Kommentar zum Evangelium Mt 82

Zweiundachtzigste Homilie. Kap.XXVI, V.26-35.

82 Mt 26,26-35
1.

V.26: "Während sie aber aßen, nahm Jesus Brot und segnete es, brach es und gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset" dieses ist mein Leib. V.27; Und er nahm den Kelch, sagte Dank und gab ihnen denselben, indem er sagte: Trinket alle aus ihm. V.28: Denn dieses ist mein Blut des Neuen Bundes, welches für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden." 

   O, wie groß ist die Verblendung des Verräters! Trotzdem er an den Geheimnissen teilnahm, blieb er doch derselbe, trotz des Genusses der Speise, die ihn mit heiliger Schauer erfüllen mußte, änderte er sich nicht. So legt es auch Lukas<f>Joh 13,27<f>nicht bei Lukas</f> dar, wenn er berichtet, dass daraufhin der Satan in ihn gefahren sei. Das tat er, nicht etwa, um den Leib des Herrn zu verachten, sondern um die Unverschämtheit des Verräters zu brandmarken. Zwei Umstände sind es, welche die Sünde erschweren, nämlich dass Judas mit einer solchen Gesinnung den Geheimnissen nahte, und dass er trotzdem nicht besser wurde. Weder Furcht noch Wohltat noch Ehre machten mehr Eindruck auf ihn. Obgleich Christus alles wußte, hinderte er ihn doch nicht. Er wollte zeigen, dass er nichts unversucht ließ, was ihn hätte bessern können. Deshalb suchte er ihn vorher und auch später noch immer wieder zu warnen und zurückzuhalten durch Wort und Werk, durch Schrecken und Liebe, durch Drohungen und Ehrenbezeigungen. Aber nichts vermochte ihn von dieser schrecklichen Leidenschaft abzubringen. Daher wendet sich der Herr schließlich von ihm, bringt den Jüngern durch die Geheimnisse wieder seinen Opfertod in Erinnerung und spricht während des Mahles von der Kreuzigung, um sie durch häufige Hinweise vorzubereiten, sich in sein Leid zu schicken. Denn wenn sie nach so vielen Vorbereitungen und Vorhersagungen noch in Verwirrung gerieten, wie wäre es ihnen erst ergangen, wenn sie vorher nichts davon gehört hätten? 

   "Und während sie aßen, nahm er das Brot und brach es." Warum feierte er dieses Geheimnis gerade jetzt, zur Zeit des Osterfestes? Zum deutlichen Beweis, dass er auch der Stifter des Alten Bundes ist und dass dessen Einrichtungen wie ein Schatten diese Ereignisse vorherverkündigten. Deshalb setzt er jetzt an Stelle des Bildes die Wirklichkeit. Der Abend war ein Hinweis, dass die Fülle der Zeiten erschienen sei und seine Laufbahn sich nunmehr dem Ende zuneige. Durch die Danksagung gibt er uns zu erkennen, wie dieses Geheimnis zu verstehen ist, und zeigt, dass er nicht gegen seinen Willen das Leiden antritt. Endlich belehrt er uns, saß wir alles, was immer uns trifft, dankbar hinnehmen sollen, und stellt uns auch dadurch selige Hoffnungen in Aussicht. Wenn schon das Vorbild von einer so drückenden Knechtschaft befreite, wieviel mehr wird die Wahrheit die Welt erlösen und durch ihre Hingabe unserem Geschlechte Heil bringen. Deshalb hatte Jesus das Geheimnis auch nicht früher eingesetzt, sondern erst, als die Verbindlichkeit des Gesetzes aufhören sollte. Er hebt auch das Hauptfest der Juden auf, indem er sie an einen anderen Tisch voll heiligen Schauers setzt: "Nehmet und esset", sagt er,"das ist mein Leib, der für viele geopfert wird." Wie kommt es nun aber, dass die Apostel bei diesen Worten nicht erschraken? Weil er ihnen schon oft in der Zeit vorher große Dinge geweissagt hatte. Daher trifft er auch keine besonderen Vorbereitungen mehr, sie hatten ja bereits genug davon gehört, wohl aber gibt er als Zweck seines Leidens an: die Tilgung der Sünden. Er nennt sein Blut das Blut des Neuen Bundes, d.h. des Versprechens, der Verheißung des neuen Gesetzes. Sein Blut hatte er seit alters verheißen; es bildet die Grundlage des Neuen Bundes. Das Alte Testament besaß<f>für seine Opfer</f> Schafe und Kälber, das Neue hat das Blut des Herrn. Zugleich weist Jesus darauf hin, dass sein Tod notwendig ist, deshalb gebraucht er das Wort Testament und erinnert an den Alten Bund, der ja auch durch Blut geschlossen worden war. Und noch einmal spricht er von dem Zwecke seines Todes: "Das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden", und fügt bei: "Dies tut zu meinem Andenken"<f>1 Kor 11,26</f> . Siehst du, wie er die jüdischen Gebräuche abschafft und beseitigt? Der Sinn ist: Gleichwie ihr jene Feier beginget zur Erinnerung an die Zeichen in Ägypten, so feiert auch dieses Geheimnis zur Erinnerung an mich. Dort wurde das Blut vergossen zur Errettung der Erstgeburt, mein Blut wird vergossen zur Vergebung der Sünden der ganzen Welt. Denn: "Das ist mein Blut, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden." Durch diese Worte wollte der Herr zugleich darauf hinweisen, dass sein Leiden und sein Kreuzestod ein Geheimnis ist, und wollte so seine Jünger wieder trösten. Gleichwie Moses sagt: "Das soll euch zum ewigen Gedächtnis sein"<f>Ex 3,15</f> , so spricht er: "zu meinem Andenken", bis ich komme. Darum sagt er auch: "Sehnlichst habe ich verlangt dieses Osterlamm mit euch zu essen"<f>Lk 22.15</f> , d.h. euch in die neue Ordnung einzuführen und das Osterlamm zu reichen, um dessentwillen ich euch geistig machen werde. Er selbst trank auch aus dem Kelche. Die Jünger hätten bei seinen Worten sagen können: Wie? wir sollen Blut trinken und Fleisch essen? Das hätte sie dann ganz außer Fassung gebracht<f>denn als er darüber bloß mündlich sich äußerte, hatten sich viele schon an seinen Worten gestoßen</f> . Um sie also vor der Bestürzung zu bewahren, trank er zuerst selbst und führte sie so ohne Beunruhigung in die Teilnahme an den Geheimnissen ein. Das ist die Erklärung dafür, dass er sein eigenes Blut trank. Wie ist es nun, fragst du; soll man auch das alte Fest begehen? Mitnichten, Ebendarum befahl er: "Tut dieses", damit man jenes aufgebe. Es ist ja auch überflüssig, wenn das neue Osterlamm, wie es tatsächlich der Fall ist, die Vergebung der Sünden bewirkt. Wie einst bei den Juden, so verband er auch hier mit dem Geheimnisse das Andenken an eine Wohltat und nimmt auch damit den Irrgläubigen jede Einrede vorweg. Denn wenn sie fragen: Wie kann man denn erkennen dass Christus geopfert wurde? so wiederlegen wir sie unter anderem auch durch den Hinweis auf die Geheimnisse. Ist Jesus nicht gestorben, wessen Zeichen sind dann die Opfergaben?



2.

Siehst du, wie Jesus es sich angelegen sein läßt, immer daran zu erinnern, dass er für uns gestorben ist? Da er nämlich wußte, dass Marcion, Valentin, Manes und ihre Anhänger auftreten und diese Heilstaten leugnen würden, so kommt er unablässig auch in den Geheimnissen auf die Erinnerung an sein Leiden zurück, damit sich ja niemand hintergehen lasse; er erlöst und unterweist uns zugleich durch jenes hl. Mahl. Es ist der Angelpunkt alles Heiles, weshalb auch Paulus immer wieder davon predigt. Nachdem er ihnen sodann[634] gereicht, fährt er fort: V.29: "Von jetzt an werde ich nicht mehr trinken von dem Erzeugnisse dieses Weinstockes bis zu jenem Tag, da ich es als ein neues mit euch trinke im Reiche meines Vaters." Nachdem der göttliche Heiland über Leiden und Kreuzestod gesprochen hat, bringt er die Rede auch wieder auf die Auferstehung, indem er das[635] Reich erwähnt; so nennt er nämlich seine Auferstehung. Weshalb hat er aber auch nach der Auferstehung getrunken? Damit die Unverständigen die Auferstehung nicht für eine leere Einbildung hielten. Die gewöhnlichen Leute betrachteten ja das Trinken als einen Beweis der Auferstehung. Darum sagten auch die Apostel, wenn sie die Leute von der Auferstehung zu überzeugen suchten: "Wir haben mit ihm zusammen gegessen und getrunken" (Ac 10,11). Um also zu bekunden, dass sie ihn nach der Auferstehung deutlich sehen, wieder mit ihm verkehren und diese Tatsache auf Grund von Geschehenem und Erlebtem bezeugen werden, sprach er: "Bis ich es mit euch als neues trinke", und ihr werdet Zeugen dafür sein. Ihr werdet mich ja als Auferstandenen sehen. Was bedeutet denn das Wort: "neues"? Auch eine neue, d.h. bisher fremde Weise, da ich keinen sterblichen Leib mehr haben werde, sondern einen unsterblichen, unverweslichen, der keiner Nahrung mehr bedarf. So aß und trank er nach der Auferstehung nicht aus Bedürfnis. Sein Leib hatte solche Dinge nicht mehr nötig, sondern zur Bekräftigung seiner Auferstehung. Weshalb trank er aber nach der Auferstehung nicht Wasser, sondern Wein? 

   Um eine andere böse Irrlehre gründlich auszurotten. Es gibt nämlich Leute, die zu den Geheimnissen Wasser nehmen.[636] . Deshalb hebt er auch hervor, dass er bei der Einsetzung der Geheimnisse Wein gebrauchte und nach der Auferstehung auch außer der Geheimnisfeier bei einer gewöhnlichen Mahlzeit Wein trank, und sagte: "Von dem Erzeugnis des Weinstockes." Der Weinstock erzeugt doch Wein und nicht Wasser. V.30: "Und als sie den Lobgesang gebetet hatten, gingen sie hinaus auf den Ölberg." Das sollen sich alle merken, die da gleich Schweinen essen, dann ohne weiteres den Tisch von sich stoßen und trunken aufstehen, während sie doch danken und mit einem Loblied schließen sollten. Höret es auch alle, die ihr bei den Geheimnissen das Schlußgebet nicht abwartet, das doch eine Erinnerung an jenes Gebet ist. Jesus dankte, ehe er den Jüngern das Brot reichte, damit auch wir danken sollen. Er dankte in einem Lobgesang nach der Darreichung, damit auch wir so tun. Warum geht er aber dann auf den Berg hinaus? Um sich finden zu lassen, wenn man ihn gefangen nehmen wollte; es sollte nicht scheinen, als verberge er sich, deshalb eilte er, an den Ort zu kommen, der auch dem Judas bekannt war. V.31; "Dann sagte er zu ihnen: Alle werdet ihr geärgert werden an mir", und er fügte auch eine Weissagung bei: "Denn es steht geschrieben: Schlagen werde ich den Hirten und zerstreuen werden sich die Schafe" (Za 13,7); er will die Apostel zugleich mahnen, immer auf die Schrift zu achten, und dabei ausdrücken, dass er nach dem Ratschlusse Gottes gekreuzigt würde. Bei jeder Gelegenheit ist er bedacht zu zeigen, dass er nicht im Gegensatze zum Alten Bunde oder zu Gott stehe, der sich darin geoffenbart hat und dass alles um der Erlösung willen geschah und in der Weise, wie es die Propheten von jeher vorherverkündigt hatten. So mußten die Jünger große Zuversicht fassen, auch hinsichtlich dessen, was noch Heilsameres kommen sollte. Er lehrte auch, was für Leute sie vor der Kreuzigung und wie sie nachher waren. Sie, die nicht einmal standhalten konnten, als er gekreuzigt wurde, sie sind nach seinem Tode entschlossen und stärker als Diamant. 

   Auch in der Flucht und Feigheit der Jünger liegt ein Beweis seines Todes. Denn wenn man trotz allem, was getan und geredet worden war, sich nicht zu sagen scheut, er sei nicht gekreuzigt worden, wie weit würde man erst in der Gottlosigkeit gegangen sein, wenn nichts dergleichen geschehen wäre? So wird nicht bloß sein eigenes Leiden, sondern auch das Verhalten der Jünger ein Beweis für die Wahrheit seines Todes, ebenso wie die Feier der Geheimnisse, und die verderblichen Ansichten der Marcionisten fallen damit in sich selbst zusammen. Ebendarum ließ er es auch geschehen, dass ihn das Oberhaupt der Apostel verleugnete. Wäre er nicht gefesselt und gekreuzigt worden, wie erklärte es sich dann, dass ihn und auch die anderen eine so heftige Furcht befiel? Indessen ließ Christus die Jünger nicht lange unter dem Drucke der Traurigkeit, sondern sagte: 

   V.32: "Wenn ich aber erstanden sein werde, werde ich euch vorangehen nach Galiläa." Er erscheint nicht sogleich vom Himmel her, er geht nicht in irgendein entlegenes Land, sondern bleibt unter dem Volke, wo er gekreuzigt wurde, fast in derselben Gegend, um auch dadurch ihren Glauben zu wecken, dass der Gekreuzigte und Auferstandene ein und dieselbe Person ist, und sie so in ihrer Trauer um so wirksamer zu trösten. Daher sagte er auch: "In Galiläa",um ihre Angst vor den Juden zu beseitigen und sie zum Glauben an seine Worte zu bewegen. Das also ist der Grund, warum er gerade dort erschien. 

   V.33: "Petrus aber entgegnete und sprach zu ihm: Und wenn auch alle werden geärgert werden an Dir, ich werde niemals geärgert werden."



3.

Was redest du, Petrus? Der Prophet hatte gesagt:"Die Schafe werden zerstreut werden", Christus bekräftigt die Weissagung, und du sprichst: Nein? Genügt dir die erste Zurechtweisung nicht, als du sagtest: "Ferne sei es von dir"? (Mt 16,22). Daher ließ es der Herr nun auch zu, dass Petrus fiel, um ihn so zu belehren, dass man in allem Christo glauben und sein Wort für zuverlässiger halten muß als sein eigenes Gewissen. Auch die übrigen schöpften nicht geringen Nutzen aus der Verleugnung Petri, da sie an ihr die menschliche Schwäche und Gottes Wahrhaftigkeit erkannten. Wenn er etwas vorhersagt, so darf man nicht mehr deuteln und sich nicht über die anderen erheben. Denn es heißt:"Du wirst Rühmen für dich selbst haben und nicht für andere" (Ga 6,4). Petrus hätte bitten sollen: Hilf uns, dass wir Dich nicht verlassen, anstatt dessen beteuert er voll Selbstvertrauen: "Und wenn sich alle an dir ärgern, ich niemals"; wenn dies allen widerfährt, meint er, mir wird so etwas nie widerfahren, und so verstieg er sich allmählich bis zur Anmaßung. Um sie nun in die Schranken zu weisen, ließ Christus die Verleugnung zu. Da er sich weder durch ihn noch durch den Propheten belehren ließ[637] , da er sich also nicht an die Worte kehrte, wird er durch die Tatsachen belehrt. Dass es der Herr zu dem Zwecke geschehen ließ, um ihn von diesem Fehler zu heilen, sagen dir seine Worte: "Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht ausgehe" (Lc 22,32). Damit wollte er ihm eine scharfe Zurechtweisung erteilen und ihm bedeuten, dass sein Fall schlimmer war als der der anderen und stärkere Hilfe erforderte. Zwei Fehler hatte sich Petrus zuschulden kommen lassen; dass er widersprach und dass er sich über die anderen überhob; ja, noch einen dritten, dass er in allem auf die eigene Kraft pochte. Um diese Fehler zu heilen, ließ der Herr den Fall geschehen. Deshalb spricht er auch: "Simon, Simon, siehe, der Satan hat nach euch begehrt, um euch zu sieben wie den Weizen", d.h. um euch zu verwirren, zu beunruhigen, zu versuchen. "Ich aber habe gebetet für dich, dass dein Glaube nicht ausgehe" (Lc 22,31 Lc 22,32). Wenn nun der Teufel alle begehrt hatte, warum sagt Jesus nicht: Ich habe für alle gebetet? Ist es nicht klar, dass es aus dem Grunde geschah, den ich vorhin erwähnte? Er wollte den Petrus zurechtweisen und zeigen, dass er schlimmer fehlte als die anderen; darum richtete er das Wort an ihn. Weshalb sagte er aber nicht: Ich habe es verhindert, sondern: "Ich habe gebetet"? Er führt eine demütige Sprache, da er das Leiden antritt, um seine menschliche Natur hervorzuheben. Christus hatte die Kirche auf das Bekenntnis Petri gebaut und hatte sie so gefestigt, dass tausend Gefahren und Todeurteile sie nicht überwältigen können; er hatte ihm die Schlüssel des Himmelreiches gegeben und ihm eine so große Gewalt anvertraut, und nirgends hatte er dazu des Gebetes bedurft[638] ; wie brauchte er nun das Gebet, um die Seele eines einzigen gefährdeten Menschen zu festigen? Weshalb hat er also diesen Ausdruck gewählt? Aus dem Grunde, den ich erwähnt habe und wegen der Schwachheit der Jünger, da sie noch nicht die rechte Meinung von ihm hatten. 

   Wie kam es nun, dass Petrus den Herrn verleugnete? Christus hatte nicht gesagt: Damit du mich nicht verleugnest, sondern: Damit dein Glaube nicht ausgehe, damit du nicht völlig verloren gehest. Es war das ein Erweis seiner Fürsorglichkeit. Die Furcht hatte Petrus ganz niedergeschmettert, sie war übermächtig, und zwar, weil ihm Gott seinen Beistand ganz entzogen hatte und zwar deshalb, weil auch die Leidenschaft der Anmaßung und des Widerspruches in ihm so stark war. Um sie gründlich auszumerzen, ließ ihn der Herr so heftig von der Angst befallen werden. Weil diese Leidenschaft in ihm so schlimm war, ließ er es nicht bei dem bereits Geschehenen bewenden, dass er nämlich dem Propheten und Christus widersprach; als nämlich Christus zu ihm sagte: V.34: "Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, bevor der Hahn kräht, mich dreimal verleugnen wirst",da hatte er versichert: V.35: "Und wenn ich auch mit Dir sterben müßte, nimmer werde ich Dich verleugnen." Lukas gibt zu erkennen, dass Petrus um so heftiger widersprach, je mehr Christus das Gegenteil behauptete. Ja, was tust du da, Petrus? Als der Herr erklärte: "Einer aus euch wird mich verraten", da warst du voll Befürchtung, du könntest der Verräter sein, und nötigtest den Mitapostel zu fragen, obschon du dir nichts dergleichen bewußt warst; jetzt, da er ausdrücklich betont: "Alle werden sich ärgern", machst du Einreden? nicht nur einmal, sondern zweimal und wiederholt? So berichtet uns nämlich Lukas. Woher kam das bei ihm? Von seiner innigen Liebe, von seiner zärtlichen Anhänglichkeit. Nachdem er der Angst wegen des Verrates überhoben war und den Verräter kannte, redet er voll Zuversicht und stellt sich über die anderen: "Wenn auch alle sich ärgern", spricht er, "ich werde mich nicht ärgern." Es zeigt sich in dem Vorgange wohl auch ein gewisser Ehrgeiz. Hatten doch beim Abendmahle die Apostel auch darüber verhandelt, wer von ihnen der größte sei so sehr hielt sie diese Leidenschaft in Fesseln. Daher suchte ihn auch der Herr davon zu heilen, nicht etwa indem er ihn zur Verleugnung drängte, das sei ferne, sondern indem er ihm seine Hilfe entzog und so die menschliche Natur beschämte. Siehe nur, wie Petrus später bescheiden ist. Als er nach der Auferstehung fragte: "Was will denn dieser da?" (Jn 21,21) und abgewiesen wurde, wagte er nicht, wie hier, zu widersprechen, sondern schwieg. Ebenso schweigt er, ohne etwas einzuwenden, als er bei der Himmelfahrt die Worte Christi hörte: "Nicht an euch ist es, die Zeiten oder Augenblicke zu erkennen" (Ac 1,7). Und da ihm später auf dem Dache bei der Erscheinung des Tuches eine Stimme zurief: "Was Gott gereinigt hat, nenne du nicht Gemeines" (Ac 10,15), bleibt er still und rechtet nicht, obgleich er den Sinn der Worte noch nicht klar erfaßte.



4.

Alles das waren Wirkungen jenes Falles. Vordem vertraute Petrus vermessen auf sich selbst. "Wenn auch alle sich ärgern, ich werde mich nicht ärgern; und sollte ich auch sterben müssen, ich werde Dich nicht verleugnen", sagt er, wo er doch hätte beifügen sollen: Wenn ich Deinen Beistand besitze. Später redet er ganz anders: "Was schauet ihr auf uns, gleich als hätten wir durch selbsteigene Tugend oder Kraft bewirkt, dass er umhergehe?" (Ac 3,12). Hieraus lernen wir die große Glaubenswahrheit kennen, dass die Bereitwilligkeit des Menschen nicht hinreicht, wenn ihm nicht auch der übernatürliche Beistand zuteil wird, und dass anderseits auch die übernatürliche Hilfe nichts frommt, wenn es am guten Willen fehlt. Für beide Sätze liefern Judas und Petrus den Beweis. Der eine empfing viel Gnadenbeistand, ohne dass es ihm nützte, weil es ihm am guten Willen mangelte und an der Mitwirkung; der andere war bereitwillig, aber er fiel, da er keinen Beistand hatte. Beides muß zusammentreffen, wenn ein Tugendwerk zustandekommen soll. Daher bitte ich, lasset uns nicht schlafen und nicht alles Gott allein überlassen, noch auch Anstrengungen machen in der Meinung, wir können alles aus eigenen Kräften zuwegebringen. Gott will nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen, deshalb tut er nicht alles allein; er will aber auch nicht, dass wir eingebildet werden, deshalb hat er nicht alles uns anheimgestellt; er hat vielmehr in beiden Beziehungen das Nachteilige beseitigt, und uns nur das Nützliche übriggelassen. Daher ließ er auch den Apostelfürsten fallen, um ihn bescheiden zu machen und so in der Liebe zu fördern."Wem mehr erlassen wird", sagt er, "der wird auch mehr lieben" (Lc 7,47).. Lasset uns also allweg Gott vertrauen und nie widersprechen, auch wenn seine Worte unserer Vernunft und dem Augenschein zu widersprechen scheinen; sein Wort muß uns auf alle Fälle mehr gelten als Vernunft und Sinne. 

   Das muß auch unser Grundsatz bei den Geheimnissen sein. Wir dürfen nicht bloß auf das schauen, was vor uns liegt, sondern müssen uns an seine Worte halten. Sein Wort ist untrüglich, unsere Sinne sind der Täuschung leicht unterworfen. Jenes ist immer wahr, diese irren sich gar oft. Da er nun spricht: "Das ist mein Leib", so wollen wir uns fügen, wollen glauben und ihn mit den Augen des Geistes betrachten. Christus hat uns nichts Sinnfälliges übergeben, sondern lauter Geistiges, aber in sinnfälliger Hülle. So ist es ja auch bei der Taufe; in der sinnfälligen Handlung empfangen wir äußerlich das Wasser, die Wirkung, die Wiedergeburt und Erneuerung ist jedoch geistig. Wenn du ein körperloses Wesen wärest, hätte er dir die unkörperlichen Gaben unmittelbar gegeben; nachdem aber die Seele an einen Leib geknüpft ist, reicht er dir das Geistige in sinnfälliger Gestalt. Wie viele gibt es, die wünschen: Könnte ich doch den Herrn von Gestalt sehen, sein Gesicht, seine Kleider, seine Schuhe! Wohlan, du siehst ihn, berührst ihn, genießest ihn. Du willst bloß das Gewand sehen, er aber gibt dir sich selbst, nicht allein zu sehen, sondern sogar zu berühren, zu essen und läßt sich in dein Inneres aufnehmen. Es trete somit niemand voll Überdruß, voll Gleichgültigkeit hinzu, alle vielmehr voll Feuer, voll Glut und Begeisterung. Wenn schon die Juden stehend, die Schuhe an den Füßen und Stäbe in den Händen, eilig das Osterlamm aßen (Ex 12,11), um wieviel mehr sollst du wachsam sein! Weil jene im Begriffe standen, nach Palästina fortzuziehen, hatten sie auch schon das Äußere von Reisekleidung; du aber hast als Reiseziel den Himmel.



5.

Sonach muß man allzeit wachsam sein, denn es ist keine geringe Strafe, welche die unwürdigen Teilnehmer trifft. Beherzige, wie heftig du gegen den Verräter, gegen die Kreuziger aufgebracht bist. Sieh also zu, dass nicht auch du des Leibes und Blutes Christi schuldig werdest. Sie hatten den allerheiligsten Leib gemordet, du empfängst ihn in einer schmutzigen Seele, trotzdem er dir so große Wohltaten erwiesen. Er begnügte sich nicht damit, Mensch zu werden, sich geißeln und hinschlachten zu lassen, er geht sogar in uns ein, er macht uns nicht etwa nur im Glauben, sondern in der Wirklichkeit zu seinem Leibe. Was soll daher noch reiner sein als ein Mensch, der ein so heiliges Opfer genießt ? um wieviel reiner als der Sonnenstrahl muß die Hand sein, die dieses Fleisch teilt, der Mund, der vom geistlichen Feuer erfüllt ist, die Zunge, die vom schauererregenden Blute gerötet wird? Beherzige, welche Ehre dir erwiesen worden, an welchem Tische du zu Gaste bist! Was die Engel mit Zittern sehen und ohne Leben nicht anzublicken wagen, weil Blitze davon ausgehen, damit werden wir gespeist, damit vereinigt, so dass wir mit Christus ein Leib und ein Fleisch werden. "Wer wird die Großtaten des Herrn preisen? Wer wird sein Lob verkünden?" (Ps 105,2) Wo ist ein Hirt, der seine Schafe mit seinem eigenen Leibe speist? Was rede ich von einem Hirten? Es gibt oft Mütter, die nach den Wehen der Geburt ihre Kinder fremden Ammen übergeben. Der Herr brachte so etwas nicht übers Herz; er nährt uns mit seinem eigenen Blute und kettet uns auf alle Art an sich. Siehe, er wurde aus unserer Natur geboren. Aber, sagst du, das geht nicht alle Menschen an. Und doch geht es alle an. Denn wenn er unsere Natur heimsuchte, hat er offenbar uns alle heimgesucht, und wenn alle, so auch jeden einzelnen von uns. Aber wie kommt es, fragst du, dass nicht alle daraus Nutzen gezogen haben? Die Schuld liegt nicht an ihm, der für alle die menschliche Natur annahm, sondern an den Menschen, die nicht wollten. Er teilt sich jedem einzelnen durch die Geheimnisse mit; die er wiedergeboren, nährt er mit sich selbst und überläßt sie keinem Fremden, um dich auch dadurch zu überzeugen, dass er dein Fleisch angenommen hat. 

   Seien wir daher nicht kalt und gleichgültig, nachdem wir einer solchen Liebe und Ehre gewürdigt wurden. Seht ihr nicht, mit welcher Begierde die Kinder nach der Mutterbrust verlangen, mit welchem Ungestüm sie die Lippen daran pressen? Mit einem ebenso großen Verlangen sollen auch wir an diesen Tisch treten und zur Brust des geistslichen Kelches, ja wir sollen mit noch größerer Sehnsucht als die Säuglinge die Gnade des Hl. Geistes trinken, und wir sollen nur einen Kummer kennen, von dieser Speise ausgeschlossen zu sein. Die hl. Handlung vor uns wird nicht durch Menschenmacht vollzogen. Er, der sie einst dort beim Abendmahl vornahm, verrichtet sie auch jetzt. Wir nehmen nur die Stelle von Dienern ein, er selbst aber ist es, der das Opfer heiligt und umgestaltet. Es sei daher kein Judas zugegen, keiner der geldgierig ist. Wenn einer kein Jünger ist, der entferne sich; solche Leute duldet dieser Tisch nicht. "Mit meinen Jüngern", sagt Christus, "halte ich das Ostermahl."Unser Tisch ist derselbe, wie jener, und bietet nicht weniger. Man darf nicht meinen, Christus habe nur jenen Tisch beim Abendmahl bereitet, diesen aber ein Mensch; nein, er bereitet auch diesen. Es ist derselbe Speisesaal, wie jener, in dem sie damals waren, von wo sie auf den Ölberg hinausgingen. Auch wir wollen hinausgehen, nämlich zu den Hürden der Armen; sie sind unser Ölberg. Die Schar der Armen sind die Ölbäume, die im Hause Gottes gepflanzt sind; sie träufeln das Öl, das uns im Jenseits von Vorteil ist, das die fünf klugen Jungfrauen besaßen, während die anderen, die keines mithatten, verloren gingen. Das müssen wir also besitzen, wenn wir hintreten wollen, um mit brennenden Lampen dem Bräutigam entgegenzugehen; das müssen wir besitzen, wenn wir von hinnen scheiden. Kein Unmensch, kein Grausamer und Herzloser nahe sich, keiner, der ganz unrein ist.



6.

Meine Worte gelten euch, die ihr teilnehmet und auch euch, die ihr die Geheimnisse austeilet.[639] . Ich sehe mich ja genötigt, auch an euch mich zu wenden, damit ihr diese Gnadengaben mit großer Sorgfalt spendet. Es würde euch keine kleine Strafe treffen, wenn ihr jemanden an dem Mahle teilnehmen ließet, von dem ihr wüßtet, dass er eine Sünde auf dem Herzen hat. Sein Blut wird von euren Händen gefordert werden. Und wäre es ein Feldherr, ein Minister, wäre er selbst mit der Krone geschmückt, weise ihn zurück, wenn er unwürdig naht; deine Gewalt ist größer als die seinige. Hätte man dir die Obhut eines Brunnens anvertraut, um das Wasser für die Herde rein zu halten, und du bemerktest ein Schaf, das am Maule mit viel Kot beschmutzt wäre, so würdest du nicht zulassen, dass es trinke und das Wasser trübe. Nun aber ist dir nicht ein Brunnen mit Wasser, sondern der Born des Blutes und Geistes anvertraut, und du wolltest nicht zürnen und wehren, wenn du Leute mit Sünden nahen siehst, die ärger sind als Kot und Schmutz? Wie könntest du Verzeihung erwarten? Dazu hat euch Gott mit diesem Ehrenamt ausgezeichnet, dass ihr hierüber urteilet. Das ist eure Würde, eure Sicherheit, eure ganze Krone, nicht dass ihr ein weißes, glänzendes Gewand traget. 

   Woher kann ich aber wissen, fragst du, wie der und jener ist? Nun, ich rede nicht von Unbekannten, sondern von Offenkundigen. Soll ich etwas Schrecklicheres sagen? Es ist nicht so schlimm, wenn Besessene, als wenn solche da sind, die nach Pauli Ausspruch Christum mit Füßen treten, das Blut des Bundes für etwas Gewöhnliches halten und die Gnade des Hl. Geistes verhöhnen. Wer mit einer Sünde hinzutritt, ist abscheulicher als ein Besessener. Ein solcher verdient deshalb, weil er besessen ist, noch keine Strafe, während der andere, der unwürdig hinzutritt, der ewigen Strafe überantwortet wird. Deshalb sollen wir nicht nur jene hinwegtreiben, sondern alle ohne Unterschied, die wir unwürdig hinzutreten sehen. Keiner nehme teil, der nicht ein Jünger Christi ist. Kein Judas empfange das Geheimnis, damit es ihm nicht gehe wie Judas. Auch solche Leute gehören zum Leibe Christi. Du Gehilfe bei den Geheimnissen, sieh dich darum vor, dass du den Herrn nicht erbitterst, wenn du diesen Leib nicht reinigest. Reiche nicht ein Schwert statt Speise. Auch wenn jemand aus Unwissenheit zur Teilnahme hintritt, wehre es ihm ohne Furcht. Gott, nicht einen Menschen sollst du fürchten. Wenn du einen Menschen fürchtest, wirst du auch von ihm verspottet werden; fürchtest du hingegen Gott, so werden dich auch die Menschen achten. Und wenn du dich selbst nicht getrauest, so wende dich an mich, ich werde einen solchen Frevel nicht zugeben. Eher will ich meine Seele verlieren, als das Blut des Herrn wider Gebühr preisgeben, und eher will ich mein Blut vergießen, als ungehörigerweise das hochheilige Blut hingeben. Wenn jemand trotz eifrigen Forschens nicht in Erfahrung bringt, dass einer schlecht ist, so trifft ihn kein Vorwurf. Denn meine Worte beziehen sich nur auf die Bekannten. Wenn wir diese bessern, wird uns der Herr bald auch die Verborgenen bekannt machen; lassen wir jene aber gehen, wozu sollte er uns dann diese zur Kenntnis bringen? Indessen, ich möchte durch meine Worte nicht bloß dazu anspornen, dass man Unwürdige abweise oder ausschließe, sondern vielmehr, dass man sie bessere, zurückführe und ihnen seine Sorgfalt zuwende. Auf diese Weise werden auch wir bei Gott Gnade erlangen, viele gewinnen, dass sie würdig teilnehmen und für den Eifer und die Sorge, die wir anderen zuwenden, reichlichen Lohn erwerben. Möge er uns allen zuteil werden durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus den die Ehre gebührt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!





Dreiundachtzigste Homilie. Kap.XXVI,V.36-50.

83 Mt 26,36-50
1.

V.36: "Dann kam Jesus mit ihnen in einen Meierhof, welcher Gethsemane heißt, und er sagte zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, indes ich dorthin gehe und bete. V.37: Und nachdem er den Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus mit sich genommen, fing er an zu trauern und zu bangen, V.38: und er sprach zu ihnen: Traurig ist meine Seele bis zum Tode, bleibet da und wachet mit mir." 

   Weil die Apostel unzertrennlich an Jesus hingen, deshalb sagt er: "Bleibet hier, indes ich dorthin gehe und bete." Er pflegte nämlich abseits von ihnen zu beten, und er tat dies, um uns die Lehre zu geben, beim Ge bet Ruhe und tiefe Einsamkeit zu suchen. Nur die drei Jünger nimmt er mit und spricht zu ihnen: "Meine Seele ist traurig bis zum Tode." Warum nimmt er nicht alle mit? Damit sie nicht niedergeschlagen würden; die drei konnte er beiziehen, weil sie Zeugen seiner Verklärung gewesen waren. Gleichwohl läßt er dann auch sie zurück. V.39: "Und nachdem er ein wenig vorwärtsgegangen, betete er und sprach: Mein Vater! wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; jedoch nicht, wie ich will, sondern wie Du willst. V.40: und er kam zu ihnen und fand sie schlafen; da sagte er zu Petrus: So vermochtet ihr nicht, eine Stunde mit mir zu wachen? V.41: Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist zwar willig, das Fleisch aber ist schwach." Nicht ohne Grund wendet er sich namentlich an Petrus, obschon auch die anderen schliefen; er will ihn aus dem früher erwähnten Grunde besonders treffen. Weil aber auch die anderen eben so wie Petrus geredet hatten<f>"als Petrus gesprochen hatte, heißt es: "Wenn ich auch mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht verleugnen", sprachen ebenso auch alle Jünger"<f>Mk 14.31</f> , deshalb wendet sich der Herr an alle und rügt ihre Schwäche. Sie, die sich anheischig gemacht hatten mitzusterben, waren nicht imstande zu wachen und an seiner Traurigkeit teilzunehmen; sie ließen sich vom Schlafe übermannen. 

   Der Herr betet inbrünstig, damit es nicht den Anschein gewinne, er stelle sich nur traurig. Aus demselben Grunde bricht ihm auch der Schweiß aus, damit die Irrlehrer nicht die Todesangst als Schein hinstellen könnten. Daher ist sein Schweiß wie Blutstropfen und es erscheint ein Engel, um ihn zu stärken, und zahllose andere Zeichen der Todesangst stellen sich ein, damit ja niemand behaupte, dieselbe sei nicht wirklich. Ebendarum betet er auch. Durch die Bitte: "Wenn es möglich ist, gehe der Kelch vorüber", bekundet er, dass er ein Mensch ist; in dem Beisatze:"Aber nicht wie ich will, sondern wie Du willst", offenbart er seine Tugend und Heiligkeit und gibt uns die Lehre, Gott zu folgen, auch wenn die Natur sich sträubt. Da es nicht genügt, den Unterständigen bloß sein Antlitz zu zeigen, fügt er auch Worte hinzu. Indes Worte genügten ebenfalls nicht, es bedurfte auch noch der Tatsachen. Auch sie verband er mit seinen Worten, um auch die Widerstrebendsten zur Überzeugung zu bringen, dass er Mensch geworden und gestorben ist. Wenn es trotz dieser Beweise noch Leute gibt, die nicht daran glauben, wieviel mehr wäre das ohne diese Beweise der Fall. Siehst du, wie sorgfältig er durch seine Reden, wie durch sein Leiden dartut, dass er wahrhaft Mensch geworden ist? Darauf kam er zu ihnen und "spricht zu Petrus: So vermochtest du nicht eine Stunde mit mir zu wachen?" Alle waren eingeschlafen, den Petrus aber tadelt er, um auf seine Beteuerungen anzuspielen. Auch die Worte: "mit mir" stehen nicht umsonst da. Der Herr wollte gleichsam sagen: Mit mir zu wachen warst du nicht imstande, und du willst dein Leben für mich geben? Auch das Folgende deutet auf dasselbe hin. "Wachet", sagt er, "und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet." Siehst du, wie er sie wieder unterweist, ja nicht auf sich selbst zu vertrauen, sondern eine geringe Meinung von sich zu hegen, sich zu demütigen und Gott alles zuzuschreiben? Bald wendet er sich an Petrus, bald an alle zusammen. Zu jenem sagt er: "Simon, Simon, Satan hat verlangt, euch sieben zu dürfen, aber ich habe für dich gebetet"<f>Lk 22,31</f> , zu allen miteinander: "Betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet"; überall sucht er sie vom Selbst vertrauen zu heilen und sie so kampfgerüstet zu machen. Um indessen seinen Worten den Anschein der Strenge zu nehmen, fährt er fort: "Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach." Wenn du auch, sagt er, den Willen hast, den Tod zu verachten, so wirst du es nicht imstande sein , wenn dir Gott nicht die Hand reicht; das Fleisch zieht nun einmal den Geist nieder. V.42: "Wieder zum zweiten Male betete er ebenso: Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann ohne dass ich ihn trinke, so geschehe Dein Wille." Damit gibt er zu erkennen,, dass er ganz in den Willen Gottes ergeben ist, und dass man jederzeit bestrebt sein müsse, ihm zu folgen. V.43: "Und er kam wieder und fand sie schlafend," 

   Abgesehen davon, dass es spät in der Nacht war, so waren ihre Augen auch durch die Traurigkeit beschwert. Und zum dritten Male ging er hin und sprach das gleiche; ein neuer Beweis, dass er Mensch war. Wenn etwas zweimal und dreimal geschieht, ist das in der Schrift eine besondere Bestätigung der Wahrheit. So sagte auch Joseph zu Pharao: "Zweimal ist dir das Traumgesicht erschienen? Zum Beweise der Wahrheit und dass du glauben sollst, dass alles so eintreten wird, ist es geschehen"<f>Gen 41,32</f> . Daher betete der Herr einmal und noch einmal und dann ein drittes Mal dasselbe Gebet, um seine Menschwerdung zu beglaubigen. Warum geht er dann wieder zu den Jüngern? Er wollte sie schelten, dass sie sich so sehr der Niedergeschlagenheit hingeben, dass sie nicht einmal seine Ankunft bemerkten. Er rügte sie indessen nicht, sondern blieb in einiger Entfernung stehen; er gibt dadurch zu verstehen, wie unbeschreiblich ihre Schwachheit war, dass sie trotz der Zurechtweisung sich nicht zu überwinden vermochten. Er läßt sie also schlafen, ohne sie wieder zu schelten, um ihnen in ihrer Niedergeschlagenheit nicht noch mehr wehe zu tun; er geht vielmehr weg, um zu beten, und sagte erst, als er wieder kam: V.45: "Ihr schlaft jetzt und ruhet." Freilich hätten sie zu der Zeit wachen sollen; aber er will zeigen, dass. sie nicht einmal den Anblick des Entsetzlichen ertragen können, sondern vor Angst fliehen und davonlaufen werden, dass er ferner ihrer Hilfe nicht bedurfte, dass er unbedingt überliefert werden mußte. V.45: "Ihr schlafet jetzt und ruhet. Sehet, nahe ist die Stunde, da der Menschensohn wird überantwortet in Sünderhände." Er gibt damit wieder zu verstehen, dass es so im Rate der Vorsehung beschlossen war.



2.

Nicht allein durch diesen Hinweis, sondern auch durch die Worte: "in die Hände der Sünder" sucht Jesus den Mut der Apostel aufzurichten; denn er zeigt ihnen damit, dass er keiner Sünde schuldig sei, sondern dass die Bosheit der Juden die Sache ins Werk setze. V.46: "Stehet auf und lasset uns gehen! Sehet, nahe ist der, welcher mich überantwortet." Immer wieder belehrt er sie, dass sein Leiden nicht eine Folge des Zwanges oder der Schwäche, sondern der Ausfluß eines geheimnisvollen Ratschlusses sei. Er wußte wohl, was ihm bevorstand, und doch floh er nicht, ja er ging ihnen sogar noch entgegen. V.47: "Noch während er redete, siehe, da kam Judas, einer von den zwölfen und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und Knütteln, gesendet von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes." Das ist eine schöne Ausrüstung für Priester; mit Schwertern und Prügeln rücken sie an. Und "Judas", heißt es, "einer von den zwölfen, war mit ihnen". Wieder bezeichnet ihn der Evangelist unbedenklich als einen von den zwölfen. V.48: "Der aber, welcher ihn verriet, gab ihnen ein Zeichen, indem er sagte: Welchen ich küssen werde, der ist es, ihn nehmet fest." O, welch eine Bosheit hatte doch in der Seele des Verräters platzgegriffen! Mit was für Augen sah er denn damals seinen Meister an? Mit was für einem Munde küßte er ihn? O diese Niederträchtigkeit! Was plante er? was unterfing er sich? was für ein Zeichen hat er für den Verrat angegeben? "Den ich küssen werde", sagt er. Er baute auf die Nachsicht des Meisters. Gerade das mußte ihn am meisten beschämen, ihn aber auch um jede Verzeihung bringen, dass er einen so milden Herrn verriet. 

   Warum hatte er aber dieses Zeichen angegeben? Weil Christus oft, obschon ergriffen, ihnen entgangen war, ohne dass sie es merkten. Auch dieses Mal wäre es so geschehen, wenn er gewollt hätte. Zum Beweise dafür blendet er auch jetzt ihre Blicke und fragt: Wen suchet ihr?"<f>Joh 18,4</f> . Sie kannten ihn nicht, trotzdem sie Laternen und Fackeln mithatten und Judas unter ihnen war. Als sie dann antworteten: "Jesum", erwiderte er: "Ich bin es, den ihr suchet"<f>Joh 18,5</f> . Darauf fragte er: V.50: " Freund, wozu bist du gekommen?" Erst nachdem er einen Beweis seiner Macht gegeben, ließ er sie ihr Vorhaben ausführen. Johannes berichtet, dass der Herr sogar jetzt noch Judas zu bessern suchte, indem er sagte: "Judas, mit einem Kusse verrätst du den Menschensohn?"<f>Lk 22,48<f>nicht bei Johannes</f> . Schämst du dich nicht einer solchen Art des Verrates? Da aber auch das ihn nicht abheilt, ließ er sich küssen und übergab sich ihnen willig; sie legten Hand an ihn und bemächtigten sich seiner in eben der Nacht, da sie das Osterlamm gegessen hatten; so groß war ihre Leidenschaft und Wut. Aber sie hätten gleichwohl nichts über ihn vermocht, wenn er sich ihnen nicht freiwillig überlassen hätte. Dadurch kann aber Judas doch nicht von der fürchterlichen Strafe befreit werden, sondern es verdammt ihn nur um so mehr, dass er trotz eines so klaren Beweises von der Macht, Nachsicht, Milde und Sanftmut Christi schlimmer war als das wildeste Tier. Da wir also die Ursache davon kennen, so lasset uns doch ja die Hab sucht fliehen. Sie, ja sie war es, die den Verräter außer sich brachte. Wen sie einmal ergriffen hat, den treibt sie zur äußersten Grenze der Grausamkeit und Unmenschlichkeit. Wenn sie schon zur Verzweiflung am eigenen Heile führt, um wieviel mehr zur Vernachlässigung des Heiles der anderen. Solche Gewalt übt diese Leidenschaft aus, dass sie manchmal sogar stärker wird als die heftigste sinnliche Liebe. Ich verhülle mein Antlitz darüber, dass es viele gibt, die ihre Geilheit im Zaume hielten, nur um Geld zu sparen, während die Furcht vor Christus nicht imstande war, sie zu einem enthaltsamen und züchtigen Leben zu bewegen. Fliehen wir demnach dieses Laster. Ich werde nie aufhören, das immer von neuem zu wiederholen. Was scharrst du auch Gold zusammen, o Mensch, weshalb machst du deine Knechtschaft noch härter, den Kerker noch empfindlicher, die Sorge noch schwerer? Stelle dir einmal vor, die Goldkörner, die in den Bergwerken ausgegraben werden, das Gold, das in Königspalästen liegt, sei alles dein. Wenn du nun auch diesen Haufen besäßest, du würdest ihn bloß hüten, ohne ihn zu verwenden; denn wenn du schon jetzt dein Vermögen nicht angreifst, als wäre es fremdes Eigentum, so würdest du es um so mehr so machen, wenn du noch mehr besäßest. Es ist ja eine Erfahrung, dass die Geizhälse nur um so emsiger sparen, je mehr sie erworben haben. Aber ich weiß doch, wendet man ein, dass es mein ist. Dein Besitz besteht also in einer Voraussetzung, nicht im Genusse. Allein, ich möchte mir vor der Welt Geltung verschaffen. Du bietest aber nur leichte Angriffspunkte für reich und arm, für Räuber und Gaukler, für Sklaven und überhaupt für jeden, der dir nachstellen will. Willst du in Geltung stehen, so entferne die Handhaben, an denen man dich fassen kann, wenn man darauf ausgehen sollte, dich zu kränken. Oder hast du nicht gehört, was das Sprichwort sagt: Einem Armen und Nackten vermögen hundert zusammen nichts zu rauben? Es steht ihm eben die mächtigste Beschützerin zur Seite, die Armut, die nicht einmal ein Herrscher überwinden oder fassen kann.



3.

Dem Habsüchtigen kann jeder wehe tun. Wozu sollte ich aber Menschen erwähnen, wo Motten und Würmer gegen ihn zu Felde ziehen? Würmer? Nein, auch wenn ihn sonst gar nichts behelligt, die Zeit allein genügt, ihm den größten Schaden zuzufügen. Welche Freude gewährt also der Reichtum? Ich sehe nur Widerwärtigkeiten, die er mit sich bringt: bietet er auch Annehmlichkeiten, so ist es an dir, sie mir zu nennen. Was für Widerwärtigkeiten sind das? fragst du. Sorgen, Nachstellungen Feindschaft, Haß, Angst, fortwährender Durst und Schmerz. Wie jemand aufs heftigste gefoltert wird, der ein geliebtes Mädchen umarmt, ohne seine Lust befriedigen zu können, so geht es auch dem Reichen. Er besitzt die Fülle und umfaßt sie, kann aber seine Lust nicht völlig stillen, sondern es geht ihm nach dem Spruch des Weisen: "Eines Verschnittenen Begierde, eine Jungfrau zu schänden" (Si 20,2),und: "wie ein Verschnittener, der eine Jungfrau umarmen will und seufzet" (Si 30,21), so geht es allen Reichen. Was soll man noch weiter sagen? Ist ein Geizhals nicht allen zuwider, den Dienern, den Bauern, den Nachbarn, den Staatsmännern, den Geschädigten und Nichtgeschädigten, am allermeisten seinem Weibe, noch mehr seinen Kindern? Er erzieht sie nicht wie Freie, sondern elender als Gefangene und Sklaven. Er macht sich bei tausend Gelegenheiten zum Gegenstande des Zornes, des Ärgers, der Ausgelassenheit und des Gelächters, allen ist er eine Zielscheibe des Spottes. Das sind so einige von den Widerwärtigkeiten[640] , und vielleicht gibt es deren noch mehr; man kann sie ja gar nicht alle schildern; die Erfahrung wird indessen Beispiele genug liefern können. Nun nenne du mir die Freuden des Geizes. Ich halte mich für reich, sagst du, und gelte dafür. Was bietet aber das für ein Vergnügen, wenn man dafür gilt? Es hat doch einen beneidenswerten schönen Klang. Einen Klang allerdings hat der Reichtum, aber auch nur einen Klang ohne Gehalt. 

   Aber dem Reichen tut es doch wohl, dass er für reich gehalten wird! Ja, er freut sich, aber an einer Sache, die ihm wehtun sollte. Wehtun? warum? fragst du. Weil er dadurch zu allem untauglich, feige und unmännlich wird, zum Wandern und zum Tode; das empfindet er doppelt schwer, da er am Gelde mehr als am Leben hängt. Einen Habsüchtigen freut auch der Himmel nicht, weil er kein Gold einträgt, noch die Sonne, weil sie keine goldenen Strahlen aussendet. Aber es gibt doch Leute, entgegnest du, die ihr Vermögen genießen in Üppigkeit, Schwelgerei, Trinkgelagen und prunkvollem Aufwand. Das sind nun gerade die Schlechtesten unter den Reichen, die du da andeutest; sie sind es eben, die von ihrem Hab und Gut keinen Genuß haben. Die anderen sind nur in eine Gier verstrickt, enthalten sich aber der übrigen Laster; diese hingegen sind elender, da sie zu der erwähnten noch das Gelichter anderer niederträchtiger Gebieterinnen fügen, bösen Tyrannen huldigen, wie dem Bauche, der Wollust, der Trunksucht und den anderen Zügellosigkeiten, und zwar Tag für Tag, da sie überdies Buhldirnen halten, prunkvolle Mahlzeiten geben, Schmarotzer und Schmeichler erkaufen, Liebschaften gegen die Natur unterhalten und infolgedessen in tausend Krankheiten an Leib und Seele verfallen. Sie verwenden ihre Habe nicht auf die Bedürfnisse, sondern zum Verderben des Leibes und gleichzeitig zum Untergange der Seele. Sie handeln wie ein Mensch, der meint, er verschaffe sich einen Genuß, wenn er seinen Leib schmückt. Nur der allein genießt Freude und ist Herr seines Vermögens, der den Reichtum gebraucht, wie es sich gehört. Die anderen sind nur Knechte und Sklaven, da sie die Leiden des Leibes und die Krankheiten der Seele nähren. Was soll da für ein Genuß möglich sein, wo Belagerung, Krieg und Sturm wütet, gefährlicher als alles Toben des Meeres? Wenn der Reichtum Unverständigen zufällt, macht er sie noch unverständiger, und Lüstlinge macht er noch wollüstiger. Was nützt aber, fragst du, dem Armen seine Einsicht? Das kannst du freilich nicht wissen. Der Blinde weiß eben nicht, was das Licht wert ist. Höre was Salomon sagt: "So groß der Unterschied ist zwischen Finsternis und Licht, so sehr ist der Weise dem Tor überlegen" (Qo 2,13). Wie sollen wir aber einen belehren, der in der Finsternis befangen ist? Finsternis ist nämlich die Liebe zum Gelde, da sie gar nichts so erscheinen läßt, wie es wirklich ist, sonders anders. Wie es nämlich im Finstern einerlei ist, ob man Gold oder Edelsteine oder Purpurgewänder sieht, weil man ihre Schönheit nicht wahrnimmt, so erkennt auch der Habsüchtige nicht die Schönheit des Erstrebenswerten, wie es nötig ist. Lichte einmal das Dunkel, das diese Leidenschaft verbreitet, dann wirst du das wahre Wesen der Dinge durchschauen. Nirgends tritt das so deutlich zu tage wie in der Armut, nirgends erweist sich der Schein so sehr als nichtig wie im Tugendleben.



4.

Was sind das dagegen für Toren. welche die Armen verwünschen und behaupten, die Armut schände Haus und Leben; alles bringe sie in Verwirrung! Was für eine Schande soll das für ein Haus sein? Sage mir's. Er hat kein Bett aus Ebenholz, keine Geräte aus Silber, alles nur von Ton und Holz? Ja, das ist aber doch der größte Ruhm und Glanz eines Hauses. Die Geringschätzung der Welt bringt es in der Regel mit sich, dass man seinen ganzen Eifer der Sorge für die Seele zuwendet. Sobald du nun findest, dass du auf das Äußere große Sorgfalt verwendest, dann schäme dich über eine solche Unschicklichkeit. Schicklichkeit vermißt man gerade am meisten in den Häusern der Reichen. Oder kann es eine größere Unschicklichkeit geben, als wenn man die Holzwände mit Teppichen überkleidet, die Betten mit Silber überzogen sieht, wie im Theater bei dem Flitter der Bühne? Welches Haus gleicht eher einem Theater und seiner Ausstattung? Das Haus eines Reichen oder das eines Armen? Offenbar das Haus eines Reichen. Ist das aber nicht etwas überaus Unschickliches? Welches Haus gleicht dem des Paulus, des Abraham? Doch gewiß das des Armen. Ein solches Haus ist also vor allem schmuck und gefällig. Damit du aber auch verstehen lernest, dass die Zierde eines Hauses vorzugsweise in der Armut liegt, tritt in das Haus des Zachäus und sieh, wie er es schmückte, als Christus es betreten wollte. Er eilte nicht zu den Nachbarn, um Türvorhänge, Lehnsessel und Stühle aus Ebenholz zu leihen, er holte aus dem Speicher keine Teppiche aus Lakedämon, sondern er schmückte es auf eine für Christus geziemende Weise. Was war das für ein Schmuck? "Die Hälfte meines Besitztums" sagt er, "gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden überfordert habe, gebe ich Vierfaches zurück" (Lc 19,8). Mit solchem Schmucke wollen auch wir unsere Häuser schmücken, damit auch bei uns Christus einkehre. Das sind schöne Türvorhänge, die werden im Himmel hergestellt, dort werden sie gewebt. Wo sie sind, da ist auch der König des Himmels. Wenn du anderen Schmuck anbringst, so lädst du den Teufel ein und seine Rotte. 

   Der Herr kam auch in das Haus des Zöllners Matthäus. Was tat nun dieser? Zuerst schmückte wer sich mit dem guten Willen, dann verließ er alles und folgte ihm nach. So schmückte auch Kornelius sein Haus mit Gebet und Almosen; daher strahlt es bis heute mehr als ein Königspalast. Nicht herumliegende Geräte, nicht ein unbesorgtes Bett, nicht rauchgeschwärzte Wände, sondern die Gottlosigkeit der Bewohner macht ein Haus verächtlich. Zeuge dafür ist Christus selbst; denn wofern der Bewohner nur tugendhaft ist, scheut er sich nicht, ein solches Haus zu betreten, während er in ein anderes keinen Fuß setzt, selbst wenn die Decke aus Gold wäre. So ist denn das eine glänzender als ein Königspalast, da es den Herrn des Alls beherbergt, das andere mit dem goldenen Dach und den Säulen gleicht Schmutzkanälen und Gossen, weil es Prunk des Teufels ent hält. Mein Tadel gilt aber nicht den Reichen, die standesgemäß leben, sondern den Habsüchtigen und Geldgierigen. Diese kennen nicht die sorgsame Bedachtnahme auf das Notwendige, sondern sie denken nur an Gastereien und Trinkgelage und ähnliche Schändlichkeiten; jene aber sehen auf Tugendhaftigkeit. Daher betrat Christus nie ein vornehmes Haus, wohl aber das Haus des Zöllners, des Oberzöllners und des Fischers; an dem Hofe und an den Palästen der reich Gekleideten ging er vorüber. Willst du ihn also zu dir einladen, so schmücke dein Haus mit Almosen, Gebet, Flehen und Nachtwachen. Das ist die Ausstattung für Christus, den König, das andere für Mammon, den Feind Christi. Es schäme sich daher niemand, dass er nur ein ärmliches Haus besitzt, wofern nur diese[641] Teppiche da sind. Kein Reicher bilde sich etwas ein, dass er einen Palast zu eigen hat, er schäme sich vielmehr, gebe die Pracht auf und trachte nach dem anderen Schmucke, damit er hienieden Christum beherbergen dürfe und im Jenseits in die ewigen Gezelte komme durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, dessen Ehre und Macht währt in alle Ewigkeit. Amen!






Kommentar zum Evangelium Mt 82