Benedikt XVI Predigten 107

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XXII. WELTJUGENDTAG

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

NACH DEM PALMSONNTAGSGOTTESDIENST AN DIE

ANWESENDEN PILGER, BESONDERS AN DIE JUGENDLICHEN Petersplatz, 1. April 2007



auf italienisch: Bevor wir diesen Gottesdienst abschließen, möchte ich einen herzlichen Gruß an die zahlreichen Pilger richten, die daran teilgenommen haben.

... auf französisch: An die französischsprachigen Pilger, die sich am heutigen Palmsonntag hier versammelt haben, und insbesondere an die Jugendlichen, die anläßlich des Weltjugendtages 2007 hierhergekommen sind, richte ich meinen herzlichen Gruß. Indem ihr die Worte Jesu: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34) in euch aufnehmt, sollt ihr Ihm eure Herzen öffnen und in der wahren Liebe wachsen durch die Nachfolge auf dem Weg des Kreuzes, das die Liebe Gottes zu allen Menschen vollständig offenbart!

auf englisch: An diesem Palmsonntag, an dem wir Jesus als unserem Vorbild der Demut und als unserem Messias und König zujubeln, heiße ich alle anwesenden englischsprachigen Pilger und Besucher herzlich willkommen. Ganz besonders begrüße ich alle jungen Menschen, die sich in Rom und überall auf der Welt zur Feier des Weltjugendtages versammelt haben. Die bedeutsamen Ereignisse der Karwoche, in der wir die Liebe in ihrer radikalsten Form offenbart sehen, mögen euch dazu anregen, mutige »Zeugen der Nächstenliebe « für eure Freunde, eure Gemeinschaften und unsere Welt zu sein. Auf jeden und jede von euch, die ihr hier seid, und auf eure Familien rufe ich den Segen Gottes, seinen Frieden und seine Weisheit herab.

auf deutsch: Ein herzliches »Grüß Gott« sage ich allen deutschsprachigen Pilgern und Besuchern, und ganz besonders den vielen jungen Menschen, die am heutigen Palmsonntag den XXII. Weltjugendtag feiern. Wie die Jünger, so lädt Jesus auch uns zur Nachfolge ein: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34). Lassen wir die Liebe Christi, die in seiner Leidensgeschichte so deutlich aufscheint, in unserem Leben sichtbar werden. Der Herr geleite euch alle durch diese heilige Woche!

auf spanisch: Von Herzen grüße ich die Pilger aus dem spanischen Sprachraum, besonders euch, liebe Jugendliche, die ihr so zahlreich an dieser Feier des Weltjugendtages teilgenommen habt. Sein Leitwort lautet: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34). Mit großer Freude und Begeisterung habt ihr dieses neue Gebot Christi angenommen; Er sendet euch aus als seine Zeugen gegenüber euren Altersgenossen. Habt keine Angst davor, ihm treu nachzufolgen in Erinnerung an die Worte der Jungfrau Maria, die zu unserem Herzen spricht: »Was er euch sagt, das tut«.

auf portugiesisch: Liebe Jugendliche portugiesischer Sprache, euer Jubel und Hosanna für Christus ist gebührend und recht: Er ist der Gott, der alle rettet. Er rettete durch seinen Tod, er starb liebend, und liebend ist er auferstanden. Heute ist er sichtbar im Herzen, das Ihm gehorcht und so liebt, wie Er geliebt hat: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34).

Liebe Freunde, geht und segnet die Erde mit der Liebe Christi, die aus euren Herzen strömt! … auf polnisch: Ganz herzlich begrüße ich alle Polen und besonders die jungen Teilnehmer am Weltjugendtag. Das Gebot Christi: »Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben« (Jn 13,34) sei für uns das wichtigste. Ich wünsche euch allen, die Karwoche intensiv zu leben und zur Freude des Osterfestes zu gelangen. Gott segne euch!

Der Papst sagte abschließend auf italienisch: Schließlich begrüße ich euch, liebe Brüder und Schwestern italienischer Sprache, vor allem die jungen Menschen, die anläßlich des Weltjugendtages hierhergekommen sind. Euch allen wünsche ich eine an geistlichen Früchten reiche Karwoche, und ich lade euch dazu ein, sie in tief innerer Verbindung mit der Jungfrau Maria zu erleben. Von Ihr lernen wir die innere Stille, den Blick des Herzens, den liebevollen Glauben, um Jesus nachzufolgen auf dem Weg des Kreuzes, der zum freudvollen Licht der Auferstehung führt.

AUDIENZ MIT SEINER EMINENZ, KARDINAL FRIEDRICH WETTER

UND DEM MÜNCHNER DOMKAPITEL

ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI. Montag, 16. April 2007



Lieber Herr Kardinal,
lieber Herr Domkapitular, liebe Freunde!

Es ist so viel zu danken, daß ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Und wo das Herz voll ist, geht der Mund unter Umständen über, kann aber manchmal auch verstummen. In diesem Augenblick fehlen mir die Worte, um so Dank zu sagen, wie ich es von innen her gern möchte. Ich möchte Dir, lieber Mitbruder, ganz herzlich danken für alles, was Du in diesen ganzen langen Jahren als Erzbischof von München gegeben hast – Deine ganze Kraft, Deinen Glauben, Deine Liebe, Deine Erkenntnis, Deinen Mut und Deine Freundschaft. Ich glaube, die Erzdiözese spürt es und weiß, daß sie von einem guten Hirten gelenkt worden ist. Und wir bitten den lieben Gott in diesen Stunden darum, daß er uns hilft, den Rechten zu finden, der den Hirtenstab des heiligen Korbinian in die Hände nimmt.

Ich möchte vor allen Dingen ganz herzlich danken für alles, was ich während der schönen Tage des Besuches in Bayern – besonders in München und Freising – an Liebe, an Zuwendung, an sorgfältiger Vorbereitung, an Hingebung und natürlich an gemeinsamem Gebet erfahren durfte. Diese Tage – von dem Anfang auf dem Flughafen und besonders auf dem Marienplatz an, im Münchner Dom, im Freisinger Dom, auf dem Messeplatz und im Bischofshaus selber – stehen ganz leuchtend in meinem Gedächtnis. Der Mensch braucht helfende Erinnerungen. Ich mache immer wieder dankbare Wanderungen in der Landschaft der Erinnerungen, und da wandere ich ganz besonders gern auch in diesen gesegneten Tagen herum.

Ich danke Euch allen, liebe Mitbrüder: Mit jedem verbindet mich in irgendeiner Weise eine besondere persönliche Beziehung; ich brauche und kann das jetzt nicht aufzählen. Ich weiß, wie Sie, jeder an seinem Ort, für die Erzdiözese, für die Kirche Gottes, Dienst tun in der tiefen Gemeinschaft mit dem, der nun zum Nachfolger des Petrus bestimmt worden ist. Ich weiß, wie sozusagen ein ganzer Lebensweg und die Hingabe eines Lebens, das Ringen und Mühen eines Daseins in Ihrem Wirken eingeborgen ist und auf die Erzdiözese ausstrahlt, dazu hilft, daß Sie in der Gemeinschaft der Kirche, in der Gemeinschaft mit dem Herrn und in der Gemeinschaft mit Unserer Lieben Frau von München den Glauben leben können und ihn freudig in die kommende Zeit hinein weitergeben dürfen. Sie sind ja das Metropolitankapitel Unserer Lieben Frau – welch schöner Name, der eben die Metropolis, die Mutterstadt des Glaubens mit der Mutter des Glaubens selbst verbindet und so die Wärme und die Herzlichkeit des Glaubens in unser bayerisches Land hineinträgt.

Ich hatte zwei ermutigende Gespräche an diesem Morgen: zum einen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten, zum andern mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, die doch beide von je verschiedenen Herkünften und ganz verschiedenen Temperamenten her diese innere Gewißheit ausgedrückt haben, daß der Glaube Zukunft öffnet und daß in diesem Moment der Begegnung der Kulturen und auch des drohenden Konflikts zwischen den Kulturen ganz wichtig ist, daß die innere, versöhnende und heilende Kraft des christlichen Glaubens in unserem Volk lebendig bleibt und damit als Kraft des Guten in die Zukunft hineinwirkt.

Und noch eine andere gute Begegnung gab es an diesem Morgen, nämlich mit dem Metropoliten Ioannis Zizioulas von Pergamon, der als Abgesandter des Patriarchen von Konstantinopel hier war und zu den großen Trägern des katholisch-orthodoxen Dialogs gehört. Er ist von einer tiefen inneren Überzeugung getragen, daß die Begegnung wischen Rom und der Orthodoxie von grundlegender Bedeutung für den europäischen Kontinent und für die Zukunft der Weltgeschichte ist; daß wir alles tun müssen, damit diese Begegnung wirklich zur brüderlichen Gemeinschaft führt und aus ihr der Segen der Gemeinschaft des Glaubens kommt: der Segen, daß die Menschen sehen können, daß wir eins sind und von da her Christus zu glauben vermögen. – Ich denke, das ist unser aller Sendung: daß jeder an seinem Platz sich dafür einsetzt, daß die Kraft des Glaubens in dieser Welt wirksam wird, wirksam als Freude, als Zuversicht, als Gabe in diesem Augenblick.

Danke noch einmal für die Münchner Begegnung, für die Begegnung in diesem Augenblick. Und wir beten miteinander, daß der Herr uns – jedem einzelnen von uns – hilft, das Rechte zu tun und daß so unsere Geschichte gesegnet sein möge. Herzlich Vergelt’s Gott für alle, und grüßen Sie Bayern!
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KONZERT ZU EHREN DES HL. VATERS

ANLÄSSLICH SEINES 80. GEBURTSTAGES

Audienzenhalle

Montag, 16. April 2007

Meine Herren Kardinäle,

verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde!

Am Schluß dieses wunderbaren Konzertes, das uns das Radio-Sinfonieorchester des SWR Stuttgart zur Erbauung unseres Geistes geschenkt hat, möchte ich Sie alle zunächst ganz herzlich grüßen. Ich danke Herrn Minister Willi Stächele und dem Intendanten des Südwestrundfunks, Herrn Prof. Peter Voß, für die freundlichen Worte, die sie zu Beginn an mich gerichtet haben.

Ich habe ihr großes musikalisches Geschenk – diese wunderschöne Geburtstagsgabe aus dem Südwesten Deutschlands – gerne und freudig angenommen, zumal Baden-Württemberg mit einer wichtigen und prägenden Station in meinem Leben verbunden ist. Der Herr Minister hat ja schon an meine heimatlichen Wurzeln erinnert. Ich denke in der Tat gerne an die Jahre in Tübingen zurück, an den intellektuellen und wissenschaftlichen Austausch an dieser großen Universität und an die vielen kostbaren menschlichen Begegnungen, die dort stattgefunden haben und von denen die eine oder andere in den nachfolgenden Jahrzehnten weitergeführt werden konnte und weiterwirkt. Nun möchte ich aber vor allem den Künstlern des heutigen Abends danken, Ihnen, den Musikern des Stuttgarter Radio-Sinfonieorchesters des SWR, die Sie uns allen mit Ihrem Können ein echtes Erleben der inspirierenden Kraft großer Musik geschenkt haben. Ich danke dem Dirigenten, Gustavo Dudamel, und der Solistin, Hilary Hahn, und Ihnen allen, meine Damen und Herren! Daß die Sprache der Musik universal ist, sehen wir an den Menschen ganz unterschiedlicher kultureller und religiöser Herkunft, die sich von ihr ergreifen und gewissermaßen führen lassen und die sich zu ihren Interpreten machen.

Diese Universalität der Musik wird heute besonders betont durch die elektronischen und digitalen Kommunikationsmittel. Wie viele Menschen in den verschiedensten Ländern haben die Möglichkeit, zuhause an dieser Musikaufführung teilzunehmen oder auch sie anschließend erneut zu hören! Ich bin davon überzeugt, daß die Musik – und hier denke ich vor allem an den großen Mozart und heute abend natürlich an die wunderbare Musik von Gabrieli und das majestätische »Aus der Neuen Welt« von Dvorák – wirklich die universale Sprache der Schönheit ist und die Fähigkeit hat, die Menschen guten Willens auf der ganzen Erde untereinander zu vereinen und sie dazu zu führen, den Blick in die Höhe zu richten und sich für das absolute Gute und Schöne zu öffnen, die ihre letzte Quelle in Gott selbst haben. Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, danke ich Gott dafür, daß er mir die Musik gleichsam zur Wegbegleiterin gegeben hat, die mir immer Trost und Freude geschenkt hat. Ich danke auch den Menschen, die mir seit den ersten Jahren meiner Kindheit diese Quelle der Inspiration und der inneren Freude nahegebracht haben. Ich danke denen, die Musik und Gebet im wohlklingenden Lob Gottes und seiner Werke vereinen: Sie helfen uns, den Schöpfer und Erlöser der Welt – die das wundervolle Werk seiner Hände ist – zu verherrlichen. Das ist mein Wunsch: daß die Größe und die Schönheit der Musik auch Ihnen, liebe Freunde, neue und beständige Inspiration schenken möge, um eine Welt der Liebe, der Solidarität und des Friedens aufzubauen. Dazu rufe ich auf uns, die wir an diesem Abend im Vatikan zusammengekommen sind, und auf alle, die mit uns über Radio und Fernsehen verbunden sind, den beständigen Schutz Gottes herab, jenes Gottes der Liebe, der in unseren Herzen immer die Flamme des Guten zu entzünden und mit seiner Gnade zu nähren wünscht. Er, der Herr des neuen und endgültigen Lebens, dessen Sieg wir in dieser Osterzeit voll Freude feiern, segne Sie alle!

Ich danke Ihnen erneut für Ihre Anwesenheit und für die Glückwünsche. Allen wünsche ich eine gute Osterzeit! Danke!
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PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

BEI DER ANKUNFT IN VIGEVANO Zentralbalkon des bischöflichen Sitzes

Piazza Sant' Ambrogio, Vigevano

Samstag, 21. April 2007

Liebe Brüder und Schwestern,


ich freue mich, bei euch zu sein, und danke euch für euren herzlichen und festlichen Empfang. Als ich aus dem Hubschrauber stieg, habe ich gleichsam das Echo der Glocken aller Kirchen der Diözese gehört, die zu Mittag ihr Festtagsgeläut erklingen ließen, um mir eine vielstimmige Begrüßung zu bereiten. Auch für dieses Zeichen der Zuneigung bin ich euch dankbar. Meine erste Begegnung hatte ich mit den Kindern aus den Schulen und Sportvereinen, die zu meiner Begrüßung ins Stadion gekommen sind. Auf dem Weg habe ich dann sehr viele Menschen gesehen. Dank sei allen und jedem einzelnen. Hier in Vigevano, der einzigen Diözese der Lombardei, die mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. nicht besucht hat, wollte ich diese Pastoralreise innerhalb Italiens beginnen. So als würde ich den von ihm zurückgelegten Weg wieder aufnehmen, um weiter den Männern und Frauen des geliebten Italien die alte und immer wieder neue Botschaft zu verkünden, die in dieser österlichen Zeit besonders kraftvoll erschallt: Christus ist auferstanden! Christus lebt! Christus ist heute und immer bei uns!

Ich begrüße den Bürgermeister dieser Stadt, dem ich für die freundlichen Willkommensworte danke, die er im Namen der Stadtgemeinde an mich gerichtet hat. Meinen herzlichen Dank spreche ich allen aus, die auf verschiedene Weise an der Vorbereitung und Durchführung meines Besuches mitgewirkt haben, auf den ihr euch besonders durch das Gebet vorbereitet habt. Ein besonderes Gedenken widme ich den Sühneschwestern von der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, mit denen ich vorhin zusammengetroffen bin; ihre betende Präsenz ist für die ganze Diözese eine ständige Aufforderung, immer intensiver über die Bedeutung der Eucharistie, Zentrum und Höhepunkt des Lebens der Kirche nachzudenken. Diese lieben Schwestern, die ihr ganzes Leben dem Herrn geweiht haben, möge meine Ermunterung und Dankbarkeit erreichen. Sodann begrüße ich die Kranken, und während ich mich an euch wende, die ihr hier anwesend seid, gehen meine Gedanken auch an all jene, die in den Dörfern und Städten der Diözese leiden, die sich in Schwierigkeiten befinden oder sich ausgegrenzt fühlen. Der mütterliche Schutz der seligen Jungfrau sei für jeden und jede von ihnen Hilfe und Trost in der Prüfung.

Einen besonderen Gruß richte ich nun an euch, liebe Jugendliche, die ihr auf diesem Platz versammelt seid, während ich alle jungen Menschen in Vigevano und Lomello im Geiste umarme. Liebe Freunde, der auferstandene Christus erneuert an jeden von euch seine Einladung, ihm nachzufolgen. Zögert nicht, euch ihm anzuvertrauen: Begegnet ihm, hört auf ihn, liebt ihn mit eurem ganzen Herzen; in der Freundschaft mit ihm werdet ihr die wahre Freude erfahren, die dem Leben Sinn und Wert verleiht.

Liebe Brüder und Schwestern, ich wäre gern der Einladung nachgekommen, meinen Aufenthalt in eurer Diözese zu verlängern, aber das ist mir nicht möglich, und so erlaubt mir nun, daß ich jeden Bewohner dieser Stadt und der Vikariate von Mortara, Garlasco, Mede und Cava Manara in eine große Umarmung einschließe. Wenn wir uns in Kürze geistig alle zur Eucharistiefeier um den Altar versammeln, werden wir zum auferstandenen Herrn dafür beten, daß der Besuch des Nachfolgers Petri in jedem Mitglied eurer Diözesangemeinschaft einen erneuerten geistlichen Eifer wecken möge. Mit diesem Wunsch erteile ich allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.


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PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

GRUSSWORTE VON BENEDIKT XVI.

AN DIE JUGENDLICHEN DER DIÖZESE PAVIA Domplatz, Pavia

Samstag, 21. April 2007

Liebe Brüder und Schwestern,


nachdem ich diesen Nachmittag in Vigevano verbracht habe, bin ich nun hier bei euch in Pavia, auf diesem Platz mit dem majestätischen und eindrucksvollen Dom aus dem 15. Jahrhundert im Hintergrund. In dieser Kirche werden wie in einem Schrein seit Jahrhunderten die sterblichen Überreste des hl. Syrus, eures ersten Bischofs (3./4. Jh.), sorgsam gehütet. Zur Zeit sind diese Reliquien vorübergehend in der Karmelitenkirche untergebracht. Ich danke euch allen dafür, daß ihr mich erwartet und so warmherzig empfangen habt. Bei dieser ersten Begegnung möchte ich die Frau Bürgermeisterin und den Minister Mastella begrüßen, denen ich für die herzlichen Worte danke, die sie an mich gerichtet haben. Ich begrüße auch die anderen anwesenden zivilen Autoritäten. Einen besonderen Gruß richte ich an den Hirten der Diözese, Bischof Giovanni Giudici, und zusammen mit ihm grüße ich die Priester, die Ordensfrauen und Ordensmänner und alle, die sich aktiv der pastoralen Arbeit widmen.

Mit einem besonders herzlichen Wort möchte ich mich an euch, liebe Jugendliche, wenden, die ihr so zahlreich zu meiner ersten Begegnung mit eurer Diözese hierhergekommen seid. Ihr seid deren Hoffnung und Zukunft: Ich bin deshalb glücklich, meinen ersten Besuch mit euch zu beginnen. Vielen Dank für die so zahlreiche Anwesenheit. Ich komme heute abend zu euch, um erneut etwas zu verkünden, das immer jung ist, um euch eine Botschaft anzuvertrauen, die, wenn sie gehört wird, das Leben verwandelt, erneuert und erfüllt. Diese Botschaft verkündet die Kirche in dieser österlichen Zeit mit besonderer Freude: Der auferstandene Christus lebt unter uns! Auch heute! So viele eurer Altersgenossen, liebe Jugendliche, sind ihm im Laufe der Geschichte begegnet und seine Freunde geworden! Sind ihm treu gefolgt und haben mit ihrem Leben Zeugnis gegeben von seiner Liebe!

Habt also keine Angst, Christus euer Leben zu schenken: Er enttäuscht unsere Erwartungen niemals, weil er weiß, was in unserem Herzen ist. Wenn ihr ihm in Treue folgt, wird es euch nicht schwerfallen, die Antwort auf die Fragen zu finden, die ihr im Herzen tragt: »Was soll ich tun? Welche Aufgabe erwartet mich im Leben?« Die Kirche, die euren Einsatz braucht, um insbesondere euren Altersgenossen die Botschaft des Evangeliums zu überbringen, unterstützt euch auf dem Erkenntnisweg des Glaubens und der Liebe zu Gott und zu den Brüdern. Die Gesellschaft, die in unserer Zeit von zahllosen sozialen Veränderungen gekennzeichnet ist, erwartet euren Beitrag, um ein weniger egoistisches und immer solidarischeres gemeinschaftliches Zusammenleben aufzubauen, das wirklich von den großen Idealen der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Friedens beseelt wird.

Das ist eure Sendung, liebe junge Freunde! Laßt uns arbeiten für Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität und die wahre Freiheit. Es begleite euch der auferstandene Christus und zusammen mit ihm die Jungfrau Maria, seine und unsere Mutter. Durch ihr Beispiel und ihre beständige Fürsprache helfe euch die Muttergottes, in den Augenblicken des Mißerfolgs nicht den Mut zu verlieren und immer dem Herrn zu vertrauen. Ich danke euch nochmals von Herzen für eure Anwesenheit und segne euch alle herzlich. Gute Nacht und auf Wiedersehen bis morgen!


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PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

BESUCH DES KLINIKUMS "SAN MATTEO" IN PAVIA


AN DIE LEITUNG, DAS MEDIZINISCHE PERSONAL

UND DIE KRANKEN MIT IHREN ANGEHÖRIGEN Innenhof des Klinikums, Pavia

Sonntag, 22. April 2007

Liebe Brüder und Schwestern!


Im Programm der Pastoralreise nach Pavia durfte dieser Besuch im Klinikum »San Matteo« nicht fehlen, um euch, liebe Kranke, zu treffen, die ihr nicht nur aus der Provinz Pavia, sondern aus ganz Italien kommt. Jedem von euch bekunde ich meine persönliche Nähe und Solidarität, und im Geiste umarme ich auch alle Kranken, die Leidenden und Menschen in Not, die in eurer Diözese leben, sowie diejenigen, die sich liebevoll um sie kümmern. Mein Wort der Ermutigung und Hoffnung möge sie alle erreichen. Einen respektvollen Gruß richte ich an den Präsidenten des Klinikums, Herrn Alberto Guglielmo, und ich danke ihm für die herzlichen Worte, die er soeben an mich gerichtet hat. Mein Dank geht auch an die Ärzte, die Pfleger und an alle, die Tag für Tag hier arbeiten. Einen anerkennenden Gedanken richte ich an die Kamillianerpatres, die mit lebendigem pastoralen Einsatz den Kranken jeden Tag den Trost des Glaubens bringen, wie auch an die Schwestern der Vorsehung, die nach dem Vorbild ihres Gründers, des hl. Luigi Scrosoppi, einen hochherzigen Dienst ausüben. Ein Wort des Dankes, das von Herzen kommt, sage ich der Vertreterin der Kranken, und mit großer Zuneigung denke ich auch an ihre Angehörigen, die Stunden banger oder hoffnungsvoller Erwartung mit ihren Lieben verbringen.

Das Krankenhaus ist ein Ort, den wir in gewisser Weise als »heilig« bezeichnen können, ein Ort, wo die Schwäche der menschlichen Natur erfahrbar wird, aber auch das enorme Potential und die Ressourcen des menschlichen Geistes sowie der technischen Möglichkeiten im Dienst am Leben. Das Leben des Menschen! Wie sehr man es auch erforschen mag, dieses große Geschenk bleibt stets ein Geheimnis. Ich weiß, daß dieses Krankenhaus, das Klinikum »San Matteo«, in dieser Stadt und im restlichen Italien wohlbekannt ist, vor allem wegen einiger hochmoderner Behandlungsmethoden. Hier bemüht ihr euch um die Linderung des Leidens der Menschen mit der Absicht, die Gesundheit wieder völlig herzustellen. Sehr oft gelingt dies auch dank der jüngsten wissenschaftlichen Errungenschaften. Hier werden wirklich ermutigende Ergebnisse erzielt. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, daß der notwendige wissenschaftliche und technologische Fortschritt ständig begleitet wird von dem Bewußtsein, daß zusammen mit dem Wohl des Kranken auch die grundlegenden Werte wie die Achtung und Verteidigung des Lebens in jeder Phase gefördert werden müssen, von denen die wahre Qualität des menschlichen Zusammenlebens abhängt.

Wenn ich nun bei euch bin, so denke ich spontan an Jesus, der im Laufe seines irdischen Daseins stets eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber den Leidenden gezeigt hat, indem er sie heilte und ihnen die Möglichkeit der Rückkehr in ein Leben mit familiären und sozialen Kontakten schenkte, was durch die Krankheit beeinträchtigt war. Ich denke auch an die erste Christengemeinde, in der – wie wir dieser Tage in der Apostelgeschichte lesen – die Predigttätigkeit der Apostel von vielen Heilungen und Wundern begleitet war. Die Kirche folgt dem Beispiel ihres Herrn und zeigt eine besondere Vorliebe gegenüber den Menschen, die leiden, und – wie der Herr Präsident gesagt hat – sie sieht im Leidenden Christus selbst. Unaufhörlich bietet sie den Kranken die nötige Hilfe an, die technischen Mittel und die menschliche Liebe, denn sie weiß sich berufen, die Liebe und Fürsorge Christi zu diesen Menschen und zu denen, die sie umsorgen, zum Ausdruck zu bringen. Der technische und technologische Fortschritt und die menschliche Liebe müssen immer zusammenwirken!

Mit besonderer Aktualität erklingt außerdem an diesem Ort das Wort Jesu: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan« (Jn 25,40 Jn 25,45). In jeder von einer Krankheit gepeinigten Person ist es Er selbst, der auf unsere Liebe wartet. Gewiß, der Mensch lehnt das Leid ab. Es entspricht aber immer der Wahrheit, daß sich dieses Leid in eine wertvolle Gelegenheit verwandelt, wenn es in Liebe angenommen und vom Glauben erleuchtet wird, weil es auf geheimnisvolle Weise mit dem Erlöser Christus, dem Schmerzensmann, verbindet, der am Kreuz den Schmerz und Tod des Menschen auf sich genommen hat. Durch das Opfer seines Lebens hat Er das menschliche Leid erlöst und es zum grundlegenden Heilswerkzeug gemacht. Liebe Kranke, vertraut die Beschwerden und Qualen, die ihr auf euch nehmen müßt, dem Herrn an, dann werden sie in seinem Plan zu Mitteln der Läuterung und Erlösung für die ganze Welt. Liebe Freunde, ich versichere euch alle meines Gedenkens im Gebet. Während ich die selige Jungfrau Maria, »Salus infirmorum« – »Heil der Kranken«, anrufe, auf daß sie euch und eure Familien, die Leiter, die Ärzte und die gesamte Krankenhausgemeinschaft beschütze, spende ich allen von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.


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PASTORALBESUCH IN VIGEVANO UND PAVIA

BEGEGNUNG MIT DER WELT DER KULTUR


"Cortile Teresiano" der Universität von Pavia
Sonntag, 22. April 2007

Sehr verehrter Herr Rektor,

verehrte Professoren, liebe Studenten!

Auf meiner wenn auch kurzen Pastoralreise nach Pavia durfte ein Aufenthalt in dieser Universität, die seit Jahrhunderten ein bezeichnender Bestandteil eurer Stadt ist, nicht fehlen. Ich freue mich daher, bei euch zu sein für diese Begegnung, der ich einen besonderen Wert beimesse, da ich selbst aus der akademischen Welt komme. Ich grüße mit herzlicher Ehrerbietung die Professoren und an erster Stelle den Rektor, Prof. Angiolino Stella, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er an mich gerichtet hat. Ich grüße die Studenten, insbesondere den jungen Mann, der die Empfindungen der anderen Universitätsstudenten zum Ausdruck gebracht hat. Er hat mir Gewißheit gegeben über den Mut zur Hingabe an die Wahrheit, den Mut, über die Grenzen des Bekannten hinaus zu forschen und nicht vor der Schwachheit der Vernunft zu kapitulieren. Und ich bin sehr dankbar für diese Worte. Ich schließe in meinen Gruß und meine guten Wünsche auch diejenigen ein, die zu eurer akademischen Gemeinschaft gehören und die heute nicht hier anwesend sein konnten.

Eure Universität ist eine der ältesten und berühmtesten italienischen Universitäten, und – ich wiederhole, was der Herr Rektor bereits gesagt hat – zu den Dozenten, die ihr Ehre verschafft haben, zählen Persönlichkeiten wie Alessandro Volta, Camillo Golgi und Carlo Forlanini. Gern rufe ich auch in Erinnerung, daß diese Universität Dozenten und Studenten hatte, die sich auszeichneten durch ihr überragendes geistliches Format. Zu ihnen gehören Michele Ghislieri, der spätere Papst Pius V., der hl. Karl Borromäus, der hl. Alessandro Sauli, der hl. Riccardo Pampuri, die hl. Gianna Beretta Molla, der sel. Contardo Ferrini und der Diener Gottes Teresio Olivelli.

Liebe Freunde, jede Universität hat von ihrem Wesen her eine gemeinschaftliche Berufung: In der Tat ist sie eine »universitas«, eine Gemeinschaft von Dozenten und Studenten, die sich der Suche nach der Wahrheit und dem Erwerb hoher kultureller und fachlicher Kompetenz widmen. Die Zentralität der Person und die gemeinschaftliche Dimension sind zwei Pole, die beide gleichermaßen wesentlich sind für eine wirkungsvolle Gestaltung der »universitas studiorum«. Jede Universität sollte stets ihre Eigenschaft als Studienzentrum bewahren, das »auf den Menschen zugeschnitten ist«, in dem der Student als Person vor der Anonymität geschützt ist und einen fruchtbaren Dialog mit den Dozenten pflegen kann, aus dem er Anregungen erhält für sein kulturelles und menschliches Wachstum.

Diesem Ansatz entspringen einige praktische Aspekte, die miteinander verbunden sind. Zunächst einmal ist es sicher, daß die Aufsplitterung der Fächer in Spezialgebiete nur dann überwunden und eine einheitliche Sicht des Wissens zurückgewonnen werden kann, wenn der Mensch in den Mittelpunkt gestellt wird und der Dialog sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Wertschätzung erhalten. Die Fachbereiche neigen natürlich, und auch zu recht, zur Spezialisierung, während die Person Einheit und Synthese braucht. Zweitens ist es von grundlegender Bedeutung, daß die wissenschaftliche Forschung sich der existentiellen Sinnfrage für das Leben des Menschen öffnen kann. Die Forschung ist auf Erkenntnis ausgerichtet, während der Mensch auch die Weisheit braucht, jenes Wissen also, das im »Zu-leben-wissen« zum Ausdruck kommt. Drittens kann nur durch die Wertschätzung des Menschen und der zwischenmenschlichen Beziehungen der didaktische Umgang zum erzieherischen Verhältnis, zu einem Weg menschlichen Heranreifens werden. Die Struktur nämlich begünstigt das Mitteilen, während die Personen den Austausch suchen.

Ich weiß, daß es diese Aufmerksamkeit gegenüber dem Menschen, seiner ganzheitlichen Lebenserfahrung und seinem Streben nach Gemeinschaft in der Pastoralarbeit der Kirche in Pavia im kulturellen Bereich sehr wohl gibt. Das bezeugt die Arbeit der christlich geprägten Universitätskollegien. Unter diesen möchte auch ich das »Collegio Borromeo« erwähnen, das auf Wunsch des hl. Karl Borromäus entstand, mit Gründungsbulle Papst Pius’ IV., sowie das »Collegio Santa Caterina«, das von der Diözese Pavia gegründet wurde auf Wunsch des Dieners Gottes Paul VI., mit maßgeblichem Beitrag durch den Heiligen Stuhl. Wichtig ist in diesem Sinne auch die Arbeit der Pfarrgemeinden und der kirchlichen Bewegungen, insbesondere des »Centro Universitario Diocesano« und der »FUCI«: Ihre Arbeit ist darauf ausgerichtet, den Menschen in seiner Gesamtheit anzunehmen, harmonische Wege für die menschliche, kulturelle und christliche Bildung vorzuschlagen und Raum zu bieten für Austausch, Diskussion und Gemeinschaft. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Studenten und Dozenten einzuladen, sich nicht nur als Gegenstand pastoraler Aufmerksamkeit zu fühlen, sondern aktiv teilzunehmen und ihren Beitrag zu leisten zum christlich geprägten »kulturellen Projekt «, das die Kirche in Italien und in Europa fördert.

Bei dieser Begegnung mit euch, liebe Freunde, denke ich unwillkürlich an den hl. Augustinus, der zusammen mit der hl. Katharina von Alexandrien Mitpatron dieser Universität ist. Augustinus’ existentieller und intellektueller Weg bezeugt das fruchtbare Zusammenwirken von Glaube und Kultur. Der hl. Augustinus war ein Mensch, der beseelt war vom unermüdlichen Wunsch, die Wahrheit zu finden, herauszufinden, was das Leben ist, zu wissen, wie man leben soll, den Menschen kennenzulernen. Und eben aufgrund seiner Leidenschaft für den Menschen hat er notwendigerweise Gott gesucht, weil nur im Licht Gottes auch die Größe des Menschen, die Schönheit des Abenteuers, Mensch zu sein, vollends aufscheinen kann. Dieser Gott schien ihm anfangs sehr weit entfernt zu sein. Dann hat er ihn gefunden: Dieser große, unnahbare Gott ist nahe geworden, ist einer von uns geworden. Der große Gott ist unser Gott, ist ein Gott mit einem menschlichem Antlitz. So hat der Glaube an Christus seiner Philosophie, seinem intellektuellen Mut kein Ende gesetzt, sondern er hat ihn im Gegenteil gedrängt, weiter nach den Tiefen des Menschseins zu suchen und anderen zu helfen, gut zu leben und das Leben, die Kunst zu leben, zu finden. Das war für ihn die Philosophie: zu leben wissen mit der ganzen Vernunft, mit der ganzen Tiefe unseres Denkens und unseres Wollens und sich führen lassen auf dem Weg der Wahrheit, der ein Weg des Mutes, der Demut, der ständigen Läuterung ist. Der Glaube an Christus hat Augustinus’ ganzes Suchen zum Abschluß gebracht, zum Abschluß in dem Sinne jedoch, daß er stets unterwegs geblieben ist. Es heißt sogar: Auch in der Ewigkeit wird unser Suchen nicht beendet sein; es wird ein ewiges Abenteuer sein, neue Herrlichkeiten, neue Schönheiten zu entdecken. Er hat das Psalmwort: »Sucht sein Antlitz allezeit« ausgelegt und gesagt: Das gilt für die Ewigkeit; und die Schönheit der Ewigkeit ist, daß sie keine statische Realität ist, sondern ein unendliches Fortschreiten in der unendlichen Schönheit Gottes. So konnte er Gott finden – als gründende Vernunft, aber auch als die Liebe, die uns umarmt, die uns führt und die der Geschichte und unserem persönlichen Leben Sinn verleiht.

Heute morgen hatte ich Gelegenheit zu sagen, daß diese Liebe zu Christus seinem persönlichen Einsatz Form gegeben hat. Von einem durch die Suche geprägten Leben ist er zu einem Leben hinübergewechselt, das ganz Christus hingegeben war – und somit zu einem Leben für die anderen. Er hat entdeckt – das war seine zweite Bekehrung –, daß die Bekehrung zu Christus bedeutet, nicht für sich selbst zu leben, sondern wirklich im Dienst aller zu stehen. Der hl. Augustinus möge uns, gerade auch der akademischen Welt, Vorbild für einen Dialog zwischen Vernunft und Glauben sein, Vorbild für einen umfassenden Dialog, der allein die Wahrheit und somit auch den Frieden suchen kann. Mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. sagte in der Enzyklika Fides et ratio: »Dem Bischof von Hippo gelang es, die erste große Synthese des philosophischen und theologischen Denkens zu erstellen, in die Strömungen des griechischen und lateinischen Denkens einflossen. Auch bei ihm wurde die große Einheit des Wissens, deren Ausgangspunkt und Grundlage das biblische Denken war, von der Gründlichkeit des spekulativen Denkens bestätigt und getragen« (Nr. 40). Ich rufe also die Fürbitte des hl. Augustinus an, damit die Universität von Pavia sich stets auszeichnen möge durch eine besondere Aufmerksamkeit gegenüber dem Menschen, durch eine betont gemeinschaftliche Dimension in der wissenschaftlichen Forschung und durch einen fruchtbaren Dialog zwischen Glauben und Kultur. Ich danke euch für eure Anwesenheit, und mit den besten Wünschen für eure Studien erteile ich euch allen meinen Segen, in den ich eure Familienangehörigen und alle euch nahestehenden Menschen einschließe.

AN DIE TEILNEHMER DER AUSSERORDENTLICHEN SYNODE

DER SYRISCH-KATHOLISCHEN KIRCHE Samstag, 28. April 2007



Seligkeit,
Verehrte Brüder!

»Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (1Co 1,3). Mit diesen Worten, die der Völkerapostel an die Christen der Gemeinde von Korinth richtet, empfange und begrüße ich euch alle zum Abschluß eurer Zusammenkunft.

Dem Auftrag gemäß, den Christus dem Apostel Petrus und seinen Nachfolgern erteilt hat, drängte mich die Sorge um alle Kirchen dazu, eure außerordentliche Synode einzuberufen, die von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in meinem Namen geleitet wurde; ich begrüße den Kardinal und danke ihm herzlich. Danken möchte ich ebenso Seiner Seligkeit und einem jeden von euch für eure aktive Teilnahme an den Arbeiten der Synode und für eure hochherzige Mitwirkung an der Lösung der Probleme und Schwierigkeiten, auf welche die verdienstvolle syrisch-katholische Kirche seit einiger Zeit stößt.

Als ich euch zu dieser außerordentlichen Versammlung einberief, war es meine alleinige Absicht, die jahrhundertelangen Bande, die eure Kirche mit dem Apostolischen Stuhl verbinden, immer intensiver wiederzubeleben und euch gleichzeitig die Wertschätzung und Sorge zu bekunden, die der Bischof von Rom für jeden von euch hegt, Hirten eines Teiles des Gottesvolkes, der zwar nicht groß, aber alt und bedeutend ist.

Mein Gruß geht auch an eure Mitarbeiter, an erster Stelle an die Priester und Diakone, sowie an alle Mitglieder der syrisch-katholischen Kirche.

Die Liturgie der Osterzeit, in der wir gerade stehen, lädt uns ein, unseren Blick und unser Herz auf das fundamentale Ereignis des christlichen Glaubens zu richten: den Tod und die Auferstehung Christi.

Die Apostelgeschichte, die wir in diesen Tagen lesen, führt uns den Weg der entstehenden Kirche vor Augen, einen Weg, der nicht immer leicht ist, aber reich an apostolischen Früchten. Von Beginn an fehlte es weder an Feindseligkeiten und Verfolgungen von außen noch an Gefahren von Spannungen und Widerständen innerhalb der Gemeinden selbst.

Trotz dieser Schatten und der Schwierigkeiten verschiedener Art, mit denen sich die ersten Christen auseinandersetzen mußten, hat sie dennoch das glanzvolle Licht des Glaubens der Kirche an Jesus Christus nie im Stich gelassen.

Die von den Aposteln und ihren Mitarbeitern geleitete, von einem außerordentlichen Mut und einer inneren Kraft beseelte Kirche hat von ihren ersten Schritten an den kostbaren Schatz der Einheit und Gemeinschaft ungeachtet der Unterschiede von Personen, Sprachen und Kulturen zu bewahren vermocht.

Verehrte Brüder, während die außerordentliche Synode zu Ende geht, an der ihr im Wissen um die Schwierigkeiten teilgenommen habt, die euch während all dieser Jahre Sorge bereitet haben und die ihr zu überwinden sucht, denke ich voll Dankbarkeit an meinen verehrten Vorgänger, Papst Johannes Paul II., der euch auf so vielfältige Weise nahe war. Er hat euch zugehört, er ist mit euch zusammengetroffen und er hat euch unermüdlich mehrfach, insbesondere mit seinem Brief vom August 2003, ermahnt, euch unter Mitwirkung aller um die Einheit und Versöhnung zu bemühen.

Was mich betrifft, so habe ich das Werk, das er begonnen hatte, mit meinem Brief vom Oktober 2005 in gleicher Weise fortgesetzt, da ich tief davon überzeugt bin, daß wie in der Morgenstunde des Christentums auch heute jede Gemeinde aufgerufen ist, ein klares Zeugnis der Brüderlichkeit zu geben.

Es ist ergreifend, in der Apostelgeschichte zu lesen: »Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele« (Ac 4,32). In dieser gegenseitigen Liebe, die Geschenk des Heiligen Geistes ist, liegt das Geheimnis der apostolischen Wirksamkeit.

In diesen Tagen habt ihr, liebe und verehrte Brüder, über die Möglichkeit nachgedacht, die Hindernisse zu überwinden, die den normalen Ablauf eures kirchlichen Lebens beeinträchtigen. Ihr seid euch dessen voll bewußt, was notwendig, ja unverzichtbar ist.

Das Amt, das der Herr euch in seiner Herde anvertraut hat, erfordert es; das Wohl der syrisch-katholischen Kirche erfordert es. Auch die besondere Situation im Nahen Osten und das Zeugnis, das die katholischen Kirchen in ihrer Einheit geben können, erfordern es.

Möge in euren Herzen die von Traurigkeit erfüllte Mahnung des Paulus an die Gläubigen von Korinth widerhallen: »Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch; seid ganz eines Sinnes und einer Meinung« (1Co 1,10).

In unserer Zeit gibt es sehr viele Herausforderungen, denen sich die christlichen Gemeinden in allen Teilen der Welt stellen müssen, während unzählige Gefahren und Fallstricke die Werte des Evangeliums zu verschleiern drohen.

Was eure Kirche betrifft, so stellen die Gewalttätigkeiten und Konflikte, die in einem Teil der euch anvertrauten Herde auftreten, zusätzliche Schwierigkeiten dar, die nicht nur das friedliche Miteinander, sondern sogar das Leben der Menschen gefährden.

In dieser Situation ist es wichtig, daß die syrisch-katholische Kirchengemeinschaft das Evangelium kraftvoll verkünden, eine auf die Herausforderungen der Postmoderne eingestellte Pastoral fördern und ein leuchtendes Beispiel der Einheit in einer zerrissenen und gespaltenen Welt geben kann.

Verehrte Brüder, das Zweite Vatikanische Konzil hebt hervor, daß die katholischen Ostkirchen in Antwort auf das Gebet Christi »ut unum sint«, daß alle eins seien, dazu aufgerufen sind, bei der Förderung des ökumenischen Weges eine besondere Rolle zu spielen, vor allem durch »ihre Gebete, das Beispiel ihres Lebens, die ehrfürchtige Treue gegenüber den alten ostkirchlichen Überlieferungen, eine bessere gegenseitige Kenntnis und Zusammenarbeit sowie brüderliche Wertschätzung des äußeren und inneren Lebens der anderen« (Dekret Orientalium Ecclesiarum OE 24).

Da gibt es noch ein letztes Element, das, zusammen mit den vom interreligiösen Dialog vorgegebenen Erfordernissen, euch dazu drängen muß, die apostolische Sendung, die der Herr eurer Kirche anvertraut hat, mit Zuversicht auszuüben. Erst gestern hat uns die lateinische Liturgie die ergreifende Episode von der Bekehrung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus hören lassen. Auch ihr seid heute aufgerufen, mit Enthusiasmus, mit Vertrauen und mit Ausdauer die Missionstätigkeit des Apostels Paulus fortzusetzen, indem ihr den Spuren des hl. Ignatius von Antiochien, des hl. Ephraim und eurer anderen Schutzheiligen folgt.

Maria möge immer Fürsprache für euch einlegen und euch schützen, sie, die ihr unter dem Titel »Unsere Liebe Frau von der Befreiung« verehrt.

Mit diesen Empfindungen versichere ich euch meiner und meiner Mitarbeiter vollen Unterstützung und erteile euch, die ihr hier anwesend seid, dem Patriarchen und den Mitgliedern eurer Synode, sowie allen Gläubigen des syrischkatholischen Ritus einen besonderen Apostolischen Segen.

Mai 2007


AN DIE BISCHÖFE DER INTERNATIONALEN BISCHOFSKONFERENZ DER HLL. CYRILL UND METHODIUS Freitag, 4. Mai 2007

Verehrte Mitbrüder im bischöflichen Dienst!


»Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben, damit ihr reich werdet an Hoffnung in der Kraft des Heiligen Geistes« (Rm 15,13). Voll Freude empfange ich euch mit diesen Worten aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer: Ja, der Gott der Hoffnung erfülle euch mit seinen himmlischen Tröstungen!

Mit diesem Wunsch umarme ich brüderlich jeden einzelnen von euch, liebe Hirten eines mir besonders lieben Teils der Herde des Herrn! Ihr kommt aus verschiedenen Ländern, die unterschiedliche Volksgruppen, Kulturen und Sprachen haben, deren kirchliche Gemeinschaften aber in demselben von den Aposteln überlieferten Glauben an den auferstandenen Christus verbunden sind. Seid willkommen! Ich begrüße jeden von euch, während ich für die freundlichen Worte herzlich danke, die Erzbischof Stanislav Hocevar an mich gerichtet hat; er ist Präsident eurer Internationalen Bischofskonferenz der hll. Cyrill und Methodius, die im Dezember 2004 von meinem Vorgänger, dem Diener Gottes Johannes Paul II., errichtet wurde. Euer Präsident hat die gemeinschaftlichen Gefühle zum Ausdruck gebracht, die euch mit dem Nachfolger Petri verbinden; ich danke euch. Dieses Haus ist auch euer Haus; in ihm könnt ihr die Katholizität der Kirche Christi erfahren, die ihre Zelte bis an die äußersten Grenzen der Erde ausweitet. Zum Abschluß eures Besuches »ad limina Apostolorum« spreche ich euch erneut meinen herzlichen Dank aus, den ihr, so bitte ich, auch an eure Gemeinden weiterleitet, auf deren Unterstützung im Gebet ich vertrauensvoll zähle. Versichert allen – den Priestern, den Ordensleuten, den Kindern und Jugendlichen, den alten Menschen und den Familien –, daß der Papst ihnen nahe ist und sie jeden Tag dem Herrn empfiehlt. Ich fordere alle auf, in der Einheit, in der gegenseitigen Offenheit und im brüderlichen Geist zu verharren.

Verehrte Mitbrüder, die verschiedenen Länder und die vielfältigen sozialen und religiösen Kontexte, in denen eure Gläubigen stehen, haben viele Auswirkungen auf ihr Leben als Christen. Ich denke z.B. an die Ehe zwischen Eheleuten unterschiedlicher Konfession oder Religion, die von euch, liebe Hirten, eine besondere geistliche Fürsorge und eine harmonischere Zusammenarbeit auch mit den übrigen christlichen Kirchen erfordert. Ich denke darüber hinaus auch an die religiöse Erziehung der jungen Generationen, für die im Rahmen der Schulprogramme gebührend zu sorgen ist. Notwendig ist auch der Hinweis auf den für das kirchliche Leben wesentlichen Aspekt, der die Ausbildung der Priester und ihre geistliche Begleitung in dem genannten plurikonfessionellen Kontext betrifft. Ich weiß, daß in Subotica ein Priesterseminar geplant ist: Ich befürworte von Herzen diese Initiative wegen des guten Dienstes, den sie den verschiedenen Diözesen leisten könnte. Es ist notwendig, den Seminaristen zu helfen, mit der klaren Einsicht zu wachsen, daß der Priester »alter Christus« ist, der eine innige Verbindung mit Jesus pflegen soll, wenn er seine Sendung ganz erfüllen und sich nicht als einfacher »Funktionär« einer kirchlichen Organisation betrachten will. Der Priester steht voll und ganz im Dienst der Kirche, eines lebendigen und geistlichen Organismus, der seine Kräfte nicht aus nationalistischen, ethnischen oder politischen Elementen schöpft, sondern aus dem Wirken Christi, der in seinen Dienern gegenwärtig ist. Denn der Herr wollte, daß seine Kirche für alle offen ist; die Apostel haben sie so seit den ersten Schritten des Christentums erbaut und die Märtyrer haben mit ihrem Blut für die Heiligkeit und »Katholizität« der Kirche Zeugnis abgelegt. Die Tradition hat im Laufe der Jahrhunderte ihren Charakter der Universalität unverändert bewahrt, während sie sich verbreitet hat und mit unterschiedlichen Sprachen, Rassen, Nationalitäten und Kulturen in Berührung gekommen ist. Ihr könnt diese Einheit der Kirche in der Vielfalt täglich erfahren.

Liebe, verehrte Mitbrüder, in diesen Tagen hatte ich Gelegenheit, die Wirklichkeit eurer Diözesen besser kennenzulernen; sie sind oft als kleine Herde in weite Räume mit ethnischer, kultureller und religiöser Vielfalt eingebettet. Deshalb ist eure Sendung nicht leicht! Aber mit der Hilfe des Herrn und in Fügsamkeit gegenüber seinem Geist ermutigt alle eurer Hirtensorge anvertrauten Gläubigen, unermüdlich »Sauerteig« des Evangeliums zu sein, der die Gesellschaft durchwirkt. Auf diese Weise könnt ihr gemeinsam gemäß der Mahnung des Apostels Petrus Zeugnis von der Hoffnung geben, die euch erfüllt (vgl. 1P 3,15). Ihr werdet das verwirklichen dank einer steten Treue zu Christus, einer eifrigen Praxis der Sakramente und einer hochherzigen apostolischen Hingabe. Zu diesem Zweck wird es notwendig sein, jedes Glied des Volkes Gottes mit einzubeziehen, indem ihr jedes verfügbare Mittel, das in den verschiedenen Sprachen der Bevölkerung bereitgestellt ist, zur christlichen Bildung nutzt.

Eine solche gemeinsam geteilte pastorale Tätigkeit wird gewiß auch wohltuende Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Bereich mit sich bringen. Denn rechte, dem Evangelium gemäß geformte Gewissen sehen sich leichter dazu angespornt, eine Gesellschaft in einer menschlichen Dimension zu bauen. Eine falsch verstandene Modernität neigt heute dazu, übermäßig die Bedürfnisse des einzelnen auf Kosten der Pflichten hervorzuheben, die jeder Mensch gegenüber Gott und der Gemeinschaft hat, der er angehört. Es ist zum Beispiel wichtig, die rechte Auffassung von der zivilen und öffentlichen Verantwortlichkeit ins Licht zu rücken, denn gerade aus dieser Sicht erwächst der Einsatz für die Achtung der Rechte des einzelnen und für eine überzeugte Integration der eigenen Kultur, im gemeinsamen Streben nach Gemeinwohl.

Die Vorsehung hat eure Völker in den Kontext eines europäischen Kontinents gestellt, der in diesen Jahren umstrukturiert wird. In diesen geschichtlichen Prozeß fühlen sich auch eure Kirchen einbezogen, da sie wohl wissen, daß sie ihren besonderen Beitrag dazu leisten können. Leider fehlt es nicht an Hindernissen: der durch die wirtschaftliche Situation bedingte Mangel an zur Verfügung stehenden Mitteln sowie die Spärlichkeit der katholischen Kräfte könnten euch entmutigen. Es ist nicht leicht, das schwere Erbe des mehr als vierzigjährigen Einheitsdenkens zu vergessen, das soziale Verhaltensweisen verursacht hat, die nicht von der Freiheit und persönlichen Verantwortlichkeit geprägt waren; zugleich ist es schwer, den Versuchungen des westlichen Materialismus mit den Gefahren des Relativismus und ethischen Liberalismus, des Radikalismus und politischen Fundamentalismus zu widerstehen. Verliert nicht den Mut, sondern eint vielmehr eure Kräfte, und setzt euer Werk geduldig fort in der Gewißheit, daß man mit der Hilfe Gottes eines Tages die Früchte ernten wird, die er selbst gemäß seinen geheimnisvollen Heilsplänen reifen lassen wird.

In diesem Augenblick drängt es mich, euch zu versichern, daß der Papst euch nahe ist und euch ermutigt, im Vertrauen auf die Hilfe des Herrn, des guten Hirten, voranzuschreiten. Liebe Mitbrüder, seid euren Gläubigen stets nahe: Sie brauchen weise Lehrer, heilige Hirten, sichere Führer, die ihnen durch ihr Beispiel auf dem Weg der vollen Zustimmung zu Christus vorangehen. Seid einig unter euch, kümmert euch um die Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben; tragt Sorge für die Mitarbeiter in der Pastoral; ruft die Laien auf, im zivilen und kirchlichen Bereich die Verantwortlichkeiten zu übernehmen, die ihnen entsprechend dem Geist von Gaudium et spes zukommen, damit sie fähig sind, ein harmonisches, wirklich katholisches Zeugnis zu geben. Der Herr hat euch in engste Nähe zu den orthodoxen Brüdern gestellt. Als Glied eines Leibes sucht jede mögliche Zusammenarbeit im Dienst des einen Reiches Gottes. Nicht fehlen darf die Bereitschaft, auch mit den anderen christlichen Konfessionen und mit jedem Menschen guten Willens bei der Förderung dessen zusammenzuarbeiten, was für die Verbreitung der Werte des Evangeliums von Nutzen sein kann.

Liebe und verehrte Mitbrüder, ich wollte in unserer Begegnung einige Aspekte des Lebens eurer Gemeinschaften herausstellen, die sich aus unseren einzelnen Begegnungen ergeben haben. Indem ich mich von euch verabschiede, bekräftige ich euch nochmals meine Zuneigung und versichere euch meines Gebets. Während ich den himmlischen Schutz Marias, der Königin der Apostel, und der hll. Cyrill und Methodius, der Patrone eurer Internationalen Bischofskonferenz, erbitte, erteile ich euch von Herzen den Apostolischen Segen, in den ich gerne alle Gläubigen einschließe, die eurer Hirtensorge anvertraut sind.

AN DIE PÄPSTLICHE SCHWEIZERGARDE Samstag, 5. Mai 2007

Herr Kommandant, liebe Schweizergardisten!


Es ist mir eine wirkliche Freude, anläßlich der Vereidigung der neuen Schweizergardisten bei Ihnen zu sein. Zuallererst richte ich an jeden von Euch, liebe neue Hellebardiere, meinen herzlichen Gruß, der darüber hinaus allen Schweizergardisten gilt, und ich danke Euch, daß Ihr Euch entschieden habt, einige Jahre Eurer Jugend dem Dienst für den Papst und seine engsten Mitarbeiter zu widmen. Dank sage ich auch Eurem Kommandanten für alles, was er tut, damit Ihr Euren Dienst in der rechten Weise vollbringen könnt. Ich begrüße Euren Kaplan sowie Eure Eltern und Angehörigen, die ehemaligen Schweizergardisten und die Freunde, die zugegen sein wollten bei einem für den Apostolischen Stuhl so bedeutenden Akt, wie es eben die Vereidigung der neuen Schweizergardisten ist.

Die Gedenkfeiern zum fünfhundertsten Jahrestag der Gründung des Korps der Päpstlichen Schweizergarde, die im vergangenen Jahr unter großer Anteilnahme der Bevölkerung stattfanden, sind mir in lebendiger Erinnerung. Diese Feiern haben dazu beigetragen, den Ursprung, die Geschichte und den Wert Eures Korps und des bedeutenden Zeugnisses bekannt zu machen, das Ihr seit über 500 Jahren für die Kirche ablegt. Tatsächlich begann ja alles, als am 22. Januar 1506 eine Truppe von 150 Mann im Vatikan ankam, die mein Vorgänger Julius II. von der „Oberalemannischen Eidgenossenschaft“ erbeten hatte. Von diesem Tag an bis in unsere Zeit hinein ist die Geschichte Eurer Wachtruppe mit den Ereignissen und dem Leben der Kirche und besonders der Päpste tief verwoben. Es ist eine lange Geschichte der Treue und des großherzigen Dienstes, der stets mit Hingabe, gelegentlich bis zum heldenmutigen Opfer des eigenen Lebens, geleistet wurde. Dieser wertvolle Einsatz hat Euch zu Recht die Wertschätzung und das Vertrauen aller Päpste eingebracht, die in Eurer Garde stets Hilfe, Unterstützung und Schutz gefunden haben. Vergelt’s Gott, liebe Freunde, für diese Eure stille, aber wirksame Anwesenheit an der Seite des Papstes, und danke für die Professionalität und auch für die Liebe, mit der Ihr Eure Aufgabe erfüllt.

Der Papst fuhr in französischer Sprache fort: Eure Sendung besteht nicht nur in einer professionellen Leistung, sie ist auch eine wahre Mission im Dienst Christi und seiner Kirche. Im neuen Reglement der Päpstlichen Schweizergarde, das ich im letzten Jahr anläßlich des 500. Jubiläums ihrer Gründung approbiert habe, steht, daß »sich die Schweizergardisten in jeder Situation als gute Christen und vorbildliche Soldaten erweisen« müssen (Art. 73) und weiter, daß »sie sich von allem fernhalten müssen, was dem Glauben, der christlichen Moral und den Pflichten des eigenen Standes widerspricht. Sie müssen mit einem einfachen und maßvollen Lebensstil den Eigenheiten und Traditionen der Garde immer treu bleiben« (Art. 75). Es wird noch hinzugefügt, daß sie, »mit dem Ziel, eine wahre Gemeinschaft zu bilden, … auf der persönlichen Ebene einen Geist christlicher Solidarität pflegen und gegenseitig leben müssen, welcher dazu dient, die Seelengemeinschaft zu bewahren und zu fördern« (Art. 77). Wie leicht zu sehen ist, handelt es sich um sehr genaue und konkrete Hinweise, im Hinblick darauf, den Plan Gottes zu erfüllen, den er für jeden von Euch hat, er, der Euch berufen hat, ihm in dieser verdienstvollen Institution zu dienen. Letztendlich beruft Euch der Herr zur Heiligkeit, das heißt dazu, seine Jünger zu sein, die immer bereit sind, auf seine Stimme zu hören, seinen Willen zu tun und dies zu verwirklichen in der täglichen Erfüllung Eurer Pflichten. Das wird dazu beitragen, aus Euch »gute Christen« und zugleich »vorbildliche Soldaten « zu machen, die beseelt sind vom Geist des Evangeliums, der aus jedem Getauften einen »Sauerteig« macht, der fähig ist, den ganzen Teig aufgehen zu lassen, und ein »Licht«, das die Umgebung, in der er lebt und arbeitet, erleuchtet und erwärmt.

Der Heilige Vater schloß auf italienisch: Der Herr möge Euch helfen, liebe Freunde, Eure besondere Sendung vollkommen zu verwirklichen, indem Ihr jeden Tag »acriter et fideliter«, mutig und treu, Eure Arbeit tut. Fahrt deshalb fort, Euren Geist mit dem Gebet und dem Hören des Wortes Gottes zu nähren; nehmt andächtig an der heiligen Messe teil und pflegt eine kindliche Hingabe an Maria. Ruft Eure Heiligen Patrone Martin, Sebastian und Nikolaus von Flüe, »defensor pacis et pater patriae«, an und ahmt sie nach, damit sie Euch vom Himmel her beistehen und Ihr »dem Papst und seinen rechtmäßigen Nachfolgern treu, redlich und ehrenhaft dienen« könnt, wie jeder von Euch in der Eidesformel schwört. Ich meinerseits spreche Euch erneut meinen Dank für Euren Einsatz aus sowie meine guten Wünsche insbesondere für die neuen Schweizergardisten. Allen und jedem einzelnen erteile ich von Herzen meinen Segen, in den ich gerne auch Eure Familien und alle einschließe, die Euch nahestehen.

AN DIE TEILNEHMER DER TAGUNG DES

OBERSTEN RATES DER PÄPSTLICHEN MISSIONSWERKE UND

AM WELTKONGRESS DER "FIDEI-DONUM"-MISSIONARE Clementina-Saal

Samstag, 5. Mai 2007




Herr Kardinal,
verehrte Brüder im Bischofs- und Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich besonders, mit euch nach der Eucharistiefeier zusammenzutreffen, der Kardinal Ivan Dias, Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, vorstand. Ihm gelten zunächst meine Gedanken, während ich ihm herzlich für die Worte danke, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Mein Gruß geht auch an den Sekretär und die Mitarbeiter des Missionsdikasteriums, an die anwesenden Bischöfe und Priester, die Ordensmänner und Ordensfrauen und an alle jene, die an dem Kongreß teilgenommen haben, der in den vergangenen Tagen zum 50. Jahrestag der Veröffentlichung der Enzyklika Fidei donum des Dieners Gottes Papst Pius XII. stattgefunden hat.

Fünfzig Jahre sind vergangen, seitdem mein verehrter Vorgänger angesichts der Entwicklung der Zeitumstände und des Erscheinens neuer Völker und Nationen auf der Bühne der Geschichte mit weitblickender pastoraler Weisheit erkannt hat, daß sich neue und von der Vorsehung gewollte Horizonte und missionarische Wege für die Verkündigung des Evangeliums in Afrika eröffneten. In der Tat hatte Pius XII. besonders Afrika im Blick, als er mit prophetischer Eingebung an jenes neue missionarische »Subjekt« dachte, das von den Anfangsworten der Enzyklika den Namen »Fidei donum« erhielt. Er wollte, neben den herkömmlichen Formen, zu einer weiteren Art missionarischer Zusammenarbeit zwischen den sogenannten »alten« christlichen Gemeinden und jenen Gemeinden, die in den Gebieten der Neuevangelisierung gerade erst entstanden oder im Entstehen begriffen waren, ermutigen: das heißt, erstere wurden aufgefordert, den »jungen« Kirchen als Hilfe und zum vielversprechenden Wachstum einige Priester zu senden, die für eine bestimmte Zeit mit den Bischöfen vor Ort zusammenarbeiten sollten. So schrieb Papst Pacelli: »Wenn wir einerseits die unzähligen Scharen unserer Söhne und Töchter betrachten, die vor allem in den Ländern alter christlicher Tradition am Gut des Glaubens teilhaben, und auf der anderen Seite die zahlenmäßig noch viel größere Masse derjenigen sehen, die noch immer auf die Botschaft des Heils warten, spüren wir das brennende Verlangen, euch, ehrwürdige Brüder, aufzufordern, die heilige Sache der Ausbreitung der Kirche in der Welt mit eurem Eifer zu unterstützen. Gebe Gott, daß infolge unseres Appells der missionarische Geist tiefer in das Herz aller Priester eindringe und durch ihren Dienst alle Gläubigen entflamme!« (AAS XLIX [1957], 226).

Ein zweifaches Ziel beseelte also den verehrten Papst: Einerseits wollte er in jedem Glied des christlichen Volkes eine neue missionarische »Flamme« entzünden und andererseits eine bewußtere Zusammenarbeit zwischen den Diözesen alter Tradition und den Regionen der ersten Evangelisierung fördern. Die Aufforderung von Pius XII. ist in diesen fünf Jahrzehnten von allen meinen Vorgängern wiederholt bekräftigt worden, und auch dank des Impulses, der vom II. Vatikanischen Konzil ausging, hat sich die Zahl der »Fidei donum«-Priester vervielfacht, die, manchmal unter nicht geringen Opfern für ihre Heimatdiözesen, zusammen mit Ordensleuten und freiwilligen Laien in die Mission nach Afrika und in andere Gegenden der Welt gegangen sind. Ich möchte hier diesen unseren Brüdern und Schwestern, von denen einige für die Verbreitung des Evangeliums ihr Leben gelassen haben, meinen besonderen Dank zum Ausdruck bringen. Wie ihr sehr wohl wißt, hinterläßt die missionarische Erfahrung in dem, der sie vollzieht, ein unauslöschliches Zeichen und trägt gleichzeitig dazu bei, jene kirchliche Gemeinschaft zu stärken, die bewirkt, daß sich alle Getauften als Glieder der einen Kirche, des mystischen Leibes Christi, fühlen. Im Laufe dieser Jahrzehnte sind die missionarischen Kontakte und der Austausch, auch dank der Entwicklung und Vermehrung der Kommunikationsmittel, ausgeweitet und intensiviert worden, so daß die Kirche praktisch mit jeder Zivilisation und Kultur in Kontakt gekommen ist. Andererseits stellte der Gabenaustausch zwischen alten und neu gegründeten Kirchengemeinden eine gegenseitige Bereicherung dar und hat das Wachsen des Bewußtseins gefördert, daß alle »Missionare« sind, das heißt, daß alle, wenn auch auf verschiedene Weise, in die Verkündigung und in das Zeugnis des Evangeliums mit einbezogen sind.

Während wir dem Herrn für den gegenwärtigen missionarischen Einsatz danken, können wir gleichzeitig nicht die Schwierigkeiten übersehen, die heute in diesem Bereich auftreten. Ich beschränke mich darauf, besonders auf den zahlenmäßigen Rückgang und die Überalterung des Klerus in den Diözesen, die einst Missionare in ferne Länder entsandten, hinzuweisen. Im Zusammenhang mit einer verbreiteten Krise der Priesterberufungen stellt das sicher eine Herausforderung dar, mit der man sich auseinandersetzen muß. Der von der Päpstlichen Missionsvereinigung veranstaltete Kongreß zum 50. Jahrestag der Veröffentlichung der Enzyklika Fidei donum hat euch die Möglichkeit gegeben, diese Situation, die die Kirche heute erlebt, sorgfältig zu analysieren. Auch wenn wir die Probleme und Schatten nicht ignorieren können, gilt es dennoch, den Blick vertrauensvoll in die Zukunft zu richten, indem wir in einer gegenüber den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zweifellos veränderten Welt den »Fidei donum«-Missionaren eine erneuerte und authentischere Identität zuerkennen. Auch wenn es in unserer Zeit für die Evangelisierung viele Herausforderungen gibt, so gibt es doch auch viele Zeichen der Hoffnung, die in jedem Teil der Welt von einer ermutigenden missionarischen Lebenskraft des christlichen Volkes zeugen. Vor allem möge eines niemals aus dem Bewußtsein schwinden: Als der Herr die Jünger, bevor er sie verließ, um in den Himmel aufzusteigen, aussandte, sein Evangelium bis in den letzten Winkel der Welt zu verkünden, versicherte er ihnen: »Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20).

Liebe Brüder und Schwestern, diese Gewißheit darf uns nie verlassen. Der Herr der Ernte wird es nicht an Arbeitern für seine Ernte fehlen lassen, wenn wir ihn im Gebet und im fügsamen Hören auf sein Wort und seine Lehre vertrauensvoll und eindringlich darum bitten. In diesem Zusammenhang möchte ich die Aufforderung wieder aufnehmen, die Pius XII. an die damaligen Gläubigen richtete: »Besonders in diesen Jahren«, schrieb er in seiner Enzyklika, »die vielleicht für die Zukunft des Katholizismus in vielen Ländern entscheidend sind, wollen wir die Zahl der für die Missionen gefeierten Messen vermehren; das entspricht den Wünschen des Herrn, der seine Kirche liebt und will, daß sie sich an jedem Ort der Erde ausbreitet und blüht« (AAS XLIX, 239). Ich mache mir diese Aufforderung in der Überzeugung zu eigen, daß der Herr unseren unablässigen Bitten entgegenkommen und weiterhin den missionarischen Einsatz der Kirche mit reichen apostolischen Früchten segnen wird. Ich vertraue diesen Wunsch Maria, Mutter und Königin der Apostel, an, während ich euch, die ihr hier anwesend seid, und allen Missionaren der Welt von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen erteile.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER INTERNATIONALEN UNION DER GENERALOBERINNEN Montag, 7. Mai 2007



Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Schwestern!

Es ist mir eine Freude, euch anläßlich der Vollversammlung der »Internationalen Union der Generaloberinnen« zu begegnen. Ich begrüße Herrn Kardinal Franc Rodé, den Präfekten der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens, und danke ihm für die freundlichen Worte, die er an mich gerichtet hat. Mein Dank gilt außerdem der Präsidentin eurer Union, Schw. Therezinha Rasera, die nicht nur eure herzlichen Empfindungen, sondern auch die der Ordensfrauen in aller Welt zum Ausdruck gebracht hat. Ich begrüße darüber hinaus jede einzelne von euch, liebe Generaloberinnen, als Vertreterinnen von 794 weiblichen Ordensfamilien, die in 85 Ländern der fünf Kontinente wirken. Und durch euch danke ich dem unermeßlichen Heer von Zeugen der Liebe Christi, die an den Vorposten der Evangelisierung, der Erziehung und der sozialen Liebe tätig sind.

Wie eure Präsidentin erwähnte, ist das Thema der Vollversammlung, die ihr in diesen Tagen abhaltet, besonders interessant: »Berufen, eine neue Spiritualität zu weben, die Hoffnung und Leben für die ganze Menschheit hervorbringt«. Die von euch gewählte Thematik ist Frucht einer breitangelegten Reflexion über folgende Frage: »Wenn wir unsere Welt betrachten und ihrem Rufen, ihren Nöten, ihrem Durst und ihren Wünschen Gehör schenken – welchen Faden sind wir als Ordensfrauen und Verantwortungsträgerinnen unserer Kongregationen in diesem Augenblick zu weben berufen, um prophetische und mystische ›Weberinnen Gottes‹ zu werden«? Die aufmerksame Untersuchung der erhaltenen Antworten hat den Exekutivrat eurer Union zu der Erkenntnis geführt, daß das gewählte Symbol, das Symbol des »Webens« – ein in allen Kulturen vorhandenes typisch weibliches Bild –, dem entspricht, was die Generaloberinnen als geistliche und apostolische Dringlichkeit des gegenwärtigen Augenblicks wahrnahmen. In denselben Antworten wurden einige »Fäden« hervorgehoben – die Frau, die Migranten, die Erde und ihr sakraler Charakter, die Laien, der Dialog mit den Religionen der Welt –, die ihr für äußerst nützlich haltet, um in unserer heutigen Zeit eine erneuerte Spiritualität des geweihten Lebens zu »weben« und so einen apostolischen Ansatz zu schaffen, der den Erwartungen der Menschen besser entspricht.

Und mit eben diesen Themen setzt ihr euch während der Arbeiten eurer Vollversammlung auseinander. Ihr seid euch bewußt, daß jede Generaloberin berufen ist, Leiterin und Förderin, wie eure Präsidentin treffend unterstrichen hat, eines »mystischen und prophetischen« geweihten Lebens zu sein, das sich stark für die Verwirklichung des Reiches Gottes einsetzt. Das sind die »Fäden«, liebe Ordensfrauen, mit denen der Herr euch auffordert, heute das lebendige Gewebe eines fruchtbaren Dienstes an der Kirche und eines beredten Zeugnisses für das Evangelium zu »weben«, eines »immer alten und immer neuen« Zeugnisses, da es der Radikalität des Evangeliums treu ist und mutig Gestalt annimmt in der heutigen Wirklichkeit – besonders dort, wo die größte menschliche und geistliche Armut herrscht.

Das geweihte Leben steht in der heutigen Zeit gewiß nicht wenigen sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Herausforderungen gegenüber! Die fünf Bereiche der Pastoral, die von euch hervorgehoben wurden, sind ebenso viele »Fäden«, die gewebt und mit dem komplexen Gewebe des täglichen Lebens, mit den zwischenmenschlichen Beziehungen und mit dem Apostolat verknüpft werden müssen. Nicht selten geht es darum, unerforschte missionarische und geistliche Wege zu beschreiten, wobei man jedoch stets an der inneren Beziehung zu Christus gut festhalten muß. Nur aus dieser Vereinigung mit Gott entsteht und nährt sich nämlich die »prophetische« Rolle eurer Sendung, die in der »Verkündigung des Himmelreiches« besteht, einer Verkündigung, die zu jeder Zeit und in jeder Gesellschaft unverzichtbar ist.

Gebt daher niemals der Versuchung nach, euch von der inneren Vertrautheit mit eurem himmlischen Bräutigam zu entfernen und euch zu sehr von den Belangen und den Problemen des täglichen Lebens vereinnahmen zu lassen. Die Gründer und Gründerinnen eurer Institute konnten »prophetische Pioniere« in der Kirche sein, weil sie niemals das lebendige Bewußtsein verloren haben, in der Welt, aber nicht von der Welt zu sein, gemäß der ausdrücklichen Lehre Jesu (vgl. Joh Jn 17,14). Indem sie seinem Beispiel gefolgt sind, haben sie sich bemüht, mit Worten und konkreten Taten die Liebe Gottes durch die völlige Hingabe ihrer selbst zu vermitteln, und hielten dabei stets den Blick und das Herz fest auf ihn gerichtet.

Liebe Ordensfrauen, wenn ihr selbst den Spuren eurer Gründer und eurer Gründerinnen treu nachgehen und euren Mitschwestern helfen wollt, ihrem Vorbild zu folgen, dann pflegt die »mystische« Dimension des geweihten Lebens, haltet also stets eure Seele durch die Kontemplation mit Gott vereint. Der »Prophet«, wie die Heilige Schrift lehrt, hört erst zu und verweilt in der Betrachtung, dann spricht er und läßt sich dabei ganz durchdringen von jener Liebe zu Gott, die nichts fürchtet und sogar stärker ist als der Tod. Der echte Prophet sorgt sich daher nicht so sehr darum, Werke zu tun, was zweifellos wichtig ist, aber niemals wesentlich. Er bemüht sich vor allem, Zeuge der Liebe Gottes zu sein, indem er versucht, diese Liebe mitten in den Gegebenheiten der Welt zu leben, auch wenn seine Anwesenheit manchmal »unbequem« sein kann, weil er alternative Werte anbietet und verkörpert.

Eure vorrangige Sorge sei daher, euren Mitschwestern zu helfen, in erster Linie Christus zu suchen und sich großherzig in den Dienst des Evangeliums zu stellen. Werdet nicht müde, der menschlichen, kulturellen und geistlichen Bildung der euch anvertrauten Personen alle Sorgfalt zu widmen, damit sie in der Lage seien, auf die heutigen kulturellen und sozialen Herausforderungen zu antworten. Seid die ersten, die mit gutem Beispiel vorangehen und Bequemlichkeiten, Annehmlichkeiten und Vorteile meiden, um eure Sendung zu erfüllen. Teilt die Reichtümer eurer Charismen mit denjenigen, die sich für die einzige Sendung der Kirche einsetzen: den Aufbau des Reiches. Stellt zu diesem Zweck eine ausgeglichene und herzliche Zusammenarbeit her mit den Priestern, mit den Laien und besonders mit den Familien, um den Leiden und Nöten sowie der materiellen und besonders der geistlichen Armut vieler unserer Zeitgenossen entgegenzukommen. Pflegt darüber hinaus die aufrichtige Gemeinschaft und die offene Zusammenarbeit mit den Bischöfen, den Hauptverantwortlichen für die Evangelisierung in den Teilkirchen.

Liebe Schwestern, diese eure Generalversammlung findet in der Osterzeit statt, in der die Liturgie uns einlädt, mit unablässiger Freude zu verkünden: »Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns an ihm freuen«. Die Freude und der Friede des Osterfestes mögen euch begleiten und stets in euch sein, in jeder eurer Gemeinschaften. Macht euch bei jeder Gelegenheit zu Boten dieser österlichen Freude, wie die Frauen, die, als sie zum Grab gingen, es leer vorfanden und denen die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn geschenkt wurde. Freudig liefen sie dann zu den Aposteln, um es ihnen zu verkünden. Maria, Königin der Jungfrauen, und eure heiligen und seligen Gründer und Gründerinnen mögen über euch und eure jeweiligen Ordensfamilien wachen. Indem ich euch ihrer Fürsprache anvertraue, versichere ich euch von Herzen eines Gedenkens im Gebet und erteile gerne allen einen besonderen Apostolischen Segen.
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Benedikt XVI Predigten 107