(Contra Haereses) 529

29. Kapitel: Den Gerechten dient alles zum Nutzen; in dem Antichrist wird alles Böse zusammengefaßt

529 1.

In den vorausgegangenen Büchern haben wir die Gründe dargelegt, warum Gott solches geschehen läßt, und wir haben gezeigt, daß dies alles dem Menschen dient, der gerettet wird, weil es den mit Wahl- und Willensfreiheit begabten Menschen zur Unsterblichkeit heranreifen läßt und ihn zum ewigen Gehorsam gegen Gott anpaßt und vorbereitet. Deshalb dient auch die Schöpfung dem Menschen. Denn der Mensch ist nicht wegen der Schöpfung, sondern die Schöpfung wegen des Menschen geworden. Die Heiden aber, die ihre Augen nicht zum Himmel erhoben, noch ihrem Schöpfer Dank sagten, noch das Licht der Wahrheit sehen wollten, die hat das Wort mit Recht als „einen Tropfen im Eimer und wie Staub auf der Wage“ (
Is 40,15)und als „nichts“ (Ebd. 30,17)erachtet, da die Schöpfung nur den Gerechten nützlich und dienlich ist, wie der Halm zum Wachstum des Weizens und seine Spreu zum Brennen bei der Gewinnung des Goldes dient. Wenn daher am Ende die Kirche plötzlich erhöht werden wird, dann wird, wie geschrieben steht, „eine Trübsal sein, wie sie von Anfang an nicht gewesen ist, noch sein wird“ (Mt 24,21). Das ist nämlich der letzte Kampf der Gerechten, in welchem die Sieger mit Unverweslichkeit gekrönt werden.



2.

Deshalb ist das „kommende Tier“ die Zusammenfassung aller Ungerechtigkeit und allen Truges, damit in ihm der Abschluß und die Summe aller apostatischen Macht in den Feuerofen geworfen wird. Entsprechender Weise nun wird auch sein Name die Zahl 666 aufweisen, indem sie in sich alle Bosheit zusammenfaßt, die vor der Sintflut gewesen ist und eine Folge der Apostasie der Engel war. Noe nämlich war 600 Jahre alt, als die Sintflut über die Erde hereinbrach und die Empörung der Erde wegen des ganz verdorbenen Geschlechtes hinwegschwemmte, das zu Noes Zeiten lebte. Und dann rekapitulierte es auch den gesamten Greuel der Götzenbildner nach der Sintflut und die Ermordung der Propheten und die Verbrennung der Gerechten. Denn das von Nabuchodonosor errichtete Götzenbild war 60 Fuß hoch und 6 Ellen breit; und seinetwegen wurden Ananias, Azarias und Misael, die es nicht anbeteten, in den Feuerofen geworfen, indem sie durch ihr Schicksal auf die Verbrennung der Gerechten am Ende der Zeiten hinwiesen. Das Bild als solches aber wies hin auf die Ankunft jenes, der von allen Menschen überhaupt als der Einzige angebetet werden wollte. Die 600 Jahre des Noe also, unter dem die Sintflut wegen der Apostasie hereinbrach, und die Ellenzahl des Bildes, dessentwegen die Gerechten in den Feuerofen geworfen wurden, weist auf die Namenszahl dessen hin, in dem alle Apostasie, Ungerechtigkeit, Bosheit, Pseudoprophetie und List der sechstausend Jahre rekapituliert wird, derentwegen die Feuerflut hereinbrechen wird.





30. Kapitel: Über die Zahl 666 und den Namen des Antichrist, das Ende seiner Herrschaft und seinen Tod

530 1.

So also verhält sich die Sache, und in allen bewährten und alten Handschriften findet sich diese Zahl; und die, welche Johannes von Angesicht zu Angesicht gesehen haben, bezeugen es, und die Rechnung lehrt es, daß die Namenszahl des Tieres nach griechischer Zählung in den einzelnen Buchstaben die Zahl 666 ergibt, in der die Zehner gleich den Hunderten und die Hunderte gleich den Einern sind. Die Zahl 6, dreimal wiederholt, stellt die Rekapitulation der gesamten Apostasie im Anfang, in den mittleren Zeiten und am Ende dar. So weiß ich nicht, wie einige irrtümlicher Weise, die Zahl um 50 vermindernd, auf 616 gekommen sind. Doch vermute ich einen Fehler der Abschreiber, die den gewöhnlichen griechischen Buchstaben, der 60 bedeutet, für Jota, d. h. 10, genommen haben. Dann haben die einen das ohne Untersuchung angenommen, die andern schlecht und recht den Zehner beibehalten; andere aber wagten dann in ihrer Unwissenheit, auch Namen aufzusuchen, welche diese falsche und irrtümliche Zahl aufweisen. Die nun arglos und in Einfalt dies getan haben, denen wird es Gott Ja verzeihen. Die aber eitlen Ruhmes halber Namen mit dieser falschen Zahl aufstellen, und den von ihnen erfundenen Namen als den Namen desjenigen ausgeben, der da kommen soll, die werden nicht straflos ausgehen, da sie sich selbst und ihre Anhänger verführt haben. Zunächst besteht ihre Strafe darin, daß sie eben von der Wahrheit abgewichen sind und das nicht Seiende als wirklich annehmen; sodann wird notwendig keine geringe Strafe den treffen, der zu der Schrift etwas hinzusetzt oder von ihr etwas fortnimmt. Und schließlich besteht keine geringe Gefahr für die, welche sich fälschlich einbilden, seinen Namen zu wissen. Wenn er nämlich in Wirklichkeit einen andern Namen haben wird, als sie glauben, dann werden sie leicht von ihm verführt werden, so als ob der noch gar nicht da wäre, vor dem sie sich geziemend hüten sollten.



2.

Wollen diese sich also nicht belehren lassen und zur wahren Namenszahl zurückkehren, dann werden sie für Pseudopropheten angesehen werden. Wissen sie aber die von der Schrift angegebene zuverlässige Zahl, d. h. 666, dann mögen sie zunächst die Teilung des Reiches unter die 10 Könige abwarten. Wenn dann diese regieren und anfangen, ihre Sachen auszuführen und ihr Reich zu mehren, und alsdann unvermutet der kommt, der die Herrschaft an sich reißt und die Vorgenannten in Schrecken setzt und den Namen mit der genannten Zahl führt, dann mögen sie diesen in Wahrheit als den Greuel der Verwüstung erkennen. So sagt auch der Apostel: „Wenn sie sagen Friede und Sicherheit, dann wird plötzlich für jene das Verderben kommen“ (
1Th 5,3). Jeremias aber verkündete deutlich nicht nur seine plötzliche Ankunft, sondern auch den Stamm, aus dem er kommen wird, mit den Worten: „Aus Dan werden wir die Stimme seiner schnellen Rosse hören; von dem Wiehern seiner Rennrosse wird die ganze Erde erbeben, und er wird kommen und die Erde verschlingen und ihre Fülle und die Stadt und ihre Bewohner“ (Jr 8,16). Und deshalb wird dieser Stamm in der Apokalypse nicht zu denen gezählt, die gerettet werden.



3.

Sicherer und gefahrloser ist es also, die Erfüllung dieser Prophetie abzuwarten, als allerlei Namen zu vermuten und zu weissagen. Gibt es doch viele Namen der genannten Zahl, und somit kommt die Sache nicht weiter. Denn wenn es viele Namen gibt, welche diese Zahl aufweisen, dann bleibt immer die Frage offen, welchen von diesen er führen wird. Dies sagen wir nicht aus Mangel an solchen Namen, sondern aus Gottesfurcht und Liebe zur Wahrheit. Der Name Eythanos hat die gesuchte Zahl, doch wollen wir darüber nichts sagen. Lateinos hat auch die Zahl 666, und es ist sehr wahrscheinlich, daß das letzte Reich so heißen wird. Denn die Lateiner herrschen heute, doch wollen wir uns dessen nicht rühmen. Aber am meisten von allen Namen, die sich bei uns vorfinden, ist der Name Teitan glaubwürdig, die erste Silbe mit den beiden griechischen Vokalen e und i geschrieben. Er weist die genannte Zahl auf und hat sechs Buchstaben, indem jede Silbe aus drei Buchstaben besteht, und ist alt und abgelegen. Denn keiner von unsern Königen hieß Titan, noch trug einer von den griechischen oder barbarischen Götzen diesen Namen. Trotzdem gilt er bei vielen als göttlich, so dass bei den Modernen die Sonne Titan genannt wird, und enthält auch einen gewissen Hinweis auf Rache und einen Rachebringer, weil jener sich den Anschein gibt, die schlecht Behandelten zu rächen. Und auch sonst ist es ein alter, glaubwürdiger, königlicher oder vielmehr tyrannischer Name. Da also der Name Titan soviel Gründe für sich hat, so hat nach all dem es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß der, welcher kommen wird, vielleicht Titan genannt wird. Doch wollen wir uns nicht in Gefahr begeben und den Anschein erwecken, als ob wir über den Namen des Antichrists etwas Bestimmtes wüßten. Läge nämlich für die Verkündigung desselben im gegenwärtigen Zeitpunkt eine Notwendigkeit vor, dann wäre er gewiß durch den gemeldet worden, der die Apokalypse geschaut hat. Das ist aber vor gar nicht langer Zeit geschehen, sondern soeben erst am Ende der Regierung des Domitian.



4.

Diese Namenszahl offenbarte er, damit wir uns vor seinem Kommen hüten und wissen, wer er ist. Seinen Namen aber hat er verschwiegen, weil er nicht würdig ist, vom Hl. Geiste verkündet zu werden. Wäre er verkündet worden, dann würde er vielleicht für lange bleiben. Nun aber „war er und ist nicht, er wird aufsteigen aus dem Abgrunde und geht ins Verderben“ (Ap 17,8), gleich als ob er nicht wäre. So ist auch sein Name nicht verkündet worden, denn was nicht ist, davon wird auch der Name nicht verkündet. Wenn aber dieser Antichrist alles auf dieser Welt verwüstet haben wird, indem er drei Jahre und sechs Monate regierte und in dem Tempel zu Jerusalem thronte, dann wird der Herr vom Himmel in den Wolken in der Herrlichkeit des Vaters kommen. Jenen wird er samt seinem Anhang in den Feuerpfuhl werfen, für die Gerechten aber wird er die Zeiten des Reiches herbeiführen, d. h. die Ruhe, den heiligen siebenten Tag; wiederherstellen wird er die dem Abraham versprochene Erbschaft, und in diesem Reiche werden nach dem Worte des Herrn „viele vom Aufgang und Untergang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen“ (Mt 8,11).





31. Kapitel: Jeder wird wie der Herr erst auferstehen und dann in den Himmel fahren

531 1.

Einige aber von denen, die da für rechtgläubig gelten, überschreiten die Ordnung im Fortschritt der Gerechten und verkennen die Wege, auf die uns Gott zur Unverweslichkeit führt, indem sie bei sich häretisch empfinden. Denn die Häretiker verachten das Geschöpf Gottes und leugnen das Heil ihres Fleisches, verachten auch die Verheißung Gottes und erheben sich in ihrem Sinn über Gott, und behaupten, gleich nach dem Tode über die Himmel und den Demiurgen zu steigen und zu ihrer Mutter oder dem von ihnen erdichteten Vater zu gehen. Die also die ganze Auferstehung verwerfen und, so viel an ihnen liegt, aufheben, die wollen natürlich auch von einer Ordnung in der Auferstehung nichts wissen, noch einsehen, daß, wenn dem so wäre, wie sie sagen, auch der Herr, an den zu glauben sie vorgeben, auch nicht am dritten Tage erst auferstanden wäre. Wäre er dann, am Kreuze verschieden, nicht sogleich emporgestiegen, den Leib der Erde zurücklassend? Nun aber hielt er sich drei Tage dort auf, wo die Toten waren, wie von ihm der Prophet sagt: „Es gedachte der Herr seiner heiligen Toten, derer, die vorher entschlafen waren im Lande des Begrabens, und er stieg hinab zu ihnen, sie herauszuziehen und zu erlösen“[104] . Und der Herr selber spricht: „Wie Jonas im Bauche des Walfisches drei Tage und drei Nächte blieb, so wird auch der Menschensohn in dem Herzen der Erde sein“ (
Mt 12,40). Aber auch der Apostel spricht: „Er stieg hinauf, was ist das, wenn er nicht auch hinabstieg in die Tiefen der Erde?“ (Ep 4,9) Darauf hat auch David prophetisch mit den Worten hingewiesen: „Du hast meine Seele aus der unteren Tiefe herausgerissen“ (Ps 85,13). Am dritten Tage aber auferstehend, sprach er zu der Maria, die ihn zuerst sah und anbetete: „Rühre mich nicht an, denn noch bin ich nicht zum Vater aufgestiegen. Aber gehe zu den Jüngern und sage ihnen: Ich steige empor zu meinem Vater und zu euerem Vater“ (Jn 20,17 f.).



2.

Wenn also der Herr das Gesetz der Toten beobachtet hat, um der Erstgeborene von den Verstorbenen zu werden, und bis zum dritten Tage in den Tiefen der Erde sich aufhielt, dann aber, im Fleische auferstand, um den Jüngern die Male der Nägel zu zeigen (Jn 20,20 Jn 27) , ehe er zum Vater aufstieg, dann sind die widerlegt, die da sagen, die Unterwelt, das sei diese irdische Welt, und dieser ihr unterer Mensch lasse hier seinen Leib zurück, um an den überhimmlischen Ort emporzusteigen. Wenn nämlich der Herr „mitten im Todesschatten hinging“ (, wo die Seelen der Verstorbenen waren, dann aber leiblich auferstand und nach der Auferstehung emporgehoben wurde, dann werden offenbar auch die Seelen seiner Jünger, derentwegen der Herr dies getan hat, an jenen unsichtbaren Ort abgehen, der ihnen von Gott bestimmt ist, und dort bis zur Auferstehung verbleiben, ihre Auferstehung erwartend. Dann aber werden sie, ihre Leiber wieder empfangend und vollkommen, d. h. leiblich auferstehend, wie auch der Herr auferstanden ist, zur Anschauung Gottes gelangen. „Kein Schüler nämlich ist über seinem Lehrer, jeder Vollkommene aber wird wie sein Lehrer sein“ (Lc 6,40). Wie also unser Meister sich nicht sogleich auf- und davonmachte, sondern die vom Vater bestimmte Zeit seiner Auferstehung erwartete, und nach drei Tagen, wie es auch durch Jonas angedeutet war, auferstand und emporgehoben wurde, so müssen auch wir erst die vom Vater für unsere Auferstehung bestimmte Zeit, wie es durch die Propheten verkündet ist, erwarten, dann auferstehen und emporgehoben werden, so viele immer der Herr hierfür als würdig erachtet hat.





32. Kapitel: Die Dulder werden den Lohn empfangen, den Gott dem Abraham und seinem Samen verheißen hat

532 1.

[105] So kommen also einige durch die häretischen Reden zu irrigen Ansichten und verkennen die Anordnungen Gottes und das Geheimnis der Auferstehung der Gerechten und des Reiches, welches der Beginn der Unvergänglichkeit ist, durch welches Reich die Würdigen allmählich gewöhnt werden, Gott aufzunehmen. Es muß aber von den Gerechten gesagt werden, daß sie zuerst bei der Erneuerung dieser Welt und der Wiederkunft Gottes auferstehen werden, um die verheißene Erbschaft zu empfangen, die Gott den Vätern versprochen hat, und um in ihr zu herrschen. Dann aber kommt das Gericht. In der Welt, in der sie sich gemüht und gelitten haben, auf jegliche Weise in der Geduld erprobt, in der werden sie gerechter Weise auch die Früchte ihrer Geduld empfangen. In der Welt, in der sie getötet wurden wegen ihrer Liebe zu Gott, in der werden sie auch lebendig gemacht werden. Wo sie Knechtschaft erduldeten, da werden sie herrschen. Denn reich in allem ist Gott, und alles gehört ihm. Deshalb muß diese Schöpfung, in den alten Zustand wiedereingesetzt, unbehindert den Gerechten dienen. Das verkündet der Apostel, indem er im Briefe an die Römer schreibt: „Denn das Harren der Kreatur erwartet die Offenbarung der Söhne Gottes. Der Eitelkeit nämlich ist die Kreatur unterworfen, nicht wollend, sondern um dessentwillen, der sie unterworfen hat in der Hoffnung, daß auch die Kreatur selbst befreit wird von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zur Freiheit der Herrlichkeit der Söhne Gottes“ (
Rm 8,19 ff).



2.

So bleibt auch die Verheißung, die Gott dem Abraham gegeben hat, ungeschwächt bestehen. Er sprach nämlich: „Blicke hinauf mit deinen Augen und schaue von dem Orte, wo du jetzt bist, nach Norden und nach Süden, nach Osten und nach dem Meer: alles Land, das du siehst, werde ich dir geben und deinem Samen auf ewig“ (Gn 13,14 f.). Und wiederum sprach er: „Steh auf und gehe in das Land nach seiner Länge und Breite, denn ich will es dir geben“ (Ebd. 13,27). Und doch erhielt er „in diesem Lande kein Erbe, nicht einen Fuß breit“ (Ac 7,5), sondern war in ihm immer „ein Fremdling und Ankömmling“ (He 11,13). Und als nach dem Tode seines Weibes Sara die Ethäer ihm umsonst einen Platz geben wollten, um sie zu begraben, da wollte er ihn nicht nehmen, sondern kaufte eine Begräbnisstelle um 400 silberne Doppeldrachmen von dem Ethäer Effron, dem Sohne Seors, indem er auf die Verheißung Gottes wartete und nicht scheinen wollte, von Menschen das anzunehmen, was ihm Gott verheißen hatte, der abermals zu ihm sprach: „Deinem Samen werde ich dieses Land geben vom Flusse Ägyptens bis zum großen Flusse Euphrat“ (Gn 15,18). Wenn ihm Gott also die Erde zum Erbe versprach, er sie aber in seiner ganzen Pilgerschaft nicht empfing, dann muß er sie empfangen in seinem Samen, d. h. in denen, die Gott fürchten, und an ihn glauben, bei der Auferstehung der Toten. Sein Same aber ist die Kirche, die durch den Herrn bei Gott an Kindesstatt angenommen wird, wie Johannes der Täufer sagte: „Mächtig ist Gott, aus den Steinen dem Abraham Kinder zu erwecken“ (Lc 3,8). Aber auch der Apostel sagt in dem Briefe an die Galater: „Ihr aber, Brüder, seid der Verheißung gemäß Söhne des Isaak“ (Galt. 4,8). Und ebenso lehrt er deutlich ebendort, daß die, welche an Christus glauben, Christum als die Verheißung Abrahams empfangen, indem er sagt: „Dem Abraham sind die Verheißungen gesagt worden und seinem Samen. Und nicht sagt er: Und den Samen, gleichwie von vielen, sondern gleichwie von einem: Und deinem Samen, welcher ist Christus“ (Ebd. 3,16). Und indem er das Gesagte bestätigt, spricht er: „Wie Abraham Gott glaubte, wurde es ihm zur Gerechtigkeit angerechnet. Ihr erkennet also, daß die aus dem Glauben Söhne Abrahams sind. Indem aber die Schrift voraussah, daß aus dem Glauben Gott die Völker rechtfertigt, verkündete sie dem Abraham: In dir werden gesegnet alle Völker. Die also aus dem Glauben sind, die werden mit dem gläubigen Abraham gesegnet werden“ (Ebd. 3,6 ff.). Wenn also die aus dem Glauben mit dem gläubigen Abraham gesegnet werden, dann sind sie auch Söhne Abrahams. Gott versprach aber die Erde zum Erbe dem Abraham und seinem Samen. Nun erhalten aber weder Abraham noch sein Same, d. h. die, welche aus dem Glauben gerechtfertigt werden, jetzt die Erde zum Erbe; sie werden sie aber empfangen bei der Auferstehung der Gerechten. Wahrhaft nämlich und treu ist Gott. Und deswegen nennt er auch „selig die Sanftmütigen, denn sie werden die Erde erben“ (Mt 5,4).





33. Kapitel: Die den Patriarchen gegebenen Verheißungen werden auf der neuen Erde in Erfüllung gehen

533 1.

Als er daher zur Passion kam, wollte er dem Abraham und den Seinen die Eröffnung des Erbes verkünden. Nachdem er also Dank gesagt hatte, nahm er den Kelch, trank daraus, gab ihn seinen Jüngern und sprach: „Trinket aus ihm alle! Dies ist mein Blut des Neuen Bundes, das für viele wird vergossen werden zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch aber: Fürder werde ich nicht trinken von dem Gewächse dieses Weinstockes bis auf jenen Tag, wann ich jenen neuen trinken werde mit euch im Reiche meines Vaters“ (
Mt 26,27 ff.). So wird er also das Erbe der Erde selbst erneuern und das Geheimnis der Herrlichkeit der Söhne wiederherstellen, wie David spricht: „Und er hat erneuert das Angesicht der Erde“ (Ps 103,30). Indem er versprach, mit seinen Jüngern von dem Gewächs des Weinstockes zu trinken, wies er auf beides hin: Auf das Erbe der Erde, auf welcher das neue Gewächs des Weinstockes getrunken wird, und auf die fleischliche Auferstehung seiner Jünger. Denn das Fleisch, das neu aufersteht, wird auch den neuen Trank kosten. Denn nicht kann man das so verstehen, daß er das Gewächs des Weinstockes mit den Seinen trinken wird, wenn er sich in dem überhimmlischen Orte befindet, noch können Fleischlose jenes trinken. Denn nur das Fleisch und nicht der Geist kann den Trank von dem Weinstocke empfangen.



2.

Deswegen sprach auch der Herr: „Wenn du ein Mittag- oder Abendmahl machst, rufe nicht die Reichen, noch die Freunde, noch die Nachbarn oder Verwandten, damit sie nicht wiederum dich rufen und dir von ihnen vergolten werde. Sondern rufe die Lahmen, die Blinden, die Bettler, und selig wirst du sein, da sie nicht haben, dir zu vergelten. Vergolten wird nämlich dir werden in der Auferstehung der Gerechten“ (Lc 14,12 f.). Und wiederum sagt er: „Wer immer verläßt Äcker oder Häuser oder Eltern oder Brüder oder Söhne um meinetwillen, der wird hundertfach empfangen in dieser Welt, und in der zukünftigen wird er das ewige Leben erben“[106] . Welches ist denn in dieser Welt die hundertfache Vergeltung für die Mittag- und Abendmahlzeiten, die den Armen gereicht wurden? Sie findet statt in den Zeiten des Reiches, d. h. am siebenten Tage, dem geheiligten, an welchem Gott von allen seinen Werken ruhte, die er gemacht hatte, welches der wahre Sabbat der Gerechten ist, an dem sie kein irdisches Werk verrichten werden, sondern an dem Tische sitzen, den ihnen Gott bereitet hat, der sie labt mit allen Speisen.



3.

Dasselbe besagt auch der Segen Isaaks, mit dem er seinen jüngeren Sohn Jakob segnete, indem er sprach: „Siehe, der Geruch meines Sohnes ist wie der Geruch eines vollen Ackers, den Gott segnete“ (Gn 27,27). „Der Acker aber ist die Welt“ (Mt 13,38), Und deswegen fügte er auch hinzu: „Es gebe dir Gott von dem Taue des Himmels und der Fruchtbarkeit der Erde die Menge des Weizens und des Weines! Und es mögen dir dienen die Völker und dich anbeten die Fürsten! Und du sollst der Herr deines Bruders sein, und es werden dich anbeten die Söhne deines Vaters. Wer dich verflucht, wird verflucht sein, wer dich segnet, wird gesegnet sein“ (Gn 27,28 ff.). Wer das nicht bezieht auf das vorausbestimmte Reich, der wird in gewaltigen Widerspruch und Gegensatz geraten, wie die Juden in alle Verlegenheit hineingefallen sind. Denn nicht nur dienten unserm Jakob in diesem Leben keine Völker, sondern er selbst mußte nach dem Segen fortziehen und seinem Oheim, dem Syrer Laban, zwanzig Jahre dienen. Und nicht nur wurde er nicht der Herr seines Bruders, sondern er selbst betete seinen Bruder Esau an, als er aus Mesopotamien zu seinem Vater zurückkehrte, und brachte ihm viele Geschenke dar. Wie aber hat der hienieden die Menge des Weizens und Weines geerbt, der wegen einer Hungersnot in seinem Lande nach Ägypten auswanderte und sich dem Pharao unterwarf, der damals in Ägypten herrschte? Der vorgenannte Segen erstreckt sich also ohne Widerrede auf die Zeiten des Reiches, wo die Gerechten, von den Toten auferstehend, herrschen werden, wo die ganze Kreatur, erneuert und befreit, eine Menge jeglicher Speise aus dem Tau des Himmels und der Fruchtbarkeit der Erde hervorbringen wird. So erinnern sich auch die Presbyter, die Johannes, den Schüler des Herrn, gesehen haben, von ihm gehört zu haben, wie der Herr von jenen Zeiten lehrte und sprach: „Es werden Tage kommen, wo Weinstöcke wachsen werden, jeder mit 10 000 Reben, und an einer Rebe 10 000 Zweige, und an einem Zweige 10 000 Schosse und an jedem Schoß 10 000 Trauben und an jeder Traube 10 000 Beeren, und jede Beere wird ausgepreßt 1000 Liter Wein geben. Und wenn einer von den Heiligen eine Traube ergreift, wird die andere ihm zurufen: Ich bin eine bessere Traube, nimm mich und preise durch mich den Herrn! Ähnlich werde auch ein Weizenkorn 10 000 Ähren hervorbringen und jede Ähre 10 000 Körner haben und jedes Korn 10 Pfund weißes, reines Mehl geben. Und dementsprechend alle übrigen Obstsorten und Samen und Kräuter; und alle Tiere würden sich mit den Speisen nähren, die ihnen die Erde bietet, und friedlich und zutraulich untereinander, gegen den Menschen aber ganz unterwürfig sein.“



4.

Dies bezeugt auch Papias, ein Hörer des Johannes und Hausgenosse des Polykarpus, ein Mann der alten Zeit, wie in dem vierten seiner Bücher — fünf hat er nämlich verfaßt — geschrieben steht. Und dann fügt er hinzu: „Dies aber ist glaublich den Gläubigen.“ Und als der Verräter Judas nicht glaubte und fragte: „Wie werden solche Erzeugnisse von dem Herrn zustandegebracht werden?“ da habe der Herr ihm gesagt: „Sehen werden es, die dazu kommen.“ Diese Zeiten also prophezeite Isaias mit den Worten; „Und weiden wird der Wolf mit dem Lamme, und der Pardel wird ruhen neben dem Ziegenböcklein, und Kalb und Stier und Löwe werden zusammen weiden, und ein kleiner Knabe wird sie führen. Und Ochs und Bär werden zusammen weiden, und zusammen werden ihre Jungen sein, und Löwe und Ochs werden Spreu fressen. Und ein kleines Kind wird in die Natternhöhle und in das Nest der jungen Nattern seine Hand legen, und sie werden ihm nichts Böses tun, noch werden sie einen auf dem heiligen Berge verderben können“ (Is 11,62 ff.). Und wiederum sagt er zusammenfassend: „Dann werden die Wölfe und Lämmer beieinander weiden, und der Löwe wird wie der Ochs Spreu fressen, die Schlange aber Erde wie Brot, und sie werden nicht schaden noch belästigen auf dem heiligen Berge, spricht der Herr“ (Ebd. 65,25 f.). Nun weiß ich wohl, daß einige dies auf jene wilden Menschen zu beziehen versuchen, die aus den verschiedensten Völkern und Werken gläubig geworden sind und nun mit den Gerechten übereinstimmen. Doch wenn auch dies jetzt zutrifft auf einige Menschen, die aus verschiedenen Völkern zu der einen Überzeugung des Glaubens kommen, so gilt dies doch auch bei der Auferstehung der Gerechten für jene Tiere, denn, wie gesagt: Reich in allem ist Gott. Und wenn nun die Schöpfung wiederhergestellt ist, dann müssen alle Tiere dem Menschen sich unterwerfen und gehorsamen und zur ersten von Gott ihnen gegebenen Speise zurückkehren, zur Frucht der Erde, wie sie auch dem Adam in Gehorsam unterworfen waren. Übrigens kann auch jetzt niemand einen Löwen aufweisen, der sich von Spreu nährt. Das aber weist hin auf die Größe und Fettigkeit der Früchte. Wenn nämlich das Löwentier sich von Spreu nährt, wie muß dann der Weizen selbst sein, dessen Spreu den Löwen zur Nahrung dient!





34. Kapitel: Wie die Propheten von der neuen Erde gesprochen haben

534 1.

Isaias selbst aber verkündet deutlich, daß solche Freude bei der Auferstehung der Gerechten sein werde, indem er spricht: „Es werden auferstehen die Toten und aufstehen, die in den Gräbern sind, und freuen werden sich, die auf der Erde sind. Denn der Tau von dir ist ihnen Gesundheit“ (
Is 26,19) . Dasselbe sagt auch Ezechiel: „Siehe, ich werde eure Gräber öffnen und euch aus euren Gräbern herausführen, wann ich aus den Gräbern mein Volk herausfuhren werde; und ich werde meinen Geist euch geben, und ihr werdet leben, und ich will euch setzen über euer Land, und ihr werdet erkennen, daß ich der Herr bin“ (Ez 37,12 ff.) . Und abermals sagt er: „Dies spricht der Herr: Ich werde Israel aus allen Völkern sammeln, wohin sie verstreut sind, und ich werde geheiligt werden in ihnen vor dem Angesicht der Söhne aller Völker, und sie werden in ihrem Lande wohnen, das ich gegeben habe meinem Knechte Jakob, und sie werden dort wohnen in Hoffnung, und sie werden Häuser bauen und Weinberge pflanzen und werden wohnen m Hoffnung, wann ich mein Gericht abhalten werde über alle, die sie verunehrten, über die, welche in ihrem Umkreise sind, und sie werden erkennen, daß ich der Herr, ihr Gott bin und der Gott ihrer Väter“ (Ebd. 28,25 f.) . Kurz vorher aber zeigten wir, daß die Kirche der Same Abrahams ist, und deshalb sagt Jeremias, um uns zu belehren, daß im Neuen Testamente nach dem Alten jener, der aus allen Völkern die zu Rettenden sammelt, aus den Steinen Söhne Abrahams erwecken wird: „Siehe, Tage werden kommen, spricht der Herr, da wird man nicht mehr sagen: So wahr der Herr lebt, der die Kinder Israels herausgeführt hat aus dem Lande Ägypten, sondern: So wahr der Herr lebt, der den Samen Israels herausführte vom Norden und allen Ländern, wohin sie vertrieben waren. Er wird sie wieder einsetzen in ihr Land, das er ihren Vätern gegeben hat“ (Jr 23,7 f.).



2.

Da nun die ganze Schöpfung nach dem Willen Gottes sich mehren und wachsen soll, um solche Früchte hervorzubringen und zu ernähren, so sagt Isaias: „Und über jeden hohen Berg und über jeden hohen Hügel wird Wasser durchziehen an jenem Tage, wo viele umkommen und die Mauern einstürzen werden. Und es wird das Licht des Mondes wie das Licht der Sonne sein, siebenfaches Tageslicht, wann er heilen wird die Betrübnis seines Volkes und heilen wird den Schmerz seiner Wunde“ (Is 30,25 f.). Die schmerzende Wunde ist jene, durch welche der Mensch im Anfang in Adams Ungehorsam verwundet wurde, d. h. der Tod, den Gott heilen wird durch seine Auferstehung von den Toten, wodurch er das Erbe der Väter wiederherstellt, wie Isaias sagt: „Und du wirst auf den Herrn vertrauen, und er wird dich einherschreiten lassen über alles Land und dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob“ (Ebd. 58,14). Dasselbe sagt der Herr mit den Worten: „Selig sind jene Knechte, welche der Herr, wann er kommt, wachend findet. Wahrlich, sage ich euch, er wird sich umgürten und sie zu Tische sitzen lassen und herumgehend sie bedienen, und wenn er kommt zu der abendlichen Nachtwache und sie so findet, er wird sie zu Tische sitzen lassen und sie bedienen, wenn auch in der zweiten oder dritten, selig sind sie.“ (Lc 12,34 ff.) . Dasselbe sagt auch Johannes in der Apokalypse: „Selig und heilig, wer seinen Teil hat bei der ersten Auferstehung“ (Ap 20,6). Und die Zeit hierfür verkündete Isaias mit den Worten: „Und ich sprach: Wie lange, Herr, bis daß verwüstet sind die Städte, nicht mehr bewohnbar, und die Häuser, daß keine Menschen drin sind, und das Land öde und verlassen bleibt? Und danach wird weit von uns wegtun der Herr die Menschen, und die zurückgeblieben sind, werden vermehrt werden auf der Erde“ (Vgl. Jes. Is 6,14 f.). Auch Daniel spricht geradeso; „Und das Reich und die Macht und die Größe derer, die unter dem Himmel sind, wurde den Heiligen des höchsten Gottes gegeben, und sein ewiges Reich und alle Herrschalten werden ihm dienen und gehorchen“ (Da 7,27). Und damit man nicht glaube, daß die Verheißung sich auf die gegenwärtige Zeit beziehe, sagt der Prophet: „Und du komme und steh in deinem Anteil in der Vollendung der Tage!“ (Da 12,13)



3.

Da aber die Verheißungen nicht bloß den Propheten und Patriarchen, sondern auch den Kirchen, die aus den Heiden sich sammelten, verkündet wurden, welche der Geist auch Inseln nennt, weil sie mitten in der Brandung stehen und das Unwetter der Lästerungen auszuhalten haben und für die Gefährdeten der Hafen des Heils sind und eine Zufluchtsstätte für die, welche die Höhe lieben und dem Bythos, d. h. der Tiefe des Irrtums, zu entfliehen streben, so sagt Jeremias: „Höret das Wort des Herrn, ihr Völker, und verkündet den Inseln, die ferne sind! Sagt, daß Gott Israel aufrichten wird und es sammeln und behüten, wie ein Hirte die Herde seiner Schafe. Denn der Herr hat Jakob erlöst und es entrissen aus der Hand des Stärkeren. Und sie werden kommen und sich freuen auf dem Berge Sion, und sie werden zu den Gütern kommen und in das Land des Weizens und des Weines und der Früchte und der Tiere und Schafe, und es wird ihre Seele sein wie fruchtbares Holz, und sie werden fortan nicht hungern. Und dann werden die Jungfrauen in der Versammlung der Jünglinge sich freuen, und die Älteren werden sich freuen, und ich werde ihre Trauer in Freude verwandeln und sie in Jubel versetzen und groß machen, und trunken werde ich machen die Seele der Priester, der Söhne Levis, und mein Volk wird von meinen Gütern erfüllt werden“ (Jr 31,10 ff.). Wir aber haben im vorigen Buche gezeigt, daß „Leviten und Priester“ alle Jünger des Herrn bedeutet, die auch den Sabbat im Tempel nicht beobachteten und ohne Schuld sind. Solche Verheißungen „weisen also ganz deutlich auf das Mahl dieser Schöpfung im Reiche der Gerechten hin, das Gott herzurichten verheißen hat.



4.

Ferner sagt Isaias von Jerusalem und dem, der dort herrschen wird: „So spricht der Herr: Selig, wer in Sion Samen hat und Verwandte in Jerusalem. Siehe, ein gerechter König wird herrschen, und die Fürsten werden mit Gerechtigkeit regieren“ (Is 31,9 f.; 32,1). Und von der Vorbereitung zum Wiederaufbau sagt er: „Siehe, ich bereite dir einen Karfunkel als Baustein, und deine Fundamente sind Saphir, und zu deinen Brustwehren lege ich einen Jaspis und zu deinen Toren einen Kristall, und deine Ringmauern sind erlesene Steine. Und alle deine Söhne sind belehrt von Gott, und in großem Frieden sind deine Söhne, und in Gerechtigkeit wirst da erbaut werden“ (Ebd. 54,11 ff.). Und wiederum sagt ebenderselbe: „Siehe, ich mache Jerusalem zur Freude und zu meinem Volke; nicht wird hinfort dort die Stimme des Weinens gehört werden, noch die Stimme des Schreiens. Auch kein Unreifer wird dort sein oder ein älterer, der seine Zeit nicht erfüllte. Denn der Jüngling wird zählen hundert Jahre, und der Sünder wird sterben mit hundert Jahren und verflucht sein. Und man wird Häuser bauen und dort wohnen, und Weinberge wird man pflanzen und ihre Früchte verspeisen und den Wein trinken. Und nicht werden sie bauen und andere darin wohnen, noch werden sie pflanzen und andere es essen. Nach den Tagen des Lebensbaumes werden die Tage des Volkes in dir sein, denn die Werke ihrer Arbeiten werden alt werden“ (Ebd. 65, l8 ff.).






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