ANSPRACHE 2006 129

129 Ich wünsche, daß die herzlichen Beziehungen zwischen Slowenien und dem Heiligen Stuhl sich in den bestehenden Bahnen, die sie bisher geleitet haben, weiterentwickeln, und ich versichere Sie der Wertschätzung und Unterstützung meinerseits und seitens meiner Mitarbeiter an der Römischen Kurie bei der Erfüllung des hohen Auftrags, der Ihnen anvertraut worden ist. Als Bestätigung dieser Empfindungen erbitte ich für Sie und ihre Angehörigen den reichen Segen Gottes.

AN DIE TEILNEHMER EINES VON DER PÄPSTLICHEN AKADEMIE FÜR DAS LEBEN VERANSTALTETEN INTERNATIONALEN KONGRESSES


Saal der Schweizer, Apostolischer Palast in Castelgandolfo

Samstag, 16. September 2006



Verehrte Brüder im Bischofs- und Priesteramt,
sehr geehrte Damen und Herren!

An alle richte ich meinen herzlichen Gruß. Die Begegnung mit Wissenschaftlern und Gelehrten, die sich wie Sie der Forschung widmen, welche die Behandlung von die Menschheit schwer plagenden Krankheiten zum Ziel hat, ist für mich Grund besonderen Trostes. Ich bin den Veranstaltern dankbar für die Ausrichtung dieses Kongresses zu einer Thematik, die in diesen Jahren wachsende Bedeutung angenommen hat. Das spezifische Thema des Symposiums ist auf angemessene Weise in Form einer Frage formuliert, die offen ist für die Hoffnung: »Stammzellen: welche Zukunft für die Therapie?« Ich danke dem Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben, Bischof Elio Sgreccia, für die freundlichen Worte, die er auch im Namen der Internationalen Föderation katholischer Ärztevereinigungen (FIAMC) an mich gerichtet hat. Die Föderation hat an der Organisation des Kongresses mitgearbeitet und ist hier durch den scheidenden Präsidenten Prof. Gianluigi Gigli und durch den neugewählten Präsidenten Prof. Simon de Castellvi vertreten.

Wenn die Wissenschaft sich der Linderung des Leidens zuwendet und auf diesem Weg neue Ressourcen entdeckt, erweist sie sich in zweifacher Weise als reich an Menschlichkeit: hinsichtlich der Intelligenz, die in die Forschung investiert wird, und hinsichtlich der Besserung, die den unter der Krankheit leidenden Menschen in Aussicht gestellt wird. Auch diejenigen, die die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen und die notwendigen Forschungseinrichtungen fördern, haben Anteil am Verdienst dieses Fortschritts auf dem Weg der Zivilisation. Ich möchte bei dieser Gelegenheit wiederholen, was ich vor kurzem bereits gesagt habe: »Fortschritt kann nur Fortschritt sein, wenn er dem Menschen dient und wenn der Mensch selber wächst: wenn in ihm nicht nur das technische Können wächst, sondern auch seine moralische Potenz« (Interview mit Papst Benedikt XVI. in Castelgandolfo am 5 2006 in O.R. dt., Nr. 34,25 34,8, S. 10). In diesem Licht verdient auch die Forschung an somatischen Stammzellen Zustimmung und Ermutigung, wenn sie die naturwissenschaftlichen Kenntnisse, die modernste Technologie im Bereich der Biologie und die Ethik, die die Achtung des Menschen in jedem Stadium seiner Existenz fordert, glücklich miteinander verbindet. Die von diesem neuen Kapitel der Forschung eröffneten Perspektiven sind an sich faszinierend, weil sie die Möglichkeit erkennen lassen, Krankheiten zu heilen, die eine Degeneration der Gewebe verursachen, mit den sich daraus ergebenden Risiken der Invalidität und des Todes für die Betroffenen.

Wie sollte man nicht die Pflicht spüren, diejenigen zu loben, die sich dieser Forschung widmen, sowie diejenigen, die deren Organisation und Kosten übernehmen? Im besonderen möchte ich die wissenschaftlichen Einrichtungen, die in ihrer Ausrichtung und Organisation auf die katholische Kirche Bezug nehmen, dazu auffordern, diese Art der Forschung zu fördern und untereinander sowie mit allen, die auf angemessene Weise die Linderung des menschlichen Leidens als Ziel verfolgen, engste Kontakte zu knüpfen. Angesichts der gegen die Kirche häufig vorgebrachten ungerechtfertigten Vorwürfe mangelnder Sensibilität sei es mir auch gestattet, die fortwährende Unterstützung zu betonen, die sie im Laufe ihrer 2000jährigen Geschichte der Forschung hat zukommen lassen, die auf die Behandlung von Krankheiten und auf das Wohl der Menschheit ausgerichtet ist. Wenn es Widerstand gegeben hat - und immer noch gibt -, so bestand und besteht dieser gegenüber jenen Formen der Forschung, die die planmäßige Vernichtung von bereits existierenden, wenngleich noch nicht geborenen Menschen vorsehen. In solchen Fällen stellt sich die Forschung, abgesehen von den therapeutisch nützlichen Ergebnissen, nicht wirklich in den Dienst der Menschheit. Sie vollzieht sich nämlich durch die Vernichtung des menschlichen Lebens, das dieselbe Würde besitzt wie das der anderen Menschen und der Forscher selbst. Die Geschichte selbst hat in der Vergangenheit eine derartige Wissenschaft verurteilt, und sie wird sie auch in Zukunft verurteilen - nicht nur, weil sie des Lichtes Gottes entbehrt, sondern auch, weil sie der Menschlichkeit entbehrt. Ich möchte hier wiederholen, was ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe: »Hier gilt unumstößlich: Das Leben muß unverfügbar bleiben. Es muß hier eine Grenze unseres Machens, Könnens und Dürfens und des Experimentierens aufgerichtet bleiben. Der Mensch ist nicht eine Sache für uns, sondern jeder einzelne Mensch repräsentiert Gottes eigene Gegenwart in der Welt« (Joseph Kardinal Ratzinger, Gott und die Welt. Glauben und Leben in unserer Zeit, S. 115-116).

Angesichts der direkten Vernichtung des Menschen darf es weder Kompromisse noch Ausflüchte geben; man darf nicht denken, daß eine Gesellschaft wirksam Kriminalität bekämpfen kann, wenn sie selbst das Verbrechen am ungeborenen Leben legalisiert. Anläßlich der jüngsten Kongresse der Päpstlichen Akademie für das Leben hatte ich Gelegenheit, die an alle Menschen guten Willens gerichtete Lehre der Kirche über den menschlichen Wert des empfangenen Lebens - auch vor der Einnistung in der Gebärmutter - zu bekräftigen. Die Tatsache, daß Sie auf diesem Kongreß das Bemühen und die Hoffnung zum Ausdruck gebracht haben, durch die Nutzung von erwachsenen Körperzellen zu neuen therapeutischen Ergebnisse zu gelangen, ohne auf die Vernichtung empfangenen Lebens zurückzugreifen, sowie die Tatsache, daß die Ergebnisse Ihre Arbeit mit Erfolg belohnen, bestätigen die Gültigkeit der ständigen Aufforderungen von seiten der Kirche zu einer vollen Achtung des Menschen von seiner Empfängnis an. Das Wohl des Menschen ist nicht nur in allgemeingültigen Zielsetzungen zu suchen, sondern auch in den Methoden, die zu ihrer Erlangung verwendet werden: Der gute Zweck kann nie Mittel rechtfertigen, die ihrem Wesen nach unrechtmäßig sind. Es ist nicht nur eine Frage des gesunden Kriteriums für die Verwendung der begrenzten Geldmittel, sondern auch und vor allem eine Frage der Achtung der Grundrechte des Menschen im Bereich der naturwissenschaftlichen Forschung.

Ihr Einsatz wird gewiß von Gott getragen, der in jedem Menschen guten Willens und zum Wohle aller wirkt. Er möge gewähren, das ist mein Wunsch, daß dieser Einsatz einhergehe mit der Freude der Entdeckung der Wahrheit, der Weisheit in der Beachtung und Achtung eines jeden Menschen sowie mit dem Erfolg bei der Suche nach wirksamen Mitteln gegen das menschliche Leid. Als Bestätigung dieses Wunsches erteile ich von Herzen Ihnen allen, Ihren Mitarbeitern und Familienangehörigen sowie den Patienten, denen der Einsatz Ihrer Intelligenz und die Frucht Ihrer Arbeit zugute kommen werden, meinen Segen und versichere Sie eines besonderen Gebetsgedenkens.

AN DEN BOTSCHAFTER ÖSTERREICHS, HERR MARTIN BOLLDORF, ANLÄSSLICH DER ÜBERREICHUNG DES BEGLAUBIGUNGSSCHREIBENS

Montag, 18. September 2006

Exzellenz!

130 Sehr geehrter Herr Botschafter!

Mit Freude heiße ich Sie zu diesem feierlichen Anlaß der Übergabe Ihres Beglaubigungsschreibens als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Österreich beim Heiligen Stuhl willkommen. Für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, und für die guten Wünsche, die Sie seitens des Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer überbracht haben, danke ich Ihnen vielmals. Meinerseits entbiete ich dem Staatsoberhaupt, der Bundesregierung und dem ganzen österreichischen Volk gerne meine besten Segensgrüße. Damit verbinde ich den Wunsch und die Zuversicht, daß während Ihrer Amtszeit die traditionell und auch heute sehr guten Beziehungen zwischen Österreich und dem Apostolischen Stuhl weitergeführt und vertieft werden können.

Österreich und der Heilige Stuhl stehen in der Tat in langer und fruchtbarer Verbundenheit. Diese Verbundenheit ist mehr als ein geschichtliches Faktum; sie gründet vor allem in der Zugehörigkeit der großen Mehrheit der österreichischen Bevölkerung zur katholischen Kirche. Schon aus dieser Tatsache ergeben sich gemeinsame Orientierungen, Optionen und Interessen. Diese betreffen vornehmlich den Menschen, seine Freiheit und Würde, seine Zukunft in Zeit und Gesellschaft. Unter verschiedenen Blickwinkeln geht es sowohl dem Staat als auch der Kirche um das Wohl des Menschen. Es dient dem Menschen, wenn die in Österreich politisch Handelnden - in den Gemeinden und in den Städten, auf Bezirks- und Landesebene, im Parlament und vor allem in der Bundesregierung - sich von einem „Weltbild“ leiten lassen, in dem die durch den christlichen Glauben vermittelten Werte bestimmend sind. Wer so wie die jüdisch-christliche Offenbarung den von Gott geschaffenen Menschen in das Zentrum von Schöpfung und Geschichte stellt, orientiert sein gesellschaftliches und politisches Handeln am wahren Wohl des Menschen, dessen Inte­ressen und Würde niemals den Parametern der „Machbarkeit“, des Nutzens und der Produktivität unterworfen werden dürfen. Jede wahrhaft humane Politik geht stets davon aus, daß der größte Reichtum einer Nation ihre Menschen sind.

Zu den - um es einmal so auszudrücken - „gemeinsamen Interessen“ des Heiligen Stuhls und Österreichs gehört Europa, und hier besonders die weitere Entwicklung des europäischen Einigungsprozesses. Wie vielleicht in keinem anderen Erdteil, sind die Geschichte und Kultur Europas vom Christentum geprägt. Dies gilt ebenso für den Lebensraum der rund 457 Millionen Einwohner der 25 EU-Mitgliedsstaaten, von denen sich ein Großteil zum christlichen Glauben bekennt. Der regionale und nationale Lebensraum, die nähere und die weitere Heimat, aus der in der Regel die meisten Menschen die wichtigsten Elemente ihrer kulturellen Identität beziehen, wird mehr und mehr durch den europäischen Lebensraum, die gemeinsame Heimat Europa ergänzt. Dazu tragen die grenzüberschreitende Mobilität und die sozialen Kommunikationsmittel nicht unwesentlich bei. Als Mitgestalterin der Geschichte und Kultur des europäischen Kontinents durch die Jahrhunderte hindurch begrüßt die katholische Kirche diese Entwicklung grundsätzlich. Wo sich Menschen und Völker als Glieder ein und derselben Familie betrachten, wachsen die Chancen für Frieden, Solidarität, Austausch und gegenseitige Bereicherung.

Die moderne Gesellschaft der offenen Grenzen läßt sich also immer weniger national definieren. Daher und aus lebendigem Geschichtsbewußtsein empfinden sich die Österreicher, ähnlich wie die Angehörigen ihrer Nachbarvölker, zu Recht als Europäer, als Bürger und Bürgerinnen des immer stärker an Konturen gewinnenden geeinten Europas. Österreich ist zudem ein europaerfahrenes Land. Seine reiche Geschichte als einstiger Vielvölkerstaat prädestiniert es zu einem überzeugten Europaengagement im Rahmen der politisch-institutionellen Vorgaben und auch darüber hinaus. Schließlich gehört das Bemühen um die Pflege und Vertiefung guter nachbar­schaftlicher Beziehungen und um die vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten für den Frieden und das Wohl der Völker im Donauraum zu den Konstanten der österreichischen Außenpolitik. Diese Prinzipien und Erfahrungen haben auch die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 inspiriert, die man als „Dienstleistung an Europa“ verstehen wollte und in der der Schwerpunkt auf die Vertrauensarbeit unter den Mitgliedsstaaten der EU gelegt wurde.

Sehr geehrter Herr Botschafter! Der weitere Weg der europäischen Integration, der erfolgreiche Weiterbau am großen Haus Europa, unter dessen Dach die Völker des Kontinents in Frieden und gegenseitigem Respekt und Austausch ihre Zukunft gemeinsam gestalten, hängt ganz wesentlich vom Vertrauen der Bürger in dieses Projekt ab. In den Diskussionen um den Erweiterungsprozeß der Europäischen Union einerseits und um die europäische Verfassung andererseits sind neuerlich Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen worden. Immer wieder geht es hier letztlich um die Frage nach der Identität und nach den geistigen Fundamenten, auf denen die Staaten- und Völkergemeinschaft der Europäer ruht. Weder eine mehr oder weniger gut funktionierende Wirtschaftsunion noch ein bürokratisches Regelwerk des Zusam­menlebens können die Erwartungen der Menschen an Europa vollends erfüllen. Die tieferen Quellen eines tragfähigen und krisenfesten europäischen „Miteinanders“ liegen vielmehr in den gemeinsamen Überzeugungen und Werten der christlichen und humanistischen Geschichte und Tradition des Kontinents. Ohne eine echte Werte­gemeinschaft kann letztlich auch keine verläßliche Rechtsgemeinschaft, die sich die Menschen erhoffen und erwarten, aufgebaut werden. Österreich gehört heute in Europa zu den kleineren Ländern. Dennoch kann es einen großen Beitrag leisten: einen Beitrag dazu, daß die Rechte und die unantastbare Würde des Menschen, der nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist, und die Stellung der Familie als Keimzelle der Gesellschaft im Lebensraum Europa immer und unter allen Umständen geachtet und geschützt werden; einen Beitrag auch dazu, daß Europa im notwendigen Prozeß der Selbstvergewisserung den Blick auf Gott, den Schöpfer allen Lebens, richtet, in dem Gerechtigkeit und Liebe zusammenfallen.

Ihre Akkreditierung, Herr Botschafter, ist auch für mich ein guter Anlaß, um mit Zufriedenheit erneut festzustellen, daß in Ihrem geschätzten Lande eine bewährte und fruchtbare Zusammenarbeit und Partnerschaft von Staat und Kirche zum Wohle und Nutzen aller Einwohner fortbesteht. Bei früheren Gelegenheiten sind die verschiedenen Bereiche dieser Kooperation eingehend betrachtet worden. Ich möchte an dieser Stelle nur die Weiterentwicklung der pädagogischen Hochschulen im Einvernehmen mit der Kirche nennen und auf der Grundlage des Konkordates das Engagement des Staates für die katholische Religionslehre hervorheben, die in Österreich ein fester Bestandteil des Pflichtunterrichts ist. Angesichts der steigenden Zahl von Schülern ohne Konfessionszugehörigkeit ist der Staat vor die Aufgabe gestellt, auch diesen Kindern und Jugendlichen die Grundlagen des abendländischen Denkens und der vom christlichen Geist getragenen „Zivilisation der Liebe“ zu vermitteln.

Sehr geehrter Herr Botschafter, Österreich ist bekannt für seine große Offenheit gegenüber der weltweiten Mission des Nachfolgers Petri im Dienst der Verbreitung des Evangeliums der Hoffnung und des befreienden Glaubens an Jesus Christus, den Herrn und Erlöser der Menschheit, der allen Völkern Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden schenken will. Ich darf Ihnen auch sagen, daß auf der ganzen Welt viele dankbar sind für die Hilfe, die österreichische Katholiken und zahlreiche Menschen guten Willens in Ihrer Heimat für die sozialen, humanitären und missionarischen Projekte der Kirche bereitstellen. Auf Ihrem eigenen diplomatischen Weg haben Sie sich bereits mit der Sendung des Heiligen Stuhls vertraut gemacht. Ich bin sicher, daß Ihnen Ihre neue Aufgabe in Rom reiche Erfüllung und Freude schenken wird. Auf die Fürbitte der Gottesmutter von Mariazell, des seligen Karl von Österreich und aller heiligen Landespatrone, erteile ich Ihnen, Herr Botschafter, den Angehörigen der Botschaft der Republik Österreich beim Heiligen Stuhl und nicht zuletzt Ihrer werten Familie von Herzen den Apostolischen Segen.



AN KARD. TARCISIO BERTONE, KARDINALSTAATSSEKRETÄR, UND SEINE FAMILIENANGEHÖRIGEN


Castelgandolfo

Montag, 18. September 2006



Eminenz,
liebe Freunde!

131 Ich freue mich, den neuen Staatssekretär und seine ganze Familie hier noch einmal öffentlich zu begrüßen. Wir haben uns kennengelernt, als Seine Eminenz Konsultor der Kongregation für die Glaubenslehre war. Er hat mir sehr geholfen bei einigen schwierigen Gesprächen, die wir 1988 zu führen hatten.

Als dann der liebe Erzbischof Bovone an die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse wechselte, mußte nach einem neuen Sekretär für die Kongregation für die Glaubenslehre gesucht werden. Und ich mußte nicht lange überlegen, denn die Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit waren noch so lebendig, daß ich verstanden habe, daß der Herr mir bereits den Nachfolger gezeigt hatte. Und es folgten sehr schöne Jahre der Zusammenarbeit in der Glaubenskongregation. Der hl. Eusebius von Vercelli war stets präsent; ich weiß nicht, ob auch heute diese Präsenz weiterhin da ist, um »den Glauben zu behüten«. Wir haben getan, was wir konnten. Ich hatte die Möglichkeit, Vercelli zu sehen und diese schöne Erzdiözese kennenzulernen. Damals hatte Kardinal Bertone, als er an die Kongregation kam, den Purpur, den er in Vercelli gehabt hatte, »verloren«. Als er dann nach Genua ging, kehrte der Purpur zurück, und er hatte auch Gelegenheit, die Schönheit Genuas zu sehen.

Dann rückte für einige Kurienkardinäle, die im Jahre 1927 geboren waren, der Zeitpunkt ihres Rücktritts näher. Und so habe ich wieder an die Jahre gemeinsamer Arbeit zurückgedacht, und der Herr hat mir diese Gnade des »Ja« Seiner Eminenz gewährt.

Mutig beginnen wir gemeinsam unseren Weg. Ich freue mich zu sehen, daß er von einer starken Familie unterstützt wird. Beste Wünsche euch allen!

AN DIE TEILNEHMER EINER STUDIENTAGUNG FÜR NEUERNANNTE BISCHÖFE


Castelgandolfo

Donnerstag, 21. September 2006



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

An jeden von euch richte ich meinen herzlichen Gruß. Vor allem grüße ich Kardinal Giovanni Battista Re, der mir gegenüber eure Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. Mit Zuneigung grüße ich auch diejenigen, die eure Tagung organisiert und koordiniert haben. In diesen Tagen habt ihr einige Leiter der Dikasterien der Römischen Kurie sowie Bischöfe von ihrer Erfahrung sprechen gehört. Sie haben euch dabei geholfen, über einige Aspekte des bischöflichen Dienstes nachzudenken, die für unsere Zeit von großer Wichtigkeit sind. Heute ist es der Papst, der euch mit Freude empfängt und glücklich darüber ist, mit euch die Empfindungen und Erwartungen zu teilen, die ihr in diesen ersten Monaten eures bischöflichen Dienstes erlebt. Ihr habt sicherlich schon die Erfahrung gemacht, wie Jesus, der Gute Hirt, mit seiner Gnade in den Seelen wirkt. »Meine Gnade genügt dir« (2Co 12,9) war die Antwort, die der Apostel Paulus vernahm, als er den Herrn darum bat, ihm Leiden zu ersparen. Dasselbe Bewußtsein möge immer euren Glauben nähren, es möge euch zur Suche nach Wegen anregen, um die Herzen aller zu erreichen, mit jenem gesunden Optimismus, der immer von euch ausstrahlen soll.

In der Enzyklika Deus caritas est habe ich festgehalten, daß die Bischöfe die erste Verantwortung dafür tragen, daß die Kirche als Familie Gottes und als ein Ort der gegenseitigen Hilfe und der Dienstbereitschaft aufgebaut wird (vgl. ). Um diese Sendung erfüllen zu können, habt ihr mit der Bischofsweihe drei besondere Ämter erhalten: das »munus docendi«, das »munus sanctificandi« und das »munus regendi«, die zusammen das »munus pascendi« bilden. Insbesondere besteht die Zielsetzung des »munus regendi« im Wachstum der kirchlichen Gemeinschaft, das heißt im Aufbau einer Gemeinschaft, die einmütig festhält an der Lehre der Apostel, am Brechen des Brotes, an den Gebeten und an der Gemeinschaft (vgl. Ac 2,42). Das Leitungsamt - eben das »munus regendi« - ist eng mit den Ämtern des Lehrens und der Heiligung verbunden und bildet so für den Bischof einen wahren Akt der Liebe Gott und dem Nächsten gegenüber, der in der pastoralen Liebe zum Ausdruck kommt. Das stellte das II. Vatikanische Konzil maßgeblich in der Konstitution Lumen gentium fest: Das Konzil gab den Bischöfen Christus zum Vorbild, den Guten Hirten, der nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen (vgl. LG 27). Dem gemäß lädt das nachsynodale Schreiben Pastores gregis den Bischof dazu ein, sich immer von der Darstellung der Fußwaschung im Evangelium inspirieren zu lassen (vgl. ). Nur Christus, die fleischgewordene Liebe Gottes (vgl. Deus caritas est ), kann uns maßgebend zeigen, wie wir die Kirche lieben und ihr dienen sollen.

Liebe Brüder, dem Beispiel Christi folgend, möge ein jeder von euch bei der täglichen pastoralen Sorge »allen alles« werden (1Co 9,22) und dabei die Wahrheit des Glaubens verkünden, die Sakramente unserer Heiligung feiern und die Liebe des Herrn bezeugen. Nehmt mit offenem Herzen all diejenigen auf, die an eure Tür klopfen: Steht ihnen mit eurem Rat zur Seite, tröstet und stützt sie auf dem Weg zu Gott, indem ihr versucht, alle zu jener Einheit im Glauben und in der Liebe zu führen, deren sichtbares Prinzip und Fundament ihr nach dem Willen des Herrn in euren Diözesen sein müßt (vgl. Lumen gentium LG 23). Erweist diese aufmerksame Sorge vor allem den Priestern. Verhaltet euch ihnen gegenüber immer wie Väter und ältere Brüder, die es verstehen, ihnen zuzuhören, sie freundlich aufzunehmen, sie zu trösten und - sollte es notwendig sein - sie auch zu korrigieren; sucht ihre Zusammenarbeit und seid ihnen besonders in den wichtigen Momenten ihres Dienstes und ihres Lebens nahe. Sucht dann, eine ähnliche Fürsorge den jungen Menschen zukommen zu lassen, die sich auf das Leben als Priester und Ordensleute vorbereiten.

Durch das Leitungsamt (vgl. Lumen gentium LG 27) ist der Bischof des weiteren dazu berufen, das Leben des Gottesvolkes, das seiner pastoralen Sorge anvertraut ist, anhand von Gesetzen, Weisungen und Ratschlägen entsprechend der universalen Disziplin der Kirche zu beurteilen und zu regeln. Dieses Recht und diese Pflicht des Bischofs ist überaus wichtig, damit die Diözesangemeinschaft in ihrem Innern geeint ist und in tiefer Gemeinschaft des Glaubens, der Liebe und der Disziplin mit dem Bischof von Rom und der ganzen Kirche voranschreite. So fordere ich euch auf, liebe Mitbrüder im Bischofsamt, aufmerksame Hüter dieser kirchlichen Gemeinschaft zu sein, sie zu fördern und zu verteidigen, indem ihr ständig über die Herde wacht, zu deren Hirten ihr bestellt seid. Es handelt sich um einen Akt der Liebe, der Unterscheidungsvermögen, apostolischen Mut und geduldige Güte erfordert, während er zu überzeugen und einzubeziehen sucht, damit eure Weisungen gerne angenommen und mit Überzeugung und bereitwillig befolgt werden. Durch den fügsamen Gehorsam dem Bischof gegenüber trägt jeder Gläubige verantwortungsvoll zum Aufbau der Kirche bei. Dies wird möglich sein, wenn ihr es im Bewußtsein eurer Sendung und eurer Verantwortung versteht, in einem jeden von ihnen den Sinn für die Zugehörigkeit zur Kirche und die Freude an der brüderlichen Gemeinschaft zu nähren, und dabei die von der kirchlichen Ordnung vorgesehenen Einrichtungen einbezieht. Dem Aufbau der kirchlichen Gemeinschaft gelte euer täglicher Einsatz.

132 Das Apostolische Schreiben Pastores gregis und das Direktorium für den pastoralen Dienst der Bischöfe weisen nachdrücklich jeden Hirten darauf hin, daß seine objektive Autorität von einem vorbildlichen Lebenswandel getragen werden muß. Ausgeglichenheit in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Höflichkeit der Umgangsformen und eine einfache Lebensweise sind ohne Zweifel Gaben, die die Persönlichkeit des Bischofs auf menschlicher Ebene bereichern. Im Liber regulae pastoralis schreibt der hl. Gregor der Große, daß »die Leitung der Seelen die Kunst der Künste« ist (Nr. 1): eine Kunst, die ständiges Wachstum in den Tugenden erfordert, von denen ich die Tugend der Klugheit ins Gedächtnis rufen möchte, die der hl. Bernhard als Mutter der Tapferkeit beschrieb. Die Klugheit wird euch geduldig machen mit euch selbst und mit den anderen, mutig und standhaft in den Entscheidungen, barmherzig und gerecht, »mit Furcht und Zittern« (Ph 2,12) allein um euer Heil und das eurer Brüder bemüht. Die vollkommene Selbsthingabe, die die Sorge um die Herde des Herrn erfordert, bedarf der Unterstützung durch ein intensives geistliches Leben, das vom eifrigen persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet genährt wird. Daher soll ein ständiger Kontakt mit Gott eure Tage kennzeichnen und all eure Tätigkeiten begleiten. Ein Leben in tiefer Einheit mit Christus wird euch helfen, das nötige Gleichgewicht zwischen der inneren Sammlung und jenen notwendigen Anstrengungen zu erreichen, die die vielfältigen Aufgaben des Lebens mit sich bringen. So kann es vermieden werden, in einen übertriebenen Aktivismus zu verfallen. Am Tag eurer Bischofsweihe habt ihr versprochen, für euer Volk unermüdlich zu beten. Liebe Brüder, bleibt dieser Verpflichtung immer treu. Sie wird euch dazu befähigen, auf untadelige Weise euren pastoralen Dienst auszuüben. Durch das Gebet öffnet sich euer Herz dem Plan Gottes, der ein Plan der Liebe ist. Dazu hat Er euch berufen, indem er euch durch die Gnade des Bischofsamtes inniger mit Christus vereint. In Seiner Nachfolge, in der Nachfolge des Hirten und Bischofs eurer Seelen (vgl. 1P 2,25), werdet ihr dazu angespornt, unermüdlich nach der Heiligkeit zu streben, die das grundlegende Ziel des Lebens eines jeden Christen ist.

Liebe Brüder, ich danke euch für diesen Besuch, über den ich mich sehr freue. Ich möchte euch meines täglichen Gedenkens vor dem Herrn für euren kirchlichen Dienst versichern, den ich der Gottesmutter Maria, »Mater Ecclesiae«, anvertraue. Ihren Schutz rufe ich auf euch, auf eure Diözesen und auf euren Dienst herab. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch und all denen, die euch nahestehen, einen besonderen Apostolischen Segen.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DES PÄPSTLICHEN RATES FÜR DIE LAIEN


Castelgandolfo

Freitag, 22. September 2006



Meine Herren Kardinäle,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Heute habe ich die Freude, zum ersten Mal mit euch, liebe Mitglieder und Konsultoren des Päpstlichen Rates für die Laien, zusammenzutreffen, die ihr eure Vollversammlung abhaltet. Euer Päpstlicher Rat weist die Besonderheit auf, daß zu seinen Mitgliedern und Konsultoren neben Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Ordensleuten überwiegend Laien gehören, die aus verschiedenen Kontinenten und Ländern kommen und aus den unterschiedlichsten Erfahrungen apostolischen Lebens. Ich begrüße euch alle herzlich und danke euch für den Dienst, den ihr dem Stuhl Petri und der Kirche in der ganzen Welt leistet. Mein Gruß gilt in besonderer Weise dem Präsidenten, Erzbischof Stanislaw Rylko, dem ich für seine freundlichen und ehrerbietigen Worte danke, dem Sekretär, Bischof Josef Clemens, zusammen mit allen, die tagtäglich in eurem Dikasterium arbeiten.

In den Jahren meines Dienstes an der Römischen Kurie hatte ich bereits die Möglichkeit, mir der wachsenden Bedeutung bewußt zu werden, die der Päpstliche Rat für die Laien in der Kirche besitzt, und seitdem mich der Herr dazu berufen hat, dem Diener Gottes Johannes Paul II. in der Leitung des ganzen christlichen Volkes nachzufolgen, bemerke ich diese Bedeutung noch stärker, weil ich die Arbeit, die ihr leistet, aus unmittelbarer Nähe betrachten kann. Ich hatte nämlich die Gelegenheit, den Vorsitz zu führen bei zwei Begegnungen von zweifellos großer Bedeutung für die Kirche, die von eurem Rat ausgerichtet wurden: beim Weltjugendtag, der im August vergangenen Jahres in Köln stattgefunden hat, und bei der Begegnung mit über 100 kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften bei der Pfingstvigil dieses Jahres auf dem Petersplatz. Außerdem denke ich an den ersten lateinamerikanischen Kongreß der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften, die euer Päpstlicher Rat in Zusammenarbeit mit dem CELAM vom 9. bis zum 12. März 2006 in Bogotà ausgerichtet hat, im Hinblick auf die V. Generalversammlung des lateinamerikanischen Episkopats.

Nachdem ihr bei der vorangegangenen Vollversammlung die theologische und pastorale Natur der Pfarrgemeinde untersucht habt, betrachtet ihr das Problem jetzt von einem operativen Gesichtspunkt aus, indem ihr nach brauchbaren Elementen zur Förderung einer wirklichen Erneuerung der Pfarrei sucht. Das Thema eurer Versammlung lautet denn auch: »Die wiedergefundene Pfarrei. Wege der Erneuerung«. Der pastoraltheologische und der operative Aspekt dürfen nämlich nicht voneinander getrennt werden, wenn man zum Geheimnis der Gemeinschaft vordringen will, dessen Zeichen und Werkzeug zur Verwirklichung zu sein die Pfarrei immer stärker berufen ist. Der Evangelist Lukas zeigt in der Apostelgeschichte die wesentlichen Kriterien für ein richtiges Verständnis der Natur der christlichen Gemeinde und somit auch jeder Pfarrei dort auf, wo er die Urgemeinde von Jerusalem beschreibt und sagt, sie hielt »an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten«, eine Gemeinde, die so gastfreundlich und solidarisch war, daß sie alles gemeinsam hatte (vgl. Ac 2,42 Ac 4,32-35).

Die Pfarrei kann diese Erfahrung wieder erleben und im gegenseitigen Verständnis sowie im brüderlichen Zusammenhalt wachsen, wenn sie ohne Unterlaß betet und im Hören auf das Wort Gottes verweilt und vor allem, wenn sie gläubig an der Eucharistiefeier teilnimmt, der der Priester vorsteht. Dazu schrieb der geliebte Johannes Paul II. in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Eucharistia: »Die Pfarrei ist nämlich eine Gemeinschaft von Getauften, die ihre Identität vor allem durch die Feier des eucharistischen Opfers ausdrücken und geltend machen« (EE 32). Die erwünschte Erneuerung der Pfarrei kann daher nicht allein aus pastoralen Initiativen heraus entstehen, so nützlich und angemessen diese auch sein mögen, und noch viel weniger aus Programmen, die am grünen Tisch ausgearbeitet werden. Indem sie sich am apostolischen Vorbild orientiert, so wie es in der Apostelgeschichte erscheint, wird die Pfarrei sich selbst in der Begegnung mit Christus, besonders in der Eucharistie, »wiederfinden«. Genährt vom eucharistischen Brot, wächst sie in der katholischen Gemeinschaft, setzt ihren Weg in voller Treue zum Lehramt fort und ist stets darauf bedacht, die unterschiedlichen Charismen, die der Herr im Volk Gottes weckt, anzunehmen und zu erkennen. Aus der ununterbrochenen Verbindung mit Christus schöpft die Pfarrei die Kraft, um sich dann ohne Unterlaß im Dienst an den Brüdern zu engagieren, besonders für die Armen, für die sie in der Tat den ersten Bezugspunkt darstellt.

Liebe Brüder und Schwestern, während ich euch meine aufrichtige Wertschätzung für euren Unternehmungsgeist sowie euren Einsatz ausspreche, wünsche ich von Herzen, daß die Arbeiten der Vollversammlung dazu beitragen mögen, den gläubigen Laien ihre Sendung in der Kirche, besonders in der Pfarrgemeinde, die eine »Familie« christlicher Familien ist, immer stärker bewußt zu machen. Ich versichere euch für dieses Anliegen meines ständigen Gebetsgedenkens, und während ich den mütterlichen Schutz Mariens auf jeden von euch herabrufe, erteile ich gern euch allen, euren Angehörigen und den Gemeinschaften, zu denen ihr gehört, meinen Segen.


AN DIE BISCHÖFE AUS DEM TSCHAD ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES

Castelgandolfo

Samstag, 23. September 2006

133
Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Mit Freude empfange ich euch, die der Herr zur Leitung des Volkes Gottes im Tschad auserwählt hat, in diesen Tagen, in denen ihr euren »Ad-limina«-Besuch durchführt. Eure Pilgerreise nach Rom führt euch auf den Spuren der Apostel Petrus und Paulus und ermöglicht euch, zur Festigung eurer Gemeinschaft mit der Universalkirche dem Nachfolger des Petrus und seinen Mitarbeitern zu begegnen. Ich wünsche, daß diese Tage für euch eine Gelegenheit sein mögen, euren apostolischen Eifer zu stärken, damit eure Gemeinden daraus neuen Antrieb empfangen, ein helles Licht zu sein, das zu dem hinführt, der das Heil bringt. Ich danke eurem Vorsitzenden, dem Bischof von Pala, Jean-Claude Bouchard, daß er die kirchliche Realität in eurem Land dargestellt hat. Überbringt nach der Rückkehr in eure Diözesen den Priestern, Ordensleuten, Katecheten und allen Gläubigen meinen herzlichen Gruß und die Zusicherung meiner geistlichen Nähe sowie meine Ermutigung für ihr christliches Leben!

Liebe Brüder im Bischofsamt, nach dem Vorbild Christi, des Guten Hirten, seid ihr ausgesandt, Missionare der Frohen Botschaft zu sein. Erfüllt weiterhin vertrauensvoll und mutig diese Aufgabe! Die Heiligkeit eures Lebens wird euch zu wahrhaftigen Zeugen der Liebe Gottes machen. Führt eure Gemeinden durch die Verkündigung des Evangeliums zur Begegnung mit dem Herrn und helft ihnen, Zeugnis von ihrer Hoffnung zu geben, indem sie zur Errichtung einer gerechteren Gesellschaft beitragen, die auf die Versöhnung und Einheit aller gegründet ist! Die regelmäßige Teilnahme der Gläubigen an den Sakramenten, besonders an der Eucharistie, wird ihnen die Kraft geben, Christus nachzufolgen; sie werden dann den Wunsch spüren, die Freude über ihre Begegnung mit dem Herrn mit ihren Brüdern und Schwestern zu teilen. Als Nachwirkung des ersten Nationalen Eucharistischen Kongresses, den eure Diözesen Anfang diesen Jahres in Moundou abgehalten haben, wird allen sehr am Herzen liegen, ihre Kenntnis dieses großen Sakraments zu vertiefen, um es im Leben Früchte tragen zu lassen. Zudem wird eine solide religiöse Bildung, die auf starke geistliche Überzeugungen gegründet ist, den Gläubigen ermöglichen, ein Leben im Einklang mit den Taufversprechen zu führen und in der Gesellschaft die christlichen Werte zu bezeugen.

Besonders herzlich möchte ich eure Priester grüßen und sie ermutigen in ihrer schwierigen, aber begeisternden Aufgabe, das Evangelium zu verkünden und dem Volk Gottes zu dienen. Wie ich betont habe, »bedeutet Priester sein, Freund Jesu Christi werden, und das immer mehr mit unserer ganzen Existenz« (Predigt bei der Chrisammesse am 13 2006 in O. R. dt., Nr. 17,28 17,4, S. 8). Daher sollen die Priester bereits von der Zeit ihrer Ausbildung an dazu angeleitet werden, immer tiefer in die Freundschaft einzutreten, die der Herr ihnen ohne Unterlaß anbietet. Um eine solche Ausbildung unter den besten Bedingungen sicherzustellen, fordere ich euch auf, aufmerksam über eure Priesterseminare zu wachen und die Ausbilder zu unterstützen bei ihrer Aufgabe, die Berufungen zu erkennen. Die Freundschaft mit Christus erfordert ein beständiges und freudiges Streben nach einer Gemeinschaft des Denkens, Wollens und Handelns mit ihm im demütigen und treuen Gehorsam. Diese Gemeinschaft wird sich in dem Maße verwirklichen lassen, in dem der Priester ein echter Mann des Gebets ist. Liebe Brüder im Bischofsamt, tragt Sorge für das geistliche Leben eurer Priester, indem ihr sie dazu ermutigt, einer priesterlichen Lebensregel treu zu bleiben, die ihnen hilft, ihr Leben dem vom Herrn empfangenen Ruf entsprechend zu gestalten!

Bezeugt ihnen in ihrem Priesteramt eure brüderliche Nähe; schenkt ihnen Trost in Zeiten der Prüfung und Unsicherheit, und korrigiert sie, falls nötig, indem ihr sie auffordert, den Blick immer fest auf Jesus gerichtet zu halten.

Zu den wichtigen pastoralen Herausforderungen gehört die Dringlichkeit, die unverkürzte Wahrheit über Ehe und Familie zu verkünden. Es kommt in der Tat entscheidend darauf an, zu zeigen, daß die Institution der Ehe zur echten Entwicklung des Menschen und der Gesellschaft beiträgt und es ermöglicht, die Würde, die Gleichheit und die wahre Freiheit des Mannes und der Frau sowie das menschliche und geistliche Wachstum der Kinder zu gewährleisten. »Da sie beide, Mann und Frau, als Abbild Gottes erschaffen wurden, sind sie, trotz Unterschieden, unter dem Gesichtspunkt des Menschseins im wesentlichen gleich« (Ecclesia in Africa ). Eine sorgfältige Bildung und Erziehung der jungen Menschen wird eine Erneuerung der Familienpastoral begünstigen und dazu beitragen, die Schwierigkeiten gesellschaftlicher, kultureller oder wirtschaftlicher Art zu beseitigen, die für zahlreiche Gläubige Hindernisse in bezug auf die christliche Ehe darstellen. Unter Bewahrung der wesentlichen Werte der afrikanischen Familie mögen die Jugendlichen eures Landes in ihr Leben die Schönheit und Größe der christlichen Ehe aufnehmen, die in ihrer Einmaligkeit eine unauflösliche und treue Liebe der Eheleute voraussetzt.

Die karitative Tätigkeit, Zeugnis für die in der Gottesliebe verankerte Nächstenliebe, nimmt in der Pastoral eurer Diözesen großen Raum ein. »So ist Liebe der Dienst, den die Kirche entfaltet, um unentwegt den auch materiellen Leiden und Nöten der Menschen zu begegnen« (Enzyklika Deus caritas est ). Meine dankbare Anerkennung gilt allen, besonders den Ordensleuten, die in euren Diözesen eine karitative Tätigkeit im Dienst der Entwicklung, der Erziehung und der Gesundheit sowie der Aufnahme von Flüchtlingen leisten. Mögen sie bei der Förderung einer echten Solidarität mit den notleidenden Menschen ohne Unterschied ihrer Herkunft den besonderen kirchlichen Charakter ihrer Aktivitäten nicht vergessen und sich immer mehr dessen bewußt werden, vor ihren Brüdern und Schwestern glaubwürdige Zeugen Christi zu sein.

Die Stärkung der Brüderlichkeit zwischen den verschiedenen Gemeinschaften, die die Nation bilden, ist ein Ziel, das den Einsatz aller erfordert, um das Land vor Konfrontationen zu schützen, die nur neue Gewalt nach sich ziehen würden. Die Anerkennung der Würde jedes Menschen, der Identität jeder menschlichen und religiösen Gruppe und ihrer Freiheit zur Religionsausübung gehört zu den gemeinsamen Werten des Friedens und der Gerechtigkeit, die von allen gefördert werden müssen. Dabei spielen die Verantwortlichen der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle.

134 Ich freue mich zu erfahren, daß in eurem Land die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen im allgemeinen gut sind, was besonders dem Bemühen um ein besseres gegenseitiges Kennenlernen zu verdanken ist. Ich ermutige euch daher, die Zusammenarbeit in einem Geist des aufrichtigen Dialogs und gegenseitiger Achtung fortzusetzen, um mit der Sorge um eine echte Solidarität und harmonische Entwicklung der Gesellschaft jedem zu helfen, ein Leben zu führen, das der von Gott empfangenen Würde entspricht.

Liebe Brüder im Bischofsamt, ich vertraue euer Land dem mütterlichen Schutz Unserer Lieben Frau, Königin von Afrika, an. Sie möge bei ihrem Sohn Fürsprache halten, um Frieden und Gerechtigkeit zu erlangen auf diesem so schwer geprüften Kontinent. Euch allen sowie den Priestern, den Ordensmännern, Ordensfrauen, Katecheten und allen Gläubigen eurer Diözesen erteile ich von ganzem Herzen den Apostolischen Segen.


ANSPRACHE 2006 129