ANSPRACHE 2008 Januar 2008 89

AN DIE TEILNEHMER AM TREFFEN DES OBERSTEN RATES DER PÄPSTLICHEN MISSIONSWERKE

Samstag, 17. Mai 2008


Herr Kardinal,
verehrte Brüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

90 Es freut mich besonders, mit euch allen zusammentreffen, die ihr direkt in den Päpstlichen Missionswerken engagiert seid, den Einrichtungen im Dienst des Papstes und der Bischöfe der Ortskirchen, um den Missionsauftrag zur Evangelisierung der Völker bis an die Grenzen der Erde zu erfüllen. Herrn Kardinal Ivan Dias, Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, danke ich zuerst herzlich für die Worte, die er im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet hat. Ich schließe in meinen Gruß den Sekretär und alle Mitarbeiter des Dikasteriums für die Mission, Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen, Männer und Frauen im Laienstand, ein. Meine Lieben, dank eures intensiven Einsatzes wird die Aussage des Konzils, wonach »die ganze Kirche ihrem Wesen nach missionarisch ist«, zutreffende Wirklichkeit. Die Päpstlichen Missionswerke haben das Charisma, unter den Christen die Leidenschaft für das Reich Gottes zu fördern, das durch die Verkündigung des Evangeliums überall gefestigt werden soll. Entstanden aus diesem universalen Geist, waren sie ein wertvolles Instrument in den Händen meiner Vorgänger, die sie in den Rang päpstlicher Werke erhoben und den Bischöfen empfohlen haben, sie in ihren Diözesen einzurichten. Das Zweite Vatikanische Konzil hat ihnen mit Recht den ersten Platz in der missionarischen Zusammenarbeit zuerkannt, »da sie Mittel darstellen, die Katholiken von Kindheit an mit einer wahrhaft universalen und missionarischen Gesinnung zu erfüllen und zur tatkräftigen Sammlung von Hilfsmitteln zum Wohl aller Missionen gemäß den jeweiligen Bedürfnissen anzueifern« (Ad Gentes AGD 38). Das Konzil hat besonders das Wesen und die Sendung der Ortskirche durch die Anerkennung ihrer vollen missionarischen Würde und Verantwortung vertieft.

Die Mission ist eine Aufgabe und Pflicht aller Kirchen, die, um sie zu verwirklichen, wie kommunizierende Gefäße Personen und Ressourcen miteinander teilen. Jede Ortskirche ist das auserwählte Volk in der Völkerwelt, zusammengerufen in der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, um »die Machttaten dessen zu verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat« (Lumen gentium LG 10). Sie ist der Ort, wo sich der Geist mit der Fülle seiner Charismen zeigt und jedem Gläubigen die Berufung und die Verantwortung für die Mission schenkt. Ihr ist die Mission für die Gemeinschaft aufgetragen. Den Keimen der Entzweiung unter den Menschen, die, wie die tägliche Erfahrung zeigt, aufgrund der Sünde tief in die Menschheit eingegraben sind, setzt die Ortskirche die fruchtbare Kraft der Einheit des Leibes Christi entgegen.

Papst Johannes Paul II. konnte voll Freude sagen: »Es entstanden Ortskirchen mit eigenen Bischöfen, mit Klerus und Laienaposteln… Die Verbindung der Kirchen untereinander bringt einen lebhaften Austausch geistlicher und materieller Güter mit sich… Es zeigt sich insbesondere ein neues Bewußtsein: der Sendungsauftrag gilt für alle Christen, für alle Diözesen und Pfarreien, für die kirchlichen Institutionen und Vereinigungen« (Enzyklika Redemptoris missio RMi 2). Dank ihrer in diesen Jahrzehnten angestellten Überlegungen haben sich die Päpstlichen Missionswerke in den Rahmen der neuen Paradigmen für die Evangelisierung und des ekklesiologischen Modells der Gemeinschaft zwischen den Kirchen eingefügt. Sie sind natürlich päpstliche Werke, aber rechtlich sind sie auch bischöfliche Werke, da sie Werkzeuge in den Händen der Bischöfe sind, um den Missionsauftrag Christi zu erfüllen. »Die Päpstlichen Missionswerke sind nicht nur päpstliche Werke, sondern auch Werke des gesamten Episkopats und des ganzen Gottesvolkes « (Paul VI., Botschaft zum Weltmissionstag 1968). Sie sind das spezifische, vorrangige und wichtigste Werkzeug für die Erziehung zum universalen missionarischen Geist und für die zwischenkirchliche Gemeinschaft und Zusammenarbeit im Dienst der Verkündigung des Evangeliums (vgl. Statut, 18).

Auch in dieser Phase der Geschichte der Kirche, die sich ihrem Wesen nach als missionarisch definiert, sind das Charisma und die Arbeit der Päpstlichen Missionswerke nicht erschöpft und dürfen nicht nachlassen. Der Auftrag, die Menschheit zu evangelisieren, bleibt weiterhin dringend und notwendig. Die Mission ist eine verpflichtende Aufgabe, die man erfüllen muß: »Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde« (1Co 9,16). Der Apostel Paulus, dem die Kirche zum Gedenken an seine Geburt vor 2000 Jahren ein Jubiläumsjahr widmet, hat auf dem Weg nach Damaskus und dann im Laufe des späteren Dienstes verstanden und erfahren, daß Erlösung und Mission Akte der Liebe sind. Es ist die Liebe Christi, die ihn dazu treibt, das Römische Reich zu durchqueren, Verkünder, Apostel und Lehrer des Evangeliums zu sein (vgl. 2Tm 1,11) und allen alles zu werden, um auf jeden Fall einige zu retten (vgl. 1Co 9,22). »Wer das Evangelium verkündet, hat Anteil an der Liebe Christi, der uns geliebt und sich für uns hingegeben hat (vgl. Ep 5,2). Er ist sein Gesandter und bittet im Namen Christi: ›Laßt euch mit Gott versöhnen!‹ (vgl. 2Co 5,20)« (Kongregation für die Glaubenslehre, Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung, 11). Es ist die Liebe, die uns drängen muß, allen Menschen offen und mutig die Heilswahrheit zu verkünden (vgl. Gaudium et spes GS 28). Eine Liebe, die überallhin ausstrahlen und das Herz jedes Menschen erreichen soll. Die Menschen warten nämlich auf Christus.

Die Worte Jesu: «Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe» (Mt 28,19-20) stellen noch immer für die ganze Kirche und für jeden einzelnen Christgläubigen einen verpflichtenden Auftrag dar. Dieser apostolische Einsatz ist eine Pflicht und auch ein unverzichtbares Recht, Ausdruck der religiösen Freiheit, die entsprechende ethisch-soziale und ethisch-politische Dimensionen aufweist (vgl. Dignitatis humanae DH 6). Den Päpstlichen Missionswerken ist es aufgetragen, die »Missio ad gentes« zum Paradigma der gesamten pastoralen Tätigkeit zu machen. Ihnen und in besonderer Weise der Päpstlichen Missionsvereinigung obliegt die Aufgabe, «im christlichen Volk das Geheimnis der Kirche bzw. diesen tätigen christlichen Geist zu fördern und immer weiter zu verbreiten» (Paul VI., Graves et increscentes). Ich bin sicher, ihr werdet euch weiterhin mit eurem ganzen Enthusiasmus darum bemühen, damit eure Ortskirchen immer großzügiger ihren Teil der Verantwortung in der Weltmission übernehmen.

Allen erteile ich meinen Segen.

PASTORALBESUCH IN SAVONA UND GENUA


BESUCH DES KINDERKRANKENHAUSES "GIANNINA GASLINI" IN GENUA

Sonntag, 18. Mai 2008


Herr Bürgermeister,
Herr Sonderkommissar,
liebe Kinder,
liebe Brüder und Schwestern!

91 Nachdem ich zu Füßen der »Madonna della Guardia«, dem Heiligtum, das die Stadt von oben aus beherrscht, gebetet habe, findet meine erste Begegnung mit euch statt, an diesem Ort des Leidens und der Hoffnung, der vor genau siebzig Jahren, am 15. Mai 1938 eingeweiht worden ist. Fühlt euch umarmt, liebe Kinder, die ihr in diesem Krankenhaus, das als »ausgezeichnete Adresse« für die Kinderheilkunde im Dienste Genuas, Italiens und der gesamten Mittelmeerregion gilt, fürsorglich und liebevoll aufgenommen und versorgt werdet. Euer Sprecher hat mir eure herzlichen Gefühle zum Ausdruck gebracht, die ich von Herzen erwidere und auch mit einem besonderen Gedanken für eure Eltern begleite. Ein herzlicher Gruß an die Bürgermeisterin von Genua, Frau Marta Vincenzi, die mich im Namen der Stadt willkommen geheißen hat. Ich begrüße den Sonderkommissar des Instituts »Giannina Gaslini«, Prof. Vincenzo Lorenzelli, der den Zweck dieses Krankenhauses und die für die Zukunft geplanten Entwicklungen in Erinnerung gerufen hat.

Das »Gaslini«-Krankenhaus ist dem Herzen eines großzügigen Spenders, des Senators und Industriellen Gerolamo Gaslini, zu verdanken, der diese Einrichtung seiner schon im frühen Alter von zwölf Jahren verstorbenen Tochter gewidmet hat, und es ist Teil der Geschichte der Nächstenliebe, die Genua zu einer »Stadt der christlichen Nächstenliebe« macht. Auch heute veranlaßt der Glaube viele Menschen guten Willens zu Gesten der Liebe und der konkreten Hilfe für dieses Institut, das von den Genuesen zu Recht voller Stolz als wertvolles Erbe betrachtet wird. Ich danke allen und ermutige sie, weiterzumachen. Besonders freue ich mich über den neuen Gebäudekomplex, der einen großzügigen Spender gefunden hat und zu dem kürzlich der Grundstein gelegt worden ist. Auch das tatkräftige und herzliche Interesse der öffentlichen Verwaltung ist ein Zeichen der Anerkennung der sozialen Bedeutung, die das »Gaslini« für die Kinder der Stadt und darüber hinaus darstellt. Wenn eine gute Einrichtung für alle da ist, verdient sie - bei entsprechender Beachtung der Rollen und Zuständigkeiten - die Mitwirkung aller.

Ich wende mich nun an euch, liebe Ärzte, Forscher, Pflegepersonal und Mitarbeiter der Verwaltung; an euch, liebe Seelsorger, Ehrenamtliche und alle, die sich um den geistlichen Beistand der kleinen Gäste und ihrer Familien kümmern. Ich weiß, daß euer gemeinsamer Einsatz dafür sorgt, daß das »Gaslini« ein wirkliches »Heiligtum des Lebens« und ein »Heiligtum der Familie« wird, in dem sich die Professionalität der Mitarbeiter in jedem Bereich mit Liebe und Aufmerksamkeit gegenüber der Person verbindet. Die Entscheidung des Gründers, derzufolge der Präsident der Stiftung der jeweilige Erzbischof der Stadt Genua sein soll, bezeugt den Willen, daß die christliche Ausrichtung des Instituts stets beibehalten werden soll und daß alle sich stets auf die Werte des Evangeliums stützen sollen.

1931 hat Senator Gerolamo Gaslini, als er die Fundamente für die Einrichtung legte, öffentlich erklärt, daß »von dem Institut selbst stets das Wirken des Guten ausstrahlen sollte«. Das Gute durch die liebevolle Pflege der kleinen Kranken erstrahlen zu lassen, ist also das Ziel eures Krankenhauses. Während ich allen Mitarbeitern - in der Leitung, der Verwaltung und im Krankendienst - für die Professionalität und die Hingabe an ihren Dienst danke, bringe ich den Wunsch zum Ausdruck, daß sich dieses ausgezeichnete Kinderkrankenhaus in der Technologie, in der Pflege und in den Serviceleistungen weiterentwickelt, daß es aber auch immer mehr den Horizont im Hinblick auf jene positive Globalisierung erweitert, kraft derer die Ressourcen, Dienste und Bedürfnisse erkannt werden und ein heute so dringend notwendiges Netz der Solidarität geschaffen und verstärkt wird. All das möge geschehen, ohne es jemals an der Zuneigung fehlen zu lassen, die von den kleinen Patienten als wichtigste und unerläßliche Therapie wahrgenommen wird. So wird das Krankenhaus immer mehr zu einem Ort der Hoffnung werden.

Die Hoffnung nimmt hier im »Gaslini« das Antlitz der Behandlung von Patienten im Kindesalter an, für die man durch eine ständige Weiterbildung der Mitarbeiter im Krankendienst Sorge zu tragen sucht. Tatsächlich zeichnet sich euer Krankenhaus - als geschätztes Forschungs- und Pflegeinstitut mit wissenschaftlichem Charakter - dadurch aus, daß es monothematisch und polyfunktional ist und somit praktisch alle Fächer im Bereich der Pädiatrie abdeckt. Die Hoffnung, die hier geschaffen wird, stützt sich also auf ein gutes Fundament. Dennoch ist es, um der Zukunft wirksam zu begegnen, unerläßlich daß diese Hoffnung von einer höheren Vision des Lebens getragen wird, die dem Wissenschaftler, dem Arzt, den Fachleuten, den Assistenten und den Eltern erlaubt, ihre Fähigkeiten unter Einsatz aller ihrer Kräfte einzubringen, um im Bereich der Vorsorge und der Behandlung die besten Ergebnisse zu erzielen, die Wissenschaft und Technik heute anbieten können. Hier also scheint der Gedanke der schweigenden Gegenwart Gottes durch, die den Menschen auf nahezu unmerkliche Weise auf seinem langen Weg durch die Geschichte begleitet. Die wahre »verläßliche« Hoffnung ist Gott allein, der in Jesus Christus und in seinem Evangelium die dunkle Pforte der Zeit auf die Zukunft hin geöffnet hat. »Ich bin auferstanden und nun immer bei dir« - das sagt Jesus uns vor allem in den schwierigsten Momenten -, »meine Hand stützt dich. Wo immer du fallen magst, fällst du in meine Arme. Auch an der Pforte des Todes bin ich gegenwärtig«.

Hier im »Gaslini« werden Kinder behandelt. Wie sollte man da nicht an die Vorliebe Jesu für die Kinder denken? Er wollte sie um sich haben, er hat sie den Aposteln als nachzuahmendes Vorbild gezeigt in ihrem spontanen und uneigennützigen Glauben, in ihrer Unschuld. Mit harten Worten hat er sowohl davor gewarnt, auf sie herabzusehen als auch, sie zu verwirren. Er hatte Mitleid mit der Witwe von Naïn, einer Mutter, die ihren Sohn, ihren einzigen Sohn verloren hatte. Der heilige Evangelist Lukas schreibt, daß er sie beruhigt hat und zu ihr sagte: »Weine nicht!« (vgl.
Lc 7,14). Auch heute noch sagt Jesus denen, die Schmerzen haben, diese tröstenden Worte: »Weine nicht!« Er ist solidarisch mit jedem von uns und bittet uns, wenn wir seine Jünger sein wollen, seine Liebe zu allen, die sich in Schwierigkeiten befinden, zu bezeugen.

Ich wende mich schließlich an euch, liebe Kinder, um euch zu sagen, daß der Papst euch lieb hat. Neben euch sehe ich eure Familienangehörigen, die eure bangen und eure hoffnungsvollen Momente mit euch teilen. Seid alle gewiß: Gott läßt uns nie allein. Bleibt mit Ihm verbunden und verliert niemals eure Ruhe, nicht einmal in den besonders ungewissen und schwierigen Augenblicken. Ich versichere euch, daß ich eurer im Gebet gedenke und vertraue euch der seligen Jungfrau Maria an, die als Mutter aufgrund der Schmerzen ihres göttlichen Sohnes gelitten hat, doch jetzt mit Ihm in der Herrlichkeit lebt. Ein Danke nochmals an jeden von euch für diese Begegnung, die sich meinem Herzen für immer eingeprägt hat. Euch alle segne ich von Herzen.


BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN AUF DER PIAZZA MATTEOTTI IN GENUA

Sonntag, 18. Mai 2008


Liebe Jugendliche!

Leider verfolgt mich der Regen in diesen Tagen, doch nehmen wir ihn als ein Zeichen des Segens, der Fruchtbarkeit für die Erde, sowie als Symbol des Heiligen Geistes, der kommt und die Erde erneuert, auch die trockene Erde unserer Seelen. Ihr seid die Jugend von Genua! Ich freue mich, euch hier zu sehen! Ich umarme euch mit dem Herzen Christi! Ich danke den beiden Vertretern, die sich zu eurem »Sprachrohr« gemacht haben. Und ich danke euch allen für die ganze nicht nur äußere, sondern vor allem spirituelle Vorbereitungsarbeit: durch die eucharistische Anbetung und die Gebetsnacht seid ihr wirklich dem Heiligen Geist entgegengegangen, und in diesem Geist tretet ihr ein in das Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, das wir heute feiern. Danke, daß ihr diesen Weg zurückgelegt habt! Ich danke euch für die Begeisterung, die immer kennzeichnend für euer Herz sein soll - nicht nur in den jungen Jahren, die voller Erwartungen und Träume sind, sondern immer, auch wenn die Jahre der Jugend vorüber sind und ihr dazu aufgerufen sein werdet, neue Lebensabschnitte zu durchleben. Doch im Herzen müssen wir alle jung bleiben! Es ist schön, jung zu sein, und heute wollen alle jung sein, jung bleiben und sich als Jugendliche ausgeben, auch wenn die Zeit der Jugend vorbei ist, sichtbar vorbei ist. Und ich frage mich - ich habe darüber nachgedacht -, warum ist es schön, jung zu sein? Woher stammt der Wunsch nach ewiger Jugend? Mir scheint, es gibt hier zwei entscheidende Elemente. Die Jugend hat noch die ganze Zukunft vor sich, alles ist Zukunft, Zeit der Hoffnung. Die Zukunft ist voller Verheißungen. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, daß sich vielen die Zukunft auch dunkel darstellt, voller Bedrohungen. Man weiß es nicht: Werde ich einen Arbeitsplatz finden? Werde ich eine Wohnung finden? Werde ich die Liebe finden? Wie wird meine wahre Zukunft sein? Und angesichts dieser Bedrohungen kann die Zukunft auch wie eine große Leere erscheinen. Daher wollen heute nicht wenige aus Angst vor einer leeren Zukunft die Zeit anhalten. Sie wollen sofort alles Schöne im Leben konsumieren. Und so ist das Öl in der Lampe verbraucht, wenn das Leben eigentlich erst beginnen sollte. Sich für Gott entscheiden, der sich in Christus offenbart hat Daher ist es wichtig, die wahren Verheißungen zu wählen, die - oft nicht ohne Verzicht - auf die Zukunft hin öffnen. Wer sich für Gott entschieden hat, der hat auch im Alter noch eine nie endende Zukunft ohne Bedrohungen vor sich. Es ist also wichtig, sich richtig zu entscheiden, die Zukunft nicht zu zerstören. Und die erste fundamentale Entscheidung muß Gott sein, Gott, der sich im Sohn Jesus Christus offenbart hat, und im Licht dieser Entscheidung, die uns gleichzeitig eine Begleitung auf unserem Weg anbietet, eine zuverlässige Begleitung, die mich niemals im Stich läßt, im Licht dieser Entscheidung finden sich die Kriterien für die anderen Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Jung zu sein bedeutet gut und großherzig zu sein. Und wieder ist die Güte in Person Jesus Christus. Jener Jesus, den ihr kennt und den euer Herz sucht. Er ist der Freund, der euch niemals verrät, treu bis zur Hingabe seines Lebens am Kreuz. Ergebt euch seiner Liebe! Wie auf den T-Shirts, die ihr zu diesem Treffen vorbereitet habt, zu lesen ist: »Löst euch los« in der Gegenwart Christi, denn nur er kann euch von euren Ängsten und Besorgnissen lösen und eure Erwartungen erfüllen. Er hat das Leben für uns hingegeben, für jeden von uns. Könnte er jemals euer Vertrauen verraten? Könnte er euch auf falsche Wege führen? Seine Wege sind die Wege des Lebens, die zu den Weideplätzen der Seele führen, auch wenn sie in die Höhe führen und abenteuerlich sind. Es handelt sich um das geistige Leben, liebe Freunde, das zu pflegen ich euch auffordere. Jesus hat gesagt: »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen« (Jn 15,5). Jesus verwendet keine Umschreibungen, er redet klar und deutlich. Alle verstehen ihn und treffen eine Entscheidung. Das Leben der Seele ist Begegnung mit ihm, dem konkreten Antlitz Gottes; es ist schweigendes und beharrliches Gebet, sakramentales Leben, meditiertes Evangelium, spirituelle Begleitung, von Herzen kommende Zugehörigkeit zur Kirche, zu euren kirchlichen Gemeinschaften.

Doch wie kann man lieben, eine Freundschaft zu jemandem aufbauen, den man nicht kennt? Das Kennenlernen drängt zur Liebe, und die Liebe regt zum Kennenlernen an. So ist es auch mit Christus. Um die Liebe zu Christus zu finden, um ihn wirklich als Gefährten unseres Lebens zu finden, müssen wir ihn vor allem kennenlernen. Wie jene beiden Jünger ihn genauer kennenlernen wollen, die ihm nach den Worten des Täufers folgen und schüchtern sagen: »Rabbi, wo wohnst du?« Jesus selbst unterscheidet in einem Gespräch mit den Jüngern: »Für wen halten mich die Menschen?«, wobei er sich auf diejenigen bezieht, die ihn von weitem, sozusagen »aus zweiter Hand« kennen, und »Ihr aber, für wen haltet ihr mich?«, wobei er sich auf diejenigen bezieht, die ihn »aus erster Hand« kennen, da sie mit ihm gelebt haben und wirklich bis in sein innerstes Leben vorgedrungen sind, so weit, daß sie sogar Zeugen seines Gebets, seines Dialogs mit dem Vater waren. So ist es auch für uns wichtig, daß wir uns nicht einfach auf die Oberflächlichkeit der vielen Menschen beschränken, die etwas von ihm gehört haben - daß er eine wichtige Persönlichkeit war usw. -, sondern in eine persönliche Beziehung eintreten, um ihn wirklich kennenzulernen. Und das erfordert die Kenntnis der Schrift, vor allem der Evangelien, wo der Herr mit uns spricht. Worte des ewigen Lebens, lebendige Worte für heute Diese Worte sind nicht immer einfach, doch wenn man in sie eindringt, den Dialog beginnt, an die Tür der Worte klopft und zum Herrn sagt »Öffne mir«, dann finden wir wirklich Worte des ewigen Lebens, lebendige Worte für heute, aktuell wie sie es in jenem Moment waren und auch in Zukunft sein werden. Dieses Gespräch mit dem Herrn in der Schrift muß immer auch nicht nur ein individuelles Gespräch sein, sondern ein gemeinschaftliches, in der großen Gemeinschaft der Kirche, wo Christus immer gegenwärtig ist, in der Gemeinschaft der Liturgie, in der tiefsten Begegnung mit der heiligen Eucharistie und dem Sakrament der Versöhnung, wo der Herr mir sagt »Ich vergebe dir«. Ein ganz wichtiger Weg ist auch, den armen Bedürftigen zu helfen, Zeit für den anderen zu haben. Es gibt so viele Dimensionen, um Jesus kennenzulernen. Natürlich auch das Leben der Heiligen. Ihr habt so viele Heilige hier in Ligurien, hier in Genua, die uns helfen, das wahre Antlitz Jesu zu finden. Nur so, indem wir Jesus persönlich kennenlernen, können wir diese unsere Freundschaft auch den anderen mitteilen. Wir können die Gleichgültigkeit überwinden. Denn auch wenn diese unbesiegbar erscheint - tatsächlich scheint es manchmal, als brauche die Gleichgültigkeit Gott nicht -, so wissen doch in Wirklichkeit alle, daß in ihrem Leben etwas fehlt. Erst nachdem sie Jesus entdeckt haben, wird ihnen klar: »Das war es, worauf ich gewartet habe.« Und wir können, je enger wir wirklich mit Jesus befreundet sind, desto besser auch den anderen das Herz öffnen, damit auch sie wirklich jung werden, da sie dann eine große Zukunft vor sich haben.

92 Zum Ende unserer Begegnung werde ich die Freude haben, einigen von euch das Evangelium als Zeichen eines missionarischen Auftrags zu überreichen. Geht, liebe Jugendliche, in alle Bereiche des Lebens, in eure Gemeinden, in die schwierigsten Stadtviertel, auf die Straßen! Verkündet Christus, den Herrn, die Hoffnung der Welt! Je mehr sich der Mensch von Gott, seiner Quelle, entfernt, desto mehr verliert er sich selbst, das menschliche Zusammenleben wird schwierig, und die Gesellschaft löst sich auf. Bleibt untereinander vereint, helft einander, zu leben und im Glauben und im christlichen Leben zu wachsen, damit ihr mutige Zeugen des Herrn sein könnt! Bleibt vereint, aber zieht euch nicht zurück! Seid demütig, aber nicht ängstlich! Seid gutgläubig, aber nicht naiv! Seid nachdenklich, aber nicht kompliziert! Sucht mit allen das Gespräch, aber seid ihr selbst! Bleibt in der Gemeinschaft mit euren Hirten: sie sind Diener des Evangeliums, der göttlichen Eucharistie, der göttlichen Vergebung. Sie sind für euch Väter und Freunde, Gefährten eures Weges. Ihr braucht sie, und sie - wir alle - brauchen euch.

Jeder von euch, liebe Jugendliche, kann, wenn er mit Christus und der Kirche vereint bleibt, Großes vollbringen. Das ist der Wunsch, den ich euch wie einen Auftrag übergebe. Ich sage allen unter euch, die sich zur Teilnahme am internationalen Treffen im Juli eingeschrieben haben, »Auf Wiedersehen in Sydney« und schließe alle ein, denn jeder wird das Ereignis auch von hier aus verfolgen können. Ich weiß, daß die Diözesen in diesen Tagen eigens Momente der Gemeinschaft organisieren werden, damit die Jugendlichen der ganzen Welt wirklich ein neues Pfingsten erleben können. Ich vertraue euch der Jungfrau Maria an, einem Vorbild der Bereitschaft und des demütigen Muts, wenn es darum geht, den Auftrag des Herrn anzunehmen. Lernt von ihr, aus eurem Leben ein »Ja« zu Gott zu machen! So wird Jesus kommen, um in euch zu wohnen, und ihr werdet ihn voller Freude zu allen bringen. Mit meinem Segen!


BEGEGNUNG MIT DEM DOMKAPITEL UND DEN PERSONEN GEWEIHTEN LEBENS IN DER KATHEDRALE "SAN LORENZO" IN GENUA

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

Sonntag, 18. Mai 2008


Meine Herren Kardinäle,
liebe Mitglieder des Domkapitels,
liebe Ordensmänner und Ordensfrauen!

Bei dieser kurzen, aber intensiven Pastoralvisite in Genua durfte ein Besuch in eurer berühmten Kathedrale nicht fehlen. Sie ist dem hl. Laurentius geweiht und bewahrt die Reliquien des Vorläufers Jesu, des hl. Johannes des Täufers. Ich freue mich, den Kanonikern des Metropolitankapitels sowie den in der Erzdiözese lebenden und wirkenden Ordensmännern und Ordensfrauen zu begegnen. Dieses Gotteshaus, das von vielen kleinen Gassen umgeben ist, scheint der Punkt zu sein, an dem alle Wege zusammenlaufen und ankommen, so als wollten die Menschen aus dem Schatten der engen Wege heraustreten in das Licht ihrer Kathedrale, in das Licht Gottes, das alle aufnimmt, umfaßt, erleuchtet und erquickt. Jedem von euch gilt mein herzlicher Gruß. Einen besonderen Gruß richte ich an Msgr. Mario Grone, den Dekan des Domkapitels, sowie an Pater Domenico Rossi, den Diözesanreferenten für das geweihte Leben, die eure ehrerbietigen Empfindungen zum Ausdruck gebracht haben.

In den vergangenen Jahrhunderten hat die Kirche in Genua eine reiche Tradition der Heiligkeit und des großherzigen Dienstes an den Brüdern erlebt, dank des Wirkens eifriger Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen des aktiven und des kontemplativen Lebens. Die Namen mehrerer Heiliger und Seliger kehren hier ins Gedächtnis zurück: Antonio Maria Gianelli, Agostino Roscelli, Tommaso Reggio, Francesco Maria da Camporosso, Caterina Fieschi Adorno, Virginia Centurione Bracelli, Paola Frassinetti, Eugenia Ravasco, Maria Repetto, Benedetta Cambiagio Frassinello. Aber auch jetzt ist trotz der Schwierigkeiten, die die Gesellschaft gegenwärtig erlebt, in euren Gemeinschaften der Evangelisierungseifer stark. Insbesondere hat der allgemeine Wunsch zugenommen, Beziehungen zu knüpfen, die das brüderliche Einvernehmen stärken für die gemeinsame Missionstätigkeit, die in der ganzen Erzdiözese gefördert wird. Gemäß den Leitlinien der Italienischen Bischofskonferenz wollt ihr ohne Unterlaß missionarisch tätig sein, als Zeugnis für die Freude des Evangeliums und als ausdrückliche Einladung an alle, Jesus Christus zu begegnen. Ich bin hier bei euch, liebe Freunde, um euch zu ermutigen, in dieser Richtung weiterzugehen.

Insbesondere möchte ich euch den Apostel Paulus zum Vorbild geben. Wir bereiten uns zur Zeit auf die Feier eines besonderen Jubiläums anläßlich des 2000. Jahrestages seiner Geburt vor. Nachdem er sich auf der Straße nach Damaskus zu Christus bekehrt hatte, widmete er sich ganz der Verkündigung des Evangeliums. Für Christus nahm er Prüfungen jeglicher Art auf sich, und ihm blieb er treu bis zur Hingabe seines Lebens. Bereits am Ende seines irdischen Pilgerweges angekommen, schrieb er an seinen treuen Schüler Timotheus: »Ich werde nunmehr geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten« (2Tm 4,6-7). Jeder von euch, liebe Brüder und Schwestern, möge in der Lage sein, am letzten Tag seines Lebens dasselbe zu sagen. Das ist es, was der Herr von seinen Freunden erwartet, und damit es so geschieht, müssen wir durch unablässige geistliche, asketische und pastorale Weiterbildung denselben missionarischen Geist pflegen, der den hl. Paulus beseelt hat. Vor allem müssen wir »Spezialisten« im Hören auf Gott werden und glaubwürdige Vorbilder einer Heiligkeit, die umgesetzt wird durch die Treue zum Evangelium ohne Nachgiebigkeit gegenüber dem Geist der Welt. Kardinal Giuseppe Siri, der mehrere Jahrzehnte lang eifriger Hirte dieser Erzdiözese war und jetzt hier in eurer Kathedrale bestattet liegt, schrieb: »Beim Ordensleben geht alles um Gott und ist alles auf Gott hin ausgerichtet. So wird es zu einem Zeugnis für Gott und zu einem Ruf Gottes« (Schreiben an alle Ordensfrauen des kontemplativen und des aktiven Lebens in der Diözese Genua zum Kongreß über den »Gottesdienst zu Ehren des Herrn«, 15. August 1953).

Wenn ihr, liebe Mitglieder des Domkapitels, Sorge tragt für die liturgischen Handlungen, die hier stattfinden, dann denkt daran, daß alles in uns aus dem persönlichen und dem liturgischen Gebet Kraft schöpft. Wiederum Kardinal Siri hebt hervor, daß »die ehrwürdigste und heiligste Handlung, die in einer Diözese stattfindet, die Handlung, die alle Wertschätzung und Achtung, alle Ehre und Auszeichnung verdient, das feierliche Stundengebet ist, also das, was ihr tut … Die ganze Diözese und in gewissem Sinne die ganze Kirche betet durch euren Mund. Die Diözesanfamilie der Gläubigen erfüllt vor allem durch dieses euer Gebet ihre Pflicht gegenüber Gott« (Auf dem Weg zum Kongreß über den »Gottesdienst zu Ehren des Herrn«. Hirtenbrief an die Kanoniker, 24. Januar 1953).

Ich danke euch, liebe Brüder und Schwestern, und insbesondere euch, den Personen des geweihten Lebens, für eure Anwesenheit - eine alte und stets neue Anwesenheit, trotz des Rückgangs der Zahlen und der Kräfte. Aber habt Vertrauen: Unsere Zeiten sind nicht die Zeiten Gottes und seiner Vorsehung. Es ist notwendig, zu beten und in der persönlichen und gemeinschaftlichen Heiligkeit zu wachsen. Der Herr sorgt für uns. Ich bitte euch, niemals zu glauben, daß ihr dem »Untergang « des Lebens nahe seid: Christus ist der ewige Morgenglanz, unser Licht. Ich bitte euch, euer Werk fortzusetzen, vor allem aber stets präsent zu sein: Das Schwinden eurer Gemeinschaften läßt euch, aber auch Genua verarmen. Die Armen, die Kranken, die Familien, die Kinder, unsere Pfarreien: Alles ist kostbarer Boden für den Dienst und die Hingabe, um die Kirche aufzubauen und den Menschen zu dienen. Ich lege euch vor allem die Erziehung der Kinder und Jugendlichen ans Herz: Ihr wißt, daß die erzieherische Herausforderung die dringlichste von allen ist, denn ohne eine wahre Erziehung des Menschen kommt man nicht weit. Und ihr alle habt, wenn auch in unterschiedlicher Weise, in eurer Geschichte eine Erziehungserfahrung. Wir müssen den Eltern bei ihrer außerordentlichen und schwierigen Erziehungsaufgabe helfen; wir müssen den Pfarreien und den Gruppen helfen; wir müssen auch unter großen Opfern die katholischen Schulen erhalten, die ein großer Schatz der christlichen Gemeinschaft und ein wirklicher Reichtum für das Land sind.

93 Liebe Kanoniker und liebe Ordensmänner und Ordensfrauen, in der langen geistlichen Tradition von Genua gibt es sechs Päpste, unter denen ich vor allem an Benedikt XV. seligen Angedenkens, den Friedenspapst, erinnern möchte. Er schrieb in der Enzyklika Humani generis redemptionem: »Das Mittel, das dem Menschenwort Macht und wunderbare Segenskraft zum Seelenheil verleiht, ist die Gnade Gottes«. Wir sollten nie vergessen, daß das, was uns alle vereint, unsere Berufung ist, gemeinsam die Freude Christi und die Schönheit der Kirche zu verkünden. Diese Freude und diese Schönheit, die vom Heiligen Geist herkommen, sind Gabe und Zeichen der Anwesenheit Gottes in unseren Seelen. Um Zeugen und Überbringer der Heilsbotschaft zu sein, können wir nicht nur auf unsere menschlichen Kräfte zählen. Die Treue Gottes ist es, die unsere Treue zu ihm weckt und sie seiner Treue angleicht: Lassen wir uns daher vom Geist der Wahrheit und der Liebe leiten. Diese Einladung richte ich an jeden von euch und bekräftige sie durch ein besonderes Gebetsgedenken. Ich vertraue euch alle Unserer Lieben Frau von der Wacht, dem hl. Laurentius, dem hl. Johannes dem Täufer und euren Schutzheiligen an. Mit diesen Empfindungen segne ich euch von Herzen.


ANSPRACH VON BENEDIKT XVI. AN DIE BISCHÖFE AUS ALBANIEN ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Freitag, 23. Mai 2008



Verehrte und liebe Brüder!

Mit großer Freude empfange ich euch alle anläßlich eurer Pilgerfahrt »ad limina Apostolorum«. Dies ist eine gute Gelegenheit für den Nachfolger Petri, die apostolischen Sorgen mit euch zu teilen, mit denen ihr im geliebten Albanien konfrontiert seid. Ich begrüße euch herzlich und danke euch, daß ihr euer Herz so spontan geöffnet habt, um den Papst über die komplexe Wirklichkeit der Kirche in Albanien, mit ihren Schwierigkeiten und Hoffnungen, in Kenntnis zu setzen. Besonders dankbar bin ich für die Worte, mit denen der Präsident der Bischofskonferenz die Gedanken von euch allen zusammengefaßt und mir eure Gefühle zum Ausdruck gebracht hat. Danke, meine lieben Mitbrüder im Bischofsamt! Seid willkommen!

Alle sind sich des traurigen Erbes bewußt, das ein vormals diktatorisches Regime, das den Atheismus zur Staatsideologie erklärt hatte, in Albanien hinterlassen hat. Es ist einsichtig, daß ein so antidemokratischer Entwurf der Beziehungen zwischen den Bürgern euch schon auf menschlicher Ebene vor eine nicht leichte Aufgabe gestellt hat: die Aufgabe, wieder eine gemeinsame Grundlage zu entdecken, auf die sich das soziale Gebäude von neuem stützen kann. Doch ihr, die Nachfolger der Apostel, seid vor allem dazu aufgerufen, ein anderes Erbe zu bezeugen, das besonders heilsam und konstruktiv ist: das Erbe der Heilsbotschaft, die Christus in die Welt gebracht hat. In diesem Sinne hat die Kirche, nach der dunklen Nacht der kommunistischen Diktatur, die nicht in der Lage war, das albanische Volk in seinen alten Traditionen zu verstehen, auf providentielle Weise wieder entstehen können - auch dank der apostolischen Kraft meines verehrten Vorgängers, des Dieners Gottes Johannes Paul II., der euch 1993 besucht und die katholische Hierarchie zum Wohl der Gläubigen und zum Nutzen der albanischen Bevölkerung wieder eingerichtet hat.

Eine der ersten Handlungen dieses großen Papstes war die Anerkennung der Helden des Glaubens: ich erinnere hier vor allem an das wunderbare Zeugnis Kardinal Koliqis, der führenden Gestalt einer großen Schar von Märtyrern. Die Wiederherstellung der katholischen Hierarchie war die gebührende Würdigung jener engen Einheit, die euer Volk mit Christus verbindet, und sie hat dazu beigetragen, neuen Kräften des katholischen Glaubens in Albanien Raum zu schaffen. Ihr seid die Bewahrer dieser Verbundenheit, und es kommt euch vor allem die Aufgabe zu, in euren Taten und in Initiativen diese Einheit zu fördern, die das grundlegende und lebensstiftende Geheimnis des einen Leibes Christi, in Gemeinschaft mit dem Amt des Nachfolgers Petri zeigen soll. In dieser Perspektive kann man nicht umhin zu sehen, von welch grundlegender Bedeutung das gemeinsame Empfinden und die geteilte Mitverantwortung der Bischöfe gerade im Hinblick auf das Ziel ist, auf wirkungsvolle Weise die Probleme und Schwierigkeiten der Kirche in Albanien anzugehen. Wie könnte man sich einen diözesanen Weg vorstellen, der die Ansichten der anderen Bischöfe nicht berücksichtigen würde, deren Zustimmung erforderlich ist, um auf angemessene Weise auf die Erwartungen des einen Volkes zu antworten, an das die Kirche sich wendet?

Das herzliche und brüderliche Einvernehmen unter den Hirten kann dem geliebten albanischen Volk sowohl auf sozialer als auch auf ökumenischer und interreligiöser Ebene nur von großem Nutzen sein. Seid also, meine verehrten Mitbrüder, eins in Christus, wenn ihr das Evangelium verkündet und die göttlichen Geheimnisse feiert; zeigt die Gemeinschaft mit der Weltkirche, in umfassender und echter bischöflicher Brüderlichkeit. Es wäre undenkbar, daß ein Hirte sich in der Auseinandersetzung mit konkreten Situationen nicht darum sorgen würde, sein eigenes Tun mit dem seiner Mitbrüder im Bischofsamt abzustimmen. Es bestehen spezifische Probleme, die auf nebensächliche Fragen zurückgeführt werden können und die unter Mithilfe aller mit Liebe und pastoraler Geduld gelöst werden müssen. Ich fordere alle zu evangeliumsgemäßer Klugheit in einer Haltung wirklicher Liebe auf, und ich erinnere daran, daß die kirchlichen Gesetze eine Hilfe sind, um die Gemeinschaft in Christus und das übergeordnete Wohl der einen Herde des Erlösers auf geordnete Weise zu fördern. Das betrifft auch die Arbeit im Bereich der Evangelisierung und Katechese, und das kommt auch beim Einsatz im sozialen Bereich zum Ausdruck. Ich denke vor allem an das Gesundheitswesen, an die Erziehung, an das Bemühen, die Herzen zu versöhnen, und an alles, was die positive Zusammenarbeit der verschiedenen Teile der Gesellschaft und der verschiedenen religiösen Traditionen unterstützt.

Das Phänomen der Emigration innerhalb wie auch außerhalb des Landes, stellt euch vor schwere pastorale Probleme, und euer Herz als Bischöfe wird nicht nur hinsichtlich der Gläubigen, die auf eurem Gebiet wohnen, angesprochen, sondern auch hinsichtlich der Gläubigen in der Diaspora. Das stellt eine Herausforderung an eure Fähigkeit dar, mit euren Mitbrüdern in anderen Ländern zu sprechen, um dringend notwendige pastorale Hilfe anzubieten. Ich weiß um die Schwierigkeit, die der Mangel an Priestern darstellt. Ich kenne auch die Großherzigkeit nicht weniger euerer Priester, die unter unsicheren Umständen arbeiten und sich bemühen, den katholischen Gläubigen albanischer Herkunft in fremden Ländern den nötigen Dienst zu erweisen. Es gereicht euch zur Ehre, liebe Mitbrüder, daß ihr euch entsprechend dem Herzen Christi um die geistliche Situation eurer Bevölkerung auch außerhalb der Grenzen eurer Heimat besorgt zeigt. Und es gereicht auch den Priestern zur Ehre, die großherzig eure pastoralen Sorgen teilen.

Es gibt zahlreiche Probleme praktischer Art, für die auch der wirksame Beitrag der zivilen Einrichtungen erforderlich ist, durch Vorschläge, die nicht nur auf die Sorgen politischer Art eine Antwort geben, sondern die auch die konkrete gesellschaftliche Situation berücksichtigen. Vom katholischen Standpunkt aus sollte sowohl in der Heimat als auch im Kontext der Emigration ein Interesse gezeigt werden, das unter Wahrung der besonderen Identität eurer Bevölkerung, die Integration in den sozialen Kontext der Ankunftsländer nicht vernachlässigt. In dieser Hinsicht ist es notwendig, vor allem bei den Priestern, die zum Hirtendienst für die Emigranten bestimmt sind, eine besondere Sensibilität für die Zugehörigkeit aller zum einen Leib Christi zu pflegen, der in jedem Teil der Erde gleich ist. Das zu sagen, verehrte Brüder, bedeutet die anhaltende Notwendigkeit einer steten Sorge zugunsten derer zu bekräftigen, die der Herr in seine Nachfolge beruft. Die Sorge um die Förderung der Berufungen sei also immer eine Sorge, welche die erste Stelle eurer Prioritäten einnimmt: davon hängt die Zukunft der Kirche in Albanien ab.

Ich möchte schließlich meine Glückwünsche für die Vereinbarungen zum Ausdruck bringen, die kürzlich mit den Behörden der Republik unterzeichnet worden sind: Ich vertraue darauf, daß diese Maßnahmen, angesichts der positiven Rolle, welche die Kirche in der Gesellschaft spielt, dem geistigen Neuaufbau des Landes nutzen. Meinerseits ermutige ich euch, in eurem Amt weiterhin die Projekte zu verwirklichen, die ihr gemeinsam vereinbart habt. Während ich euch der himmlischen Fürsprache Marias, der Mutter vom Guten Rat, anvertraue, erteile ich euch, den Priestern, den Ordensleuten und allen Gläubigen, die eurer pastoralen Sorge anvertraut sind, meinen besonderen Apostolischen Segen.

AN DIE TEILNEHMER EINES VOM PÄPSTLICHEN RAT FÜR DIE SOZIALEN KOMMUNIKATIONSMITTEL VERANSTALTETEN KONGRESSES

Freitag, 23. Mai 2008




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