Benedikt XVI Predigten 178

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ANLÄSSLICH DER BENENNUNG DES NORDHOFES DER PETERSBASILIKA NACH DEM HL. GREGOR DEM "ERLEUCHTER" Nordhof des Petersbasilika

Freitag, 22. Februar 2008




Liebe Brüder und Schwestern!

Mein herzlicher Gruß gilt allen Anwesenden. An erster Stelle grüße ich Kardinal Angelo Comastri, Erzpriester der Petersbasilika, und Kardinal Giovanni Lajolo, Präsident des Governatorats. Ich grüße sodann den Patriarchen Nersès Bédros XIX., dem ich für die freundlichen Worte danke, mit denen er die gemeinsamen Empfindungen zum Ausdruck gebracht hat. In meinen Gruß seien ferner die Erzbischöfe, Bischöfe und religiösen Vertreter der gesamten armenisch-katholischen Kirche eingeschlossen. Ich begrüße des weiteren die Vertreter aus der Politik, die Delegationen sowie alle, die an dieser bedeutsamen Zeremonie teilnehmen wollten, in der ich das Namensschild dieses Hofes segnen werde. Ich nehme gerne die heutige Gelegenheit wahr, um die armenisch-apostolische Kirche in brüderlicher Liebe zu umarmen. Gleiches gilt für die ganze armenische Nation und alle Armenier auf der ganzen Welt.

Es ist dies zweifellos ein glücklicher Umstand, der uns die Gelegenheit bietet, einander hier, beim Grab des Apostels Petrus, zu begegnen, um eines anderen großen Heiligen zu gedenken, nach dem der sogenannte »Cortilone« benannt wird. Es freut mich daran zu erinnern, daß mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. die Statue des hl. Gregor des Erleuchters, die gerade hier aufgestellt ist, wenige Monate vor seinem Tod segnete. Dieser große Heilige machte aus den Armeniern vor mehr als siebzehn Jahrhunderten ein christliches Volk, mehr noch: das erste Volk, das offiziell christlich wurde. Die Bekehrung der Armenier ist ein Ereignis, das die armenische Identität zutiefst geprägt hat, nicht nur in persönlicher Hinsicht, sondern auf Ebene der gesamten Nation. Der Begriff »Erleuchter«, mit dem dieser vielen von euch teure Heilige benannt wird, macht die zweifache Funktion deutlich, die der hl. Gregor in der Geschichte der Bekehrung Armeniens einnahm. »Erleuchtung« ist nämlich ein Begriff, der in der christlichen Sprache benutzt wird, um den Übergang vom Dunkel hin zum Licht Christi anzuzeigen. Und gerade Christus ist wahrlich der große Erleuchter, der sein Licht über das ganze Dasein dessen ausstrahlt, der ihn aufnimmt und ihm treu nachfolgt. Nun, der hl. Gregor wurde gerade deswegen der Erleuchter genannt, da sich in ihm in außerordentlicher Weise das Antlitz des Heilands widerspiegelte. Das Wort »Erleuchtung« besitzt in bezug auf Armenien noch eine weitere Bedeutung: es zeigt das Licht an, das aus der Verbreitung der Kultur durch die Lehre erwächst. Und dies läßt sofort an jene Mönche und Lehrer denken, die, den Spuren des hl. Gregor folgend, dessen Verkündigung fortsetzten und auf diese Weise das Licht der Wahrheit des Evangeliums verbreiteten, das dem Menschen die Wahrheit seines Seins offenbart und dessen reiche kulturelle und geistliche Potentialitäten entfaltet.

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke noch einmal für die Teilnahme an dieser unserer Begegnung. Wir weihen den »Cortile San Gregorio l’Illuminatore« ein und bitten dabei, daß das armenische Volk durch die Fürsprache dieses verehrten und wohlverdienten Sohnes fortfahre, auf den Wegen des Glaubens voranzugehen, und sich dabei, wie es dies im Lauf der Jahrhunderte getan hat, von Christus und seinem Evangelium führen lasse, das die Kultur in unauslöschlicher Weise geprägt hat. Mit diesem Wunsch, den ich der Fürsprache der Jungfrau Maria anheimstelle, erteile ich allen meinen Segen.
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SONDERAUDIENZ FÜR DIE DIÖZESE ROM ZUR VORSTELLUNG UND ÜBERGABE DES "SCHREIBENS ÜBER DIE DRINGENDE AUFGABE DER ERZIEHUNG"

Petersplatz
Samstag, 23. Februar 2008




Liebe Brüder und Schwestern!

Ich danke euch, daß ihr so zahlreich die Einladung zu dieser Sonderaudienz angenommen habt, bei der ihr aus meinen Händen das »Schreiben über die dringende Aufgabe der Erziehung« empfangen werdet, das ich an die Diözese und an die Stadt Rom gerichtet habe. Ich begrüße jeden von euch sehr herzlich: Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen, Eltern, Lehrer, Katecheten und andere Erzieher, Kinder, Heranwachsende und Jugendliche – einschließlich derer, die die Audienz über das Fernsehen verfolgen. Ich begrüße insbesondere den Kardinalvikar und danke ihm ebenso wie all jenen, die stellvertretend für die verschiedenen Personengruppen, die in diese große erzieherische Herausforderung eingebunden sind, das Wort ergriffen haben.

Wir sind hier versammelt durch unseren gemeinsamen Einsatz für das Wohl der jungen Generationen, für das Heranwachsen und für die Zukunft der Kinder, die der Herr dieser Stadt geschenkt hat. Wir sind auch von einer Sorge getrieben: die Wahrnehmung dessen, was wir als »einen großen Bildungs- und Erziehungsnotstand« bezeichnet haben. Erziehen war nie einfach, und heute scheint es immer schwieriger zu werden. Nicht wenige Eltern und Lehrer sind daher versucht, sich ihrer Aufgabe zu entpflichten, und verstehen nicht einmal mehr, was wirklich die ihnen anvertraute Sendung ist. Zu viele Unsicherheiten und Zweifel kursieren nämlich in unserer Gesellschaft und in unserer Kultur, zu viele verzerrte Bilder werden von den Massenmedien verbreitet. So wird es schwierig, den jungen Generationen etwas Gültiges und Sicheres zu vermitteln, Verhaltensregeln und Ziele, für die zu leben es sich lohnt. Wir sind aber heute auch und vor allem hier, weil wir uns von einer großen Hoffnung und von einem starken Vertrauen getragen fühlen: von der Gewißheit, daß jenes klare und endgültige »Ja«, das Gott in Jesus Christus zur Menschheitsfamilie gesagt hat (vgl. 2 Kor 1,19–20), auch für unsere Jugendlichen und Heranwachsenden gilt, daß es für die Kinder gilt, vor denen sich heute das Leben ausbreitet. Darum ist die Erziehung zum Guten auch in unserer Zeit möglich. Sie ist eine Leidenschaft, die wir im Herzen tragen müssen. Sie ist ein gemeinsames Unternehmen, zu dem jeder aufgerufen ist, seinen Beitrag zu leisten.

Wir sind hier, ganz konkret, weil wir auf jene Frage der Erziehung antworten möchten, die die Eltern, die sich um die Zukunft ihrer Kinder Sorgen machen, heute in sich verspüren – ebenso wie die Lehrer, die die Krise der Schule von innen her erleben, die Priester und die Katecheten, die aus Erfahrung wissen, wie schwer es ist, zum Glauben zu erziehen, und die Kinder, Heranwachsenden und Jugendlichen selbst, die angesichts der Herausforderungen des Lebens nicht allein gelassen werden wollen. Das ist der Grund, warum ich an euch, liebe Brüder und Schwestern, das Schreiben gerichtet habe, das ich euch gleich überreichen werde. Ihr könnt darin einige einfache und konkrete Hinweise zu den grundlegenden und allgemeinen Aspekten der Erziehungsarbeit finden. Heute wende ich mich an jeden von euch, um euch von Herzen zu ermutigen, mit Freude die Verantwortungen zu übernehmen, die der Herr euch anvertraut, damit das große Erbe des Glaubens und der Kultur, das der wahre Reichtum unserer geliebten Stadt Rom ist, im Übergang von einer Generation auf die nächste nicht verlorengeht, sondern im Gegenteil erneuert und gestärkt wird und unserem Weg in die Zukunft Leitbild und Ansporn sein kann.

In diesem Geist wende ich mich an euch, liebe Eltern, um euch vor allem zu bitten, stets und für immer an eurer gegenseitigen Liebe festzuhalten: Das ist das erste und große Geschenk, das eure Kinder brauchen, um harmonisch aufzuwachsen, Selbstvertrauen und Vertrauen in das Leben zu gewinnen und so ihrerseits die Fähigkeit zu echter und großherziger Liebe zu erlernen. Die Liebe zu euren Kindern muß euch auch den Stil und den Mut des wahren Erziehers geben, mit einem konsequenten Lebenszeugnis und auch mit der Strenge, die notwendig ist, um den Charakter der jungen Generationen zu festigen und ihnen zu helfen, das Gute vom Bösen klar und deutlich zu unterscheiden und sich ihrerseits feste Lebensregeln zu schaffen, die ihnen in zukünftigen Prüfungen Halt geben. So werdet ihr eure Kinder reich machen durch das kostbarste und beständigste Erbe: das Vorbild eines tagtäglich gelebten Glaubens.

Im selben Geist bitte ich euch, die Lehrer der Schulen verschiedener Art, eine hohe und große Auffassung von eurer anspruchsvollen Arbeit zu haben – trotz der Schwierigkeiten, des Unverständnisses und der Enttäuschungen, die ihr allzuoft erfahrt. Lehren heißt nämlich, dem Wunsch nach Wissen und Verstehen entgegenzukommen, der dem Menschen innewohnt und der sich im Kind, im Jugendlichen, im Heranwachsenden in all seiner Kraft und Natürlichkeit zeigt. Eure Aufgabe kann sich daher nicht darauf beschränken, Kenntnisse und Informationen zu vermitteln, und dabei die große Frage nach der Wahrheit beiseite lassen, vor allem jener Wahrheit, die den Weg durch das Leben weisen kann. Ihr seid nämlich im vollen Sinne Erzieher: Euch ist, in enger Zusammenarbeit mit den Eltern, die hohe Kunst der Bildung der Person anvertraut. Besonders diejenigen, die an den katholischen Schulen unterrichten, mögen jenen Erziehungsplan, in dessen Mittelpunkt Jesus, der Herr, und sein Evangelium stehen, in sich tragen und im täglichen Handeln umsetzen.

Und ihr, liebe Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen, Katecheten, Animatoren und Ausbilder der Pfarreien, der Jugendgruppen, der kirchlichen Vereinigungen und Bewegungen, der Jugendzentren, der Sport- und Freizeiteinrichtungen, sollt versuchen, gegenüber den Kindern und Jugendlichen, denen ihr euch zur Seite stellt, stets so gesinnt zu sein, wie es dem Leben in Jesus Christus entspricht (vgl. Phil Ph 2,5). Seid also verläßliche Freunde, in denen sie die Freundschaft Jesu zu ihnen konkret wahrnehmen können, und seid gleichzeitig aufrichtige und mutige Zeugen jener Wahrheit, die befreit (vgl. Joh Jn 8,32) und den jungen Generationen den Weg zeigt, der zum Leben führt.

Die Erziehung ist jedoch nicht nur das Werk der Erzieher, sondern sie ist eine Beziehung zwischen Personen, bei der im Laufe der Jahre die Freiheit und die Verantwortung derer, die erzogen werden, immer mehr ins Spiel kommen. Daher wende ich mich mit großer Zuneigung an euch, die Kinder, Heranwachsenden und Jugendlichen, um euch in Erinnerung zu rufen, daß ihr dazu berufen seid, selbst die Verantwortung zu übernehmen für euer sittliches, kulturelles und geistliches Wachstum. Es liegt also an euch, das Erbe der Wahrheit, des Guten und des Schönen, das sich im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet hat und das in Jesus Christus seinen Eckstein besitzt, im Herzen, im Verstand und im Leben frei aufzunehmen. Es liegt an euch, dieses Erbe zu erneuern und weiterzuentwickeln und es von den vielen Lügen und Makeln zu befreien, die es oft unkenntlich machen und die in euch Mißtrauen und Enttäuschung hervorrufen. Ihr sollt jedoch wissen, daß ihr auf diesem nicht einfachen Weg niemals allein seid: Nicht nur eure Eltern, Lehrer, Priester, Freunde und Ausbilder sind bei euch, sondern vor allem jener Gott, der uns geschaffen hat und der in unseren Herzen verborgene Gast ist. Er erleuchtet von innen her unseren Verstand; er richtet unsere Freiheit, die wir oft als schwach und unbeständig erfahren, auf das Gute aus; er ist die wahre Hoffnung und die feste Grundlage unseres Lebens. Vor allem ihm können wir vertrauen.

Liebe Brüder und Schwestern, in dem Augenblick, in dem ich euch symbolisch das »Schreiben über die dringende Aufgabe der Erziehung« überreiche, vertrauen wir uns also alle gemeinsam unserem wahren und einzigen Meister an (vgl. Mt Mt 23,8), um uns zusammen mit ihm voll Vertrauen und Freude in jenes wunderbare Unternehmen der Ausbildung und des echten Wachstums der Personen einzubringen. Mit diesen Empfindungen und Wünschen erteile ich allen meinen Segen.
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PASTORALBESUCH IN DER RÖMISCHEN PFARRGEMEINDE

"SANTA MARIA LIBERATRICE" IM TESTACCIO

IMPROVISIERTE ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.

NACH DER BEGEGNUNG MIT EINIGEN PFARREIMITGLIEDERN Sonntag, 24. Februar 2008



Ich freue mich sehr, daß ich heute unter euch sein darf. Leider spreche ich den römischen Dialekt nicht, aber als Katholiken sind wir alle ein wenig Römer und tragen Rom in unserem Herzen; also verstehen wir den römischen Dialekt ein wenig. Es war sehr schön für mich, daß ich in eurem Dialekt begrüßt wurde, denn man versteht, daß diese Worte von Herzen kommen. Es ist auch schön und ermutigend, durch euch hier die vielen Tätigkeiten vertreten zu sehen, die in dieser Pfarrei ausgeübt werden, und die vielen Wirklichkeiten, die es hier gibt: die Priester, die Ordensfrauen verschiedener Kongregationen, die Katecheten, die gläubigen Laien, die mit der Pfarrei in verschiedener Weise zusammenarbeiten. Und ich sehe, daß auch der hl. Don Bosco unter euch lebendig ist und sein Werk fortsetzt, und ich sehe auch, wie die »Madonna Liberatrice«, die frei macht, dazu einlädt, Christus die Tore zu öffnen und auch den anderen die wahre Freiheit zu schenken. Das heißt Kirche schaffen und die Gegenwart des Reiches Christi unter uns bewirken. Danke für das alles.

Wir haben heute einen sehr aktuellen Abschnitt des Evangeliums gelesen. Die Samariterin, von der die Rede ist, kann als eine Vertreterin des modernen Menschen, des modernen Lebens erscheinen. Sie hat fünf Ehemänner gehabt und lebt mit einem andern Mann zusammen. Sie hat ihre Freiheit weitgehend genutzt, ist aber doch nicht freier, sondern leerer geworden. Wir sehen aber auch, daß in dieser Frau eine tiefe Sehnsucht lebt, das wahre Glück, die wahre Freude zu finden. Deshalb ist sie unruhig und entfernt sich immer weiter von dem wahren Glück.

Aber auch diese Frau, die ein scheinbar so oberflächliches Leben, fern von Gott führt, zeigt in dem Moment, wo Christus zu ihr spricht, daß sie in ihrem tiefsten Herzen die Frage nach Gott bewahrt hat: Wer ist Gott? Wo können wir ihn finden? Wie können wir ihn anbeten? In dieser Frau können wir den ganzen Spiegel unseres Lebens heute sehen mit all den Problemen, die wir haben; aber wir sehen auch, daß im tiefsten Herzen immer die Frage nach Gott und die Erwartung bleibt, daß er sich in einer anderen Weise zeigen möge.

Unser Leben ist wirklich ein Warten; wir antworten auf die Erwartung aller, die auf das Licht des Herrn warten, und indem wir diese Erwartung beantworten, wachsen auch wir im Glauben und können verstehen, daß dieser Glaube das Wasser ist, nach dem wir dürsten.

In diesem Sinn möchte ich euch ermutigen, euren pastoralen und missionarischen Dienst mit der euch eigenen Dynamik fortzusetzen, um den Personen heute zu helfen, daß sie die wahre Freiheit und die wahre Freude finden. Alle sind unterwegs wie diese Frau im Evangelium, um ganz frei zu werden, um die volle Freiheit und in ihr die volle Freude zu finden: aber oft sind sie auf dem falschen Weg. Mögen alle durch das Licht des Herrn und durch unsere Mitarbeit mit dem Herrn die wahre Freiheit finden, die von der Begegnung mit der Wahrheit kommt, die Liebe und Freude ist.

Heute haben mich zwei Sätze besonders berührt. Zuerst die Worte des Pfarrers: »Wir haben mehr Zukunft als Vergangenheit.« Das ist die Wahrheit unserer Kirche, die immer mehr Zukunft als Vergangenheit hat. Deshalb gehen wir mutig vorwärts.

Der zweite Satz, der mich berührt hat, ist aus der Rede des Vertreters des Pastoralrates: »Die wahre Heiligkeit besteht im Frohsinn.« Die Heiligkeit zeigt sich durch die Heiterkeit. Aus der Begegnung mit Christus erwächst die Heiterkeit. Und das soll mein Wunsch für euch sein, daß aus der Erkenntnis Christi immer neue Fröhlichkeit erwächst und mit ihr eine neue Dynamik, um ihn euren Brüdern und Schwestern zu verkünden. Danke für alles, was ihr tut. Frohe Ostern!
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AN DIE TEILNEHMER AN DEM VON DER PÄPSTLICHEN AKADEMIE FÜR DAS LEBEN VERANSTALTETEN KONGRESS

"AN DER SEITE DES UNHEILBAR KRANKEN UND STERBENDEN MENSCHEN: ETHISCHE UND PRAKTISCHE LEITLINIEN" Clementina-Saal

Montag, 25. Februar 2008




Liebe Brüder und Schwestern!

Mit großer Freude begrüße ich euch als Teilnehmer an dem Kongreß, den die Päpstliche Akademie für das Leben zum Thema »An der Seite des unheilbar kranken und sterbenden Menschen: ethische und praktische Leitlinien« ausgerichtet hat. Der Kongreß findet in Verbindung mit der XIV. Vollversammlung der Akademie statt, deren Mitglieder gleichfalls bei dieser Audienz zugegen sind. Ich danke vor allem dem Präsidenten Bischof Sgreccia für seine freundlichen Grußworte; mit ihm danke ich dem gesamten Leitungsgremium, dem Vorstand der Päpstlichen Akademie, allen Mitarbeitern und ordentlichen Mitgliedern, Ehrenmitgliedern und korrespondierenden Mitgliedern. Einen herzlichen und dankbaren Gruß möchte ich sodann an die Referenten dieses wichtigen Kongresses und an alle Teilnehmer aus den verschiedenen Ländern der Welt richten. Meine Lieben, euer hochherziges Engagement und euer Zeugnis sind wirklich lobenswert.

Schon allein, wenn man sich die Titel der vorgesehenen Referate ansieht, kann man daran das umfassende Spektrum eurer Überlegungen und das Interesse ablesen, das sie für die Gegenwart, besonders in der säkularisierten Welt von heute, erkennen lassen. Ihr versucht, Antworten auf die vielen Probleme zu geben, die tagtäglich von dem anhaltenden Fortschritt der medizinischen Wissenschaften gestellt werden, deren Arbeit zunehmend von hochentwickelten technologischen Instrumenten unterstützt wird. Angesichts dieser Situation ergibt sich für alle und in besonderer Weise für die vom auferstandenen Herrn belebte Kirche die dringende Herausforderung, den Glanz der offenbarten Wahrheit und den Beistand der Hoffnung in den weiten Horizont des menschlichen Lebens hineinzutragen.

Wann immer ein Leben in vorgerücktem Alter oder aber am Beginn seiner irdischen Existenz oder aus unvorhergesehenen Gründen in der vollen Blüte der Jahre verlischt, darf man darin nicht lediglich eine versiegende biologische Erscheinung oder eine abgeschlossene Biographie sehen, sondern eine Neugeburt und ein erneuertes Dasein, das vom Auferstandenen demjenigen geschenkt wird, der sich seiner Liebe nicht absichtlich widersetzt hat. Mit dem Tod endet die irdische Erfahrung, aber durch den Tod eröffnet sich auch für jeden von uns jenseits der Zeit das volle und endgültige Leben. Der Herr des Lebens ist an der Seite des Kranken als der zugegen, der lebt und das Leben schenkt und der gesagt hat: »Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben« (Jn 10,10), »Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt« (Jn 11,25) und »Ich werde ihn auferwecken am letzten Tag« (Jn 6,54). Alle in der christlichen Hoffnung unternommenen Anstrengungen, um uns selbst und die uns anvertraute Welt zu verbessern, finden in jenem feierlichen und heiligen Augenblick, von der Gnade geläutert, ihren Sinn und gewinnen an Wert dank der Liebe Gottes, des Schöpfers und Vaters. Wenn sich im Augenblick des Todes die Beziehung mit Gott in der Begegnung mit demjenigen voll verwirklicht, »der nicht stirbt, der das Leben selber ist und die Liebe selber, dann sind wir im Leben. Dann leben wir« (Benedikt XVI., Enzyklika Spe salvi, 27). Für die Gemeinschaft der Gläubigen ist diese Begegnung des Sterbenden mit dem Herrn des Lebens und der Liebe ein Geschenk, das für alle wertvoll ist, das die Gemeinschaft aller Gläubigen bereichert. Als solches muß es die gemeinsame Aufmerksamkeit und Anteilnahme nicht nur der engsten Familienmitglieder, sondern im Rahmen des Möglichen der ganzen Gemeinde finden, die mit dem Sterbenden verbunden war. Kein Glaubender dürfte einsam und verlassen sterben. Mutter Teresa von Kalkutta kümmerte sich besonders darum, die Armen und Verlassenen von der Straße aufzulesen, damit sie wenigstens im Augenblick des Todes in der Umarmung durch die Schwestern und Brüder die Wärme des Vaters erfahren konnten.

Aber nicht nur die christliche Gemeinde ist durch ihre besonderen Bande übernatürlicher Gemeinschaft verpflichtet, in ihren Mitgliedern das Geheimnis des Schmerzes und Todes und den Anbruch des neuen Lebens zu begleiten und zu feiern. Tatsächlich ist die ganze Gesellschaft durch ihre Gesundheitseinrichtungen und zivilen Institutionen aufgerufen, das Leben und die Würde des schwerkranken und sterbenden Menschen zu achten. Trotz des Bewußtseins, daß »nicht die Wissenschaft den Menschen erlöst« (Spe salvi, 26), sind die ganze Gesellschaft und insbesondere die mit der Medizin verbundenen Sektoren verpflichtet, die Solidarität der Liebe, die Wahrung und die Achtung des menschlichen Lebens in jedem Augenblick seiner irdischen Entwicklung auszudrücken, vor allem, wenn es unter Krankheit leidet oder sich in seinem Endstadium befindet. Konkreter gesprochen geht es darum, daß für jeden Menschen, wenn er sie braucht, die notwendige Unterstützung durch Therapien und angemessene ärztliche Eingriffe sichergestellt werden muß, die nach den Kriterien der medizinischen Verhältnismäßigkeit bestimmt und durchgeführt werden, wobei immer die moralische Pflicht zu beachten ist, jene Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens (von seiten des Arztes) anzuwenden und (von seiten des Patienten) anzunehmen, die in der konkreten Situation als »gewöhnliche« Behandlungen gelten. Was hingegen die mit schweren Risiken verbundenen Therapien betrifft, die unter der angebrachten Vorsicht als »außergewöhnliche« einzustufen wären, ist ihre Anwendung als moralisch erlaubt, aber fakultativ zu betrachten. Außerdem müssen für jeden Menschen immer die notwendigen und ihm zustehenden Behandlungen sichergestellt sein sowie die Unterstützung für die durch die Krankheit eines ihrer Mitglieder schwergeprüften Familien, besonders wenn es sich um eine schwere und lange Krankheit handelt. Auch werden im Bereich des Arbeitsrechts den Familienangehörigen bei der Geburt eines Kindes normalerweise spezifische Rechte eingeräumt; analog sollten, besonders unter bestimmten Umständen, den engen Verwandten eines todkranken Angehörigen in seiner letzten Lebensphase ähnliche Rechte zugestanden werden. Eine solidarische und humane Gesellschaft kann nicht die schwierigen Umstände von Familien unberücksichtigt lassen, die manchmal über lange Zeit hinweg die Last der Betreuung von pflegebedürftigen Schwerkranken zu Hause tragen müssen. Eine größere Achtung vor dem einzelnen menschlichen Leben geht unvermeidlich über die konkrete Solidarität aller und jedes einzelnen und stellt damit eine der dringlichsten Herausforderungen unserer Zeit dar.

Wie ich in der Enzyklika Spe salvi erwähnt habe, »bestimmt sich das Maß der Humanität ganz wesentlich im Verhältnis zum Leid und zum Leidenden. Das gilt für den einzelnen wie für die Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die die Leidenden nicht annehmen und nicht im Mit-leiden helfen kann, Leid auch von innen zu teilen und zu tragen, ist eine grausame und inhumane Gesellschaft« (Nr. 38). In einer komplexen und stark von der Dynamik der Produktivität und den Bedürfnissen der Wirtschaft beeinflußten Gesellschaft laufen die schwachen Menschen und die ärmeren Familien in Momenten wirtschaftlicher Schwierigkeiten und/oder Krankheit Gefahr, überrannt zu werden. In den großen Städten sehen sich alte und alleinstehende Menschen immer häufiger auch dann allein gelassen, wenn sie schwer krank sind und im Sterben liegen. In solchen Situationen verschärft sich für diese Menschen der auf Sterbehilfe ausgerichtete Druck, vor allem dann, wenn sich eine utilitaristische Auffassung vom Menschen einschleicht. In diesem Zusammenhang nutze ich die Gelegenheit, noch einmal gemäß der jahrhundertealten Lehre der Kirche die feste und bleibende ethische Verurteilung jeder Form von direkter Euthanasie zu bekräftigen.

Die Synergie der Zivilgesellschaft und der Gemeinschaft der Gläubigen muß sich zum Ziel setzen, daß alle nicht nur würdig und verantwortungsvoll leben können, sondern auch die Zeit der Prüfung und den Augenblick des Todes, soweit möglich, in einer Atmosphäre der Brüderlichkeit und Solidarität erfahren; und dies soll auch dort der Fall sein, wo der Tod in einer armen Familie oder in einem Krankenhausbett eintritt. Die Kirche ist dazu berufen, mit ihren bereits wirkenden Einrichtungen und mit neuen Initiativen das Zeugnis der tätigen Nächstenliebe zu geben; das gilt besonders angesichts der kritischen Situation alleinstehender pflegebedürftiger Personen und gegenüber schwerkranken Patienten, die außer angemessenem religiösen Beistand vor allem palliativmedizinische Behandlung benötigen. Die geistliche Mobilisierung der Pfarr- und Diözesangemeinden einerseits und die Schaffung bzw. eignungsgerechte Ausstattung der von der Kirche abhängigen Strukturen andererseits werden die ganze soziale Umgebung anregen und sensibilisieren können, damit jedem leidenden Menschen und besonders dem Sterbenden Solidarität und Nächstenliebe bezeugt und zuteil werden. Die Gesellschaft darf es ihrerseits nicht unterlassen, die nötige Unterstützung für die Familien sicherzustellen, die bereit sind, Angehörige, die von degenerativen Krankheiten (Tumore, neurodegenerative Pathologien usw.) betroffen sind oder eine besonders anspruchsvolle Betreuung nötig haben, oft über lange Zeiten hinweg zu Hause zu pflegen. Besonders erfordert ist das Zusammenwirken aller lebendigen und verantwortlichen Kräfte der Gesellschaft für jene spezialisierten Hilfseinrichtungen, die eine große Zahl von Fachpersonal und besonders kostenträchtige Geräte absorbieren. Vor allem in diesen Bereichen kann sich die Synergie der Kirche und der Institutionen als ausgesprochen wertvoll erweisen, um dem menschlichen Leben im Augenblick der Schwäche und Gebrechlichkeit die nötige Hilfe zu gewährleisten.

Während ich den Wunsch ausspreche, daß bei diesem internationalen Kongreß, der im Zusammenhang mit dem Jubiläum der Marienerscheinungen von Lourdes stattfindet, neue Vorschläge gefunden werden können, um die Situation all jener Menschen zu erleichtern, die mit den Krankheitsformen im Endstadium zu tun haben, fordere ich euch auf, eure verdienstvolle Aufgabe im Dienst am Leben in jeder Phase fortzusetzen. Mit diesen Empfindungen versichere ich euch meines Gebets zur Unterstützung eurer Arbeit und begleite euch mit einem besonderen Apostolischen Segen.

AN DIE BISCHÖFE VON EL SALVADOR

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES Donnerstag, 28. Februar 2008

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!


1. Mit großer Freude empfange ich euch an diesem Tag, an dem ihr im Rahmen eures »Ad-limina«-Besuches zu den Gräbern der Apostel gekommen seid, um die Bande der Gemeinschaft eurer Teilkirchen mit dem Apostolischen Stuhl zu stärken. Meine Freude ist noch größer, weil ich zum ersten Mal als Nachfolger Petri die Gelegenheit zur Begegnung mit euch habe. Ich danke dem Erzbischof von San Salvador und Vorsitzenden der Bischofskonferenz Fernando Sáenz Lacalle für die freundlichen Worte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat. Durch euch lasse ich besonders eure Priester, Ordensleute und gläubigen Laien grüßen, die die Frohe Botschaft von der Erlösung, die Christus uns gebracht hat – wahre und einzige Hoffnung für alle Völker –, hochherzig und mit unermüdlichem Einsatz leben und verkünden.

Die Mehrheit des salvadorianischen Volkes zeichnet sich durch ihren lebendigen Glauben und ihr tiefes religiöses Gefühl aus. Das Evangelium, das von den ersten Missionaren ins Land gebracht und auch von Hirten, die von der Liebe zu Gott erfüllt waren, wie Erzbischof Óscar Arnulfo Romero, leidenschaftlich verkündet wurde, hat sich in diesem schönen Land weithin eingewurzelt und reiche Früchte an christlichem Leben und Heiligkeit erbracht. Einmal mehr, liebe Brüder im Bischofsamt, ist die verwandelnde Kraft der Heilsbotschaft, die zu verkünden die Kirche berufen ist, Wirklichkeit geworden, denn es ist eine Gewißheit, daß »das Wort Gottes nicht gefesselt ist« (2Tm 2,9). Es ist lebendig und kraftvoll (vgl. Hebr He 4,12).

Außerdem habt ihr im Jahr 2005 einen Hirtenbrief dem Problem der Gewalt gewidmet, das als eines der schwerwiegendsten Probleme in eurer Nation angesehen wird. In der Analyse ihrer Ursachen erkennt ihr, daß die Zunahme der Gewalt eine unmittelbare Folge anderer, tieferer sozialer Mißstände ist: der Armut, des Mangels an Bildung, des fortschreitenden Verlusts jener Werte, die seit jeher die salvadorianische Seele geformt haben, und der Auflösung der Familie. Die Familie ist in der Tat ein unverzichtbares Gut für die Kirche und die Gesellschaft sowie ein Fundament für den Aufbau des Friedens (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2008, 3). Deshalb spürt ihr die Notwendigkeit, in allen Diözesen eine angemessene und wirksame Familienpastoral wiederzubeleben und zu stärken, die den Jugendlichen eine solide geistliche und affektive Formung bietet, welche ihnen hilft, die Schönheit von Gottes Plan in bezug auf die menschliche Liebe zu entdecken, und ihnen erlaubt, die echten Werte von Ehe und Familie, wie Zärtlichkeit und gegenseitigen Respekt, Selbstbeherrschung, Ganzhingabe und beständige Treue, konsequent zu leben.

3. Angesichts der Armut so vieler Menschen scheint es unausweichlich notwendig zu sein, die wirtschaftlichen Strukturen und Bedingungen zu verbessern, damit es allen ermöglicht wird, ein würdiges Leben zu führen. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß der Mensch nicht ein bloßes Produkt der materiellen oder sozialen Verhältnisse ist, in denen er lebt. Er braucht mehr, er strebt nach mehr als nach dem, was ihm die Wissenschaft und jegliche menschliche Initiative geben kann. Es gibt in ihm einen unermeßlichen Durst nach Gott. Ja, liebe Brüder im Bischofsamt, die Menschen sehnen sich in der Tiefe ihres Herzens nach Gott, und er ist der einzige, der ihren Durst nach Erfüllung und Leben stillen kann, denn nur er kann uns die Gewißheit einer bedingungslosen Liebe geben, einer Liebe, die stärker ist als der Tod (vgl. Spe salvi, 26). »Der Mensch braucht Gott, sonst ist er hoffnungslos« (ebd., 23).

Es ist deshalb notwendig, daß ihr in euren Diözesangemeinschaften einen Anstoß gebt zu einem ehrgeizigen und kühnen Bemühen um Evangelisierung, die darauf abzielt, in allen Gläubigen diese vertraute Begegnung mit dem lebendigen Christus zu erleichtern, die die Grundlage und der Ursprung des Christseins ist (vgl. Deus caritas Est 1). Also eine Pastoral, die »in Christus selbst ihre Mitte findet. Ihn gilt es kennenzulernen, zu lieben und nachzuahmen, um in ihm das Leben des dreifaltigen Gottes zu leben und mit ihm der Geschichte eine neue Gestalt zu geben, bis sie sich im himmlischen Jerusalem erfüllt« (Novo Millennio ineunte, 29). Man muß den gläubigen Laien dabei helfen, immer mehr den geistigen Reichtum ihrer Taufe zu entdecken, durch die sie »zur Fülle des christlichen Lebens und zur vollkommenen Liebe berufen sind« (Lumen gentium LG 40) und die ihre Verpflichtung erhellen wird, inmitten der menschlichen Gesellschaft für Christus Zeugnis abzulegen (vgl. Gaudium et spes GS 43). Um diese sehr anspruchsvolle Berufung zu erfüllen, müssen sie fest in einem intensiven Gebetsleben verwurzelt sein, das Wort Gottes eifrig und demütig hören und häufig die Sakramente empfangen; und sie müssen sich auch einen tiefen Sinn für die kirchliche Zugehörigkeit und eine solide Bildung aneignen, vor allem bezüglich der Soziallehre der Kirche, wo sie klare Kriterien und Leitlinien finden werden, um die Gesellschaft, in der sie leben, christlich erhellen zu können.

4. In eurer Hirtensorge müssen die Priester einen ganz besonderen Platz einnehmen. Mit ihnen einen euch engste Bande kraft des Weihesakraments, das sie empfangen haben, und der Teilnahme an demselben Evangelisierungsauftrag. Sie verdienen eure beste Fürsorge und eure Nähe zu einem jeden von ihnen, um ihre persönliche Situation kennenzulernen, ihnen in allen ihren geistigen und materiellen Bedürfnissen beizustehen und sie zu ermutigen, ihren Weg priesterlicher Heiligkeit freudig fortzusetzen. Ihr ahmt darin das Beispiel Jesu nach, der alle, die bei ihm waren, als seine Freunde betrachtete (vgl. Joh Jn 15,15). Als Fundament und sichtbares Prinzip für die Einheit in euren Teilkirchen (vgl. Lumen gentium LG 23) ermuntere ich euch, Förderer und Vorbilder für euer Priesterkollegium zu sein, indem ihr dringend dazu ratet, die Eintracht und Einheit aller Priester untereinander und um ihren Bischof zu leben – als offene Bekundung eurer Liebe als Väter und Brüder, ohne es zu unterlassen, ordnungswidrige Situationen nötigenfalls zu korrigieren.

Die Liebe und Treue des Priesters zu seiner Berufung wird die beste und wirksamste Pastoral für Priesterberufe sowie ein Vorbild und Ansporn für eure Seminaristen sein, die das Herz eurer Diözesen sind und denen ihr eure besten Reserven und Kräfte widmen sollt (vgl. Optatam totius OT 5), denn sie sind die Hoffnung für eure Kirchen.

Begleitet auch aufmerksam das Leben und die Tätigkeit der Ordensinstitute durch Wertschätzung und Förderung der besonderen Berufung und Sendung des geweihten Lebens in euren Diözesangemeinschaften (vgl. Lumen gentium LG 44) und indem ihr sie ermutigt, an der pastoralen Arbeit in der Diözese mitzuwirken, »um durch ihre Anwesenheit und ihren Dienst die kirchliche Gemeinschaft zu bereichern« (Apostol. Schreiben Pastores gregis, 50).

5. Auch wenn die Herausforderungen, vor denen ihr steht, enorm sind und eure Kräfte und Fähigkeiten zu übersteigen scheinen, wißt ihr, daß ihr euch vertrauensvoll an den Herrn, für den nichts unmöglich ist (vgl. Lk Lc 1,37), wenden und euer Herz dem Antrieb der göttlichen Gnade öffnen könnt. In diesem ständigen Kontakt mit Jesus, dem Guten Hirten, im Gebet werden die besten pastoralen Vorhaben für eure Gemeinden reifen, und ihr werdet wirklich Diener der Hoffnung für alle eure Brüder sein (vgl. Pastores gregis, 3), denn Er – der Herr – macht euer Bischofsamt fruchtbar, das seinerseits ein echter Widerschein eurer Hirtenliebe sein muß, nach dem Bild dessen, der nicht gekommen ist, »um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele« (Mc 10,45).

6. Liebe Brüder, am Ende unserer Begegnung danke ich euch noch einmal für eure hochherzige Hingabe an die Kirche und begleite euch mit meinem Gebet, damit euch in allen euren pastoralen Herausforderungen die Worte Jesu, des Herrn, mit Hoffnung erfüllen und euch ermutigen: »Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20). Ich drücke euch an mein Herz in einer Umarmung des Friedens, in die ich alle Priester, Ordensmänner, Ordensfrauen und Laien eurer Ortskirchen einschließe. Auf jeden von euch und eure Gläubigen in den Diözesen rufe ich den Schutz der Jungfrau Maria, Königin des Friedens und Schutzpatronin von El Salvador, herab und erteile euch zugleich von Herzen den Apostolischen Segen.



AN FRAU MARY ANN GLANDON,

NEUE BOTSCHAFTERIN DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA

BEIM HL. STUHL Freitag, 29. Februar 2008



Exzellenz!

Es ist mir eine Freude, das Schreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika akkreditiert werden, und ihnen meine herzlichen und guten Wünsche zur Übernahme Ihrer neuen Verantwortung im Dienst Ihres Landes auszusprechen. Ich bin zuversichtlich, daß das Wissen und die Erfahrung, die aus Ihrer hervorragenden Verbindung mit der Arbeit des Heiligen Stuhls erwachsen sind, sich bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben als nützlich erweisen und die Tätigkeit der diplomatischen Gemeinschaft, der Sie jetzt angehören, bereichern werden. Ich danke Ihnen auch für die freundlichen Grüße, die Sie mir von Präsident George W. Bush im Namen des amerikanischen Volkes überbracht haben, während ich mich schon auf meinen Pastoralbesuch in den Vereinigten Staaten im April freue.

Amerika ist, wie Sie bemerkten, seit den Anfängen der Republik eine Nation, welche die Rolle des religiösen Glaubens für die Sicherstellung einer lebendigen und ethisch gesunden demokratischen Ordnung hochschätzt. Das Beispiel Ihres Landes, Menschen guten Willens ungeachtet von Rasse, Nationalität oder Religionszugehörigkeit in einer gemeinsamen Vision und einem disziplinierten Streben nach dem Gemeinwohl zu vereinen, war für viele jüngere Nationen eine Ermutigung bei ihren Anstrengungen, eine harmonische, freie und gerechte Gesellschaftsordnung zu schaffen. Diese Aufgabe, Einheit und Verschiedenheit zu versöhnen, eine gemeinsame Vision zu schmieden und die moralische Kraft für ihre Umsetzung aufzubieten, ist heute zu einer dringenden Priorität für die ganze Menschheitsfamilie geworden, die sich immer mehr ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und ihres Bedarfs an effektiver Solidarität bewußt wird, um den globalen Herausforderungen begegnen und eine friedliche Zukunft für die kommenden Generationen aufbauen zu können.

Die Erfahrung des vergangenen Jahrhunderts mit seinem hohen Blutzoll an Opfern durch Kriege und Gewalt, die in der geplanten Vernichtung ganzer Völker gipfelte, hat deutlich gemacht, daß die Zukunft der Menschheit nicht vom bloßen politischen Kompromiß abhängen kann. Sie muß vielmehr das Ergebnis eines tiefergehenden, auf der Anerkennung universaler Wahrheiten beruhenden Konsenses sein, der durch das vernünftige Nachdenken über die Voraussetzungen unseres gemeinsamen Menschseins zustande kommt (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2008, 13).

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, deren sechzigsten Jahrestag wir in diesem Jahr begehen, war das Ergebnis einer weltweiten Erkenntnis, daß eine gerechte globale Ordnung nur auf der Anerkennung und Verteidigung der unantastbaren Würde und Rechte jedes Mannes und jeder Frau beruhen kann. Diese Erkenntnis muß dann wieder jede Entscheidung motivieren, die die Zukunft der Menschheitsfamilie und aller ihrer Glieder betrifft. Ich vertraue darauf, daß Ihr Land, das auf die selbstverständliche Wahrheit gegründet ist, wodurch der Schöpfer jeden Menschen mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet hat, auch weiterhin in den in seine Gründungsdokumente aufgenommenen Prinzipien des allgemeinen Sittengesetzes eine zuverlässige Richtschnur für die Ausübung seiner Führungsrolle in der internationalen Gemeinschaft finden wird.

Der Aufbau einer globalen, von den höchsten Idealen der Gerechtigkeit, der Solidarität und des Friedens inspirierten Rechtskultur verlangt von jeder neuen Generation festes Vertrauen, Hoffnung und Hochherzigkeit (vgl. Spe salvi, 25). Ich anerkenne Ihren Hinweis auf die beachtlichen Anstrengungen Amerikas bei der Suche nach kreativen Mitteln und Wegen, um die schwerwiegenden Probleme zu lindern, vor denen so viele Nationen und Völker in unserer Welt stehen. Der Aufbau einer sichereren Zukunft für die Menschheitsfamilie bedeutet zuallererst, daß man für die ganzheitliche Entwicklung der Menschen sorgt, besonders durch eine angemessene Gesundheitsfürsorge, die Eliminierung von Pandemien wie Aids, breitere Bildungschancen für junge Menschen, die Förderung der Frauen und die Einschränkung der Korruption und Militarisierung, durch die viele unserer Brüder und Schwestern in den ärmeren Ländern um wertvolle Ressourcen gebracht werden. Der Fortschritt der Menschheit wird nicht nur durch die Geißel des internationalen Terrorismus gefährdet, sondern auch durch Friedensbedrohungen wie das beschleunigte Wettrüsten und die anhaltenden Spannungen im Nahen Osten. Ich gebe bei dieser Gelegenheit meiner Hoffnung Ausdruck, daß geduldige und transparente Verhandlungen zur Reduzierung und Eliminierung der Kernwaffen führen werden und daß die jüngste Nahostkonferenz von Annapolis der erste einer Reihe von Schritten hin zu einem dauerhaften Frieden in der Region sein wird. Die Lösung dieser und ähnlicher Probleme verlangt Vertrauen in die und Engagement für die Arbeit internationaler Körperschaften wie der Organisation der Vereinten Nationen, die aufgrund ihrer Struktur in der Lage sind, einen echten Dialog und Verständigung dadurch zu fördern, daß sie divergierende Ansichten miteinander in Einklang bringen und multilaterale politische und strategische Taktiken entwickeln, die geeignet sind, den vielfältigen Herausforderungen unserer komplexen und sich rasch verändernden Welt zu begegnen.

Mit Dankbarkeit darf ich feststellen, welche Bedeutung die Vereinigten Staaten dem interreligiösen und interkulturellen Dialog als einer positiven friedenstiftenden Kraft beigemessen haben.

Der Heilige Stuhl ist von der großen geistlichen Wirkkraft überzeugt, die ein solcher Dialog besonders im Hinblick auf die Förderung der Gewaltlosigkeit und die Ablehnung von Ideologien darstellt, die die Religion manipulieren und für politische Zwecke mißbrauchen und im Namen Gottes die Gewalt rechtfertigen. Die historische Wertschätzung des amerikanischen Volkes für die Rolle der Religion bei der Gestaltung der öffentlichen Debatte und bei der Erhellung der unverzichtbaren moralischen Dimension der sozialen Probleme spiegelt sich in den Bemühungen so vieler Ihrer Mitbürger und Regierungsverantwortlicher wider, den gesetzlichen Schutz des göttlichen Geschenks des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod sowie den Schutz der Ehe als festen Bund zwischen einem Mann und einer Frau sowie den Schutz der Familie zu gewährleisten.

Frau Botschafter, da Sie nun Ihre hohe Verantwortung im Dienst Ihres Landes übernehmen, erneuere ich meine guten Wünsche für den Erfolg Ihrer Arbeit. Seien Sie versichert, daß Sie immer auf die verschiedenen Dienststellen des Heiligen Stuhls zählen können, die Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben Hilfe und Unterstützung bieten werden. Auf Sie und Ihre Familie und auf das ganze geliebte amerikanische Volk rufe ich von Herzen den Segen Gottes, seine Weisheit, seine Kraft und seinen Frieden herab.



AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DES

PÄPSTLICHEN RATES "COR UNUM" Clementina-Saal

Freitag, 29. Februar 2008




Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, euch anläßlich der Vollversammlung des Päpstlichen Rates »Cor Unum« zu empfangen. An jeden von euch, die ihr an dieser Begegnung teilnehmt, richte ich meinen herzlichen Gruß. Insbesondere begrüße ich Herrn Kardinal Paul Josef Cordes, dem ich für die freundlichen Worte danke, Seine Exzellenz, den Sekretär, und alle Mitglieder und Offiziale des Päpstlichen Rates »Cor Unum«. Das Thema, über das ihr in diesen Tagen nachdenkt – »Die menschlichen und geistlichen Eigenschaften derer, die im karitativen Dienst der Kirche tätig sind« –, betrifft ein wichtiges Element des kirchlichen Lebens. Es geht nämlich um diejenigen, die im Volk Gottes einen unverzichtbaren Dienst ausüben: die »diakonia« der Nächstenliebe. Und gerade dem Thema der Nächstenliebe wollte ich meine erste Enzyklika Deus caritas est widmen.

Ich nehme daher gern diese Gelegenheit wahr, um denen besondere Anerkennung auszusprechen, die in verschiedenen Positionen im karitativen Bereich tätig sind und durch ihren Beitrag zeigen, daß die Kirche auf konkrete Weise denen zur Seite steht, die in irgendeiner Form von Not und Leid betroffen sind. Für diese kirchliche Tätigkeit tragen die Hirten die allgemeine und letzte Verantwortung; dies betrifft sowohl die Sensibilisierung als auch die Umsetzung von Plänen zur Förderung des Menschen, besonders zugunsten weniger begüterter Gemeinschaften. Wir danken Gott, daß viele Christen Zeit und Kraft investieren, um nicht nur materielle Hilfeleistungen zu bringen, sondern auch Unterstützung in Form von Trost und Hoffnung für diejenigen, die unter schwierigen Bedingungen leben, indem sie stets für das wahre Wohl des Menschen Sorge tragen. So nimmt die karitative Tätigkeit einen zentralen Platz im Evangelisierungsauftrag der Kirche ein. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Werke der Nächstenliebe einen wichtigen Bereich für die Begegnung auch mit Menschen darstellen, die Christus noch nicht oder nur teilweise kennen. Zu Recht bringen daher die Hirten und die Verantwortungsträger in der Seelsorge des karitativen Handelns denjenigen, die im Bereich der »diakonia« tätig sind, ständige Aufmerksamkeit entgegen und sorgen für ihre Ausbildung, sowohl vom menschlichen und fachlichen als auch vom theologisch-geistlichen und pastoralen Gesichtspunkt her.

In unserer Zeit wird sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche viel Wert auf die ständige Weiterbildung gelegt, wie die Vielzahl entsprechender Einrichtungen und Zentren zeigt, die errichtet werden, um brauchbare Hilfsmittel zum Erwerb spezifischer fachlicher Kompetenzen anzubieten. Unentbehrlich ist jedoch für diejenigen, die in den karitativen Einrichtungen der Kirche tätig sind, jene »Herzensbildung«, von der ich in der eben erwähnten Enzyklika Deus caritas est gesprochen habe (Nr. 31a): eine innere und geistliche Bildung, die aus der Begegnung mit Christus jene Sensibilität des Herzens hervorgehen läßt, die allein es erlaubt, die Erwartungen und die Bedürfnisse des Menschen bis ins Tiefste zu erkennen und zu erfüllen. Gerade dadurch wird es möglich, sich dieselben Empfindungen barmherziger Liebe anzueignen, die Gott jedem Menschen entgegenbringt. In den Augenblicken des Leidens und des Schmerzes ist dies der notwendige Zugang. Wer in den vielfachen Formen der Liebestätigkeit der Kirche arbeitet, kann sich daher nicht damit begnügen, nur technische Unterstützung zu bieten oder materielle Probleme und Schwierigkeiten zu lösen. Die Hilfe, die er anbietet, darf sich niemals nur auf eine philanthropische Geste reduzieren, sondern sie muß spürbarer Ausdruck der dem Evangelium entsprechenden Liebe sein. Wer auf der Ebene der Pfarrei oder der Diözese oder in internationalen Organismen Dienst am Menschen tut, der tut dies im Namen der Kirche und ist aufgerufen, in seinem Wirken eine echte Erfahrung von Kirche durchscheinen zu lassen.

Eine ernsthafte und wirksame Ausbildung in diesem lebenswichtigen Bereich muß also darauf abzielen, die Mitarbeiter der verschiedenen karitativen Dienste immer besser zu qualifizieren, damit sie auch und vor allem Zeugen der dem Evangelium entsprechenden Liebe sind. Das sind sie, wenn ihre Sendung sich nicht darin erschöpft, Sozialarbeiter zu sein, sondern in der Verkündigung des Evangeliums der Liebe besteht. In der Nachfolge Christi sind sie berufen, Zeugen des Wertes des Lebens in allen seinen Erscheinungsformen zu sein und besonders das Leben der Schwachen und Kranken zu verteidigen, nach dem Vorbild der seligen Mutter Teresa von Kalkutta; sie liebte die Sterbenden und nahm sich ihrer an, weil sich das Leben nicht von seiner Leistungsfähigkeit her bemißt, sondern immer und für alle einen Wert hat. An zweiter Stelle sind diese kirchlichen Mitarbeiter berufen, Zeugen der Liebe zu sein, also der Tatsache, daß wir dann vollkommen Männer und Frauen sind, wenn wir auf den anderen ausgerichtet leben, und Zeugen dafür, daß niemand für sich selbst sterben und leben kann und daß man das Glück nicht in der Einsamkeit eines in sich selbst zurückgezogenen Lebens findet, sondern in der Hingabe seiner selbst. Schließlich muß derjenige, der im kirchlichen Bereich arbeitet, Zeuge Gottes sein, der die Fülle der Liebe ist und zu lieben einlädt. Die Quelle allen Handelns des kirchlichen Mitarbeiters liegt in Gott, der Schöpferliebe und Erlöser ist. Wie ich in der Enzyklika Deus caritas est geschrieben habe, können wir die Liebe tun, weil wir nach Gottes Bild geschaffen sind, um »die Liebe zu verwirklichen und damit das Licht Gottes in die Welt einzulassen« (Nr. 39): Eben dazu wollte ich mit dieser Enzyklika einladen.

Welch große Bedeutungsfülle könnt ihr daher in eurer Tätigkeit finden! Und wie wertvoll ist sie für die Kirche! Ich freue mich, daß der Päpstliche Rat »Cor Unum« – gerade um eure Tätigkeit immer mehr zu einem Zeugnis für das Evangelium zu machen – für den kommenden Juni in Guadalajara einen Exerzitienkurs für Präsidenten und Direktoren karitativer Einrichtungen des amerikanischen Kontinents einberufen hat. Er wird dazu dienen, die menschliche und christliche Dimension, die ich soeben angesprochen habe, in Fülle wiederzuerlangen, und ich hoffe, daß die Initiative sich in Zukunft auch auf andere Teile der Welt ausweiten wird. Liebe Freunde, ich danke euch für das, was ihr tut, versichere euch eines liebevollen Gebetsgedenkens und erteile jedem von euch und eurer Arbeit von Herzen einen besonderen Apostolischen Segen.

März 2008

ROSENKRANZGEBET MIT DEN UNIVERSITÄTSSTUDENTEN


Audienzenhalle
Samstag, 1. März 2008

Liebe Universitätsstudenten!


Zum Abschluß dieser marianischen Gebetsvigil richte ich mit großer Freude meinen Gruß an euch alle – an alle hier Anwesenden und an alle, die über die Satellitenverbindungen am Gebet teilnehmen. Ich grüße mit Dankbarkeit die verehrten Kardinäle und Bischöfe, insbesondere diejenigen, die in den mit uns verbundenen Städten dem Rosenkranzgebet vorstanden: Aparecida in Brasilien, Avignon in Frankreich, Bukarest in Rumänien, Mexiko-Stadt in Mexiko, Havanna auf Kuba, Loja in Ecuador, Minsk in Weißrußland, Neapel in Italien, Toledo in Spanien und Washington in den Vereinigten Staaten von Amerika – fünf Städte in Europa und fünf auf dem amerikanischen Kontinent. In der Tat steht diese Initiative unter dem Thema »Europa und der amerikanische Kontinent: vereint die Zivilisation der Liebe aufbauen«. Und zu diesem Thema hat in den vergangenen Tagen an der Universität »Gregoriana« eine Tagung stattgefunden, an deren Teilnehmer ich einen herzlichen Gruß richte.

Es war eine gute Entscheidung, jedesmal die Beziehung zwischen Europa und jeweils einem anderen Kontinent hervorzuheben, dies unter dem Blickwinkel der Hoffnung. Vor zwei Jahren Europa und Afrika, im vergangenen Jahr Europa und Asien, in diesem Jahr Europa und Amerika. Das Christentum stellt eine starke und tiefe Verbindung zwischen dem »alten« Kontinent und der »neuen Welt« dar. Man braucht nur an die wesentliche Stellung zu denken, die die Heilige Schrift und die christliche Liturgie in der Kultur und in der Kunst der europäischen und der amerikanischen Völker einnehmen. Leider ist jedoch die sogenannte »westliche Zivilisation« ihrer Inspiration durch das Evangelium teilweise auch untreu geworden. Daher bedarf es einer aufrichtigen und ehrlichen Reflexion, einer Gewissensprüfung. Man muß unterscheiden zwischen dem, was die »Zivilisation der Liebe« aufbaut, wie es dem in Jesus Christus offenbarten Plan Gottes entspricht, und dem, was sich ihr entgegenstellt.

Ich wende mich nun an euch, liebe junge Menschen. Die jungen Menschen waren in der Geschichte Europas und des amerikanischen Kontinents stets Träger von Impulsen des Evangeliums. Denken wir an junge Menschen wie den hl. Benedikt von Nursia, den hl. Franz von Assisi und den sel. Karl Leisner in Europa, wie den hl. Martin von Porres, die hl. Rosa von Lima und die sel. Kateri Tekakwitha in Amerika: junge Baumeister der Zivilisation der Liebe! Heute ruft Gott euch junge Europäer und Amerikaner auf, zusammen mit euren Altersgenossen der ganzen Welt daran mitzuarbeiten, daß der Lebenssaft des Evangeliums die Zivilisation dieser beiden Kontinente und der ganzen Menschheit erneuere. Die großen europäischen und amerikanischen Städte werden immer kosmopolitischer, aber oft fehlt in ihnen dieser Lebenssaft, der dafür sorgt, daß die Unterschiede nicht zur Spaltung oder zum Konflikt führen, sondern zur gegenseitigen Bereicherung. Die Zivilisation der Liebe ist ein »Zusammenleben«, also ein achtungsvolles, friedliches und freudiges Miteinander der Unterschiede im Namen eines gemeinsamen Vorhabens, das der sel. Johannes XXIII. auf den vier Pfeilern der Liebe, der Wahrheit, der Freiheit und der Gerechtigkeit gründete. Das, liebe Freunde, ist die Aufgabe, die ich euch heute anvertraue: Seid Jünger und Zeugen des Evangeliums, denn das Evangelium ist der gute Same des Reiches Gottes, also der Zivilisation der Liebe! Seid Baumeister des Friedens und der Einheit! Zeichen dieser katholischen Einheit – also der universalen und in den Inhalten des christlichen Glaubens unverkürzten Einheit –, die uns alle verbindet, ist auch die Initiative, jedem von euch den Text der Enzyklika Spe salvi auf einer CD in fünf Sprachen zu überreichen. Die Jungfrau Maria möge über euch, über eure Familien und über alle, die euch nahestehen, wachen.

Ich möchte nun in den verschiedenen Sprachen diejenigen grüßen, die über Radio und Fernsehen in den anderen Städten mit uns verbunden sind. Nach diesen Worten in italienischer Sprache fuhr der Heilige Vater in verschiedenen Sprachen fort. Er sagte:

auf spanisch: Liebe junge Menschen, die ihr in Mexiko- Stadt, in Havanna, Loja und Toledo versammelt seid, seid Zeugen der großen Hoffnung, die Christus der Welt gebracht hat. Der Herr segne euch und begleite euch in euren Studien.

auf englisch: Liebe Universitätsstudenten von Washington, ich sende euch herzliche Grüße! So Gott will, werde ich im April in eurer Stadt sein. Möge Amerika mit eurer Hilfe seinen christlichen Wurzeln und seinen hohen Idealen der Freiheit in Wahrheit und Gerechtigkeit treu bleiben!

auf französisch: Liebe in Avignon versammelte Freunde, Europa braucht die jugendliche Frische des Geistes, den ihr in euch tragt und den ihr als junge Christen Europa geben könnt, wenn ihr euch bemüht, wirklich das Evangelium zu leben. Es wird ein Zeugnis für alle sein. Das wünsche ich euch von ganzem Herzen.

auf portugiesisch: Liebe junge Menschen, die ihr in Aparecida versammelt seid: Noch immer ist in meinem Herzen die Erinnerung an meine Pastoralreise nach Brasilien lebendig, besonders zum Heiligtum Unserer Lieben Frau von Aparecida. Ich bitte die Jungfrau und Gottesmutter, für euch alle die Gnade zu erlangen, stets Zeugen der Hoffnung zu sein!

auf weißrussisch: Liebe Universitätsstudenten von Minsk, ich grüße euch von Herzen! Ich vertraue auch euch die Enzyklika über die Hoffnung an und ermutige euch, die Zivilisation der Liebe aufzubauen durch tägliches Handeln voll Glauben und Mut, der dem Evangelium entspricht.

auf rumänisch: Liebe in Bukarest versammelte Freunde, der Herr segne euch! Um die Zivilisation der Liebe zu verbreiten, müssen die Christen vereint sein im ökumenischen Geist. Seid selbst ein Vorbild aufrichtiger Zusammenarbeit unter allen Jüngern Jesu.

zum Schluß wieder auf italienisch: Und abschließend grüße ich euch, die ihr im Dom von Neapel seid! Eure Stadt und ganz Italien müssen die Liebe zum gemeinsamen Einsatz für eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft wiederfinden. Seid auch dafür ein Vorbild, indem ihr euch durch das Gebet nährt und euch vom Licht und von der Kraft des Evangeliums leiten laßt.

Ich danke Kardinal Ruini und Msgr. Leuzzi sowie allen, die an der Ausrichtung dieser Begegnung mitgewirkt haben. Ich danke dem Chor und dem Orchester, die unser Gebet unterstützt haben, ebenso wie dem Vatikanischen Fernsehzentrum, Radio Vatikan und »Telespazio« für die Übertragungen. Euch, liebe junge Menschen, wünsche ich eine friedliche und fruchtbare Arbeit und frohe Ostern, und allen erteile ich von Herzen den Apostolischen Segen.



AN DIE BISCHÖFE AUS GUATEMALA

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES Donnerstag, 6. März 2007

Herr Kardinal,
liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst!

Es ist für mich ein Grund zur Freude, euch heute morgen anläßlich des »Ad-limina«-Besuches zu empfangen, mit dem ihr die Bande der Gemeinschaft eurer Teilkirchen mit dem Bischof von Rom erneuert. Ich danke für die Worte, die der Bischof von Suchitepéquez-Retalhuleu und Vorsitzender der Bischofskonferenz, Pablo Vizcaíno Prado, in eurem Namen an mich gerichtet hat, und ich bitte euch, dem lieben guatemaltekischen Volk meine Wertschätzung zu übermitteln. Die Begegnungen, die ich mit jedem einzelnen von euch hatte, haben mir das tägliche Leben und die Erwartungen eurer Mitbürger sowie die pastorale Tätigkeit nahegebracht, die ihr in eurem Land ausübt.

In eurem Herzen als Hirten seid ihr besorgt über die zunehmende Gewalt und die Armut, die große Teile der Bevölkerung betrifft und eine starke Abwanderung in andere Länder hervorruft, dies mit schwerwiegenden Folgen für den persönlichen und familiären Bereich. Diese Situation erfordert, daß ihr eure Bemühungen verstärkt, um allen das barmherzige Antlitz des Herrn zu zeigen, dessen Bild die Kirche gemäß ihrer Berufung sein soll, indem sie mit Großmut und Hingabe den Leidenden und Schwächsten dient und zur Seite steht. Denn die Liebe und die Hilfe für die notleidenden Brüder und Schwestern »gehört zum Wesen der Kirche und ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst« (vgl. Deus caritas Est 25).

Gott hat das guatemaltekische Volk mit einem tiefen religiösen Sinn gesegnet, reich an volkstümlichen Ausdrucksweisen, die in festen christlichen Gemeinschaften reifen müssen, die mit Freude ihren Glauben als lebendige Glieder des Leibes Christi feiern (vgl. 1Co 12,27) und dem Fundament der Apostel treu sind. Ihr wißt sehr gut, daß die Standhaftigkeit im Glauben und die Teilhabe an den Sakramenten eure Gläubigen angesichts der Gefahr seitens der Sekten und der angeblich charismatischen Gruppen stärken, die Verwirrung stiften und sogar die kirchliche Gemeinschaft erschüttern können.

Die Tradition eurer Kultur findet in der Familie, der vorrangigen Zelle der Gesellschaft, den Wesenskern des Daseins, der Weitergabe des Glaubens und der Werte; aber sie ist heute vor schwere pastorale und menschliche Herausforderungen gestellt. Deshalb bemüht sich die Kirche mit besonderer Aufmerksamkeit, diejenigen ernsthaft zu formen, die sich auf das Eheleben vorbereiten, indem sie die Familien ständig auf den Glauben und die Hoffnung hinweist und darauf achtet, daß sie mit der nötigen Hilfe ihre Pflichten erfüllen können. In eurem Dienst könnt ihr auf die geschätzte Mitarbeit der Priester zählen, die in ihrem Bischof einen wahren Vater und Lehrer sehen, der ihnen nahesteht und in dem sie Hilfe für ihre geistlichen und materiellen Bedürfnisse finden sowie einen angemessenen Rat in schwierigen Augenblicken. Sie bedürfen immer der Ermutigung, um auf dem Weg der wahren priesterlichen Heiligkeit als wahre Männer des Gebets fortzuschreiten (vgl. Novo millennio ineunte, 32). Sie brauchen auch angemessene Mittel, um ihre menschliche und theologische Bildung zu erweitern, die ihnen gestattet, besonders heikle Aufgaben zu übernehmen, wie die von Professoren, Ausbildern oder geistlichen Leitern in euren Seminaren. Durch ihr Beispiel und ihren pastoralen Eifer sollen sie für die jungen und weniger jungen Menschen ein lebendiger Aufruf sein, sich ganz dem Herrn zu weihen, indem sie mit der göttlichen Gnade zusammenarbeiten, damit der Herr »Arbeiter in seine Ernte sendet« (Mt 9,38).

Der 2. Amerikanische Missionskongreß, der im Jahr 2003 in Guatemala stattgefunden hat, brachte die Herausforderung mit sich, in die Diözesen und Vikariate eine intensiv gelebte Erfahrung des missionarischen Einsatzes einzubringen und sie in den neuen globalen Plan der Bischofskonferenzen einzuschließen. Jetzt sollt ihr, auch im Hinblick auf die Beschlüsse der V. Konferenz der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida, eure Identität festigen und die Evangelisierungsaufgabe zu Ende führen, die ihr dort übernommen habt. Zu diesem Zweck ermutige ich euch – wie es mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. bei seinem ersten Besuch in eurem Land getan hat –, mit neuem Eifer den Evangelisierungsauftrag der Kirche im Rahmen der aktuellen kulturellen Veränderungen und der Globalisierung fortzusetzen; ihr sollt auch der Predigt und der Katechese neue Kraft geben, indem ihr Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Fundament und Sinn des Lebens jedes Gläubigen verkündet. Die Evangelisierung der Kulturen ist eine vorrangige Aufgabe, damit das Wort Gottes allen zugänglich gemacht und in Verstand und Herz aufgenommen wird. Es soll das Licht sein, das sie erleuchtet, und das Wasser, das sie durch die Botschaft des Evangeliums reinigt, das dem ganzen Menschengeschlecht Heil bringt.

Am Ende unserer Begegnung möchte ich euch ermutigen, das euch anvertraute Volk Gottes weiter zu führen, damit die Kirche durch euer Wort und euer Beispiel als Quelle der Hoffnung leuchte! Überbringt meinen liebevollen Gruß und meinen Segen euren Priestern, den Ordensleuten und den übrigen Gläubigen, besonders denen, die mit großer Hingabe am Werk der Evangelisierung mitarbeiten. Ich rufe auf euch den mütterlichen Schutz Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz, der Patronin Guatemalas, herab und erteile euch von Herzen den Apostolischen Segen.

AN DIE MITGLIEDER DES PÄPSTLICHEN KOMITEES FÜR GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Freitag, 7. März 2008

Sehr geehrter Herr Prälat,

verehrte Damen und Herren!

Es freut mich, Sie zu begrüßen und Ihnen in besonderer Weise meine Wertschätzung für die Arbeit zum Ausdruck zu bringen, die Sie in einem Bereich leisten, der für das Leben der Kirche von großem Interesse ist. Ich spreche Ihrem Präsidenten und einem jeden einzelnen von Ihnen meine Glückwünsche für den Weg aus, den Sie in diesen Jahren zurückgelegt haben.

Wie Sie wohl wissen, war es Leo XIII., der angesichts einer vom Zeitgeist bestimmten, der Kirche feindlich gesinnten Geschichtsschreibung sein berühmt gewordenes »non abbiamo paura della pubblicità dei documenti« (»wir haben keine Angst vor der Veröffentlichung der Dokumente«) gesprochen und die Archive des Heiligen Stuhles der Forschung geöffnet hat. Zugleich hat er jene Kardinalskommission zur Förderung der historischen Studien geschaffen, die Sie, meine Damen und Herren Professoren, als Vorläuferin des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften betrachten dürfen, dem Sie angehören. Leo XIII. war davon überzeugt, daß die Erforschung und Darstellung der wahren Kirchengeschichte der Kirche nur von Nutzen sein könne.

Seither hat der kulturelle Kontext einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Nun gilt es, nicht mehr nur einer dem Christentum und der Kirche ablehnend gegenüberstehenden Geschichtsschreibung zu begegnen. Heute befindet sich vielmehr die Geschichtswissenschaft insgesamt in einer ernsten Krise, muß sie doch in einer von Positivismus und Materialismus verformten Gesellschaft um ihre Existenz ringen. Beide Ideologien haben jenen ungehemmten Fortschrittsenthusiasmus hervorgebracht, der, unbeeindruckt von den verheerenden Erfahrungen des letzen Jahrhunderts und durch spektakuläre Entdeckungen und technische Erfolge beflügelt, das Lebensgefühl weiter Kreise der Gesellschaft bestimmt. Ihnen kann Vergangenheit nur als ein dunkler Hintergrund erscheinen, vor dem das Heute und das Morgen verheißungsvoll aufleuchten. Damit verbindet sich noch immer die Utopie eines irdischen Paradieses, obgleich sich eine derartige Utopie als trügerisch erwiesen hat.

Charakteristisch für diese Geisteshaltung ist die Verachtung der Geschichte, die sich in der Geringschätzung der Geschichtswissenschaften äußert. Überall, wo derartige ideologische Kräfte am Werke sind, werden historische Forschung und Geschichtsunterricht in Universität und Schule an den Rand gedrängt. Das führt zur Entstehung einer Gesellschaft, die nicht mehr imstande ist, ein harmonisches Zusammenleben und eine gemeinsame Bewältigung der Zukunftsaufgaben zu entwerfen, weil sie ihre eigene Vergangenheit vergißt und daher keine aus Erfahrung gewonnene Kriterien hat. Eine derartige Gesellschaft ist in besonderer Weise der ideologischen Manipulation ausgeliefert.

Diese Gefährdung wird in zunehmendem Maße durch eine übertriebene Betonung der zeitgenössischen Geschichte verstärkt, vor allem wenn die Forschungen in diesem Bereich durch eine gesellschaftswissenschaftliche materialistisch- positivistische Methodologie beherrscht sind. So werden unweigerlich bedeutende Bereiche der historischen Wirklichkeit, ja ganze Epochen der Geschichte, ignoriert. Für viele Lehrpläne zum Beispiel beginnt der Geschichtsunterricht erst mit der Französischen Revolution. Notwendiges Ergebnis einer solchen Entwicklung ist eine geschichtslose und darum gedächtnislose Gesellschaft. Das Schwerwiegende derartiger Konsequenzen ist für jeden ersichtlich: Ähnlich wie für den einzelnen bedeutet der Verlust des Gedächtnisses auch für die Gesellschaft insgesamt den Verlust der Identität.

Es ist offensichtlich, daß mit einer derartigen Geschichtsvergessenheit die Integrität der menschlichen Natur in all ihren Dimensionen in Gefahr ist. Nun aber weiß die Kirche sich von jeher auch als Anwalt des Menschen und des Menschlichen von Gott, dem Schöpfer, in die Pflicht genommen. Darum ist ihr auch viel an der Wiedergewinnung einer wahren historischen Kultur, an einem wahren Fortschritt der historischen Wissenschaften gelegen. Historische Forschung auf hohem Niveau liegt aber auch im engeren Sinne im eigensten Interesse der Kirche. Auch wenn es sich dabei nicht um eigentliche Kirchengeschichte handelt, geht es doch immer um die erhellende Beschreibung des Lebensraumes, innerhalb dessen die Kirche auf ihrem Weg durch die Geschichte ihre Sendung zu erfüllen hatte und erfüllt. Zweifellos ist kirchliches Leben und Handeln stets von den verschiedenen historischen Kontexten mitbestimmt, herausgefordert, erleichtert oder erschwert worden. Die Kirche ist zwar nicht von dieser Welt, aber sie lebt mitten in ihr, sie lebt für sie.

Wenn wir aber dann an eigentliche, das heißt unter theologischen Gesichtspunkten betriebene Kirchengeschichte denken, kommt ein wichtiges Moment hinzu. Ihre wesentliche Aufgabe offenbart sich nämlich im komplexen Auftrag, jenen Prozeß des Empfangens und Tradierens, der paralépsis und der parádosis, nachzuvollziehen und aufzuhellen, in dem die Kirche ihr eigentliches Wesen durch die Jahrhunderte hindurch verwirklicht. Daß aus dem Erfahrungsschatz, aus dem Langzeitgedächtnis der Kirche unersetzliche Erkenntnisse für das Leben der Kirche zu gewinnen sind, steht außer Frage.

So möchte ich Sie, verehrte Mitglieder des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften, herzlich und ausdrücklich ermuntern, sich wie bisher im Dienst des Heiligen Stuhls für diese Ziele einzusetzen und dabei Ihren unausgesetzten und verdienstreichen Einsatz in Forschung und Lehre weiterzuführen. Möge es Ihnen zusammen mit anderen einer seriösen Wissenschaft verpflichteten Kollegen gelingen, die nicht einfachen Ziele, die Sie sich gesetzt haben, zu verfolgen und für eine immer wahrere historische Wissenschaft einzutreten.

Mit diesen Empfindungen und indem ich Sie auch für Ihre schwierige Aufgabe meines Gebetes versichere, erteile ich allen einen besonderen Apostolischen Segen.

AN DIE TEILNEHMER DES VON DER

APOSTOLISCHEN PÖNITENTIARIE

VERANSTALTETEN KURSES ÜBER DAS "FORUM INTERNUM" Freitag, 7. März 2008



Herr Kardinal,
verehrte Mitbrüder im Bischofs- und im Priesteramt,
liebe Pönitentiare der Römischen Basiliken!

Ich freue mich, euch zu empfangen, während der Kurs über das »Forum Internum«, den die Apostolische Pönitentiarie seit einigen Jahren in der Fastenzeit veranstaltet, zu Ende geht. Mit ihrem sorgfältig vorbereiteten Programm leistet diese jährliche Begegnung der Kirche einen wertvollen Dienst und trägt dazu bei, das Bewußtsein von der Heiligkeit des Sakraments der Versöhnung lebendig zu erhalten. Mein herzlicher Dank gilt daher den Veranstaltern und insbesondere dem Großpönitentiar, Kardinal James Francis Stafford, den ich begrüße und dem ich für die freundlichen Worte danke, die er an mich gerichtet hat. Mein Gruß und mein Dank richtet sich ebenso an den Regens und die Mitarbeiter der Pönitentiarie sowie an die verdienstvollen Ordensmänner verschiedener Kongregationen, die in den Päpstlichen Basiliken der Stadt Rom das Bußsakrament spenden. Ich begrüße darüber hinaus alle Kursteilnehmer.

Die Fastenzeit eignet sich sehr dazu, im Licht von Gottes grenzenlosem Erbarmen, das das Bußsakrament in seiner höchsten Form aufzeigt, über die Wirklichkeit der Sünde nachzudenken. Ich nehme daher gern die Gelegenheit wahr, um einige Gedanken zur Spendung dieses Sakraments in unserer Zeit, in der das Sündenbewußtsein leider immer mehr verlorengeht, eurer Aufmerksamkeit zu unterbreiten. Man muß die Beichtenden heute jene göttliche Liebe zu den reuigen Sündern erfahren lassen, die viele Episoden des Evangeliums mit äußerst bewegenden Worten schildern. Nehmen wir zum Beispiel den berühmten Abschnitt des Lukasevangeliums über die Begegnung Jesu mit der Sünderin (vgl. Lk 7,36–50). Simon, ein Pharisäer, ein reicher und »prominenter« Mann der Stadt, gibt in seinem Haus ein Festmahl zu Ehren Jesu. Plötzlich betritt unverhofft von ganz hinten her ein ungeladener und unerwarteter Gast den Raum: eine stadtbekannte Prostituierte. Das Unbehagen der Anwesenden ist verständlich; die Frau scheint sich jedoch nicht um sie zu kümmern. Sie kommt näher und bleibt ziemlich verstohlen zu Füßen Jesu stehen. Seine Worte der Vergebung und der Hoffnung für alle, auch für die Prostituierten, sind ihr zu Ohren gekommen; sie ist innerlich ergriffen und steht schweigend da. Sie netzt mit den Tränen die Füße Jesu, trocknet sie mit ihrem Haar, küßt sie und salbt sie mit lieblich duftendem Öl. Dadurch möchte die Sünderin ihre Liebe und Dankbarkeit gegenüber dem Herrn zum Ausdruck bringen – durch Gesten, die ihr vertraut sind, auch wenn sie gesellschaftlich inakzeptabel sind.

Angesichts der allgemeinen Verlegenheit begegnet Jesus selbst der Situation: »Simon, ich möchte dir etwas sagen.« »Sprich, Meister«, antwortet ihm der Hausherr. Wir kennen alle die Antwort Jesu durch ein Gleichnis, das wir zusammenfassen können in den folgenden Worten, die der Herr dem Sinn nach zu Simon sagt: »Siehst du? Diese Frau weiß, daß sie eine Sünderin ist, und, durch die Liebe bewegt, bittet sie um Verständnis und Vergebung. Du dagegen meinst, daß du gerecht bist, und vielleicht bist du überzeugt, daß dir nichts Schwerwiegendes vergeben werden muß.«

Die Botschaft, die in diesem Abschnitt des Evangeliums deutlich wird, ist vielsagend: Wer viel Liebe zeigt, dem vergibt Gott alles. Wer auf sich selbst und seine eigenen Verdienste vertraut, ist durch sein Ich wie geblendet, und sein Herz verhärtet sich in der Sünde. Wer dagegen erkennt, daß er schwach und sündig ist, vertraut sich Gott an und erhält von ihm Gnade und Vergebung. Es ist notwendig, eben diese Botschaft zu vermitteln: Am wichtigsten ist es, verständlich zu machen, daß man im Sakrament der Versöhnung – ganz gleich, welche Sünde man begangen hat, wenn man sie demütig bekennt und vertrauensvoll zum Beichtvater geht – immer die Freude der Vergebung Gottes erfährt, die inneren Frieden schenkt. In dieser Hinsicht kommt eurem Kurs große Bedeutung zu: Sein Ziel ist es, Beichtväter auszubilden, die unter dem Gesichtspunkt der Lehre gut qualifiziert und in der Lage sind, die Pönitenten die barmherzige Liebe des himmlischen Vaters erfahren zu lassen. Stimmt es etwa nicht, daß wir heute einer gewissen Entfremdung von diesem Sakrament gegenüberstehen? Wenn man nur auf dem Sündenbekenntnis besteht – das es natürlich geben muß, und man muß den Gläubigen helfen, seine Bedeutung zu verstehen –, dann läuft man Gefahr, den zentralen Punkt dieses Sakraments, also die persönliche Begegnung mit Gott, dem gütigen und barmherzigen Vater, in den Hintergrund zu drängen. Im Mittelpunkt der Feier des Sakraments steht nicht die Sünde, sondern die Barmherzigkeit Gottes, die unendlich größer ist als alle unsere Schuld.

Das Bemühen der Hirten und besonders der Beichtväter muß auch dahin gehen, die enge Verbindung zwischen dem Sakrament der Versöhnung und einem Leben, das wirklich auf die Bekehrung ausgerichtet ist, deutlich zu machen. Zwischen der Praxis des Sakraments der Beichte und einem Leben, das danach strebt, Christus aufrichtig nachzufolgen, muß eine Art unaufhaltsamer »guter Kreislauf« entstehen, in dem die Gnade des Sakraments das Bemühen, treue Jünger des Herrn zu sein, unterstützt und nährt. Die Fastenzeit, in der wir uns befinden, erinnert uns daran, daß unser christliches Leben stets auf die Bekehrung ausgerichtet sein muß, und durch einen häufigen Empfang des Sakraments der Versöhnung bleibt im Gläubigen das Streben nach der evangeliumsgemäßen Vollkommenheit lebendig. Wenn dieses ständige Streben nachläßt, dann besteht leider die Gefahr, daß die Feier des Sakraments zu einer Formsache wird, die das Alltagsleben nicht beeinflußt. Wenn man nicht regelmäßig beichtet, läuft man andererseits Gefahr – auch wenn man vom Wunsch beseelt ist, Jesus nachzufolgen –, den geistlichen Rhythmus nach und nach zu verlangsamen, bis er immer schwächer wird und vielleicht sogar verlischt.

Liebe Brüder, es nicht schwer, den Wert zu verstehen, den euer Dienst als Spender der göttlichen Barmherzigkeit in der Kirche für das Heil der Seelen hat. Folgt dem Vorbild vieler heiliger Beichtväter und ahmt es nach. Durch ihre geistliche Intuition halfen sie den Pönitenten, sich bewußt zu werden, daß die regelmäßige Feier des Bußsakraments und das nach Heiligkeit strebende christliche Leben für jeden Getauften untrennbare Elemente ein und desselben geistlichen Weges sind. Und vergeßt nicht, auch selbst Vorbilder wahren christlichen Lebens zu sein. Die Jungfrau Maria, Mutter des Erbarmens und der Hoffnung, möge euch, den hier Anwesenden, und allen Beichtvätern helfen, diesen großen Dienst, von dem das Leben der Kirche so sehr abhängt, mit Eifer und Freude zu erfüllen. Ich versichere euch eines Gebetsgedenkens und segne euch von Herzen.

AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG

DES PÄPSTLICHEN RATES FÜR DIE KULTUR Samstag, 8. März 2008



Meine Herren Kardinäle,
liebe Brüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
meine Damen und Herrn!

Mit Freude empfange ich euch anläßlich der Vollversammlung des Päpstlichen Rates für die Kultur und gratuliere euch zu der geleisteten Arbeit, insbesondere zu dem für diese Versammlung gewählten Thema, das sich mit einer für die Zukunft der Menschheit und der Kirche grundlegenden Frage auseinandersetzt: »Die Kirche und die Herausforderung der Säkularisierung.« Die Säkularisierung, welche die positive Bedeutung von Säkularität aufgibt und so häufig zu einem Säkularismus wird, unterwirft das christliche Leben der Gläubigen und der Hirten einer harten Prüfung. Ihr habt das bei eurer Arbeit erörtert und auch in eine von der Vorsehung willkommene Herausforderung verwandelt, um auf die Fragen und Hoffnungen der Menschen von heute überzeugende Antworten zu geben.

Erzbischof Gianfranco Ravasi, seit wenigen Monaten Präsident des Dikasteriums, danke ich für die freundlichen Worte, mit denen er eure Gedanken zum Ausdruck gebracht und den Ablauf eurer Arbeiten erläutert hat. Auch danke ich euch allen für den intensiven Einsatz im Dialog zwischen der Kirche und den kulturellen Bewegungen dieser unserer Zeit, um so das Interesse des Heiligen Stuhls für die weite und vielfältige Welt der Kultur stets eingehender zu verdeutlichen. Mehr denn je ist heute die wechselseitige Öffnung unter den Kulturen ein bevorzugtes Gebiet für den Dialog zwischen Menschen, die sich jenseits aller sie trennenden Divergenzen um die Suche nach einem echten Humanismus bemühen. Die Säkularisierung, die sich in den Kulturen als Entwurf der Welt und des Menschseins ohne Bezugnahme auf die Transzendenz zeigt, durchdringt jeden Aspekt des täglichen Lebens und entwickelt eine Denkart, die Gott de facto entweder vollkommen oder teilweise aus dem Dasein und dem Bewußtsein des Menschen ausschließt. Diese Säkularisierung stellt nicht nur eine äußere Bedrohung für die Gläubigen dar, sondern zeigt sich seit geraumer Zeit auch innerhalb der Kirche selbst. Tief und von innen heraus entstellt sie den christlichen Glauben und demzufolge auch die Lebensweise und das tägliche Verhalten der Gläubigen. Sie leben in der Welt und sind häufig von der Kultur der Bilder, in der sich widersprüchliche Ideale und Impulse aufdrängen, tief beeinflußt, wenn nicht sogar geprägt, mit der praktischen Verleugnung Gottes: Man braucht Gott nicht mehr, man muß nicht mehr an ihn denken und zu ihm zurückkehren. Des weiteren begünstigt die vorherrschende hedonistische und konsumorientierte Mentalität in den Gläubigen wie in den Hirten ein Abdriften zu Oberflächlichkeit und Egozentrismus, was dem kirchlichen Leben schadet.

Der in den vergangenen Jahrzehnten von vielen Intellektuellen angekündigte »Tod Gottes« ist einem unfruchtbaren Kult der Individualität gewichen. Vor diesem kulturellen Hintergrund besteht die Gefahr einer geistlichen Atrophie und einer Leere des Herzens, die bisweilen von Ersatzformen religiöser Zugehörigkeit und einem vagen Spiritualismus gekennzeichnet sind. Wie sich zeigt, ist es mehr denn je dringend, einem derartigen Abdriften entgegenzuwirken, indem wir an jene hohen Werte des Daseins erinnern, die dem Leben Sinn verleihen und die Unruhe des nach Glück strebenden menschlichen Herzens lindern können: die Würde des Menschen und seine Freiheit, die Gleichheit aller Menschen, den Sinn des Lebens, des Todes und dessen, was uns nach unserem irdischen Daseins erwartet. Im Bewußtsein der radikalen und schnellen gesellschaftlichen Veränderungen erinnerte mein Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., an die dringende Notwendigkeit, dem Menschen auf dem Boden der Kultur zu begegnen, um ihm die Botschaft des Evangeliums zu vermitteln. Zu diesem Zweck gründete er den Päpstlichen Rat für die Kultur, der dazu bestimmt war, der Aufgabe der Kirche, das Evangelium der Vielzahl der Kulturen in den verschiedenen Teilen der Welt nahezubringen, einen neuen Impuls zu geben (vgl. Schreiben an Kardinal Casaroli, in O.R. dt., Nr. 28, 9.7.1982, S. 8–9). Die intellektuelle Sensibilität und die Hirtenliebe Johannes Pauls II. veranlaßten ihn, die Tatsache zu betonen, daß die Industrielle Revolution und die wissenschaftlichen Entdeckungen es ermöglicht haben, Fragen zu beantworten, auf die vorher nur die Religion teilweise eine befriedigende Antwort geben konnte. Die Folge war, daß der heutige Mensch oft den Eindruck hat, niemanden mehr zu brauchen, um das Universum zu begreifen, zu erklären und zu beherrschen; er betrachtet sich als das Zentrum von allem, das Maß aller Dinge.

In jüngster Zeit bewirkte die Globalisierung mittels der modernen Informationstechnologien nicht selten auch die Verbreitung zahlreicher materialistischer und individualistischer Komponenten des Westens in allen Kulturen. Mehr und mehr wird die Formel »Etsi Deus non daretur« zu einer Lebensweise, deren Ursprung in einem »Hochmut« der Vernunft liegt – obwohl auch diese eine von Gott geschaffene und geliebte Wirklichkeit ist –, die sich für selbstgenügsam hält und sich der Betrachtung und der Suche nach einer sie übersteigenden Wahrheit verschließt. Das Licht der Vernunft, von der Aufklärung verherrlicht, in Wirklichkeit aber verarmt, ersetzt auf radikale Weise das Licht des Glaubens, das Licht Gottes (vgl. Benedikt XVI., Vorlesung für den Besuch in römischen Universität »La Sapienza«, 17. Januar 2008, O.R. dt., Nr. 4 vom 25.1.2008, S. 6). Daher handelt es sich um große Herausforderungen, mit denen sich die Sendung der Kirche in diesem Bereich auseinandersetzen muß. Von wesentlicher Bedeutung sind somit die Bemühungen des Päpstlichen Rates für die Kultur um einen fruchtbaren Dialog zwischen Wissenschaft und Glauben. Es ist dies eine von der Kirche wie von der wissenschaftlichen Gemeinschaft intensiv erwartete Auseinandersetzung, zu deren Fortsetzung ich euch ermutigen möchte. In ihr setzt der Glaube die Vernunft voraus und vervollkommnet sie, und die vom Glauben erleuchtete Vernunft findet die Kraft, sich zur Erkenntnis Gottes und der geistlichen Wirklichkeiten zu erheben. In diesem Sinn fördert die Säkularisierung nicht das letzte Ziel der Wissenschaft, die im Dienst des Menschen – »imago Dei« – steht. Möge durch diesen Dialog die Unterscheidung der spezifischen Charakteristiken von Wissenschaft und Glauben fortgesetzt werden. Jede dieser Wirklichkeiten hat nämlich die ihr eigenen Methoden, Bereiche, Forschungsgegenstände, Ziele und Grenzen und muß gegenüber der anderen deren legitime Möglichkeit einer autonomen Ausübung entsprechend den jeweiligen Prinzipien respektieren und anerkennen (vgl. Gaudium et spes GS 36). Beide sind berufen, dem Menschen und der Menschheit durch die Förderung der Entwicklung und des ganzheitlichen Wachstums jedes einzelnen und aller zu dienen.

Vor allem fordere ich die Hirten der Herde Gottes zu einer unermüdlichen und hochherzigen Mission auf, um auf dem Boden des Dialogs und der Begegnung mit den Kulturen, der Verkündigung des Evangeliums und des Zeugnisses dem besorgniserregenden Phänomen der Säkularisierung entgegenzutreten, das den Menschen schwächt und ihn in dem ihm eigenen Streben nach der ganzen Wahrheit behindert. Somit mögen die Jünger Christi, insbesondere dank des von eurem Dikasterium geleisteten Dienstes, Christus weiterhin im Herzen der Kulturen verkünden, denn er ist das Licht, das die Vernunft, den Menschen und die Welt erleuchtet. Auch wir stehen vor der Mahnung, die der Engel an die Kirche von Ephesus richtet: »Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren… Ich werfe dir aber vor, daß du deine erste Liebe verlassen hast« (Ap 2,2 Ap 2,4). Machen wir uns den Ruf des Geistes und der Kirche zu eigen: »Komm!« (Ap 22,17), und lassen wir unser Herz erfüllen von der Antwort des Herrn: »Ja, ich komme bald« (Ap 22,20). Er ist unsere Hoffnung, das Licht für unseren Weg, die Kraft, um die Heilsbotschaft mit apostolischem Mut bis tief in das Herz aller Kulturen zu verkünden. Möge Gott euch bei der Erfüllung eurer schwierigen, aber begeisternden Aufgabe beistehen!

Ich vertraue Maria, Mutter der Kirche und Stern der Neuevangelisierung, die Zukunft des Päpstlichen Rates für die Kultur wie auch all seiner Mitglieder an und erteile euch von ganzem Herzen meinen Apostolischen Segen.

AN DIE BISCHÖFE VON HAITI

ANLÄSSLICH IHRES "AD-LIMINA"-BESUCHES Donnerstag, 13. März 2008



Liebe Mitbrüder im Bischofsamt!

Ich heiße euch ganz herzlich willkommen anläßlich eures Besuchs »ad limina Apostolorum«, der euch die Gelegenheit gibt, eure Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus und unter euch zu stärken und mit der Römischen Kurie die Gründe für Freude und Hoffnung sowie die Anlässe zur Sorge zu teilen, die das eurer Hirtensorge anvertraute Volk Gottes erlebt. Ich möchte zuerst dem neuen Erzbischof von Cap-Haïtien und Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Louis Kébreau, für die Worte danken, die er in eurem Namen an mich gerichtet und dabei auf die Situation des Landes und die Tätigkeit der Kirche hingewiesen hat. Ich grüße besonders die Bischöfe, die ihren Hirtendienst vor kurzem beendet, und jene, die einen neuen angetreten haben. Meine Gedanken gelten auch euren Gläubigen sowie dem ganzen geliebten Volk von Haiti.

Ich möchte an die Reise erinnern, die mein Vorgänger Papst Johannes Paul II. vor 25 Jahren zum Abschluß des nationalen Eucharistischen Kongresses nach Haiti unternommen hat, sowie an das zentrale Thema jener Begegnung: »Hier muß sich etwas ändern.« Haben sich die Dinge geändert? Euer Land hat leidvolle Zeiten erlebt, die die Kirche aufmerksam verfolgt: Uneinigkeiten, Ungerechtigkeiten, Armut, Arbeitslosigkeit – Elemente, die Quelle tiefer Sorge und Beunruhigung für die Bevölkerung sind. Ich bitte den Herrn, daß er allen Haitianern, vor allem den Personen, die soziale Verantwortung tragen, den Mut ins Herz lege, den Wandel und die Versöhnung zu fördern, damit alle Bewohner des Landes würdige Lebensbedingungen erhalten und in einer immer größeren Solidarität die Güter des Landes genießen. Dabei dürfen all jene nicht vergessen werden, die gezwungen sind, in die Nachbarländer zu gehen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ich wünsche, daß die internationale Gemeinschaft ihre Hilfe für das haitische Volk fortsetzt und verstärkt, um ihm zu ermöglichen, seine Zukunft und seine Entwicklung zunehmend selbst in die Hand zu nehmen.

Zu den Sorgen, die ihr in euren Fünfjahresberichten ansprecht, gehört die Situation der Familie, deren Strukturen infolge der Krise, die das Land durchlebt, aber auch wegen der Entwicklung neuer Gewohnheiten und wegen des fortschreitenden Verlusts der Bedeutung von Ehe und Familie instabil geworden sind, insofern andere Lebens- und Partnerschaftsformen auf dieselbe Ebene gestellt werden. Die Gesellschaft und die Kirche entwickeln sich großenteils von der Familie ausgehend.

Eure aufmerksame Sorge um diesen Aspekt des pastoralen Lebens ist daher von fundamentaler Bedeutung, denn es geht um den ursprünglichen und wesentlichen Erziehungsraum der Jugend. »Daher soll die christliche Familie – entsteht sie doch aus der Ehe, die das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist – die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und die wahre Natur der Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten, in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder« (Gaudium et spes GS 48). Ich ermuntere euch daher, die Eheleute und die jungen Familien durch eine immer angemessenere Begleitung und Bildung zu unterstützen; das schließt auch ein, sie die Achtung vor dem Leben zu lehren.

In eurem bischöflichen Dienst nehmen die Priester einen bevorzugten Platz ein. Sie sind eure wichtigsten Mitarbeiter. Wenn ihr auf ihre ständige Weiterbildung bedacht seid und brüderliche und vertrauensvolle Beziehungen zu ihnen pflegt, werdet ihr ihnen dadurch bei der fruchtbaren Ausübung ihres Amtes helfen, indem ihr sie auch auffordert, auf politisches Engagement zu verzichten. Wichtig ist, daß regelmäßig Treffen der Priester untereinander organisiert werden, so daß sie ihre Zugehörigkeit zum Presbyterium greifbar erfahren und sich gegenseitig durch das Gebet unterstützen. Überbringt allen euren Priestern meine herzlichen Grüße; ich weiß um die Treue und den Mut, die sie aufbringen müssen, um in oft schwierigen Situationen zu leben. Entscheidend ist, daß sie ihr Apostolat auf ihre Beziehung zu Christus gründen, auf das eucharistische Geheimnis, das uns daran erinnert, daß sich der Herr für das Heil der Welt vollständig hingegeben hat, auf das Sakrament der Vergebung, auf ihre Liebe zur Kirche, indem sie durch ihr rechtes, demütiges und armes Leben ein beredtes Zeugnis für ihren priesterlichen Einsatz geben.

Eure aufmerksame Sorge gilt der Pastoral für Berufungen und der Ausbildung der jungen Kandidaten, für die eine tiefgehende geistliche Unterscheidung durchgeführt werden muß. Zu diesem Zweck sucht ihr Gruppen von Ausbildern für eure Priesterseminare. Ich fordere euch auf, zusammen mit den Bischöfen anderer Länder die Bereitstellung erfahrener Ausbilder, die ein vorbildliches Priesterleben führen, ins Auge zu fassen, damit sie die künftigen Priester, die eure Diözesen dringend benötigen, während der verschiedenen Abschnitte ihrer menschlichen, moralischen, spirituellen und pastoralen Ausbildung begleiten. Davon hängt die Zukunft der Kirche in Haiti ab. Mögen die Ortskirchen diesen Appell hören und dazu bereit sein, ganz im Geist der Enzyklika Fidei donum Priester zu entsenden, um euch bei der Ausbildung der Seminaristen zu helfen! Das wird auch für diese Kirchen eine Öffnung, eine Bereicherung und eine Quelle zahlreicher Gnaden sein.

Die katholischen Schulen spielen trotz ihrer spärlichen finanziellen Mittel eine wichtige Rolle in Haiti; sie werden von den Autoritäten und von der Bevölkerung geschätzt. Ich danke für die Personen, die sich in der schönen Aufgabe der Jugenderziehung engagieren. Überbringt ihnen meine tiefempfundenen Grüße! Durch den Unterricht vollzieht sich – über die Anerkennung der wesentlichen Werte und über die Übung der Tugenden – die Formung und Reifung der Persönlichkeit; auch eine Auffassung vom Menschen und von der Gesellschaft wird weitergegeben. Die katholische Schule ist ein wichtiger Ort der Glaubensverkündigung durch das von den Erziehern gegebene Lebenszeugnis, durch die Entdeckung der Botschaft des Evangeliums oder durch die im Kreis der Erziehungsgemeinschaft erlebten Gottesdienste. Laßt die jungen Menschen in Haiti wissen, daß der Papst Vertrauen in sie hat, daß er um ihre Hochherzigkeit und ihren Wunsch nach einem gelungenen Leben weiß, daß Christus sie zu einem immer schöneren Leben bestimmt, wenn sie daran denken, daß er allein Träger der wahren Botschaft vom Glück ist und dem Leben seinen ganzen Sinn gibt. Ja, eure Jugendlichen sind für mich Grund zu Freude und Hoffnung. Ein Land, das sich entwickeln will, eine Kirche, die dynamischer sein will, müssen ihre Anstrengungen zuerst auf die Jugend konzentrieren. Eure Aufgabe ist es auch, die Bildung der erwachsenen Laien zu fördern, damit sie ihren christlichen Auftrag in der Welt und in der Kirche immer besser erfüllen können.

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, zum Abschluß dieser Begegnung ist es mir ein Anliegen, nochmals meine geistliche Nähe zur Kirche in Haiti zum Ausdruck zu bringen, indem ich den Herrn bitte, ihr die Kraft für ihre Sendung zu geben. Es sei mir gestattet, auch die Arbeit der Ordensmänner, Ordensfrauen und freiwilligen Helfer zu würdigen, die sich häufig für die Ärmsten und Benachteiligten der Gesellschaft einsetzen und dabei zeigen, daß man im Kampf gegen die Armut auch gegen zahlreiche soziale Probleme kämpft, die mit der Armut zusammenhängen. Mögen sie bei ihrer Aufgabe von allen unterstützt werden! Einem jeden von euch sowie den Priestern, den Ordensleuten und allen gläubigen Laien eurer Diözesen erteile ich von ganzem Herzen meinen Apostolischen Segen.



AN HERRN CARLOS FEDERICO DE LA RIVA GUERRA, NEUER BOTSCHAFTER BOLIVIENS BEIM HL. STUHL


Freitag, 14. März 2008

Exzellenz!


1. Es ist für mich Anlaß zu besonderer Freude, Sie zu dieser Audienz zu empfangen, bei der Sie mir die Beglaubigungsschreiben überreichen, mit denen Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Während ich Sie herzlich willkommen heiße, möchte ich Ihnen für die aufmerksamen Worte danken, die Sie an mich gerichtet haben, und Ihnen fruchtbare Arbeit in der hohen Mission wünschen, die Ihnen übertragen worden ist. Desgleichen bitte ich Sie, allen Söhnen und Töchtern dieses geliebten Landes meine Nähe und meine Liebe und auch dem Herrn Präsidenten der Republik meinen ergebenen Gruß zu übermitteln.

2. Die tiefen christlichen Wurzeln Boliviens haben seine Völker gestützt, die Wechselfälle seiner Geschichte begleitet und das Gefühl gegenseitiger Achtung und Versöhnung gefördert, das in den schweren Zeiten, die diese Nation durchmachen mußte, dringend nötig ist. Besonders bedeutsam war in diesem Zusammenhang der massenhafte, warmherzige Empfang, den alle Bolivianer – aus den Städten und Dörfern, vom Hochland und von der Ostküste – meinem verehrten Vorgänger Johannes Paul II. vor 20 Jahren während seines Besuchs in eurem Land bereitet haben und der die starke religiöse Prägung und den Geist der Gemeinschaft und Brüderlichkeit als Glaubensdemonstration eines ganzen Volkes offenkundig gemacht hat. An jenes Ereignis zu erinnern ist gerade zu einem Zeitpunkt wichtig, an dem eure Nation einen tiefgreifenden Umbruchprozeß erlebt, der schwierige und manchmal besorgniserregende Situationen hervorruft. Man kann in der Tat unmöglich gleichgültig bleiben, wenn die sozialen Spannungen zunehmen und sich ein Klima verbreitet, das für die Verständigung keineswegs förderlich ist. Ich glaube, wir teilen alle die Überzeugung, daß die mitunter angeheizten und mit Beifall bedachten gegensätzlichen Positionen den konstruktiven Dialog verhindern, der darauf abzielt, im Hinblick auf das Gemeinwohl wirtschaftlich angemessene und gerechte Lösungen besonders zugunsten all derer zu finden, die Schwierigkeiten haben, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Die Autoritäten, die die Geschicke des Volkes lenken, und ebenso die Verantwortlichen der politischen, sozialen und zivilen Organisationen brauchen die aus der Liebe zu den Menschen entspringende Besonnenheit und Weisheit, um in der gesamten Bevölkerung die notwendigen Voraussetzungen für den Dialog und die Verständigung zu fördern. Dieses lobenswerte Ziel wird Unterstützung erfahren, wenn alle Bolivianer von sich aus mit Offenheit und klugem Eifer, oft auch unter Entsagung und Opfern, ihr Bestes einbringen. Auf diese Weise trägt die ehrliche und selbstlose Zusammenarbeit von Personen und Institutionen zur Ausmerzung der Übel bei, die das edle bolivianische Volk plagen, das immer wieder auch von Naturkatastrophen heimgesucht wird, die wirksame Maßnahmen und Gefühle der Brüderlichkeit von allen verlangen, um gegen die schwerwiegenden Folgen solcher Katastrophen angehen zu können.

Das staatliche und gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Wiedererstehen erfordert immer selbstloses Engagement und großherzige Hingabe zugunsten eines Volkes, das materielle, moralische und geistliche Hilfe braucht. Die Erreichung des Friedens muß auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit sowie auch auf die wechselseitige Zusammenarbeit, Liebe und Versöhnung zwischen allen gegründet sein.

3. Die Kirche, die die Bedürfnisse und Hoffnungen des bolivianischen Volkes gut kennt, bietet die Verkündigung des Glaubens und ihre Erfahrung in Humanität an, um ihm zu helfen, geistig zu wachsen und zu seiner vollen menschlichen Verwirklichung zu gelangen. Getreu ihrer Sendung ist sie immer bereit, an der Befriedung und an der menschlichen und geistlichen Entwicklung des Landes dadurch mitzuwirken, daß sie ihre Lehre verkündet und ihre Meinung zu Fragen, die die Gesellschaftsordnung betreffen, auch öffentlich äußert. Zu diesem Zweck übernimmt sie – unter Anerkennung der spezifischen Zuständigkeiten des Staates – die ihr eigene verpflichtende Aufgabe, ihren Gläubigen eine Orientierung zu geben, indem sie ihnen und der ganzen Gesellschaft ans Herz legt, Rassenhaß, Vergeltung und Rache aufzugeben und schließlich, statt Haltungen zu vertreten, die zu Spaltungen führen, unter voller Respektierung der Verschiedenheiten den Weg der Solidarität und des gegenseitigen Vertrauens einzuschlagen.

Im Schlußdokument der V. Generalversammlung der Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida haben die Bischöfe die Zusammenarbeit mit den politischen und sozialen Instanzen als dringend erachtet, um neue Strukturen zu schaffen, die die soziale, wirtschaftliche und politische Ordnung festigen, ein echtes menschliches Zusammenleben fördern, der Anmaßung gewisser Personen Einhalt gebieten und den ehrlichen und für die notwendigen sozialen Übereinkünfte konstruktiven brüderlichen Dialog erleichtern sollen (vgl. Nr. 384).

Dazu ist es notwendig, daß die Verteidigung und der Schutz der Menschenrechte, von ethischen Werten wie Gerechtigkeit und Streben nach Frieden, Ehrlichkeit und Transparenz sowie auch von wirklicher Solidarität entschlossen gestärkt werden, damit sich die ungerechten sozialen Mißverhältnisse bessern.

Deshalb ist die Lehre und Vermittlung des sittlich Guten, also dessen, was recht oder unrecht ist, ohne das sich keine Gesellschaft halten könnte, Aufgabe der Erziehung vom frühesten Kindesalter an. Bei dieser Aufgabe hat die Familie eine entscheidende Rolle, wobei sie auf die notwendigen Hilfen zählen können soll, um ihren Auftrag zu erfüllen und jene »wichtigste ›Agentur‹ des Friedens« zum Wohl aller zu sein (Botschaft zum Weltfriedenstag, 2008, 5).

4. Herr Botschafter, vor Beendigung dieser Begegnung möchte ich meine besten Wünsche für die gute Erfüllung Ihrer Mission wiederholen, damit sich die Bande des Dialogs zwischen Ihrem Land und dem Apostolischen Stuhl festigen.

Wir wünschen uns für Ihre Nation eine echte geistliche, materielle und zivile Wiedergeburt. Wir ersehnen von Herzen, daß in jedem Menschen das Bild seines Schöpfers und Herrn erstrahle und daß für jeden Sohn und jede Tochter des geliebten bolivianischen Landes die Liebe Jesu Christi die Quelle der Hoffnung sein möge. Ich bitte den Herrn, daß in Bolivien die Wahrheit siege, die den Respekt des anderen sucht, auch desjenigen, der nicht dieselben Ideen teilt, den Frieden, der sich mit der Gerechtigkeit verbrüdert und die Türen zur harmonischen und stabilen Entwicklung öffnet, die Besonnenheit, die sich darum bemüht, gerechte und vernünftige Lösungen für die Probleme zu finden, und die Eintracht, die die Wünsche und Vorstellungen bei der Überwindung der Widrigkeiten und bei der Erlangung des Gemeinwohls vereint.

Der mütterliche Schutz Unserer Lieben Frau von Copacabana (»Nuestra Señora de Copacabana«) begleite Eure Exzellenz, Ihre Familie, Ihre Mitarbeiter und alle geliebten Söhne und Töchter der edlen bolivianischen Nation!



AN HERRN MILTIADIS HISKAKIS, NEUER BOTSCHAFTER

DER REPUBLIK GRIECHENLAND BEIM HL. STUHL Samstag, 15. März 2008

Exzellenz!


Es ist mir eine Freude, Sie im Vatikan willkommen zu heißen und die Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, die Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter der Republik Griechenland beim Heiligen Stuhl akkreditieren. Ich danke Ihnen für die freundlichen Grüße, die Sie mir von Seiner Exzellenz Herrn Karolos Papoulias übermittelt haben, und ich bitte Sie, ihn sowie die Verantwortungsträger Ihres Landes und das griechische Volk meiner guten Wünsche und meines Gebets für ihr Wohlergehen und für den Frieden zu versichern.

In letzter Zeit wurden die Bande des guten Willens zwischen Griechenland und dem Heiligen Stuhl durch einige wichtige Begegnungen gefestigt. Im Anschluß an das Jubiläumsjahr 2000 besuchte mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. Ihr Land während seiner Pilgerreise auf den Spuren des hl. Paulus. Das führte zu gegenseitigen Besuchen der orthodoxen und der katholischen Delegationen in Rom und Athen. Im Jahr 2006 hatte ich die Freude, Ihren Präsidenten hier im Vatikan zu empfangen, und Seine Seligkeit Christodoulos, der vor kurzem verstorben ist und um den die Christen in Ihrem Land und in der ganzen Welt trauern, beehrte mich mit seinem Besuch. Ich bete zum Herrn, daß er diesem treuen Hirten Ruhe von seiner Mühsal gewähre und ihn für seinen unermüdlichen Einsatz zur Überwindung der Spaltung zwischen den Christen im Osten und im Westen segne. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch an den neuen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Seine Seligkeit Ieronymos, meinen aufrichtigen brüderlichen Gruß des Friedens richten, zusammen mit der Versicherung meines ständigen Gebets für einen fruchtbringenden Dienst und gute Gesundheit.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch noch einmal meinen aufrichtigen Wunsch nach Zusammenarbeit auf unserem Weg zur Einheit der Christen zum Ausdruck bringen. In diesem Zusammenhang haben Sie, Exzellenz, die Zeichen der Hoffnung hervorgehoben, die aus den ökumenischen Begegnungen der letzten Jahrzehnte hervorgehen. Diese haben noch einmal das bekräftigt, was Katholiken und Orthodoxen bereits gemein ist, und darüber hinaus haben sie auch die Tore für eine Vertiefung der Gespräche über die genaue Bedeutung der Einheit der Kirche eröffnet. Zweifellos sind Aufrichtigkeit und Vertrauen von seiten aller Beteiligten notwendig, wenn die wichtigen Fragen, die dieser Dialog aufwirft, auch weiterhin in wirksamer Weise angegangen werden sollen. Der »neue Geist« der Freundschaft, der unsere Gespräche gekennzeichnet hat, macht uns Mut, und wir fordern alle Beteiligten zur Umkehr und zum Gebet ohne Unterlaß auf. Nur so kann gewährleistet werden, daß die Christen eines Tages die Einheit erlangen, für die Christus so inständig gebetet hat (vgl. Joh Jn 17,21).

Das bevorstehende Jubiläumsjahr, das dem 2000. Jahrestag der Geburt des hl. Paulus gewidmet ist, wird ein besonders günstiger Anlaß zur Intensivierung unserer ökumenischen Bestrebungen sein, denn Paulus war ein Mann, der »sich vollkommen für die Einheit und Eintracht aller Christen aufgeopfert« hat (vgl. Predigt bei der Feier der Ersten Vesper vor dem Hochfest Peter und Paul, 28. Juni 2007; in O.R. dt., Nr. 27, vom 6.7.2007, S. 6). Dieser hervorragende »Apostel der Heiden« widmete seine Kräfte der Verkündigung der Weisheit des Kreuzes Christi unter dem griechischen Volk, das durch die hochentwickelte hellenistische Kultur geprägt war. Die Erinnerung an Paulus ist für immer in der griechischen Erde verwurzelt, und so wird Griechenland bei dieser Feier eine wichtige Rolle spielen. Ich bin zuversichtlich, daß die Pilger, die nach Griechenland kommen, um die heiligen Stätten zu verehren, die mit seinem Leben und seiner Lehre verbunden sind, im Geiste herzlicher Gastfreundschaft aufgenommen werden, für die Ihr Land berühmt ist.

Der lebendige Austausch zwischen der hellenistischen Kultur und dem Christentum erlaubte es, daß erstere durch die christliche Lehre verwandelt und letzteres durch die griechische Sprache und Philosophie bereichert wurde. So konnten die Christen das Evangelium konsequenter und überzeugender in der ganzen Welt verkünden. Auch heute noch können diejenigen, die Athen besuchen, über die Worte nachdenken, die Paulus den gebildeten Bürgern der »polis« verkündete und die heute an einem dem Areopag zugewandten Denkmal angebracht sind. Er sprach von dem einen Gott, in dem wir »leben, uns bewegen und sind« (vgl. Apg 17,16–34). Paulus’ machtvolle Verkündigung des Geheimnisses Christi an die Korinther, die ihr philosophisches Erbe hochschätzten (vgl. 1Co 2,5), öffnete ihre Kultur dem heilbringenden Einfluß des Wortes Gottes. Seine Worte sind noch heute in den Herzen der Männer und Frauen lebendig. Sie können unseren Zeitgenossen helfen, ihre Menschenwürde höher zu achten und so das Wohl der gesamten Menschheit zu fördern. Ich hoffe, daß das Paulus-Jahr zu einem Katalysator wird, der ein Nachdenken über die Geschichte Europas in Gang bringen und seine Einwohner dazu veranlassen wird, den unermeßlichen Schatz an Werten wiederzuentdecken, den sie von der unverkürzten Weisheit der hellenistischen Kultur und des Evangeliums geerbt haben.

Herr Botschafter, ich danke Ihnen für die Zusicherung der Entschlossenheit Ihrer Regierung, administrative Probleme in Angriff zu nehmen, die die katholische Kirche in Ihrer Nation betreffen. Darunter ist die Frage nach ihrem juridischen Status von besonderer Bedeutung. Auch wenn die Zahl der katholischen Gläubigen gering ist, so setzen diese doch ihre Hoffnung auf einen positiven Ausgang dieser Beratungen. Wenn nämlich die Religionsführer und die zivilen Obrigkeiten zusammenarbeiten, um eine gerechte Gesetzgebung für das Leben lokaler kirchlicher Gemeinschaften auszuarbeiten, dann verbessert dies das geistliche Wohlergehen der Gläubigen und das Wohl der ganzen Gesellschaft.

Auf internationaler Ebene möchte ich Griechenlands Einsatz zur Förderung des Friedens und der Versöhnung loben; dies betrifft besonders den Mittelmeerraum. Sein Einsatz zur Beseitigung von Spannungen und zur Auflösung der Nebel des Argwohns, die einem friedlichen Zusammenleben in dieser Region lange im Wege standen, werden dazu beitragen, den Geist des guten Willens zwischen einzelnen Menschen und Nationen wiederzuerwecken.

Abschließend, Herr Botschafter, muß ich noch einmal die Zerstörungen in Erinnerung rufen, welche durch die verheerenden Brände verursacht wurden, die im vergangenen Sommer in Griechenland wüteten. Ich gedenke auch weiterhin im Gebet all derer, die von dieser Katastrophe betroffen waren, und ich rufe Gottes Gnade und Kraft auf alle herab, die am Wiederaufbau beteiligt sind. Zur jetzigen Übernahme Ihrer Verantwortungen in der beim Heiligen Stuhl akkreditierten diplomatischen Gemeinschaft entbiete ich Ihnen meine guten Wünsche, verbunden mit meinem Gebet für den Erfolg Ihrer Sendung. Ich versichere Sie, daß die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie stets bereit sein werden, Sie bei Ihren Pflichten zu unterstützen. Von Herzen rufe ich auf Sie und auf das ganze geliebte Volk von Griechenland den reichen Segen des allmächtigen Gottes herab.



Benedikt XVI Predigten 178