ANSPRACHE 2009 90

BESUCH DER MOSES-GEDÄCHTNISKIRCHE

Berg Nebo - Samstag, 9. Mai 2009

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Pater Generalminister!
Pater Kustos!
Liebe Freunde!

An diesem heiligen Ort, der durch das Andenken an Mose geweiht ist, grüße ich Sie alle herzlich in unserem Herrn Jesus Christus. Ich danke dem Generalminister der Minderbrüder, Pater José Rodríguez Carballo, für seinen liebenswürdigen Willkommensgruß. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch persönlich und im Namen der ganzen Kirche den Brüdern der Kustodie für ihre jahrhundertelange Präsenz im diesen Ländern, für ihre freudige Treue zum Charisma des heiligen Franziskus und für ihr großzügiges Bemühen um das geistliche und materielle Wohl der christlichen Gemeinden vor Ort und der unzähligen Pilger danken, die jedes Jahr das Heilige Land besuchen. Ich möchte hier auch mit besonderer Dankbarkeit den verstorbenen Pater Michele Piccirillo erwähnen, der sein Leben der Erforschung der christlichen Antike gewidmet hat und in diesem ihm so teuren Heiligtum begraben ist.

Es ist angemessen, daß meine Pilgerreise auf diesem Berg beginnt, von dem Mose aus der Ferne das verheißene Land erblickte. Die wunderbare Aussicht vom Vorplatz dieses Heiligtums lädt uns ein, darüber nachzudenken, wie jene prophetische Vision auf geheimnisvolle Weise den großen Heilsplan umfaßte, den Gott für sein Volk vorbereitet hatte. Denn in diesem Jordantal, das unter uns liegt, sollte, als die Zeit erfüllt war, Johannes der Täufer auftreten, um dem Herrn den Weg zu bereiten. In diesen Wassern des Jordanflusses sollte Jesus nach seiner Taufe durch Johannes als geliebter Sohn des Vaters offenbart werden und, gesalbt vom Heiligen Geist, sein öffentliches Wirken beginnen. Und vom Jordan ausgehend sollte das Evangelium zuerst durch die Verkündigung und die Wunder Christi verbreitet werden und dann nach seiner Auferstehung und der Ausgießung des Geistes zu Pfingsten von seinen Jüngern bis an die Enden der Erde getragen werden.

Hier auf den Höhen des Bergs Nebo lädt uns das Gedenken an Mose ein, „unsere Augen zu erheben“, um mit Dankbarkeit nicht nur Gottes große Taten in der Vergangenheit zu betrachten, sondern auch um mit Glauben und Hoffnung in die Zukunft zu blicken, die er für uns und für unsere Welt bereithält. Wie Mose hat er auch uns bei unserem Namen gerufen, uns eingeladen, Tag für Tag aus der Sünde und der Sklaverei hinauszuziehen ins Leben und in die Freiheit, und er hat uns ein unerschütterliches Versprechen gegeben, uns auf unserem Weg zu begleiten. Im Wasser der Taufe sind wir aus der Sklaverei der Sünde in ein neues Leben und eine neue Hoffnung hinübergetreten. In der Gemeinschaft der Kirche, dem Leib Christi, erwarten wir freudig den Anblick der himmlischen Stadt, des neuen Jerusalems, wo Gott alles in allen sein wird. Von diesem heiligen Berg lenkt Mose unseren Blick - wie er es später erneut am Berg Tabor tun sollte (vgl.
Lc 9,28-36) - auf die Erfüllung aller Verheißungen Gottes in Christus.

Mose hat das verheißene Land am Ende seines irdischen Pilgerwegs aus der Ferne betrachtet. Sein Beispiel erinnert uns daran, daß auch wir ein Teil der die Zeiten überdauernden Pilgerschaft des Gottesvolkes durch die Geschichte sind. Auf den Spuren der Propheten, der Apostel und der Heiligen sind wir berufen, mit dem Herrn zu gehen, seine Sendung weiterzutragen, für die Frohbotschaft von Gottes allumfassender Liebe und von seinem Erbarmen Zeugnis zu geben. Wir haben den Auftrag, durch unsere Nächstenliebe, unseren Dienst an den Armen und unser Bemühen, Sauerteig der Versöhnung, der Vergebung und des Friedens in der Welt um uns zu sein, zum Kommen des Reiches Christi beizutragen. Wir wissen, daß wir wie Mose vielleicht nicht die volle Umsetzung von Gottes Plan in unserer Lebenszeit sehen werden. Doch wir vertrauen, daß wir durch die Erfüllung unseres kleinen Teils in Treue zu der Berufung, die jeder von uns empfangen hat, helfen werden, die Wege des Herrn zu ebnen und den Anbruch seines Reiches willkommen zu heißen. Und wir wissen, daß Gott, der Mose mit der Offenbarung seines Namens ein Versprechen gab, immer an unserer Seite zu sein (vgl. Ex 3,14), uns die Kraft geben wird, auch inmitten von Leid, Prüfung und Drangsal in freudiger Hoffnung auszuharren.

Seit frühester Zeit sind die Christen zu den Stätten gepilgert, die in Verbindung mit der Geschichte des auserwählten Volkes, mit den Ereignissen des Lebens Christi und mit den Anfängen der Kirche in Verbindung stehen. Diese große Tradition, die meine gegenwärtige Wallfahrt weiterführen und bekräftigen möchte, gründet in dem Verlangen, im Gebet und in der Betrachtung jene Stätten zu sehen, zu berühren und auszukosten, die durch die körperliche Gegenwart unseres Heilands, seiner seligen Mutter, der Apostel und der ersten Jünger, die ihn nach der Auferstehung von den Toten sahen, gesegnet wurden. Hier auf den Spuren der unzähligen Pilger, die uns in allen Jahrhunderten vorausgegangen sind, sind wir herausgefordert, das Geschenk unseres Glaubens in größerer Fülle schätzen zu lernen und in jener Gemeinschaft zu wachsen, die alle Grenzen der Sprache, der Rasse und der Kultur überwindet.

Die alte Tradition der Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten erinnert uns auch an das unzertrennbare Band zwischen der Kirche mit dem jüdischen Volk. Von Anfang an hat die Kirche in diesen Ländern in ihrer Liturgie der großen Gestalten der Patriarchen und Propheten gedacht, als Zeichen ihrer großen Wertschätzung für die Einheit der beiden Testamente. Unsere heutige Begegnung schenke uns eine neue Liebe zum Kanon der Heiligen Schrift und ein Verlangen, alle Hindernisse auf dem Weg der Versöhnung zwischen Christen und Juden in gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit im Dienst des Friedens, zu dem uns das Wort Gottes ruft, zu überwinden!

Liebe Freunde, an dieser heiligen Stätte versammelt, wollen wir nun unsere Augen und unsere Herzen zum Vater erheben. Wenn wir uns jetzt bereit machen, um das Gebet zu beten, das Jesus uns gelehrt hat, so wollen wir ihn bitten, das Kommen seines Reiches zu beschleunigen, damit wir die Erfüllung seines Heilsplans sehen und mit dem heiligen Franziskus und allen Pilgern, die uns im Zeichen des Glaubens vorangegangen sind, die Gabe des unermeßlichen Friedens - pax et bonum - erfahren können, die uns im himmlischen Jerusalem erwartet.


SEGNUNG DES GRUNDSTEINS FÜR DIE UNIVERSITÄT VON MADABA DES LATEINISCHEN PATRIARCHATS

Madaba - Samstag, 9. Mai 2009

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Verehrte Mitbrüder im Bischofsamt!
liebe Freunde!

Ich freue mich sehr, diesen Grundstein der Universität von Madaba segnen zu können. Ich danke dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Seiner Seligkeit Fouad Twal, für seinen freundlichen Willkommensgruß. Zugleich möchte ich ein besonderes Wort der Anerkennung an den emeritierten Patriarchen, Seine Seligkeit Michel Sabbah, der gemeinsam mit Bischof Salim Sayegh die Initiative und Tatkraft aufgebracht hat, denen diese neue Einrichtung so viel verdankt. Ich grüße auch die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die Bischöfe, Priester, Ordensleute und Gläubigen sowie alle, die bei dieser bedeutsamen Zeremonie zugegen sind.

Das Königreich Jordanien hat der Aufgabe der Ausweitung und Verbesserung des Bildungswesens mit Recht Vorrang gegeben. Es ist mir bekannt, daß Ihre Majestät Königin Rania bei dieser edlen Mission besonders aktiv ist. Ihr Engagement wirkt sich auf viele inspirierend aus. Während ich den Bemühungen der Menschen guten Willens um die Erziehung Tribut zolle, stelle ich mit Genugtuung die kompetente und kulturell qualifizierte Teilnahme christlicher, besonders der katholischen und orthodoxen Institutionen bei dieser globalen Aufgabe fest. Dies ist der Hintergrund, der die katholische Kirche veranlaßt hat, mit der Unterstützung der jordanischen Behörden ihre Kräfte in die Förderung von Hochschulausbildung in diesem Land und anderswo zu stecken. Die Initiative geht auch auf die Wünsche vieler Familien ein, die zufrieden über die Ausbildung, die sie in den von Ordensgemeinschaften geführten Schulen empfangen haben, nun eine analoge Option im universitären Bereich fordern.

Ich bekunde den Förderern dieser neuen Institution meine Anerkennung für ihr mutiges Vertrauen in gute Ausbildung als ein Sprungbrett für persönliche Entwicklung wie auch für Frieden und Fortschritt in der Region. In diesem Zusammenhang wird die Universität von Madaba sicherlich drei bedeutende Ziele im Auge behalten. In der Entwicklung von Talenten und erstrebenswerten Einstellungen bei künftigen Generationen von Studenten wird sie diese vorbereiten, der größeren Gemeinschaft zu dienen und ihre Lebensstandards anzuheben. In der Weitergabe von Wissen und durch das Einfließenlassen einer Liebe zur Wahrheit bei den Studenten wird sie deren Bindung an Werte und deren personale Freiheit beträchtlich erhöhen. Schließlich wird diese geistige Ausbildung ihre kritischen Fähigkeiten schärfen, Unkenntnis und Vorurteil zerstreuen und den Bann durchbrechen helfen, der durch alte und neue Ideologien entstanden ist. Das Ergebnis dieses Prozesses ist eine Universität, die nicht nur eine Plattform für die Festigung der Bindung an Wahrheit und an die Werte einer gegebenen Kultur, sondern einen Ort des Verständnisses und des Dialogs darstellen. Indem sie ihr eigenes Erbe in sich aufnehmen, werden junge Jordanier und andere Studenten der Region zu einer tieferen Kenntnis der Errungenschaften der Menschheit geführt, bereichert durch andere Standpunkte und in Verständnis, Toleranz und Friede geformt.

Diese „breitere“ Ausbildung besteht in dem, was man von den universitären Einrichtungen und von ihrem kulturellen Milieu erwartet, sei es säkular oder religiös. In der Tat unterdrückt der Glaube an Gott nicht die Suche nach der Wahrheit; im Gegenteil, er ermutigt sie. Der heilige Paulus ermahnte die ersten Christen, ihr Herz zu öffnen für alles, „was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist“ (
Ph 4,8). Selbstverständlich kann die Religion, wie Wissenschaft und Technologie, wie Philosophie und alle Ausdrucksweisen unserer Suche nach der Wahrheit, verzerrt werden. Religion wird entstellt, wenn sie in den Dienst der Ignoranz oder des Vorurteils, der Geringschätzung, der Gewalt oder des Mißbrauchs gedrängt wird. Hier sehen wir nicht nur eine Entstellung der Religion, sondern auch eine Korrumpierung der menschlichen Freiheit, eine Verengung und Blindheit des Denkens. Natürlich ist ein solches Ergebnis nicht unvermeidbar. In der Tat, wenn wir Erziehung fördern, bekunden wir unser Vertrauen in die Gabe der Freiheit. Das menschliche Herz kann verhärtet werden durch sein begrenztes Umfeld, seine Interessen und seine Leidenschaften. Aber jeder Mensch ist ebenso zu Weisheit und Rechtschaffenheit aufgerufen, zur grundlegenden und überaus bedeutsamen Wahl des Guten vor dem Bösen, der Wahrheit vor der Unaufrichtigkeit, und jeder kann bei dieser Aufgabe unterstützt werden.

Die Berufung zur moralischen Redlichkeit wird durch die ernsthaft religiöse Person wahrgenommen, da man dem Gott der Wahrheit und der Liebe und der Schönheit nicht anders dienen kann. Ein reifer Glaube an Gott trägt stark dazu bei, die Aneignung und die rechte Anwendung des Wissens zu leiten. Wissenschaft und Technologie bieten außerordentliche Vorteile für die Gesellschaft und haben die Lebensqualität vieler Menschen entscheidend verbessert. Zweifellos ist dies eine der Hoffnungen jener, die diese Universität fördern, die das Motto Sapientia et Scientia führt. Zugleich hat die Wissenschaft ihre Grenzen. Sie kann nicht alle Fragen über den Menschen und seine Existenz beantworten. In der Tat, die menschliche Person, ihr Platz und ihr Sinn im Universum lassen sich nicht in den Grenzen der Wissenschaft erfassen. „Die zu erstrebende Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit, die den Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht“ (Gaudium et spes GS 15). Der Gebrauch wissenschaftlicher Kenntnisse benötigt das Orientierungslicht der ethischen Weisheit. Diese Weisheit inspirierte den Eid des Hippokrates oder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die Genfer Konvention und andere lobenswerte internationale Verhaltensregeln. Daher spielen religiöse und ethische Weisheit, indem sie Fragen nach Sinn und Wert beantworten, eine zentrale Rolle in der beruflichen Ausbildung. Und folglich leisten jene Universitäten, in denen das Streben nach Wahrheit mit der Suche nach dem, was gut und edel ist, Hand in Hand geht, einen unentbehrlichen Dienst für die Gesellschaft.

Mit diesen Gedanken im Herzen ermutige ich in besonderer Weise die christlichen Studenten Jordaniens und der Nachbarregionen, sich verantwortungsvoll ihrer eigenen professionellen und moralischen Ausbildung zu widmen. Ihr seid gerufen, Bauleute einer gerechten und friedlichen Gesellschaft zu sein, die sich aus Menschen mit verschiedenem religiösen und ethnischen Hintergrund zusammensetzt. Diese Gegebenheiten - ich möchte es nochmals betonen - dürfen nicht zur Entzweiung, sie müssen zu gegenseitiger Bereicherung führen. Die Mission und die Berufung der Universität von Madaba liegt gerade darin, ihnen zu helfen, noch mehr an dieser hohen Aufgabe teilzuhaben.

Liebe Freunde, ich möchte meine Gratulation an das Lateinische Patriarchat von Jerusalem erneuern und nochmals allen meine Ermutigung aussprechen, denen das Projekt am Herzen liegt, gemeinsam mit denen, die bereits im Erziehungsapostolat in diesem Land engagiert sind. Der Herr segne und erhalte Sie! Ich bete, daß Ihre Träume bald wahr werden, daß Sie Generationen von qualifizierten Christen, Muslimen und Gläubigen anderer Religionen erleben können, die im Besitz beruflicher Fertigkeiten, sachkundig in ihren Gebieten und gebildet in den Werten von Weisheit, Redlichkeit, Toleranz und Friedfertigkeit ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen. Ihnen und allen zukünftigen Studenten und Angestellten dieser Universität und ihren Familien erbitte ich den reichen Segen des Allmächtigen Gottes!


BEGEGNUNG MIT MUSLIMISCHEN RELIGIONSFÜHRERN, DEM DIPLOMATISCHEN KORPS UND DEN REKTOREN DER UNIVERSITÄTEN JORDANIENS

Moschee "Al-Hussein Bin-Talal" - Amman - Samstag, 9. Mai 2009

93 Königliche Hoheit!
Exzellenzen!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist für mich Grund zu großer Freude, heute morgen mich mit Ihnen in dieser herrlichen Umgebung zu treffen. Ich danke Prinz Ghazi Bin Muhammed Bin Talal für seine freundlichen Worte der Begrüßung. Die zahlreichen Initiativen Eurer Königlichen Hoheit zur Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs und Austauschs werden von den Menschen im Haschemitischen Königreich geschätzt und sind bei der internationalen Gemeinschaft weithin angesehen. Ich weiß, daß diese Bemühungen die aktive Unterstützung sowohl anderer Mitglieder der königlichen Familie als auch der Regierung des Landes erfährt und großen Widerhall in den vielen Initiativen der Zusammenarbeit unter den Jordaniern findet. Für all das möchte ich meine aufrichtige Bewunderung zum Ausdruck bringen.

Stätten des Kultes, wie diese prachtvolle, nach dem verehrten letzten König benannte Al-Hussein-Bin-Talal-Moschee, erheben sich wie Juwele über den ganzen Erdkreis. Die alten wie die modernen Stätten, die herrlichen wie die einfachen, sie alle verweisen auf das Göttliche, auf den Einen Transzendenten, auf den Allmächtigen. Und Jahrhunderte hindurch haben diese Heiligtümer Menschen zu ihren heiligen Orten angezogen, damit sie dort verweilen, beten, sich der Gegenwart des Allmächtigen bewußt werden und erkennen, daß wir alle seine Geschöpfe sind.

Aus diesem Grund können wir nicht anders, als besorgt zu sein, daß heutzutage einige mit zunehmender Intensität behaupten, daß die Religion mit ihrem Anspruch scheitert, von ihrem Wesen her Brückenbauer und Stifter von Harmonie, ein Ausdruck der Gemeinschaft unter den Menschen und mit Gott zu sein. In der Tat beteuern manche, daß die Religion zwangsläufig eine Ursache von Spaltungen in unserer Welt ist; und so vertreten sie die Ansicht, daß es um so besser ist, je weniger Beachtung der Religion in der Öffentlichkeit geschenkt wird. Gewiß, der Widerspruch von Spannungen und Spaltungen zwischen Anhängern verschiedener religiöser Traditionen kann leider nicht bestritten werden. Ist es nicht dennoch auch der Fall, daß oft die ideologische Manipulierung der Religion, manchmal zu politischen Zwecken, den wahren Katalysator für Spannung und Spaltung und gelegentlich sogar für Gewalt in der Gesellschaft darstellt? Angesichts dieser Situation, in der die Gegner der Religion nicht nur danach trachten, ihre Stimme zum Schweigen zu bringen, sondern sie durch ihre eigene zu ersetzen, verspürt man um so brennender den Bedarf an Gläubigen, die ihren Prinzipien und Überzeugungen genau entsprechen. Gerade wegen der Bürde ihrer gemeinsamen Geschichte, die so oft von Mißverständnis gekennzeichnet war, müssen Muslime und Christen bestrebt sein, als Gläubige erkannt und anerkannt zu werden, die treu beten, die bemüht sind, die Gebote des Allmächtigen zu halten und ihnen gemäß zu leben, die barmherzig und mitfühlend sind, die konsequent alles Wahre und Gute bezeugen, die stets den gemeinsamen Ursprung und die Würde aller Menschen bedenken, die der Höhepunkt des göttlichen Schöpfungsplans für die Welt und die Geschichte bleiben.

Die Entschlossenheit der Erzieher wie der religiösen und weltlichen Führer Jordaniens zu gewährleisten, daß das öffentliche Gesicht der Religion ihr wahres Wesen widerspiegelt, ist lobenswert. Das Beispiel von einzelnen und Gemeinschaften, zusammen mit der Bereitstellung von Kursen und Programmen, zeigt den konstruktiven Beitrag der Religion zu den Bereichen Erziehung, Kultur, Soziales und anderen wohltätigen Sektoren Ihrer Gesellschaft. Manches von dieser Einstellung konnte ich aus erster Hand erfahren. Gestern lernte ich die berühmte Erziehungs- und Rehabilitationsarbeit des Regina-Pacis-Zentrums kennen, wo Christen und Muslime das Leben ganzer Familien verwandeln, indem sie ihnen helfen zu gewährleisten, daß deren Kinder mit Behinderung ihren berechtigten Platz in der Gesellschaft erhalten. Heute morgen segnete ich den Grundstein der Madaba-Universität, wo junge muslimische und christliche Erwachsene Seite an Seite vom dritten Bildungsweg profitieren werden, der sie dazu befähigt, in geeigneter Weise zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung ihres Landes beizutragen. Großes Verdienst kommt auch den zahlreichen Initiativen des interreligiösen Dialogs zu, die von der königlichen Familie und der diplomatischen Gemeinschaft unterstützt werden und zeitweise in Verbindung mit dem Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog durchgeführt wurden. Dazu gehören auch die laufende Arbeit des Königlichen Instituts für Interreligiöse Studien und Islamisches Denken, die Amman Message von 2004, die Amman Interfaith Message von 2005 und der jüngste Brief Common Word, der ein Thema widerspiegelt, das im Einklang mit meiner ersten Enzyklika steht: die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe und der fundamentale Widerspruch der Gewaltanwendung oder des Ausschlusses im Namen Gottes (vgl. Deus caritas est ).

Solche Initiativen führen klar zu einer tieferen gegenseitigen Kenntnis und fördern eine zunehmende Achtung sowohl vor dem, was wir gemeinsam haben, als auch vor dem, was wir unterschiedlich sehen. Sie sollten daher Christen und Muslime dazu veranlassen, die wesentliche Beziehung zwischen Gott und seiner Welt noch gründlicher zu erforschen, so daß wir miteinander bestrebt sein mögen sicherzustellen, daß die Gesellschaft mit der göttlichen Ordnung in Harmonie mitschwingt. Diesbezüglich gibt die hier in Jordanien erreichte Zusammenarbeit der Region wie der Welt überhaupt ein ermutigendes und überzeugendes Beispiel für den positiven, konstruktiven Beitrag, den die Religion für die Gesellschaft leisten kann und muß.

Verehrte Freunde, ich möchte mich heute auf eine Aufgabe beziehen, die ich bei verschiedener Gelegenheit angesprochen habe und die, wie ich fest glaube, Christen und Muslime wahrnehmen können, besonders durch unsere jeweiligen Beiträge für Lehre und Wissenschaft und für den Dienst an der Allgemeinheit. Diese Aufgabe ist die Herausforderung, im Rahmen von Glaube und Wahrheit das enorme Potential menschlicher Vernunft zum Guten heranzubilden. Tatsächlich beschreiben die Christen Gott unter anderem als schöpferische Vernunft, die die Welt ordnet und leitet. Und Gott hat uns mit der Fähigkeit ausgestattet, an seiner Vernunft teilzuhaben und so gemäß dem Guten zu handeln. Die Muslime verehren Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Und als an den einen Gott Glaubende wissen wir, daß die menschliche Vernunft selbst Gabe Gottes ist und daß sie zu ihrem höchsten Niveau aufsteigt, wenn sie in das Licht der göttlichen Wahrheit getaucht ist. Denn wenn die menschliche Vernunft demütig zuläßt, daß sie selber vom Glauben geläutert wird, dann ist sie fern davon, geschwächt zu werden; vielmehr wird sie gestärkt, um der Überheblichkeit zu widerstehen und über ihre eigenen Grenzen hinauszugreifen. Auf diese Weise wird die menschliche Vernunft ermutigt, ihrem erhabenen Zweck zu folgen, der Menschheit zu dienen, wobei sie unser gemeinsames innerstes Streben zum Ausdruck bringt und den öffentlichen Diskurs lieber ausweitet, als ihn zu manipulieren oder einzuschränken. Daher - weit davon entfernt, den Geist einzuengen - erweitert ein ernsthaftes Festhalten an der Religion den Horizont menschlichen Verstandes. Sie schützt die Gesellschaft von den Auswüchsen eines ungezügelten Ego, das danach strebt, das Endliche zu verabsolutieren und das Unendliche in den Schatten zu stellen; sie stellt sicher, daß Freiheit Hand in Hand mit der Wahrheit ausgeübt wird, und sie schmückt die Kultur mit Einblicken bezüglich allem, was wahr, gut und schön ist.

Dieses Verständnis von Vernunft, das unaufhörlich den menschlichen Geist auf der Suche nach dem Absoluten über sich selbst hinaus zieht, stellt eine Herausforderung dar; es umfaßt ein Gefühl der Hoffung als auch der Vorsicht. Christen und Muslime werden gemeinsam dazu angespornt, alles zu suchen, was recht und richtig ist. Wir sind verpflichtet, über unsere eigenen Interessen hinauszugehen und andere, insbesondere staatliche Beamte und Führungskräfte, zu ermutigen, das gleiche zu tun, um die große Genugtuung zu erfahren, die der Dienst zum Wohl der Allgemeinheit selbst unter persönlichen Opfern bereitet. Und wir werden daran erinnert, daß unsere gemeinsame menschliche Würde es ist, welche die allgemeinen Menschenrechte begründet, die für jeden Mann und jede Frau in gleicher Weise gelten, unabhängig von religiöser, sozialer oder ethnischer Zugehörigkeit. In dieser Hinsicht müssen wir feststellen, daß das Recht auf Religionsfreiheit sich über die Frage des Kultes hinaus erstreckt und das Recht - besonders der Minderheiten - auf fairen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens einschließt.

Bevor ich Sie heute morgen verlasse, möchte ich in besonderer Weise festhalten, daß der Patriarch von Bagdad, Seine Seligkeit Eminenz Emmanuel III Delly, in unserer Mitte zugegen ist, den ich sehr herzlich grüße. Seine Anwesenheit erinnert an die Menschen im benachbarten Irak, von denen viele hier in Jordanien Zuflucht und Aufnahme gefunden haben. Die Bemühungen der Internationalen Gemeinschaft, zusammen mit denen der örtlichen Führer, den Frieden und die Versöhnung zu fördern, müssen fortgesetzt werden, damit sie im Leben der Iraker Frucht bringen. Ich möchte all denen meine Wertschätzung bekunden, die bei den Anstrengungen mitarbeiten, das Vertrauen zu vertiefen sowie die Einrichtungen und die Infrastruktur, die für das Wohl dieser Gesellschaft wesentlich sind, wieder aufzubauen. Und noch einmal dränge ich die Diplomaten und die Internationale Gemeinschaft, die sie repräsentieren, zusammen mit den örtlichen politischen und religiösen Führern alles Mögliche zu unternehmen, um der alten christlichen Gemeinschaft dieses herrlichen Landes ihr grundlegendes Recht auf ein friedvolles Zusammenleben mit ihren Mitbürgern zu garantieren.

Verehrte Freunde, ich vertraue darauf, daß die Gedanken, die ich heute zum Ausdruck gebracht habe, uns mit neuer Hoffnung für die Zukunft zurücklassen. Unsere Liebe und Ehrerbietung gegenüber dem Allmächtigen drücken wir nicht nur im Gottesdienst aus, sondern auch in unserer Liebe und Sorge für die Kinder und jungen Menschen - für Ihre Familien - und für alle Jordanier. Für sie arbeiten Sie, und sie motivieren Sie, das Wohl eines jeden Menschen in die Mitte der Einrichtungen, Gesetze und Arbeit der Gesellschaft zu stellen. Möge die Vernunft, die von der Größe der göttlichen Wahrheit geadelt wird und in Demut vor ihr steht, fortfahren, das Leben und die Institutionen dieser Nation zu formen. So mögen die Familien blühen und alle in Frieden leben und dabei zur Kultur beitragen und von ihr Nutzen ziehen, die dieses ehrwürdige Königreich eint!



SEGNUNG DER GRUNDSTEINE FÜR DIE KIRCHE DER LATEINER UND DER GRIECHISCH-MELKITISCHEN KIRCHE

Amman - Betanien jenseits des Jordan - Sonntag, 10. Mai 2009

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Königliche Hoheiten!
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!
Liebe Freunde!

Ich komme mit großer geistlicher Freude zur Segnung der Grundsteine von zwei katholischen Kirchen, die am Ufer des Jordans erbaut werden sollen, einem Ort, den viele denkwürdige Ereignisse aus der biblischen Geschichte auszeichnen. Der Prophet Elia, der Tischbiter, stammte aus dieser Region, aus Gilead, nicht weit im Norden. Hier in der Nähe, gegenüber von Jericho, teilte sich das Wasser des Jordans vor Elija, der vom Herrn in einem Feuerwagen entrückt wurde (vgl.
2R 2,9-14). Hier hat der Geist des Herrn Johannes, den Sohn des Zacharias, berufen, die Umkehr der Herzen zu predigen. Johannes der Evangelist legt in dieses Gebiet auch die Begegnung zwischen dem Täufer und Jesus, der bei seiner Taufe durch den Geist Gottes, der wie eine Taube auf ihn herabstieg, „gesalbt“ und als Gottes geliebter Sohn bezeugt wurde (vgl. Jn 1,32 Mc 1,9-11).

Es war für mich eine Ehre, an diesem bedeutenden Ort von Ihren Majestäten König Abdullah II. und Königin Rania empfangen zu werden. Ich möchte erneut meine aufrichtige Dankbarkeit für die herzliche Gastfreundschaft zum Ausdruck bringen, die sie mir während meines Besuchs im Haschemitischen Königreich von Jordanien entgegengebracht haben. Mit Freude grüße ich Seine Seligkeit Gregorius III. Laham, den Patriarchen von Antiochien für die griechisch-melkitische Kirche. Ich grüße herzlich Seine Seligkeit Fouad Twal, den lateinischen Patriarchen von Jerusalem. Meine besten Wünsche gelten auch Seiner Seligkeit Michel Sabbah, den anwesenden Weihbischöfen, besonders Erzbischof Yasser Ayyach und dem Hochwürdigsten Herrn Salim Sayegh, dem ich für die freundlichen Worte der Begrüßung danke. Gerne grüße ich alle Bischöfe, Priester, Ordensleute und die Gläubigen, die heute zugegen sind. Freuen wir uns darüber, daß diese zwei Kirchenbauten, ein lateinischer und ein griechisch-melkitischer, dazu dienen werden, gemäß den Traditionen der jeweiligen Gemeinschaft die eine Familie Gottes aufzubauen.

Der Grundstein einer Kirche ist ein Symbol für Christus. Die Kirche ruht auf Christus, wird von ihm gestützt und kann nicht von ihm getrennt werden. Er ist das eine Fundament einer jeden christlichen Gemeinde, der lebendige Stein, der von den Bauleuten verworfen, aber in den Augen Gottes als der Eckstein auserwählt und geehrt worden ist (vgl. 1P 2,4-5 1P 2,7). Mit ihm sind auch wir lebendige Steine, die zu einem geistigen Haus aufgebaut wurden, einer Wohnstatt für Gott (vgl. Ep 2,20-22 1P 2,5). Der heilige Augustinus hat für das Geheimnis der Kirche mit Vorliebe den Begriff Christus totus, der ganze Christus, verwendet, und bezog sich damit auf den gesamten Leib Christi, das Haupt und die Glieder. Das ist die Wirklichkeit der Kirche; sie ist Christus und wir, Christus mit uns. Er ist mit uns, wie der Weinstock mit seinen Reben ist (vgl. Jn 15,1-8). Die Kirche ist in Christus eine Gemeinschaft neuen Lebens, eine dynamische Realität der Gnade, die von ihm ausgeht. Durch die Kirche reinigt er unser Herz, erleuchtet unseren Verstand, vereint uns mit dem Vater und spornt uns in dem einen Geist dazu an, Tag für Tag die christliche Liebe einzuüben. Wir bekennen diese frohe Wirklichkeit als die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.

In die Kirche treten wir durch die Taufe ein. An diesem Ort haben wir das Gedächtnis an die Taufe Christi lebendig vor Augen. Jesus stand mit den Sündern in einer Reihe und empfing die Bekehrungstaufe des Johannes als ein prophetisches Zeichen seines eigenen Leidens, seines Todes und seiner Auferstehung für die Vergebung der Sünden. Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Pilger zum Jordan gekommen, um Reinigung zu suchen, ihren Glauben zu erneuern und näher zum Herrn zu gelangen. Das gilt auch für die Pilgerin Egeria, die einen schriftlichen Bericht von ihrer Wallfahrt am Ende des vierten Jahrhunderts hinterlassen hat. Das Sakrament der Taufe, das nach dem Tod und der Aufstehung Christi eingesetzt wurde, wird besonders von den christlichen Gemeinden geschätzt werden, die sich in diesen neuen Kirchen versammeln werden. Der Jordan möge euch stets daran erinnern, daß ihr im Wasser der Taufe reingewaschen und zu Gliedern der Familie Jesu geworden seid. Im Gehorsam gegenüber seinem Wort wird euer Leben nach Seinem Bild und Gleichnis umgestaltet. Wenn ihr euch darum bemüht, eurem Taufversprechen der Umkehr, des Zeugnisgebens und der Sendung treu zu sein, sollt ihr wissen, daß euch die Gaben des Heiligen Geistes Kraft geben werden.

Liebe Brüder und Schwestern, die betende Betrachtung dieser Geheimnisse bereichere euch mit geistlicher Freude und innerer Kraft. Mit dem Apostel Paulus lade ich euch ein, in der ganzen Bandbreite der hochherzigen Haltungen zu wachsen, die der erhabene Begriff der agape, der christlichen Liebe, umfaßt (vgl. 1Co 13,1-13). Fördert den Dialog und das gegenseitige Verständnis in der Zivilgesellschaft, besonders wenn ihr eure legitimen Rechte einfordert. Im Nahen Osten, der gezeichnet ist von tragischem und ungerechten Leiden, von Jahren der Gewalt und der ungelösten Spannungen, sind die Christen dazu aufgerufen, angespornt vom Beispiel Jesu ihren Beitrag der Versöhnung und des Friedens durch Vergebung und Großmut zu leisten. Bekundet jenen, die euch leiten und als Diener Christi treu zur Seite stehen, auch weiterhin eure Dankbarkeit. Ihr tut gut daran, ihre Glaubensunterweisung anzunehmen und dabei zu bedenken, daß ihr Christus und den, der ihn gesandt hat, aufnehmt (vgl. Mt 10,40), wenn ihr die apostolische Lehre empfangt, die sie euch vermitteln.

Meine lieben Brüder und Schwestern, wir kommen nun zur Segnung dieser beiden Steine, die der Anfang von zwei neuen Sakralbauten sind. Der Herr erhalte, stärke und vermehre die Gemeinden, die hier beten und feiern werden. Und euch allen schenke er die Gabe des Friedens. Amen.



ABSCHIEDSZEREMONIE

Internationaler Flughafen "Queen Alia" - Amman - Montag, 11. Mai 2009

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Hoheiten!
Exzellenzen!
Liebe Freunde!

Bevor ich mich nun zur nächsten Station meiner Pilgerreise in die Länder der Bibel aufmache, möchte ich Ihnen allen für die herzliche Aufnahme danken, die ich in den vergangenen Tagen in Jordanien erfahren durfte. Ich danke Seiner Majestät König Abdullah II. für die Einladung zu einem Besuch im Haschemitischen Königreich, für seine Gastfreundschaft und für seine freundlichen Worte. Ebenso möchte ich meine Anerkennung für die sehr große Anstrengung zum Ausdruck bringen, die unternommen wurden, um meinen Besuch möglich zu machen und für einen reibungslosen Ablauf der verschiedenen Begegnungen und Feiern zu sorgen. Die staatlichen Autoritäten, denen eine große Zahl von Freiwilligen zur Seite stand, haben lange und hart gearbeitet, um die Menschenströme zu lenken und die verschiedenen Veranstaltungen zu organisieren. Die Medienberichterstattung hat es unzähligen Menschen ermöglicht, die Feierlichkeiten mitzuverfolgen, auch wenn sie nicht persönlich teilnehmen konnten. Ich danke allen, die dies möglich gemacht haben, und grüße besonders auch all jene, die über Radio zuhören oder die Fernsehübertragung sehen, vor allem die Kranken und jene, die ihr Haus nicht verlassen können.

Es war für mich eine besondere Freude, daß ich miterleben konnte, wie eine Reihe von großen Initiativen ihren Anfang nahm, die von der katholischen Glaubensgemeinschaft hier in Jordanien getragen werden. Der neue Gebäudeflügel des „Regina-Pacis“-Zentrums wird weitere Möglichkeiten eröffnen, den Menschen, die mit Schwierigkeiten verschiedenster Art zu kämpfen haben, und ihren Familien Hoffnung zu schenken. Die beiden Kirchen, die in Betanien entstehen, werden ihren jeweiligen Gemeinden ermöglichen, Pilger zu empfangen und das geistliche Wachstum jener zu fördern, die an diesem heiligen Ort beten. Die Universität in Madaba hat einen besonders wichtigen Beitrag für ihr größeres Umfeld zu leisten, indem sie jungen Menschen verschiedener Herkunft Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, dank derer sie die Zukunft der Gesellschaft prägen können. Allen, die an diesen Projekten beteiligt sind, wünsche ich alles Gute und verspreche ihnen mein Gebet.

Ein Höhepunkt dieser Tage war mein Besuch in der Al-Hussein-Bin-Talal-Moschee, wo ich die Freude hatte, den muslimischen religiösen Führern sowie den Mitgliedern des diplomatischen Korps und den Rektoren der Universitäten zu begegnen. Ich möchte alle Jordanier, seien sie Christen oder Muslime, ermutigen, auf dem festen Fundament der religiösen Toleranz aufzubauen, das es den Mitgliedern verschiedener Gemeinschaften erlaubt, miteinander in Frieden und in gegenseitiger Achtung zu leben. Seine Königliche Majestät ist in bemerkenswerter Weise darum bemüht, den interreligiösen Dialog zu fördern, und ich möchte hier festhalten, wie sehr sein diesbezügliches Engagement geschätzt wird. Dankbar anerkenne ich auch die besondere Aufmerksamkeit, die er den christlichen Gemeinden in Jordanien entgegenbringt. Dieser Geist der Offenheit hilft nicht nur den Mitgliedern verschiedener ethnischer Gemeinschaften in diesem Land, miteinander in Frieden und Eintracht zu leben, sondern hat auch zu den weitblickenden politischen Initiativen Jordaniens zur Förderung des Friedens im ganzen Nahen Osten beigetragen.

Liebe Freunde, wie Sie wissen, bin ich in erster Linie als Pilger und Hirte nach Jordanien gekommen. Daher sind die Besuche an den heiligen Stätten und die Zeiten des Gebets, die wir dort gemeinsam verbracht haben, jene Erfahrungen, die am stärksten in meinem Gedächtnis eingeprägt bleiben werden. Einmal mehr möchte ich die Anerkennung der ganzen Kirche für jene zum Ausdruck bringen, die sich um die Pilgerstätten in diesem Land kümmern. Ich danke auch den vielen Menschen, die zur Vorbereitung der Vesper am Samstag in der Sankt-Georgs-Kathedrale und zur gestrigen Eucharistiefeier im „International Stadium“ beigetragen haben. Es war für mich wirklich eine Freude, diese Feiern in der Osterzeit mit den katholischen Gläubigen verschiedener Traditionen erleben zu dürfen, vereint in der Gemeinschaft der Kirche und im Bekenntnis zu Christus. Ich ermutige sie alle, ihrem Taufversprechen treu zu bleiben und zu bedenken, daß Christus selbst von Johannes in den Wassern des Jordan getauft wurde.

Wenn ich mich nun verabschiede, dann möchte ich Sie wissen lassen, daß ich das Volk des Haschemitischen Königreiches und alle, die in dieser Region leben, in meinem Herzen trage. Ich bete, daß Sie sich jetzt und für kommende Generationen des Friedens und des Wohlstands erfreuen können. Noch einmal vielen Dank. Gott segne Sie alle!



ANSPRACHE 2009 90