ANSPRACHE 2010 79


APOSTOLISCHE REISE NACH ZYPERN

(4.-6. JUNI 2010)

BEGEGNUNG MIT DEN VERTRETERN DES ÖFFENTLICHEN LEBENS

UND DEM DIPLOMATISCHEN KORPS



Garten des Präsidentenpalastes von Nicosia

Samstag, 5. Juni 2010

Herr Präsident!
Exzellenzen!
80 Meine Damen und Herren!

Ich bin dankbar, daß ich als Teil meiner Apostolischen Reise nach Zypern diese Gelegenheit zu einer Begegnung mit den Vertretern des politischen und öffentlichen Lebens der Republik sowie mit den Mitgliedern des Diplomatischen Corps habe. Ich danke Präsident Christofias für seine freundlichen Begrüßungsworte, die er in Ihrer aller Namen gesprochen hat. Gerne erwidere ich sie mit meinen persönlichen, von Respekt getragenen guten Wünschen für Ihre wichtige Arbeit, insbesondere auch im Gedenken an den freudigen Anlaß des fünfzigsten Jahrestages der Verfassung der Republik.

Soeben habe ich an der Gedenkstätte für den verstorbenen Erzbischof Makarios, den ersten Präsidenten der Republik Zypern, einen Kranz niedergelegt. Wie er muß sich jeder von Ihnen in seinem Leben im öffentlichen Dienst für das Wohl der anderen in der Gesellschaft einsetzen, sei es auf lokaler, auf nationaler oder internationaler Ebene. Das ist eine edle, von der Kirche mit Wertschätzung bedachte Berufung. Wenn der öffentliche Dienst gewissenhaft ausgeführt wird, kann er uns einen Gewinn an Weisheit, Redlichkeit und persönlicher Erfüllung eintragen. Platon, Aristoteles und die Stoiker maßen dieser Erfüllung - der eudemonia - als Ziel für jeden Menschen eine hohe Bedeutung bei und sahen im tugendhaften Leben den Weg, dieses Ziel zu erreichen. Für sie bestand die Ausübung der Tugend darin, in Übereinstimmung mit der rechten Vernunft zu handeln, im Streben nach allem, was wahr, gut und schön ist.

Aus religiöser Sicht sind wir Glieder einer einzigen, von Gott erschaffenen Menschheitsfamilie und dazu berufen, die Einheit zu fördern und eine gerechtere und brüderlichere Welt aufzubauen, die auf bleibenden Werten fußt. In dem Maß, wie wir unsere Pflicht erfüllen, den anderen dienen und uns an das halten, was recht ist, öffnet sich unser Sinn für tiefere Wahrheiten, und unsere Freiheit wird stark in ihrer Treue zum Guten. Mein Vorgänger Papst Johannes Paul II. hat einmal geschrieben, die moralische Verpflichtung müsse nicht als ein Gesetz angesehen werden, das sich von außen aufdrängt und Gehorsam verlangt, sondern vielmehr als ein Ausdruck von Gottes eigener Weisheit, der sich die menschliche Freiheit bereitwillig unterwirft (vgl. Veritatis splendor
VS 41). Als Menschen finden wir unsere letzte Erfüllung im Bezug auf jene absolute Wirklichkeit, deren Widerschein wir in unserem Gewissen so oft als eine dringende Einladung wahrnehmen, der Wahrheit, der Gerechtigkeit und der Liebe zu dienen.

Auf persönlicher Ebene kennen Sie als Inhaber eines öffentlichen Amtes die Bedeutung von Wahrheit, Redlichkeit und Respekt in Ihren Beziehungen zu anderen. Persönliche Beziehungen sind oft die ersten Schritte auf dem Weg der Vertrauensbildung und - zu gegebener Zeit - zu soliden Bindungen der Freundschaft zwischen einzelnen, Völkern und Nationen. Dies ist ein wesentlicher Teil Ihrer Rolle als Politiker wie auch als Diplomaten. In Ländern, die sich in schwierigen politischen Situationen befinden, können solche ehrlichen und offenen persönlichen Beziehungen der Anfang eines weit größeren Gutes für ganze Gesellschaften und Völker sein. Ich möchte Sie alle, die Sie heute hier sind, ermutigen, die Gelegenheiten, die sich Ihnen sowohl persönlich als auch institutionell bieten, zu ergreifen, um solche Beziehungen zu knüpfen und auf diese Weise das größere Gut des Einvernehmens unter den Nationen und den wahren Nutzen derer, die Sie vertreten, zu fördern.

Die antiken griechischen Philosophen lehren uns auch, daß dem Gemeinwohl gerade durch den Einfluß von Personen gedient ist, die klare moralische Einsichten und Mut besitzen. Auf diese Weise wird die Politik von eigennützigen Interessen oder parteilichen Zwängen gereinigt und auf eine solidere Basis gestellt. Außerdem werden die legitimen Bestrebungen derer, die wir vertreten, geschützt und gefördert. Moralische Rechtschaffenheit und unparteiliche Achtung gegenüber anderen und ihrem Wohlergehen sind wesentlich für das Wohl jeder Gesellschaft, da sie ein Klima des Vertrauens schaffen, in dem alles menschliche Miteinander - ob religiös oder wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell, im zivilen wie im politischen Bereich - Kraft und Substanz gewinnt.

Doch was bedeutet es nun konkret, die moralische Wahrheit in der Welt der Politik und der Diplomatie auf nationaler und internationaler Ebene zu achten und zu fördern? Wie kann das Streben nach Wahrheit den unruhigen Regionen der Erde größere Harmonie verschaffen? Ich würde sagen, daß dies auf dreifache Weise geschehen kann.

Die moralische Wahrheit zu fördern bedeutet zunächst einmal, aufgrund der Sachkenntnis verantwortlich zu handeln. Als Diplomaten wissen Sie aus Erfahrung, daß solche Kenntnis Ihnen hilft, Ungerechtigkeiten und Beschwerden zu ermitteln, so daß Sie die Belange aller in eine gegebene Auseinandersetzung Verwickelten unvoreingenommen bedenken können. Wenn Parteien über ihre eigene spezifische Sicht der Ereignisse hinausblicken, gewinnen sie eine objektive und verständnisvolle Sichtweise. Diejenigen, welche dazu bestimmt sind, solche Streifragen zu lösen, sind dann in der Lage, gerechte Entscheidungen zu treffen und eine echte Versöhnung zu fördern, wenn sie die volle Wahrheit einer spezifischen Frage erfassen und anerkennen.

Eine zweite Weise, die moralische Wahrheit zu fördern, besteht darin, politische Ideologien abzubauen, welche die Wahrheit ersetzen möchten. Die tragischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts haben die Unmenschlichkeit aufgedeckt, die aus der Unterdrückung der Wahrheit und der Menschenwürde hervorgeht. In unseren Tagen sind wir Zeugen von Versuchen, unter dem Vorwand von Frieden, Entwicklung und Menschenrechten Scheinwerte zu fördern. In diesem Sinne habe ich in meiner Ansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen auf die Versuche in einigen Bereichen aufmerksam gemacht, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte neu zu interpretieren, indem man Sonderinteressen befriedigt. Dies würde jedoch die innere Einheit der Erklärung beeinträchtigen und von ihrer ursprünglichen Absicht wegführen (vgl. Ansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, 18. April 2008).

An dritter Stelle verlangt die Förderung der moralischen Wahrheit ein ständiges Bemühen, das positive Recht auf die ethischen Prinzipien des Naturrechts zu gründen. Die Berufung auf letzteres wurde früher als selbstverständlich betrachtet, doch der Trend zum Positivismus in der derzeitigen Rechtstheorie erfordert eine neuerliche Betonung dieses wichtigen Axioms. Ohne eine Führung durch objektiv moralische Wahrheiten würden Einzelpersonen, Gemeinschaften und Staaten egoistisch und skrupellos, und die Welt würde ein gefährlicherer Ort zum Leben werden. Andererseits schützen und fördern wir die Menschenwürde, indem wir das Recht der Person und der Völker achten. Wenn die politischen Ziele, die wir unterstützen, im Einklang mit dem Naturrecht umgesetzt werden, das unserem gemeinsamen Menschsein eigen ist, dann wird unser Handeln vernünftiger und führt zu einem Klima des Verstehens, der Gerechtigkeit und des Friedens.

Herr Präsident, geschätzte Freunde, mit diesen Überlegungen bekräftige ich meine Wertschätzung und die der Kirche für Ihren wichtigen Dienst an der Gesellschaft und für die Schaffung einer sicheren Zukunft für unsere Welt. Auf Sie alle rufe ich den göttlichen Segen herab für Weisheit, Kraft und Ausdauer in der Erfüllung Ihrer Pflichten. Ich danke Ihnen.




VOYAGE APOSTOLIQUE À CHYPRE

(4-6 JUIN 2010)

RENCONTRE AVEC LA COMMUNAUTÉ CATHOLIQUE DE CHYPRE

DISCOURS DU PAPE BENOÎT XVI


81
Terrain de sport de l'école élémentaire de St. Maron - Nicosie

Samedi 5 juin 2010

(Vidéo)




Chers frères et soeurs dans le Christ,

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Je remercie Monseigneur l’Archevêque Soueif pour les aimables paroles de bienvenue qu’il m’a adressées en votre nom et je remercie d’une manière particulière les enfants pour leur magnifique présentation. Je salue également Sa Béatitude le Patriarche Fouad Twal ainsi que le profond et patient travail de la Custodie franciscaine de Terre sainte, en la personne du Père Pizzaballa, qui est ici avec nous aujourd’hui.

En cette occasion historique de la première visite de l’Évêque de Rome à Chypre, je viens vous confirmer dans votre foi en Jésus Christ et vous encourager à demeurer un seul coeur et une seule âme dans la fidélité à la tradition apostolique (cf. Ac
Ac 4,32). En tant que Successeur de Pierre, je suis parmi vous aujourd’hui pour vous apporter l’assurance de mon soutien, de mes prières pleines d’affection et de mes encouragements.

Nous venons à l’instant d’entendre, dans l’Évangile de Jean, que certains grecs, qui avaient appris les grandes oeuvres que Jésus accomplissait, se sont approchés de l’Apôtre Philippe et lui ont dit: « Nous voudrions voir Jésus » (Jn 12,21). Ces mots nous touchent tous profondément. Comme les hommes et les femmes de l’Évangile, nous souhaitons voir Jésus, le connaître, l’aimer et le servir, d’ «un seul coeur et d’une seule âme».

Plus encore, comme la voix du ciel qui, dans l’Évangile de ce jour, a rendu témoignage à la gloire du nom de Dieu, l’Église proclame son nom, non pas simplement pour elle-même, mais pour le bien de l’humanité tout entière (cf. Jn Jn 12,30). Vous aussi, qui suivez le Christ aujourd’hui, vous êtes appelés à vivre votre foi dans le monde en ajoutant votre voix et votre action pour promouvoir les valeurs de l’Évangile qui vous ont été transmises par des générations de Chrétiens chypriotes. Que ces valeurs, profondément enracinées dans votre culture comme dans le patrimoine de l’Église universelle, continuent à inspirer vos efforts pour promouvoir la paix, la justice et le respect de la vie humaine et de la dignité de vos concitoyens. En ce sens, votre fidélité à l’Évangile sera sûrement bénéfique à toute la société chypriote.

Chers frères et soeurs, étant données ces circonstances uniques, j’aimerais aussi attirer votre attention sur une part essentielle de la vie et de la mission de votre Église, à savoir la recherche d’une plus grande unité dans la charité avec les autres chrétiens et du dialogue avec ceux qui ne sont pas chrétiens. Particulièrement depuis le Concile Vatican II, l’Église s’est engagée à avancer sur le chemin d’une compréhension plus profonde avec nos frères chrétiens dans le but de créer des liens d’amour et de compagnonnage toujours plus forts entre tous les baptisés. Étant données votre situation, vous êtes capables d’apporter votre contribution personnelle à la réalisation d’une plus grande unité chrétienne dans votre vie quotidienne. Laissez-moi vous encourager à agir ainsi, certain que l’Esprit du Seigneur, qui a prié pour que ses disciples soient un (cf. Jn Jn 17,21), vous accompagnera dans cette tâche importante.

En ce qui concerne le dialogue interreligieux, beaucoup reste encore à faire dans le monde. C’est là un autre domaine dans lequel vivent souvent les Catholiques de Chypre. Dans ces situations, il leur est offert des opportunités pour une action juste et prudente. Ce n’est que par un patient travail que la confiance mutuelle peut être bâtie, le fardeau de l’histoire dépassé, et les différences politiques et culturelles entre les peuples devenir une raison pour travailler à une compréhension plus profonde. Je vous encourage à favoriser la création d’une telle confiance mutuelle entre chrétiens et non-chrétiens, comme une base pour fonder une paix durable et une entente harmonieuse entre les personnes appartenant à des religions, à des aires politiques et à origines culturelles différentes.

82 Chers amis, je voudrais vous inviter à regarder la communion profonde que vous partagez déjà entre vous et avec le reste de l’Église catholique dans le monde. Eu égard aux besoins immédiats de l’Église, je vous encourage à prier et à favoriser les vocations à la prêtrise et à la vie religieuse. Alors que l’Année sacerdotale s’achève, l’Église a acquis une conscience renouvelée du besoin de prêtres bons, saints et bien formés. Elle a besoin d’hommes et de femmes religieux totalement donnés au Christ et à l’extension du Royaume de Dieu sur la terre. Notre Seigneur a promis que ceux qui, à son exemple, se détacheraient de leur vie la garderaient pour la vie éternelle (cf. Jn Jn 12,25). Je demande aux parents de mesurer la promesse et d’encourager leurs enfants à répondre généreusement à l’appel du Seigneur. Je presse les pasteurs d’être attentifs aux jeunes, à leurs besoins et à leurs aspirations, et de les éduquer dans la plénitude de la foi.

Ici, dans cette école catholique, qu’il me soit permis d’adresser quelques mots à ceux qui travaillent dans les écoles catholiques de l’île, particulièrement aux enseignants. Votre travail s’inscrit dans une tradition de l’Église catholique à Chypre qui est ancienne et appréciée. Continuez patiemment à servir le bien de toute la communauté en recherchant l’excellence dans l’éducation. Que le Seigneur vous bénisse en abondance dans la mission sacrée que représente la formation du plus précieux des dons que le Tout Puissant nous ait fait - nos enfants.

Je m’adresse maintenant particulièrement à vous, chers jeunes catholiques de Chypre. ?a?aµe??ete d??at?? st?? p?st? sa?, ?eµ?t?? ?a?? st?? ?p??es?a t?? Te?? ?a? ?e??a??d???? µe t?? ????? sa? ?a? µe ta t??a?ta sa?. ?????ste ?a ?t?s?e? ??a ?a??te?? µ????? ??a t?? ?????s?a ?a? ??a t?? ???a sa?, p??????ta? t? ?a?? t?? ????? pa?? t? d??? sa? [2].

Chers fidèles catholiques de l’Église de Chypre, fortifiez votre entente dans la communion de l’Église universelle et avec le Successeur de Pierre, et faites grandir vos liens fraternels les uns avec les autres dans la foi, l’espérance et l’amour.

Je délivre ce message de manière particulière aux fidèles présents comme à ceux qui viennent de Kormakiti, Asomatos, Karpash et Agia Marina. Je connais vos attentes et vos souffrances, et je vous demande de porter ma bénédiction à vos proches, et mon affection aux habitants de vos villages où les Chrétiens sont un peuple d’espérance. Pour ma part, j’espère ardemment et je prie afin qu’une vie meilleure soit rapidement assurée à l’ensemble des habitants de l’île par l’engagement et par la bonne volonté de ceux qui sont concernés.

Par ces quelques mots, je vous confie tous à la protection de la Bienheureuse Vierge Marie et à l’intercession des saints Paul et Barnabé.

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[1] Cela me procure une grande joie d’être avec vous, qui représentez la Communauté catholique de Chypre.

[2] Soyez forts dans la foi, joyeux dans le service de Dieu et généreux de votre temps et de vos dons ! Participez à la construction d’un avenir meilleur pour l’Église et votre pays en plaçant le bien des autres avant votre propre bien.

[3] Que Dieu vous bénisse tous !


APOSTOLISCHE REISE NACH ZYPERN

(4.-6. JUNI 2010)

BEGEGNUNG MIT DER KATHOLISCHEN GEMEINDE ZYPERNS


Sportplatz der Grundschule St. Maron - Nicosia

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Samstag, 5. Juni 2010

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es ist mir eine große Freude, bei euch zu sein, den Vertretern der katholischen Gemeinde in Zypern.

Ich danke Erzbischof Soueif für seine freundlichen Worte der Begrüßung in eurem Namen, und ich danke besonders den Kindern für ihre schöne Vorstellung. Ich begrüße auch Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal, und in der Person von Pater Pizzaballa, der heute unter uns ist, grüße ich die große und geduldige Arbeit der Kustodie der Franziskaner für das Heilige Land.

Bei diesem historischen Anlaß des ersten Besuchs des Bischofs von Rom in Zypern komme ich, um euch im Glauben an Jesus Christus zu stärken und euch zu ermutigen, in Treue zur apostolischen Tradition ein Herz und eine Seele zu bleiben (vgl. Ac 4,32). Als Nachfolger Petri bin ich heute unter euch, um euch meine Unterstützung, meine Nähe im Gebet und meine Ermutigung zu versichern.

Soeben haben wir im Johannesevangelium gehört, wie einige Griechen, die von den großen Taten, die Jesus vollbrachte, erfahren haben, an den Apostel Philipp herantraten und sagten: „Wir möchten Jesus sehen“ (Jn 12,21). Diese Worte berühren uns alle tief. Wie die Männer und Frauen im Evangelium möchten auch wir Jesus sehen, ihn kennen, ihn lieben und ihm dienen - mit „einem Herzen und einer Seele“.

Außerdem, wie die Stimme vom Himmel im heutigen Evangelium, die die Herrlichkeit des Namens Gottes bezeugt, so verkündet die Kirche seinen Namen nicht einfach um ihrer selbst willen, sondern zum Wohl der ganzen Menschheit (vgl. Jn 12,30). Auch ihr, Christi Jünger heute, seid berufen, euren Glauben in der Welt zu leben, indem ihr mit euren Stimmen und euren Taten zur Förderung der Werte des Evangeliums beitragt, die euch von Generationen von zypriotischen Christen überliefert wurden. Diese Werte, die tief in eurer eigenen Kultur wie im Erbe der universalen Kirche verankert sind, sollen eure Bemühungen weiter beseelen, um den Frieden und die Gerechtigkeit sowie die Achtung des menschlichen Lebens und der Würde euerer Mitbürger zu fördern. Auf diese Weise wird eure Treue zum Evangelium gewiß der ganzen zypriotischen Gesellschaft zugute kommen.

Liebe Brüder und Schwestern, in Anbetracht eurer einzigartigen Situation möchte ich eure Aufmerksamkeit ebenso auf einen wesentlichen Teil des Lebens und der Sendung unserer Kirche lenken, nämlich auf die Suche nach größerer Einheit in der Liebe mit den anderen Christen und auf den Dialog mit den Nicht-Christen. Besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich die Kirche dafür eingesetzt, auf dem Weg eines besseren Verständnisses mit unseren Mitchristen voranzuschreiten, um so immer engere Bande der Liebe und der Gemeinschaft unter allen Getauften zu knüpfen. Angesichts eurer Lebensumstände seid ihr fähig, in eurem Alltag euren persönlichen Beitrag zum Ziel einer größeren Einheit der Christen zu erbringen. Dazu möchte ich euch ermuntern, und ich vertraue darauf, daß der Geist unseres Herrn, der gebetet hat, daß seine Jünger eins sein sollen (vgl. Jn 17,21), euch in dieser wichtigen Aufgabe begleiten wird.

In bezug auf den interreligiösen Dialog muß in der ganzen Welt noch viel getan werden. Dies ist ein anderer Bereich, wo die Katholiken in Zypern oft in einer Situation leben, die ihnen Gelegenheiten für rechtes und kluges Handeln bietet. Nur in geduldiger Arbeit kann gegenseitiges Vertrauen geschaffen und die Bürde der Geschichte überwunden werden. Die politischen und kulturellen Verschiedenheiten zwischen den Völkern werden so zu einem Ansporn, sich um ein tieferes Verständnis zu bemühen. Ich bitte euch dringend mitzuhelfen, solch gegenseitiges Vertrauen zwischen Christen und Nicht-Christen zu schaffen als Grundlage zum Aufbau dauerhaften Friedens und bleibender Eintracht zwischen den Menschen verschiedener Religionen, politischer Regionen und kultureller Herkünfte.

Liebe Freunde, ich möchte euch einladen, auf die tiefe Gemeinschaft zu schauen, die ihr bereits untereinander und mit der Katholischen Kirche weltweit teilt. Angesichts der unmittelbaren Nöte der Kirche ermuntere ich euch, um Priester- und Ordensberufungen zu beten und sie zu fördern. Am Ende dieses Priesterjahrs hat die Kirche ein erneuertes Bewußtsein für die Notwendigkeit guter, heiliger und solide ausgebildeter Priester erlangt. Sie braucht Ordensmänner und Ordensfrauen, die sich ganz für Christus und die Ausbreitung des Gottesreiches auf Erden hingeben. Unser Herr hat verheißen, daß, wer sein Leben in seiner Nachfolge hingibt, es bewahren wird bis ins ewige Leben (vgl. Jn 12,25). Ich bitte die Eltern, diese Verheißung zu bedenken und die Kinder zu ermutigen, großzügig dem Ruf des Herrn zu folgen. Die Priester bitte ich eindringlich, sich um die Jugend zu kümmern, um ihre Bedürfnisse und Ziele und sie in der Fülle des Glaubens zu formen.

84 Laßt mich hier in dieser katholischen Schule auch ein Wort an alle richten, die in den katholischen Schulen auf dieser Insel arbeiten, besonders an die Lehrer. Eure Arbeit ist Teil einer langen und geschätzten Tradition der Katholischen Kirche in Zypern. Dient weiter geduldig dem Wohl der ganzen Gemeinschaft, indem ihr euch um hochwertige Bildung bemüht. Der Herr möge euch in der heiligen Aufgabe reichlich segnen, die die Formung des wertvollsten Geschenkes darstellt, das Gott uns gegeben hat: unsere Kinder.

Ein besonderes Wort richte ich nun an euch, meine lieben jungen Katholiken Zyperns. Seid stark im Glauben, froh im Dienst für Gott und großzügig mit eurer Zeit und euren Talenten! Helft, eine bessere Zukunft für die Kirche und für euer Land aufzubauen, indem ihr das Wohl der anderen vor das eigene stellt.

Liebe Katholiken Zyperns, fördert eure eigene Eintracht in Gemeinschaft mit der universalen Kirche und mit dem Nachfolger Petri und festigt eure brüderlichen Bande untereinander in Glaube, Hoffnung und Liebe.

Besonders möchte ich diese Botschaft den Anwesenden aus Kormakiti, Asomatos; Karpasha und Agia Marina übergeben. Ich weiß von euren Sehnsüchten und euren Leiden. Und ich bitte euch, meinen Segen, meine Nähe im Gebet und meine Zuneigung allen zu bringen, die aus euren Dörfern kommen, wo Christen ein Volk der Hoffnung bilden. Meinerseits hoffe und bete ich, daß die Betroffenen sich mit gutem Willen dafür einsetzen, daß rasch ein besseres Leben für alle Bewohner der Insel gewährleistet wird.

Mit diesen wenigen Worten vertraue ich euch alle dem Schutz der seligen Jungfrau Maria und der Fürsprache der Heiligen Paulus und Barnabas an.

Gott segne euch alle!


APOSTOLISCHE REISE NACH ZYPERN

(4.-6. JUNI 2010)

HÖFLICHKEITSBESUCH BEI CHRYSOSTOMOS II.,

ERZBISCHOF VON ZYPERN



Orthodoxer Erzbischöflicher Sitz, Nicosia

Samstag, 5. Juni 2010



Eure Seligkeit!

In brüderlicher Zuneigung grüße ich Sie im auferstandenen Herrn und danke Ihnen für den herzlichen Empfang.

85 Dankbar erinnere ich mich an Ihren Besuch vor drei Jahren in Rom und freue mich, daß wir uns heute in Ihrer Heimat wiedersehen. In Ihrer Person grüße ich zugleich den Heiligen Synod und alle Priester, Diakone, Mönche, Nonnen und die gläubigen Laien der Kirche Zyperns.

Zuallererst möchte ich meinen Dank für die Gastfreundschaft bekunden, die die Kirche von Zypern der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog anläßlich ihres Treffens in Paphos im vergangenen Jahr so großzügig gewährt hat. Ebenso bin ich dankbar dafür, daß die Kirche von Zypern die Bemühungen um den Dialog durch die Klarheit und Offenheit ihrer Beiträge stets unterstützt hat. Der Heilige Geist leite und bestärke dieses große kirchliche Unterfangen, das auf die Wiederherstellung einer vollen und sichtbaren Gemeinschaft zwischen den Kirchen des Ostens und des Westens abzielt - einer Gemeinschaft, die in Treue zum Evangelium und zur apostolischen Tradition, in Wertschätzung für die legitimen Traditionen in Ost und West und in Offenheit für die unterschiedlichen Gaben, mit denen der Heilige Geist die Kirche in Einheit, Heiligkeit und Frieden aufbaut, zu leben ist.

Dieser Geist der Brüderlichkeit und Gemeinschaft fand auch Ausdruck in der großherzigen Spende, die Eure Seligkeit im Namen der Kirche von Zypern an die Opfer des Erdbebens im vergangenen Jahr in L’Aquila unweit von Rom übersandt hat, deren Nöte mir sehr am Herzen liegen. In demselben Geist verbinde ich mich nun mit euch im Gebet darum, daß alle Einwohner Zyperns mit Gottes Hilfe die nötige Weisheit und Kraft finden werden, um gemeinsam an einer gerechten Regelung der noch ungelösten Fragen zu arbeiten, um nach Frieden und Versöhnung zu streben und um für die kommenden Generationen eine Gesellschaft aufzubauen, die sich durch die Achtung der Rechte aller auszeichnet, einschließlich der unveräußerlichen Rechte der Gewissensfreiheit und der freien Religionsausübung.

Zypern wird traditionell als ein Teil des Heiligen Landes angesehen, und die fortdauernde Konfliktsituation im Nahen Osten muß für alle, die Christus nachfolgen, ein Anlaß zur Sorge sein. Niemand kann gleichgültig bleiben angesichts der Notwendigkeit, die Christen in dieser leidgeplagten Region auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen, damit ihre alteingesessenen Kirchen in Frieden leben und gedeihen können. Die christlichen Gemeinschaften Zyperns können ein sehr fruchtbares Feld ökumenischer Zusammenarbeit finden, indem sie gemeinsam für Frieden, Versöhnung und Stabilität in jenen Ländern beten und arbeiten, die durch Gegenwart des Friedensfürsten während seines irdischen Lebens gesegnet wurden.

Mit diesen Erwägungen danke ich Eurer Seligkeit einmal mehr für die brüderliche Aufnahme und versichere Sie meines Gebets für Sie, für den gesamten Klerus und alle Gläubigen der Kirche von Zypern.




APOSTOLISCHE REISE NACH ZYPERN

(4.-6. JUNI 2010)

ÜBERGABE DES INSTRUMENTUM LABORIS

FÜR DIE SONDERVERSAMMLUNG DER BISCHOFSSYNODE FÜR DEN NAHEN OSTEN ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS


Sportpalast Elefteria - Nicosia

Sonntag, 6. Juni 2010


Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Erzbischof Eterovic danke ich für seine freundlichen Worte und grüße nochmals euch alle, die ihr im Zusammenhang mit dem Auftakt der bevorstehenden Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten hierher gekommen seid. Ich danke euch für all die Arbeit, die in Erwartung der Sonderversammlung bereits geleistet wurde, und ich verspreche euch meine Unterstützung im Gebet, während ihr nun in die Schlußphase der Vorbereitung eintretet.

Bevor ich beginne, ist es sehr angebracht, an den verstorbenen Bischof Luigi Padovese zu erinnern, der als Präsident der katholischen Bischöfe der Türkei zur Vorbereitung des Instrumentum Laboris beigetragen hat, das ich euch heute übergebe. Die Nachricht von seinem unvorhergesehenen und tragischen Tod am Donnerstag hat uns alle überrascht und schockiert. Ich empfehle seine Seele der Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes. Ich denke daran, wie sehr er sich, besonders als Bischof, für das Verständnis zwischen den Religionen und Kulturen und für den Dialog zwischen den Kirchen eingesetzt hat. Sein Tod ist eine ernüchternde Erinnerung an die Berufung, die allen Christen gemeinsam ist, nämlich in jeder Lage mutige Zeugen für das zu sein, was gut, edel und recht ist.

86 Das Leitwort dieser Versammlung spricht von Gemeinschaft und Zeugnis und erinnert uns, wie die Glieder der christlichen Urgemeinde „ein Herz und eine Seele“ waren. Im Zentrum der Einheit der Kirche steht die Eucharistie, die unschätzbare Gabe Christi an sein Volk und der Mittelpunkt unserer heutigen Liturgiefeier am Hochfest des Leibes und Blutes Christi. So ist es nicht ohne Bedeutung, daß für die Übergabe des Instrumentum Laboris der Sondersynode das heutige Datum gewählt wurde.

Der Nahe Osten hat einen besonderen Platz in den Herzen aller Christen, seit Gott sich selbst zuerst dort unseren Vätern im Glauben zu erkennen gab. Von der Zeit, da Abraham im Gehorsam gegenüber Gottes Ruf von Ur in Chaldäa aufbrach, bis hin zum Tod und zur Auferstehung Jesu wurde Gottes Erlösungswerk durch besondere Menschen und Völker in euren Heimatländern vollbracht. Seit damals hat sich die Botschaft des Evangeliums über die ganze Welt ausgebreitet, doch blicken die Christen aus allen Ländern weiter mit besonderer Ehrfurcht auf den Nahen Osten wegen der Propheten und Patriarchen, wegen der Apostel und den Märtyrern, denen wir so viel verdanken, den Männern und Frauen, die Gottes Wort hörten, es bezeugten und an uns weitergaben, die wir zur großen Familie der Kirche gehören.

Die Sonderversammlung der Bischofssynode, die auf eure Anfrage hin einberufen wird, wird versuchen, die Bande der Gemeinschaft zwischen den Mitgliedern eurer Ortskirchen wie auch die Gemeinschaft innerhalb derselben Kirchen und mit der universalen Kirche zu vertiefen. Diese Versammlung möchte euch ebenso im Zeugnis eures Glaubens an Christus bestärken, das ihr in jenen Ländern gebt, wo dieser Glaube geboren und gewachsen ist. Desgleichen ist bekannt, daß manche von euch große Prüfungen ertragen aufgrund der gegenwärtigen Situation. Die Sonderversammlung ist eine Gelegenheit für die Christen in der restlichen Welt, ihren Brüdern und Schwestern im Nahen Osten geistige Hilfe und Solidarität anzubieten. Es ist eine Gelegenheit, die große Bedeutung hervorzuheben, welche die Anwesenheit und das Zeugnis der Christen in den Ländern der Bibel darstellen, nicht nur für die christliche Gemeinschaft auf weltweiter Ebene, sondern ebenso für eure Nachbarn und eure Mitbürger. Auf unzählige Weise tragt ihr zum Gemeinwohl bei, zum Beispiel durch die Erziehung, die Krankenpflege und die Sozialhilfe, und ihr arbeitet am Aufbau der Gesellschaft. Ihr wünscht, in Frieden und Eintracht mit euren jüdischen und muslimischen Nachbarn zu leben. Oft handelt ihr als Architekten des Friedens im schwierigen Versöhnungsprozeß. Ihr verdient Anerkennung für eure unschätzbare Rolle, die ihr erfüllt. Es ist meine feste Hoffnung, daß alle eure Rechte mehr und mehr respektiert werden, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit und freie Religionsausübung, und daß ihr nie wieder Diskriminierung irgendeiner Art erleidet.

Ich bete, daß die Arbeit der Sonderversammlung helfen wird, die Aufmerksamkeit der Internationalen Gemeinschaft auf die Lage jener Christen im Nahen Osten zu lenken, die für ihren Glauben leiden, so daß gerechte und dauerhafte Lösungen für die Konflikte, die so viel Not verursachen, gefunden werden können. In dieser schwerwiegenden Angelegenheit wiederhole ich meinen persönlichen Aufruf zu dringenden und gemeinsamen Anstrengungen, die aktuellen Spannungen im Nahen Osten, vor allem in Heiligen Land, zu lösen, bevor diese Konflikte zu größerem Blutvergießen führen.

Mit diesen Überlegungen überreiche ich euch nun den Text des Instrumentum Laboris der Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten. Gott möge eure Arbeit reichlich segnen! Gott segne alle Menschen im Nahen Osten!


APOSTOLISCHE REISE NACH ZYPERN

(4.-6. JUNI 2010)

BESUCH DER MARONITISCHEN KATHEDRALE VON ZYPERN


Nicosia

Sonntag, 6. Juni 2010

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ich freue mich sehr, die Kathedrale Unserer Lieben Frau von den Gnaden zu besuchen. Ich danke Erzbischof Youssef Soueif für seine freundlichen Worte der Begrüßung in Namen der maronitischen Gemeinde in Zypern, und von Herzen grüße ich euch alle mit den Worten des Apostels: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (1Co 1,3).

Wenn ich dieses Gotteshaus besuche, begebe ich mich im Geiste auf Wallfahrt zu allen maronitischen Kirchen auf der Insel. Seid versichert, daß ich, bewegt von der Sorge eines Vaters, allen Gläubigen dieser alten Gemeinden nahe bin.

87 Diese Kathedralkirche repräsentiert in gewisser Weise die sehr lange und reiche - und zuweilen turbulente - Geschichte der maronitischen Gemeinde in Zypern. Maroniten kamen im Laufe der Jahrhunderte zu verschiedenen Zeiten an diese Küsten und hatten oft Schwierigkeiten, ihrem besonderen christlichen Erbe treu zu bleiben. Obwohl ihr Glaube wie Gold im Feuer geprüft wurde (vgl. 1P 1,7), blieben sie dennoch treu im Glauben ihrer Väter, einem Glauben, der nun euch übergeben wurde, den maronitischen Zyprioten von heute. Ich bitte euch eindringlich, dieses Erbe, diese wertvolle Gabe in Ehren zu halten.

Diese Kathedrale erinnert uns auch an eine wichtige spirituelle Wahrheit. Der heilige Petrus sagt uns, daß wir Christen lebendige Steine sind, die „zu einem geistigen Haus“ aufgebaut werden, „zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1P 2,5). Zusammen mit den Christen auf der ganzen Welt sind wir Teil jenes großen Tempels, des mystischen Leibes Christi. Unser geistiger Gottesdienst, der in vielen Sprachen, an vielen Orten und in einer schönen Vielfalt von Liturgien dargebracht wird, ist Ausdruck der einen Stimme des Volkes Gottes, das im Lob und Dank an ihn und in der beständigen Gemeinschaft untereinander geeint ist. Diese Gemeinschaft, die uns sehr am Herzen liegt, drängt uns, die Gute Nachricht unseres neuen Lebens in Christus der ganzen Menschheit zu bringen.

Das ist der Auftrag, den ich euch heute hinterlasse: Ich bete, daß eure Kirche in Einheit mit euren Hirten und mit dem Bischof von Rom in der Heiligkeit, in der Treue zum Evangelium und in der Liebe zum Herrn und zueinander wachse.

Euch und eure Familien, besonders eure Kinder, vertraue ich der Fürsprache des heiligen Maron an und erteile euch allen gerne meinen Apostolischen Segen.


ANSPRACHE 2010 79