Benedikt XVI Predigten 143

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APOSTOLISCHE REISE VON

PAPST BENEDIKT XVI.

NACH ÖSTERREICH

ANLÄSSLICH DER 850-JAHRFEIER

DES WALLFAHRTSORTES MARIAZELL

BEGEGNUNG MIT EHRENAMTLICHEN UND FREIWILLIGEN

AUS DEM SOZIAL-KARITATIVEN BEREICH


Wiener Konzerthaus
Sonntag, 9. September 2007

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

hochwürdigster Herr Erzbischof Kothgasser,
liebe freiwillige und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der verschiedenen Hilfsdienste in Österreich,
sehr geehrte Damen und Herren
und vor allem: meine lieben jungen Freunde!

Auf diese Begegnung mit Ihnen heute, gegen Ende meines Besuchs in Österreich, habe ich mich besonders gefreut. Und natürlich kommt noch die Freude dazu, daß ich nicht nur Mozart wundervoll dargeboten hören konnte, sondern unerwarteterweise auch die Wiener Sängerknaben. Ganz herzlichen dank! Es ist schön, Menschen zu treffen, die versuchen, in unserer Gesellschaft der Botschaft des Evangeliums ein Gesicht zu geben; die Älteren wie die Jüngeren zu sehen, die jene Liebe in Kirche und Gesellschaft konkret erfahrbar machen, von der wir als Christen ergriffen sein sollen: Es ist die Liebe Gottes, die uns den Mitmenschen als Nächsten, als Bruder oder Schwester erkennen läßt! Mich erfüllen Dankbarkeit und Bewunderung für das großzügige freiwillige Engagement so vieler Menschen unterschiedlichen Alters in diesem Land; Ihnen allen und dem Ehrenamt in Österreich möchte ich heute in besonderer Weise meinen Respekt zollen. Ihnen, verehrter Herr Bundespräsident, und Ihnen, lieber Herr Erzbischof von Salzburg sowie vor allem Euch, den jugendlichen Vertretern der Freiwilligen in Österreich, danke ich ganz herzlich für die schönen und tiefen Worte, die mir gesagt wurden.

Gott sei Dank ist es für viele Menschen eine Ehrensache, sich für andere, für eine Vereinigung, für einen Verband oder für bestimmte Anliegen des Gemeinwohls freiwillig zu engagieren. Ein solches Engagement bedeutet zunächst eine Chance, die eigene Persönlichkeit zu entfalten und sich aktiv und verantwortungsvoll in das gesellschaftliche Leben einzubringen. Und doch liegen der Bereitschaft zum ehrenamtlichen Tätigsein zuweilen ganz unterschiedliche und vielfältige Motive zu Grunde. Oft steht am Beginn ganz einfach der Wille, etwas Sinnvolles und Nützliches zu tun und neue Erfahrungsfelder aufzuschließen. Jungen Menschen geht es dabei natürlich und zu Recht auch um Freude und schöne Erlebnisse, um die Erfahrung von echter Kameradschaft bei gemeinsamem sinnvollem Tun. Oft verbinden sich eigene Ideen und Initiativen mit tätiger Nächstenliebe; der einzelne wird dabei in eine tragende Gemeinschaft eingebunden. Ich möchte an dieser Stelle meinen ganz persönlichen Dank für die ausgeprägte „Kultur der Freiwilligkeit“ in Österreich zum Ausdruck bringen. Ich möchte jeder Frau, jedem Mann, allen Jugendlichen und allen Kindern danken – das freiwillige Engagement von Kindern ist nämlich mitunter gewaltig; denken wir nur an die Sternsingeraktion in der Weihnachtszeit; Sie haben sie schon erwähnt, lieber Herr Erzbischof. Danken möchte ich dabei vor allem auch für jene kleinen und großen Dienste und Mühen, die nicht immer gesehen werden. Danke und „Vergelt´s Gott“ für Euren Beitrag zum Aufbau einer „Zivilisation der Liebe“, die allen dient und die Heimat schafft! Nächstenliebe ist nicht delegierbar; Staat und Politik – Sie, Herr Bundespräsident, haben es gesagt – können sie bei allem nötigen Bemühen um einen Sozialstaat dies doch nicht ersetzen. Nächstenliebe erfordert immer den persönlichen freiwilligen Einsatz, für den der Staat freilich günstige Rahmenbedingungen schaffen kann und muß. Dank dieses Einsatzes behält Hilfe ihre menschliche Dimension und wird nicht entpersonalisiert. Und genau darum seid Ihr Freiwilligen nicht Lückenbüßer im sozialen Netz, sondern wirklich Mitträger am humanen und christlichen Gesicht unserer Gesellschaft.

Gerade junge Menschen sehnen sich danach, daß ihre Fähigkeiten und Talente „geweckt und entdeckt“ werden. Freiwillige wollen gefragt, sie wollen persönlich angesprochen werden. „Ich brauche dich!“, „Du kannst das!“: Wie gut tut uns diese Ansprache. Gerade in ihrer menschlichen Einfachheit verweist sie hintergründig auf den Gott, der jeden von uns gewollt, jedem seinen Auftrag mitgegeben hat, ja, der jeden von uns braucht und auf unseren Einsatz wartet. So hat Jesus Menschen gerufen und ihnen Mut gemacht zu dem Großen, das sie sich selber nicht zugetraut hätten. Sich ansprechen lassen, sich entscheiden und dann ohne die üblich gewordene Frage nach Nutzen und Profit einen Weg gehen – diese Haltung wird heilende Spuren hinterlassen. Die Heiligen haben mit ihrem Leben diesen Weg aufgezeigt. Es ist ein interessanter und spannender, ein großmütiger und gerade heute ein zeitgemäßer Weg. Das Ja zu einem freiwilligen und solidarischen Engagement ist eine Entscheidung, die frei und offen macht für die Not des anderen; für die Anliegen der Gerechtigkeit, des Lebensschutzes und der Bewahrung der Schöpfung. Im Ehrenamt geht es um die Schlüsseldimensionen des christlichen Gottes- und Menschenbildes: die Gottes- und die Nächstenliebe.

Liebe Freiwillige, meine Damen und Herren! Ehrenamtliches Engagement ist ein Echo der Dankbarkeit und Weitergabe der Liebe, die wir selbst erfahren haben. „Deus vult condiligentes – Gott will Mitliebende“, hat der Theologe Duns Scotus im 14. Jahrhundert gesagt[1]. Ehrenamtliches Engagement hat so gesehen sehr viel mit Gnade zu tun. Eine Kultur, die alles verrechnen und auch alles bezahlen will, die den Umgang der Menschen miteinander in ein oft einengendes Korsett von Rechten und Pflichten zwingt, erfährt durch unzählige sich ehrenamtlich engagierende Mitmenschen, daß das Leben selbst ein unverdientes Geschenk ist. So unterschiedlich, vielfältig oder auch widersprüchlich die Motive und auch die Wege des ehrenamtlichen Engagements sein können, ihnen allen liegt letztendlich jene tiefe Gemeinsamkeit zugrunde, die dem „Umsonst“ entspringt. Umsonst haben wir das Leben von unserem Schöpfer erhalten, umsonst sind wir aus der Sackgasse der Sünde und des Bösen befreit worden, umsonst ist uns der Geist mit seinen vielfältigen Gaben geschenkt worden. In meiner Enzyklika habe ich geschrieben: „Die Liebe ist umsonst; sie wird nicht getan, um andere Ziele zu erreichen.“[2] „Wer in der Lage ist zu helfen, erkennt, daß gerade auch ihm geholfen wird und daß es nicht sein Verdienst und seine Größe ist, helfen zu können. Dieser Auftrag ist Gnade.“[3] Umsonst geben wir weiter, was wir bekommen haben, durch unser Engagement, durch unser Ehrenamt. Diese Logik des „Umsonst“ liegt jenseits des bloß moralischen Sollens und Müssens.

Ohne freiwilliges Engagement konnten, können und werden Gemeinwohl und Gesellschaft nicht bestehen. Freiwilligkeit lebt und bewährt sich jenseits von Kalkulation und erwarteter Gegenleistung; sie sprengt die Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft. Denn der Mensch ist weit mehr als nur ein ökonomisch handelnder und zu behandelnder Faktor. Die Fortentwicklung und Würde einer Gesellschaft hängt immer wieder und gerade an jenen Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht.

Meine Damen und Herren! Das Ehrenamt ist ein Dienst an der Würde des Menschen, die in seiner Gottebenbildlichkeit gründet. Irenäus von Lyon hat im zweiten Jahrhundert gesagt: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch. Das Leben des Menschen aber ist es, Gott wahrzunehmen.“[4] Und Nikolaus Cusanus hat diese Einsicht in seinem Werk über die Gottesschau so weiter entfaltet: „Weil das Auge dort ist, wo die Liebe weilt, erfahre ich, daß Du mich liebst. … Dein Sehen, Herr, ist Lieben. … Indem Du mich ansiehst, läßt Du, der verborgene Gott, Dich von mir erblicken. … Dein Sehen ist Lebendigmachen. … Dein Sehen bedeutet Wirken.“[5] Der Blick Gottes – Jesu Blick steckt uns mit Gottes Liebe an. Blicke können ins Leere gehen oder gar verachten. Und Blicke können Ansehen geben und Liebe aussagen. Ehrenamtliche geben Menschen ein Ansehen, sie rufen die Würde des Menschen in Erinnerung und sie wecken Lebensfreude und Hoffnung. Ehrenamtliche sind Hüter und Anwälte der Menschenrechte und Menschenwürde.

Mit Jesu Blick ist noch eine andere Form des Sehens verbunden. „Er sah ihn und ging weiter“, so heißt es im Evangelium vom Priester und Leviten, die am Wegrand den Halbtoten liegen sehen, aber nicht eingreifen (Lc 10,31 Lc 10,32). Menschen sehen und übersehen, haben Not vor Augen und bleiben doch ungerührt, das gehört zu den Kälteströmen der Gegenwart. Im Blick der anderen, gerade jenes anderen, der unserer Hilfe bedürftig ist, erfahren wir den konkreten Anspruch der christlichen Liebe. Jesus Christus lehrt uns nicht eine Mystik der geschlossenen Augen, sondern eine Mystik des offenen Blicks und damit der unbedingten Wahrnehmungspflicht für die Lage der anderen, für die Situation, in der sich der Mensch befindet, der gemäß dem Evangelium unserer Nächster ist. Jesu Blick, die Schule der Augen Jesu, führt hinein in menschliche Nähe, in die Solidarität, in das Teilen der Zeit, das Teilen der Begabungen und auch der materiellen Güter. Daher muß „für alle, die in den karitativen Organisationen der Kirche tätig sind, kennzeichnend sein, daß sie nicht bloß auf gekonnte Weise das jetzt Anstehende tun – was wichtig ist –, sondern sich dem anderen mit dem Herzen zuwenden … Dieses Herz sieht, wo Liebe not tut und handelt danach.“[6] Ja, „ich muß ein Liebender werden, einer, dessen Herz der Erschütterung durch die Not des anderen offen steht. Dann finde ich meinen Nächsten, oder besser: dann werde ich von ihm gefunden.“[7]

Schließlich erinnert uns das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe (Mt 22,37-40 Lc 10,27) daran, daß wir Christen Gott selbst über den Weg der Nächstenliebe die Ehre erweisen. Es wurde schon von Erzbischof Kothgasser das Wort Jesu zitiert: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“ (Mt 25,40). Wenn im konkreten Menschen, dem wir begegnen, Jesus gegenwärtig ist, dann kann ehrenamtliches Tätigsein zur Gotteserfahrung werden. Die Anteilnahme an den Situationen und Nöten der Menschen führt zu einem „neuen“ Miteinander und wirkt sinnstiftend. So kann das Ehrenamt helfen, Menschen aus der Vereinsamung herauszuholen und in Gemeinschaften hineinzuführen.

Am Schluß möchte ich an die Kraft und Bedeutung des Gebets für die in der karitativen Arbeit Tätigen erinnern. Das Gebet zu Gott ist Ausweg aus Ideologie oder Resignation angesichts der Erfahrung der Endlosigkeit der Not. „Christen glauben trotz aller Unbegreiflichkeiten und Wirrnisse ihrer Umwelt weiterhin an die »Güte und Menschenliebe Gottes« (Tt 3,4). Obwohl sie wie alle anderen Menschen eingetaucht sind in die dramatische Komplexität der Ereignisse der Geschichte, bleiben sie gefestigt in der Hoffnung, daß Gott ein Vater ist und uns liebt, auch wenn uns sein Schweigen unverständlich bleibt.“[8]

Liebe freiwillige und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hilfsdienste in Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer in Beruf und Familie nicht nur seine Pflicht erfüllt – und dies gut zu tun erfordert schon viel Kraft und große Liebe –, wer sich darüber hinaus freiwillig für andere engagiert und seine kostbare freie Zeit in den Dienst des Menschen und seiner Würde stellt, dessen Herz weitet sich. Die Freiwilligen fassen den Begriff des Nächsten nicht eng; sie erkennen auch im „Fernstehenden“ den Nächsten, der von Gott bejaht ist und den Christi Erlösungswerk durch unsere Mithilfe erreichen muß. Der andere, der Nächste im Sinn des Evangeliums wird für uns gleichsam zum Vorrangpartner gegenüber den Pressionen und Sachzwängen der Welt, in der wir leben. Wer den „Vorrang des Nächsten“ beachtet, lebt und handelt evangeliumsgemäß und nimmt auch Teil an der Sendung der Kirche, die immer den ganzen Menschen im Blick hat und ihm die Liebe Gottes fühlbar machen möchte. Die Kirche unterstützt, liebe Freiwillige, Ihren Dienst voll und ganz. Ich bin überzeugt, daß von Österreichs Freiwilligen auch weiterhin viel Segen ausgeht, und begleite Sie alle mit meinem Gebet. Euch allen erbitte ich die Freude an Gott, die unsere Kraft ist (vgl. Neh Ne 8,10). Der gütige Gott sei Euch stets nahe und führe Euch allezeit durch den Beistand Seiner Gnade.



[1] Opus Oxoniense III d.32 q.1 n.6.

[2] Benedikt XVI., Deus caritas est, 31c.

[3] Deus caritas est, 35.

[4] Adversus haereses IV,20,7.

[5] Nikolaus von Kues, De visione Die / Die Gottesschau, in: Philosophisch-Theologische Schriften, hg. und eingef. von Leo Gabriel, übersetzt von Dietlind und Wilhelm Dupré, Wien 1967, Bd. III, 105-111.

[6] Benedikt XVI., Deus caritas est, 31a ; 31b.

[7] Joseph Ratzinger / Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Erster Teil: Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Freiburg i. Br., 2007, 237.

[8] Benedikt XVI., Deus caritas est, 38.
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APOSTOLISCHE REISE VON

PAPST BENEDIKT XVI.

NACH ÖSTERREICH

ANLÄSSLICH DER 850-JAHRFEIER

DES WALLFAHRTSORTES MARIAZELL

ABSCHIEDSZEREMONIE

Internationaler Flughafen Wien/Schwechat
Sonntag, 9. September 2007




Verehrter Herr Bundespräsident!

In diesem Augenblick des Abschieds von Österreich blicke ich am Ende meiner Pilgerreise anläßlich des 850-Jahr-Jubiläums des Nationalheiligtums von Mariazell dankbar auf diese reich gefüllten Tage zurück. Ich spüre, daß mir dieses schöne Land und seine Menschen noch vertrauter geworden sind.

Meinen Mitbrüdern im Bischofsamt, der Regierung und allen Verantwortlichen des öffentlichen Lebens sowie nicht zuletzt den zahllosen Helfern, die zum Gelingen der Organisation dieses Besuchs beigetragen haben, danke ich von Herzen und wünsche ihnen reichen Anteil an der Gnade, die uns in diesen Tagen geschenkt wurde. Mein ganz besonderer und herzlicher persönlicher Dank gilt Ihnen, verehrter Herr Bundespräsident, für die Worte, die Sie mir zum Abschied geschenkt haben, für alle Begleitung auf der Pilgerreise und für alle Aufmerksamkeit. Danke!

Ich durfte Mariazell erneut als einen besonderen Ort der Gnade erfahren, der uns alle in diesen Tagen angezogen und mit Kraft für unseren weiteren Weg ausgerüstet hat. Die große Zahl der Mitfeiernden um die Basilika, am Ort und in ganz Österreich, mag uns gegenseitig ermutigen, mit Maria auf Christus zu schauen und voll Vertrauen den Weg in die Zukunft zu nehmen. Und es war schön, daß Wind und Wetter uns nicht abhalten konnten, sondern die Freude eigentlich noch gesteigert haben.

Schon der Beginn mit dem gemeinsamen Gebet am Platz am Hof hat uns über die nationalen Grenzen hinaus verbunden und die gastfreundliche Offenheit Österreichs gezeigt, die zu den großen Qualitäten dieses Landes gehört.

Das Bemühen um gegenseitiges Verständnis und die kreative Gestaltung immer neuer Wege zur Schaffung von Vertrauen unter den Menschen und Völkern mögen die nationale und die internationale Politik dieses Landes weiterhin inspirieren. Wien kann im Geiste seiner historischen Erfahrung und seiner Stellung in der lebendigen Mitte Europas dazu seinen Beitrag leisten und die europäischen, vom christlichen Glauben geprägten Werte konsequent in den europäischen Institutionen und im Rahmen der Pflege der internationalen, interkulturellen und interreligiösen Beziehungen zur Geltung bringen.

Auf der Wallfahrt unseres Lebens halten wir immer wieder inne, dankbar für die zurückgelegte Strecke, hoffend und bittend im Blick auf das vor uns liegende Stück. So habe ich auch im Stift Heiligenkreuz innegehalten. Die dort von den Zisterziensern gepflegte Tradition verbindet uns mit unseren Wurzeln, deren Kraft und Schönheit letztlich von Gott selber stammt.

Heute habe ich den Sonntag, den Tag des Herrn, mit Ihnen feiern dürfen – stellvertretend für alle Pfarren Österreichs im Dom zu St. Stephan. So war ich bei dieser Gelegenheit mit den Gläubigen in allen Pfarrgemeinden Österreichs in besonderer Weise verbunden.

Schließlich bewegend war für mich die Begegnung mit freiwilligen Helfern aus den in Österreich so zahlreichen und vielgestaltigen Hilfsorganisationen. Die Tausende, die ich sehen konnte, stehen für Abertausende im ganzen Land, die in ihrer Hilfsbereitschaft die nobelsten Züge des Menschen zeigen und die Gläubigen die Liebe Christi erkennen lassen.

Dankbarkeit und Freude erfüllen mich in diesem Augenblick. Nehmen Sie alle, die Sie diese Tage mitverfolgt haben; die viel Arbeit und Mühe aufgewandt haben, damit sich das dichte Programm reibungslos entfalten konnte; die mitgepilgert sind und die aus ganzem Herzen mitgefeiert haben, nochmals meinen herzlichen Dank entgegen. Zum Abschied vertraue ich die Gegenwart und Zukunft dieses Landes der Fürsprache der Gnadenmutter von Mariazell, der Magna Mater Austriae, und allen Heiligen und Seligen Österreichs an. Mit ihnen wollen wir auf Christus schauen, der unser Leben und unsere Hoffnung ist. Ihnen und Euch allen sage ich ein aufrichtiges, herzliches „Vergelt’s Gott“.

AN HERRN JOZEF DRAVECKÝ,

NEUER BOTSCHAFTER DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK

BEIM HL. STUHL Castelgandolfo

Donnerstag, 13. September 2007




Exzellenz!

Es ist mir eine Freude, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Slowakischen Republik beim Heiligen Stuhl ernannt werden. Ich danke Ihnen für die herzlichen Grüße, die Sie mir von Präsident Gašparovic überbracht haben, und bitte Sie freundlich, ihm meinerseits respektvolle Grüße zu übermitteln, zusammen mit meinen vom Gebet begleiteten guten Wünschen für das Wohlergehen und Gedeihen der Republik. Die Bande, die den Bischof von Rom mit dem Volk Ihres Landes verbinden, reichen in der Tat bis in die Zeit der hll. Cyrill und Methodius zurück, und Ihre heutige Anwesenheit hier ist nur ein weiteres Beispiel für die gegenseitige Achtung und Zuneigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Slowakei.

In das kommende Jahr fällt der 15. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl. Diese Zusammenarbeit ist in jüngster Zeit besonders fruchtbar gewesen, wie die Ratifizierung von zwei der vier in der Grundvereinbarung aus dem Jahr 2000 enthaltenen Punkte deutlich machte. Ich bin dankbar für die neuerliche Zusicherung Eurer Exzellenz, daß sich die Republik zur Erfüllung der beiden anderen Punkte der Vereinbarung verpflichtet: der Einspruch aus Gewissensgründen und die Finanzierung der kirchlichen Aktivitäten. In dieser Hinsicht bestätige ich nochmals die Bereitschaft des Heiligen Stuhls, Sie und Ihre Mitarbeiter auf jede nur mögliche Weise dabei zu unterstützen, um diese wichtigen Fragen zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.

Ein anerkannter Schlüsselpunkt der Vereinbarung betrifft, wie von Eurer Exzellenz angeführt, die Erziehung. Es ist sehr wichtig, daß die Staaten der Kirche die Freiheit zur Errichtung und Führung katholischer Schulen sicherstellen und damit den Eltern die Möglichkeit geben, einen Erziehungsweg zu wählen, der die christliche Bildung ihrer Kinder fördert. Wenn junge Menschen am christlichen Unterricht festhalten, wissen sie ihre persönliche Würde als Geschöpfe, die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind (vgl. Gen Gn 1,27), zu schätzen und erkennen auf diese Weise ein Ziel und eine Richtung für ihr Leben. Eine solide Erziehung, die alle Dimensionen der menschlichen Person, einschließlich der religiösen und spirituellen, nährt, liegt tatsächlich im Interesse sowohl der Kirche wie des Staates. Auf diese Weise können sich junge Menschen Gewohnheiten aneignen, die sie dazu befähigen werden, dann im Erwachsenenalter ihre bürgerlichen Pflichten wahrzunehmen.

Die gemeinsamen Anstrengungen von Kirche und Zivilgesellschaft, junge Menschen in den Formen und Gepflogenheiten der Rechtschaffenheit zu unterweisen, sind um so entscheidender in einer Zeit, wo diese versucht sind, die Werte der Ehe und Familie, die für ihre zukünftiges Glück und für eine soziale Stabilität der Nation so lebenswichtig sind, herabzusetzen. Die Familie ist der Kernbereich, in dem eine Person zuallererst menschliche Liebe kennenlernt und Tugenden wie Verantwortung, Großzügigkeit und brüderliche Anteilnahme entwickelt. Starke Familien gründen auf dem Fundament starker Ehen. Starke Gesellschaften gründen auf starken Familien. Alle zivilen Gemeinschaften sollten daher alles ihnen Mögliche tun, um eine Wirtschafts- und Sozialpolitik zu fördern, die jungen verheirateten Paaren hilft und die Verwirklichung ihres Wunsches nach dem Aufbau einer Familie erleichtert. Dem Staat darf die Ehe keineswegs gleichgültig sein, sondern er muß diese ehrwürdige Institution anerkennen, respektieren und unterstützen als feste Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die freiwillig eine lebenslange Verpflichtung zu Liebe und Treue annehmen (vgl. Johannes Paul II. , Familiaris Consortio FC 40). Die Mitglieder Ihres Nationalrates sind mit ernsthaften Diskussionen darüber befaßt, wie die Ehe gefördert und das Familienleben gestärkt werden kann. Auch die katholischen Bischöfe in Ihrem Land sind besorgt wegen der Zunahme der Scheidungsraten und der Zahl außerehelich gezeugter Kinder. Dank der Bemühungen des Rates für Familie und Jugend hat die Bischofskonferenz Erziehungsinitiativen ausgeweitet, die das Bewußtsein für die vornehme Berufung zur Ehe fördern und auf diese Weise junge Menschen auf die Wahrnehmung ihrer Verantwortlichkeiten vorbereiten. Solche Programme öffnen die Tür zur weiteren Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat und helfen bei der Sicherung einer gesunden Zukunft für Ihr Land.

Während sich die Republik um den sozialen Fortschritt im eigenen Haus bemüht, blickt sie aber auch über ihre Grenzen hinaus auf die größere internationale Gemeinschaft. Das reiche kulturelle und geistliche Erbe der Slowakei hat ein großes Potential, um der Seele des europäischen Kontinents neues Leben zu geben. Eure Exzellenz hat die Aufmerksamkeit auf die heroischen Opfer gelenkt, die in der Geschichte Ihrer Nation von zahllosen Männern und Frauen erbracht worden sind, die sich um einen hohen Preis in Zeiten der Verfolgung um die Bewahrung des Rechts auf Leben, der Religionsfreiheit und der Freiheit, sich in den liebevollen Dienst am Nächsten zu stellen, bemühten (vgl. Deus Caritas Est 28). Solche wesentlichen Werte sind für den Aufbau einer friedlichen und gerechten Europäischen Union unbedingt nötig. Ich vertraue darauf, daß die Feiern anläßlich des 1150-Jahr- Jubiläums der hll. Cyrill und Methodius der Slowakei neue Kraft dazu verleihen werden, von diesen zeitlosen Werten Zeugnis zu geben. Auf diese Weise wird sie andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu inspirieren, sich um Einheit zu bemühen bei gleichzeitiger Anerkennung der Verschiedenheit, die nationale Souveränität zu respektieren bei gleichzeitigem Einsatz für gemeinsame Aktivitäten und nach wirtschaftlichem Fortschritt zu streben bei Aufrechterhaltung der sozialen Gerechtigkeit.

Exzellenz, ich vertraue darauf, daß die diplomatischen Bande zwischen der Slowakischen Republik und dem Heiligen Stuhl, die sich bereits eines Geistes des guten Willens und gegenseitiger Wertschätzung erfreuen, weiterhin die ganzheitliche Entwicklung Ihrer Nation unterstützen werden. Ich versichere Ihnen, daß die verschiedenen Dienststellen der Römischen Kurie gerne bereit sind, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben beizustehen. Mit meinen aufrichtigen guten Wünsche rufe ich auf Sie, auf Ihre Familie und auf das ganze geliebte Volk der Slowakischen Republik den reichen Segen Gottes herab.

AM HERRN NOEL FAHEY,

NEUER BOTSCHAFTER IRLANDS BEIM HL. STUHL Castelgandolfo - Samstag, 15. September 2007



Exzellenz!

1. Mit besonderer Freude heiße ich Sie im Vatikan willkommen und nehme das Beglaubigungsschreiben entgegen, mit dem Sie zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Irlands beim Heiligen Stuhl ernannt werden. Bitte übermitteln Sie Ihrer Präsidentin, Frau Mary McAleese, der Regierung und der Bevölkerung Ihres Landes meine Dankbarkeit für ihre guten Wünsche, die ich von Herzen erwidere mit der Versicherung meines Gebets für das geistliche Wohl der Bürger Ihrer Nation.

2. Wie Sie, Exzellenz, angemerkt haben, ist die kulturelle, moralische und spirituelle Identität des irischen Volkes seit über 1600 Jahren durch das Christentum geprägt worden. Das ist nicht lediglich ein Umstand von historischer Bedeutung. Es liegt im Herzen der irischen Zivilisation und bleibt ein »Sauerteig« im Leben Ihrer Nation. In der Tat hat der christliche Glaube nichts von seiner Bedeutung für die heutige Gesellschaft verloren, da er die »tiefste Schicht im Menschen« berührt und »seiner Existenz in der Welt Sinn« verleiht (vgl. Redemptor Hominis RH 10). Sowohl zivilen wie religiösen Verantwortlichen ermöglicht er, die absoluten Werte und Ideale aufrechtzuerhalten, die der Würde jeder Person innewohnen und für jede Demokratie notwendig sind.

3. In den letzten Jahren erfreute sich Irland eines beispiellosen wirtschaftlichen Wachstums. Zweifellos hat dieser Wohlstand vielen materielles Wohlergehen gebracht, aber in der Folge begann sich auch der Säkularismus immer mehr durchzusetzen und seine Spuren zu hinterlassen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen interessierte es mich, etwas über den unlängst in die Wege geleiteten »strukturierten Dialog« zwischen der Kirche und der Regierung zu erfahren, eine Initiative, die ich befürworte. Manche mögen fragen, ob die Kirche berechtigt ist, zur Regierung eines Landes beizutragen. Sollten in einer pluralistischen demokratischen Gesellschaft Glaube und Religion nicht auf die Privatsphäre beschränkt sein? Das historische Aufkommen brutaler totalitärer Regime, die heutige Skepsis gegenüber politischer Rhetorik und das wachsende Unbehagen über den Mangel an ethischen Bezugspunkten zur Regelung jüngster wissenschaftlicher Fortschritte – wir brauchen nur an den Bereich der Biotechnologie zu denken – alles deutet hin auf die Unzulänglichkeiten und Grenzen, die wir sowohl im einzelnen Menschen als auch in der Gesellschaft finden. Das Erkennen dieser Unvollkommenheit zeigt, wie wichtig es ist, moralische und ethische Grundsätze und die Notwendigkeit neu zu entdecken, sowohl die Grenzen der Vernunft zu erkennen als auch ihre wesentliche Beziehung der Komplementarität zu Glaube und Religion zu verstehen.

Durch die Verkündigung der offenbarten Wahrheit dient die Kirche allen Gliedern der Gesellschaft, indem sie über die Grundlagen von Moralität und Ethik Aufschluß gibt und die Vernunft reinigt, damit sie offen bleibt für die Berücksichtigung letzter Wahrheiten und zu Weisheit gelangt. Keineswegs will ein solcher Beitrag die Toleranz gegenüber Verschiedenheiten oder kultureller Pluralität bedrohen oder sich die Rolle des Staates anmaßen, sondern vielmehr jene Wahrheit erleuchten, die Konsens möglich und die öffentliche Diskussion rational, aufrichtig und verantwortlich macht. Wenn die Wahrheit mißachtet wird, dann tritt der Relativismus an ihre Stelle: nicht von Grundsätzen werden politische Entscheidungen bestimmt, sondern mehr und mehr von der öffentlichen Meinung. Verfahrensweisen und Ziele stellen Werte in den Schatten, und selbst die Kategorien von Gut und Böse, von Recht und Unrecht unterliegen der pragmatischen Berechnung von Vor- und Nachteilen.

4. Der Nordirische Friedensprozeß war eine langwierige und schwierige Aufgabe. Schließlich besteht jedoch Hoffnung, daß er bleibende Früchte tragen wird. Frieden konnte durch umfassende internationale Unterstützung erlangt werden, durch die zielstrebige politische Entschlossenheit sowohl der irischen wie der britischen Regierung und die Bereitschaft von Einzelpersonen und Gemeinschaften, sich die edle menschliche Fähigkeit der Vergebung zu eigen zu machen. Dieses Ergebnis hat der gesamten internationalen Menschheitsfamilie Mut gegeben, sie hat die Welle der Hoffnung begrüßt, die der Welt zeigt, daß auch tiefverwurzelte Konflikte überwunden werden können. Es ist mein inniger Wunsch, daß der Friede, der im Norden Erneuerung bereits ermöglicht hat, die politischen und religiösen Verantwortlichen in anderen Krisengebieten unserer Welt zu der Erkenntnis führen wird, daß dauerhafter Frieden nur auf Vergebung, Versöhnung und gegenseitiger Achtung aufgebaut werden kann. Begrüßenswert ist zu diesem Zweck das Engagement Ihrer Regierung, sowohl Erfahrung als auch Ressourcen zur Verhinderung und Beilegung von Konflikten einzusetzen, ebenso wie ihre Bereitschaft, verschiedene Formen von Entwicklungshilfe zu intensivieren.

5. Exzellenz, wie zahlreiche Nationen in der Welt hat Irland in den letzten Jahren das Thema Umweltschutz sowohl in der Innenpolitik als auch in internationalen Beziehungen zu einer seiner Prioritäten gemacht. Die Förderung vertretbarer Entwicklung und die besondere Aufmerksamkeit für den Klimawandel sind Angelegenheiten von größter Bedeutung für die gesamte Menschheitsfamilie, die keine Nation und kein Wirtschaftssektor ignorieren sollte. Während Wissenschaft und Forschung auf die weltweiten Folgen hinweisen, die das menschliche Einwirken auf die Umwelt haben kann, wird die Komplexität der grundlegenden Verbindung zwischen der Humanökologie und der Ökologie der Natur zunehmend offensichtlich (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2007, 8).

Voll verständlich wird diese Beziehung anhand der natürlichen und moralischen Ordnung, mit der Gott den Menschen erschaffen und die Erde ausgestattet hat (ebd, 8–9). Eigentümlicherweise wird die Hoheit der Finger Gottes im Werk der Schöpfung (vgl. Ps Ps 8,4) ohne weiteres erkannt, während die volle Anerkennung der Ehre und Herrlichkeit, mit der er speziell den Menschen gekrönt hat (vgl. Ps Ps 8,6), gelegentlich nicht so leicht verstanden wird. Eine Art gespaltene Moralität ist die Folge. Die großen und vitalen Themen der Moral wie Friede, Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Achtung für die Schöpfung verleihen an sich dem Menschen keine Würde. Die primäre Dimension der Moralität gründet auf der angeborenen Würde des menschlichen Lebens – vom Augenblick der Empfängnis bis zum natürlichen Tod – eine Würde, die Gott selbst uns verliehen hat. Gottes liebevoller Schöpfungsakt muß als Ganzes verstanden werden. Wie schmerzlich ist es doch, daß nicht selten gerade jene gesellschaftlichen und politischen Gruppen, die bewundernswerterweise voll Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes sind, dem Wunder des Lebens im Mutterleib so geringe Beachtung schenken. Laßt uns hoffen, daß vor allem unter jungen Menschen das aufkommende Interesse für die Umwelt ihre Erkenntnis der rechten Ordnung und der Herrlichkeit der Schöpfung Gottes vertiefen wird, deren Mittel- und Höhepunkt der Mensch ist.

6. Exzellenz, gewiß wird Ihre Ernennung die zwischen Irland und dem Heiligen Stuhl bereits bestehenden Bande der Freundschaft weiterhin festigen. Während Sie nun Ihre neuen Aufgaben übernehmen, werden Ihnen die verschiedenen Ämter der Römischen Kurie bereitwillig bei der Erfüllung Ihrer Verpflichtungen zur Seite stehen. Für Sie, Ihre Familie und Ihre Landsleute erbitte ich von Herzen den reichen Segen des allmächtigen Gottes.
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AN DIE KLARISSEN AUS DEM KLOSTER DER

UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS IN ALBANO (LATIUM) Apostolischer Palast in Castelgandolfo

Samstag, 15. September 2007



Liebe Schwestern!

Willkommen im Apostolischen Palast! Mit großer Freude empfange ich euch, ich danke euch für euren Besuch und grüße herzlich jede einzelne. Man kann sagen, daß eure Gemeinschaft, die sich auf dem Territorium der »Päpstlichen Villen« befindet, im Schatten des päpstlichen Hauses lebt, und daher besteht eine sehr enge spirituelle Beziehung zwischen euch und dem Nachfolger Petri. Dies beweist der häufige Kontakt, den ihr seit der Gründung eures Klosters zu den Päpsten während ihres Aufenthalts hier in Castel Gandolfo unterhalten habt. Daran erinnerte soeben eure Mutter Äbtissin, der ich von Herzen für die freundlichen Worte danke, die sie in euer aller Namen an mich gerichtet hat. Bei dieser Begegnung mit euch heute morgen möchte auch ich eurer Klostergemeinschaft nochmals meinen aufrichtigen Dank aussprechen für die tägliche Unterstützung im Gebet und für eure tiefe spirituelle Teilnahme an der Sendung des Hirten der Weltkirche. In der Stille der Klausur und in eurer vollkommenen und ausschließlichen Hingabe an Christus gemäß dem franziskanischen Charisma leistet ihr der Kirche einen wertvollen Dienst.

Die Geschichte eures Klosters zurückverfolgend, habe ich bemerkt, daß viele meiner Vorgänger bei der Begegnung mit eurer Gemeinschaft stets die Bedeutung eures Zeugnisses als kontemplative Schwestern betont haben, die ihre Erfüllung nur in Gott finden. Insbesondere denke ich an das, was der Diener Gottes Paul VI. am 3. September 1971 zu euch sagte: Im Gegensatz zur Meinung derer, für die Klausurschwestern von der Wirklichkeit und der Erfahrung unseres Zeitalters ausgeschlossen sind, hat euer Dasein den Wert eines einzigartigen Zeugnisses, das zutiefst das Leben der Kirche berührt. »Ihr verkörpert viele Dinge«, betonte Paul VI., »die die Kirche zu schätzen weiß und die das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt hat. An der Regel, am gemeinschaftlichen Leben, an der Armut treu festhaltend seid ihr Samenkorn und Zeichen«. Einige Jahre später, am 14. August 1979, hat der geliebte Papst Johannes Paul II. bei der Meßfeier in eurer Kapelle, gewissermaßen als Fortsetzung dieser Gedanken, seine Person, die Kirche und die ganze Menschheit eurem Gebet anvertrauen wollen: »Ihr habt die Welt nicht verlassen, um euch die Kümmernisse der Welt zu ersparen… Ihr tragt sie alle im Herzen, und im mühevollen Verlauf der Geschichte begleitet ihr die Menschen mit eurem Gebet … Wegen eurer verborgenen, aber wirklichen Gegenwart in der Gesellschaft und vor allem in der Kirche, richtet sich auch mein Blick vertrauensvoll auf eure gefalteten Hände«.

Das ist es, liebe Schwestern, was der Papst von euch erwartet: Seid brennende Fackeln der Liebe, »gefaltete Hände«, die in unablässigem Gebet wachen, gänzlich losgelöst von der Welt, um das Amt dessen zu unterstützen, den Jesus berufen hat, seine Kirche zu führen. »Arme Schwestern«, die das Vorbild des hl. Franziskus und der hl. Klara nachahmen und »dem heiligen Evangelium unseres Herrn Jesus Christus folgen, im Gehorsam leben, ohne Eigentum und in Keuschheit«. Nicht immer findet der stille Einsatz jener in der Öffentlichkeit Beachtung, die, so wie ihr, bemüht sind, in Einfachheit und Freude das Evangelium »sine glossa« in die Tat umzusetzen, aber, seid euch dessen gewiß, der Beitrag, den ihr für das apostolische und missionarische Werk der Kirche in der Welt leistet, ist wirklich außerordentlich, und Gott wird euch auch weiterhin wie bisher mit dem Geschenk zahlreicher Berufungen segnen.

Liebe Schwestern, mögen der hl. Franziskus, die hl. Klara ebenso wie die zahlreichen Heiligen eures Ordens euch helfen, eurer Berufung »bis ans Ende treu zu bleiben«. Insbesondere schütze euch die Jungfrau Maria, die wir in der heutigen Liturgie betrachten, wie sie unter dem Kreuz steht, tief vereint mit der Sendung Christi und in ihrem mütterlichen Schmerz am Heilswerk teilhabend. Auf Golgota hat Jesus sie uns zur Mutter gegeben und uns ihr als Kinder anvertraut. Die Schmerzhafte Jungfrau erwirke euch die Gabe, ihrem gekreuzigten göttlichen Sohn nachzufolgen und die Schwierigkeiten und Prüfungen des täglichen Lebens ruhig und freudig anzunehmen. Mit diesen Empfindungen erteile ich euch allen meinen besonderen Apostolischen Segen, in den ich gerne auch all jene einschließe, die sich eurem Gebet anvertrauen.
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