ANSPRACHE 2006 78

ZUM ABSCHLUSS DES MARIENMONATS MAI IN DEN VATIKANISCHEN GÄRTEN

Lourdes-Grotte

Mittwoch, 31. Mai 2006

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Liebe Brüder und Schwestern!


Gerne schließe ich mich euch am Ende dieses eindrucksvollen marianischen Gebetstreffens an. Wir bringen auf diese Weise vor der Lourdes- Grotte in den Vatikanischen Gärten den Monat Mai zum Abschluß. Er war in diesem Jahr geprägt vom Empfang der Statue der Gottesmutter von Fatima auf dem Petersplatz am 25. Jahrestag des Attentats auf unseren geliebten Johannes Paul II. sowie von der Apostolischen Reise, die mich dem Willen des Herrn entsprechend nach Polen geführt hat, wo ich jene Orte besuchen konnte, die meinem großen Vorgänger so sehr am Herzen lagen. Von dieser Pilgerreise, von der ich heute morgen bei der Generalaudienz gesprochen habe, kommt mir jetzt besonders der Besuch im Heiligtum von Jasna Góra in Tschenstochau in Erinnerung, wo mir noch deutlicher bewußt geworden ist, wie sehr unsere himmlische Fürsprecherin den Weg ihrer Kinder begleitet und die Bitten nicht unerhört läßt, die mit Demut und Vertrauen an sie gerichtet werden. Gemeinsam mit euch möchte ich ihr noch einmal dafür danken, daß sie bei meinem Besuch in das liebe Polen an meiner Seite war. Ich möchte Maria auch meine Dankbarkeit dafür zum Ausdruck bringen, daß sie mich im täglichen Dienst für die Kirche trägt. Ich weiß, daß ich in jeder Situation auf sie zählen kann, mehr noch, ich weiß, daß sie mit mütterlichem Gespür jedem Bedürfnis ihrer Kinder zuvorkommt und wirksam eingreift, um ihnen beizustehen: Das ist die Erfahrung, die das christliche Volk seit seinen Anfängen in Jerusalem gemacht hat.

Am heutigen Fest »Mariä Heimsuchung« ebenso wie in jedem Abschnitt des Evangeliums sehen wir Maria fügsam gegenüber dem göttlichen Plan und in einer Haltung fürsorglicher Liebe gegenüber den Brüdern. Noch voll Staunen über das, was der Erzengel Gabriel ihr verkündet hat - daß sie die Mutter des verheißenen Messias werden soll -, erfährt das demütige Mädchen aus Nazaret, daß auch ihre betagte Verwandte Elisabet noch in ihrem Alter ein Kind erwartet. Sofort machte sie sich auf den Weg, wie der Evangelist berichtet (vgl.
Lc 1,39), und »eilte« zum Haus der Kusine, um sich ihr in einem Augenblick, in dem es besonders notwendig war, zur Verfügung zu stellen. Wie sollte man nicht bemerken, daß es bei der Begegnung zwischen der jungen Maria und der schon reifen Elisabet vor allem Jesus ist, der im Verborgenen handelt? Maria trägt ihn in ihrem Leib wie in einem Tabernakel und bietet ihn Zacharias, seiner Frau Elisabet und auch dem Kind, das in deren Schoß heranwächst, als das größte Geschenk an. »In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib«, sagt die Mutter Johannes’ des Täufers (Lc 1,44). Wo immer Maria ist, da ist auch Jesus. Wer sein Herz der Mutter öffnet, begegnet dem Sohn und nimmt ihn auf und wird erfüllt von seiner Freude. Nie trübt oder mindert die wahre Marienverehrung den Glauben an unseren Erlöser Jesus Christus und die Liebe zu ihm, dem einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen. Im Gegenteil, die vertrauensvolle Hingabe an die Muttergottes ist der beste, von zahlreichen Heiligen erprobte Weg einer treueren Nachfolge des Herrn. Vertrauen wir uns ihr also in kindlicher Ergebenheit an!

Mit diesen Empfindungen grüße ich herzlich jeden von euch, meine Herrn Kardinäle, verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt, und auch euch, liebe Ordensleute und Laien, die ihr bei diesem alljährlichen Treffen zum Abschluß des Monats Mai nicht fehlen wolltet. Eurem Gebet empfehle ich insbesondere die am kommenden Samstagabend auf dem Petersplatz stattfindende Vigil mit den Bewegungen und den neuen Laiengemeinschaften an, die als vielversprechende Realitäten in der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erblüht sind. Möge die mütterliche Fürsprache der Königin der Heiligen für alle Jünger Christi das Geschenk eines starken Glaubens und eines unerschütterlichen Zeugnisses für das Evangelium erwirken. Euch allen erteile ich meinen Segen, in den ich gerne die euch nahestehenden Personen einschließe, besonders die alten und kranken Menschen und all jene, die in Not sind.



Juni 2006 AN DIE TEILNEHMER DER DRITTEN VERSAMMLUNG DES XI. ORDENTLICHEN RATES DES GENERALSEKRETARIATS DER BISCHOFSSYNODE

Donnerstag, 1. Juni 2006



Verehrte, liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

An euch alle, die Mitglieder des XI. Ordentlichen Rates des Generalsekretariats der Bischofssynode, richte ich meinen brüderlichen Gruß, insbesondere an euren Generalsekretär, Erzbischof Nikola Eterovic, dem ich dafür danke, daß er eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Eure Anwesenheit läßt mich an die Erfahrung der Synodenversammlung im Herbst 2005 denken, die unter dem Thema »Die Eucharistie: Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche« stand. Jetzt danke ich euch von Herzen für euer Bemühen, die während der letzten Synodenversammlung gemachten Vorschläge zusammenzustellen und zu ordnen. Das heutige Treffen ist ferner eine günstige Gelegenheit, um nochmals die Bedeutung der Liebe in der Tätigkeit der Hirten der Kirche hervorzuheben. Ich muß sagen, daß mich verschiedene Bischöfe während der »Ad-limina«-Besuche gefragt haben, wann denn nun endlich das nachsynodale Schreiben veröffentlicht werde, worauf ich dann antworte, daß daran gearbeitet wird und es sicher nicht mehr lange dauern kann. Hier sehe ich so zahlreiche dafür zuständige Bischöfe versammelt, daß ich nur hoffen kann, auch selbst den Text in Kürze einsehen und aus ihm lernen zu können, bevor er dann zum Nutzen der ganzen Kirche, die wirklich auf ihn wartet, veröffentlicht werden wird.

»Est amoris officium pascere dominicum gregem«: Dieses wunderbare Wort des Bischofs Augustinus (In Ioannis eu. tract.123,5; PL 35, 1967) ist auch heute noch eine große Ermutigung für uns Bischöfe, die wir Sorge tragen für die Herde, die nicht uns gehört, sondern dem Herrn. Bei der Erfüllung seines Auftrags sind wir bemüht, die Herde zu schützen, zu nähren und sie zu Ihm zu führen, dem wahren Guten Hirten, der das Heil aller Menschen will. Die Herde des Herrn zu nähren ist daher ein Dienst wachsamer Liebe, der vollkommene Hingabe bis zur Erschöpfung der Kräfte erfordert und, falls notwendig, auch das Opfer des eigenen Lebens. Vor allem die Eucharistie ist die Quelle und das Geheimnis der ständigen treibenden Kraft unserer Sendung. Der Bischof wird in seinem kirchlichen Dasein wirklich dem Bild Christi gleichgestaltet, der uns mit seinem Fleisch und seinem Blut nährt. Die Eucharistie gibt dem Hirten Kraft, jene besondere Hirtenliebe zu üben, die darin besteht, dem christlichen Volk die Nahrung der Wahrheit zu geben. Und das in Vorbereitung befindliche Schreiben wird eine dieser Maßnahmen sein, um das Volk Gottes mit der Nahrung der Wahrheit zu speisen, ihm zu helfen, in der Wahrheit zu wachsen, und vor allem um ihm das Geheimnis der Eucharistie nahezubringen und es zu einem tiefen und lebendigen eucharistischen Leben einzuladen.

Wenn wir von Wahrheit sprechen, kann vor allem die Wahrheit der Liebe nicht verschwiegen werden, denn sie ist das Wesen Gottes. Sie von den Dächern zu verkünden (vgl. Mt 10,27) ist nicht nur »amoris officium«, sondern eine für die Menschen aller Zeiten notwendige Botschaft. Die Wahrheit der dem Evangelium entsprechenden Liebe betrifft jeden Menschen und den ganzen Menschen und verpflichtet den Hirten, sie furchtlos und ohne Einschränkungen zu verkünden, ohne jemals den Forderungen der Welt nachzugeben: »opportune, importune« (vgl. 2Tm 4,2).

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, in einer Zeit wie der unseren, die in zunehmendem Maße vom Phänomen der Globalisierung geprägt ist, wird es immer notwendiger, allen Menschen die Wahrheit Christi und seine Heilsbotschaft deutlich und mit Nachdruck zu vermitteln. In unzähligen Bereichen muß die Wahrheit liebevoll verkündet und bezeugt werden; viele Menschen dürsten nach ihr, und wir dürfen sie nicht auf der Suche nach Nahrung verschmachten lassen (vgl. Klgl Lm 4,5). Das ist unsere Sendung, verehrte und liebe Brüder! Möge der Geist des Herrn, auf dessen Empfang am sich nahenden Hochfest Pfingsten wir uns vorbereiten, durch die Fürsprache Marias auf euch herabkommen und euch zu Hirten machen, die immer verfügbarer sind für das, was das Herz Gottes verlangt. Mit diesen Empfindungen segne ich euch alle sowie diejenigen, die eurer pastoralen Sorge anvertraut sind.



AN DIE MITGLIEDER UND ALUMNEN DER PÄPSTLICHEN DIPLOMATENAKADEMIE


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Freitag, 2. Juni 2006

Herr Präsident und liebe Alumnen

der Päpstlichen Diplomatenakademie!

Über die heutige Begegnung freue ich mich, und ich begrüße herzlich jeden einzelnen von euch sowie eure ganze Gemeinschaft. Mein Gruß richtet sich zunächst an euren Präsidenten, Erzbischof Justo Mullor García. Ich danke ihm für die freundlichen Worte, mit denen er soeben eure Empfindungen der Ergebenheit und Treue zum Ausdruck gebracht hat. Euer Besuch gibt mir Gelegenheit, euch zu sagen, welche Aufmerksamkeit ich eurer Akademie entgegenbringe: In ihr bereitet ihr euch mit Pflichtbewußtsein und Hingabe darauf vor, den priesterlichen Dienst in jener besonderen Weise auszuüben, die der Dienst am Heiligen Stuhl darstellt. Er ist ein wichtiger Dienst, denn er ist dahingehend ausgerichtet, das Zeugnis der Fürsorge des Nachfolgers Petri in die Teilkirchen und die Nationen in aller Welt zu tragen.

Liebe Alumnen, um euch in angemessener Weise auf die Aufgabe vorzubereiten, die euch erwartet, seid ihr vor allem berufen, eine Gemeinschaft des Gebets zu sein, die in beständiger, treuer und tiefer Beziehung zu Gott lebt, welche dem gesamten Dasein eines jeden von euch Lebenskraft verleiht. Möge die tägliche Eucharistiefeier der lebendige Mittelpunkt, die Quelle und die Wurzel aller eurer Aktivitäten in diesen und in den kommenden Jahren sein, wenn ihr den pastoralen Dienst im Auftrag des Heiligen Stuhls in den verschiedenen Ländern ausüben werdet. Eure Tätigkeit wird nämlich in dem Maße wirksam sein, in dem ihr euch darum bemüht, Zeugen Christi zu sein, Zeugen jener Wahrheit, die den Weg der Völker erleuchtet und lenkt. Werdet daher Boten seines Evangeliums der Liebe, das in der Lage ist, die Herzen zu erneuern und das Zusammenleben innerhalb jeder Gesellschaft wirklich menschlich zu gestalten. Nur wenn ihr eurer Berufung treu bleibt, werdet ihr dem Apostolischen Stuhl einen wertvollen Dienst erweisen können.

Eure Akademie will nicht nur Schule des Gebets sein, sondern will auch weiterhin echte menschliche und theologische Bildung vermitteln. Der Hirtendienst, auf den ihr euch vorbereitet, erfordert eine sorgfältige Ausbildung mit spezifischen Sachkenntnissen. Mehr denn je ist heute fundiertes Wissen unerläßlich, das neben der notwendigen theologischen Ausbildung eine Vertiefung der ständigen Lehre der Kirche und der Leitlinien der Arbeit des Heiligen Stuhls auf kirchlicher und internationaler Ebene vorsehen muß. Nutzt das Lehrangebot, das euch in dieser Studienzeit zur Verfügung steht, und haltet euch mittels ernsthafter persönlicher Studien auch in Zukunft stets auf dem Laufenden.

Eure Akademie verzeichnet eine nunmehr 300jährige Geschichte, und getreu ihrer Vergangenheit muß sie auch weiterhin ein Ort der Gemeinschaft sein. Die Möglichkeit, in Rom zu leben, wo man auf einzigartige Weise die Katholizität der Kirche spürt, und die Tatsache, daß ihr aus verschiedenen Kontinenten kommt, geben euch wertvolle Gelegenheit, den Geist der Einheit und der Gemeinschaft zu nähren. In Zukunft werdet ihr mit Völkern unterschiedlicher Sprache und Kultur in Kontakt treten; ihr werdet den priesterlichen Dienst in Teilkirchen ausüben, die häufig in kultureller Hinsicht anders sind als die, aus denen ihr stammt. Ihr müßt also in der Lage sein, jede christliche Gemeinschaft zu verstehen, zu lieben, zu unterstützen und zu ermutigen, um überall treue Diener des Charismas des Petrus zu sein, des Charismas der Einheit und des Zusammenhalts der ganzen Kirche. Ihr seid daher zu Recht angespornt, euren Aufenthalt in der Akademie im Geist wahrer priesterlicher Brüderlichkeit zu verbringen, um den pastoralen Sinn der Gemeinschaft und der Einheit reifen zu lassen. Öffnet daher die Horizonte eures Geistes und eures Herzens immer mehr für die Universalität der Kirche, um jede Versuchung zu Parteilichkeiten und Individualismen zu überwinden.

Auf eurem Bildungsweg darf schließlich auch eine echte und treue Verehrung der Jungfrau Maria nicht fehlen. Möge sie euch helfen, in der Liebe zu Christus und seiner Kirche zu wachsen und stets nach der Heiligkeit zu streben, dem höchsten und unverzichtbaren Ziel unseres christlichen und priesterlichen Daseins. Mit diesen Empfindungen und Wünschen erbitte ich für euch die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes und erteile jedem von euch und den euch nahestehenden Personen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.



AN DIE TEILNEHMER DER MITARBEITER DER TAGESZEITUNG "AVVENIRE", DES FERNSEHSENDERS "SAT2000", DER RADIOANSTALT "INBLU" UND DER AGENTUR "SIR"


Benediktionsaula

Freitag, 2. Juni 2006

Herr Kardinal,

81 verehrte Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Es ist mir eine Freude, heute die Mitarbeiter der katholischen Tageszeitung »Avvenire«, des Fernsehsenders »Sat2000«, der Radioanstalt »InBlu« und der Agentur »Sir« im Vatikan empfangen zu können. Diese stellen eine sehr bedeutsame mediale Wirklichkeit dar, die mit der Italienischen Bischofskonferenz verbunden ist, als deren Vertreter ich ihren Vorsitzenden, Kardinal Camillo Ruini, hochachtungsvoll hier begrüße. Darüber hinaus begrüße ich herzlich jeden von euch und danke dem Direktor der Tageszeitung »Avvenire« und des Fernsehkanals »Sat2000« für die freundlichen Worte, die er im Namen aller Anwesenden an mich gerichtet hat. Liebe Freunde, ihr erfüllt in der Tat eine wichtige Funktion, denn auch durch euren Beitrag wird das Bemühen der italienischen Katholiken fortgesetzt, das Evangelium Christi ins Leben der Nation zu tragen. Gern erinnere ich mich daran, daß Paul VI. in den Jahren unmittelbar nach dem Konzil ausdrücklich wünschte, daß der »Avvenire« als nationale katholische Tageszeitung entstehen möge. Dann war es eine mutige Entscheidung, eure Arbeit durch die Anwendung modernster Technik auf Rundfunk- und Fernsehsendungen auszuweiten, wie es im Konzilsdekret Inter Mirifica als Wunsch zum Ausdruck gekommen war (
IM 13-14). So seid ihr eines der Werkzeuge zur Verbreitung der christlichen Botschaft in Italien geworden.

Um die Bedeutung der Arbeit, der ihr euch Tag für Tag widmet, in ihrer ganzen Bandbreite zu erfassen, kann eine kurze Reflexion über die Beziehungen zwischen Glauben und Kultur, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, von Nutzen sein. Wie ihr wißt, hat sich die europäische Kultur im Laufe der Jahrhunderte unter Mitwirkung des Christentums herausgebildet. Seit der Aufklärung hat sich die westliche Kultur dann mit zunehmender Geschwindigkeit von ihren christlichen Grundlagen entfernt. Besonders in jüngster Zeit zeigen sich uns im Zerfall von Ehe und Familie, in den Angriffen auf das menschliche Leben und seine Würde, in der Reduzierung des Glaubens auf eine subjektive Erfahrung und in der daraus folgenden Säkularisierung des öffentlichen Bewußtseins die Folgen dieser Entfernung von den christlichen Grundlagen der Kultur. In verschiedenen Teilen Europas gibt es jedoch Erfahrungen und Ausdrucksweisen christlicher Kultur, die sich behaupten oder die mit wachsendem Elan wieder zum Vorschein kommen. Insbesondere ist im Leben des italienischen Volkes der katholische Glaube grundsätzlich noch vorhanden, und jeder kann sehen, daß Anzeichen einer neuen Lebendigkeit des Glaubens vorhanden sind. Eure Arbeit als Kommunikatoren, die sich am Evangelium orientieren, erfordert daher ständiges Urteilsvermögen. Wie ihr wißt, sind die Hirten der Kirche in Italien bemüht, jene christlichen Formen zu bewahren, die aus der großen Tradition des italienischen Volkes kommen und das gemeinschaftliche Leben prägen, indem sie sie aktualisieren, sie gegebenenfalls reinigen, sie vor allem aber festigen und fördern. Eure Aufgabe ist es auch, die aufkommenden neuen christlichen Erfahrungen zu unterstützen und zu fördern und den an ihnen teilhabenden Christen zu helfen, ein immer deutlicheres Bewußtsein zu entwickeln für die eigene kirchliche Verwurzelung sowie für die Rolle, die sie in der Gesellschaft und Kultur Italiens wahrnehmen können.

All das, liebe Freunde, gehört zu eurer täglichen Arbeit, einer Arbeit, die nicht auf abstrakte oder rein intellektuelle Weise durchgeführt werden kann, sondern die den unzähligen Aspekten des konkreten Lebens eines Volkes, seinen Problemen, seinen Nöten und seinen Hoffnungen Beachtung schenken muß. Möge euch in eurer Arbeit die Gewißheit unterstützen und ermutigen, daß der christliche Glaube offen ist für all das, was in der Kultur der Völker »wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist«, wie der Apostel Paulus die Philipper lehrte (vgl. Ph 4,8). Setzt also euer Werk in diesem Geist und mit dieser Haltung fort, indem ihr selbst ein leuchtendes Zeugnis ablegt von einem tief christlichen Leben und dafür stets fest mit Christus verbunden bleibt, um die Welt mit seinen Augen betrachten zu können. Seid glücklich über die Tatsache, zur Kirche zu gehören und ihre Stimme und Überzeugungen in das große Kommunikationsnetz einzubringen. Werdet nicht müde, Brücken der Verständigung und der Kommunikation zwischen der kirchlichen Erfahrung und der öffentlichen Meinung zu bauen. So könnt ihr Hauptakteure einer Kommunikation sein, die Stellungnahmen nicht ausweicht, sondern wirklich und aufrichtig im Dienst am Menschen von heute steht.

Ich wünsche von Herzen, daß einer solchen Kommunikation die Aufmerksamkeit und Unterstützung der Katholiken und aller um die wahren Werte bemühten Italiener zukommen möge. Meinerseits versichere ich euch meiner ständigen Nähe. Damit eure Arbeit immer reichere Früchte tragen möge, erteile ich euch und euren Familien von Herzen den Apostolischen Segen als Unterpfand des Lichtes und der Kraft, die Gott allein in die Herzen seiner Kinder legen kann. AN DIE TEILNEHMER DER PASTORALTAGUNG DER DIÖZESE ROM
Lateranbasilika

Montag, 5. Juni 2006

Liebe Brüder und Schwestern,


Gerne bin ich erneut in eurer Mitte, um mit meinen Überlegungen unsere diözesane Pastoraltagung einzuleiten, die einem sehr schönen Thema von grundlegender pastoraler Bedeutung gewidmet ist: der Freude, die aus dem Glauben kommt, und sein Verhältnis zur Erziehung der jungen Generationen. So greifen wir den bei der letzten Pastoraltagung im vergangenen Jahr begonnen Dialog wieder auf und führen ihn mit einem direkteren Blick auf die Jugend fort. Damals haben wir uns mit der Rolle befaßt, die die Familie und die christliche Gemeinschaft für die Persönlichkeitsbildung und die Weitergabe des Glaubens haben. Herzlich begrüße ich jeden von euch, Bischöfe, Priester, Diakone, Ordensleute und Laien, die ihr euch für das Zeugnis unseres Glaubens einsetzt. Ganz besonders grüße ich euch, die Jugendlichen, die ihr beabsichtigt, euren persönlichen Bildungsweg zu verbinden mit der Übernahme von kirchlicher und missionarischer Verantwortung gegenüber anderen jungen Menschen. Von Herzen danke ich dem Kardinalvikar für die Worte, die er im Namen von euch allen an mich gerichtet hat.

Mit dieser Tagung und dem Pastoraljahr, das sich von ihren Inhalten inspirieren lassen wird, setzt die Diözese Rom jenen langen Weg fort, den sie vor nunmehr zehn Jahren mit der von meinem geliebten Vorgänger Johannes Paul II. gewünschten Stadtmission begonnen hat. Das Ziel ist in der Tat immer dasselbe: den Glauben in unseren Gemeinden wiederzubeleben und danach zu streben, ihn zu wecken oder wiederzuerwecken in allen Menschen und Familien dieser großen Stadt, in der schon von der ersten christlichen Generation an und vor allem durch die Apostel Petrus und Paulus der Glaube verkündet und die Kirche aufgebaut wurde. In den vergangenen drei Jahren habt ihr eure Aufmerksamkeit besonders auf die Familie gerichtet, um durch die Wahrheit des Evangeliums diese grundlegende menschliche Realität, die heute leider stark gefährdet und bedroht ist, zu festigen und ihr zu helfen, ihre unverzichtbare Sendung in der Kirche und in der Gesellschaft zu erfüllen. Wenn wir nun die Glaubenserziehung der jungen Generationen in den Vordergrund stellen, vernachlässigen wir damit gewiß nicht den Einsatz für die Familie, die die Hauptverantwortung für die Erziehung trägt. Vielmehr kommen wir einer in zahlreichen gläubigen Familien verbreiteten Sorge entgegen, die im heutigen sozialen und kulturellen Kontext fürchten, daß es ihnen nicht gelingen wird, das wertvolle Gut des Glaubens den eigenen Kinder zu vermitteln.

82 Die Entdeckung der Schönheit und der Freude des Glaubens ist in Wirklichkeit ein Weg, den jede neue Generation für sich selbst gehen muß, weil im Glauben unser eigenes Leben, unser Innerstes ins Spiel kommt, unser Herz, unsere Intelligenz, unsere Freiheit in einer zutiefst persönlichen Beziehung zum Herrn, der in uns wirkt. Aber auf ebenso tiefgreifende Weise ist der Glaube gemeinschaftliches Handeln und gemeinschaftliche Haltung, es ist das »Wir glauben« der Kirche. Die Freude des Glaubens ist somit eine Freude, die geteilt werden muß, wie der Apostel Johannes sagt: »Was wir gesehen und gehört haben (das Wort des Lebens), das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt … Wir schreiben dies, damit unsere Freude vollkommen ist« (1Jn 1,3-4). Die Glaubenserziehung der jungen Generationen ist daher eine große und grundlegende Aufgabe, die die gesamte christliche Gemeinschaft einbezieht. Liebe Brüder und Schwestern, aus eigener Erfahrung wißt ihr, daß diese Aufgabe heute aus verschiedenen Gründen besonders schwierig geworden ist, aber gerade deshalb ist sie um so wichtiger und dringlicher. In der heutigen säkularisierten Kultur lassen sich zwei deutlich voneinander abhängige Grundzüge erkennen, die in eine der christlichen Botschaft entgegengesetzte Richtung drängen und die unweigerlich jene beeinflussen, die sich in bezug auf die Ausrichtung ihres Lebens und ihre Lebensentscheidungen in einem Reifeprozeß befinden. Einer dieser Grundzüge ist der Agnostizismus. Er entspringt der Verkürzung der menschlichen Intelligenz auf eine nur berechnende und funktionale Vernunft und neigt dazu, den zutiefst in unsere Natur eingeschriebenen Sinn für das Religiöse zu ersticken. Der andere ist jener Prozeß der Relativierung und Entwurzelung, der die heiligsten Bindungen und die edelsten Gefühle des Menschen zerstört, mit dem Ergebnis, daß dies den Menschen schwach und unsere gegenseitigen Beziehungen unsicher und unbeständig macht.

Gerade in dieser Situation ist es für uns alle, vor allem für unsere Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, notwendig, den Glauben als Freude zu leben, jenen tiefen inneren Frieden zu spüren, der der Begegnung mit dem Herrn entspringt. In meiner Enzyklika Deus caritas est habe ich geschrieben: »Wir haben der Liebe geglaubt: So kann der Christ den Grundentscheid seines Lebens ausdrücken. Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluß oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt« (). Die Quelle der christlichen Freude ist diese Gewißheit, von Gott geliebt zu sein, persönlich von unserem Schöpfer geliebt zu sein, von Ihm, der das ganze Universum in seinen Händen hält und jeden von uns und die ganze Menschheitsfamilie liebt, mit leidenschaftlicher und treuer Liebe, einer Liebe, die größer ist als unsere Treulosigkeit und Sünden, mit verzeihender Liebe. Diese Liebe »ist so groß, daß sie Gott gegen sich selbst wendet«, was endgültig im Geheimnis des Kreuzes zum Ausdruck kommt: »Gott liebt den Menschen so, daß er selbst Mensch wird, ihm nachgeht bis in den Tod hinein und auf diese Weise Gerechtigkeit und Liebe versöhnt« (Deus caritas est ).

Liebe Brüder und Schwestern, diese Gewißheit und diese Freude, von Gott geliebt zu sein, muß für jeden von uns, und besonders für die jungen Generationen, die in die Welt des Glaubens eintreten, auf irgendeine Weise wahrnehmbare und konkrete Wirklichkeit werden. Mit anderen Worten: Jesus hat gesagt, daß er die »Wahrheit« und das »Leben« ist, aber auch der »Weg«, der zum Vater führt (vgl. Jn 14,5-7). Daher müssen wir uns fragen: Wie können unsere jungen Menschen auf praktische und existentielle Weise in ihm diesen Weg des Heils und der Freude finden? Gerade dies ist die große Sendung, für die die Kirche als Familie Gottes und als Gemeinschaft von Freunden besteht, in die wir durch die Taufe bereits als kleine Kinder aufgenommen werden und in der unser Glaube, unsere Freude und die Gewißheit, vom Herrn geliebt zu sein, wachsen muß. Es ist daher unerläßlich - und das ist die Aufgabe, die den christlichen Familien, den Priestern, den Katecheten, den Erziehern, und den Jugendlichen selbst gegenüber ihren Altersgenossen, die unseren Pfarrgemeinden, Vereinigungen und Bewegungen und schließlich der gesamten Diözesangemeinschaft anvertraut ist -, daß die jungen Generationen die Kirche als eine wirklich zuverlässige Gemeinschaft von Freunden erleben können, die ihnen in jedem Augenblick und in allen Situationen des Lebens, den freudigen und erfüllenden ebenso wie den schwierigen und dunklen, zur Seite steht. Diese Gemeinschaft verläßt uns nie, nicht einmal im Tod, denn sie birgt in sich die Verheißung der Ewigkeit. Euch, liebe junge Menschen hier in Rom, möchte ich bitten, eurerseits der Kirche zu vertrauen, sie zu lieben und Vertrauen zu ihr zu haben, weil der Herr in ihr gegenwärtig ist und weil sie nichts anderes sucht als euer Wohl.

Derjenige, der weiß, daß er geliebt wird, fühlt sich seinerseits aufgefordert zu lieben. Der Herr, der uns zuerst geliebt hat, bittet uns auf eben diese Weise, unsererseits die Liebe zu ihm und zu den Menschen, die er geliebt hat, in den Mittelpunkt unseres Lebens zu stellen. Besonders die jungen Menschen, die den Ruf der Liebe so überwältigend stark in sich spüren, müssen von dem verbreiteten Vorurteil befreit werden, daß das Christentum mit seinen Geboten und Verboten der Freude der Liebe zu viele Hindernisse in den Weg legt und es den Menschen vor allem verwehrt, jene Glückseligkeit vollends auszukosten, die Mann und Frau in der gegenseitigen Liebe finden. Im Gegenteil, der Glaube und die christliche Ethik wollen die Liebe nicht ersticken, sondern sie rein, stark und wahrhaft frei machen: Genau das ist der Sinn der Zehn Gebote, die keineswegs eine Reihe von »Nein« sind, sondern ein volles »Ja« zur Liebe und zum Leben. Die menschliche Liebe muß nämlich gereinigt werden, muß reifen und auch über sich selbst hinauswachsen, um vollkommen menschlich zu werden, um Ursprung wahrer, dauerhafter Freude zu sein und schließlich jenem Verlangen nach Ewigkeit zu entsprechen, das sie in sich trägt und auf das sie nicht verzichten kann, ohne sich selbst zu verraten. Das ist der wesentliche Grund, weshalb die Liebe zwischen Mann und Frau nur in der Ehe vollkommene Verwirklichung findet.

In der gesamten Erziehungsarbeit, in der Ausbildung des Menschen und des Christen dürfen wir somit weder aus Angst noch aus Verlegenheit die große Frage der Liebe unbeachtet lassen, denn wenn das der Fall wäre, würden wir ein Christentum präsentieren, das nicht »Fleisch geworden« ist und das den jungen Menschen, der sich dem Leben öffnet, nicht ernsthaft interessieren kann. Doch müssen wir auch in die ganzheitliche Dimension der christlichen Liebe einführen, wo die Liebe zu Gott und die Liebe zum Menschen untrennbar verbunden sind und wo Nächstenliebe eine äußerst konkrete Verpflichtung ist. Der Christ begnügt sich nicht mit Worten und auch nicht mit trügerischen Ideologien, sondern kommt den Bedürfnissen des Nächsten entgegen, indem er wirklich sich selbst einsetzt, ohne sich mit einer gelegentlichen guten Tat zufriedenzugeben. Jungen Menschen praktische Erfahrungen im Dienst an bedürftigen und notleidenden Mitmenschen anzubieten gehört somit zu einer authentischen und vollständigen Glaubenserziehung. Wie das Bedürfnis zu lieben so gehört auch das Verlangen nach Wahrheit zur Natur des Menschen. Daher kann die Frage nach der Wahrheit bei der Erziehung der jungen Generationen sicher nicht umgangen werden, vielmehr muß sie eine zentrale Stellung einnehmen. Wenn wir die Frage nach der Wahrheit stellen, erweitern wir den Horizont unserer Rationalität: Wir beginnen, unsere Vernunft aus jenen engen Grenzen zu befreien, in die sie eingeschlossen ist, solange allein das als vernünftig betrachtet wird, was Gegenstand von Experimenten und Berechnungen sein kann. Und genau hier findet die Begegnung zwischen Vernunft und Glaube statt: Im Glauben empfangen wir Gott, der sich selbst schenkt, indem er sich uns, den als sein Abbild geschaffenen Menschen, offenbart, und wir nehmen jene Wahrheit an, die unser Verstand nicht vollends erfassen und nicht besitzen kann. Gerade deshalb erweitert sie den Horizont unserer Erkenntnis und erlaubt uns, zum Geheimnis vorzudringen, in das wir eingetaucht sind, und in Gott den endgültigen Sinn unserer Existenz zu finden.

Liebe Freunde, wir wissen sehr wohl, daß es nicht einfach ist, dieser Überwindung der Grenzen unserer Vernunft zuzustimmen. Daher bleibt der Glaube, der ein sehr persönlicher menschlicher Akt ist, eine Entscheidung unserer Freiheit, die auch zurückgewiesen werden kann. Hier jedoch zeigt sich eine zweite Dimension des Glaubens, die, sich einer Person anzuvertrauen: nicht irgend jemandem, sondern Jesus Christus und dem Vater, der ihn gesandt hat. Glauben bedeutet, kraft des Heiligen Geistes, der in unseren Herzen wirkt, eine zutiefst persönliche Verbindung zu unserem Schöpfer und Erlöser aufzubauen und diese Verbindung zur Grundlage unseres ganzen Lebens zu machen, denn Jesus Christus ist »die Person gewordene Wahrheit, die die Welt zu sich hinzieht. … Jede andere Wahrheit ist ein Fragment der Wahrheit, die er ist, und weist auf ihn hin« (vgl. Ansprache an die Kongregation für die Glaubenslehre CDF 10 Februar 2006; in: O.R. dt., Nr. 8, 24.2.2006, S. 7). So erfüllt er unser Herz, läßt es weit werden und füllt es mit Freude, läßt unsere Intelligenz zu unerforschten Horizonten aufbrechen und gibt unserer Freiheit den entscheidenden Orientierungspunkt, indem er sie von der Enge des Egoismus befreit und zu wahrer Liebe befähigt.

Bei der Erziehung der jungen Generationen brauchen wir also keine Angst zu haben, die Wahrheit des Glaubens mit den wahren Errungenschaften des menschlichen Wissens zu konfrontieren. Heute verzeichnet die Wissenschaft rasche Fortschritte und nicht selten werden sie so dargestellt, als stünden sie im Gegensatz zu den Glaubensaussagen, was zu Verwirrung führt und die Annahme der christlichen Wahrheit erschwert. Aber Jesus Christus ist und bleibt der Herr der ganzen Schöpfung und der ganzen Geschichte: »Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen … in ihm hat alles Bestand« (Col 1,16 Col 1,17). Wenn er aufrichtig und nach strengen Kriterien geführt wird, bietet der Dialog zwischen Glaube und Vernunft daher die Möglichkeit, auf wirksamere und überzeugendere Art und Weise die Vernünftigkeit des Glaubens an Gott zu erkennen - nicht an irgendeinen Gott, sondern an den Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat - und darüber hinaus zu zeigen, daß jede wahre menschliche Sehnsucht in Jesus Christus ihre Erfüllung findet. Liebe Jugendliche von Rom, geht also mit Vertrauen und Mut weiter auf dem Weg der Suche nach dem Wahren. Und ihr, liebe Priester und Erzieher, zögert nicht, eine regelrechte »Pastoral der Intelligenz« und im weiteren Sinn der Person zu fördern, welche die Fragen der jungen Menschen - sowohl die existentiellen Fragen als auch jene, die der Konfrontation mit den heute verbreiteten Formen der Rationalität entspringen - ernst nimmt, um ihnen zu helfen, gültige und angemessene christliche Antworten zu finden und sich schließlich jene entscheidende Antwort zu eigen zu machen, die Christus, der Herr, ist.

Wir haben vom Glauben gesprochen als Begegnung mit ihm, der die Wahrheit und die Liebe ist. Wir haben auch gesehen, daß es sich um eine gemeinschaftliche und gleichzeitig um eine persönliche Begegnung handelt, die in allen Dimensionen unseres Lebens stattfinden muß, durch den Gebrauch des Verstandes, durch die der Freiheit entspringenden Entscheidungen und den Dienst der Liebe. Es gibt jedoch einen besonderen Ort, an dem diese Begegnung auf unmittelbare Weise stattfindet, gestärkt und vertieft und so in die Lage versetzt wird, das gesamte Leben zu durchdringen und zu prägen: Dieser Ort ist das Gebet. Liebe Jugendliche, viele von euch waren sicher beim Weltjugendtag in Köln anwesend. Dort haben wir gemeinsam zum Herrn gebetet, ihn, der in der Eucharistie gegenwärtig ist, angebetet und sein heiliges Opfer dargebracht. Wir haben über jene entscheidende Geste der Liebe nachgedacht, mit der Jesus beim Letzten Abendmahl den eigenen Tod vorwegnimmt, ihn zuinnerst annimmt und in einen Dienst der Liebe verwandelt, in jener Revolution, die als einzige wirklich fähig ist, die Welt zu erneuern und den Menschen zu befreien, indem sie die Macht der Sünde und des Todes besiegt. Liebe Brüder und Schwestern, euch junge Menschen und alle Anwesenden, die ganze geliebte Kirche Roms, besonders die Gottgeweihten und unter ihnen vor allem diejenigen, die in den Klausurklöstern leben, bitte ich, geistig vereint mit Maria, unserer Mutter, im Gebet zu verharren und Christus anzubeten, der in der Eucharistie gegenwärtig ist, ihn immer mehr zu lieben, ihn, unseren Bruder und wahren Freund, den Bräutigam der Kirche, den treuen und barmherzigen Gott, der uns zuerst geliebt hat. So werdet ihr jungen Menschen bereit und verfügbar sein, seinem Ruf zu folgen, wenn er euch im Priestertum oder im geweihten Leben ganz für sich haben will.

Je mehr wir uns von Christus nähren und ihn lieben, um so stärker spüren wir auch in uns den Wunsch, andere Menschen zu ihm zu führen: In der Tat können wir die Freude des Glaubens nicht für uns behalten, wir müssen sie weitergeben. Dieses Verlangen wird noch stärker und dringlicher angesichts jener merkwürdigen Gottvergessenheit, die es heute in weiten Teilen der Welt und in gewissem Maß auch hier in Rom gibt. Diese Gottvergessenheit verursacht viel Lärm, der von kurzer Dauer ist, manch unnützen Streit, aber auch tiefe Unzufriedenheit und ein Gefühl der Leere. Daher, liebe Brüder und Schwestern, müssen wir in unserem demütigen Dienst als Zeugen und Missionare des lebendigen Gottes Boten jener Hoffnung sein, die dem sicheren Glauben entspringt: So werden wir unseren Brüdern und Mitbürgern helfen, in ihrem Leben den Sinn und die Freude wiederzufinden. Ich weiß um euren Einsatz in den wichtigen pastoralen Bereichen, worüber ich mich sehr freue und wofür ich dem Herrn zusammen mit euch danke. Vor allem im ersten Jahr meines Pontifikats habe ich bereits die lebendige christliche Präsenz unter den Jugendlichen und Studenten Roms wie auch unter den Kommunionkindern erfahren. Ich fordere euch auf, voll Vertrauen fortzufahren und eure Bindung an den Herrn stets enger und so euer Apostolat immer wirksamer werden zu lassen. Bei dieser Aufgabe dürft ihr keine Dimension des Lebens vernachlässigen, denn Christus ist gekommen, um den ganzen Menschen zu retten, tief im Inneren des Gewissens wie auch in den Ausdrucksformen der Kultur und in den sozialen Beziehungen.

Liebe Brüder und Schwestern, ich vertraue euch diese Überlegungen mit freundschaftlichem Geist an, als Beitrag zu eurer Arbeit im Rahmen der Pastoraltagung und auch im kommenden Pastoraljahr. Meine Zuneigung und mein Segen begleiten euch heute und in Zukunft.

Danke für eure Aufmerksamkeit!


ANSPRACHE 2006 78