(De Officiis) - XII. Kapitel

XII. Kapitel

Vom Nützlichen: Nicht von einem lasterhaften oder verschlossenen Menschen läßt sich Rats erholen (60—62), sondern von Männern nach Art der gottgesandten Ratgeber des Alten Bundes (63).

  Bei Ratschlägen, die zu erholen sind, kommt nun, wie wir sehen, recht viel auf die Rechtschaffenheit des Lebens, den Vorzug der Tugenden, die Betätigung des Wohlwollens und liebenswürdige Herablassung an. Wer wollte denn in einer Pfütze Quellwasser suchen? Wer aus trübem Wasser einen Trunk verlangen? Wer glaubte dort, wo Völlerei, wo Unenthaltsamkeit herrscht, wo ein Lasterstrom sich ergießt, etwas einschlürfen zu sollen? Wer würde nicht einen unflätigen Sittenwandel verachten? Wer wollte jemand für einen nützlichen Anwalt in einer fremden Sache halten, wenn er ihn in seinem eigenen Leben als einen Nichtsnutz sieht? Wer würde nicht hinwiederum einem ruchlosen, übelwollenden und schmähsüchtigen Menschen fernbleiben, der bereit ist, einem nur Schaden zuzufügen? Wer ihm nicht mit aller Beflissenheit aus dem Wege gehen?

  Wer aber möchte einen um hilfreichen Rat angehen, der, obschon hierzu fähig, doch schwer zugänglich ist; der denselben wie ein verschlossenes Quellwasser in sich trägt? Was nützt denn die Weisheit, die du hast, wenn du den Rat verweigerst? Bist du nicht zu bewegen, einen Rat zu erteilen, dann hast du die Quelle verschlossen, so daß sie weder anderen fließt, noch dir selbst nützt.

  Das trifft genau auch bei dem zu, der wohl Klugheit besitzt, sie aber mit schmutzigen Lastern befleckt. Er verunreinigt das hervorquellende Wasser. Das Leben entlarvt die entartete Gesinnung. Wie könnte man denn jemand für einen trefflichen Ratgeber halten, den man sittlich minderwertig sieht? Über mich erhaben muß sein, dem ich bereitwillig trauen soll. Oder werde ich den für geeignet erachten, der mir einen Rat erteilt, den er sich selbst nicht gibt? Und werde ich von dem glauben, daß er sich mir schenkt, der sich selbst nicht gehört? dessen Seele Genußsucht einnimmt, Lust überwältigt, Habsucht unterjocht, Begierlichkeit beunruhigt, Furcht quält? Wie soll da Raum für Rat sein, wo kein Raum für Ruhe ist?

  Bewunderungswürdig und verehrungswürdig ist mir der Ratgeber, wie ihn der Herr den Vätern, wenn hold gesinnt, gab, wenn beleidigt, nahm (Vgl. Is 3,3). Ihn muß ein Ratgeber nachahmen und seine Klugheit vor Laster bewahren; denn „nichts Unreines darf über sie kommen“ (Sg 7,25).


XIII. Kapitel

Vom Nützlichen: Die Schönheit der Weisheit (64), der unzertrennlichen Genossin aller Tugenden (65).

  Wer wollte gleichsam vorne den Schein der Schönheit zur Schau tragen und hinten mit viehischem Aussehen und tierischen Klauen den Reiz der höheren Anmut entstellen? Ist doch nach dem Zeugnis des Schrifttextes die Anmut der Tugend und insbesonders die Schönheit der Weisheit so wunderbar und erhaben! „Herrlicher wie die Sonne ist diese und, mit dem Lichte verglichen, über alle Sternenpracht vorzüglicher befunden; denn dieses Licht raubt die Nacht, über die Weisheit aber obsiegt nicht die Bosheit“ (Ebd. 7, 29 f.).

  Wir sprachen von ihrer Schönheit und bewiesen es durch ein Schriftzeugnis. Es erübrigt noch, an der Hand der Schrift darzutun, daß sie nichts mit den Lastern gemein hat, wohl aber mit den übrigen Tugenden unzertrennlich verbunden ist; denn „ihr Geist ist beredt, sonder Makel, sicher, heilig, das Gute liebend, scharfsinnig, gegen Wohltun nimmer ablehnend, gütig, beständig, ruhig, allvermögend und allschauend“ (Sg 7,22 f.). Und im folgenden: „Denn Mäßigkeit lehrt sie und Gerechtigkeit und Tugend“ (Ebd. 8, 7.).


XIV. Kapitel

Vom Nützlichen: Klugheit im Verein mit Gerechtigkeit schafft den Übermenschen (66). Gerade der (kirchliche) Würdenträger soll ein solcher sein (67).

  So bringt denn die Klugheit alles zuwege, hat teil an allem Guten. Wie könnte sie denn nützlichen Rat erteilen, besäße sie nicht die Gerechtigkeit? So nur gürtet sie sich mit Standhaftigkeit, schaudert vor dem Tode nicht zurück, läßt sich durch keine Drohung, durch keine Furcht beirren, glaubt durch keine Schmeichelei vom Wahren abweichen zu sollen, schrickt im Bewußtsein, daß der Weise die Welt zum Vaterlande hat, nicht vor Verbannung zurück, bangt nicht vor Not, weil sie weiß, daß dem Weisen, dem die ganze Welt gehört, nichts mangelt. Was überträfe denn an Vorzüglichkeit den Mann, den Gold nimmer zu berücken vermag, der für Geld nur Verachtung hat und wie von einer ragenden Burg aus auf die menschliche Habgier herabblickt? Wer es so macht, den halten Menschen für einen Übermenschen. „Wer ist dieser“, heißt es, ,,und wir wollen ihn loben? Denn er hat Wunderbares vollbracht in seinem Leben“ (Si 31,9). Wie wäre denn einer nicht bewunderungswürdig, der den Reichtum verachtet, den schon so viele dem eigenen Leben vorgezogen haben?

  Allen geziemt sonach strenge Genügsamkeit, am meisten aber dem Träger eines Ehrenamtes. Den Mann in bevorzugter Stellung sollen nicht seine Schätze einnehmen, der Vorsteher über Freie nicht Sklave des Geldes sein. Besser geziemt sich dies, daß er in seiner Gesinnung über das Geld erhaben ist, in seiner Dienstbeflissenheit unter den Freund sich herabläßt; denn Demut steigert nur die Liebenswürdigkeit. Das ist des Lobes voll und einem Würdenträger angemessen: nicht mit tyrischen Kaufleuten und galaaditischen Händlern schimpfliche Gewinnsucht teilen; nicht alles Gute im Geld suchen und wie ein Taglöhner den Tagesverdienst zählen, die Einnahmen überschlagen.


XV. Kapitel

Vom Nützlichen: Der Freigebigkeit vielfältige Betätigung, sei es in Form von Geldaufwendungen (68—72), sei es in Form von persönlichen Leistungen (73-75).[174]

  Wenn es lobenswert ist, solchen Dingen gegenüber nüchternes Sinnes zu bleiben, wieviel vorzüglicher ist es, sich die Liebe der Menge durch Freigebigkeit zu erwerben, die weder gegen unverschämte Arme verschwenderisch noch gegen wahrhaft Dürftige knauserig ist![175]

  Recht vielartig aber betätigt sich die Freigebigkeit: sie reicht und teilt nicht bloß den des täglichen Bedarfes mangelnden Armen zum nötigen Lebensunterhalte Nahrung aus, sondern läßt auch den verschämten Armen ihre Sorge und Hilfe angedeihen, soweit nicht die allgemeinen Mittel zum Unterhalte der Armen dadurch erschöpft werden. Ich rede von dem Amtsvorsteher. Er soll, wenn er das Priester- oder Verwaltungsamt bekleidet, dem Bischof über solche Mitteilung machen und letztere nicht unterschlagen, wenn er von jemand weiß, daß er sich in dürftiger Lage befindet oder nach Einbuße des Vermögens in Not und Dürftigkeit geraten ist, zumal wenn er nicht durch Verschwendung in jungen Jahren, sondern durch Erpressung von irgendwelcher Seite und durch Vermögensverlust in diese mißliche Lage gekommen ist[176], so daß er außerstande ist, den täglichen Aufwand zu bestreiten.

  Eine recht große Freigebigkeit ist es ferner, Gefangene loszukaufen und aus Feindeshand zu befreien[177], Menschen vom Tode und insbesondere Frauen vor Schande zu erretten, Kinder den Eltern, Eltern den Kindern zurückzuführen, Bürger dem Vaterlande wiederzugeben[178]. Dies sind nur zu bekannte Dinge aus der Verwüstung, die in Illyrien und Thrakien angerichtet wurde. Wie viele Gefangene gab es da nicht überall im ganzen Umkreis loszukaufen! Riefe man sie zurück, könnten sie nicht eine ganze Provinz vollzählig bevölkern? Gleichwohl gab es Leute, die sogar solche, welche die Kirchen loskauften, in die Knechtschaft zurückstoßen wollten: Leute, schlimmer als selbst die Gefangenschaft, da sie denselben das fremde Mitleid mißgönnten! Wären sie selbst in die Gefangenschaft geraten, würden sie, die Freien, nun in Knechtschaft schmachten; wären sie verkauft worden, würden sie sich vergeblich gegen den Sklavendienst sträuben: und sie wollen die Freiheit anderer aufheben, sie, die ihre eigene Knechtschaft nicht hätten aufheben können, es würde denn einem Käufer gefallen haben, den Kaufpreis zu erlegen! Und doch wäre das nicht Sprengung der Sklavenketten, sondern nur ein Loskauf gewesen.

  Eine besonders verdienstliche Freigebigkeit besteht sonach im Loskauf von Gefangenen, namentlich von einem barbarischen Feinde, der für Erbarmen nur soviel Menschlichkeit übrig hat, als die Habsucht sich im Fall des Loskaufes vorbehielt; ferner in der Übernahme fremder Schulden[179], wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist und dennoch zu einer Zahlung gedrängt wird, die von Rechts wegen geschuldet und wegen Dürftigkeit nicht geleistet werden kann; in der Aufziehung von Kindern und der Beschützung der Waisen.

  Auch gibt es Personen, die elternlosen Jungfrauen zum Schutz ihrer Keuschheit zur Ehe verhelfen und nicht bloß für ihre Unterstützung sich bemühen, sondern auch selbst sie durch Geldaufwand betätigen[180]. Es gibt ferner jene Art Freigebigkeit, welche der Apostel lehrt: „Hat ein Gläubiger Witwen, soll er ihnen reichen, daß nicht ihre Ernährung der Kirche zur Last falle, damit diese denen, die wahrhaft Witwen sind, genügen könne“ (1Tm 5,16).

  Diese Art Freigebigkeit ist wohl nützlich, aber nicht jedermanns Sache. Denn es gibt gar manche, auch gute Menschen, die nur über geringes Vermögen verfügen: wohl zufrieden mit dem Wenigen für den eigenen Bedarf, aber außerstande, Hilfe zu leisten zur Linderung fremder Not. Doch da gibt es eine weitere Art von Wohltätigkeit, um einem Geringeren helfen zu können. Es gibt nämlich eine doppelte Freigebigkeit: eine, welche mit Sachunterstützung, d. h. mit Geldaufwand hilft; eine andere, oft viel glänzendere und viel rühmlichere, welche in werktätiger Hilfeleistung sich ergeht[181].

  Wie unvergleichlich herrlicher war es, daß Abraham seinen in Gefangenschaft geratenen Neffen mit siegreicher Waffe statt durch Loskauf wiedergewann! Wie unvergleichlich vorteilhafter war es, daß der heilige Joseph dem König Pharao mit fürsorglichem Rate statt mit Geldangebot an die Hand ging? Denn Geld hätte nicht für eine einzige Stadt die Kosten zur reichlicheren Versorgung gedeckt, die Vorsorge aber, die er traf, hielt sieben Jahre lang die Hungersnot von ganz Ägypten fern.

  Geld wird leicht aufgebraucht, Rat läßt sich nicht erschöpfen[182]. Dieser steigert sich mit der Ausübung, das Geld verringert sich und geht bald ganz aus und macht der Mildtätigkeit ein Ende. Je mehr Dürftigen man geben will, desto wenigeren kann man helfen, und oft ermangelt man dessen überhaupt, was man anderen spenden zu sollen glaubt. Rat und Tat aber, die man übt, strömen, auf je mehr sie sich ergießen, um so voller und münden zu ihrer Quelle zurück. Denn der reiche Strom der Klugheit fließt in sich zurück, und je mehr Dürftigen er strömt, um so kräftigere Wogen schlägt der ganze Strom, der zurückflutet.


XVI. Kapitel

Vom Nützlichen: Die Freigebigkeit halte Maß, um nicht Unwürdige zu unterstützen (76—77), und zwar das Mittelmaß zwischen Knauserei und Verschwendung (78). Das vorbildliche Beispiel des Patriarchen Joseph (79—85).

  Es ist klar, daß es in der Freigebigkeit ein Maß geben muß. Das Geben darf nicht zwecklos sein, es muß vielmehr eine vernünftige Grenze dabei eingehalten werden[183], besonders von seiten der Priester, daß sie sich beim Ausspenden nicht von Prahlsucht, sondern von Gerechtigkeit leiten lassen[184]. Nirgend sonst gebärdet sich nämlich der Bettel zudringlicher. Da kommen kräftige Burschen, kommen Leute aus keinem anderen Grund als aus Stromerei und wollen die Armenunterstützungen aufzehren, deren Aufwand aufbrauchen. Mit Wenigem nicht zufrieden, verlangen sie größere Spenden, suchen mit der Kleidertracht ihrem Bettel nachzuhelfen und unter Vorspiegelung des Geburtstages doppelte Beträge zu ergattern. Wer solchen Leuten leicht Glauben schenkt, zehrt bald die Mittel auf, die dem Unterhalte der Armen dienen sollten. Ein Maß im Geben muß sein: die Armen sollen nicht leer ausgehen und ihr Lebensunterhalt nicht Gaunern als Beute überwiesen werden. Jenes Maß soll sein, daß einerseits der Menschenfreundlichkeit nicht Abbruch geschehe, andrerseits der Not die Hilfe nicht versagt bleibe.

  Gar manche spiegeln Schulden vor. Man prüfe den wahren Sachverhalt! Sie klagen, sie seien durch Erpressungen ausgezogen worden. Das Unrecht, bezw. die Person, die einem etwa bekannt ist, müssen das beglaubigen, um dann desto bereitwilliger zu helfen. Den von der Kirche Ausgestoßenen soll eine Aufwendung zufließen, wenn es ihnen am nötigen Lebensunterhalt gebricht. Wer daher das rechte Maß einhält, ist gegen niemand knauserig, wohl aber gegen jedermann freigebig. Wir sollen ja nicht bloß ein Ohr für die Stimme der Bittenden, sondern auch ein Auge für die Nöten (der Nichtbittenden) haben. Einen lauteren Notschrei richtet der Anblick eines Bresthaften als die Stimme eines Armen an die Guttäter. Freilich es ist nicht anders denkbar: der laute, aufdringliche Bittruf von Flehenden erpreßt mehr. Aber nicht immer soll frecher Zudringlichkeit stattgegeben werden. Nach jenem sollst du dich umsehen, der dir nicht unter die Augen tritt; nach jenem dich erkundigen, der als verschämter Arme sich nicht blicken läßt; jener Sträfling im Gefängnis ferner soll dir (im Geiste) begegnen; jener mit Krankheit Behaftete deinen Geist treffen, wenn er dein Ohr nicht treffen kann.

  Je mehr das Volk dich wirken sieht, um so mehr wird es dich lieben. Ich weiß von so manchen Priestern: je mehr sie gaben, um so mehr hatten sie. Denn jeder, der einen guten Arbeiter sieht, gibt ihm, daß er's kraft seines Amtes verteile[185], dessen gewiß, daß sein Mitleid den Weg zu einem Armen findet; denn nur einem Armen will jeder seine Gabe zugute kommen lassen. Sieht er von einem Almosenverteiler, daß er verschwenderisch oder aber zu knauserig ist, wird er beides verächtlich finden, sei es, daß derselbe durch überflüssige Aufwendungen die Früchte fremder Arbeit vergeudet, sei es, daß er sie im Säckel zurückbehält. Wie daher Maß in der Freigebigkeit zu halten ist, so scheint gar manchmal auch ein Ansporn hierzu am Platz zu sein: Maß deshalb, um täglich seinem Wohltun nachgehen zu können, um nicht die vergeudeten Summen der Not zu entziehen; Ansporn darum, weil das Geld in der Schüssel des Armen mehr bezweckt als im Säckel des Reichen. Hüte dich, das Wohl der Dürftigen in deinen Schrank zu sperren und das Leben der Armen sozusagen ins Grab zu betten!

  Joseph hätte die ganzen Reichtümer Ägyptens verschenken und des Königs Schätze vergeuden können: doch er wollte nicht als Verschwender fremden Gutes erscheinen. Er wollte das Getreide lieber verkaufen (Vgl. Gn 41,56 ff.)) als an die Hungernden verschenken, weil es der großen Mehrzahl gemangelt halte, wenn er es an wenige verschenkt hätte. Jene Freigebigkeit zog er vor, durch die er an die Gesamtheit reichlich austeilen konnte. Er öffnete die Scheunen (Ebd.). Doch alle sollten das nötige Getreide kaufen, daß sie nicht, wenn sie es unentgeltlich bekämen, die Bestellung des Ackerlandes unterließen (Vgl. Gn 47,19). Wer vom fremden Gut zehrt, vernachlässigt das eigene.

  Zunächst trieb er nun für den König Geld in Menge ein; sodann verschaffte er ihm sonstige Fahrnisse; endlich das Besitzrecht auf Ländereien (Ebd. 14 ff.), nicht um alle des Ihrigen zu berauben, sondern zu deren Unterstützung, zur Festsetzung einer öffentlichen Abgabe behufs größerer Sicherung ihres Besitzstandes. Das nahmen auch alle, denen er Ländereien abgenommen hatte, willig hin: sie erblickten darin nicht den Verkauf ihres rechtlichen Besitzes, sondern den Erlös ihres Lebens. So beteuerten sie denn auch: „Du hast uns Heil verschafft; wir haben Gnade gefunden vor den Augen des Herrn“ (Ebd. 25.). Sie hatten ja auch am Eigentum nichts verloren, nachdem sie rechtmäßig dafür entschädigt worden waren; und hatten am eigenen Vorteil nichts eingebüßt, nachdem sie ihre dauernde Existenz dafür gefunden hatten.

  O großer Mann, der nicht nach dem vergänglichen Ruhm verschwenderischer Freigebigkeit haschte, sondern durch nützliche Fürsorge ein dauerndes Denkmal sich setzte! Er bewirkte ja nur, daß das Volk durch seine Abgaben sich eine Selbsthilfe schuf und in der Zeit der Not nicht auf fremde Hilfe angewiesen war. Es war besser, daß es einen Teil von den Früchten abgab, statt seinen ganzen rechtlichen Besitz zu verlieren. Den fünften Teil bestimmte er als Abgabe (Ebd. 24.), in der Fürsorge ebenso umsichtig, wie in der Besteuerung milde. So erlebte denn auch Ägypten später keine solche Hungersnot mehr.

  Wie wunderbar aber erschloß er die künftigen Dinge! Vor allem wie haarscharf brachte er als Traumdeuter des Königs nur die Wirklichkeit zum Ausdruck! Zum erstenmal träumte es dem König also: Sieben junge Kühe, wohlgestaltet und fettleibig, stiegen aus dem Flusse und weideten an dessen Ufer. Auch noch andere Jungrinder, häßlich an Gestalt und mager an Körper, stiegen nach jenen Kühen aus dem Flusse und weideten neben ihnen an eben jenem schwellenden Uferrande. Da sah man, wie diese hageren, mageren Jungrinder jene an Gestalt und Schönheit vorzüglicheren auffraßen. Und zum zweitenmal träumte es ihm also: Sieben fette, erlesene und fruchtbare Ähren hoben sich von der Erde, und nach ihnen richteten sich sieben dünne, vom Winde geknickte und welke Ähren auf. Und man sah, wie die unfruchtbaren und dünnen Ähren die frischen und vollen Ähren aufzehrten (Gn 41,1 ff.).

  Diesen Traum erklärte Joseph dahin, daß die sieben jungen Kühe sieben Jahre, und ebenso die sieben Ähren sieben Jahre bedeuteten, indem er die Zeiten nach dem Ertrag und der Fruchtbarkeit auslegte. Die Trächtigkeit einer Kuh besagt ja einen Jahresumlauf, und die Frucht des Saatfeldes läßt wiederum ein volles Jahr zur Rüste gehen. Darum stiegen jene vom Flusse herauf, weil die Tage, die Jahre und Zeitläufte nach Art der Flüsse vorüberziehen und eilends dahingleiten. Die ersten sieben Jahre nun, erklärt er, würden Jahre reichen Segens für das Land sein, ergiebig und fruchtbar; die letzten anderen sieben Jahre unfruchtbar und ertragslos, und ihre Unfruchtbarkeit werde den Überfluß der vorausgehenden aufzehren. Daher seine Mahnung zur Vorsorge: es sollten in den Segensjahren Getreidemittel angesammelt werden, welche die Not der kommenden Hungersnot heben könnten.

  Was soll ich zuerst bewundern? Die Einsicht, mit der er in den Schacht der Wahrheit selbst hinabdrang? Oder den Rat, mit dem er einer so schweren und langen Not vorbeugte? Oder die Umsicht und die Gerechtigkeit, von denen die eine der ihr obliegenden großen Aufgabe zufolge so vielfache Lebensmittel ansammelte, die andere gleiches Maß für alle wahrte? Was soll ich denn von seinem Großmut sprechen, daß er, obwohl von den Brüdern in die Sklaverei verkauft (Gn 37,27 ff.), ihr Unrecht nicht vergalt, sondern ihren Hunger stillte? (Ebd. 42, 25 ff.) Was von der Liebenswürdigkeit, mit der er sich durch fromme List die Anwesenheit seines geliebten Bruders verschaffen wollte, den er auf einen fein ersonnenen Scheindiebstahl hin der Entwendung schuldig erklärte, um ihn als holden Geisel zurückzubehalten? (Ebd. 44, 2 ff.)

  Mit Recht sprach darum der Vater zu ihm: „Reich gesegnet[186] ist mein Sohn Joseph, reich gesegnet mein Sohn, der Eiferer[187], mein jugendlicher Sohn. Dir stand bei mein Gott und segnete dich mit dem Segen des Himmels aus der Höhe und mit dem Segen der Erde mit all ihren Gütern um der Segnungen deines Vaters und deiner Mutter willen. Er überbot die Segensfülle der unvergänglichen Berge und die Erwartung der ewigen Hügel“ (Gn 49,22 ff.). Und im Deuteronomium heißt es: ,,Der im Dornbusch Erschienene komme über Josephs Haupt und dessen Scheitel! Verehrungswürdig ist er unter seinen Brüdern. Dem Erstgeborenen des Stieres gleicht seine Schönheit, Hörner des Einhorns sind seine Hörner: er wird damit die Völker insgesamt stoßen bis an die Grenzen der Erde. Ihm gehören Zehntausende von Ephraim und ihm Tausende von Manasse“ (Dt 33,16 ff.).


XVII. Kapitel

Vom Nützlichen: Notwendige Eigenschaften eines Ratgebers (86). Vorbilder der Patriarch Joseph (87—88) und der Apostel Paulus (89—92).

  Wer dem Nächsten Rat erteilen will, muß so beschaffen sein, daß er sich selbst anderen gegenüber als eine mustergültige Norm des guten Handelns erweist in Gelehrsamkeit, in Unsträflichkeit, in Würde, so daß sein Wort heilsam und untadelig, sein Rat nützlich, sein Leben ehrbar, seine Gesinnung lauter sei (Vgl. Tt 2,7 f. 1Tm 4,12).

  So beschaffen war Paulus, der in der Weise den Jungfrauen Rat (Vgl. 1Co 7,25 ff.), den Priestern Unterweisung gab[188], daß er sich uns erst selbst als Vorbild zur Nachahmung hinstellte. Daher „wußte er sich zu demütigen“ (Vgl. Ph 4,12), wie es auch Joseph wußte, der, ein Sprößling des hochedlen Patriarchengeschlechtes, den niederen Sklavendienst nicht verschmähte, ihn vielmehr in Gehorsam leistete und mit Tugenden adelte. Er wußte sich zu demütigen, der dem Verkäufer und Käufer sich fügte und letzteren seinen Herrn nannte. Vernimm, wie er sich demütigte! „Wenn mein Herr meinetwegen um nichts in seinem Hause weiß und alles, was er hat, in meine Hände gegeben hat, und mir nichts entzogen ist, ausgenommen dich, seine Gemahlin: wie dürfte ich dieses böse Werk verüben und sündigen vor Gott?“ (Gn 39,8 f.) Eine Rede voll Demut, voll Keuschheit: voll Demut, weil seinem Herrn ergeben; voll Ehrerbietung, weil dankbar; voll Keuschheit desgleichen, weil er es für schwere Sünde hielt, mit einer Schandtat sich zu beflecken.

  So muß denn ein Ratgeber beschaffen sein: nichts Unklares, nichts Trügerisches, nichts Erlogenes, nichts Erheucheltes, was sein Leben und seinen Charakter in schiefes Licht stellen würde, nichts Ruchloses und Böswilliges, was die Ratsuchenden abstoßen würde, darf er an sich haben. Das eine nämlich würde man fliehen, das andere verachten. Was Schaden anrichten, was, bösartig wie schleichendes Gift, Unheil anstiften könnte, das fliehen wir. Wenn beispielsweise der, den man um Rat fragen will, von unzuverlässigem Charakter und geldgierig wäre, so daß er sich um Geld umstimmen ließe, wenn er zur Ungerechtigkeit neigte, so flieht und meidet man ihn. Wer dagegen genußsüchtig, unenthaltsam und, wenn auch nicht trügerisch, doch habsüchtig und gewinnsüchtig wäre, den verachtet man. Welchen Beweis von Eifer, welche Frucht an Arbeit könnte denn einer aufweisen, welcher Wachsamkeit und Sorgfalt innerlich sich befleißigen, der sich der Gleichgültigkeit und Trägheit hingibt?

  Darum das Bekenntnis eines guten Ratgebers: „Ich aber habe gelernt mich mit dem, was ich habe, zu begnügen“ (Ph 4,11). Er wußte nämlich, daß die Habsucht die Wurzel aller Übel ist (1Tm 6,10), und war daher mit dem Seinigen zufrieden und verlangte nicht nach fremdem Gut. Mir genügt, wollte er sagen, was ich habe; ob ich weniger habe oder viel, für mich ist's viel. Eins, wie es scheint, verdient ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Er bediente sich nämlich einer bezeichnenden Wendung: „Mir genügt, was ich habe“, spricht er, d. i. ich habe weder Mangel noch Überfluß: nicht Mangel, weil ich nichts Weiteres verlange; nicht Überfluß, weil mein Besitz nicht mir allein, sondern der Mehrzahl frommt. Soviel, was den Geldpunkt betrifft.

  Im übrigen kann man ganz allgemein sagen: Er begnügte sich mit dem, was er augenblicklich besaß, d. i. er verlangte nicht nach größerer Auszeichnung, nicht nach mehr Gefälligkeiten, war nicht übermäßig ruhmsüchtig oder haschte nicht ungebührlich nach Gunst, sondern harrte, voll Geduld im Leiden und seines Verdienstes gewiß, auf das Ende des pflichtschuldigen Kampfes. „Ich weiß mich auch zu demütigen“, beteuert er (Ph 4,12). Nicht also unbewußte, sondern selbstbeherrschende und selbstbewußte Demut findet hier Lob. Es gibt ja auch eine Demut voll Furchtsamkeit, es gibt eine volle Unerfahrenheit und Unwissenheit. Daher das Schriftwort: „Und die Demütigen im Geiste wird er retten“ (Ps 33,19). Ein prächtiges Wort: „Ich weiß mich auch zu demütigen“, nämlich an welchem Platz, in welchem Maß, zu welchem Zweck, zu welchem Dienst, in welchem Amt. Der Pharisäer wußte sich nicht zu demütigen, er ward darum erniedrigt; der Zöllner wußte es, er ward darum gerechtfertigtLuk. 18, 10 ff.).

  Auch in Überfluß zu leben, verstand Paulus (Ph 4,12), weil er ein reiches Herz besaß, wenn auch nicht eines Reichen Schatz. Er verstand es, in Überfluß zu leben, weil er keine Gabe in Geld verlangte, sondern Frucht in der Gnade zu erzielen trachtete. Auch so können wir es verstehen: Er verstand es, in Überfluß zu leben, weil er sprechen konnte: „Unser Mund ist aufgetan gen euch, ihr Korinther, unser Herz ist weit geworden“ (2Co 6,11).

  In allem war er heimisch, im Sattwerden und Hungern (Ph 4,12). Selig, der es verstand, in Christus sich zu sättigen! Nicht eine leibliche, sondern eine geistige Sättigung ist es, welche das Wissen bewirkt. Und mit Recht tut das Wissen not; denn „der Mensch lebt nicht vom Brote allein, sondern von jeglichem Worte Gottes“ (Mt 4,4 bezw. Dt 8,3). Wer also so sich zu sättigen und zu hungern verstand, der verstand nach Gott zu hungern, nach Gott zu dürsten, um immer neue Genüsse sich zu verschaffen. Er wußte zu hungern, weil er wußte, daß die Hungernden essen werden (Mt 5,6). Er wußte und vermochte in Überfluß zu leben, weil er nichts hatte und alles besaß (2Co 6,10).


XVIII. Kapitel

Vom Nützlichen: Roboam, das Beispiel eines übelberatenen Königs (93). Der Abfall der zehn Stämme (94).

  Trefflich empfiehlt Gerechtigkeit den Vorsteher eines Amtes; Ungerechtigkeit dagegen führt zu seiner Absetzung und Bekämpfung. Ein Beispiel bietet die Schrift, wenn sie berichtet, wie das Volk Israel nach dem Tode Salomos dessen Sohn Roboam bat, das drückende Joch von seinem Nacken zu nehmen und die Strenge der Herrschaft seines Vaters zu mildern, jener dagegen den Rat der Alten verachtete und auf die Einflüsterung der Jüngeren hin folgende Verfügung traf: Er machte das Joch des Vaters noch drückender und setzte an Stelle der leichteren Strafen noch schwerere (3 Kön. 12, 3 ff.).

  Durch diese Verfügung erbittert, erwiderte das Volk: „Wir haben keinen Teil an David und kein Erbe an den Söhnen Jesse: Israel, kehre zurück in deine Zelte, ein jeglicher!“ (Ebd. 16.) Denn dieser Mensch soll weder Fürst noch Führer über uns sein. So konnte er denn, vom Volk verlassen und verschmäht, kaum zwei Stämme zählen, die es um des Verdienstes Davids willen mit ihm hielten (Ebd. 20 f.).


XIX. Kapitel

Vom Nützlichen: Politische und soziale Bedeutung der Gerechtigkeit und des Wohlwollens (95). Gefällige Rede halte von Heuchelei und Schmeichelei sich fern (96).

  So ist denn klar, daß Gerechtigkeit Reiche festigt, Ungerechtigkeit sie auflöst. Wie könnte denn Übelwollen den Besitz eines Reiches behaupten, nachdem es nicht einmal eine gewöhnliche Familie zu beherrschen vermag? Es bedarf sonach nicht bloß zur Stütze einer Staatsregierung, sondern auch zur Wahrung privater Rechte im höchsten Grade des Wohlwollens. Eine Hauptstütze ist das Wohlwollen, das bestrebt ist, alle mit Wohltun zu umfangen, durch Gefälligkeiten sich verbindlich zu machen, durch Liebenswürdigkeit sich zu verpflichten.

  Auch freundliche Rede trägt sehr viel zur Gewinnung der Gunst bei. Aber wir wollen von ihr, daß sie aufrichtig und maßvoll sei, frei von jeder Schmeichelei. Keine Schmeichelworte dürfen die Einfalt und Reinheit der Rede entstellen. Denn wir sollen nicht bloß im Handeln, sondern auch im Sprechen, in der Keuschheit und im Glauben den anderen zum Vorbild sein (Vgl. Tt 2,7 f.; 1Tm 4,12). Wie wir uns beurteilt wissen wollen, so sollen wir sein und unsere Gesinnung so offenbaren, wie wir sie hegen. Nicht einmal im Herzen sollen wir ein übelwollendes Wort aussprechen, das wir im Schweigen geborgen glauben. Denn der Schöpfer des verborgenen Innern hört auch das im Verborgenen Gesprochene; und der, welcher dem Herzen die Gesinnung eingoß, kennt auch das Heimliche des Herzens. Alles sonach, was wir tun, wollen wir uns, wie unter den Augen eines Richters stehend, ans Licht gestellt denken, so daß es allen offensichtlich ist.


XX. Kapitel

Vom Nützlichen: Der Nutzen der Freundschaft. Vor allem frommt der Jugend der Anschluß an das tugenderprobte Alter (97), was sich an biblischen Beispielen, wie an Moses und Josue (98—99), an Elias und Elisäus u. a. m. (100—101) ersehen läßt.

  Sehr förderlich ist jedem der enge Anschluß an Gute. Auch Jünglingen frommt der Anschluß an berühmte und weise Männer[189]. Denn wer mit Weisen umgeht, ist ein Weiser; wer hingegen Unverständigen anhängt, gibt sich als Unverständiger zu erkennen. Sowohl zur Bildung wie zum Rufe der Rechtschaffenheit trägt dies sehr viel bei. Es zeigt sich ja an jungen Leuten, daß sie jene nachahmen, denen sie anhängen; und es bestätigt sich die Annahme, daß sie von denen, nach deren Umgang sie lechzen, die gleiche Lebensweise annehmen[190].

  Darum war Jesus Nave so groß, weil ihn der innige Verkehr mit Moses nicht nur in die Gesetzeskunde einführte, sondern auch zur Heiligung in der Gnade führte. Es war denn auch Jesus Nave, als man im Zelte des Moses infolge der Gegenwart Gottes die Herrlichkeit des Herrn aufleuchten sah, der einzige, der im Zelte weilte. Moses sprach mit Gott, Jesus ward gleichfalls von der heiligen Wolke bedeckt. Die Ältesten und das Volk standen unten, Jesus stieg mit Moses hinauf, das Gesetz zu empfangen. Das ganze Volk war innerhalb des Lagers, Jesus außerhalb des Lagers im Zelte des Zeugnisses. Da die Wolkensäule sich herabließ und mit Moses redete, stand er als treuer Diener dabei; und der Jüngling trat nicht aus dem Zelte heraus, während die Ältesten in weiter Entfernung davon vor den göttlichen Wundern zitterten (Ex 24,13 ff.; Ex 33,8 ff.).

  So war er denn überall, bei den offenen Wunderwerken wie bei den insgeheim sich abspielenden Vorgängen der unzertrennliche Jünger an der Seite des heiligen Moses. Daher kam es, daß er, der Gefährte seines Lebens, der Nachfolger in seinem Amte wurde (Dt 34,9). Er ward mit Recht ein solcher Held, daß er der Flüsse Lauf zum Stehen brachte (Jos 3,15 ff.); daß er sprach, die Sonne stehe still: und die Sonne stand still; und daß er gleichsam als Augenzeuge jenes Sieges die Nacht hinausschob, den Tag verlängerte (Jos 10,12 ff.); daß er — wie? dem Moses war es versagt! (Dt 34,4) —allein auserkoren wurde, das Volk ins Land der Verheißung zu führen (Jos 1,2 ff.). Ein Mann des Glaubens, groß durch Wunder, groß durch Triumphe. Des Moses Werke waren glänzender, die unseres Helden glücklicher. Beide waren, gestützt auf Gottes Gnade, Übermenschen: jener gebot dem Meere (Ex 14,16 ff.), dieser dem HimmelJos. 10, 12 f.).

  Schön ist sonach der vertraute Verkehr zwischen alt und jung. Erstere verbürgen (den letzteren) den guten Ruf, letztere dienen (den ersteren) zur Aufheiterung; erstere frommen zur Belehrung, letztere zur Unterhaltung. Ich will davon schweigen, daß der jugendliche Lot an Abrahams Seite blieb, auch als dieser fortzog (Gn 12,4), damit man darin nicht so sehr eine verwandtschaftliche Beziehung, und nicht eher eine naturnotwendige denn freiwillige Anhänglichkeit erblicken sollte. Was soll ich aber von Elias und Elisäus sagen? Mag auch die Schrift den Elisäus nicht ausdrücklich als Jüngling bezeichnen, so können wir doch ersehen und erschließen, daß er in jüngeren Jahren stand (Vgl. 3 Kön. 19, 19 ff.). In der Apostelgeschichte nahm Barnabas den Markus zu sich (Ac 15,89), Paulus den Silas (Ebd. 15, 40.), Paulus den Timotheus (Ebd. 16, 3.), Paulus den Titus (Ga 2,1).

  Doch wir sehen, wie diese Obigen sich in die Obliegenheiten teilten. Den älteren oblag hauptsächlich der Rat, den jüngeren der Dienst. Gar häufig erfreuen sich auch solche eines gegenseitigen vertrauten Umganges, die an Tugend gleich, an Alter ungleich sind, wie Petrus und Johannes sich dessen erfreuten. Denn Johannes war jung, wie wir im Evangelium und aus seinem eigenen Munde erfahren, obwohl er an Verdiensten und Weisheit keinem der Älteren nachstand: dem Wandel nach kleidete ihn die Würde des Alters und das graue Haar der Klugheit; denn ein makelloses Leben ist der Sold eines tugendhaften Alters (Vgl. Sg 4,9).



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