ANSPRACHE 2006 89

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Liebe Brüder in Christus!


Mit großer Freude und aufrichtiger Liebe im Herrn heiße ich heute Eure Eminenz, den Metropoliten Johannes, und die anderen Mitglieder der Delegation willkommen, die Seine Heiligkeit Bartolomaios I. und der Heilige Synod des Ökumenischen Patriarchats aus Anlaß des Festes der hll. Petrus und Paulus, Patrone der Kirche von Rom, entsandt haben. Jedem von euch gilt mein herzlicher Gruß. Ich möchte euch mit den Worten des Apostels Petrus willkommen heißen: »Simon Petrus, Knecht und Apostel Jesu Christi, an alle, die durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Retters Jesus Christus den gleichen kostbaren Glauben erlangt haben wie wir. Gnade sei mit euch und Friede in Fülle durch die Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn« (
2P 1,1-2). Diese Worte erinnern uns an unseren gemeinsamen Glauben und das Heilsgeheimnis, das wir empfangen haben, ein Geschenk, das wir an die Männer und Frauen unserer Zeit weitergeben müssen. Die Tatsache, daß das Fest der hll. Petrus und Paulus von Katholiken und Orthodoxen am selben Tag gefeiert wird, erinnert an die uns gemeinsame apostolische Sukzession und an die kirchliche Brüderlichkeit. Ich möchte an dieser Stelle ins Gedächtnis rufen, daß die byzantinische Hymnographie dem hl. Petrus den sehr bedeutungsvollen Titel des »Protochoriphäos« zuschreibt, also des Chorführers, der die Aufgabe hat, die Harmonie der Stimmen zu erhalten, zur Ehre Gottes und im Dienst Seines Volkes. Ich bin euch daher dankbar, daß ihr gekommen seid, um euer Gebet mit dem unsrigen zu vereinen, veranlaßt durch unsere gemeinsame Verpflichtung, den Weg weiterzugehen, der uns Schritt für Schritt zur Beseitigung jeglicher Dissonanz im Chor der einen Kirche Christi führt.

In Zukunft wird es wichtige Gelegenheiten der Begegnung und des brüderlichen Dialogs geben. Ihre Anwesenheit, Eminenz, als Ko-Präsident der Gemischten Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche in ihrer Gesamtheit läßt mich an die Vollversammlung dieser Kommission denken, die auf Einladung des serbisch-orthodoxen Patriarchats im September in Belgrad stattfinden wird. So nimmt der Dialog seinen Weg wieder auf und tritt in eine neue Phase ein. Da entsteht in uns spontan der Wunsch, dafür zu beten, daß der Heilige Geist unsere Herzen erleuchten und entflammen möge und so unseren gemeinsamen Willen stärke, auf das innige Gebet des Herrn: »Ut unum sint« zu antworten, soweit es in unseren Kräften steht; mögen auf diese Weise die im Glauben vereinten Jünger Christi das Evangelium gemeinsam der ganzen Welt verkünden, auf daß durch den Glauben an Christus alle gerettet werden.

Außerdem hoffe ich, als Antwort auf die Einladung, die von seiten der Regierung, des Patriarchats und der katholischen Ortsgemeinde ausgegangen ist, eine Apostolische Pilgerreise in die Türkei machen zu können, ein Land, das eine alte und reiche Kultur besitzt, ein ehrwürdiges Land, in dem viele heilige Väter unserer kirchlichen, theologischen und geistlichen Tradition gelebt haben. So werde ich an den Feierlichkeiten anläßlich des Festes des heiligen Apostels Andreas, des Bruders des hl. Petrus, teilnehmen können. Indem ich die Geste meiner Vorgänger seligen Angedenkens, Paul VI. und Johannes Paul II., anläßlich ihres Besuches im Phanar wiederhole, wird es mir eine Freude sein, Seiner Heiligkeit Bartolomaios I. zu begegnen und ihm auf diese Weise einen Gegenbesuch zu seinen liebenswürdigen Besuchen hier in Rom abzustatten. Ich bin sicher, daß dieser gegenseitige Austausch unsere kirchliche Brüderlichkeit stärken und die Zusammenarbeit bei unseren gemeinsamen Initiativen erleichtern wird. Der Herr helfe uns, mit neuem Vertrauen auf den Tag zuzugehen, an dem wir gemeinsam die heilige Eucharistie des Herrn als Zeichen der vollen Gemeinschaft werden feiern können.

Eminenz, mit diesen herzlichen Empfindungen bitte ich Sie und ihre Begleiter, dem Patriarchen Bartolomaios I. und dem Heiligen Synod meinen brüderlichen Gruß zu übermitteln, während ich dem Herrn danke, der uns gewährt hat, einen neuen Schritt zu tun in der Erfüllung seines Willens der Einheit und des Friedens. AN HERRN MARIO JUAN BOSCO CAYOTA ZAPPETTINI,

NEUER BOTSCHAFTER URUGUAYS BEIM HL. STUHL

Freitag, 30. Juni 2006

Herr Botschafter!


1. Ich freue mich, Sie herzlich willkommen zu heißen zu dieser Begegnung, bei der Sie mir das Beglaubigungsschreiben überreichen, das Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Östlich des Uruguay beim Heiligen Stuhl akkreditiert.

Ich danke Ihnen für die liebenswürdigen Worte, die Sie an mich gerichtet, sowie für den freundlichen Gruß des Herrn Staatspräsidenten, Dr. Tabaré Vázquez Rosas, den Sie mir überbracht haben. Ich bitte Sie, ihm meine besten Wünsche für sein persönliches Wohlergehen und das seiner Familie sowie für das Gedeihen und das friedliche und solidarische Zusammenleben dieser edlen Nation zu übermitteln.

2. Im Verlauf seiner Geschichte hat Uruguay die christlichen Ideale der Gerechtigkeit und des Friedens angenommen. In Uruguay gibt es ein friedliches und achtungsvolles Miteinander unterschiedlicher Auffassungen vom Menschen und von seiner Bestimmung, ohne daß dies die aufrichtige und echte Wertschätzung der religiösen Dimension und insbesondere der Sendung der Kirche vermindert.

Ein Beweis der Liebe vieler Uruguayer zum Apostolischen Stuhl ist, wie Eure Exzellenz gesagt haben, die unvergängliche Erinnerung an die beiden Besuche meines verehrten Vorgängers, Johannes Paul II., in Ihrem Land. Ihm wurde an dem Platz, wo er seine erste Messe in Montevideo feierte, ein Denkmal gesetzt.

90 Unter diesen Gesichtspunkten kann man hoffen, daß die christliche Auffassung des Menschen, der als Abbild Gottes, ihm ähnlich, geschaffen ist und eine übernatürliche Berufung hat, offen zutage treten kann in der Erziehung der jungen Generationen.

Die Erziehungsaufgabe darf sich nämlich nicht auf die fachlichen und berufsbezogenen Seiten beschränken, sondern sie muß alle Aspekte der Person einbeziehen, ihre soziale Seite ebenso wie ihr Streben nach der Transzendenz, das sich in einer seiner edelsten Dimensionen, der Liebe, offenbart.

3. Die höchsten Werte, in den Herzen der Menschen und im Sozialgefüge verwurzelt, sind gleichsam die Seele der Völker, die sie stark sein läßt in Widrigkeiten, großherzig in der loyalen Zusammenarbeit und hoffnungsvoll im Aufbau einer besseren, lebensvollen Zukunft, in der alle Menschen ohne Ausnahme die Möglichkeit haben, die volle Würde des menschlichen Wesens zu entfalten.

Daher sind die Tendenzen besorgniserregend, durch die versucht wird, den unantastbaren Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod einzuschränken oder es aus seinem natürlichen Umfeld, der menschlichen Liebe in Ehe und Familie, herauszulösen.

Die Kirche fördert eine »Kultur des Lebens«, die großherzig ist und Hoffnung schenkt, und dies nicht nur aus Gründen, die eng an ihr Bekenntnis gebunden sind. Wie Sie wissen, Herr Botschafter, gibt es auch in Ihrem Land viele hervorragende Personen, die diese Besorgnisse aus ethischen und rationalen Gründen mit uns teilen.

Damit verbunden ist ihrer Natur nach die Frage der Familie - der grundlegenden Struktur der Gesellschaft - und der ehelichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die dem Plan entspricht, den der Schöpfer der menschlichen Natur eingeschrieben hat.

Es fehlt nicht an denjenigen, die mittels der Massenmedien den hohen Wert von Ehe und Familie leugnen oder ihn ins Lächerliche ziehen und so Egoismus und Desorientierung fördern anstelle von Großherzigkeit und Opferbereitschaft, die notwendig sind, um diese wahre »Keimzelle« der menschlichen Gemeinschaft lebendig und kraftvoll zu erhalten.

Die Familie zu fördern und ihr bei der Erfüllung ihrer unverzichtbaren Aufgaben zu helfen bedeutet auch, sozialen Zusammenhalt zu gewinnen und vor allem ihre Rechte zu achten, die nicht abgeschwächt werden dürfen angesichts anderer Formen des Zusammenlebens, die sich anmaßen, den Platz der Familie einzunehmen.

4. In der heutigen Zeit ist das große Problem der Armut und der Ausgrenzung eine dringende Herausforderung für die Regierenden und die Verantwortungsträger der öffentlichen Einrichtungen. Auf der anderen Seite hat der sogenannte Globalisierungsprozeß neue Möglichkeiten und auch neue Gefahren geschaffen, denen im größeren Konzert der Nationen begegnet werden muß.

Dies ist eine Gelegenheit, gleichsam ein Netz des Verständnisses und der Solidarität unter den Völkern zu knüpfen, ohne alles auf einen rein wirtschaftlichen oder pragmatischen Austausch zu reduzieren. Auch die menschlichen Probleme jeden Ortes müssen berücksichtigt werden, besonders die Probleme der Migranten, die gezwungen sind, ihr Land auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen zu verlassen, was manchmal schwerwiegende Folgen im persönlichen, familiären und sozialen Bereich mit sich bringt.

Die Kirche, die die Ausübung der Nächstenliebe als grundlegende Dimension ihres Wesens und ihrer Sendung betrachtet, entfaltet auf selbstlose Weise eine tatkräftige Aufmerksamkeit gegenüber den Notleidenden jeder Schicht und Herkunft und arbeitet bei dieser Aufgabe mit den verschiedenen Körperschaften und öffentlichen Einrichtungen zusammen, mit dem Ziel, es keinem Hilfesuchenden an Unterstützung fehlen zu lassen, die ihm hilft, seine Schwierigkeiten zu überwinden.

91 Dafür bietet sie ihre personellen und finanziellen Mittel an, vor allem jedoch die menschliche Nähe, mit der sie versucht, Abhilfe zu schaffen gegen die traurigste Art der Armut, die der Einsamkeit und der Verlassenheit, im Wissen »daß die Liebe in ihrer Reinheit und Absichtslosigkeit das beste Zeugnis für den Gott ist, dem wir glauben und der uns zur Liebe treibt« (Enzyklika Deus Caritas Est ). 5.

Herr Botschafter, vor Abschluß dieser Begegnung möchte ich Ihnen meine besten Wünsche dafür zum Ausdruck bringen, daß die Sendung, die Sie beginnen, fruchtbar sein und dazu beitragen möge, die diplomatischen Beziehungen Ihres Landes mit dem Heiligen Stuhl zu vertiefen und sie gleichzeitig offen und herzlich zu gestalten.

Ich bitte Sie nochmals, Seiner Exzellenz, dem Staatspräsidenten, und den anderen Obrigkeiten Ihres Landes meine Empfindungen und Hoffnungen zum Ausdruck zu bringen, während ich den mütterlichen Schutz der »Jungfrau der Dreiunddreißig« auf Eure Exzellenz, Ihre verehrte Familie und Mitarbeiter sowie auf die geliebten uruguayischen Söhne und Töchter herabrufe.

AN DIE METROPOLITAN-ERZBISCHÖFE, DIE AM HOCHFEST PETER UND PAUL DAS PALLIUM EMPFANGEN HABEN


Audienzenhalle VI.

Freitag, 30. Junu 2006

Liebe Brüder und Schwestern!


Die heutige Begegnung ist gleichsam ein Echo der Eucharistiefeier, die gestern in der vatikanischen Basilika stattgefunden hat und bei der ich die Freude hatte, den Metropolitan-Erzbischöfen, die mit ihren Angehörigen, Freunden und vielen Vertretern ihrer Diözesangemeinschaften hier anwesend sind, das Pallium zu überreichen. Ihre unterschiedliche Herkunft macht den katholischen Charakter der Kirche deutlich: In jedem Teil der Erde fühlen sich die Gläubigen der verschiedenen Teilkirchen durch einzigartige Bande der Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri vereint, die auch im liturgischen Zeichen des Palliums zum Ausdruck kommen, das von ihren Metropoliten getragen wird. Herzlich begrüße ich jeden von euch, liebe und verehrte Brüder, und zusammen mit euch begrüße ich eure Gläubigen, die zum Grab der Apostel gepilgert sind.

Mein herzlicher Gruß gilt zunächst euch, liebe und verehrte Hirten der Kirche in Italien! Ich begrüße Kardinal Crescenzio Sepe, der nach mehreren Jahren des unmittelbaren Dienstes am Heiligen Stuhl zum Oberhirten der altehrwürdigen Erzdiözese Neapel berufen worden ist, den Erzbischof von Pescara-Penne, Tommaso Valentinetti, den Erzbischof von Fermo, Luigi Conti, den Erzbischof von Oristano, Ignazio Sanna, sowie den Erzbischof von Benevent, Andrea Mugione. Der Herr Jesus, der euch zu Hirten seiner Herde bestellt hat, stütze euch in eurem täglichen Dienst und mache euch durch die Kraft des Heiligen Geistes zu treuen Boten des Evangeliums.

Nach diesen Worten in italienischer Sprache fuhr der Heilige Vater auf französisch fort: Herzlich begrüße ich die Pilger, die aus Frankreich und Afrika gekommen sind, um die neuen Metropolitan-Erzbischöfe zu begleiten. Ich hatte die Freude, diesen das Pallium, Zeichen der ganz besonderen Verbundenheit mit dem Stuhl Petri, zu überreichen. Meine Grüße gehen an den Erzbischof von Antananarivo (Madagaskar), Odon Razanakolona, an den Erzbischof von Bamenda (Kamerun), Cornelius Esua, an den Erzbischof von Bukavu (Demokratische Republik Kongo), François-Xavier Maroy Rusengo, an den Erzbischof von Abidjan (Elfenbeinküste), Jean-Pierre Kutwa, sowie an den Erzbischof von Marseille (Frankreich), Georges Pontier. Durch euch sind alle Gläubigen eurer Diözesen und eurer Länder, die ich im Gebet trage, hier vertreten. Ich fühle mich in diesem Augenblick Afrika besonders nahe und bitte den Herrn, den einzelnen Ländern zu helfen, auf dem Weg des Friedens und der Entwicklung der Menschen und Völker voranzuschreiten. Mögt ihr jeden Tag mehr zu Zeugen Christi werden, indem ihr euch darum bemüht, euren Brüdern das Evangelium zu verkünden und ihnen zu helfen, unseren Vater im Himmel und die Kirche immer mehr zu lieben.

Dann sagte Papst Benedikt XVI. auf englisch: Einen herzlichen Gruß richte ich an die englischsprachigen Metropolitan-Erzbischöfe, denen ich gestern das Pallium überreicht habe: Erzbischof George Niederauer von San Francisco (USA), Erzbischof Daniel Di Nardo von Galveston- Houston (USA), Erzbischof José Serofia Palma von Palo (Philippinen), Erzbischof Antonio Javellana Ledesma von Cagayan de Oro (Philippinen), Erzbischof Sylvain Lavoie von Keewatin-Le Pas (Kanada) und Erzbischof Donald Wuerl von Washington (USA). Ich heiße auch ihre Familienmitglieder und Freunde sowie die Gläubigen aus ihren Erzdiözesen, die sie nach Rom begleitet haben, herzlich willkommen. Das Pallium wird von den Erzbischöfen getragen als Symbol ihrer hierarchischen Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri in der Leitung des Gottesvolkes. Es ist aus weißer Schafwolle gefertigt als Symbol für Jesus Christus, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt, und für den Guten Hirten, der aufmerksam über seine geliebte Herde wacht. Diese Stola erinnert die Bischöfe daran, daß sie als Stellvertreter Christi in ihren Ortskirchen dazu berufen sind, Hirten nach dem Herzen Jesu zu sein. Euch allen erteile ich von Herzen meinen Apostolischen Segen als Unterpfand der Freude und des Friedens im Herrn.

Anschließend fuhr der Papst auf spanisch fort: Ich grüße herzlich die Erzbischöfe spanischer Sprache und alle, die sie zur bedeutsamen Zeremonie der Überreichung des Palliums begleitet haben, das sie kennzeichnet und ihre Funktion als Metropoliten aufzeigt. Es sind dies die Erzbischöfe Jorge Liberato Urosa Savino von Caracas, Jorge Enrique Jiménez Carvajal von Cartagena, Fabriciano Sigampa von Resistencia und José Luis Mollaghan von Rosario. Euch, liebe Gläubige, die ihr sie begleitet, bitte ich, ihnen durch das Gebet und durch hochherzige, stete und treue Mitarbeit nahe zu sein, damit sie ihre Sendung dem Wunsch Gottes entsprechend erfüllen. Ich bitte die allerseligste Jungfrau Maria, die in euren Ländern - Venezuela, Kolumbien und Argentinien - hoch verehrt wird, daß sie die Erzbischöfe in ihrem Dienst ermutige und die Priester, Ordensgemeinschaften und Gläubigen ihrer Erzdiözesen liebevoll begleite. Bringt ihnen meinen zuneigungsvollen Gruß, zusammen mit dem Apostolischen Segen, den ich euch jetzt von Herzen erteile.

92 Auf portugiesisch sagte der Heilige Vater: Heute ist ein Freudentag für die Kirche in Brasilien, und die erzbischöflichen Sitze von São Luís do Maranhão, Ribeirão Preto und Londrina sind in festlicher Stimmung, da ihre neuen Erzbischöfe José Belisário da Silva, Joviano de Lima Júnior und Orlando Brandes, die heute von ihren Priestern, Gläubigen und Angehörigen begleitet werden, das Pallium empfangen haben. Deshalb möchte ich eure Teilkirchen herzlich grüßen und den Wunsch zum Ausdruck bringen, daß diese bedeutsame Feier dazu beitragen möge, die Einheit und die Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl zu stärken, und daß sie gleichzeitig den großherzigen pastoralen Eifer ihrer Bischöfe fördern möge, für das Wachstum der Kirche und zum Heil der Seelen.

Dann sagte Papst Benedikt XVI. auf polnisch: Ich grüße die Pilger, die aus Polen gekommen sind. Es ist in der Kirche Brauch, daß am Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus die neuernannten Metropoliten das Pallium empfangen, als Zeichen der besonderen Verbundenheit jedes Metropoliten mit dem Nachfolger Petri. Gestern hat zusammen mit anderen Metropoliten aus verschiedenen Teilen der Welt auch euer Landsmann, der Metropolit von Ermland, Erzbischof Wojciech Ziemba, das Pallium empfangen. Ich wünsche ihm und allen Metropoliten in Polen reiche Gaben im apostolischen Dienst, in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri. Allen hier anwesenden Pilgern, die den neuen Metropoliten begleiten, erteile ich von Herzen meinen Segen. Gelobt sei Jesus Christus!

Der Papst fuhr auf slowenisch fort: Einen herzlichen Gruß richte ich an den Erzbischof von Marburg, Msgr. Franc Kramberger, dem ich gestern das Pallium überreicht habe. Lieber Bruder im Bischofsamt, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, große Diener der Einheit der Kirche, mögen dir Vorbild sein in deinem Bemühen um das Wohl des dir anvertrauten Gottesvolkes. Ich grüße auch alle Slowenen - deine Landsleute -, die dich heute begleiten. Allen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen. Abschließend sagte der Heilige Vater wieder auf italienisch:

Liebe Brüder und Schwestern, auch diese Begegnung macht deutlich, daß der Herr ständig für sein Volk Sorge trägt und er es ihm nicht an Hirten und sicheren Führern fehlen läßt. Während wir ihm dafür danken, müssen wir uns ins Bewußtsein rufen, daß jeder von uns seiner Berufung entsprechend dazu aufgerufen ist, fleißig im Weinberg des Herrn zu arbeiten, damit wir alle lebendige Glieder seines mystischen Leibes, der Kirche, sind. Der Apostel Petrus sagt nämlich: »Laßt euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen …, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen« (
1P 2,5). Maria, Mutter der Kirche, möge für uns Fürsprache einlegen und uns helfen, unserer Sendung stets treu zu sein. Euch alle und die Diözesangemeinden, aus denen ihr kommt, versichere ich meines täglichen Gebetsgedenkens, während ich euch gern meinen Segen erteile.

Juli 2006




AN DIE BISCHÖFE AUS KROATIEN ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Donnerstag, 6. Juli 2006

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Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im bischöflichen Dienst!

Mit großer Freude heiße ich euch herzlich willkommen im Haus des Petrus, wobei ich mir die Worte des Apostels Paulus zu eigen mache: »Ich danke meinem Gott jedesmal, wenn ich an euch denke; immer, wenn ich für euch alle bete, tue ich es mit Freude und danke Gott dafür, daß ihr euch gemeinsam für das Evangelium eingesetzt habt« (
Ph 1,3-5). Euer Einsatz zur Verkündigung der Frohen Botschaft im Geist überzeugter kirchlicher Gemeinschaft wird auch durch euren »Ad-limina«-Besuch bestätigt, mit dem ihr die aufrichtige Treue der Kirche in Kroatien zum Stuhl Petri zu bezeugen wünscht. Ich danke Kardinal Josip Bozanic, der als Vorsitzender der Kroatischen Bischofskonferenz ein Grußwort an mich gerichtet und dabei euch allen und der Herde, die jedem einzelnen von euch anvertraut ist, seine Stimme geliehen hat.

Die brüderlichen Begegnungen und die fruchtbringenden Gespräche in diesen Tagen, in denen ihr mit mir das geteilt habt, was in euren Diözesen an positiven Ergebnissen und die Hoffnungen vorhanden ist, aber auch die Schwierigkeiten und Sorgen, boten mir Gelegenheit, die Lage der Kirche in eurem Land besser kennenzulernen. Zu Recht seid ihr stolz auf die 14 Jahrhunderte des christlichen Erbes und des Glaubens eures Volkes, aber ihr wißt auch, daß die Entscheidung für Gott nicht nur Frucht der Vergangenheit, sondern ein persönlicher Akt ist, der den einzelnen vor Gott verpflichtet, welcher Generation er auch angehören mag. Um den Seelen, für die ihr Sorge tragt, eine tiefere Kenntnis Jesu Christi und eine persönliche Begegnung mit ihm zu ermöglichen, habt ihr zahlreiche Pastoralpläne ausgearbeitet, die euren großen Einsatz bezeugen und zu Hoffnung und Optimismus Anlaß geben. Besonders bedeutsam sind eure Initiativen für eine gründliche Vorbereitung auf die Sakramente und auf eine angemessene Teilnahme an der Liturgie. Ich habe auch euer Bemühen um die religiöse Bildung und um eine gute Katechese sowohl in den Schulen als auch in den Pfarreien wahrgenommen. Auch die Pflege der Volksfrömmigkeit und der vielen Wallfahrten, besonders zu den Marienheiligtümern, sollte hervorgehoben werden. Erwähnenswert ist außerdem die umsichtige Öffnung gegenüber den neuen Anregungen des Heiligen Geistes, der seine Charismen austeilt und die Bereitschaft weckt, Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen, die der Erneuerung und Weiterentwicklung der Kirche dienen. Ich wünsche von Herzen, daß ihr im Vertrauen auf die Verheißung des Herrn, stets unter uns gegenwärtig zu bleiben, mit eurem Volk auf dem Weg einer konsequenten Treue zum Evangelium Christi fortschreitet.

Kroatien, euer Land, lebte schon immer im Bereich der europäischen Zivilisation und will deshalb zu Recht als Teil der Europäischen Union anerkannt werden. Sein Wunsch ist es, durch seinen Eintritt in diese Gemeinschaft zum Wohl aller Bewohner des Kontinents beizutragen. Die Nation wird, mit Empfindungen der Achtung und des Dialogs, auf diese Weise in Beziehung treten können zu den übrigen europäischen Völkern und wird den Beitrag der eigenen Kultur und der eigenen Traditionen einbringen können in die gemeinsame Suche nach der vollen Wahrheit des Menschen. Denn es ist wesentlich, daß der Bau des gemeinsamen europäischen Hauses stets die Wahrheit des Menschen zur Grundlage hat: das Recht jedes Menschen auf Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, die Anerkennung der geistigen Natur des Menschen, in der seine unantastbare Würde wurzelt, und die Achtung des religiösen Bekenntnisses eines jeden, Zeugnis der unauslöschlichen Öffnung gegenüber der Transzendenz. Diesen Werten können auch diejenigen zustimmen, die zwar nicht zur katholischen Kirche gehören, aber die Stimme der Vernunft akzeptieren, die für die Gebote des Naturgesetzes empfänglich ist. Ich weiß, daß ihr unter diesen Gesichtspunkten zusammen mit euren Priestern und Gläubigen großen Einsatz zeigt. Ich ermutige euch, darin fortzufahren, und versichere euch der Unterstützung des Heiligen Stuhls, der auf Kroatien immer mit Hochachtung und Liebe geschaut hat. Das Band zwischen dem Apostolischen Stuhl und eurer Nation, das bereits in der Vergangenheit sehr stark war, hat sich weiter gefestigt, wie es auch die Unterzeichnung der jüngsten bilateralen Verträge zeigt. Der Heilige Stuhl wird euch auch in Zukunft zur Seite stehen und die Bemühungen eures Volkes auf dem Weg des wahren Fortschritts aufmerksam verfolgen und unterstützen.

Dennoch ist zu beachten, daß auch die Wege zu guten und wünschenswerten Zielen nicht frei sind von den Gefahren der heutigen kulturellen Strömungen, wie denen des Säkularisierung und des Relativismus. Daher ist es notwendig, die Werte des Evangeliums unermüdlich zu verkündigen, damit die Gläubigen diese Gefahren vermeiden können. Folgt dem Vorbild und der Weisung der großen Gestalten eurer Teilkirchen - ich denke dabei besonders an den seligen Bischof und Märtyrer Alojzije Stepinac -, und fürchtet euch nicht, den Gläubigen zu sagen, was das Evangelium lehrt, damit sie wachsam seien gegenüber dem, was dem Evangelium entgegensteht: Auf diese Weise werden eure Gemeinschaften die ganze Gesellschaft anspornen, nach dem Gemeinwohl zu suchen und für die Bedürftigsten Sorge zu tragen. Ich denke in diesem Augenblick an die kinderreichen Familien, an diejenigen, die trotz harter Arbeit in unsicheren Verhältnissen leben, an die Arbeitslosen, die Alten und Kranken. Euer Land leidet bedauerlicherweise noch unter den Folgen des jüngsten Konflikts, dessen negative Auswirkungen nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Herzen der Bewohner zu spüren sind, die hin und wieder die Last dieses Erbes wahrnehmen. Seid stets Verkünder der Versöhnung und Friedensstifter unter den Bewohnern eurer Heimat, indem ihr sie auf dem Weg der christlichen Versöhnung ermutigt: Die Vergebung befreit vor allem denjenigen, der den Mut hat, sie zu gewähren.

Verehrte Mitbrüder, die pastoralen Herausforderungen sind zahlreich, und die Zeit, in der wir leben, ist nicht ohne Schwierigkeiten. Wir sind uns jedoch der Hilfe von oben sicher. Daher erweist sich der Dienst des Bischofs als noch wichtiger. Um allen Menschen ein glaubwürdiges Zeugnis zu geben, darf er an nichts anderes denken als an den Dienst für Christus. Seid deshalb großherzig im Dienst für die Kirche und für euer Volk, beharrlich im Gebet und voll Eifer in der Verkündigung. Verfolgt mit besonderer Aufmerksamkeit die Ausbildung der Priester, eurer Mitarbeiter; fördert die Priesterberufe und wacht aufmerksam über eure Seminaristen. Ich rufe euch auf, die Ordensgemeinschaften, die Bewegungen des geweihten Lebens und die der Laien in der Liebe und im Geist der Zusammenarbeit zu leiten. Fördert in den Familien weiterhin die treue Liebe, die Eintracht und das tägliche Gebet, und ermutigt sie zu einer hochherzigen Öffnung für das Leben. Nicht zu vergessen ist die Präsenz der Katholiken im öffentlichen Leben und in den Medien. Es hängt auch von ihnen ab, dahin zu wirken, daß immer eine Stimme der Wahrheit zu den Problemen des Augenblicks zu hören ist. Ich bete dafür, daß jeder zur Ehre Gottes und zugunsten der Menschen zu handeln weiß, so daß überall der Dank an den Geber alles Guten erklingt, wie es der Apostel ausdrückt: »Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten« (Ep 3,20-21).

Verehrte Mitbrüder, seid euch meiner Unterstützung und meines Gebets für das Werk sicher, das Gott euch zugunsten eurer Gemeinschaften anvertraut hat. Euer »Ad-limina«-Besuch hat gezeigt, daß ihr »ein Herz und eine Seele« seid mit euren Gläubigen und daß ihr einen tiefen Sinn der Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri und daher mit der universalen Kirche besitzt. Indem ich auf euch und euren Dienst die Fürsprache Marias, der Gottesmutter des Großen Taufversprechens von Kroatien, herabrufe, erteile ich euch, euren Priestern, den geweihten Männern und Frauen sowie dem ganzen kroatischen Volk von Herzen meinen Segen. Gelobt seien Jesus und Maria!

APOSTOLISCHE REISE VON BENEDIKT XVI.

NACH VALENCIA (SPANIEN) ZUM

V. WELTTREFFEN DER FAMILIEN


BEI DER BEGRÜSSUNGSZEREMONIE


Flughafen Valencia-Manises

Samstag, 8. Juli 2006

Majestäten,

Herr Präsident und
geehrte Obrigkeiten,
meine Herren Kardinäle und Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Brüder und Schwestern!

1. Ich freue mich sehr, heute in Valencia anzukommen, im edlen und stets geliebten Spanien, an das ich von meinen früheren Besuchen her, als ich an Kongressen und Tagungen teilgenommen habe, viele schöne Erinnerungen habe.

2. Herzlich begrüße ich sowohl alle Anwesenden als auch diejenigen, die mit uns in diesem Augenblick über die Medien verbunden sind.

94 Ich danke Seiner Majestät König Juan Carlos für seine Anwesenheit in Begleitung der Königin und besonders für seinen Willkommensgruß, den er im Namen des spanischen Volkes an mich gerichtet hat.

Auch dem Herrn Ministerpräsidenten und den übrigen Obrigkeiten der Nation, der autonomen Region und der Stadt spreche ich meine respektvolle Anerkennung aus sowie meine Dankbarkeit dafür, daß sie dazu beigetragen haben, dieses V. Welttreffen auf bestmögliche Weise zu verwirklichen.

Herzlich begrüße ich den Erzbischof von Valencia, Agustín García-Gasco Vicente, und seine Weihbischöfe sowie die gesamte Erzdiözese hier an der spanischen Levante, die mir im Rahmen dieses Welttreffens einen herzlichen Empfang bereitet. In diesen Tagen begleitet sie die trauernden Familien im Schmerz um ihre Angehörigen, die Opfer eines tragischen Unglücks geworden sind, und sie ist auch den Verletzten nahe.

Meine herzlichen Grüße gehen auch an den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Familie, Kardinal Alfonso López Trujillo, sowie an die anderen Kardinäle, an den Vorsitzenden und die Mitglieder der Spanischen Bischofskonferenz, an die Priester, die Ordensleute und alle gläubigen Laien.

3. Der Grund dieses ersehntes Besuches ist die Teilnahme am V. Welttreffen der Familien, dessen Thema »Die Weitergabe des Glaubens in der Familie« ist. Es ist mein Wunsch, die zentrale Rolle hervorzuheben, welche die auf die Ehe gegründete Familie für Kirche und Gesellschaft hat. Sie ist eine unersetzliche Institution nach dem Plan Gottes, und die Kirche kann nicht aufhören, ihren grundlegenden Wert zu verkünden und zu fördern, damit er immer mit Verantwortungsbewußtsein und Freude gelebt wird.

4. Mein verehrter Vorgänger und großer Freund Spaniens, der geliebte Johannes Paul II., hat dieses Treffen einberufen. Von der gleichen pastoralen Sorge bewegt, werde ich morgen die Freude haben, mit der Feier der heiligen Messe in der »Stadt der Künste und Wissenschaften« dieses V. Welttreffen der Familien abzuschließen.

In tiefer Verbundenheit mit allen Teilnehmern werde ich vom Herrn durch die Fürsprache unserer allerseligsten Mutter und des heiligen Apostels Jakobus reiche Gnaden für die Familien Spaniens und der ganzen Welt erbitten.

Der Herr schenke euch allen und euren geliebten Familien reichen Segen!

APOSTOLISCHE REISE VON BENEDIKT XVI.

NACH VALENCIA (SPANIEN) ZUM

V. WELTTREFFEN DER FAMILIEN


FESTLICHES TREFFEN

Stadt der Kunst und Wissenschaft - Samstag, 8. Juli 2006

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Liebe Brüder und Schwestern!


Ich empfinde eine große Freude, an diesem Gebetstreffen teilzunehmen, bei dem wir das göttliche Geschenk der Familie feiern wollen. Allen, die kürzlich in dieser Stadt von Trauer heimgesucht wurden, bin ich ganz nahe im Gebet und in der Hoffnung auf den auferstandenen Christus, die auch in Augenblicken größten menschlichen Leids Mut und Licht spendet.

Vereint durch denselben Glauben an Christus, haben wir uns hier aus vielen Teilen der Welt versammelt - als eine Gemeinschaft, die dankbar anerkennt und begeistert davon Zeugnis gibt, daß der Mensch nach Gottes Bild und Ähnlichkeit geschaffen wurde, um zu lieben, und daß er sich nur dann vollkommen verwirklicht, wenn er sich selbst aufrichtig den anderen schenkt. Die Familie ist der bevorzugte Ort, wo jeder Mensch lernt, Liebe zu schenken und zu empfangen. Deshalb verleiht die Kirche ihrer pastoralen Sorge für diesen grundlegenden Bereich des Menschen beständig Ausdruck und sagt in ihrem Lehramt: »Gott ist die Liebe. Er hat die Menschen aus Liebe erschaffen und zur Liebe berufen. Als Mann und Frau erschaffen, hat er sie in der Ehe zu einer innigen Gemeinschaft des Lebens und der gegenseitigen Liebe berufen, so daß sie ›nicht mehr zwei, sondern eins‹ sind (
Mt 19,6)« (Katechismus der katholischen Kirche. Kompendium, 337).

Das ist die Wahrheit, die die Kirche unablässig in der Welt verkündet. Mein geliebter Vorgänger Johannes Paul II. sagte: »Der Mensch ist nicht nur durch sein Menschsein als solches, sondern auch durch die personale Gemeinschaft, die Mann und Frau von Anfang an bilden, zum ›Abbild und Ebenbild‹ Gottes geworden… Der Mensch wird nicht so sehr im Augenblick seiner Einsamkeit als vielmehr im Augenblick der Gemeinschaft zum Abbild Gottes« (Katechese bei der Generalaudienz am 14 11 1979,3 in O.R. dt., Nr. 47,23, S. 2). Deshalb habe ich die Einberufung dieses V. Welttreffens der Familien in Spanien bestätigt, in Valencia, das reich an Traditionen und stolz auf den christlichen Glauben ist, der in so vielen Familien gelebt und gepflegt wird.

Die Familie ist eine vermittelnde Institution zwischen dem Individuum und der Gesellschaft, und nichts kann sie gänzlich ersetzen. Sie beruht nämlich vor allem auf einer tiefen interpersonalen Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau, die von Zuneigung und gegenseitigem Verständnis getragen wird. Dazu erhält sie die reiche Hilfe Gottes im Sakrament der Ehe, das eine wahre Berufung zur Heiligkeit einschließt. Mögen die Kinder mehr die Momente der Harmonie und der Zuneigung der Eltern erfahren als eine Atmosphäre der Zwietracht und Gleichgültigkeit, denn die Liebe zwischen Vater und Mutter schenkt den Kindern eine große Sicherheit und lehrt sie die Schönheit der treuen und dauerhaften Liebe.

Die Familie ist ein notwendiges Gut für die Völker, ein unverzichtbares Fundament für die Gesellschaft und ein großer Schatz für die Eheleute während ihres ganzen Lebens. Sie ist ein unersetzliches Gut für die Kinder, die Frucht der Liebe und der großherzigen Ganzhingabe der Eltern sein sollen. Die ganze Wahrheit der Familie zu verkünden, die auf die Ehe als »Hauskirche und Heiligtum des Lebens« gegründet ist, dafür tragen alle eine große Verantwortung.

Vater und Mutter haben einander vor Gott das volle »Ja«-Wort gegeben, das die Grundlage des Sakraments ist, das sie vereint; ebenso müssen sie, damit die innere Beziehung der Familie vollständig ist, auch ein »Ja« der Annahme zu ihren Kindern sagen, den leiblichen oder adoptierten, die ihre eigene Persönlichkeit und ihren eigenen Charakter haben. So werden diese Kinder in einem Klima des Angenommenseins und der Liebe aufwachsen, und es ist zu hoffen, daß sie, wenn sie die nötige Reife haben, ihrerseits ein »Ja« zu denen sagen werden, die ihnen das Leben geschenkt haben.

Die Herausforderungen der heutigen Gesellschaft, die von Vereinzelung geprägt ist, wie sie vor allem im städtischen Bereich entsteht, machen es dringend erforderlich zu garantieren, daß die Familien nicht allein gelassen werden. Eine kleine Familie kann schwer überwindbaren Hindernissen gegenüberstehen, wenn sie spürt, daß sie von den anderen Verwandten und ihren Freunden isoliert ist. Deshalb hat die kirchliche Gemeinschaft die Verantwortung, Unterstützung, Anregung und spirituelle Nahrung anzubieten, die den Familienzusammenhalt stärkt, vor allem in Zeiten der Prüfung und kritischen Stunden. Sehr wichtig ist in dieser Hinsicht die Arbeit der Pfarrgemeinden ebenso wie jene der verschiedenen kirchlichen Vereinigungen, die als unterstützende Strukturen und naher Beistand der Kirche mitwirken sollen, daß die Familie im Glauben wächst.

Christus hat offenbart, was stets die höchste Quelle des Lebens für alle und daher auch für die Familie ist: »Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt« (Jn 15,12-13). Die Liebe Gottes hat sich in der Taufe über uns ergossen. Deshalb sind die Familien dazu berufen, diese Vollkommenheit der Liebe zu leben, denn der Herr macht sich zum Garanten dafür, daß uns das möglich ist durch die menschliche Liebe, feinfühlig, zärtlich, barmherzig wie die Liebe Christi.

Zusammen mit der Weitergabe des Glaubens und der Liebe des Herrn besteht eine der größten Aufgaben der Familien darin, freie und verantwortungsvolle Menschen heranzubilden. Deshalb sollen die Eltern ihren Kindern die Freiheit, deren Hüter sie einige Zeit lang sind, zurückgeben. Wenn die Kinder sehen, daß ihre Eltern - und überhaupt die Erwachsenen in ihrer Umgebung - ihr Leben trotz mancher Schwierigkeiten mit Freude und Begeisterung leben, wird auch in ihnen leichter die tiefe Lebensfreude wachsen, die ihnen helfen wird, mögliche Hindernisse und Widrigkeiten, die das Leben mit sich bringt, erfolgreich zu meistern. Wenn die Familie sich nicht in sich selbst verschließt, lernen die Kinder zudem, daß jede Person es wert ist, geliebt zu werden, und daß es eine grundsätzliche universale Brüderlichkeit zwischen allen Menschen gibt.

Dieses V. Welttreffen der Familien lädt uns dazu ein, über ein besonders wichtiges Thema nachzudenken, das uns vor eine große Verantwortung stellt: »Die Weitergabe des Glaubens in der Familie«. Das formuliert der Katechismus der katholischen Kirche sehr treffend: »Wie eine Mutter, die ihre Kinder sprechen und damit zu verstehen und zusammenzuleben lehrt, lehrt uns die Kirche, unsere Mutter, die Sprache des Glaubens, um uns in das Verständnis und das Leben des Glaubens einzuführen« (CEC 171).

Wie es in der Taufliturgie durch die Übergabe der brennenden Kerze symbolisch ausgedrückt wird, sind die Eltern beteiligt am Geheimnis des neuen Lebens als Kinder Gottes, das durch das Taufwasser empfangen wird.

96 Den Kindern den Glauben weiterzugeben, mit der Hilfe anderer Menschen und Institutionen wie der Pfarrgemeinde, der Schule oder den katholischen Vereinigungen, ist eine Verantwortung, welche die Eltern weder vergessen noch vernachlässigen oder völlig delegieren dürfen. »Die christliche Familie wird auch ›Hauskirche‹ genannt, weil die Familie die gemeinschaftliche und familiäre Natur der Kirche als Familie Gottes ausdrückt und verwirklicht. Alle Glieder der Familie üben gemäß der je eigenen Rolle das durch die Taufe erworbene Priestertum aus und tragen dazu bei, daß aus der Familie eine Gnadenund Gebetsgemeinschaft wird, eine Schule der menschlichen und christlichen Tugenden und ein Ort der ersten Verkündigung des Glaubens an die Kinder« (Katechismus der katholischen Kirche. Kompendium, 350). Und weiter: »Die Eltern, die an der göttlichen Vaterschaft teilhaben, sind für die Kinder die Erstverantwortlichen in der Erziehung und die ersten Glaubensboten. Sie haben die Pflicht, ihre Kinder als Personen und als Kinder Gottes zu lieben und zu achten… Insbesondere haben sie die Aufgabe, sie im christlichen Glauben zu erziehen« (ebd., 460).

Die Sprache des Glaubens erlernt man im Elternhaus, wo dieser Glaube wächst und durch Gebet und christliche Praxis gestärkt wird. In der Lesung aus dem Buch Deuteronomium haben wir das wiederholte Gebet für das auserwählte Volk, das »Shema Israel«, gehört, das auch Jesus in seinem Haus in Nazeret hörte und wiederholte. Er selbst hat sich in seinem öffentlichen Leben daran erinnert, wie uns das Markusevangelium berichtet (vgl.
Mc 12,29). Dies ist der Glaube der Kirche, der von der Liebe Gottes kommt, durch eure Familien. Die Fülle dieses Glaubens in seiner wunderbaren Neuheit zu leben, ist ein großes Geschenk. Doch in Augenblicken, in denen sich Gottes Antlitz zu verbergen scheint, ist es schwer zu glauben und kostet große Mühe.

Dieses Treffen gibt neue Kraft, um weiterhin das Evangelium von der Familie zu verkünden, ihre Gültigkeit und Identität zu bestätigen, die auf die Ehe gegründet ist, offen für das großherzige Geschenk des Lebens und wo die Kinder in ihrem körperlichen und geistig-seelischen Wachstum begleitet werden. Auf diese Weise wird einem weit verbreiteten Hedonismus entgegengewirkt, der die menschlichen Beziehungen banalisiert und sie ihres echten Wertes und ihrer Schönheit entleert. Die Werte der Ehe zu fördern beeinträchtigt keineswegs die Fülle des Glücks, das Mann und Frau in ihrer gegenseitigen Liebe finden. Der Glaube und die christliche Ethik wollen die Liebe nicht ersticken, sondern sie reiner, stärker und wahrhaft frei machen. Deshalb muß die menschliche Liebe gereinigt werden, muß reifen und auch über sich selbst hinauswachsen, um vollkommen menschlich zu werden, um Ursprung wahrer, dauerhafter Freude zu sein (vgl. Ansprache in der Lateranbasilika, am 5 2006 in O.R. dt., Nr. 26,30 26,6, S. 8).

Ich lade also die Regierenden und die Gesetzgeber ein, über das offenkundige Gut nachzudenken, das der häusliche Herd in Frieden und Harmonie für den Menschen und für die Familie sicherstellt. Sie ist das vitale Zentrum der Gesellschaft, wie der Heilige Stuhl in der Charta der Familienrechte in Erinnerung bringt. Das Ziel von Gesetzen ist das umfassende Wohl des Menschen, die Antwort auf seine Bedürfnisse und Wünsche. Dies ist eine beachtliche Hilfe für die Gesellschaft, die sie nicht entbehren kann, und für die Völker bedeutet es Schutz und Reinigung. Darüber hinaus ist die Familie eine Schule der Humanisierung des Menschen, damit er wächst, um wahrhaft Mensch zu werden. In dieser Hinsicht vermittelt die Erfahrung, von den Eltern geliebt zu sein, den Söhnen und Töchtern das Bewußtsein von ihrer Würde als Kindern.

Das empfangene Geschöpf muß im Glauben erzogen werden, muß geliebt und beschützt werden. Die Kinder haben neben dem Grundrecht, geboren und im Glauben erzogen zu werden, auch das Recht auf ein Zuhause, das das Haus von Nazaret zum Vorbild hat, und sie haben das Recht darauf, vor Gefahren und Bedrohungen geschützt zu werden. Wir haben gehört, daß ich der »Großvater der Welt« genannt worden bin.

Ich möchte mich jetzt gern an die Großeltern wenden, die in den Familien so wichtig sind. Sie können - und tun es oft - die Zuneigung und Zärtlichkeit gewährleisten, die es jeder Mensch nötig hat zu geben und zu empfangen. Sie bieten den Enkeln die Perspektive der Zeit, sind Gedächtnis und Reichtum der Familien. Unter keinen Umständen dürfen sie aus dem Kreis der Familie ausgeschlossen werden. Sie sind ein Schatz, den wir den heranwachsenden Generationen nicht vorenthalten dürfen, vor allem wenn sie im Hinblick auf den nahenden Tod ihren Glauben bezeugen.

Ich möchte nun einen Teil des Gebets wiederholen, das ihr gesprochen habt, um für den guten Erfolg dieses Welttreffens der Familien zu beten:



O Gott, der du uns in der Heiligen Familie
ein vollkommenes Modell des Familienlebens geschenkt hast,
das im Glauben und im Gehorsam deinem Willen gegenüber gelebt wurde.
Hilf uns, Vorbild des Glaubens und der Liebe zu deinen Geboten zu sein.
97 Hilf uns bei unserem Auftrag, den Glauben an unsere Kinder weiterzugeben.
Öffne ihre Herzen, damit in ihnen
der Same des Glaubens wachse, den sie in der Taufe empfangen haben.
Stärke den Glauben unserer Jugendlichen,
damit sie in der Kenntnis Jesu wachsen.
Stärke die Liebe und die Treue in allen Ehen,
besonders in jenen, die Momente des Leidens und Schwierigkeiten durchmachen.
(. . .)
Vereint mit Josef und Maria,
bitten wir dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.



ANSPRACHE 2006 89