ANSPRACHE 2010 95


SEGNUNG DER RESTAURIERTEN MARIENSTATUE

AUF DEM MONTE MARIO IN ROM

UND BESUCH IM DOMINIKANERINNENKLOSTER

"SANTA MARIA DEL ROSARIO"

SEGNUNG UND EINWEIHUNG DER STATUE

DER "MADONNA SALUS POPULI ROMANI" NACH ABSCHLUSS DER RESTAURIERUNGSARBEITEN ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.


Monte Mario ? Rom

Donnerstag, 24. Juni 2010





96 Liebe Brüder und Schwestern,

ich heiße euch alle, die ihr zu diesem bedeutenden Ereignis des heutigen Tages hier versammelt seid, herzlich willkommen. Von diesem Hügel aus wird die majestätische Statue der Muttergottes nun wieder über unsere Stadt wachen, nachdem sie ein heftiger Sturm vor einigen Monaten umgestoßen hatte. Ich begrüße Kardinalvikar Agostino Vallini und alle anwesenden Bischöfe. Mein Gruß geht in besonderer Weise an Don Flavio Peloso, der in der Leitung des »Werkes Don Orione« bestätigt wurde und dem ich für seine herzlichen Worte danken möchte. Ich grüße auch die Ordensmänner und -frauen, die am 13. Generalkapitel teilgenommen haben; alle, die in dieser Institution im Dienst der notleidenden Kinder und der Kranken tätig sind, sowie die gesamte geistliche Familie Don Oriones. Herzlich willkommen heiße ich auch den Bürgermeister von Rom, Herrn Abgeordneten Gianni Alemanno: Ich möchte Ihnen schon heute für das Konzert danken, das man am Abend des 29. Juni auf dem Kapitol zu meinen Ehren geben wird. Eine Geste, die zeigt, wie sehr die Stadt Rom dem Papst zugetan ist. Ich grüße auch alle anderen hier anwesenden zivilen und militärischen Autoritäten. Und wie sollte ich nicht allen herzlich danken, die dazu beigetragen haben, daß die Muttergottesstatue nun wieder in ihrem alten Glanz erstrahlen kann!

Eurer Einladung, der Gottesmutter »Salus populi Romani«, deren Sinnbild diese wunderbare, vom römischen Volk so sehr geliebte Statue ist, mit euch gemeinsam meine Ehrerbietung zu bezeigen, bin ich gern gefolgt. Diese Statue ruft uns dramatische und providentielle Ereignisse ins Gedächtnis, die in die Geschichte und das Bewußtsein dieser Stadt eingeschrieben sind. 1953 wurde sie auf dem Hügel Monte Mario aufgestellt, um ein Gelübde einzulösen, das die römische Bevölkerung in den dramatischen Tagen der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg abgelegt hatte, als das Schicksal Roms besiegelt zu sein schien. Dem Aufruf der römischen »Werke Don Oriones«, der Muttergottes ein Gelübde abzulegen und dafür Unterschriften zu sammeln, folgten damals mehr als eine Million Römer. Der ehrwürdige Papst Pius XII. befürwortete die fromme Initiative des Volkes, das sich dem Schutz Marias anvertraute, und so konnte die feierliche Ablegung des Gelübdes am 4. Juni 1944 vor dem Bildnis der Muttergottes von der Göttlichen Liebe erfolgen: Es war auch der Tag der friedlichen Befreiung Roms. Wie sollte ich also heute nicht gemeinsam mit euch, meinen lieben römischen Freunden, jene Geste der Verehrung der »Salus populi Romani« erneuern wollen, indem ich diese schöne Statue segne?

Die Orionianer wollten eine große, monumentale Statue, die sich über der Stadt erhob. So konnten die Gläubigen nicht nur der erhabenen Heiligkeit der Muttergottes huldigen, die auf Erden demütig war und »über die Chöre der Engel im Himmel erhöht wurde« (Gregor VII., An Adelheid von Ungarn), sondern hatten gleichzeitig auch eine vertraute Präsenz in ihrem täglichen Leben. Möge Maria, die Mutter Gottes und unsere Mutter, stets eure Gedanken und Gefühle leiten, ein sanfter Trost für eure Seelen sein, euren Willen und eure Schritte lenken und euch zur Nachfolge Jesu Christi inspirieren. Möge die »Madonnina « - wie sie hier in Rom genannt wird -, die auf die Stätten des familiären, zivilen und religiösen Lebens Roms herabblickt, die Familien schützen, gute Absichten wecken und allen die Sehnsucht nach dem Himmel eingeben. »Zum Himmel blicken, beten, und dann mutig ans Werk! Gegrüßet seist Du Maria, und frohgemut voran!«, war das Motto von Luigi Orione.

Aber die Römer haben sich mit ihrem Gelübde nicht nur zum Gebet und zur Marienverehrung verpflichtet, sondern sich auch für wohltätige Werke eingesetzt. In diesem Zentrum auf dem Monte Mario kümmerten sich die Orionianer schon lange vor der Statue um kriegsversehrte Kinder und Kriegswaisen. Das Programm des hl. Luigi Orione - »Allein die Liebe wird die Welt retten« - wurde hier umgesetzt und konnte mit der »Madonnina« auf dem Hügel zu einem Zeichen der Hoffnung für Rom werden. Liebe Brüder und Schwestern, geistliche Erben des Heiligen der Nächstenliebe, Luigi Orione! Das Generalkapitel, das gerade abgeschlossen werden konnte, stand nicht ohne Grund unter dem Motto, das eurem Gründer so sehr am Herzen lag: »Allein die Liebe kann die Welt retten.« Ich segne das Vorhaben und die Beschlüsse, die getroffen wurden, um jener spirituellen und apostolischen Dynamik neuen Auftrieb zu geben, die euch stets auszeichnen soll!

Don Orione hatte eine klare Vorstellung von der Aufgabe der Kirche, die Liebe vorzuleben, um das Licht Gottes in die Welt eintreten zu lassen (vgl. Deus Caritas est ), und er fühlte sich dieser Aufgabe leidenschaftlich verpflichtet. Seinen Jüngern hinterließ er diese Sendung als geistlichen und apostolischen Weg, in der festen Überzeugung, daß »die Liebe dem Glauben die Augen öffnet und die Herzen mit Liebe zu Gott erfüllt«. Liebe Söhne und Töchter der Göttlichen Vorsehung, geht diesen von ihm begonnenen charismatischen Weg weiter, denn - wie er zu sagen pflegte - »die Nächstenliebe ist die beste Verherrlichung des katholischen Glaubens«, »die Nächstenliebe ist ansteckend, die Nächstenliebe bewegt, sie führt zum Glauben und zur Hoffnung« (Protokolle, 26.11.1930, S. 95). Die Werke der Nächstenliebe - seien es nun persönliche Gesten oder der Dienst an Bedürftigen, der in großen Institutionen angeboten wird - dürfen nicht auf eine rein philanthropische Geste reduziert werden, sondern müssen stets greifbarer Ausdruck der fürsorglichen Liebe Gottes sein. Dazu müssen wir - wie Don Orione meinte - »von der süßen Liebe unseres Herrn durchdrungen sein« (Schriften 70,231), was durch ein wahrhaft spirituelles und heiliges Leben geschieht. Nur so ist es möglich, von den Werken der Liebe zur Liebe der Werke überzugehen, denn - wie euer Gründer sagt -, »auch die schönsten guten Werke haben, wenn man sie ohne die Liebe Gottes tut, letztendlich keinen Wert« (An die Kleinen Missionarinnen der Nächstenliebe, 19.6.2010, S. 141).

Liebe Brüder und Schwestern, nochmals vielen Dank für eure Einladung und eure Gastfreundschaft. Maria, die wir gemeinsam für all jene, die in diesem Zentrum arbeiten, und für die gesamte Bevölkerung Roms anrufen, gewähre euch jeden Tag ihren mütterlichen Schutz. Ich versichere euch alle meines Gebetsbeistands und spende euch von Herzen meinen Segen.


AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER UNION

DER HILFSWERKE FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN (ROACO)


Sala Clementina

Freitag, 25. Juni 2010

Sehr geehrte Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
97 liebe Mitglieder und Freunde der ROACO!

Es ist mir eine Freude, euch zur Sommersitzung der »Union der Hilfswerke für die Orientalischen Kirchen« willkommen zu heißen. Ich danke Herrn Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, für seinen herzlichen Gruß, den ich gerne erwidere, verbunden mit der Zusicherung, ihn dem Herrn anzuempfehlen. Ferner grüße ich den Sekretär, den Untersekretär sowie alle Mitarbeiter des Dikasteriums. Einen herzlichen Gruß richte ich auch an den Päpstlichen Vertreter in Jerusalem, Israel und Palästina, den maronitischen Erzbischof von Zypern und den Kustos des Heiligen Landes, die mit den Repräsentanten der Internationalen Katholischen Agenturen und der »Bethlehem University« heute hierhergekommen sind. Euch alle möchte ich nicht nur meiner Wertschätzung versichern, sondern auch der Dankbarkeit der ganzen Kirche, besonders der Bischöfe und der orientalischen und lateinischen Gläubigen, die in den der Kongregation für die Orientalischen Kirchen anvertrauten Gebieten leben, sowie all jener, die aus ihrer Heimat ausgewandert sind.

Grußworte des Heiligen Vaters

... auf französisch: Wir alle wünschen dem Heiligen Land, dem Irak und dem Nahen Osten das Geschenk eines dauerhaften Friedens und eines stabilen friedlichen Zusammenlebens. Die Grundlagen dafür sind der Respekt der Rechte der Person, der Familien, der Gemeinschaften und der Völker, sowie die Überwindung jeglicher religiöser, kultureller oder sozialer Diskriminierung. Ich vertraue Gott - aber auch euch - den in Zypern ergangenen Appell für den christlichen Orient an in der Hoffnung, daß ihr als Werkzeuge der kirchlichen Nächstenliebe immer intensiver am Bau der Gerechtigkeit in Freiheit und Frieden zusammenarbeiten könnt.

Ich ermutige alle Brüder und Schwestern, die im Orient das unschätzbare Geschenk der Taufe erhalten haben, im Glauben auszuharren und trotz der zahlreichen Opfer dort zu bleiben, wo sie geboren wurden. Gleichzeitig möchte ich die orientalischen Migranten auch bitten, ihre Herkunft nicht zu vergessen, besonders nicht ihre religiösen Wurzeln. Davon hängt nämlich nicht nur ihre Treue ab, sondern auch ihre menschliche und christliche Kohärenz. Meine besondere Sorge gilt den Christen, die um des Evangeliums willen Gewalt erdulden müssen und die ich dem Herrn anempfehle. Ich vertraue stets darauf, daß die Verantwortlichen der Nationen konkrete Maßnahmen ergreifen, die unterschiedslos und allerorts die öffentliche und gemeinschaftliche Religionsausübung aller garantieren. Schon im vergangenen Jahr hatte ich bei dieser Gelegenheit und anläßlich des Priesterjahres darum gebeten, den Amtsträgern Christi und der Kirche eine besondere Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Nicht nur die Priester, sondern das ganze Volk Gottes konnten in den Genuß reicher Früchte der Heiligung kommen. Bitten wir den Heiligen Geist, daß er diese Zeichen des göttlichen Wohlwollens durch das Geschenk der Berufungen bestätigen möge, derer die kirchliche Gemeinschaft im Westen wie auch im Osten so dringend bedarf.

... auf deutsch: Ich freue mich zu erfahren, daß die katholischen Ostkirchen eifrig an der Umsetzung der Ziele des Priesterjahres mitgewirkt haben und daß die Hilfswerke der ROACO vorhaben, sie in diesem Bereich auch weiterhin zu unterstützen. Ihr habt nicht nur die Ausbildung der Kandidaten für die Heiligen Weihen, die eine bleibende Priorität ist, sondern auch die Bedürfnisse des in der Pastoral tätigen Klerus in den Blick genommen, wie zum Beispiel seine geistliche und kulturelle Fortbildung sowie die Hilfen für Priester besonders auch in der schwierigen und zugleich doch fruchtbaren Phase von Krankheit und Alter. Auf diese Weise tragt ihr dazu bei, in der Kirche und in der heutigen Gesellschaft die kostbare und unentbehrliche Gabe des priesterlichen Dienstamtes erstrahlen zu lassen. Der Orient war im Altertum Heimstätte großer Schulen priesterlicher Spiritualität. Die Kirche von Antiochia, um nur ein Beispiel anzuführen, hat außergewöhnliche Heilige hervorgebracht: hochgebildete Priester, die nicht sich selbst in den Vordergrund stellten, sondern Christus und die Apostel. Sie widmeten sich ganz und gar der Verkündigung des Wortes und der Feier der göttlichen Mysterien. Sie waren in der Lage, die Menschen tief in ihren Gewissen zu berühren und dort zu erreichen, wo sich mit rein menschlichen Mitteln kein Weg aufgetan hätte. Liebe Freunde, tragt mit eurem Engagement vor allem dazu bei, daß die Priester der Ostkirchen in unserer Zeit Widerhall dieses spirituellen Erbes sein können. Dem Netz der schulischen und sozialen Einrichtungen, das euch zu Recht ein Anliegen ist, wird dies einen großen Schub verleihen, sofern dies in einer soliden pastoralen Perspektive erfolgt. Wenn die Priester in ihrem Dienstamt wirklich von geistlichen Motiven geleitet werden, dann werden auch die Laien in ihrem Engagement bestärkt, sich ihrer christlichen Berufung gemäß um die zeitlichen Dinge zu kümmern.

…auf englisch: Wir stehen nun vor der gemeinsamen Aufgabe, uns auf die Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten vorzubereiten. Ich danke Gott für diese Initiative, die ihrem Leitwort entsprechend bereits hilfreiche Früchte der »Gemeinschaft und des Zeugnisses« hervorgebracht hat. Letztes Jahr wurde mir die Freude zuteil, diese Synodenversammlung im Rahmen eines brüderlichen Gebets- und Reflexionstreffens mit den Patriarchen und Großerzbischöfen der Ostkirchen in Castel Gandolfo ankündigen zu dürfen. Während meines unlängst erfolgten Besuches in Zypern, an den ich mit großer Dankbarkeit Gott und all jenen gegenüber zurückdenke, die mich so herzlich empfangen haben, habe ich den Repräsentanten des Episkopats des Nahen Ostens das Instrumentum laboris dieser Sonderversammlung überreicht. Es freut mich feststellen zu dürfen, welch große Bereitschaft zur Zusammenarbeit die Ostkirchen bisher gezeigt haben und welch hervorragende Arbeit die ROACO von Anfang an für dieses denkwürdige Ereignis geleistet hat und auch weiter leistet. Eure guten Kontakte zur Kongregation für die Orientalischen Kirchen und der Umstand, daß auch einige Repräsentanten aus euren Reihen bei diesem Bischofstreffen zugegen sein werden, lassen uns zuversichtlich sein, daß diese gemeinsame Bemühung reiche Früchte tragen wird.

... auf italienisch: Liebe Freunde, ich bitte euch, mit euren Werken dazu beizutragen, unter den Christen des Orients die »Hoffnung, die nicht enttäuscht« (
Rm 5,5 vgl. Instrumentum laboris, Schlußfolgerungen), lebendig zu halten. In eurer »kleinen Herde« (Lc 12,32) ist bereits die Zukunft Gottes wirksam und der von ihr beschrittene »schmale Weg« wird vom Evangelium als »Weg zum Leben « (Mt 7,13-14) beschrieben. Wie gerne wären wir stets an eurer Seite! Im Vertrauen auf die Fürsprache der allerseligsten Gottesmutter und der heiligen Apostel Petrus und Paulus, vertraue ich dem Herrn alle Wohltäter und Freunde an, sowie alle noch unter uns weilenden oder inzwischen verstorbenen Mitarbeiter, die auf verschiedene Weise für die ROACO tätig waren oder noch tätig sind. Mein besonderes Gedenken gilt dem kürzlich verstorbenen Bischof Padovese. Euch allen, den Mitgliedern und Förderern der internationalen Agenturen, sowie den geliebten katholischen Kirchen des Orients, spende ich meinen trostreichen Apostolischen Segen.




AN DIE MITGLIEDER DES »CIRCOLO SAN PIETRO«

Saal der Päpste

Samstag, 26. Juni 2010

Liebe Mitglieder des »Circolo San Pietro«!

98 Es ist mir eine Freude, euch bei dieser willkommenen Begegnung zu empfangen. Sie bietet mir die Gelegenheit, euch von neuem meine Wertschätzung auszusprechen für euer großherziges Wirken im Dienste des Heiligen Stuhls. Dieses Treffen findet kurz vor dem liturgischen Hochfest der hll. Petrus und Paulus statt und ermöglicht uns, gleichsam einen Vorgeschmack auf die Freude zu bekommen, die dieser so bedeutende Gedenktag in eurer ehrwürdigen Sodalität und in der ganzen Kirche hervorruft. Mit Zuneigung grüße ich euch alle, angefangen bei eurem Generalpräsidenten Graf Leopoldo Torlonia, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er in euer aller Namen an mich gerichtet hat, wie auch euren geistlichen Assistenten.

Wir haben vor kurzem das Priester-Jahr abgeschlossen, eine Zeit der Gnade, in dessen Verlauf die Kirche besonders aufmerksam über die Gestalt des hl. Johannes Maria Vianney, des Pfarrers von Ars, nachdachte und an dessen 150. Todestag erinnerte. Er ist ein Vorbild evangeliumsgemäßen Lebens nicht nur für die Priester, sondern auch für die Laien, besonders für all jene, die sich wie ihr im weiten Bereich der Nächstenliebe engagieren. Ein besonderer Aspekt im Leben dieses demütigen Priesters war in der Tat seine Distanz zu den materiellen Gütern. Er besaß nichts und verteilte all sein Hab und Gut an die Armen; für sich selbst benötigte er nichts: alles erschien ihm überflüssig.

Die Liebe zu den Armen hatte er von Kindheit an gelernt, als er sah, wie sie von seinen Eltern zu Hause aufgenommen und unterstützt wurden. Diese Liebe bewegte ihn dazu, im Laufe seines priesterlichen Lebens alles, was er besaß, den anderen zu geben. Er gründete auch ein Heim für arme Mädchen und Frauen, dem er den Namen »Die Vorsehung« gab. Sein Vorbild sei für euch, liebe Mitglieder des »Circolo San Pietro«, eine ständige Einladung, eure Arme all jenen zu öffnen, die ein greifbares Zeichen der Solidarität brauchen.

Seid auch weiterhin dieses konkrete Zeichen der Nächstenliebe des Papstes gegenüber allen, die sich in materiellen, aber auch geistlichen Notlagen befinden, sowie gegenüber den Pilgern, die aus allen Teilen der Welt nach Rom kommen, um die Gräber der Apostel zu besuchen und dem Nachfolger Petri zu begegnen.

Vor kurzem wurde daran erinnert, daß ihr heute hier zusammengekommen seid, um mir den Peterspfennig zu überreichen, der in den Kirchen Roms gesammelt wurde. Ich möchte euch meine tiefe Dankbarkeit für dieses Zeichen der Teilhabe an meiner Sorge für die bedürftigsten Menschen aussprechen. Es ist gleichsam ein Konvergenzpunkt von zwei einander ergänzenden Taten, die hier in einem einzigen beredten Zeugnis evangeliumsgemäßer Nächstenliebe vereint sind. Einerseits zeigen sie nämlich die Zuneigung der Einwohner dieser Stadt und der Pilger gegenüber dem Nachfolger Petri, und andererseits bringen sie die konkrete Solidarität des Heiligen Stuhls gegenüber den vielen Situationen der Armut und Not zum Ausdruck, die es leider in Rom und in vielen Teilen der Welt noch immer gibt. Durch eure Arbeit in den römischen Pfarreien und die Leitung von Hilfs- und Aufnahmezentren in der Hauptstadt habt ihr die Möglichkeit, euch direkt um die vielfältigen Situationen der Armut, die es noch immer gibt, zu kümmern; zugleich könnt ihr feststellen, wie tief in der Bevölkerung der Wunsch verwurzelt ist, Christus kennenzulernen und ihn in den Brüdern und Schwestern zu lieben.

Durch euren Einsatz für die Unterstützung der weniger begünstigten Mitmenschen verbreitet ihr eine Botschaft der Hoffnung, die dem Glauben und der Treue gegenüber dem Herrn entspringt, und ihr werdet so zu Herolden seines Evangeliums. Die Nächstenliebe und das Lebenszeugnis mögen auch weiterhin die Leitlinien eures Apostolates sein. Ich ermutige euch, euer Tun mit Freude fortzusetzen, euch dabei stets an den unverbrüchlichen christlichen Prinzipien zu inspirieren und immer neue Kraft aus dem Gebet und dem Opfergeist zu schöpfen - wie es in eurem Leitspruch heißt -, um reiche Früchte des Guten für die christliche Gemeinschaft und für unsere zivile Gesellschaft zu bringen.

Ich vertraue eure Bemühungen, eure Vorhaben und eure Tätigkeit dem mütterlichen Schutz der seligen Jungfrau, der »Salus Populi Romani« an. Sie leite eure Schritte und mache euch zu immer überzeugteren Mitarbeitern der Solidarität und Bauleuten des Friedens in allen Bereichen, in denen ihr eure verdienstvolle Arbeit ausführt. Mit diesen Wünschen rufe ich die himmlische Fürsprache der hll. Petrus und Paulus auf euch herab und erteile einem jeden von euch, euren Familien und allen, denen ihr in eurem täglichen Dienst begegnet, meinen besonderen Apostolischen Segen.




ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

AN DIE DELEGATION DES ÖKUMENISCHEN PATRIARCHATS VON KONSTANTINOPEL

Montag, 28. Juni 2010




Liebe Brüder in Christus!

»Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater« (Col 1,2). Es ist mir eine große Freude, Ihnen hier in Rom aus Anlaß des jährlichen Gedenktages des Martyriums der Apostel Petrus und Paulus meinen herzlichen Willkommensgruß im Herrn zu entbieten. Das Fest dieser Heiligen, das die katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen am selben Tag begehen, ist eines der ältesten Feste des liturgischen Jahres und zeugt von einer Zeit, in der unsere Gemeinschaften noch in voller Gemeinschaft miteinander lebten. Ihre Anwesenheit heute - für die ich dem Patriarchen von Konstantinopel, Seiner Heiligkeit Bartholomaios I., und dem Heiligen Synod des Ökumenischen Patriarchats zutiefst dankbar bin -, erfüllt unsere Herzen mit tiefer Freude.

Ich danke dem Herrn, daß unsere Beziehungen von gegenseitigem Vertrauen, Respekt und Brüderlichkeit geprägt sind, was die vielen Treffen beweisen, die wir in diesem Jahr bereits abhalten konnten.

99 All das gibt Grund zu der Hoffnung, daß der katholisch-orthodoxe Dialog auch weiter bedeutende Fortschritte machen wird. Eure Eminenz, wie Sie wissen, ist die Internationale Gemeinsame Kommission für den Theologischen Dialog, deren Generalsekretär Sie sind, an einem wichtigen Punkt angelangt: Im vergangenen Oktober konnten in Paphos die Gesprächsrunden zum Thema »Die Rolle des Bischofs von Rom in der Gemeinschaft der Kirche im ersten Jahrtausend« beginnen. Wir beten inständig darum, daß der Heilige Geist die Mitglieder der Kommission erleuchten möge, damit sie auch bei der anstehenden Vollversammlung in Wien diesen Kurs weiterverfolgen und sich die Zeit nehmen mögen, diese heikle und wichtige Frage gründlich zu erörtern. Für mich ist es ein ermutigendes Zeichen, daß der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. und der Heilige Synod von Konstantinopel unsere tiefe Überzeugung teilen, daß dieser Dialog von großer Bedeutung ist. Das hat Seine Heiligkeit auch in seiner Patriarchalen und Synodalen Enzyklika zum Sonntag der Orthodoxie am 21. Februar 2010 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht.

Ich bin mir sicher, daß das Thema der ökumenischen Zusammenarbeit unter den Christen große Beachtung finden wird bei der anstehenden Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten, die im Oktober hier in Rom von mir einberufen wird. Nicht umsonst wird es auch im Instrumentum laboris behandelt, das ich den katholischen Bischöfen des Nahen Ostens bei meinem jüngsten Besuch in Zypern überreicht habe, wo mir Seine Seligkeit Chrysostomos II., Erzbischof von Nea Justiniana und ganz Zypern, einen herzlichen Empfang bereitete. Die Schwierigkeiten, die sich den Christen im Nahen Osten stellen, sind im großen und ganzen allen Christen gemeinsam: sie stellen eine Minderheit dar und wünschen sich wahre Religionsfreiheit und Frieden. Ein Dialog mit den islamischen und jüdischen Gemeinschaften ist unbedingt notwendig. Vor diesem Hintergrund wird es mir eine besondere Freude sein, die Bischofsdelegation zu begrüßen, die der Ökumenische Patriarch zur Teilnahme an den Arbeiten der Synoden-Sonderversammlung nach Rom schicken wird.

Eure Eminenz, liebe Delegationsmitglieder, ich danke Ihnen für Ihren Besuch. Ich bitte Sie, Seiner Heiligkeit Bartholomaios I., dem Heiligen Synod, dem Klerus und allen Gläubigen des Ökumenischen Patriarchats meinen brüderlichen Gruß zu überbringen. Möge uns der Herr durch die Fürsprache der Apostel Petrus und Paulus reichen Segen schenken und uns immerdar in seiner Liebe bewahren.

Juli 2010




ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER DER REPUBLIK IRAK

BEIM HEILIGEN STUHL,

HERRN HABBEB MOHAMMED HADI ALI AL-SADR

Freitag, 2. Juli 2010


Exzellenz!

Ich freue mich, Sie zu Beginn Ihrer Mission willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Irak beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte und bitte Sie, Präsident Jalal Talabani meinen respektvollen Gruß zu überbringen und ihn meiner Gebete um Frieden und Wohlergehen für alle Bürger Ihres Landes zu versichern.

Am 7. März 2010 hat das irakische Volk der Welt ein deutliches Signal gegeben und gezeigt, daß es sich ein Ende der Gewalt wünscht und sich für den Weg der Demokratie entschieden hat, auf dem man hofft, in einer gerechten, pluralistischen und inklusiven Gesellschaft in Harmonie miteinander leben zu können. Trotz verschiedener Einschüchterungsversuche seitens jener, die diese Sicht nicht teilen, strömte die Bevölkerung zahlreich in die Wahllokale und bezeugte damit großen Mut und Entschlossenheit. Man darf hoffen, daß die Bildung der neuen Regierung nun zügig vorangehen wird, damit sich der Wunsch des Volkes nach einem stabilen und geeinten Irak erfüllen kann. Jene, die in ein politisches Amt gewählt wurden, werden ebenfalls großen Mut und Entschlossenheit unter Beweis stellen müssen, wenn sie den hohen Erwartungen gerecht werden wollen, die man in sie gesetzt hat. Seien Sie versichert, daß der Heilige Stuhl, der die ausgezeichneten diplomatischen Beziehungen zu Ihrem Land schon immer zu schätzen wußte, auch weiterhin alles in seiner Macht Stehende tun wird, damit der Irak seinen rechtmäßigen Platz als führende Nation in der Region und als ein Land einnehmen kann, das der internationalen Gemeinschaft viel zu geben hat.

Die neue Regierung wird vor allem jenen Maßnahmen Vorrang geben müssen, die allen Sektoren der Bevölkerung mehr Sicherheit garantieren, besonders den Minderheiten. Sie haben die schwierige Lage der Christen angesprochen und mir von den Schritten berichtet, die die Regierung unternommen hat, um ihnen einen größeren Schutz zu gewähren. Der Heilige Stuhl teilt natürlich die von Ihnen zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, daß die irakischen Christen in ihrer Heimat bleiben und jene, die sich gezwungen sahen auszuwandern, schon bald zurückkehren mögen. Seit den ersten Tagen der Kirche waren Christen im Land Abrahams zu Hause, einem Land, das Teil des gemeinsamen Erbes des Judentums, des Christentums und des Islams ist. Es ist zu hoffen, daß die irakische Gesellschaft in Zukunft von einer friedlichen Koexistenz geprägt sein wird. Das ist der Wunsch aller, die im Glauben Abrahams verwurzelt sind. Obwohl die Christen in der irakischen Bevölkerung nur eine kleine Minderheit ausmachen, leisten sie durch ihr Bildungs- und Gesundheitsapostolat einen wertvollen Beitrag zum Wiederaufbau und zur Wiederbelebung der Wirtschaft des Landes und tragen mit ihrem Engagement für humanitäre Projekte entscheidend zum Aufbau der Gesellschaft bei. Um dieser Rolle wirklich gerecht werden zu können, müssen die irakischen Christen aber die Gewißheit haben, daß der sicheren Rückkehr in ihre Heimat nichts im Weg steht und man sich verpflichtet, ihnen ihr Eigentum wiederzugeben und ihre Rechte zu wahren.

In den vergangenen Jahren wurden viele unschuldige Mitglieder der Gesellschaft Opfer von Gewalt. Diese Gewalttaten gegen Muslime und Christen verstoßen - wie Sie herausgestellt haben - sowohl gegen die Lehre des Islam als auch gegen die des Christentums. Dieses geteilte Leid kann ein tiefes Band entstehen lassen und bei Muslimen wie Christen die Entschlossenheit wachsen lassen, sich für Frieden und Versöhnung einzusetzen.

Die Geschichte hat gezeigt, daß der Wunsch, Trennungen zu überwinden, oft gerade durch das Vorbild von Männern und Frauen geweckt wurde, die den mutigen Weg des gewaltlosen Zeugnisses für höhere Werte gegangen sind und deshalb Opfer feiger Gewalttaten wurden. Wenn die heutigen Schwierigkeiten längst Vergangenheit sind, werden die Namen von Erzbischof Paulos Faraj Rahho, Pater Ragheed Ganni und vieler anderer weiterleben als leuchtendes Beispiel einer Liebe, die sie ihr Leben für andere hingeben ließ. Möge ihr Opfer und das Opfer so vieler anderer im irakischen Volk die moralische Entschlossenheit stärken, die notwendig ist, wenn die politischen Strukturen für mehr Gerechtigkeit und Stabilität den mit ihnen beabsichtigten Zweck erreichen sollen.

100 Sie haben die Bemühungen Ihrer Regierung um die Achtung der Menschenrechte angesprochen. Eine Gesellschaft ist nämlich erst dann wirklich gesund, wenn die Menschenwürde ihrer Bürger sowohl dem Gesetz nach als auch in der Praxis respektiert wird, oder - mit anderen Worten gesagt -, wenn die Grundrechte aller anerkannt, gewahrt und gefördert werden. Nur so kann dem Gemeinwohl wirklich gedient werden, also jenen sozialen Bedingungen, die den Menschen - im Kollektiv oder als Individuum - in die Lage versetzen, zu gedeihen, seine Persönlichkeit zu entfalten und zum Wohl anderer beizutragen (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 164-170). Zu den Rechten, die unbedingt respektiert werden müssen, wenn man das Gemeinwohl fördern will, gehört das Recht auf Religions- und Kultfreiheit, das die Bürger gemäß ihrer transzendenten Würde als Personen leben läßt, die nach dem Ebenbild ihres göttlichen Schöpfers geschaffen wurden. Daher hoffe und bete ich, daß diese Rechte nicht nur in der Gesetzgebung verankert werden, sondern das gesamte Gesellschaftsgefüge durchdringen mögen. Alle Iraker können dazu beitragen, ein gerechtes, moralisches und friedliebendes Umfeld zu schaffen.

Herr Botschafter, Ihr Amtsantritt fällt in die Vorbereitungszeit einer besonderen Initiative des Heiligen Stuhls, welche die Unterstützung der Ortskirchen Ihrer Region im Blick hat: die Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten. Diese willkommene Gelegenheit, die Rolle und das Zeugnis der Christen im Land der Bibel zu erörtern, wird auch der wichtigen Aufgabe des interreligiösen Dialogs neuen Aufschwung geben, der für die Erreichung des Ziels der friedlichen Koexistenz im gegenseitigen Respekt und Wertschätzung unter den Anhängern verschiedener Religionen so wichtig sein kann. Es ist meine ehrliche Hoffnung, daß der Irak aus den schwierigen Erfahrungen des letzten Jahrzehnts lernt und ein Musterbeispiel für Toleranz und Kooperation unter Muslimen, Christen und anderen werden kann, die sich für die Bedürftigsten einsetzen.

Exzellenz, ich bete darum, daß Ihre heute beginnende diplomatische Mission das Band der Freundschaft zwischen dem Heiligen Stuhl und Ihrem Land weiter stärken möchte. Ich versichere Ihnen, daß Ihnen die Ämter der Römischen Kurie bei der Erfüllung Ihrer Pflichten jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen werden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und erbitte für Sie, Ihre Familie und alle Menschen der Republik Irak den reichen Segen Gottes.




PASTORALBESUCH IN SULMONA

BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN


Kathedrale von Sulmona

Sonntag, 4. Juli 2010



Liebe Jugendliche!

Zunächst einmal möchte ich euch sagen, wie sehr ich mich über unsere heutige Begegnung freue! Ich danke Gott für diese Gelegenheit, die es mir erlaubt, gemeinsam mit eurem Bischof und euren Priestern noch einen Moment wie ein Familienvater bei euch zu verweilen. Ich danke euch für die Zuneigung, die ihr mir mit soviel Herzlichkeit bezeugt habt! Aber ich danke euch auch für das, was ihr mir durch eure beiden »Wortführer« Francesca und Cristian gesagt habt. Ihr habt mir sehr offene Fragen gestellt, gleichzeitig aber auch gezeigt, daß ihr klare Überzeugungen und feste Standpunkte habt. Das ist sehr wichtig. Ihr seid Jungen und Mädchen, die sich Gedanken machen, die Dinge hinterfragen, und die auch das Bewußtsein der Wahrheit und des Guten haben. Ihr seid also in der Lage, Herz und Verstand zu benutzen, und das ist nicht wenig! Ja, ich würde sogar sagen, daß das in dieser Welt das Wichtigste ist: zu lernen, den Verstand und das Wissen, die uns Gott geschenkt hat, gut zu nutzen! Den Menschen eurer Gegend standen früher nicht viele Mittel zur Verfügung, um sich zu bilden oder sich in der Gesellschaft zu behaupten, aber sie besaßen das, was einen Mann und eine Frau wirklich reich macht: Glauben und sittliche Werte. Das ist es, was die Menschen und das gesellschaftliche Zusammenleben aufbaut!

Euren Worten kann ich zwei grundlegende Aspekte entnehmen: einen positiven und einen negativen. Der positive Aspekt ergibt sich aus eurer christlichen Lebensanschauung, einer Erziehung, die ihr offensichtlich von euren Eltern, von den Großeltern und anderen erhalten habt, von denen ihr gelernt habt: Priester, Lehrer, Katechisten.

Der negative Aspekt sind die Schatten, die euren Horizont verdunkeln: Es handelt sich um konkrete Probleme, die es schwer machen, optimistisch und gelassen in die Zukunft zu blicken, aber es sind auch falsche Werte und trügerische Vorbilder, die man euch anbietet, weil sie das Leben scheinbar erfüllter machen, es in Wahrheit aber leer werden lassen. Was können wir also tun, damit diese Schatten nicht zu erdrückend werden?

Ich kann zunächst einmal sehen, daß ihr junge Menschen mit einem guten Gedächtnis seid! Es hat mich sehr beeindruckt, daß ihr Aussagen zitiert habt, die ich beim Weltjugendtag 2008 in Sydney, in Australien, gemacht habe. Ihr habt auch daran erinnert, daß es die Weltjugendtage seit 25 Jahren gibt. Vor allem aber habt ihr unter Beweis gestellt, daß ihr, was eure Gegend betrifft, ein Geschichtsbewußtsein besitzt: ihr habt eine Persönlichkeit angesprochen, die vor 800 Jahren geboren wurde, den hl. Pietro Coelestin V., und gesagt, wie aktuell ihr ihn findet! Seht ihr, meine lieben Jugendlichen, damit habt ihr sozusagen »mehr drauf«. Ja, ein Geschichtsbewußtsein zu haben bedeutet wirklich, im Leben »mehr drauf« zu haben, denn ohne Gedächtnis gibt es keine Zukunft. Früher wurde die Geschichte als Lehrmeisterin des Lebens bezeichnet! Die konsumorientierte Kultur unserer Zeit tendiert dagegen dazu, den Menschen nur auf die Gegenwart zu reduzieren, ihn das Bewußtsein der Vergangenheit, der Geschichte, verlieren zu lassen. So beraubt sie ihn aber der Fähigkeit, sich selbst zu verstehen, die Probleme zu erkennen und seine Zukunft aufzubauen. Was ich euch also sagen möchte, liebe Jugendliche, ist folgendes: Ein Christ ist jemand, der ein gutes Gedächtnis hat, der die Geschichte liebt und danach sucht, sie zu kennen.


ANSPRACHE 2010 95