Jahrestages der Geburt Don Boscos.

Mit dem Thema »Da mihi animas, cetera tolle« hat euer Generalkapitel es sich zum Ziel gesetzt, die apostolische Leidenschaft in jedem Salesianer und in der ganzen Kongregation zu beleben. Das wird dabei helfen, das Profil des Salesianers deutlicher zu machen, so daß er sich seiner Identität als »zur Ehre Gottes« geweihte Person immer stärker bewußt wird und er immer mehr entflammt ist vom pastoralen Elan »für das Heil der Seelen«. Don Bosco wollte die Weiterführung seines Charismas in der Kirche durch die Wahl des geweihten Lebens gewährleisten. Auch heute kann die Salesianische Bewegung nur dann in charismatischer Treue wachsen, wenn in ihrem Innern auch weiterhin ein starker und lebenskräftiger Kern geweihter Personen bestehen bleibt. Um die Identität der ganzen Kongregation zu stärken, ist daher eure vorrangige Aufgabe die Festigung der Berufung jedes Salesianers, in Fülle die Treue zu seinem Ruf zum geweihten Leben zu verwirklichen. Die ganze Kongregation muß danach streben, stets »lebendige Erinnerung an die Lebens- und Handlungsweise Jesu als fleischgewordenes Wort gegenüber dem Vater und gegenüber den Brüdern und Schwestern« (Vita consecrata VC 22) zu sein. Christus sei der Mittelpunkt eures Lebens! Es ist nötig, sich von ihm ergreifen zu lassen, und mit ihm muß man stets neu beginnen. Alles übrige erachte man als Verlust, »weil die Erkenntnis Christi Jesu … alles übertrifft«, und alles halte man »für Unrat, um Christus zu gewinnen« (Ph 3,8). Daraus entsteht die leidenschaftliche Liebe zu Jesus, dem Herrn, das Streben, sich in ihn hineinzudenken, indem man seine Gefühle und seine Lebensform annimmt, das vertrauensvolle Sich-Hinschenken an den Vater, die Hingabe an den Evangelisierungsauftrag, die jeden Salesianer kennzeichnen müssen: Er muß sich erwählt fühlen, dem gehorsamen, armen und keuschen Christus nachzufolgen, gemäß der Lehre und dem Vorbild Don Boscos.

Der fortschreitende Säkularisierungsprozeß in der gegenwärtigen Kultur macht leider auch nicht vor den Gemeinschaften des geweihten Lebens halt. Man muß daher wachsam sein gegenüber Lebensformen und Lebensstilen, die die Gefahr mit sich bringen, das Zeugnis des Evangeliums abzuschwächen, die pastorale Tätigkeit unfruchtbar und die Antwort auf die Berufung kraftlos zu machen. Ich bitte euch daher, euren Mitbrüdern zu helfen, die Treue zur Berufung zu wahren und neu zu beleben. Das Gebet, das Jesus vor seinem Leiden an den Vater richtete, in seinem Namen alle Jünger, die er ihm gegeben hat, zu bewahren, auf daß keiner von ihnen verlorengehe (vgl. Jn 17,11-12), gilt besonders für die Berufungen zu einer besonderen Weihe. »Das geistliche Leben muß also im Programm [eurer Kongregation] an erster Stelle stehen« (vgl. Vita consecrata VC 93). Das Wort Gottes und die Liturgie seien die Quellen der Salesianischen Spiritualität! Besonders die tägliche »lectio divina« jedes Salesianers und die jeden Tag in der Gemeinschaft gefeierte Eucharistie mögen ihr Nahrung und Stütze sein. Daraus entsteht die wahre Spiritualität der apostolischen Hingabe und der kirchlichen Gemeinschaft. Die Treue zum Evangelium, das »sine glossa« gelebt wird, und zu eurer Lebensregel - vor allem ein einfacher Lebensstil und die kohärent gemäß dem Evangelium gelebte Armut, die treue Liebe zur Kirche und eure großherzige Selbsthingabe an die jungen Menschen, besonders an die ärmsten und die am meisten benachteiligten - werden das Aufblühen eurer Kongregation gewährleisten.

Don Bosco ist das leuchtende Vorbild eines von apostolischer Leidenschaft geprägten und im Dienst der Kirche in der Salesianischen Kongregation und Familie gelebten Lebens. In der Schule des hl. Giuseppe Cafasso lernte euer Gründer, das Motto »Da mihi animas, cetera tolle« anzunehmen als Synthese eines an der Gestalt und der Spiritualität des hl. Franz von Sales ausgerichteten Modells der Pastoralarbeit. Der Horizont, in dem dieses Modell seinen Platz hat, ist der des absoluten Primats der Liebe Gottes, einer Liebe, der es gelingt, leidenschaftliche Persönlichkeiten zu formen, die das Verlangen haben, zur Sendung Christi beizutragen, um die ganze Welt mit dem Feuer seiner Liebe zu entflammen (vgl. Lc 12,49). Neben der leidenschaftlichen Liebe zu Gott ist ein weiteres Merkmal des Salesianischen Modells das Wissen um den unschätzbaren Wert der »Seelen«. Diese Wahrnehmung erzeugt als Kontrast dazu ein tiefes Bewußtsein der Sünde und ihrer verheerenden Folgen in der Zeit und in der Ewigkeit. Der Apostel ist berufen, am Erlösungswerk des Heilands mitzuarbeiten, damit niemand verlorengehe. »Die Seelen retten«, gerade entsprechend dem Wort des hl. Petrus, war also der einzige Daseinsgrund für Don Bosco. Der sel. Michele Rua, sein erster Nachfolger, faßte das ganze Leben eures geliebten Vaters und Gründers so zusammen: »Er machte keinen Schritt, sagte kein Wort, legte keine Hand an eine Unternehmung, die nicht das Heil der Jugend zum Ziel hatte … Ihm lag wirklich nichts anderes am Herzen als die Seelen.« So der sel. Michele Rua über Don Bosco.


ANSPRACHE 2008 Januar 2008 43